ZUR ANHÖRUNG DER BNETZA ZUR IDENTIFIZIERUNG NEUER MÄRKTE IM BEREICH DER TELEKOMMUNIKATION SOWIE ZU DEREN REGULATORISCHER BEHANDLUNG
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- Krista Dresdner
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1 STELLUNGNAHME ZUR ANHÖRUNG DER BNETZA ZUR IDENTIFIZIERUNG NEUER MÄRKTE IM BEREICH DER TELEKOMMUNIKATION SOWIE ZU DEREN REGULATORISCHER BEHANDLUNG Die Bundesnetzagentur hat am 22. Februar 2006 eine Anhörung zur Identifizierung neuer Märkte im Bereich der Telekommunikation sowie zu deren regulatorischer Behandlung initiiert. Mit dieser Anhörung sollen die Diskussionen rund um das Thema Neue Märkte gebündelt werden. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco e.v. begrüßt den Fragenkatalog der Bundesnetzagentur und möchte sich mit der Beantwortung frühzeitig an der Diskussion um die Identifizierung neuer Märkte und deren regulatorischer Behandlung beteiligen. Frage 1 Wie können neue Märkte im Bereich der Telekommunikation definiert werden? Worin besteht der Unterschied zu alten Märkten? Wann wird aus einem neuen Markt ein alter Markt? Für die Definition neuer Märkte im Bereich der Telekommunikation erachtet eco einen Rückgriff auf das für die Marktabgrenzung anerkannte Bedarfsmarktkonzept für sachgerecht. Dementsprechend kommt es für die Abgrenzung zwischen alten und neuen Märkten auf die Austauschbarkeit an, die anhand der Kriterien der Nachfrage- und Angebotssubstituierbarkeit zu bestimmen ist. Hierbei kommt der funktionellen Austauschbarkeit der Produkte oder Dienste aus der Sicht der Nachfrager eine zentrale Rolle zu. Aufgrund der Besonderheiten der Regulierung ist auch auf die Unterscheidung zwischen Produkten auf der Ebene der Endkundenmärkte und solchen auf der Ebene der Vorleistungsmärkte zu achten. Frage 2 Sind neben der üblicherweise zu prüfenden Nachfrage- und Angebotssubstituierbarkeit für die Abgrenzung weitere Kriterien denkbar? Welche Rolle spielt hierbei das Kriterium der Technologieneutralität? Nach Einschätzung des eco ist die Heranziehung weiterer Kriterien neben dem nach der bisherigen Praxis herkömmlicherweise zur Marktabgrenzung angewandten Bedarfsmarktkonzept zur Identifizierung oder Definition neuer Märkte denkbar. Insbesondere könnte neben dem Bedarfsmarktkonzept zur Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes auf den in der Wettbe- Berlin, Seite 1 von Stellungnahme-Neue Märkte
2 werbskontrolle üblichen SSNIP-Test (Small but Significant and Non-temporary Increase in Price), den sogenannten Hypothetischen Monopolistentest, abgestellt werden. Das Kriterium der Technologieneutralität ist integraler Bestandteil der in den EG-Richtlinien und dem TKG verbindlich vorgesehenen wettbewerbsorientierten Regulierung im Bereich der Telekommunikation und dieser immanent. Daraus folgt, dass im Rahmen der Marktabgrenzung allein die Zuordnung zu dem definierten relevanten Markt maßgeblich ist. Nach Einschätzung des eco kommt es daher unter der Prämisse der Technologieneutralität für die Marktabgrenzung nicht auf die einem Produkt oder Dienst zugrunde liegende Infrastrukturtechnologie an. Entscheidend ist vielmehr, ob aus Nachfragesicht Austauschbarkeit im Sinne eines funktionalen Substitutes besteht. Frage 3 Welche Bedeutung hat das Verhältnis zwischen korrespondierenden Endkunden- und Vorleistungsmärkten im Hinblick auf die Einstufung als neuer Markt? In netzbasierten Industrien, wie der Telekommunikationsindustrie, bestehen naturgemäß Interdependenzen zwischen korrespondierenden Endkunden- und Vorleistungsmärkten. Im Hinblick auf die Einstufung als neuer Markt muss jedoch strikt zwischen Endkunden- und Vorleistungsmärkten differenziert werden. Von den Endkundenmärkten sind die Märkte abzugrenzen, auf denen Vorleistungen für das Angebot von Telekommunikationsdiensten erbracht werden. Dementsprechend sind ebenfalls die relevanten Vorleistungs- beziehungsweise Großkundenmärkte zu identifizieren und abzugrenzen. Entscheidend für die Abgrenzung ist die Angebots- und Nachfragesubstituierbarkeit der Vorleistung. Hierbei kommt es nicht auf das Endkundenprodukt an, das auf dem Vorleistungsprodukt aufsetzt und mittels dessen es realisiert wird. Inwieweit aus Nachfragesicht auf dem hier gegenständlichen Markt für Breitbandzugang für Großkunden Austauschbarkeit hinsichtlich des Vorleistungsproduktes Bitstromzugang besteht, ist unabhängig von der zugrunde liegenden Technologie zu beurteilen. Hierbei sind potentiell alle Formen von Breitbandzugang für Großkunden zu berücksichtigen. Letztlich dürfte es für den Nachfrager aber unerheblich sein, ob das entsprechende Bitstrom-Vorleistungsprodukt über die ADSL-, SDSL- Technologie oder eine andere Breitbandtechnologie bereitgestellt wird. Für die Klassifizierung des Vorleistungsmarktes ist es ebenfalls unerheblich, ob auf Basis des Vorleistungsproduktes ein Endkundenprodukt auf einem neuen oder alten Endkundenmarkt realisiert und bereitgestellt Berlin, Seite 2 von Stellungnahme-Neue Märkte
3 wird. Nach Einschätzung des eco bestehen daher im Hinblick auf die Einstufung als neuer Markt keine Interdependenzen zwischen Vorleistungs- und Endkundenmärkten. Frage 4 Unter welchen Bedingungen führen Innovationen bei der Infrastruktur zur Entstehung eines Produktes, das einen neuen Markt bildet, wann führen sie lediglich zur Weiterentwicklung vorhandener Produkte? Die Frage, ob Innovationen bei der Infrastruktur zur Entstehung eines Produktes, das einen neuen Markt bildet, führen, ist abstrakt und losgelöst vom Einzelfall schwierig zu beantworten. Bei netzbasierten Infrastrukturen ist es allerdings nahe liegend, dass es sich nicht um eine grundlegende Innovation der Infrastruktur handelt, sondern der Ausbau bestehender Infrastrukturen zu einer graduellen Evolution bereits bestehender Infrastrukturen führt. Damit verbunden ist im Regelfall die Weiterentwicklung bestehender Produkte und nicht die Entstehung eines neuen Marktes. Frage 5 Welche Bedeutung haben die Interdependenzen zwischen alten und neuen Märkten mit Blick auf daraus resultierende Asymmetrien zwischen etabliertem Netzbetreiber und Wettbewerbern? Nach Einschätzung des eco handelt es sich hierbei um eine der zentralen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Diskussion um neue Märkte. Mit der Entstehung und Klassifizierung eines Marktes als neuer Markt besteht die Gefahr, dass das strukturelle Ungleichgewicht verstärkt wird und sich damit die bestehende Asymmetrie zwischen etabliertem Netzbetreiber und Wettbewerbern weiter intensiviert. Es ist zu erwarten, dass der etablierte Anbieter seine Marktmacht auf den neuen Markt überträgt und versucht, sich durch eine vollständige Migration einer Regulierung zu entziehen. Mit Blick auf die Wechselwirkungen zwischen alten und neuen Märkten ist ein frühzeitiger Einsatz von Regulierungsinstrumenten der sektorspezifischen Regulierung von essentieller Bedeutung. Auf Vorleistungsebene muss hierbei vor allem eine Zugangsverpflichtung zu den Netzinfrastrukturen des etablierten Anbieters, die Auferlegung von Gleichbehandlungsverpflichtungen und die Ex-ante-Entgeltregulierung in Betracht gezogen werden. Berlin, Seite 3 von Stellungnahme-Neue Märkte
4 Frage 6 Welche Bedeutung kommt der zunehmenden Bündelung von Telekommunikationsdiensten und Inhalten für die Definition neuer Märkte zu? eco ist der Ansicht, dass der zunehmenden Bündelung von Telekommunikationsdiensten und Inhalten für die Definition neuer Märkte keine besondere Bedeutung zukommt. Insbesondere entsteht durch die Nutzung von Breitbandzugängen für das sogenannte triple play, bei der Sprache, Daten und Video/Audio über eine gemeinsame Infrastruktur transportiert werden, kein neuer Markt. Es muss sichergestellt sein, dass sich ein Unternehmen durch die Bündelung von Telekommunikationsdiensten mit Inhalten nicht der telekommunikationsrechtlichen Regulierung entziehen kann. Die Bündelung von Telekommunikationsdiensten und Inhalten führt zu der bereits bekannten Problematik der Übertragung von Marktmacht aus beherrschten Märkten in benachbarte wettbewerbliche Märkte. Nach Einschätzung des eco können Bündelprodukte durch die Erhöhung von Markteintrittsbarrieren den Wettbewerb schwächen und die Bestreitbarkeit von Märkten verringern. Frage 7 Wie ist die Regulierungsbedürftigkeit ( 3-Kriterien-Test ) im Hinblick auf neue Märkte zu prüfen? Nach Ansicht des eco ergeben sich bei der Prüfung der Regulierungsbedürftigkeit keine Besonderheiten im Hinblick auf neue Märkte. Insbesondere ist die Regulierungsbehörde nicht auf eine Prüfung der in der Empfehlung der Kommission genannten Märkte beschränkt, sondern kann auch solche Märkte regulieren, die nicht in der Empfehlung genannt sind. Die Regulierungsbedürftigkeit und die Notwendigkeit einer sektorspezifischen Regulierung ist auch bei einer Klassifizierung als neuer Markt anhand der in 10 Abs. 2 Satz 1 TKG genannten drei Kriterien zu ermitteln. Frage 8 Auf welche Weise kann im Falle neuer Märkte das damit verbundene Potential genutzt und gleichzeitig eine Gefährdung der Wettbewerbsentwicklung ausgeschlossen werden? Ist ein zeitlich befristeter Innovations- bzw. Wettbewerbsvorsprung zu rechtfertigen und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Berlin, Seite 4 von Stellungnahme-Neue Märkte
5 In Anbetracht der marktbeherrschenden Stellung des etablierten Anbieters im Bereich der Infrastrukturen für Breitband muss nach Ansicht des eco auch bei einem Ausbau der bestehenden Netzinfrastruktur, der Zugang durch die Wettbewerber zu diesen Infrastrukturen durch Regulierung sichergestellt werden. Wenn die bereits bestehenden Zugangsregeln nicht auf neue Märkte angewendet werden, besteht die Gefahr massiver Wettbewerbsverzerrungen zugunsten des etablierten Anbieters. Damit würde der Breitbandmarkt erneut - wie bei der Einführung von DSL - der zunehmenden Marktmacht des marktbeherrschenden Anbieters ausgeliefert. Fehlender Wettbewerb hätte zwangsläufig hohe Preise für den Verbraucher, weniger Innovation und ein weiteres Zurückfallen Deutschlands im internationalen Vergleich zur Folge. Der Investitionsaufwand in den Ausbau der Netzinfrastruktur und das damit verbundene Investitionsrisiko könnte im Rahmen der Festlegung der Zugangsentgelte Berücksichtigung finden und damit dem investierenden Unternehmen eine angemessene Rendite zugebilligt werden. Auf diese Weise würden ausreichende Anreize zur Investition in den Ausbau der Netzinfrastrukturen geschaffen. Ein darüber hinausgehender Investitionsschutz ist nicht gerechtfertigt. Frage 9 Wie kann verhindert werden, dass Marktmacht in den Anschlussmärkten auf neue Märkte übertragen wird und damit Wettbewerb und Innovation bei den Dienstleistungs- und Inhaltemärkten behindert wird? Nach Einschätzung des eco kann der Gefahr der drohenden Marktmachtübertragung nur durch einen frühzeitigen Einsatz von Regulierungsinstrumenten der sektorspezifischen Regulierung verhindert werden. Die Regulierungsbedürftigkeit und die Notwendigkeit einer sektorspezifischen Regulierung ist unabhängig von einer Klassifizierung als neuer Markt anhand der in 10 Abs. 2 Satz 1 TKG genannten drei Kriterien zu ermitteln. Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Zugangsregulierung zu. Es muss sichergestellt sein, dass Wettbewerbern ein chancengleicher, diskrimierungsfreier Zugang zur Netzinfrastruktur und den Dienstleistungen des etablierten, marktbeherrschenden Anbieters eröffnet wird. Berlin, Seite 5 von Stellungnahme-Neue Märkte
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