Paradies für Eselfüße. Jan Gahsche. veröffentlicht 2009 in der ESELPOST (Vereinszeitung der IGEM)

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Marcus Albrecht
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1 Paradies für Eselfüße Jan Gahsche Schaut man sich in der wirklich genialen online-bilddatenbank die Bilder zu Wildeseln in Afrika und Asien an (nach Equus suchen), fällt sofort eines auf: Esel finden in Mitteleuropa kaum passenden Lebensraum. Wenn auch die Sommer bei uns in der Lausitz recht heiß und trocken sein können, ist es im Rest des Jahres doch meist zu feucht, zu grün, zu weich. Bleiben für mich als Eselhalter also nur 2 Auswege: hier in dieser Ecke Deutschlands auf die Eselhaltung verzichten oder ihnen künstlich einen einigermaßen passenden Lebensraum in kleinem Rahmen bieten. Wenn ich meinen Tieren so in die Augen schaue da bleibt für mich erst einmal nur die letztere Variante. Also habe ich recherchiert, meine Tiere genau beobachtet, Kenner gefragt, über den eigenen Tellerrand geschaut, als Zoologe meine eigene Meinung gebildet und versucht, die wichtigsten Lebensraumbedingungen und ihre Wirkung auf den Tierkörper gedanklich zu rekonstruieren. Vor allem die Hufprobleme die meine Esel und viele Esel anderer Halter hatten und haben, lenkten dabei meinen Blick auf den Untergrund von Stall und Auslauf. Einen Überblick darüber, welche Faktoren beachtenswert sind, gibt die folgende Tabelle. Faktor reine Feuchtigkeit verseuchte Feuchtigkeit, Dauerfeuchte Trockenheit harter Untergrund Anmerkungen Bei gesunden Hufen scheint gelegentliche Feuchtigkeit (reines Wasser) nicht das Problem zu sein. Während der Regenzeit laufen die nordindischen Khur auch tagenlang im Schlamm herum. Problematisch ist Dauerfeuchte bei angegriffenen Hufen. Ganz besonders gefährlich für jeden Huf scheint aber Feuchtigkeit vor allem in Kombination mit Urin (feuchte Einstreu) zu sein. Hier entwickeln sich schnell alle Varianten der Hornfäulnis: Strahlfäule, Weiße-Linie-Krankheit, Löcher in Sohle und Tragrand etc.. Wenn ein Esel mal in seine Urinpfütze tritt, passiert noch nicht viel. Dauerhaft wirkt der Harnstoff im Urin allerdings stark hornerweichend. Das öffnet nicht nur Eingänge für Bakterien und Pilze, sondern - das sollte vor allem die Kutschfahrer aufhorchen lassen - der Huf wird bei dieser Form von Feuchtigkeit so weich, dass er sich bei jeglicher Nutzung auf hartem Grund ganz schnell abnutzt. Plötzlich werden Hufbeschlag oder Hufschuhe nötig! Eingetretener Kot ist bei kohlenhydratreicher Ernährung (Kraftfutter, Hafer, Möhren, Äpfel) zuckerhaltig und damit bester Nährboden für Fäulniserreger. Bei artgerechter Ernährung hält Kot im Huf zwar überwiegend nur eine gewisse Feuchtigkeit, doch fördert dies bei dauerhafter Einwirkung Fäulnis im Horn. Trockenheit ist eigentlich eine ideale Bedingung für Equidenhufe das Horn wird hart und widerstandsfähig, Fäulniserreger haben keine Chance. Ein Zuviel an Trockenheit kann das Horn auch rissig werden lassen. Selbst die Esel in der Wüste und in den Hochsteppen Asiens haben immer wieder mal die Chance, durch taubesetzte Vegetation oder gar durch Schlamm zu laufen. Dabei können die Hufe äußerlich Feuchtigkeit aufnehmen. Harter Untergrund bewirkt einen kräftigen Gegendruck zum Körpergewicht, der insbesondere auf Strahl, Sohle und Tragrand und über das Horn auf Lederhaut und Kronrand wirkt. Das bewirkt Hornverdichtung (insbesondere bei Strahl und Sohle) und Hornwachstum. Und er veranlasst bei jedem Schritt eine Aufweitung des Hufes. Die fördert einerseits die Blutzirkulation (die 4 zusätzlichen Herzen der Equiden). Andererseits ist die rhythmische Hufweitung bei Fohlen und Jungtieren notwendig, um überhaupt ein

2 gesundes Hufwachstum zu ermöglichen (werden sie auf zu weichem Grund aufgezogen, kann es zu Zwanghufen oder in der Größenentwicklung stark zurück gebliebenen Hufen kommen!). reich strukturierter Es ist eine Wonne, sich das Video mit den durchs Geröll galoppierenden Untergrund Somalischen Wildeseln auf anzusehen! Es zeigt nicht nur die Unempfindlichkeit wilder Eselfüße. Es wird vor allem auch die Strukturvielfalt des Bodens deutlich: grober Schotter, feiner Sand und Kies, Hügel und Bodensenken, lose große Steine, Gebüsch. Dazu kommen an anderer Stelle flache bis steile Hänge, Felsen man kann es gar nicht alles aufzählen. All diese Strukturen bedeuten mit jedem Schritt ein intensives Training aller Sinne (von den Augen über den Tast- bis zum Gleichgewichtssinn), der meisten Muskeln, Sehnen und Bänder des Esels sowie nahezu aller Gelenke (insbesondere die Fußgelenke!), spitze und scharfkantige Steine reinigen mit jedem Schritt Strahl und Sohle, runden die vordere Hufwand (Stichwort Mustangrolle ), kleiner runder Schotter drückt auf die Sohle und festigt deren Horn und fördert Unempfindlichkeit. Nur was dauernd beansprucht wird, kann sich gesund entwickeln! Auf solchem Untergrund lebende Esel, kennen keine Wackelgelenke, Durchtrittigkeit, Bockhufe, Trittempfindlichkeit, Hufrollenentzündung, weichen und fauligen Strahl, Hufrehe und all die anderen Probleme unserer zivilisierten Hausesel. Landschaftsvielfalt Vielfältige Landschaft bedeutet neben einer fast unermesslichen Strukturvielfalt vor allem auch viele Sinneseindrücke. Diese wirken maßgeblich am geistig-seelischen Zustand der Tiere mit. Angeregt durch das Buch Paddock Paradise von Jaime Jackson (deutsche Übersetzung in Kürze erhältlich bei: entstand langsam ein Plan in meinem Kopf (siehe Zeichnung). Statt jedes kleine Steinchen wegen möglicher Druckstellen an der Hufsohle von der Wiese abzusammeln, schüttete ich zuerst mal ein paar Berge kantigen Gleisschotter in den Auslauf. Die wurden dann ergänzt mit rundem Flussschotter, Kies und Steinen und ergeben heute einen etwa 70m langen Schotterweg. Das ehemalige Matschloch vor dem Eingang zum Offenstall habe ich mit NVA-Betonplatten befestigt idealer Untergrund: rauh, hart, trocken. Die Idee zum Eselbalkon stammt allerdings nicht aus der Eselwildnis. Meine Großeselstute war bisher nicht recht verladefähig, weil sie vor jeder Art Rampe völlig blockierte. Der Eselbalkon ließ ihr die nötige Zeit, sich selbst die steile Holzrampe und den anschließenden engen, mehrere Meter langen Gang zu erschließen. Griso machte es ihr schließlich dauernd vor und einen anderen Weg hinaus gibt es nicht. Im Laufe der Zeit kamen weitere Strukturen und Verkehrsleiteinrichtungen hinzu (innerer Zaun leitet die Tiere über den Schotterweg, Wasserloch und Holzhaufen lenken sie um, der aus feinem Schwemmsand bestehende Wälzplatz hat eine magische Anziehungskraft so dass auch der steinige Kletterberg überwunden wird ). Ein kleines Problem stellt die Äppelei dar. Man muss richtig hinterher sein, dass der Schotterweg nicht als Kotplatz ausgesucht wird, denn aus dem Schotter lassen sich die Äppel nur schwer auslesen. Vorteilhaft bei meinen Tieren ist, dass sie eine gewisse Tradition hinsichtlich ihrer Kotplätze entwickelt haben. Es gibt im übrigen Auslauf ein paar Stellen, die immer wieder benutzt werden man darf nur nicht allen Mist komplett absammeln (dann äppeln sie leicht verwirrt überall hin). Wenn es doch mal auf dem Schotter passiert, hilft nur sofort und sorgsam absammeln (da wäre mal ein Laubsauger zu testen), bevor wieder ein Esel vorbeikommt und eine neue Dauerkotstelle etabliert. Interessante, vom gewissen Bedürfnis ablenkende Dinge wie Traktorreifen, alter Weihnachtsbaum o.ä. an diese Stelle zu deponieren, erwies sich bei meinen Eseln als sehr hilfreich.

3 Erste Erfolge ließen auch nicht lange auf sich warten. Maari trampelt heute ohne Zögern die Rampe hinauf und hinunter und auch den mit leicht federnden Holzplanken belegten Gang entlang. Ihre bisherige Trittempfindlichkeit gegenüber Schotter ist fast vergessen. Der Zustand der Hufe ist trotz der von Regen und Schneematsch beherrschten letzten Monate deutlich besser geworden (Strahl und Sohle merklich härter und ohne bröseligen Stellen). Optimal funktioniert das alles natürlich nur, wenn entsprechend den natürlichen Bedingungen weitere Rahmenbedingungen eingehalten werden. Das betrifft vor allem die Fütterung (kohlenhydratarme, mineralstoffreiche Nahrung d.h. viel Heu aus spätem Schnitt; Kraftfutter, Möhren, Äpfel usw. höchst sparsam, am besten ganz darauf verzichten), viel Bewegung (entweder verschiedene Futterstellen mit wenig Heu verteilt an exponierten Stellen im Auslauf, viel wandern, Kutsche fahren, reiten ) und natürlich die urinfreie Stalleinstreu (der eigentliche Stall hat bei mir blanken Betonboden, der Durchgang dorthin trockenen Sand und Holzhackschnitzel).

Kies, größere Steine und kantiges Schotter- Konglomerat), der Weg biegt im Bild

4 Großesel Maari (Stm. 150cm) auf dem Schotterweg (vorn Gleisschotter, unter dem Esel grober Flussschotter, Kies, größere Steine und kantiges Schotter- Konglomerat), der Weg biegt im Bild hinten nach links ab und setzt sich die nächsten ca. 25m auf hügeligem Gleisschotter fort, um dann in Flussschotter verschiedener Korngrößen überzugehen

5 Bauplan des Lausitzer Eselparadieses (Zeichnung: Claudia Schmidt)

6 Großeselhengst Griso (Stm. 140cm) auf dem Eselbalkon

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