VERLIEBT IN HANOI MARTINA METTNER

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9 AUS MEINEM REISETAGEBUCH VOM 16. UND 17. JANUAR 2015 Wir waren in Hanoi erst am Opernhaus, dann am Hotel Metropole beides Belle Epoque Bauten als es passierte: Bräute, überall Bräute. Erst sahen wir ein, zwei Paare vor dem Hotel für den Fotografen posieren, dann standen plötzlich überall junge Paare in westlicher Hochzeitskleidung. Besonders beliebt war ein kleiner Platz um einen Brunnen an der Seite des Hotels mit seiner berühmten Terrasse. Weiter ging es im Park um die Ly Thai To Statue, in dem zuvor der Frühsport stattfand. Dort parkten auch die Minibusse, mit denen die Brautpaare angekommen waren. Da denkt man: Ach wie goldig. Frisch verheiratet. Etwas seltsam kamen mir allerdings die schmuddeligen Brautkleider vor, deren Schleppen lieblos über den dreckigen und teilweise feuchten Boden gezogen wurden. Zudem trugen die Bräute unter dem Kleid Leggings oder Skinny-Jeans, was ja auch etwas von den uns bekannten Gebräuchen abweicht. Mit anderen Worten: Ich war stark interessiert und fotografierte am Samstag etwa zwei Stunden lang das Geschehen. Dabei entging mir nicht, dass die Brautsträuße sehr gut gemachte Kunstblumen waren, wie sie in der Altstadt verkauft werden. Nach den Aufnahmen in streng vom Fotografen vorgegebenen Posen fand ein Kleiderwechsel auf offener Szene statt. Dem Traum in Weiß, fotografiert vor westlicher Kulisse, folgten Aufnahmen in traditioneller vietnamesischer Kleidung. Bei der Frau bedeutete das: schwarze Hose und weißes, überknielanges Oberteil, an den Seiten bis über die Hüfte offen, so dass diese Schürzen im Wind wehen, wie man das auch auf Touristenkitsch vielfach abgebildet sieht. Das ist ohne Zweifel eine überaus elegante Bekleidung, die an Frauen ohne Oberschenkel wirklich bezaubernd aussieht. Ungebügelter Satin auf Hochzeitsfotos bedeutet aber Abstriche in der B-Note. Es gab auch noch eine Rot-Gelb-Variante, die kam aber seltener vor. Beim Mann (und ich wäre aufgrund von Statur und Jugend geneigt, eine Verkleinerungsform zu verwenden), bedeutet traditionell offenbar das Ablegen des Jacketts. Das Posen fand entsprechend vor vietnamesischen Sehenswürdigkeiten statt; am Hoan Kiem See einmal mit dem kleinen Monument in der Seemitte, einmal mit einer roten Holzbrücke im fernen Hintergrund. Heute, am Sonntag, bin ich eigens noch einmal hingefahren, um weitere zwei, drei Stunden zu fotografieren. Dabei sind noch ein paar ganz schöne, und insgesamt viele skurrile Bilder entstanden drei Brautpaare auf einem Bild, wo gibt es das schon? Des Rätsels Lösung ist übrigens, dass die Fotos vor der Hochzeit gemacht werden! Sie werden bei der Hochzeitsfeier ausgestellt, wenn ich das richtig verstanden habe. Behind the Scenes -Fotos habe ich hier veröffentlicht: de/hochzeitsfotografie-in-hanoi/

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14 Long Bien Brücke

15 Oben: Detail aus der Altstadt. Rechts: Die Auffahrt zu einem Parkhaus verdeckt ein leerstehendes Gebäude mit schöner Architektur aus den vierziger Jahren. Am rechten Bildrand die Klimageräte des nächsten Hauses.

16 UNTERWEGS IN HANOI Selbst auf der fast leeren Straße bediente der Fahrer laufend die Lichthupe. Länger als ein Jahr wird der Hebel nicht halten, schätze ich. Wahrscheinlich DAS Verschleißteil am Auto. Für die Regelung des Verkehrs sind Ampeln eher unerheblich, andere Regeln sowieso. Das ganze dieselgeschwängerte Chaos fließt nach der Hierarchie: Bus, PKW, Moped. Ganz unten rangieren die mit Waren beladenen Fahrräder und das Allerletzte sind Touristen, die meinen, sie müssten zum Literaturtempel zu Fuß laufen. Mit dem Führen eines mindestens vierrädrigen Wagens hat man das Recht (oder vielleicht die Pflicht?), alle anderen vor sich durch Hupen zu warnen. Fährt also nachts ein Bus oder LKW durch die Straßen, hupt er an jeder Ecke, so dass man in seinem harten Hotelbett aus dem Schlaf schreckt. Es ist gelegentlich unausweichlich, eine Straße zu überqueren. Das wirkt ein wenig wie eine selbstmörderische Absicht und man kann nur hoffen, dass die vielen Mopeds um einen herumfahren, und sich dabei nicht verkalkulieren. Man muss sich also überwinden, einfach loszugehen, und sich den anderen Verkehrsteilnehmern anvertrauen, auch, weil man seine Augen nicht zugleich überall haben. Kein Motorisierter käme wohl auf die Idee, an einem Zebrastreifen für einen oder zwei Fußgänger anzuhalten. Es gibt auch einige Fußgängerampeln, aber die meisten zeigen entweder gar nichts an oder nur Rot, aber kein Grün, wahrscheinlich, um Fußgänger gar nicht erst zu ermutigen. Ja, es gibt koloniales Erbe auch einige Bürgersteige! Die stehen aber voll mit jenen Zweirädern, die gerade nicht auf den Straßen unterwegs sind. Dazwischen befinden sich dann Kochstellen oder es sitzen Leute auf kleinen Plastikhockern in gemütlicher Runde, oder es werden Mopeds repariert. Man ist also gezwungen, auf der Straße zu laufen, genau da, wo die ganzen Mopeds fahren, immer drei, vier, fünf nebeneinander. Manchmal mehr, wenn die Straße breiter ist und keine PKW in Sicht. Richtig heikel wird die Angelegenheit, wenn sie dann auch noch entgegen der eigentlichen Fahrtrichtung unterwegs sind Wir haben unsere ersten Gänge durch Hanoi eher überstanden als genossen.

17 Typischer Bürgersteig in Hanoi

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