Beitrag: Steuerhinterziehung Der Fall Hoeneß

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1 Manuskript Beitrag: Steuerhinterziehung Der Fall Hoeneß Sendung vom 23. April 2013 von Michael Haselrieder, Steffen Judzikowski, Herbert Klar und Alexander Poel Anmoderation: Champions League-Halbfinale Bayern gegen Barcelona: Der Fußballabend heute könnte zu einem Höhepunkt werden - im Fußballer-Leben des Uli Hoeneß. Und dann auch noch Star- Kicker Mario Götze vom Konkurrenten Dortmund abgekauft! Doch der FC Bayern-Präsident dürfte sich das alles anders vorgestellt haben. Nämlich ohne die Steuerbehörden, die hinter ihm her sind. Und einen Haftbefehl erwirkten. Nur dank Millionen-Kaution ist er auf freiem Fuß, darf heute Abend auf der Ehrentribüne sitzen. Michael Haselrieder. Text: Uli Hoeneß, als Fußballspieler und Manager ist er zur Legende geworden - und sehr, sehr reich. Auch mit seiner Würstchen- Fabrik hat der Bayern-Boss immer gut verdient. Er gab sich als Sympathieträger wie hier im Werbe-Spot für die WM 2006, er zeigte sich mit der Kanzlerin. In Talkshows wetterte der Millionär gerne gegen zu hohe Steuern für Wohlhabende: O-Ton Uli Hoeneß, Präsident FC Bayern München, am : Und am Ende nutzt das gar nichts, weil die Reichen gehen dann nach Österreich und in die Schweiz und dann haben wir gar nichts davon. Wir müssen die Reichen hier halten, damit sie weiterhin gemolken werden können, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Umso tiefer der Fall: Vom Vorzeige-Manager zum Steuersünder. Hoeneß hat sich selbst angezeigt. Mit seinem Vermögen beschäftigt sich jetzt der Staatsanwalt. O-Ton Ken Heidenreich, Sprecher Staatsanwaltschaft München II: Die Staatsanwaltschaft München II führt gegen Uli Hoeneß ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

2 Es geht um ein Millionen-Konto in der Schweiz. Zürich, hier am Paradeplatz sitzen die großen Banken. Die Schweiz sie war schon immer beliebt bei Reichen, die ihre Gelder diskret und am Fiskus vorbei anlegen wollen. O-Ton Prof. Christoph Kaserer, Finanzwissenschaftler, TU München: Die Schätzungen reichen von hohen zweistelligen Milliardenbeträgen bis niedrige dreistellige Milliardenbeträge. Und allein daran kann man schon erkennen, dass es eben nicht nur ein Phänomen der Reichen und Superreichen ist, sondern, dass es eben auch eine ganze Reihe von Leuten ich sag mal - mit mittleren Vermögen gibt, die eben diese Möglichkeiten, ihr Geld in der Schweiz anzulegen, in Anspruch genommen haben. Frontal21 hat bereits 2008 aufgedeckt, wie Mitarbeiter der Schweizer Bank UBS in Deutschland reiche Kunde locken, die keine Steuern zahlen wollen. In der Baden-Badener Filiale der UBS versuchen wir unversteuertes Geld anzulegen. Wir drehen mit versteckter Kamera, die Berater helfen gerne. O-Ton UBS-Mitarbeiter: Wenn Sie es ganz diskret wollen, dann mache ich Ihnen einen Kontakt zu einem Schweizer Außendienstmitarbeiter. Mit dem haben wir formal überhaupt nichts zu tun. Sie können dann Kontoverträge machen, ohne in die Schweiz zu müssen. Den Schweizer UBS-Mann treffen wir kurz darauf ganz konspirativ in einem Freiburger Hotel. O-Ton UBS-Mitarbeiter: Als Schweizer kann mir egal sein, ob Sie Ihr Geld versteuern oder nicht. Ich kann Ihnen helfen, Ihr Geld insolvenzsicher anzulegen. Da kommt keiner mehr ran. Doch dann bekommt das bis dahin gut gehütete Bankgeheimnis der Schweiz Risse. Dealer verkaufen CDs mit tausenden Daten von deutschen Steuerhinterziehern begann der Ankauf. Ein gutes Geschäft für den Bund und die Länder. Allein Nordrhein- Westfalen hat sechs Steuer-CDs gekauft. Kosten: 9 Millionen Euro. Daraus konnten Steuereinnahmen von Millionen Euro generiert werden also 3 Milliarden. Das meiste Geld kam durch Selbstanzeigen rein: rund 2,5 Milliarden. O-Ton Norbert Walter-Borjans, SPD, Finanzminister Nordrhein-Westfalen: Ich habe immer gesagt, dass CDs eine Notwehraktion sind. Sie schaffen Unruhe unter denjenigen, die bislang über

3 Jahrzehnte ruhig ihr Geschäft betreiben konnten. O-Ton Prof. Christoph Kaserer, Finanzwissenschaftler, TU München: Der Druck auf die Schweiz kam natürlich auch daher, dass es diese Steuer-CDs gegeben hat und dass damit eben das schweizerische Bankgeheimnis mehr und mehr durchlöchert wurde Selbstanzeigen gab es bisher in Deutschland. Zuletzt hatte auch das SPD-regierte Rheinland-Pfalz eine Steuer-CD ankauft - gegen den Widerstand von Union und FDP. Die Regierungskoalition setzt stattdessen seit Jahren auf ein Steuerabkommen mit der Schweiz begann Finanzminister Schäuble mit den Verhandlungen. Und bis heute hält die Union an dem Abkommen fest: O-Ton Horst Seehofer, CSU, Ministerpräsident Bayern: Weil es geeignet ist, sozusagen alle, die sich der Steuerzahlung entziehen, zu erfassen. Und zwar zehn Jahre zurück und für die Zukunft. Der Plan: Steuerhinterzieher hätten einfach ein Teil der Steuern nachzahlen können. Ihr Schwarzgeld wäre weiß geworden. Und vor allem: Sie wären anonym geblieben. Doch die SPD blockierte diese Groß-Amnestie: O-Ton Norbert Walter-Borjans, SPD, Finanzminister Nordrhein-Westfalen: Es geht nicht, dass man diejenigen, die über Jahrzehnte Steuern hinterzogen haben, praktisch im Dunkeln der Anonymität verschwinden lässt und nur zu einem Rabatt sich dann eben auch freikaufen lässt. Doch genau darauf hatte Uli Hoeneß bis zuletzt gehofft. Nach dem Scheitern des Abkommens sah der Bayern-Boss nur noch einen Ausweg: die Selbstanzeige und die Rückzahlung von Steuerschulden. So hat er immer noch die Chance, straffrei zu bleiben. O-Ton Prof. Peter-Alexis Albrecht, Strafrechtsexperte: Das kann man nur damit erklären, dass der Staat jeden Pfennig, den er kriegt, in seine Kasse zocken will. Im Grunde ist es Deal mit Kriminellen. Die redlichen Menschen, die rund um die Uhr arbeiten und ihre Steuer eingezogen erhalten, die sind die Dummen. Das ist also schlimmstes Mittelalter und das gehört raus aus dem Strafrecht. Und der Fall Hoeneß zeigt: Eine korrekte Selbstanzeige zu erstellen, ist mittlerweile so kompliziert, dass damit offenbar sogar seine Anwälte Schwierigkeiten haben. Denn nach der Anzeige

4 durchsuchten Ermittler Hoeneß Haus am Tegernsee. O-Ton Dieter Ondracek, ehemaliger Steuerfahnder: Dass eine Hausdurchsuchung bei einer Selbstanzeige gemacht wird, ist ein unüblicher Fall. Das heißt irgendetwas ist nicht stimmig. Entweder hat man konkrete Hinweise, dass nicht alles erklärt wurde, dass sie nicht vollständig ist. Oder aber, dass man hier am Zeitpunkt noch mal Hinweise hat, dass Uli Hoeneß schon was gewusst hat. Dass ihm die Fahnder also auf der Spur waren. Und auch sonst gibt es viele Ungereimtheiten. Sein Geld in der Schweiz angeblich umgerechnet rund zehn Millionen Euro - soll er im Jahr 2000 vom damaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus erhalten haben. Pikant: Wenig später stieg Adidas beim FC Bayern ein. Heute teilte der Konzern mit,... dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der adidas AG, Robert Louis-Dreyfus, nicht in die Verhandlungen über eine strategische Partnerschaft mit dem FC Bayern München involviert war. ( ) Etwaige private Geschäfte zwischen Robert Louis-Dreyfus und Uli Hoeneß kann der adidas Konzern nicht kommentieren. Heute Nachmittag dann wird bekannt, dass Hoeneß am 20. März vorläufig festgenommen wurde. Der Haftbefehl soll erst nach Zahlung einer Millionen-Kaution außer Vollzug gesetzt worden sein. Hoeneß sprach heute in der Sport-Bild von einem schweren Fehler. Jetzt kommt es darauf an, ob die Selbstanzeige vollständig war und nicht schon vorher gegen ihn ermittelt wurde, denn dann gäbe es keine Strafbefreiung mehr. O-Ton Dieter Ondracek, ehemaliger Steuerfahnder: Über eine Million Steuerhinterziehung heißt tatsächlich Gefängnis - nicht mehr auf Bewährung, sondern Gefängnis ohne Bewährung. Es wäre das jähe Ende einer Vorzeige-Karriere eines Fußballers, der zum Unternehmer und Manager wurde, schließlich Präsident des reichsten und mächtigsten deutschen Fußballvereins. Abmoderation: In kaum einem Bundesland gibt es übrigens so wenig Steuerprüfungen wie in Bayern. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen

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