Die mittelalterliche Kirche und der Dorffriedhof Alt- Friedrichsfelde

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Hajo Salzmann
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Ausgrabungen 2010 1 Übersichtsfotos über das Areal der Grabungen im Kirchenbereich (R. Bräunig) 2 Ausbruchsgrube der Südwand der mittelalterlichen Kirche im Profil (R.

Bräunig) Die mittelalterliche Kirche und der Dorffriedhof Alt- Friedrichsfelde Da Bauarbeiten zur Verbesserung des Straßenbahnverkehrs im Berliner Stadtteil Alt- Friedrichsfelde große Teile des

1 Ausgrabungen Übersichtsfotos über das Areal der Grabungen im Kirchenbereich (R. Bräunig) 2 Ausbruchsgrube der Südwand der mittelalterlichen Kirche im Profil (R. Bräunig) 3 Grabgruben im Inneren der Kirche (R. Bräunig) Die mittelalterliche Kirche und der Dorffriedhof Alt- Friedrichsfelde Da Bauarbeiten zur Verbesserung des Straßenbahnverkehrs im Berliner Stadtteil Alt- Friedrichsfelde große Teile des ehemaligen Dorffriedhofes zerstören würden, fand von Sommer bis Spätherbst 2010 eine großflächige Rettungsgrabung im Zuge notwendiger Leitungsumverlegungen statt. [1] Alt-Friedrichsfelde wurde als Rosenfelde erstmals 1265 erwähnt und erst 1699 nach dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. umbenannt. Das Dorf besaß ursprünglich 104 Hufen und war damit das größte Dorf im heutigen Berliner Stadtgebiet. Außerdem lebten hier als Tagelöhner 26 Kossäten fällt der Ort an die Doppelstadt Berlin/Cölln und gehörte in der Folgezeit zum Besitz verschiedener patrizischer Familien Berlins. Im Vorgriff auf die Bodeneingriffe fand am vermuteten Standort der mittelalterlichen Dorfkirche eine nichtinversive Dokumentation mittels Bodenradar statt. Im Ergebnis konnte der Standort und die Ausdehnung der Kirche sicher ermittelt werden. Während der Grabungen wurden große Teile des Mittelschiffes der im Kern mittelalterlichen Dorfkirche freigelegt, welche durch den Hofbaumeister Martin Heinrich Böhme vergrößert worden war. Allerdings war der Abriß dieser Kirche im Jahre 1891 derart gründlich, dass die Mauern des Kirchenschiffes nur als Ausbruchsgruben erfasst werden konnten. [2] Im Innenraum fanden sich zahlreiche Bestattungen des lokalen Adels und der nichtadeligen Dorfbesitzer. [3] Eine der Bestattungen war in Form einer gemauerten Gruft [4] angelegt worden, ansonsten erfolgten die Bestattungen im Kircheninneren oft in Särgen mit massiven Eisengriffen. Unter den Toten fanden sich neben Erwachsenen auch zahlreiche Kinder.

4 gemauerte Gruft im Kircheninneren (M. Albrecht) 5 freigelegte Bestattungen außerhalb des Kirchenschiffes (R.

Friebe) Auch südlich und nördlich der mittelalterlichen Kirche wurde bestattet, deshalb machte sich die Bergung von mehr als 240 Bestattungen notwendig.

Da aber auch weiter nördlich davon noch Bestattungen belegt werden konnten und eine weitere Mauerausbruchsgrube dokumentiert werden konnten, ist von einer Verkleinerung des Dorffriedhofes während der

1891 erfolgte der Abriß der alten Kirche, nachdem bereits 1887 die Grundsteinlegung für einen Kirchenneubau unmittelbar südlich erfolgt war.

2 4 gemauerte Gruft im Kircheninneren (M. Albrecht) 5 freigelegte Bestattungen außerhalb des Kirchenschiffes (R. Bräunig) 6 Laserscanbild des Chores der 1891 geweihten Kirche (Laserscan Berlin, Assig, Mempel) 7 Gründungskassette des Kirchenbaus von 1891 (D. Friebe) Auch südlich und nördlich der mittelalterlichen Kirche wurde bestattet, deshalb machte sich die Bergung von mehr als 240 Bestattungen notwendig. [5] Im Norden des Dokumentationsareals wurde dabei die barocke Friedhofsmauer als Ausbruchsgrube erfasst. Da aber auch weiter nördlich davon noch Bestattungen belegt werden konnten und eine weitere Mauerausbruchsgrube dokumentiert werden konnten, ist von einer Verkleinerung des Dorffriedhofes während der Neugestaltung des Dorfangers in der Zeit um 1700 auszugehen erfolgte der Abriß der alten Kirche, nachdem bereits 1887 die Grundsteinlegung für einen Kirchenneubau unmittelbar südlich erfolgt war. Die im neoromanischen Stil gestaltete neue Kirche fiel den Zerstörungen des letzten Krieges zum Opfer und wurde unter Verzicht auf den halbrunden Umgangschor 1951 neu errichtet. Große Teile dieses Chores waren im Boden erhalten, wurden jetzt freigelegt und durch Laserscan dokumentiert. [6] Unter dem ehemaligen Altarstandort dieser Kirche fand sich die Kassette der Grundsteinlegung mit zahlreichen Originaldokumenten. [7] Ebenfalls durch Laserscanning wurde die Fassade eines denkmalgeschützten Gebäudes dokumentiert, welches dem Straßenbau weichen mußte. [8] Die Ergebnisse der Dokumentationsarbeiten erlaubten die Rekonstruktion der beiden heute nicht mehr sichtbaren Kirchengebäude. [9] Aus mehreren Abfallgruben [10] am nördlichen Friedhofsrand wurde eine große Zahl barocker Flaschen mit Glasmarken, Stangengläser und Austernschalen geborgen, die wohl mit dem nahen Schloß Friedrichsfelde in Verbindung stehen, in welchem am Ende des 17.Jahrhunderts unter damaligen Besitzer, dem brandenburgischen Marinedirektor Benjamin Raulé zahlreiche orgiastische Feste gefeiert wurden, an denen auch der Kurfürst teilnahm. [11]

8 Orthophoto der denkmalgeschützten Fassade des ehemaligen Diakoniegebäudes (Laserscan Berlin, Assig, Mempel) 9 3D-Rekonstruktion der heute nicht mehr vorhandenen Kirchenbauten ((D.

[12] Während der Grabungen traten zunächst zahlreiche verlagerte jungbronzezeitliche Keramikfragmente zwischen den Gräbern auf.

3 8 Orthophoto der denkmalgeschützten Fassade des ehemaligen Diakoniegebäudes (Laserscan Berlin, Assig, Mempel) 9 3D-Rekonstruktion der heute nicht mehr vorhandenen Kirchenbauten ((D. Friebe) Südlich der Alfred- Kowalke-Straße fanden sich im Aushub Spolienreste der barocken Toranlage des Schlosses Friedrichsfelde. [12] Während der Grabungen traten zunächst zahlreiche verlagerte jungbronzezeitliche Keramikfragmente zwischen den Gräbern auf. Als die Nordgrenze des Friedhofes erreicht wurde, welcher die älteren Befunde gestört hatte, konnte ein vollständig erhaltenes jungbronzezeitliches Vorratsgefäß geborgen werden. [13] Bei der notwendigen Erweiterung der Grabungsfläche gelang der Nachweis eines bisher unbekannten ausgedehnten jungbronzezeitlichen Siedlungsplatzes. Das Siedlungsareal der Bronzezeit schob sich hier halbinselartig in eine Feuchtbodenzone hinein, die es nach Westen, Osten und Süden begrenzte. Erst im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde das Gebiet durch Gräben trocken gelegt. Aus den bronzezeitlichen Befunden wurden pflanzliche Makroreste geborgen, deren Analyse es ermöglichte, die verfügbaren Nutzhölzer dieser Kleinregion zu bestimmen. Die Ergebnisse der belegen die Nutzung von Laubhölzern, wahrscheinlich Birken, als auch Kiefern. René Bräunig 10 barocke Abfallgruben nördlich der Friedhofsmauer (M. Albrecht)

4 11 Glasflaschen des frühen 18. Jahrhunderts mit Glasmarken der Herstellungsorte(R. Bräunig) 12 Spolienfund des barocken Gartentores (D. Friebe) 13 vollständig erhaltenes Vorratsgefäß der Jungbronzezeit in Fundlage (R. Bräunig)

5 Dorfkirche Alt-Friedrichsfelde (Berlin) Seite 1 von 4 Nord-Süd-Tangente Am Tierpark, 5. BA Dorfkirche Alt-Friedrichsfelde (Berlin) Auftraggeber: Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Projektleitung: Dipl.-Kfm. René Bräunig, M. A. Ausführungsort: Alfred-Kowalke-Str./ Am Tierpark Berlin Auftragswert: EUR Ausführungszeitraum: Gesamtfläche: m² Archäologische Komplexe: 210 Grabungstage: 60 Tagewerke: 240 Mitarbeiter: 2-8 Im Zuge einer Baufeld-Freimachung wurden Teile der heute nicht mehr erhaltenen mittelalterlichen Dorfkirche von Friedrichsfelde erfasst. Von den geplanten Baumaßnahmen war ebenso der südlich und nördlich der Kirche anschließende frühneuzeitliche Friedhof betroffen, was die Bergung von mehr als 230 Bestattungen notwendig machte. Die anthropologische Auswertung der geborgenen Skelette lieferte Einblicke in die Lebensbedingungen und Erkenntnisse über die Krankheitsbilder einer dörflichen Bevölkerung des späten 17./18. Jahrhunderts. Gegenüber anderen ländlichen Bevölkerungen ist der Friedrichsfelder Dorfgemeinschaft ein relativ guter Gesundheitszustand zu bescheinigen. Hervorzuheben ist der chronische Vitamin C Mangel (Skorbut), die teilweise unterdurchschnittliche Körpergröße und der hohe Anteil von im Jugendalter verstorbenen männlichen Individuen. Am Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte der Abriß der mittelalterlichen Kirche er musste einem Neubau weichen, der den Zerstörungen im Weltkrieg vollständig zum Opfer fiel. Teile des halbrunden Kirchenchors der 1890 geweihten Kirche wurden freigelegt und mittels Laserscanning dokumentiert. Aus mehreren Abfallgruben abseits des Friedhofs wurde eine große Zahl barocker Glasflaschen, Stangengläser und Austernschalen geborgen, die mit dem unweit entfernten Schloß Friedrichsfelde in Verbindung stehen. Am Ende des 17. Jahrhunderts fanden hier zahlreiche opulente Feste statt, an denen auch der Kurfürst teilnahm. An der Nordgrenze des Friedhofes schließen bronzezeitliche Befunde an. Bei der notwendigen Flächenerweiterung gelang der Nachweis eines bisher unbekannten jungbronzezeitlichen Siedlungsplatzes. AAB-ARCHÄOLOGIE Referenzprojekt

6 Dorfkirche Alt-Friedrichsfelde (Berlin) Seite 2 von 4 Archäologischer Gesamtplan AAB-ARCHÄOLOGIE Referenzprojekt

Laserscanning dokumentierten Baubefunde Aus dem

7 Dorfkirche Alt-Friedrichsfelde (Berlin) Seite 3 von 4 Laserscanning & Fotogrammetrie Draufsicht der mittels Laserscanning dokumentierten Baubefunde Aus dem Laserscanning generierte fotogrammetrische Ansichten AAB-ARCHÄOLOGIE Referenzprojekt

8 Dorfkirche Alt-Friedrichsfelde (Berlin) Seite 4 von 4 Doppelbestattung eines Erwachsenen und Jugendlichen. Anthropologische Auswertung der Skelette Kariesdefekte an Zähnen. AAB-ARCHÄOLOGIE Referenzprojekt

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