Beiträge zum türkischen Recht

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1 DEUTSCH-TÜRKISCHE RECHTSSTUDIEN Band 9 Hilmar Krüger, Yasemin Körtek (Hrsg.) Beiträge zum türkischen Recht Erbrecht und Sozialrecht BWV BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG

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3 Beiträge zum türkischen Recht

4 DEUTSCH-TÜRKISCHE RECHTSSTUDIEN Herausgegeben von der Deutsch-Türkischen Juristenvereinigung e. V. Band 9 ISBN

5 Hilmar Krüger, Yasemin Körtek (Hrsg.) Beiträge zum türkischen Recht Erbrecht und Sozialrecht BWV BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG

6 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN BWV BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG GmbH, Markgrafenstraße 12 14, Berlin Internet: Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.

7 Vorwort Die in diesem Band veröffentlichten Beiträge sind (mit Ausnahme des Aufsatzes von Baki Ilkay Engin) die zum Teil für den Druck überarbeiteten Vorträge, die anlässlich der Tagung der Deutsch-Türkischen Juristenvereinigung (DTJV) über Deutsch-türkisches Sozial- und Erbrecht am 30./ im Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht in München gehalten wurden. Das türkische Erbrecht ist, wie inzwischen wahrscheinlich allgemein bekannt, im Rahmen des am in Kraft getretenen neuen türkischen Zivilgesetzbuches (Gesetz Nr. 4721) teilweise neu gefasst worden. Angesichts der vielen in Deutschland lebenden türkischen Staatsangehörigen ist das Erbrecht von erheblicher Bedeutung für die deutsche Rechtspraxis. Rona Serozan gibt eine konzise Darstellung der Entwicklung sowie über die seit 2002 geltenden neuen Normen des türkischen Erbrechts und erörtert mit Recht auch die politische und soziale Bedeutung des Erbrechts in der Türkei. Baki Ilkay Engin stellte dankenswerter Weise sein Manuskript über die Grundregeln der gesetzlichen Erbfolge im neuen Recht zur Veröffentlichung in diesem Band zur Verfügung. Angesichts des Umstandes, dass für Türken in Deutschland die Testaterbfolge eine geringere Rolle als die gesetzliche spielt, ist diese für die Praxis wichtiger als Probleme im Zusammenhang mit letztwilligen Verfügungen. Hilmar Krüger stellt die kollisionsrechtlichen und internationalverfahrensrechtlichen Probleme in den deutsch-türkischen erbrechtlichen Beziehungen dar. Diese sind deshalb nicht einfach in den Griff zu bekommen, weil zwischen Deutschland und der Türkei seit mehr als 80 Jahren das Nachlassabkommen von 1929 gilt, das im wesentlichen auf dem deutsch-osmanischen Nachlassabkommen von 1917 beruht und dessen Regeln im Grunde auf den Rechtszustand im Osmanischen Reich am Ende des 19. Jahrhunderts zurückgehen. Dieses Abkommen ist heute völlig überflüssig und führt zu unnötigen Problemen. Aber es erben sich nicht nur Gesetz und Rechte, sondern auch Staatsverträge wie eine ew ge Krankheit fort. Sowohl in der deutschen als auch in der türkischen Rechtsliteratur wird deshalb dafür plädiert, dieses Abkommen außer Kraft zu setzen. Die DTJV hat deshalb bereits vor längerer Zeit angeregt, das Nachlassabkommen von 1929 aufzuheben. Angesichts der Indolenz der zuständigen Ministerien ist darüber von ihnen anscheinend noch nie nachgedacht worden. Meine Mitherausgeberin Yasemin Körtek, die den sozialrechtlichen Teil des Bandes betreut hat, beschreibt ausführlich die zum in der Türkei eingeführte allgemeine Krankenversicherung. Das maßgebliche Gesetz Nr ist in Deutschland noch weitgehend unbekannt, obwohl sich das System der sozialen Sicherheit in der Türkei seit 1999 in einem Reformprozess befindet. Berichtet wird über den versicherten Personenkreis sowie über die Finanzierung der allgemeinen Krankenversicherung und über die Leistungen aus ihr. Hediye Ergin stellt knapp das türkische System der Sozialver- 5

8 sicherung vor dem Beginn der Reformgesetzgebung und ausführlich den heute geltenden Rechtszustand in diesem Bereich dar und beschreibt u. a. die Ziele der Reformgesetzgebung sowie sehr ausführlich die Leistungen aus der Sozialversicherung. Hilmar Krüger 6

9 Inhalt Prof. Dr. Rona Serozan Die Entwicklung des türkischen Erbrechts... 9 Univ.-Doz. Dr. Baki İlkay Engin Die gesetzliche Erbfolge im neuen türkischen Zivilgesetzbuch Professor Dr. Hilmar Krüger Erbrechtliche Probleme in den deutsch-türkischen Beziehungen Dr. Yasemin Körtek Die Einführung der allgemeinen Krankenversicherung in der Türkei Univ.-Doz. Dr. Hediye Ergin Die sozialversicherungsrechtlichen Entwicklungen in der Türkei

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11 Die Entwicklung des türkischen Erbrechts Prof. Dr. Rona Serozan, Istanbul Prolog Das türkische Erbrecht hat eine besondere Bedeutung nicht nur für deutsche Juristen aus kollisionsrechtlichen, sondern auch für türkische Juristen aus sozialen und politischen Gründen. Es muss zugegeben werden, dass dieses bedeutsame Recht im Rahmen eines kurzen Vortrages von 45 Minuten selbst in gröbsten Zügen nicht erläutert werden kann. Also muss der Weg gewählt werden, den Vortrag auf die in den letzten Jahren tonangebenden Gesetzesänderungen und auffallenden Tendenzen in Judikatur und Literatur zu beschränken. Eine solch kursorische Darstellung der richtungsweisenden Gesetzgebung und Rechtsprechung wird es, so hoffe ich, dem Zuhörer ermöglichen, in relativ kurzer Zeit, einen wenn auch oberflächlichen Eindruck sowohl von den Grundzügen als auch von den Entwicklungen des türkischen Erbrechts zu gewinnen. Am Schluss des Vortrags soll eine Voraussage über den Verlauf der zukünftigen Entwicklung des Erbrechts gewagt werden, wobei nicht nur die Türkei, sondern auch Deutschland in diese Prophezeiung miteinbezogen wird. Die besondere Bedeutung des türkischen Erbrechts Mehrere tausend Erbfälle türkischer Staatsangehöriger in Deutschland ( pro Jahr, wohlgemerkt) haben das türkische Erbrecht für den deutschen Juristen von einem bloß wissenschaftlich interessanten Thema zu einem gleichzeitig praktisch relevanten Thema werden lassen. Zudem ist in den letzten Jahren die Zahl der Erbfälle deutscher Staatsangehöriger mit Grundstückseigentum in der Türkei brisant gestiegen. Auch diese Tatsache hat aus kollisionsrechtlichen Gründen das türkische Erbrecht in den Augen der deutschen Juristen aufgewertet. Wie allgemein bekannt, sieht das geltende autonome türk. Kollisionsrecht für die Erbschaft grundsätzlich die Anwendung des Personalstatuts, d. h. des Heimatrechts des Erblassers (lex patriae), vor (Art. 20 Abs. 1 S. 1 IPR-Gesetz, Gesetz Nr. 5718/2007). Die Erbschaft bezüglich der Grundstücke in der Türkei unterliegt dagegen laut Art. 20 Abs. 1 S. 2 IPR-Gesetz in jedem Fall dem Recht des Belegenheitsort (lex rei sitae), also dem türkischen Recht. Im deutsch-türkischen 9