Wir brauchen Zeit für... Impressionen vom Rathausmarkt in Hamburg am 02. November 2004

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Gundi Franke
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2 Als wir am 2. November eine riesige Plane auf dem Rathausmarkt entrollten und die Passanten dazu aufforderten, sie mit ihren Vorstellungen von Zeit zu gestalten, sollten unser aller Erwartungen übertroffen werden: Schon wenige Minuten nach dem Start gingen Dutzende von Menschen über die Aktionsfläche, um diese zu bemalen oder ihre Gedanken aufzuschreiben.von kleinen Kindern bis zu alten Leuten, ob Frauen und Männer; nahezu alle machten mit. Um denjenigen, die nicht dabei waren, einen Eindruck von der Atmosphäre zu verschaffen, wurden viele Photos gemacht. Ebenso verdienen auch die aufgeschriebenen Gedanken einer Dokumentation. Lesen Sie deshalb im folgenden, was die Menschen bewegt, wenn sie an das Wort Zeit denken: Zeit für Liebe Zeit für das verrückt Normale wünsch ich mir und auch all eure gemeinsame Lust für das Leben zu kämpfen Zeit für Freunde & Familie Mit FreundInnen kochen, essen, trinken, lachen & reden in der neuen Wohnung am neuen Esstisch Wir brauchen Zeit für die Menschen in Not Zeit, um Leben zu können Die Insel auf der die Gefühle lebten drohte unterzugehen Alle Gefühle verließen die Insel mit ihren Booten Nur die Liebe blieb bis zum letzten Moment Als das Boot vom Hochmut vorbeifuhr, rief die Liebe um Hilfe Der Hochmut antwortete: Du kannst nicht mit, du könntest mein Boot beschmutzen. Die Traurigkeit antwortete: Ich bin zu traurig um dich mitzunehmen Alle Gefühle beantworteten den Hilferuf der Liebe mit Ausreden Zuletzt fuhr in einem kleinen Boot ein alter Mann vorbei, der die Liebe mitnahm und auf das Festland brachte Nachdem der Alte sofort verschwand, blieb der Liebe nur Noch das Wissen zu fragen, wer ihr geholfen hat. Das Wissen antwortete: Das war die Zeit, die dich rettete! Denn nur die Zeit weiß, wie wichtig die Liebe ist!!! Ich habe Zeit für Gottes Wort, die Bibel Faulheit + Nichtstun Zeit für die Dinge, die wir bisher unter den Tisch haben fallen lassen, weniger Ich, mehr Du Zeit für Träume In Ruhe zusammen sein, vielleicht essen, ohne Stechuhr, Bewilligung oder Gutscheine Mehr Zeit für Freizeit Zeit um - vielleicht mal mehr als 1 Sekunde - stehen zu bleiben Aus dem Kontext gerissen wirken viele Beispiele trivial. Stellen Sie sich aber vor, dass das Geschriebene mehr ist als bloße Floskeln sondern ein Beweis dafür, dass das Thema Zeit mit all seinen Facetten wichtig ist.viele Menschen denken darüber nach und sind bereit sich dazu zu äußern - mehr, als man das allgemein annimmt. Vor dem Hintergrund der Realität des Geschriebenen erhalten diese Dokumente eine große Bedeutung.

Die Menschen sollten sich wieder mehr Zeit nehmen für ihre Kinder, ihren Partner, ihre Großeltern, fürs Ehrenamt, für Nachbarschaftshilfe... lautet allerorten der Appell.

6 Die Menschen sollten sich wieder mehr Zeit nehmen für ihre Kinder, ihren Partner, ihre Großeltern, fürs Ehrenamt, für Nachbarschaftshilfe... lautet allerorten der Appell. Das klingt gut und wäre auch wünschenswert. Doch in Zeiten von Arbeitsverdichtung, Ausdehnung der Arbeitszeit, Zunahme von (unbezahlten) Überstunden stehen diese Wünsche oft im Kontrast zum Machbaren. Wie sollen stabile Beziehungen zu Freunden und Familie aufrecht erhalten oder gar verstärkt werden, wenn Arbeitnehmer unter dem Stichwort Flexibilisierung und Mobilität aus ihrem gewohnten Umfeld herausgerissen werden, nicht selten wie moderne Nomaden von einem Job zum nächsten, von einer Stadt in die nächste ziehen müssen? Wenn sie gezwungen werden, immer häufiger auch am Wochenende oder bis spät in die Nacht hinein zu arbeiten, weil es moderne Arbeitsgesellschaften im Zeitalter der Globalisierung, Arbeitsabläufe und Auftragslage nun mal erfordern, wie Arbeitgeber gerne behaupten? Wir Gewerkschaften wollen eine Zeitenwende. Lebensqualität hat direkt mit Zeit zu tun. Zeitwohlstand ist erreicht, wenn wir über die eigene Zeit selbst bestimmen können, wenn wir Zeit haben für uns und andere Menschen, für Beziehungen und Bindungen. Nehmen wir uns die Zeit, über die Bedeutung der Zeit nachzudenken! Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg Idee, Graphik und Layout: Rolf Gerhards, Hamburg

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