LÄNDERINFORMATION ITALIEN
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- Damian Dunkle
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1 LÄNDERINFORMATION ITALIEN FORUM FÜR FACHFRAGEN Unterhaltsansprüche von in Deutschland lebenden Kindern können grundsätzlich gegenüber dem in Italien lebenden unterhaltspflichtigen Elternteil geltend gemacht werden. Dies gilt auch für auf öffentliche Träger übergegangene Ansprüche. I. Zum Vorgehen Den Berechtigten stehen für die Durchsetzung des Unterhalts in Italien alternativ zwei Vorgehensweisen zur Verfügung, zwischen denen sie wählen können: Verfahrenshilfe im ersuchenden und ersuchten Mitgliedstaat durch die Einrichtung Zentraler Behörden auf Verwaltungsebene oder die Beauftragung eines örtlichen Rechtsbeistands. Für welche Option sich die Berechtigten entscheiden, werden sie von einer Günstigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles abhängig machen. Entscheiden sich die Berechtigten für die direkte Beiziehung eines Anwalts oder Gerichtsvollziehers, beantragen sie üblicherweise Verfahrens- bzw Prozesskostenhilfe. Die beigeordneten Rechtsbeistände betreiben sodann die Vollstreckung des Unterhalts in Vertretung der Berechtigten. Behördliche Verfahrenshilfe, die nach Art. 49 ff Europäische Unterhaltsverordnung VO (EG) Nr 4/2009 (EuUnthVO) gewährt wird, bedeutet, dass die italienische Zentrale Behörde verpflichtet ist, Verfahren bezüglich des jeweiligen Antrags einzuleiten oder deren Einleitung zu erleichtern. Die italienische Behörde hat für die Realisierung des Antrags alle angemessenen Maßnahmen (Art. 51 Abs. 2 Eu- UnthVO zu treffen). Von dem Maßnahmenkatalog erfasst sind etwa 1
2 die Förderung einer einvernehmlichen Regelung, die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die Erhebung und Verfolgung einer Unterhaltsklage sowie die Vollstreckung eines vorhandenen Titels. Ablauf der behördlichen Verfahrenshilfe Behördliche Verfahrenshilfe setzt einen Antrag nach Art. 56 EuUnthVO voraus. Die Angaben und Anlagen, die das Ersuchen enthalten muss, sind in Art. 57 EuUnthVO geregelt (vgl auch 8 Abs 1 AUG nf mit deklaratorischer Funktion). Ein solcher Antrag ist bei dem für den Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zuständigen Amtsgericht einzureichen ( 7 AUG nf, Ausführungsgesetz zu der EuUnthVO). Das Amtsgericht leitet den Verfahrenshilfeantrag samt Anlagen nach einer Vorprüfung weiter an die deutsche Übermittlungsbehörde, die diesen nach weiterer Prüfung der italienischen Empfangsbehörde übermittelt. Die italienische Empfangsbehörde übergibt den Antrag zur Bearbeitung zunächst der lokal zuständigen Präfektur (Vertreter des Zentralstaates in den einzelnen Provinzen), bleibt jedoch Herrin des Verfahrens. Die jeweilige Präfektur fordert die unterhaltsverpflichteten Elternteile auf, den geschuldeten Unterhalt zu zahlen. Sind sie hierzu trotz Leistungsfähigkeit nicht bereit, wird ein Vollstreckbarerklärungs- bzw Vollstreckungsverfahren eingeleitet. Vertreten werden die Berechtigten durch die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft. Sofern noch kein Unterhaltstitel vorhanden ist und die Unterhaltspflichtigen die Unterhaltspflicht nicht freiwillig beurkunden lassen, hat die Empfangsbehörde auf Antrag einen Unterhaltstitel zu erwirken. Bei gewöhnlichen Aufenthalt der Unterhaltsberechtigten in Deutschland, wird jedoch regelmäßig im Interesse der Unterhaltsberechtigten stehen, den Gläubigergerichtsstand mit gleichlaufenden materiellen Unterhaltsrecht (vgl Art. 3 Haager Protokoll 2007) zu nutzen und einen deutschen Titel zu erwirken. Macht der öffentliche Träger auf ihn übergegangene Ansprüche geltend, kann ebenfalls die Unterstützung der Zentralen Behörde nach der EuUnthVO in Anspruch genommen werden. II. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines deutschen Unterhaltstitels In Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines deutschen Unterhaltstitels wird seit Anwendbarkeit der EuUnthVO am 18. Juni 2011 zwischen Alttiteln (Titel, deren Verfahren vor dem 18. Juni 2011 eingeleitet wurde) und Neutiteln (welche ab dem 18. Juni 2
3 2011 beurkundet oder in gerichtlichen Verfahren geschaffen wurden, die am 18. Juni 2011 oder später eingeleitet wurden) unterschieden. Die Alttitel müssen weiterhin förmlich anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, wobei das Verfahren durch die EuUnthVO vereinfacht wurde. Die Vollstreckbarerklärung des deutschen Titels kann gemäß Art. 24 EuUnthVO (wie bisher) nur aus bestimmten Gründen versagt werden. Häufige Versagungsgründe sind der Verstoß der Entscheidung gegen den ordre public des Vollstreckungsstaats oder bei Nichteinlassung der Antragsgegner/innen auf das Erstverfahren die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist zb regelmäßig bei der öffentlichen Zustellung des Titels nach 203 ff ZPO oder bei fehlerhafter Zustellung der Fall. Für Neutitel wurde das Verfahren der Vollstreckbarerklärung (Exequaturverfahren) abgeschafft. Ein Neutitel, der in Deutschland vollstreckbar ist, ist nun auch in Italien unmittelbar vollstreckbar. Die Anerkennung als einzige Voraussetzung der Vollstreckbarkeit erfolgt automatisch ohne gesondertes Zwischenverfahren. Die Vollstreckung ist in Italien aus fast allen deutschen Unterhaltstiteln möglich (Ausnahme: Beschlüsse, die im Wege der einstweiligen Anordnung ohne Anhörung des Gegners ergangen sind). Es ist unerheblich, ob es sich hierbei um ein Urteil, einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss, einen Vergleich oder eine Jugendamtsurkunde handelt. Irrelevant ist auch, ob es sich um einen Festbetragstitel oder einen dynamischen Unterhaltstitel handelt. III. Verfahrenskosten Wird das direkte Verfahren gewählt, entstehen im wesentlichen Anwalts- und Gerichtsvollzieherkosten. Sofern jedoch im deutschen Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, ist nach Art. 47 Abs 2 EuUnthVO auch in Italien ohne Bedürftigkeitsprüfung Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe im Vollstreckbarerklärungsund Vollstreckungsverfahren besteht auch dann, wenn die Antragsteller/innen erst nach Beendigung des Erstverfahrens bedürftig geworden sind. Die Verfahrenskostenhilfe deckt auch etwaige Übersetzungskosten ab. Bei Inanspruchnahme der behördlichen Verfahrenshilfe nach der EuUnthVO sind die EU- Mitgliedsstaaten zu unentgeltlicher Prozesskostenhilfe verpflichtet, sofern das unterhaltsberechtigte Kind das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Art. 46). Kosten können für die Übersetzung des Formularantrags nebst Anlagen im Fall eines behördlichen Verfahrenshilfeantrags in die italienische Sprache entstehen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Antragsteller/innen von den Übersetzungskosten befreit werden, sofern sie die Vorausset- 3
4 zungen einer ratenfreien Verfahrenskostenhilfe nach 113 FamFG ivm 115 ZPO erfüllen (vgl 10 AUG). IV. Zwangsvollstreckung Aus dem für vollstreckbar erklärten Unterhaltstitel, einem Europäischen Vollstreckungstitel oder einem Neutitel kann in Italien vollstreckt werden. Die Zwangsvollstreckung wird nach italienischem Zwangsvollstreckungsrecht durchgeführt. In Frage kommen - ähnlich wie in Deutschland - Lohnpfändungen sowie Sachpfändungen in bewegliches und unbewegliches Vermögen. V. Ermittlung des Aufenthalts und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners Bei Ermittlung des Aufenthalts und der wirtschaftlichen Verhältnisse kann der Unterhaltsberechtigte neben den national möglichen Maßnahmen auch die in der VO (EG) Nr 4/2009 normierten in Anspruch nehmen. Diese sind über die behördliche Verfahrenshilfe zugänglich, wobei eine formelle Antragstellung isv Art. 56 EuUnthVO nicht erforderlich ist und mit einem direkten Vorgehen kombiniert werden kann. Die Zentrale Behörde im ersuchten Staat ist zu Maßnahmen der Aufenthaltsermittlung sowohl bei Antragstellung nach Art. 56 (Art. 51 Abs. 2 Buchst. b)) als auch im Vorbereitungsund Prüfungsstadium eines entsprechenden Antrags (Art. 53) verpflichtet. Nach Art. 61 sind der ersuchten Behörde auch solche Informationen zur Verfügung zu stellen, zu denen sie keinen direkten Zugang hat. Kann eine Anschrift ermittelt werden, wird diese der ersuchenden Zentralen Behörde zugeleitet, die sie den Berechtigten zur Kenntnis bringen kann. Auf nationaler Ebene kann das für den zuletzt bekannten Wohnsitz zuständige italienische Einwohnermeldeamt kostenfrei um Anschriftenauskunft ersucht werden. Städte und Gemeinden finden sich unter (zb für Rom). Die Einwohnermeldeämter erteilen in der Regel Auskunft darüber, ob und wo der Schuldner in der Gemeinde gemeldet ist oder war. Ist er bereits verzogen, wird der neue Wohnort ohne dortige Anschrift mitgeteilt. Es muss dann in der neuen Gemeinde um eine weitere Anschriftenauskunft nachgesucht werden. Sowohl vor als auch nach formeller Antragstellung nach Art. 56 EuUnthVO ist die Zentrale Behörde im ersuchten Mitgliedstaat verpflichtet, Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsverpflichteten Elternteils einzuholen. Die weitergehende Informationsbeschaffung nach Art. 61 vor Antragstellung kann sie nur beanspruchen, sofern zu- 4
5 mindest eine Ausfertigung des zu vollstreckenden Titels vorgelegt wird (Art. 53 Abs 2). Den Berechtigten wird bei Beschaffung von Informationen unter Anwendung des Art. 61 im Fall eines Antrags auf Vollstreckbarerklärung bzw Vollstreckung nur die Information weitergeleitet, ob Einkommen oder Vermögen des Unterhaltsverpflichteten im ersuchten Mitgliedstaat besteht (Art. 53 Abs 2). Die erlangten Auskünfte im Einzelnen können dagegen den mit dem Unterhaltsverfahren befassten Behörden des ersuchten bzw ersuchenden Mitgliedstaats übermittelt werden. VI. Materialien Die vollständigen Texte der Europäischen Unterhaltsverordnung (Verordnung EG Nr. 4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen EuUnthVO) und des Ausführungsgesetzes (Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten Auslandunterhaltsgesetz [AUG]) sind auf unserer Homepage unter Unterhaltsrealisierung Rechtsgrundlagen für die Unterhaltsrealisierung im Ausland zu finden. Stand: Juli
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