Bioinformatik für Biochemiker
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- Elizabeth Günther
- vor 5 Jahren
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1 Bioinformatik für Biochemiker Oliver Kohlbacher WS 2009/ Multiples Alignment II Abt. Simulation biologischer Systeme WSI/ZBIT, Eberhard Karls Universität Tübingen
2 Übersicht T-COFFEE Probleme bei CLUSTALW Algorithmus T-COFFEE Vergleich Ergebnisse Phylogenien Evolutionsmodelle Konstruktion von Stammbäumen Darstellung 2
3 CLUSTALW Überblick S 1 S 2 D 1,2 S 1. D 1,3 S 2 S 3 S 4 - D 1,2 - D 1,3 D 2,3 - D 1,4 D 2,4 D 3,4 - Globales Alignment Distanzmatrix Konstruktion eines Leitbaums Profilalignment entlang des Baums
4 CLUSTALW Probleme Grundsätzliche Probleme von CLUSTALW: Heuristik: wir können keine optimale Lösung erwarten Globales Alignment führt teilweise zu zerrissenen Alignments Falsche paarweise Alignments führen zu verschobenen Gesamtalignments Once a gap, always a gap Führt eines der paarweisen Alignments eine Lücke ein, kann diese Entscheidung in den folgenden Profilalignments nicht mehr korrigiert werden
5 CLUSTALW Beispiel TATA-Boxen aus der Übung: TATAAAA GGCTGGCAGTGAAGATAAAACGTGTCTAGAA TATAAAA GATAA ACCCGCGCACGCACACATGCTGATAACATCCCCGACCCCCGGCCGGAGCCACA CGGAGGC-GATAAAA TATAAA TATATAAT CTTAAATTTGA AAGTGTTTAGATTTCTTCGC GGCTTTATATATCTT
6 T-COFFEE Grundideen Idee Heuristik, ähnlich CLUSTALW Verwende aber nicht nur globale Alignments Konstruiere Sammlung von Alignments (lokal & global) Gewichte Alignments in Sammlung geschickt Aliniere entlang des daraus konstruierten Leitbaums Offensichtlich rechenaufwändiger (mehr Alignments zu konstruieren) Immer noch eine Heuristik, optimales Ergebnis nicht garantiert Im wirklichen Leben meist deutlich besser als CLUSTALW
7 T-COFFEE - Überblick. Globale Alignmentbibliothek. Lokale Alignmentbibliothek Kombination. Erweiterte Bibliothek Progr. Alignment T-COFFEE verwendet mehrere Alignmentbibliotheken nebeneinander (z.b. lokale und globale) Jedem Alignment wird ein Gewicht zugewiesen Dieses Gewicht beschreibt, wie relevant dieses Alignment ist: gute Alignments sind gewichtiger als schlechte Paarweise Alignments werden zu einer erweiterten Bibliothek kombiniert
8 Beispiel CLUSTALW Gewöhnliches progressives Alignment entlang eines Leitbaums führt dazu, dass bereits beim Alignment von A mit B LAST mit FAST aliniert wird, da die beiden Sequenzen untereinander am ähnlichsten sind Dass CAT in SeqA mit Gaps in SeqB aliniert wurde ist in der Folge nicht mehr rückgängig zu machen (once a gap, always a gap )
9 Beispiel T-COFFEE-Primärbibliothek T-COFFEE konstruiert mehrere Alignments (lokale und globale, optional auch multiple) In dieser Bibliothek von Alignments werden Alignments mit dem Anteil an Matches bewertet, Gaps werden dabei nicht gezählt Diese Gewichte werden benutzt um anschließend die einzelnen Alignments zusammenzuführen Dadurch entsteht im nächsten Schritt eine erweiterte Bibliothek von Alignments
10 Beispiel Erweiterte Bibliothek In der erweiterten Bibliothek werden zusätzlich alle Tripel von Sequenzen betrachtet und deren Gewicht bestimmt In obigem Beispiel hat das Alignment von A mit B und D das höchste Gewicht Aus diesem Alignment werden dann Gewichte für die jeweiligen Positionen bestimmt Werden zwei Sequenzpositionen immer miteinander aliniert ( THE ) erhalten sie ein hohes Gewicht, solche die nie miteinander aliniert werden ein niedriges
11 T-COFFEE TATA-Boxen T-COFFEE aliniert die TATA-Boxen besser, wenn auch nicht optimal: 22 ACCCGCGCACGCACACA-TGCTGATAACA--TCCCCGACCCCCGGCCGGA T----ATAAAA T----ATAAAA GATAA T--ATATAAT T----ATAAA AAGTGTTTAGAT---TTCT GGCT TTATATA-----TCT GGCTGGCAGTGAAGATAAAACGTGTCT CGGAGGCGATAAAA CT TAAA-----T-T
12 Taxonomie Evolution Phylogenie Carl von Linné schlägt um 1735 eine hierarchische Systematik zur Gliederung der Arten vor
13 Taxonomie Evolution Phylogenie Charles Darwins Evolutionstheorie gibt ca. 120 Jahre später eine Erklärung für die Entstehung neuer Arten, die zu baumartigen Hierarchien führt
14
15 Taxonomie Evolution - Phylogenie Phylogenie oder Phylogenese beschreibt die evolutionäre Entstehung der Arten Diese Entwicklung kann in Form eines phylogenetischen Baums dargestellt werden Zur Rekonstruktion phylogenetischer Bäume lassen sich verschiedene Methoden heranziehen Morphologischer oder anatomischer Vergleich rezenter Lebewesen Morphologischer oder anatomischer Vergleich fossiler Lebewesen Sequenzanalyse Verwendung der Sequenzanalyse basiert dabei auf der Annahme einer molekularen Uhr
16 Die Molekulare Uhr
17 Die Molekulare Uhr Mutationsraten schwanken stark von Art zu Art, von Gen zu Gen, von Lokus zu Lokus Starker Unterschied zwischen kodierenden und nicht kodierenden Regionen Mitochondriale DNA hat höhere Mutationsraten (Fehlende Korrekturmechanismen)
18 Graphen und Bäume Graphen sind ein wichtiges Konzept in der Informatik Mit Graphen lassen sich viele Alltagsprobleme anschaulich darstellen Man hat umfangreiche mathematische Werkzeuge um abstrakt damit zu arbeiten Kante Ein Graph besteht aus Knoten Kanten (die Knoten miteinander verbinden) Knoten
19 Graphen und Bäume Graphen sind ein wichtiges Konzept in der Informatik Mit Graphen lassen sich viele Alltagsprobleme anschaulich darstellen Man hat umfangreiche mathematische Werkzeuge um abstrakt damit zu arbeiten Ein Graph besteht aus Knoten Kanten (die Knoten miteinander verbinden) Dieser einfache Graph drückt Nachbarschaftsbeziehungen in Europa aus. Zwei Knoten sind durch eine Kante verbunden, wenn die entsprechenden Länder aneinander grenzen.
20 Graphen und Bäume Graphen sind ein wichtiges Konzept in der Informatik Mit Graphen lassen sich viele Alltagsprobleme anschaulich darstellen Man hat umfangreiche mathematische Werkzeuge um abstrakt damit zu arbeiten Ein Graph besteht aus Knoten Kanten (die Knoten miteinander verbinden) H H H C C Dieser Graph stellt die Struktur von Pyridin dar. Knoten stehen für Atome und sind mit dem Elementsymbol beschriftet. zwei Knoten sind durch eine Kante verbunden, wenn die Atome eine Bindung teilen. C N C C H H
21 Graphen und Bäume Es gibt verschiedene Arten von Graphen, die unterschiedliche Eigenschaften haben Graphen können z.b. Zyklen besitzen, d.h. man kann entlang der Kanten von einem Knoten zu sich selbst wandern, ohne eine Kante zweimal zu nutzen
22 Graphen und Bäume Es gibt verschiedene Arten von Graphen, die unterschiedliche Eigenschaften haben Graphen können z.b. Zyklen besitzen, d.h. man kann entlang der Kanten von einem Knoten zu sich selbst wandern, ohne eine Kante zweimal zu nutzen Graphen ohne Zyklen (azyklische Graphen), werden auch Bäume genannt Zyklischer Graph Azyklischer Graph (Baum)
23 Bäume Einfache evolutionäre Beziehungen lassen sich mit Hilfe von Bäumen darstellen Dabei stehen Knoten für bestimmte Taxa Kanten für eine direkte evolutionäre Verwandtschaft zwischen den beiden Knoten müssen nicht immer explizit gezeichnet werden
24 Gewurzelte und entwurzelte Bäume
25 Gewurzelte Bäume Man kann phylogenetische Bäume gewurzelt oder ungewurzelt darstellen Ein gewurzelter Baum besitzt einen Wurzelknoten, der den jüngsten gemeinsamen Vorfahr aller untersuchten Taxa darstellt Innere Knoten des Baums repräsentieren entsprechend (hypothetische) jüngste gemeinsame Vorfahren der Taxa im Zweig darunter Die Blätter des Baums entsprechen den betrachteten Taxa Der Weg von der Wurzel zu einem Blatt (Pfad) spiegelt die Evolutionsgeschichte des Taxons wieder Innerer Knoten Wurzel Ast, Zweig A B C D Blätter
26 Ungewurzelte Bäume Ungewurzelte Bäume drücken zwar die Verwandtschaft der Taxa untereinander aus, besagen aber noch nicht, wo der gemeinsame Vorfahr aller Taxa lag Gewurzelte Bäume enthalten also zusätzliche Information Einem ungewurzelten Baum entsprechen auch mithin mehrere unterschiedliche gewurzelte Bäume A C B D
27 Umwandlung
28 Wahl der Wurzel Die Umwandlung eines ungewurzelten Baums in einen gewurzelten erfordert die Auswahl einer Kante, an der die Wurzel eingefügt wird Hinzufügen eines oder mehrerer Taxa, die phylogenetisch stark unterschiedlich sind (outgroup) Vergleicht man z.b. Säugersequenzen (B1-B3), kann man entsprechende Sequenzen aus einem Fisch (A) hinzufügen Der gemeinsame Vorfahr von B1-B3 und A liegt evolutionär vor dem gemeinsamen Vorfahr von B1-B3 ) Wurzel B2 A B2 B3 B1 B3 B1 A
29 Anzahl Bäume ist exponentiell Anzahl Taxa Anzahl möglicher Bäume , , ,027, ,459, ,729, ,749,310, ,234,143, ,905,853,580,625
30 Cladogramme und Phylogramme Ein Cladogramm enthält die Information über phylogenetische Ereignisse (Verzweigungen) der dargestellten Spezies, nicht aber die Zeitinformation Phylogramme stellen an einer Achse die Zeit (oder äquivalente Größen) dar Die Lage der Knoten entspricht der (postulierten) Zeit des phylogenetischen Ereignisses B2 B2 B3 B1 A B3 B1 A T 1 T 2 T 3
31 Widersprüche in Bäumen Bestimmt man phylogenetische Bäume mit Hilfe unterschiedlicher Gene, erhält man oft unterschiedliche Bäume Gründe Unterschiedliche Mutationsraten Genduplikationen, orthologe vs. paraloge Gene Heuristiken zur Konstruktion der Bäume Horizontaler Gentransfer (nicht baumartige Evolution!) A B C D E A B C D E A B C D E 1 2 3
32 Konsensusbäume Es gibt verschiedene Arten differierende Bäume zusammenzufassen Analog zum Konsensus von Sequenzalignments, kann man auch Konsensusbäume konstruieren Oft divergieren die Bäume nur an bestimmten Stellen Diese Konsensusbäume drücken aus, welche Information in allen oder der Mehrheit der Bäume enthalten ist A B C D E A B C D E A B C D E 1 2 3
33 Strikter Konsensus Beim strikten Konsensus werden nur Verwandtschaftsbeziehungen berücksichtigt, die in allen Bäumen enthalten sind A B C D E A B C D E A B C D E A B C D E Konsensus In allen Bäumen ist der grüne Knoten Vorfahr von A, B und C B wird daher an den grünen Knoten angehängt
34 Mehrheitskonsensus Beim Mehrheitskonsensus werden alle Beziehungen übernommen, die in mehr als 50% der ursprünglichen Bäume vorkommen A B C D E A B C D E A B C D E A B C D E 67% 100% 67% Konsensus Innere Knoten, die in der Mehrzahl der Bäume auftreten werden in den Konsensusbaum übernommen
35 Reticulate Evolution Reticulate = netzartig Evolution verläuft leider nicht so geradlinig wie bisher skizziert Horizontaler Gentransfer sorgt z.b. dafür, dass eine Spezies mehrere direkte Vorfahren hat Die entstehenden Bäume sind keine Bäume mehr, sondern allgemeine Graphen, Netzwerke Entsprechend komplexer ist die phylogenetische Analyse dieser Vorgänge Mount, Bioinformatics, S. 244
36 Literatur + Links Mount, Bioinformatics, Kapitel 6 T-Coffee: A Novel Method for Fast and Accurate Multiple Sequence Alignment, J. Mol. Biol. (2000), 302, T-COFFEE-Webserver
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