Imperator. T Der große. Dies ist eine Geschichte, die beginnen

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1 TITEL T Der große Imperator Ein Mann erobert die Unterhaltungswelt: Steve Jobs, genial und gefürchtet, führt Apple von Erfolg zu Erfolg jetzt kippt das Image. Ein Konzern zwischen Allmachtsanspruch und Pannen-iPhones Dies ist eine Geschichte, die beginnen muss wie ein Märchen. Es war einmal ein junger Mann von 21 Jahren, der gründete im US-Bundesstaat Kalifornien, den Amerikaner den goldenen nennen, eine Firma und war mit ihr so erfolgreich, dass er berühmt wurde. Und reich. Dann aber drängte man ihn aus seinem Unternehmen, und beide, er und die Firma, hatten sehr zu leiden. Bis sie schließlich wieder zueinanderfanden und ihre Verbindung noch fruchtbarer war als ehedem. Erfolg und Ruhm wuchsen ins Unermessliche. Es ist die Geschichte von Steve Jobs und Apple, die sich anhört wie eine Erzählung der Gebrüder Grimm. Jedenfalls bis heute. Bis zum Spätsommer Aber die Apple-Saga ist noch nicht zu Ende. Und es spricht einiges dafür, dass sie eine weniger märchenhafte Fortsetzung erfahren könnte. Geht es Apple wie Google, einem anderen Unternehmen aus Kaliforniens High- Tech-Tal Silicon Valley, das vom David zum Goliath wurde? Früher, und so lange ist das noch gar nicht her, war Google chic, hip und vor allem sympathisch. Heute macht Google Angst. Der Suchmaschinenkonzern gilt als großer Bruder des Internet, der nicht nur durch seinen Straßenzüge-Erfassdienst Street View unser aller Leben beschnüffelt. Wer glaubt heute noch das Google-Motto Do no evil ( Tu nichts Böses )? Wandelt sich nun auch Apples Image? Vor wenigen Monaten wird eine Selbstmordserie in den Megafabriken des Apple-Zulieferers Foxconn in China pub lik. Vor wenigen Wochen folgt eine spektakuläre Antennenpanne beim Edel- Handy iphone4. Nun will der Konzern das Mobiltelefon mit dem Apfel-Logo offenbar auch noch zum Spionagegerät hochrüsten. Und Kunden und Geschäftspartner stören sich zunehmend daran, dass in der Apple-Welt nur einer die Regeln diktiert: Steve Jobs. Der Shootingstar von der amerikanischen Westküste und der Mann an der Spitze, der das Unternehmen verkörpert wie kaum ein anderer Firmenchef, ziehen zunehmend Kritik auf sich. Einen großmäuligen Goliath beobachtet die Öffentlichkeit genauer als einen demütigen David. Und Apple ist zu einer Großmacht geworden. Für manche: zu einer unheimlichen Großmacht. Lange war Jobs von viel Sympathie begleitet bei seiner Mission, die Kultmarke zu neuem Leben zu erwecken, die vor seiner Rückkehr 1997 völlig darniederlag. Illustration: Tsevis Virtual Design Foto: Corbis 124 FOCUS 35/2010

2 Steves Welt Firmengründer Jobs schuf eine Wirtschaftsmacht: Apple setzte mit seinen Geräten im vergangenen Jahr 42 Milliarden US-Dollar um

3 TITEL T Steve allmächtig Auf der Bühne (hier bei der Vorstellung des ipad) und im Unternehmen dominiert nur einer: Steve Jobs Die Revitalisierung der Apfel-Rechner begann mit den bonbonfarbenen imacs, die an den legendären ersten Macintosh- Computer von 1984 anknüpften revolutionierte Jobs das Musikgeschäft. Mit dem ipod, einem Gerät, das die Menschen durch die Kombination von Eleganz und einfacher Bedienbarkeit entzückte. Dann, 2007, erfand er mit dem iphone den Handy-Markt neu. Um 2010, als vorerst letzten Geniestreich, das ipad herauszubringen, einen Kleincomputer mit berührungsempfindlichem Bildschirm. Von dem Apple alle drei Sekunden ein Exemplar verkauft. Die zweite Karriere von Jobs und Apple, sie ist einzigartig in der Wirtschaftsgeschichte. Bislang einzigartig erfolgreich. Im Ende Juni abgelaufenen Quartal setzte Apple ab: 8,4 Millionen iphones, 3,3 Millionen ipads, 9,4 Millionen ipods und 3,5 Millionen Computer. Klassische Rechner sind mittlerweile in der Minderheit. Schon 2007 strich Jobs das Wort Computer aus dem Firmennamen. Weil er sich immer mehr in Richtung Unterhaltungselektronik bewegte. Heute ist der 55-Jährige der herausragende Kopf der Unterhaltungselektronik. Auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin diese Woche fehlt der Hauptdarsteller der Szene. In der ausgewiesenen izone sind lediglich Drittfirmen präsent, die für ipod & Co. Accessoires wie Taschen und Kopfhörer produzieren. Typisch Jobs: Seine iprodukte präsentiert er am liebsten in eigenen Läden. Und Neuheiten nur auf eigenen Veranstaltungen. Für diesen Mittwoch, zwei Tage vor Beginn der Funkausstellung, hat Apple zum nächsten Enthüllungs-Event geladen. Wie immer bei Apple ist bis zuletzt geheim, was Jobs dort zeigen wird. Ebenfalls wie immer überschlagen sich im Vorfeld die Gerüchte. Traditionell stellt Apple im September eine geliftete ipod-kollektion vor, die dann zu Weihnachten in die Läden kommt. Diesmal, spekuliert die Szene, könnte es 126

4 Börsenwerte von 10 Technologie-Giganten Quelle: Onvista Fotos: Corbis, Insight Celebrity Das Apfel-Imperium Auf der Liste der wertvollsten Technologie-Unternehmen hat Apple Konkurrent Microsoft überholt. Motorola schafft es auf weniger als ein Zehntel des Riesen. Viel des Guten ipod-krone, ipod-ohrringe: Englands Luder-Königin Katie Price promotet mit vollem Körpereinsatz ihre eigene ipod-linie eine Verkaufe um jeden Price FOCUS 35/2010 eine Überraschung geben: eine Wohnzimmer-Offensive. Jobs wird möglicherweise eine gründlich überarbeitete Version seiner Settop-Box Apple TV vorstellen. Mit 99 Dollar soll das Gerät deutlich billiger werden. Über den firmeneigenen Dienst itunes soll es auf ein stark erweitertes Videopaket zugreifen können. TV-Serien abzurufen könnte je Folge nur 99 Cent kosten. Angeblich ist Jobs kurz davor, sich mit großen Fernsehgesellschaften entsprechend zu einigen. Auf den Namen itv darf Jobs seine vermeintlich neueste Kreation nicht taufen meint die britische Sendergruppe ITV und hat vorsorglich bereits Rechtsanwälte eingeschaltet. Nach FOCUS-Informationen ist Apple im Begriff, ins Auto vorzudringen. In Kooperation auch mit deutschen Herstellern wie BMW entwickeln die Amerikaner ein Gerät auf iphone-basis für Pkws. Es soll bisherige Navigationssysteme ersetzen und zugleich Kommandozentrale und Unterhaltungseinheit im Fahrzeug werden. Die Apple-Welt, sie wird immer umfassender. Analysten glauben, dass die Börsen- Story auf absehbare Zeit märchenhaft bleibt. Sie rechnen damit, dass in den nächsten Jahren alles weiter wächst: Umsatz, Gewinn und Aktienkurs (s. S. 131). Schon jetzt ist Apple der an den Finanzmärkten am höchsten bewertete Konzern der High-Tech-Sphäre. Es scheint beinahe irreal, dass Steve Jobs sich einmal von Michael Dell verspotten lassen musste. Dell, Gründer und Chef des gleichnamigen Computerherstellers, antwortete auf die Frage, wie er Apple sanieren würde 1997: Ich würde das Unternehmen dichtmachen und das Geld den Aktionären zurückgeben. Bis 2006 musste Jobs sich gedulden. Dann konnte er zurückgiften. Dell habe, schrieb er in einer Mail an seine Mitarbeiter, nicht ganz richtig gelegen. Nun habe man Dell beim Börsenwert überholt. Seitdem hat sich Apples Aktienkurs verdreifacht, jener von Dell mehr als halbiert. Jobs spielt inzwischen in einer völlig anderen Liga. Seine Strategie zahlt sich aus. Zu Beginn des neuen Jahrtausends entschied er, dass es weitaus sinnvoller und lukrativer ist, mit einer Marke wie Sony zu konkurrieren als mit Dell. Seine ipods und iphones will Jobs nicht nüchtern an technischen Daten und dem Verhältnis von Preis und Leistung messen lassen. Er schuf sie als begehrenswerte Lifestyle-Produkte, die man sich gern etwas kosten lässt. Perfektes Design, perfekte Inszenierung das beherrscht Jobs wie kein anderer. Ob in den USA, in Europa oder Asien: Wenn Jobs eine neue Apfel- Kreation herausbringt, campieren die Menschen vor den Läden. Der Apple-Hype, er war nie größer. In diesen unglaublichen Erfolg hinein sagt nun Michael Burda, ein renommierter US- Ökonom und Professor an der Humboldt- Universität Berlin: Jeder, der ein Apple iphone besitzt, sollte sich schämen. Burda sagt dies mit Blick auf China. Wo Apple seine Handys herstellen lässt. Und wo die Arbeiter heute ausgebeutet würden wie im Frühkapitalismus. Auch viele andere West-Konzerne lassen ihre Ware in dem fernöstlichen Wirtschaftswunderland produzieren. Aber: Eine Marke, die so besonders sein will wie Apple, muss sich auch an besonderen Maßstäben messen lassen. Geschundene Wanderarbeiter passen nicht zum kalifornischen Märchen. In den vergangenen Monaten brachten sich im südchinesischen Shenzhen elf Beschäftigte von Foxconn um. Der taiwanische Hersteller beschäftigt im Perlflussdelta Menschen, die in riesigen Fabriken die Produkte mit dem Apfel-Logo fertigen. Als Reaktion auf die Selbstmorde kündigte Foxconn im Mai an, die Löhne um 30 Prozent anzuheben, auf 1200 Yuan im Monat (etwa 140 Euro). Damit war das Thema vorerst aus den Schlagzeilen. Aber nicht aus der Welt. Debbie Chan von Sacom, einer Nichtregierungsorganisation für faire Arbeitsbedingungen mit Sitz in Hongkong, bleibt im Gespräch mit FOCUS skeptisch. Die Lohnrunde hält sie für eine Mogelpackung: Seit Juli gilt in Shenzhen ohnehin ein gesetzlicher Mindestlohn von 1100 Yuan. Und wenn Foxconn-Arbeiter ihr berichten, dass die Zahl der Überstunden neuerdings auf 72 pro Monat begrenzt worden sei, so wundert sie dies doch sehr: Laut Gesetz sind höchstens 36 zulässig. Die Beschäftigten in den Fabriken, sagt Chan, müssten arbeiten wie Roboter : 127

5 TITEL T zehn Stunden lang wieder und wieder dieselben detailliert vorgeschriebenen Handgriffe, ohne sich miteinander unterhalten zu dürfen und oft ohne die versprochenen Pausen. Und Apple? Schrieb schon vor Jahren in einem Sozialbericht, dass man sich höchsten Standards verpflichtet fühle und gewährleisten wolle, dass Arbeiter mit Respekt und Würde behandelt würden, wo auch immer die Produkte her - gestellt würden. Auch das klingt nun nach einem Märchen. Gleichzeitig kommen Zweifel auf, ob Jobs dem Design der Produkte womöglich zu hohe Priorität einräumt. Zu Lasten der Technik. Apple gibt 3,6 Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus Konkurrent Nokia viermal so viel. Das dritte und vierte Modell des iphone bringe nur noch marginale Verbesserungen, beobachtet Branchenexperte Diethard Bühler von der Unternehmensberatung Arthur D. Little. Es stellt sich die Frage, ob Apple seinen innovativen Zenit schon überschritten hat. Wie ist es möglich, dass man mit dem iphone 4, dem derzeit umjubeltsten Handy der Welt, nur telefonieren kann, wenn man es auf eine bestimmte Art und Weise in die Hand nimmt? Halten Sie es einfach anders, lautete Jobs erste Reaktion auf die Panne mit der er den Nutzern die Schuld gab. Und die ganze Arroganz der Apfel-Marke demonstrierte. Einem Anbieter, der Kunden und Wettbewerbern gegenüber so dominant auftritt und ein abgeschlossenes System errichtet hat, verzeiht man Fehler nicht, sagt Torsten Gerpott, Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Da könne das Kult-Image rasch kippen. Wären solche Probleme bei unseren Partnerherstellern der Windows-Phone- Geräte aufgetaucht, hätten wir uns gar nicht mehr auf die Straße getraut, spottet Microsoft-Deutschland-Chef Ralph Haupter gegenüber FOCUS. Freuen dürfte Haupter auch dieser Umstand: Fiel früher Software-Gigant Microsoft durch spektakuläre Kartellverfahren auf, so gerät nun Apple immer wieder in den Verdacht, seine Marktmacht zu missbrauchen. Vor allem beim Geschäft mit Musik-Downloads aus dem Internet. 128 Die ständige Neuerfindung des Apfels Mit einem rasanten Produktzyklus will die Jobs-Firma die Konkurrenz auf Abstand halten. Was kommt noch 2010? Verbessertes ipad Apples neues ios-4- System fehlt dem ipad noch es bringt unter anderem Ordner und Multitasking und soll im Herbst kommen. Angeblich testet Apple schon ein ipad mini, das einen 7-Zoll-Bildschirm haben könnte ipad imac touch und imac 3D Apple-Patentschriften bieten Raum für Spekulationen: Der Bildschirm-PC imac könnte wie das iphone (und manch Windows-PC) ein Touch-Display bekommen. Oder geht Steve Jobs gleich einen Schritt weiter und lässt den imac 3D darstellen? Dagegen spricht der (noch) hohe Preis solcher Bildschirme Computer itunes Die Apple- Welt ipod iphone FOCUS 35/2010 Quelle: Apple Apple-Fernsehen Das 2007 veröffentlichte, unter dem Projektnamen itv entwickelte Apple TV ist ein Oldie, der dringend eine Auffrischung benötigte. Zudem will Jobs angeblich TV-Inhalte für wenig Geld via Apple TV verleihen

6 Foto: T. Thai/Polaris/laif Microsoft-Gründer Bill Gates macht mittlerweile vor allem als Wohltäter von sich reden. Der mit seiner Stiftung gegen Menschheitsgeiseln wie Aids und Malaria kämpft und andere Milliardäre zum Spenden aufruft. Apple-Frontmann Jobs hingegen bleibt der knallharte Geschäftsmann, der er schon immer war. Es waren einmal zwei Freunde, die hießen Steve und Steve. Steve (Jobs) ergatterte den Auftrag, für Atari ein Computerspiel zu entwickeln. Steve (Wozniak) erledigte die Arbeit. Anschließend machten die beiden halbe-halbe. Jobs gab 350 Dollar ab, weil er, wie er sagte, 700 Dollar bekommen habe. Dass es in Wahrheit einige tausend Dollar waren, fand Wozniak, der gemeinsam mit Jobs Apple gründete, erst später heraus. Eine nicht eben märchenhafte Geschichte. Jobs legte sich auch mit Mächtigeren an. Ende 1995, Jobs hatte in seiner Apple- Auszeit das Trickfilmstudio Pixar gekauft und mit Toy Story eben einen Überraschungserfolg verbucht, rief er umgehend seinen Kooperationspartner an. Der hieß Michael Eisner und war Disney- Chef, mithin die Macht in Hollywood. Sie müssten, verlangte Jobs, der David, die Konditionen sofort ändern und die Erlöse weiterer Gemeinschaftsproduktion halbehalbe splitten. Goliath Disney gab nach. Nun ist Apple der Goliath und tritt noch immer so fordernd auf. Oder erst recht. Jobs, sagt der Top-Manager eines wichtigen Zulieferers, ist ein schlimmer Choleriker. Hersteller, die für ipod & Co. Zubehör anbieten wollen, etwa Ladegeräte oder Lautsprecher, brauchen dafür eine Apple- Lizenz und müssen 20 bis 25 Prozent des Umsatzes an den Jobs-Konzern abführen, schätzen Experten. Jobs diktiert die Regeln. Auch und vor allem bei den eigenen Produkten. Die Marktforschung bestehe darin, sagte ein Apple-Marketingmann vor Jahren, dass Jobs jeden Morgen in den Spiegel schaut und sich fragt, was er will. Der Konzern verkauft seine Apfel-Welt als nahezu geschlossenes System, in das sich Soft- oder Hardware anderer Firmen nur begrenzt einbinden lässt. Und wenn Apple sich doch öffnet wie beim iphone, wo auch Hobby-Entwickler aufgerufen sind, nützliche bis spaßige Es hat mich sehr getroffen Mister Wozniak, Ihr Freund Steve Jobs hatte Sie in Ihren gemeinsamen Anfängen um einen Teil eines Honorars geprellt. Wie sehr hat Sie das verletzt? Als ich das herausfand, hat es mich sehr getroffen. Aber schon damals wollte ich die Sache nicht überbewerten. Ich hätte für Steve auch ohne Lohn gearbeitet, wenn es nötig gewesen wäre. Warum hat er überhaupt gelogen? Er brauchte das Geld, um sich bei einer Obstplantage in Oregon einzukaufen. Was er dort genau getrieben hat, weiß ich nicht. Aber ich hätte es sicher unterstützt. Welches sind die herausstechenden Eigenschaften von Steve Jobs? Er ist technisch und geschäftlich unglaublich begabt und hat die Fähigkeit zu führen. Er lässt sich weniger von seiner Intuition leiten als von seinem Verstand. Manchmal verhält er sich einfachen Mitarbeitern gegenüber aber geringschätzig. In der Öffentlichkeit erzeugt das Ressentiments. Wäre Steves Ruf besser, wäre das besser für Apple. Wie sehr hat sich Jobs verändert, seit Sie Apple 1987 verlassen haben? Steve besaß alle wichtigen Eigenschaften von Anfang an. Aber er Zwei Männer, zwei Bärte Steve Wozniak (r.) 1981 mit Steve Jobs vor dessen damaligem Haus. Jobs hat ein Faible für deutsche Gefährte Apple-Mitbegründer Steve Wozniak erzählt, wie ihn sein Freund Steve Jobs hinterging und wie er sein neues iphone aufhübscht. hatte den Antrieb, aus dem Ganzen etwas Großes zu machen die Welt zu verändern. Keiner hätte dieses Unternehmen, wie es heute ist, ohne ihn erschaffen können. Wann haben Sie ihn zuletzt gesprochen? Er rief mich vor zwei Wochen an, um mir zu meinem 60. Geburtstag zu gratulieren. Was sehr nett war. Stehen Sie heute noch auf Apples Gehaltsliste? Ich verdiene einen Minibetrag vielleicht einen US-Dollar im Jahr. Dahinter steckt eine Blödelei von mir: Ich wollte Angestellter vom ersten Tag an bleiben. Eigentlich könnte ich mit dem Spiel aufhören, aber ich sage schon mit großem Stolz, dass ich Apple-Mitarbeiter bin. Auch Sie campierten vor einem Apple- Shop, um ein iphone zu bekommen. Was sagen Sie zum Antennen-Fiasko? Ich kann mich über mein iphone nicht beschweren. Den Defekt kann man nur in Gebieten mit schlechter Funkverbindung demonstrieren das wird doch von Apple-Gegnern hochgespielt. Ich liebe mein iphone 4 ohne den Gummischutz. Auf die Rückseite habe ich allerdings einen Gameboy-Sticker geklebt. FOCUS 35/

7 TITEL T Miniprogramme zu schreiben, behält sich das Unternehmen vor, unerwünschte Apps zu sperren. Wie er Kundenwünsche derart ignorieren könne, wurde der Apple-Chef kürzlich auf offener Bühne gefragt. Weil er eine Standardsoftware des Herstellers Adobe (Flash Player) nicht zulasse, hielten die Interviewer ihm vor, könnten iphone-nutzer viele Internet-Videos nicht anschauen. Er glaube einfach nicht, sagte Jobs, dass diese Software Zukunft habe. Und beteuerte: Wir versuchen, die bestmöglichen Produkte herzustellen. Wenn uns das gelingt, kaufen die Leute sie. Wenn nicht, tun sie es nicht. Noch kann Jobs mit Verweis auf den enormen Erfolg jede Kritik zum Verstummen bringen. Ob das so bleibt, wenn Apples Patentantrag mit der Nummer Wirklichkeit wird? Der Schriftsatz umfasst Systeme und Methoden, um unautorisierte Benutzer von elektronischen Geräten zu identifizieren. Versucht jemand, ein iphone zu knacken, zu entsperren, oder gibt jemand auch nur falsche Passwörter ein, so wird das Handy zum Spion. Selbstständig kann das Gerät den verdächtigen Nutzer dann fotografieren, Stimme und Herzschlag aufzeichnen und seinen Aufenthaltsort bestimmen. Stimmen die Daten nicht mit denen des Besitzers überein, schickt das iphone eine Nachricht an die Polizei oder Personen aus dem Adressverzeichnis. ispy nennen Kritiker das Patent. Es zeige, urteilt die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation in San Francisco, in welche Richtung sich Apple bewegen wolle, um Kunden auszuspionieren und um kontrollieren zu können, wie sie die iprodukte nutzen. Gegenüber FOCUS bemängelt nun auch das Bundesverbraucherministerium: Wer unbemerkt Bild- und Tonbandaufzeichnungen Dritter anfertige, begehe nach deutschem Recht eine Straftat. Auch Apple, so die Behörde, muss sich daran halten, dass die Aufnahme sensibler persönlicher Daten ohne Einwilligung der Betroffenen unzulässig ist. Es war einmal ein Apple-Märchen. Was ist daraus geworden? J. HIRZEL / M. FRANKE / M. KIETZMANN / A. KUSITZKY Verehrt und verhasst Nach der iphone-präsentation 2007 feierten Technikliebhaber Steve Jobs wie einen Popstar. Heute sehen ihn immer mehr als Kontrollfreak 130 FOCUS 35/2010

8 Apple-Aktie: trotz Kursspurt noch kaufen? Analysten überbieten sich bei Kurszielen für die Papiere des iphone-herstellers doch es bestehen Risiken. An der Börse hat Apple eine der eindrucksvollsten Turnaround -Geschichten der vergangenen Jahre geschrieben: vom Computerhersteller, der als zu klein zum Überleben galt, zum hippen Technologie- und Medienkonzern, der sich stets neue Erlösquellen erschließt. Der Erfolg spiegelt sich im Aktienpreis, der von 6,60 Dollar 2003 bis auf 275 Dollar im laufenden Jahr anzog. Mit einem Marktwert von 220 Milliarden Dollar hängt das Unternehmen sogar den einstigen Börsenstar Google deutlich ab und ist nach Exxon die zweitwertvollste AG Amerikas. Viele Anleger hätten sich gern an der Firma, die an der US- Computerbörse Nasdaq gelistet ist, beteiligt, nachdem sie ein Erfolgsprodukt nach dem anderen auf den Markt brachte. Viele wollten aber auf günstigere Kurse warten. Bis auf den Börsen-Crash nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers (2008) blieben nennenswerte Rückschläge jedoch aus. Doch damals wollte niemand Aktien kaufen. Sollen Investoren jetzt noch auf den fahrenden Zug aufspringen und einsteigen? Anfang des Weges Jason Maynard von der US- Bank Wells Fargo meint, ja. Die starke Nachfrage nach ipads und iphones stelle eine gute Basis dar. Im breiten Markt der Technologie für den persönlichen Gebrauch sei Apple aber noch unterrepräsentiert. Daher stehe das Unternehmen erst am Beginn seiner Möglichkeiten. Maynard taxiert den fairen Wert der Aktie auf bis zu 320 Dollar. Quelle: Bloomberg Kurstreiber TV Die Hoffnung, dass Apple jetzt auch den Fernsehmarkt aufmischt, sind für Gene Munster vom amerikanischen Brokerhaus Piper Jaffray der Grund, die Aktie zu empfehlen. Sein Kursziel beträgt sogar 371 Dollar. Apple könne in zwei bis vier Jahren in den Markt der multifunktionalen interaktiven TVs eintreten bis 2012 könnten 220 Millionen Flachbildschirm-Geräte verkauft werden, von denen 65 Prozent internetfähig sein dürften. Munster schätzt, dass Apple hier jedes Jahr 1,4 Millionen Geräte absetzen kann, was den Umsätzen einen deutlichen Schub verleihen würde. Noch Eisen im Feuer Der Wertpapierexperte Ben Reitzes von der britischen Barclays Bank geht davon aus, dass Apple sein internationales Geschäft noch beträchtlich ausweiten könne. Auch neue Generationen des iphone sowie ipads, die stets aktuelle Ausstattungen, wie etwa bessere Kameras, erhalten, könnten den Absatz ankurbeln. Der Konzern habe daher in den kommenden Jahren noch einige Eisen im Feuer. Reitzes prognostiziert Kurse von 340 Dollar. Apple Nasdaq-100 Davongeeilt Aktien von Steve Jobs Firma Apple hängten die großen US-Technologiewerte aus dem Nasdaq-100-Index deutlich ab Seltene Einigkeit Fast alle Analysten sind bei Apple positiv gestimmt. Von 50 Experten raten laut Börsendienst Bloomberg 47 zum Kauf, drei zum Halten aber kein einziger zum Verkauf der Aktie. Das höchste Kursziel lautet 400 Dollar (die US-Bank JP Morgan). Die Einigkeit der Börsenexperten ist jedoch keineswegs ein Garant für steigende Kurse. Bis vor Kurzem waren die Analysten fast ebenso einmütig von Google überzeugt heute notiert die Aktie gut 40 Prozent unter ihrem Höchstkurs. Hohe Bewertung Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Apple beträgt gut 18. Das ist zwar mehr als der Börsenschnitt (Dax: etwa 13), für eine wachsende AG aber vertretbar. Allerdings: Apple ist mit seinen vergleichsweise wenigen Produkten fast dreimal so teuer wie der Weltkonzern Siemens (Börsenwert: lediglich 83 Milliarden Dollar). Fazit Die Argumente der Analysten sprechen durchaus für weiteres Wachstum. Diese Chancen sind aber in der hohen Bewertung gewürdigt. Verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand des erkrankten Ideengebers Steve Jobs, belastet das die Aktie. Auch wenn Apple einmal die Prognosen verfehlt oder wenn die Konkurrenz etwa bei Handys zunimmt, drohen Rückschläge. Erst dann sollten Interessierte einsteigen. ANDREAS KÖRNER Fotos: action press, J. Sprague/Redux/laif

9 Schon damals im Vordergrund 1970 präsentiert sich der 15-jährige Jobs (3. v. l.) mit dem Elektronik-Club seiner Schule Späte Harmonie Jobs 1989 in Palo Alto mit seiner Tochter Lisa, die er lange nicht als sein Kind annehmen wollte Purist Jobs richtete sich schon 1982 so ein, wie er später seine iprodukte gestalten sollte: ausgewählt schlicht Unternehmer-Doppel Jobs 1997 mit seiner Frau Laurene, wie er eine Vegetarierin, die eine Firma für Vollwert-Lebensmittel gründete Jobs junior Sein damals 16-jähriger Sohn Reed Paul begleitete den Apple-Übervater im Januar 2008 zur Firmen-Messe MacWorld 132

10 Das Leben des Apple-Gurus Steve Jobs war schon immer anders. Kompromissloser. Auch hartherziger. Und lange auf der Suche. Bis er herausfand, was er wirklich wollte: eine Familie, die Welt verändern und Fuck-you-Money Fotos: E. Kashi/VIII, D. Walker/SJ/Contour by Getty Images (2), laif Steve Jobs passiert es nicht oft, dass er ins Stottern kommt. Er, der Bühnen- Magier, der sein Publikum so in den Bann schlagen kann, wenn er die neuesten Produkte der Apfel-Marke präsentiert. Es war im Herbst Managementstudenten der Elite-Universität Stanford südlich von San Francisco hatten ihn eingeladen, einen Vortrag zu halten. Jobs redete und redete und verlor plötzlich den Faden. Weil ihn eine auffallend attraktive Zuhörerin aus dem Konzept brachte. Jobs, der nie als Womanizer aufgefallen war, sprach sie an, gab ihr seine Telefonnummer und ging. Er habe schon auf dem Parkplatz gestanden, mit dem Autoschlüssel in der Hand, erzählte Jobs später, als er sich fragte: Wenn dies der letzte Abend deines Lebens wäre, würdest du ihn lieber mit Geschäftspartnern verbringen oder mit dieser Frau? Er sprintete zurück und heiratete, dann im Alter von 36, die neun Jahre jüngere Laurene Powell im März Mit Sohn Reed Paul (Jahrgang 1991) und den Töchtern Erin Sienna (1995) und Eve (1998) lebt die Familie heute in Palo Alto, unweit der Apple-Zentrale in Cupertino. Zwei Familien habe er, sagte Jobs einmal, und meinte damit auch Apple. Sein Leben sei ausgefüllt. Auch ohne Partys. Zu wissen, wohin er gehört, ist ein bestimmendes Thema seines Lebens. Jobs ist ein Adoptivkind und war geradezu besessen davon, seine leiblichen Eltern zu finden. Auch mit Hilfe von Privatdetektiven entdeckte er im Alter von 27 Jahren schließlich, dass er eine Schwester hat. Sie heißt Mona Simpson, lebt in New York, und weil ihr Ex-Mann für Die Simpsons schrieb, trägt eine Figur der TV-Serie ihren Namen. Sie hätten ein sehr enges, vertrautes Verhältnis, sagen die Geschwister. Simpson ist Schriftstellerin, und eines ihrer Bücher ( A Regular Guy ) handelt von einem Unternehmer im Silicon Valley. Zu 25 Prozent sei er das, sagte Jobs einmal. Er verrate aber nicht, welche 25 Prozent er damit meine. Jobs ahnt wohl selbst: Er hat keinen einfachen Charakter. Schon als Elfjähriger brachte er seine Adoptiveltern dazu umzuziehen, weil er auf eine andere Schule wollte. Und ein Studium kam für ihn nur auf dem Reed College (nach dem er später seinen Sohn benannte) in Oregon in Frage, das sich seine Eltern eigentlich gar nicht leisten konnten. Und das er nach wenigen Monaten abbrach. Es war die Zeit, in der Jobs auf der Suche war. Nach seinem Sinn des Lebens. Er experimentierte mit LSD und soll auch später, bei Apple, Job-Bewerber vorzugsweise zwei Dinge gefragt haben: ob sie Drogen genommen und wann sie ihre Jungfräulichkeit verloren hätten. In der Hoffnung auf Erleuchtung reiste Jobs 1974 sogar nach Indien. Zurück kam er mit der Erkenntnis, dass Thomas Edison (der Erfinder der Glühlampe, d. Red.) mehr dazu beitrug, die Welt zu verbessern, als Karl Marx und Neem Karoli Baba (ein berühmter Guru, d. Red.) zusammen. Jobs war bereits Teil der jungen Computerszene Kaliforniens, blieb aber auch nach dem Start von Apple 1976 ein Sonderling. Er ernähre sich fast nur von Früchten und brauche deshalb nicht zu duschen, sagte Jobs Bürokollegen, die es in seiner Nähe nicht aushielten. Bei einer Veranstaltung mit wichtigen Kunden strich Jobs einmal den Hauptgang für alle, nur weil niemand daran gedacht hatte, für ihn ein spezielles vegetarisches Gericht bereitstellen zu lassen. Schon früh beneidete Jobs Leute mit Fuck-you-Money, wie er es nannte. Jene Mitmenschen also, die über so viel Geld verfügten, dass sie zu 100 Prozent ihr Ding durchziehen konnten. Egal, was der Rest der Welt davon hielt. 1980, Jobs war 25 Jahre alt, machte ihn Apples Börsengang reich. Sein Vermögen belief sich plötzlich auf mehr als 200 Millionen Dollar. Einem Menschen half Jobs neuer Reichtum zunächst überhaupt nicht: seiner ersten Tochter Lisa, die im Mai 1978 zur Welt kommt. Die Mutter ist eine Journalistin namens Chrisann Brennan. Jobs, der später einen Computer nach seiner Erstgeborenen benennen sollte, stritt die Vaterschaft jahrelang ab. Er nahm sogar in Kauf, dass Mutter und Kind von Sozialhilfe leben mussten, als er schriftlich versicherte, angeblich zeugungsunfähig zu sein. Bis ein Gericht ihn schließlich zwang, Unterhalt zu zahlen. Heute gehört Lisa zur Familie. Beruflich hat sie sich aber an der Mutter orientiert und wurde ebenfalls Journalistin. Und die anderen Jobs-Kinder? Bekannt ist, dass Jobs seinen Sohn auf die Nueva School schickte, eine Schule für Hochbegabte. Und dass er ihn mitunter zu Apple- Veranstaltungen mitnimmt. Was wird dereinst aus dem Imperium des Steven Paul Jobs? Ihm gehören sieben Prozent an Disney im Wert von 4,4 Milliarden Dollar. Und sechs Prozent an Apple macht weitere 13 Milliarden Dollar diagnostizierten Ärzte bei Jobs Bauchspeicheldrüsenkrebs. Einen Tag lang verbrachte er in dem Glauben, bald sterben zu müssen. Bis sich herausstellte, dass es sich um eine seltene, offenbar heilbare Form handelte. Seitdem ist sein Gesundheitszustand immer wieder Thema erhielt er eine neue Leber. Und bei jüngsten Auftritten erschien ein sehr dünner Apple-Frontmann auf der Bühne. Apples Co-Gründer Steve Wozniak aber berichtet FOCUS von einem höchst vitalen Jobs. Von einem, der das Leben genießt, das er sich so erfolgreich eingerichtet hat. Vor zwei Wochen erst habe er mit ihm telefoniert, sagt Wozniak. Er klang energiegeladener und glücklicher denn je. JOACHIM HIRZEL FOCUS 35/