Bei den Kommunalwahlen 2011 stand vor allem der Wahlausgang in der Hauptstadt Chisinau im Blickpunkt.
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1 QUARTALSBERICHT Projektland: Quartal/Jahr: Republik Moldau II/2011 SCHLAGZEILEN 1. Kommunalwahlen 2011 und der Kampf um die Hauptstadt Chisinau 2. Neue Herausforderungen für die Allianz für Europäische Integration 3. Kommunalwahlen eine Entscheidung zwischen Osten und Westen Bei den Kommunalwahlen 2011 stand vor allem der Wahlausgang in der Hauptstadt Chisinau im Blickpunkt. Die Kommunalwahlen vom 5. und 19. Juni 2011 waren vor allem eine Machtprobe zwischen pro-europäischer Allianz und den alt eingesessenen Kommunisten. Gewählt wurden Bürgermeister, Stadt-, Bezirks- und Gemeinderäte. Zum besseren Verständnis, die Republik Moldau untergliedert sich in 5 Großstädte (Municipien), 32 Bezirke (Rajons) sowie die beiden autonomen Gebiete: Transnistrien und Gagausien. Als Sieger der Kommunalwahlen kann man die liberaldemokratische Partei (PLDM) bezeichnen, die gleich bei ihrer ersten Teilnahme an Kommunalwahlen rund 1/3 (286) der Bürgermeisterämter erobert. Weiter stellen sie 3039 Gemeinderäte und 301 Bezirksräte. Auch die demokratische Partei (PDM) konnte sich in diesem Jahr im Vergleich zu 2007 verbessern und hat so ihren zweiten Platz in der Allianz für Europäische Integration gefestigt. Landesweit wurden 220 Bürgermeister und 2263 Gemeinderäte der PDM ins Amt gewählt. Auch die Ergebnisse der Liberalen Partei (PL) haben sich im Vergleich zu den vorherigen Wahlen verdoppelt. Die Liberalen stellen nun circa 100 Bürgermeister, 1162 Gemeinderäte und 129 Bezirksräte. Die drei Mitglieder der Koalition für Europäische Integration konnten nun landesweit Fuß fassen und ihre Position im Gegensatz zu den Kommunisten ausbauen. Die Kommunistische Partei (PCRM) ist nun seit zwei Jahren in der Opposition und verliert ca. 1/3 der Bürgermeisterämter im Vergleich zu 2007, sie bleibt aber landesweit weiterhin die stärkste Partei. Die Kommunisten stellen die Mehrheit der Hanns-Seidel-Stiftung_Quartalsbericht_Republik Moldau_II
2 Stadträte von Chisinau und Bälzi und halten fast die absolute Mehrheit in Basarabeasca, Ocnita, Cahul, Taraclia, Edinet und Dubasari (Transnistrien). 1. Ergebnisse landesweit Bürgermeisterämter PCRM ,63% PLDM ,88% PD ,53% PL 97 10,81% Bezirks- und Stadtrat ,75% ,88% ,27% ,52% Gemeinderat ,36% ,59% ,29% ,93% Viele Jahre dominierte die kommunistische Partei die politische Bühne landesweit, aber dennoch konnte sie nie die Wahlen in der Hauptstadt Chisinau gewinnen. Selbst wenn die Kommunisten nur bescheidene Ergebnisse im ganzen Land eingefahren hätten, hätten sie bei einem möglichen Sieg in Chisinau als der absolute Wahlsieger gegolten. Das Rennen um das Bürgermeisteramt stand bis zu letzt auf Messers Schneide. Dank des nicht geänderten Wahlverfahrens konnten die Kommunisten die Mehrheit im Stadtrat gewinnen. Sie bekommen 26 von 51 Sitzen, auch wenn sie insgesamt 2,8 % weniger Stimmen als die Allianz für Europäische Integration erhielten wurde für die Parlamentswahlen die Formel d Hondt geändert, aber nicht für die Kommunalwahlen. 2. Ergebnisse Stadtrat Chisinau Hanns-Seidel-Stiftung_Quartalsbericht_Republik Moldau_II
3 Das Rathaus der Hauptstadt war besonders hart umkämpft. Statt die wahren Probleme der Stadt anzusprechen, haben die Kandidaten sich gegenseitig verbal attackiert und die schmutzigste politische Wäsche in der Öffentlichkeit gewaschen. Nachdem sich der liberaldemokratische Bürgermeisterkandidat während des ersten Wahlgangs zurückzog und die Kandidatin der PDM keine Gewinnchancen hatte, konzentrierte sich der Kampf auf den liberalen Oberbürgermeister von Chisinau, Dorin Chirtoaca, und dem ehemaligen kommunistischen Vizepremier- und Wirtschaftsminister, Igor Dodon. Beim ersten Wahlgang vom 5. Juni 2011 konnte keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erringen und sie mussten in die Stichwahl. Am 19. Juni gewann der liberale Kandidat mit 50,6 % die Stichwahl äußerst knapp vor dem kommunistischen Kandidaten und rettete somit die Allianz vor einem Kollaps. Die Kommunisten erkannten die Wahlergebnisse nicht an und drohten mit dem Boykott der Parlamentssitzungen. Auch die gerichtliche Bestätigung der Wahlergebnisse in der ersten Instanz wurde von den Kommunisten zurückgewiesen und sie verlangten vom Obersten Gerichtshof, die Wahlen durch ein weiteres Berufungsgericht für ungültig zu erklären. In das Berufungsgericht Chisinaus hatten sie anscheinend kein Vertrauen. Gemäß dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 4. Juli 2011 soll das Schicksal des neu-gewählten Oberbürgermeisters vom Berufungsgericht Bälti entschieden werden. Bälti ist die nördliche Hauptstadt Moldaus, wo die Kommunisten die Mehrheit halten. * Am nächsten Tag hat das moldauische Parlament den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Ion Muruianu, entlassen. Auf der anderen Seite waren die Liberalen mit den Ergebnissen für den Stadtrat nicht einverstanden und verlangten die Neuauszählung der Stimmen. Auch nach dem erneuten Auszählungsverfahren wurden die 26 Mandate der Kommunisten bestätigt. 1. Die Chancen der Kommunisten wieder an die Macht zu kommen sind aus zwei Gründen nicht ganz von der Hand zu weisen: Zum einen muss man die ständigen Konflikte unter der Allianzmitgliedern erwähnen. Die Koalition ist unfähig, einen Weg aus der Institutionskrise zu finden und den Staatspräsidenten zu wählen. Der Grund sind nicht fehlende Lösungsmöglichkeiten, sondern die Angst einiger Allianzmitglieder damit vielleicht einen der anderen Partner zu stärken. 2. Zum anderen ist die Wirtschaft des Landes 2010 um 8 % gewachsen und ist somit sehr verlockend für die Kommunisten geworden. Das beste Geschäft in der Republik Moldau bleibt nach wie vor die Politik. 3. Die Kommunisten haben die absolute Mehrheit in vielen der Stadt- und Bezirksräte aufgrund der Angst der russisch-sprachigen Bevölkerung vor der Rumänisierung des Landes gewonnen. 4. Mit einem liberalen Oberbürgermeister, einer kommunistischen Mehrheit im Stadtrat und einer liberal-demokratischen Zentralregierung besteht für Hanns-Seidel-Stiftung_Quartalsbericht_Republik Moldau_II
4 Chisinau die Gefahr, unter dieser Machtaufteilung leiden. Man befürchtet, dass hier das moldawische Demokratiemodell der gegenseitigen Blockade Anwendung findet. Die Wahlbeteiligung betrug 53,7 %. Neue Herausforderungen für die Allianz für Europäische Integration Hat die Allianz für Europäische Integration (AEI) im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt in Chisinau eine gewisse politische Reife bewiesen mit dem Rückzug des liberaldemokratischen Kandidaten und der Unterstützung des liberalen Kandidaten durch alle drei Parteichefs der AEI, so ist unmittelbar nach der Bestätigung der Wahlergebnisse ein neuer Konflikt zwischen den Ministerpräsidenten, Vlad Filat (PLDM), und dem kontroversen Geschäftsmann und derzeitigen Vizepräsident des Parlaments, Vlad Plahotniuc (PD), ausgebrochen. Hier handelt es sich um die Einflussverteilung in den staatlichen Monopolunternehmen wie Moldtelekom, Franzeluta (der größten Bäckerei) oder Moldferos. Man vermutet, dass Plahotniuc ihm nahstehende Personen noch während der kommunistischen Ära illegal in Führungspositionen brachte und dass Justiz (Wirtschaftsberufungsgerichte), Staatsanwaltschaft und Innenministerium auch von ihm im Interesse seiner Geschäfte missbraucht werden. Vlad Plahotniuc ist auch Mitglied des vom amtierenden Staatspräsidenten, Marian Lupu (PDM), jüngst gegründeten Rates zur Justizreform. Eine Tatsache, die so vom liberal-demokratischen Justizminister nicht akzeptiert wird. Eine andere Herausforderung für die Allianz ist die Bildung der Koalitionen auf der lokalen Ebene. Verhandlungen werden mit großer Leidenschaft in diesem Sinne geführt, aber Vereinbarungen gibt es leider noch nicht. Falls es die Allianz schafft, Kompromisse einzugehen, kann sie im Widerstand gegen die Kommunisten geeint bleiben. Wenn nicht, werden die Parlamentsneuwahlen eine mögliche Koalition zwischen den Kommunisten und einer Partei der AEI bringen. Kommunalwahlen ein Kampf zwischen Ost und West Die Lokalwahlen haben die Republik Moldau wieder in den Mittelpunkt des Konflikts zwischen Russland und EU / USA gerückt. Nach dem ersten Wahlgang veröffentlichte das russische Außenministerium eine Erklärung, in der die moldauischen Behörden beschuldigt wurden, während des Wahlprozesses mehrere Verstöße erlaubt zu haben. Danach folgte das Versehen des russischen Botschafters in der Republik Moldau, Valeri Kuzmin, als er während eines Empfangs zum Nationalfeiertag Russlands, zu dem auch Vertreter der moldawischen und westlichen Diplomatie eingeladen waren, Vladimir Iastrebciak als Außenminister Transnistriens vorstellte. Die Delegation des moldawischen Auswärtigen Amtes, gefolgt von den europäischen und amerikanischen Vertretern, verließen daraufhin den Empfang. Das russische Außenministerium erklärte, dass Kuzmin einen Fehler gemacht und Russland die territoriale Integrität der Republik Moldau anerkennt. Man sagt, dass Kuzmin die moldawische Seite provozieren wollte, um die russischsprachigen Wähler zu mobilisieren. Hanns-Seidel-Stiftung_Quartalsbericht_Republik Moldau_II
5 Auf der anderen Seite besuchte am 12. Juni der republikanische Senator, John McCain, Chisinau. Der amerikanische Gast betonte die Bereitschaft der USA, die Republik Moldau auf dem Weg zur Demokratie und die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. Diesen Besuch bezeichneten die Kommunisten als Einmischung in innere Angelegenheiten des Landes. Ein weiterer wichtiger Besuch, der dem Verhältnis zwischen der Republik Moldau und der Europäischen Union neuen Auftrieb gab, war der Besuch des Vorsitzenden des Europäischen Rates, Herman van Rompuy. Er betonte in seiner Botschaft die Bedeutung der politischen Stabilität: Politische Stabilität ist der Schlüssel zu Reformen. Ohne diese Stabilität haben Reformen keine Nachhaltigkeit. Seien Sie realistisch, aber zugleich auch ehrgeizig. Setzen Sie alle mit der EU abgestimmten Reformen um und ich bin mir sicher, dass die Republik Moldau als Vorbild für die Länder dieser Region dienen wird, so Van Rompuy. Ob sich nach Westen zu orientieren oder mit dem Osten zu verbleiben, muss vor allem die Bevölkerung der Republik Moldau durch ihre Wahl und Stimme entscheiden. Um diese Entscheidung zu treffen, müssen die moldawischen Bürger ihre Identität finden. Eine Frage, die sich in den letzten Monaten deutlich verschärfte. Violeta Sandru Die Autorin ist Büroleiterin der Hanns-Seidel-Stiftung in Chisinau, Republik Moldau IMPRESSUM Erstellt: Herausgeber: Hanns-Seidel-Stiftung e.v., Copyright 2011 Lazarettstr. 33, München Vorsitzender: Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, Staatsminister a.d., Senator E.h. Hauptgeschäftsführer: Dr. Peter Witterauf Verantwortlich: Christian J. Hegemer, Leiter des Instituts für Internationale Zusammenarbeit Tel. +49 (0) Fax Hanns-Seidel-Stiftung_Quartalsbericht_Republik Moldau_II
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