Fall 6 Alles schief gelaufen
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- Wilfried Ziegler
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1 Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht I WS 2013/2014 Fall 6 Alles schief gelaufen Ausgangsfall A. Frage 1: Liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor? 1. Antrag durch V oder K? a) Antrag des V durch Ausstellen des Buches? (-), da zu unbestimmt. b) Antrag des K durch Preisnachfrage? (-), da es an objektiven Anhaltspunkten für einen Rechtsbindungswille fehlt. c) Antrag des V durch Preisauszeichnung und Übergabe - Abgrenzung zur invitatio ad offerendum (fehlt der Rechtsbindungswille?) Hier: o Alle Vertragsbestandteile sind nun konkretisiert (Vertragspartner, Verkaufsobjekt, Verkaufspreis). o Die Gefahr einer Mehrfachverpflichtung besteht nicht o Objektiver Empfängerhorizont ( 133, 157): somit Rechtsbindungswille (+) - Fehlender Geschäftswille? Fall 6 Lösung
2 o Unproblematisch, da nicht konstitutiv für eine wirksame Willenserklärung (arg. ex 119 BGB) Ergebnis: wirksamer Antrag durch V 2. Annahme durch K? Konkludent durch Entgegennahme des Buches. 3. Zwischenergebnis Kaufvertrag (+) 4. Rückwirkende Nichtigkeit gem. 142 I BGB (Anfechtung)? Voraussetzungen einer Anfechtung wegen Irrtums: 1. Anfechtungsgrund wegen Irrtums: - Inhaltsirrtum, 119 I Alt. 1 BGB = Irrtum über die rechtliche Bedeutung der Erklärung - Erklärungsirrtum, 119 I Alt. 2 BGB = Irrtum bei der Erklärungshandlung (z. B. Versprechen, Verschreiben, Vergreifen) - Eigenschaftsirrtum, 119 II BGB = Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person oder Sache - Übermittlungsirrtum, 120 BGB = unbewusste unrichtige Übermittlung durch einen Boten 2. Kausalität des Irrtums für die Abgabe der Willenserklärung 1 3. Anfechtungserklärung, 143 BGB 4. Anfechtungsfrist, 121 BGB 5. Keine Bestätigung, 144 BGB Wirkung der Anfechtung 1 Die Kausalität kann bereits unter dem Punkt Anfechtungsgrund geprüft werden. Fall 6 Lösung 2
3 Rechtsgeschäft von Anfang an (ex-tunc) nichtig, 142 I BGB. a) Anfechtungsgrund V hat die falsche Ziffertaste gewählt ( 59 ) und damit nicht das Erklärungszeichen abgegeben, das er eigentlich abgeben wollte ( 69 ). Folglich: Erklärungsirrtum i. S. d. 119 I Alt. 2 BGB Dieser ist auch kausal für die Abgabe der Willenserklärung des V gewesen. b) Anfechtungserklärung, 143 I, II Hs. 1 BGB - Zwar nicht ausdrücklich Anfechtung, aber konkludent c) Anfechtungsfrist, 121 I 1 BGB - unverzüglich (+) 5. Ergebnis: V hat seine Willenserklärung somit wirksam angefochten. Die von ihm abgegebene Willenserklärung und infolgedessen auch der darauf beruhende Vertrag sind gem. 142 I BGB als von Anfang an nichtig anzusehen. Es besteht somit kein wirksamer Kaufvertrag zwischen V und K. Fall 6 Lösung 3
4 B. Frage 2: Kann V Herausgabe des Buches von K verlangen? I. Anspruch des V gegen K auf Herausgabe des Buches gemäß 985 BGB? 1. Eigentum des V Ursprünglich war V Eigentümer des Buches. Eigentumsverlust durch Übereignung an K gem. 929 S. 1 BGB? a) Einigung Konkludent durch Übergabe und Entgegennahme des Buches erfolgt. (Beachte: Die Irrtumsanfechtung des Kaufvertrages tangiert grundsätzlich nicht die Wirksamkeit der dinglichen Einigung - Abstraktionsprinzip!) b) Übergabe V hat das Buch auch an K übergeben. c) Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe V und K sind sich auch im Zeitpunkt der Übergabe noch über den Eigentumsübergang einig. d) Verfügungsbefugnis des V V ist als Eigentümer verfügungsbefugt. e) Zwischenergebnis V hat damit das Eigentum an dem Buch verloren. 2. Ergebnis: 985 (-) II. Anspruch des V gegen K auf Rückübertragung des Eigentums und Besitzes an dem Buch gem. 812 I 1 Alt. 1 BGB? 1. Etwas erlangt K hat Besitz und Eigentum an dem Buch erlangt (s.o.). Fall 6 Lösung 4
5 2. Durch Leistung Bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens durch V? (+) durch Übertragung von Eigentum und Besitz an dem Buch (zur Erfüllung der vermeintlich bestehenden Verbindlichkeit aus 433 I 1 BGB). 3. Ohne Rechtsgrund Kaufvertrag als rechtlicher Grund? (-), da wirksam angefochten! Folge: Kein Rechtsgrund. 4. Ergebnis: 812 I 1 Alt. 1 BGB (+) Fall 6 Lösung 5
Fall 6 Alles schief gelaufen
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