Rechtsfolgen von Willensmängeln
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- Irmgard Frei
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1 Rechtsfolgen von Willensmängeln Nichtige Willenserklärung (bei bewusster Divergenz) Satz 2 (erkannter Vorbehalt) (Scheinerklärung) (Scherzerklärung) Anfechtbare Willenserklärung - bei unbewusster Divergenz 119 I Fall 1 (Inhaltsirrtum) 119 I Fall 2 (Erklärungsirrtum) 120 (unrichtige Übermittlung) - bei erheblichen Willensbildungsfehlern 119 II (Eigenschaftsirrtum) 123 I Fall 1 (arglistige Täuschung) 123 I Fall 2 (Drohung) Gültige Willenserklärung (alle anderen Mängel, insbesondere:) - Sonstige Willensbildungsfehler (Motivirrtum) Satz 1 (geheimer Vorbehalt) Folie 197
2 Veranschaulichungsbeispiele A aus Hamburg bestellt in einer Kölner Kneipe einen halven Hahn in dem Glauben, er bekomme damit ein halbes Hähnchen, tatsächlich handelt es sich dabei um ein Roggenbrötchen mit Käse: Inhaltsirrtum ( 119 I Fall 1 BGB) K schreit während Vertragsverhandlungen Ja zu einem Vertragsangebot, war aber bereits eingeschlafen: Kein Handlungswille, keine Willenserklärung. K unterschreibt einen Stapel Briefe, die er allesamt für Weihnachtswünsche hält, tatsächlich ist aber eine Bestellung über Ware an V dabei, die diesem zugeht und die dieser annimmt: Potentielles Erklärungsbewusstsein ( 119 I BGB analog) V will dem K ein Buch für 64 verkaufen, er schreibt/sagt aber irrtümlich 46 : Erklärungsirrtum ( 119 I Fall 2 BGB). B denkt mit X zu sprechen, spricht aber mit Y, bei dem er ein Werk in Auftrag gibt. X will eine Kette von V für 50 kaufen, - weil er sie für aus Gold beschaffen hält: Eigenschaftsirrtum ( 119 II BGB), - weil er sie für wertvoller hält: unbeachtlicher Motivirrtum. Folie 198
3 Bewusstes Abweichen von Wille und Erklärung Erklärender will die von ihm erklärte Rechtsfolge nicht, BGB: Geheimer Vorbehalt ( 116 BGB) - Erklärender behält sich insgeheim vor, das Erklärte nicht zu wollen. - Bei Unkenntnis des Vorbehalts Erklärung im Interesse des Unwissenden gültig, 116 S. 1 BGB; bei Kenntnis des Vorbehalts Willenserklärung nichtig 116 S. 2 BGB Scheingeschäft ( 117 I BGB) - Erklärender gibt eine empfangsbedürftige Willenserklärung mit Einverständnis des Erklärungsempfängers nur zum Schein ab simuliertes Geschäft - Scheingeschäft nichtig 117 I BGB; verdecktes Geschäft gem. 117 II BGB gültig, wenn es allen Gültigkeitsanforderungen entspricht Scherzgeschäft ( 118 BGB) - Erklärung nicht ernsthaft gemeint - Erklärender geht davon aus, Nichternstlichkeit wird erkannt, - Nichtigkeit der Willenserklärung; Schutz des Erklärungsempfängers nach 122 BGB Folie 199
4 Anfechtung Voraussetzungen - Anfechtungsgrund ( 119, 120, 123 BGB) - Anfechtungserklärung Erklärung, 143 I BGB gegenüber richtigem Anfechtungsgegner, 143 II IV BGB rechtzeitig, 121, 124 BGB Rechtsfolgen - Nichtigkeit ex tunc, 142 I BGB - Schadensersatz, 122 BGB Folie 200
5 Beispiel K unterschreibt einen Stapel Briefe, die er allesamt für Weihnachtswünsche hält, tatsächlich ist aber eine Bestellung über 5 Laptops zum Preis von je 500 an V dabei. K hatte diese Bestellung eigentlich erst prüfen sollen, die war dann aber so in die Unterschriftsmappe gerutscht. Die Bestellung geht V zu, der umgehend die Laptops ausliefert. Seine Lieferbedingung sehen vor, dass er sich das Eigentum an der ausgelieferten Ware bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vorbehält. Als die Lieferung bei K eingeht, ist er schockiert. Er hatte gerade bei einem anderen Händler Laptops bestellt. Er ruft V an und erklärt, das Geschäft nicht gewollt zu haben und es nun nicht erfüllen zu wollen. Ansprüche des V? Folie 201
6 Lösung des Beispiels I Ansprüche des V gegen K I. Auf Kaufpreiszahlung aus Kaufvertrag ( 433 II BGB) 1. Einigung Auslegung des Schreibens von K ergibt, dass Angebot vorliegt, 5 Laptops zu je 500 zu kaufen. Annahme stillschweigend durch Ausführung des Vertrags. 2. Nichtigkeit wegen Willensmangels des K nach 142 I BGB a) Anfechtungsgrund Mangels Erklärungsbewusstsein kein Irrtum nach 119 I BGB Berechtigt fehlendes Erklärungsbewusstsein zur Anfechtung? Keine ausdrückliche Regelung im BGB, also Lücke, wie soll die Lücke geschlossen werden? Folie 202
7 Lösung des Beispiels II (M 1) WE schon nach 118 BGB analog nichtig, Anfechtung entbehrlich. (M 2) WE liegt bei fehlendem Erklärungsbewusstsein immer vor, ist aber nach 119 I Fall 1 BGB analog anfechtbar. (M 3) WE liegt vor, wenn der Erklärende bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als WE aufgefasst werden könnte; dann anfechtbar nach 119 I Fall 1 BGB analog. b) Anfechtungserklärung - Telefonanruf des K ist als Anfechtungserklärung, 143 I BGB, auszulegen - V ist richtiger Anfechtungsgegner, 143 II BGB - Erklärung erfolgte sofort und damit rechtzeitig, 121 BGB 3. Ergebnis: Folglich kein vertraglicher Erfüllungsanspruch. Folie 203
8 Lösung des Beispiels III II. Auf Rückübereignung der Laptops aus 812 I 1 Fall 1 BGB Dann müsste K Eigentum erlangt haben, Übereignung nach 929 Satz 1 BGB war aber nach 158 I BGB aufschiebend auf die Kaufpreiszahlung bedingt und daher nicht wirksam. V ist noch Eigentümer, hat keinen Anspruch auf Rückübereignung. III. Anspruch auf Herausgabe der Laptops 1. Herausgabe aus 122 I BGB a)nichtigkeit einer WE nach 118 oder 142, 119 BGB b)vertragerklärung ist Vertragspartner V gegenüberabzugeben c) Kein Ausschluss nach 122 II BGB d)schaden: Besitzverlust durch Lieferung ist rückabzuwickeln e)ergebnis: Anspruch besteht. Folie 204
9 Lösung des Beispiels IV 2. Herausgabe aus 985 BGB a) Besitz des K b) Eigentum des V c) Kein Recht zum Besitz ( 986 BGB) aus nichtigem Kaufvertrag d) Ergebnis: Anspruch besteht! 3. Herausgabe aus 812 I 1 Fall 1 BGB a) Besitz erlangt b) Durch Leistung (zur Erfüllung des Kaufvertrags) c) Ohne Rechtsgrund (Kaufvertrag nichtig) d) Ergebnis: Anspruch besteht IV. Anspruch auf Ersatz sonstiger Vertrauensschäden Voraussetzungen des 122 I BGB liegen vor, Bestehen eines Schadens ist Tatfrage. Folie 205
10 Inhaltsirrtum, 119 I Fall 1 BGB Irrtum über den Inhalt - Inhalt der (wirksamen) WE (Auslegung): Was hat er erklärt? - (Geschäfts-)Wille des Erklärenden: Was wollte er erklären? - Divergenz (unbewusstes Auseinanderfallen) Zu unterscheiden vom Auseinanderfallen (Dissens) der (zwei) Willenserklärungen der Vertragsparteien ( 145 ff. BGB), einen solchen Dissens verhindert regelmäßig Auslegung nach 133, 157 BGB. Erheblichkeit des Irrtums (Kausalität) Folie 206
11 Erklärungsirrtum, 119 I Fall 2 BGB Irrtum über den Erklärungstatbestand - Inhalt der (wirksamen) WE (Auslegung): Was hat er erklärt? - (Geschäfts-)Wille des Erklärenden: Was wollte er erklären? - Divergenz (unbewusstes Auseinanderfallen) Zu unterscheiden vom Auseinanderfallen (Dissens) der (zwei) Willenserklärungen der Vertragsparteien ( 145 ff. BGB), einen solchen Dissens verhindert regelmäßig Auslegung nach 133, 157 BGB. Erheblichkeit des Irrtums (Kausalität) Folie 207
12 Eigenschaftsirrtum, 119 II BGB Sache: weites Verständnis, über 90 BGB hinaus (Beispiel: Rechtskauf, 453 BGB) Eigenschaft: jeder prägende Faktor der Sache selbst Verkehrswesentlich: für die Wertschätzung objektiv erheblich Irrtum: Auseinanderfallen von Vorstellung und Wirklichkeit (Motivirrtum) Folie 208
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