Mittelstandsgerecht ausschreiben und vergeben
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- Reiner Bretz
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1 Mittelstandsgerecht ausschreiben und vergeben Fassung: April 2018 (Lo) HERAUSGEBER: Landesverband Bayerischer Bauinnungen (LBB) Bavariaring 31, München
2 Mittelstandsgerecht ausschreiben und vergeben Eine Information der Bayerischen Baugewerbeverbände Die bayerische Bauwirtschaft ist mittelständisch strukturiert. Über 80 Prozent der Arbeitsplätze am Bau werden durch mittelständische Baubetriebe gestellt. Im statistischen Durchschnitt hat jede Gemeinde in Bayern sieben Baubetriebe. Die Erhaltung der heimischen Baufirmen mit ihren Arbeitsplätzen liegt damit im ureigensten Interesse der Kommunen. Leisten Sie hierzu Ihren Beitrag und nutzen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen das Vergaberecht bietet. Richtig angewandt sind die Vergaberegelungen der VOB/A nicht bürokratisches Hemmnis, sondern Garant für fairen und mittelstandsgerechten Wettbewerb. 1. Möglichkeit zur Beschränkten Ausschreibung nutzen In Bayern gelten für Beschränkte Ausschreibungen von kommunalen Bauaufträgen bestimmte Wertgrenzen, bis zu denen Beschränkte Ausschreibungen jederzeit ohne weitere Begründung von Kommunen und nichtkommunalen Zuwendungsempfängern durchgeführt werden können. Die aktuellen Wertgrenzen gelten unbefristet und betragen (jeweils ohne Umsatzsteuer): ,-- Euro bei Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau ,-- Euro bei Ausbaugewerke (ohne Energie- und Gebäudetechnik) sowie für Landschaftsbau und Straßenausstattung ,-- Euro für alle übrigen Gewerke. Zugleich sind ergänzende Maßnahmen erforderlich, damit Wettbewerb und Transparenz sichergestellt sind und Manipulationsverfahren minimiert werden: Abhängig von Marktsituation und Auftragswert sind mindestens drei bis mindestens zehn Bewerber zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Die Anzahl der Bewerber ist in einem Vergabevermerk zu begründen. Die Aufforderung ist auszureichend zu streuen (in der Regel mindestens ein Bewerber aus einem anderen Landkreis; ab ,-- Euro ohne Umsatzsteuer mindestens drei Bewerber aus einem anderen Landkreis) und die Bewerber sind regelmäßig zu wechseln. Manipulation und Korruption sind durch organisatorische Maßnahmen zu vermeiden. Ab einem Auftragswert von ,-- Euro ohne Umsatzsteuer ist bei Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb eine nachträgliche Information über die Zuschlagserteilung zu veröffentlichen. Die nachträgliche Veröffentlichung von Auftragsvergaben muss mindestens folgende Angaben enthalten: Name, Anschrift, Telefon-, Faxnummer und -Adresse des Auftraggebers, Herausgegeben vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen 1
3 gewähltes Vergabeverfahren, Auftragsgegenstand Ort der Ausführung, Name des beauftragten Unternehmens. Bei Inanspruchnahme der Wertgrenzenregelung ist außerdem ab einem voraussichtlichen Auftragswert von ,-- Euro ohne Umsatzsteuer eine vorherige Information über beabsichtigte Beschränkte Ausschreibungen erforderlich, die folgende Angaben enthalten muss: Name, Anschrift, Telefon-, Faxnummer und -Adresse des Auftraggebers, Auftragsgegenstand Ort der Ausführung, Art und voraussichtlicher Umfang der Leistung, voraussichtlicher Zeitraum der Ausführung und Tag der Veröffentlichung. Ab einem voraussichtlichen Auftragswert von ,-- Euro ohne Umsatzsteuer ist zwischen der vorherigen Veröffentlichung und der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten eine Wartefrist von sieben Kalendertagen einzuhalten (Markterkundung), damit evtl. interessierte Bieter reagieren können. Die vorherigen und nachträglichen Veröffentlichungen müssen auf der Zentralen Vergabebekanntmachungsplattform Bayern (BayVeBe) abrufbar sein. Bis zur Einrichtung der BayVeBe erfolgen die Veröffentlichungen auf der Plattform Im Bereich der Freihändigen Vergabe wurde zum 1. Januar 2017 eine neue Wertgrenze von ,-- Euro ohne Umsatzsteuer eingeführt, bis zu der eine Freihändige Vergabe jederzeit ohne Nachweis eines Ausnahmetatbestandes zulässig ist. Es sind hierzu mehrere Angebote (in der Regel wenigstens drei) einzuholen. Ab einer Wertgrenze von ,-- Euro ohne Umsatzsteuer besteht ebenfalls wie bei der Beschränkten Ausschreibung für die Kommunen und nichtkommunalen Zuwendungsempfänger die Pflicht zur nachträglichen Information über vergebene Aufträge. Auch hier sind die regionale Streuung (mindestens ein Bewerber aus anderem Landkreis), der regelmäßige Wechsel der Bewerber, die Begründung von Vergabeart und Vergabeentscheidung und die Vermeidung von Korruption und Manipulation Mindestanforderungen für eine ordnungsgemäße Vergabe. Die Bayerischen Baugewerbeverbände raten von Freihändigen Vergaben ab. Freihändige Vergaben sind aufgrund fehlender Transparenz und wegen der Nachverhandlungsmöglichkeit korruptionsanfällig. Vergleichsprojekte haben überaus belegt, dass der Auftraggeber durch Nachverhandlungen keine Preisvorteile erzielt Herausgegeben vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen 2
4 2. Vorlage von Nachweisen und Erklärungen der Bieter Nach der VOB/A sind bei Öffentlichen Ausschreibungen in den Ausschreibungsunterlagen die Nachweise zu bezeichnen, deren Vorlage mit dem Angebot verlangt oder deren spätere Anforderung vorbehalten wird. Sowohl die Unterlagen nach 6 a Abs. 2 Nrn. 1-9 VOB/A als auch die sonstigen Nachweise oder Erklärungen der Bieter sollten in der Regel nur auf Verlangen der Vergabestelle von den Bietern der engeren Wahl verlangt werden. Hierdurch lässt sich der Prüfungsaufwand der Vergabestellen und der Angebotsaufwand der nicht in Betracht kommenden Bieter bei Vorlage der Nachweise oder Erklärungen mit dem Angebot vermeiden. Nach der VOB/A verlangt die Vergabestelle die geforderten, aber noch fehlenden Erklärungen oder Nachweise von den Bietern nach. Diese sind spätestens innerhalb von sechs Kalendertagen nach Aufforderung durch die Vergabestelle vorzulegen. Die Frist beginnt ab Tag nach der Absendung der Aufforderung durch die Vergabestelle. Werden die Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der Frist vorgelegt, so ist das Angebot auszuschließen. 3. Fach- und Teillose bilden Um kleinen und mittleren Unternehmen eine Beteiligung an öffentlichen Bauaufträgen zu ermöglichen, fordert die VOB/A Bauleistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Bei der Vergabe kann aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen auf eine Aufteilung oder Trennung verzichtet werden. Sowohl die Teilung in Teil- und Fachlose als auch die Gesamtvergabe an einen Generalunternehmer ist mittels Vergabevermerk zu dokumentieren und zu begründen. 4. Auf Selbstausführung achten Nach der VOB/A kommen als Anbieter von öffentlichen Bauleistungen nur Betriebe in Betracht, die sich gewerbsmäßig mit der Ausführung von Bauleistungen befassen. Hieraus wird bei Vergaben unterhalb des EU-Schwellenwerts allgemein gefordert, dass ein Bieter mindestens auf ein Drittel der ausgeschriebenen Bauleistung eingerichtet sein muss. Im Bereich der Leistungen, auf die der Betrieb des Bieters eingerichtet ist, kann die Eigenleistungsverpflichtung durch die Forderung nach der sog. Nachunternehmererklärung (VHB Bayern: Formblatt 2330) noch verschärft werden. Mit dieser Erklärung erklärt der Bieter, dass er 70 Prozent der Leistung, auf die sein Betrieb eingerichtet ist, im eigenen Betrieb ausführt Herausgegeben vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen 3
5 5. Vergabehandbuch der Bayer. Staatsbauverwaltung nutzen Eine Vielzahl formaler Fehler beim Ausfüllen der Verdingungsunterlagen ist darauf zurückzuführen, dass es im kommunalen Bereich keine einheitlichen Vergabeunterlagen gibt. Unterschiedliche Verdingungsmuster, auf die sich die Bieter immer neu einstellen müssen, schaffen Fehlerquellen! Nicht zuletzt deshalb wird den Gemeinden vom Bayerischen Staatsministerium des Innern die verstärkte Anwendung des Vergabehandbuchs der Staatbauverwaltung empfohlen. Es kann in der aktuellen Form im Internet unter heruntergeladen werden. 6. Klar und eindeutig ausschreiben Nach der VOB/A ist die Leistungsbeschreibung durch ein detailliertes Leistungsverzeichnis (Einheitspreisvertrag) der Regelfall. Pauschalverträge sind die zu begründende Ausnahme. Der Auftraggeber hat die Bauleistung so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Er darf dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse, auf die dieser keinen Einfluss hat und deren Einwirkungen auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, aufbürden. Bedarfs-/Eventualpositionen dürfen nur ausnahmsweise in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden, angehängte Stundenlohnarbeiten nur in dem unbedingt erforderlichen Umfang. Eine gute Ausschreibung ist das beste Mittel gegen Spekulationsangebote! 7. Zahlungsfristen der VOB/B einhalten Die Zahlungsfrist für die Schlusszahlung gemäß 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B sollte eingehalten werden. Sie beginnt mit dem Zugang der Schlussrechnung und endet grundsätzlich nach 30 Tagen. Die Möglichkeit, diese Zahlungsfrist zu verlängern, ist die Ausnahme. Sie muss durch besondere Umstände sachlich gerechtfertigt sein und begründet werden. Eine Verlängerung kann z. B. gerechtfertigt sein bei langen vertraglichen Bauzeiten oder umfangreichen Leistungsverzeichnissen. Auch die Liquidität des Auftragnehmers ist hierbei zu berücksichtigen. Die Begründung für die Verlängerung der Zahlungsfrist muss im Vergabevermerk dokumentiert sein Herausgegeben vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen 4
6 8. Zurückhaltung bei Sicherheitsleistungen Die Forderung kommunaler Auftraggeber nach Sicherheiten für Vertragserfüllung und Gewährleistung belastet die Bauwirtschaft erheblich. Bedenken Sie: Jede Bürgschaft wird zu 100 Prozent auf den Kreditrahmen des Bauunternehmens angerechnet. Die VOB/A setzt dem Sicherheitenverlangen des Auftraggebers daher Grenzen: Auf Sicherheitsleistung soll ganz verzichtet werden, wenn Mängel der Leistung voraussichtlich nicht eintreten. Insbesondere bei Beschränkter Ausschreibung sowie Freihändiger Vergabe sollen Sicherheitsleistungen in der Regel nicht verlangt werden. Liegt die Auftragssumme unter ,-- Euro ohne Umsatzsteuer, so ist auf Sicherheitsleistung für die Vertragserfüllung und in der Regel auf Sicherheitsleistung für die Mängelansprüche zu verzichten. Vertragserfüllungssicherheiten sollen fünf Prozent der Auftragssumme, Gewährleistungsbürgschaften drei Prozent der Abrechnungssumme nicht überschreiten. Schließlich sollten bei der Berechnung der Höhe der Gewährleistungssicherheit Leistungen ohne Gewährleistungsrisiko (Abbrucharbeiten, Baubehelfe u.s.w.) unberücksichtigt bleiben und von der Netto-Abrechnungssumme ausgegangen werden Herausgegeben vom Landesverband Bayerischer Bauinnungen 5
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