Fachtagung 2017 Schweizerische Gesellschaft für Zwangsstörungen
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- Albert Baum
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1 Fachtagung 2017 Schweizerische Gesellschaft für Zwangsstörungen Diagnostik und Therapie der Zwangsstörungen bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen: State of the Art Michael Rufer, Susanne Walitza
2 Merkmale von Zwangsgedanken, -impulsen, -bildern Sind aufdringlich, kommen immer wieder Lösen Angst, Unbehagen, Anspannung, Ekel aus Geben nicht die eigene Meinung wieder Merkmale von Zwangshandlungen Starker innerer Druck, diese immer wieder auszuführen Verringern kurzfristig unangenehme Gefühle Werden zumeist als sinnlos oder übertrieben erkannt
3 Obsessive-Compulsive and Related Disorders Obsessive-Compulsive Disorders Body Dysmorphic Disorder Hoarding Disorder Trichotillomania (Hair-Pulling Disorder) Excoriation (Skin-Picking) Disorder Subtance/Medication-Induced Obsessive- Compulsive and Related Disorders Obsessive-Compulsive and Related Disorders Due to Another Medical Condition Other Specified Obsessive-Compulsive and Related Disorders Unspecified Obsessive-Compulsive and Related Disorders
4 Häufigkeit von Zwangssymptomen Rufer et al. (2006) Acta Psychiatr Scand
5 Differentialdiagnosen / Komorbidität Wahnhafte Störung / Schizophrenie Depressionen (Folge? Ursache? Unabhängig?) Angststörungen Persönlichkeitsstörungen Bipolare Störung Hirnorganische Störungen Verwandte Störungen / zwanghafte Verhaltensweisen Verhaltenssüchte Hypochondrie Impulskontrollstörungen Essstörungen
6 Ursachen Immer mehrere, individuell unterschiedlich in Art und Gewichtung
7 Verlauf Beginn häufig im Alter von ca. 11 Jahren oder jungen Erwachsenenalter Bei 85% aller Betroffenen vor dem 30. Lebensjahr Bei Männern Beginn im Schnitt 5 Jahre früher Unbehandelt meistens chronischer Verlauf Adäquat behandelt hingegen bei ca. 70% dauerhafte Besserung von Zwängen und Lebensqualität
8 Evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen Psychotherapie: Behandlung der ersten Wahl Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie mit Expositions- Reaktions-Management wurde in zahlreichen RCT belegt (Level A) Im Mittel Stabilität der Erfolge nach Ende der Therapie Pharmakotherapie: Ebenfalls wirksam Serotonin-Wiederaufnahmehemmung als zentraler pharmakodynamischer Ansatzpunkt Etwas niedrigere Erfolgsquoten als bei kognitiver Verhaltenstherapie Hohe Rückfallraten nach Absetzen einer alleinigen Medikation => Kombination mit kognitiver Verhaltenstherapie
9 Grundsätzliches Meist höhere Dosierung des (S)SRI als bei Depressionen Nicht selten 4-12 Wo. Dauer bis zum Wirkungseintritt Niedrige Dosierung des Neuroleptikums bei Augmentation
10 Exposition mit Reaktionsmanagement Im Mittelpunkt steht die Konfrontation mit Reizen, die unangenehme Gefühle auslösen Verhaltensänderungen, Emotionsmanagement und Habituation führen zu neue Einsichten Kognitive Interventionen Im Mittelpunkt steht die Veränderung von Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen Neue Einsichten führen zu Verhaltensänderungen
11 Dieser Gedanke ist nur ein Zwangsgedanke, der nicht wirklich bedeutet, was er sagt. Ich kann ihn nicht verhindern, muss ihm aber auch keine Aufmerksamkeit schenken. Meine Entscheidung ist, wie ich auf ihn reagiere
12
13 Einbezug von Angehörigen in die Therapie Angehörige als Wegbereiter für die Therapie Ergänzung der (psychotherapeutischen) Diagnostik Förderung unterstützender, Verminderung ungünstiger Verhaltensweisen von Angehörigen Aktive Mitarbeiter in Therapie Beratung von Angehörigen bzgl. Hilfen für sich selbst
14 Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen Zwang bei Kindern ist nicht gleich Zwang bei Erwachsenen dafür sprechen folgende Aspekte Zwänge treten am häufigsten auf im Alter von etwa 11 Jahren und im «jungen Erwachsenenalter» Geller et al., 2001 Im Kindes- und Jugendalter sind Knaben häufiger erkrankt, die komorbiden Störungen sind mehr Tics, ADHD und «disruptive behavioural problems»
15 Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen Weniger Einsicht in die Störung Weniger Fähigkeiten zum Reflektieren in kognitive Anteile der Therapie Eltern sollen immer in die Therapie einbezogen werden Einige Eltern von Kindern mit Zwängen können bei bestimmten Therapieformen weniger unterstützen als Eltern von Kindern mit anderen Angststörungen (Barrett 2002)
16 Zwangsstörungen Definition Zwangsstörung braucht nach ICD-10 zwei Elemente: Zwang = Gedanken, Handlungen und Impulse/Drang, die sich dem Patienten aufdrängen, unangenehm und sinnlos sind. Patient leidet schwer und versucht, sich bewusst dagegen zu wehren, nach DSM-5 muss die Einsicht nicht mehr vorliegen Wewetzer, Reitzle & Walitza: S1-Leitlinien für Zwangsstörungen, jetzt Revision für S3 Leitlinie
17 Definition DSM-5 Seit 2013: DSM-5: Zwangsstörung ist eine eigene Diagnosegruppe und Einsicht kann, muss aber nicht vorhanden sein. Komorbide Ticstörung muss festgehalten werden. «Was ist neu» Walitza, 2014
18 AACAP- Practice-Guidelines Kinder und Jugendliche Erste internationale Leitlinien für Zwangsstörungen im Kindes und Jugendalter: Letzte Revision: Januar 2012
19 AACAP-Guidelines Diagnostik I Screening Vollständige psychiatrische Evaluation und Diagnose nach DSM Kriterien, CY-BOCS, Evaluation möglicher Komorbiditäten Umfassende Evaluation der familiären Umstände sowie der medizinischen und schulischen Vorgeschichte
20 AACAP-Guidelines Diagnostik II Screening Hattest du jemals ungewollte oder sich wiederholende Gedanken, Ideen oder Bilder, die dich traurig oder ängstlich gemacht haben oder, die du nicht unterdrücken konntest? Hast du Sorgen, die einfach nicht weggehen wollen? Hast du jemals Dinge immer wieder tun müssen, auch wenn du sie eigentlich nicht hast tun wollen oder du gewusst hast, dass sie keinen Sinn machen, weil du dich ängstlich oder besorgt gefühlt hast? Musst du gewisse Dinge immer wieder tun oder hast du Gewohnheiten, die du nicht stoppen kannst?
21 AACAP-Guidelines Behandlung I Verhaltenstherapie Therapie erster Wahl bei Kindern und Jugendlichen mit einer milden bis moderaten Zwangsstörung Expositionsbehandlungen und Reaktions-Management sind in dieser Therapie die bedeutsamsten Methoden Der Einbezug der Familienmitglieder wird bei jüngeren Kinder empfohlen
22 AACAP-Guidelines Behandlung II Verhaltenstherapie mit zusätzlicher Pharmakotherapie Wird bei einer schweren Zwangsstörung empfohlen Die medikamentöse Behandlung kann angezeigt sein, wenn die Ausführung oder die Wirksamkeit der Verhaltenstherapie erschwert ist Die kombinierte Behandlung zeigt die grössten Effekte in der Symptomreduktion Von einer alleinigen medikamentösen Behandlung ohne Verhaltenstherapie wird abgeraten
23 NICE Guidelines für OCD und BDD Erstellt im November 2005, überprüft im Februar 2011 stepped care Ansatz Unterteilung der Empfehlungen jeweils für Erwachsene Kinder und Jugendliche (ab 8 Jahren)
24 NICE Guidelines Behandlung von Kinder und Jugendlichen Pharmakologie mit SSRIs Sertralin, Fluvoxamin, ausser bei Patienten mit komorbider Depression, dann Fluoxetin Wenn möglich in Kombination mit KVT Minimaldosen als Anfangsdosierung Regelmässige Kontrollen, bei erfolgreicher Therapie soll Medikation über 6 Monate fortgesetzt werden Suizidalität beachten Kontrolliertes und begleitetes Absetzen
25 NICE Guidelines Behandlung alle Sensibilität für kulturelle und religionsbedingte Zwangsgedanken und Zwangshandlungen Lokale Selbsthilfegruppen werden empfohlen Kollaborativer Ansatz sowohl mit Patient als auch mit Umfeld Neurochirurgie wird nicht empfohlen Während Remission regelmässige Beurteilungen (während 12 Monaten)
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27 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Spezialsprechstunde für Kinder und Jugendliche
28 AACAP-Guidelines Behandlung V Wirkstoff Kinder Dosisempfehlung Initialdosis (mg) Jugendliche Clomipramin b Dosis Range (mg) (Mittlere Dosis) a Fluoxetin b (25) Sertralin b (178) Fluvoxamin b (165) Paroxetin (32) Citalopram a Verwendung in randomisierten kontrollierten Studien b Zulassung der Food and Drug Administration (FDA) für Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter Tabelle nach Angaben der AACAP, 2012, Tabelle 4.5 Eine Steigerung der Dosis wird nur bei Therapieresistenz empfohlen
29 AACAP-Guidelines Behandlung III Pharmakotherapie I SSRI s werden als Behandlung der ersten Wahl empfohlen Sertralin, Fluvoxamin, Fluoxetin und Paroxetin sind wirksamer als ein Placebo SSRI sind auch aufgrund ihrer guten Toleranz die bevorzugte Medikation (auch Vergleich zu Clomipramin) Auf mögliche Nebenwirkungen der SSRI auf die Suizidalität wird hingewiesen
30 AACAP-Guidelines Behandlung IV Pharmakotherapie II Clomipramin ist ebenfalls wirksam, jedoch aufgrund signifikanter Nebenwirkungen nicht das Medikament der ersten Wahl. Wird eine Behandlung trotzdem erwogen, müssen vorab medizinische Untersuchungen vorgenommen werden (z.b. EKG)
31 Augmentation mit Atypika Kindes-und Jugendalter Signifikante Besserung der Symptomatik unter Augmentation mit Aripripazol bei 60% der behandlungsresistenten Jugendlichen (Masi, Pfanner, Millepiedi und Berloffa, 2010) 50% der Non-Responder sprechen auf die Augmentation mit Risperidon und Aripiprazol gleichermassen gut an (Masi, Pfanner & Brovedani, 2013)
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