Erziehungswissenschaften
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- Elmar Zimmermann
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1 Erziehungswissenschaften Wenn diese zeitgeschichtliche Darstellung vom historischen Pulsschlag getragen sein soll, so haben wir wenigstens an zwei namhafte Vertreter des Faches zu erinnern, an August Messer, der heute so gut wie vergessen ist, und an Otto Friedrich Bollnow, den man zeitweilig kaum nannte. Beide disponieren gewiß nicht den Ausgangspunkt der heutigen Arbeit, aber ihr Wissenschaftsverständnis ist als zeitbedingte Modifikation im Fachbereich präsent. Mes-. ser, der lebensphilosophischen Betrachtung sich nähernd, benutzt zusehends die empirisch-induktive Methode", und Bollnow, der Existensphilosophie verbunden, möchte empirischen Verfahren" nahe sein, weil die Daseinsdeutung grundsätzlich immer offen für neue Lebenserscheinungen bleiben muß". - Die hiermit skizzierte Ablösung einer Erziehungstheorie im Sinne eines deduktiven Systems der Pädagogik ist im Fachbereich 04 vollzogen. Der Fachbereich wird nach der Wiederbegründung der Universität sachlich vorbereitet durch das Ordinariat für Pädagogik in der Naturwissenschaftlich-Philosophischen Fakultät, das der Schüler und Jenenser Nachfolger Peter Petersens, Hans Mieskes, 1961 erhielt. Er baute das Erziehungswissenschaftliche Seminar und Institut für Pädagogische Forschung auf. Mieskes, auch theologisch und medizinisch ausgebildet, verfolgte die erziehungswissenschaftlichen und unterrichtstheoretischen Fragestellungen Petersens und erschloß der empirischen Pädagogik durch die Pädapathologie, die Lehre von den Pädatropika und der Spielmittelforschung neue Problemfelder. Die Pädagogik der Schulwirklichkeit- hier vor allem dem Lehramt an Gymnasien verpflichtet - verlangt auch den vergleichenden Blick in die Geschichte". Jene fordert als unmittelbarer Lebensdienst", den ganzen organisch bedingten Lebensraum zu beachten (Petersen). Die historische Forschung wurde Helmut Möller, die andragogisch-geragogische Fragestellung Manfred Schulz - beide seit 1972 Professuren bekleidend - zu wichtigen Teilaufgaben. Zum anderen wurde die Pädagogik vertreten durch das Seminar für Erziehungs- und Bildungswesen der 1961 gegründeten Hochschule für Erziehung, sogleich der Universität angegliedert und 1967 als Abteilung für Erziehungswissenschaften integriert. Direktor dieses Seminars war bis 1965 der erste Präsident der Hochschule, Friedrich Trost ( ), der von 1947 bis 1961 als Direktor des Pädagogischen Instituts Darmstadt gewirkt hatte. Trost, wesentlich geprägt durch Paul Natorp und Christian Jasper Klunker, kam von der philosophischen und wirtschaftswissenschaftlichen Sozialpädagogik. Da er ursprünglich als Volksschullehrer tätig, später dann der Lehrerbildung verpflichtet war, durchdachte er die Institution Schule auf ihren Erziehungsauftrag hin, der sich in erster Linie im methodisch geordneten Unterricht" (Trost) realisiert. Auch seine früheren Kollegen und seine baldigen Mitdirektoren Walter Asmus und Otto Brosius wirkten aus einer wesentlich philosophisch-historisch fundierten Pädagogik. Asmus, vor allem Schüler Richard Kroners und Johannes Wittmanns, machte 43
2 sich die Deskriptionsmethode Diltheys zu eigen und leitete durch große Studien eine neue Phase der Herbartforschung ein. Otto Brosius ( ), wissenschaftlich vor allem als Dozent wirkend, interpretierte in Anlehnung an Spranger die Deutsche Bewegung im Sinne maßvoller Schulreform. Diese Seminare wurden im Laufe der 60 er Jahre - bis '- personell und funktionell durch zusätzliche Professoren- oder Rats- und Mitarbeiterstellen angesichts der steigenden Studentenzahlen erweitert. Auf Grund des neuen Hessischen Universitätsgesetzes bildeten sie 1970 mit dem von Wilhelm Hudde begründeten und geleiteten Seminar für Arbeits-, Berufs- und Wirtschaftspädagogik, dessen Geschichte eine gesonderte Betrachtung erfährt, den Fachbereich 04 Erziehungswissenschaften. - Bald danach vergrößerte sich die Gruppe der Professoren merklich. Zum einen sah das Gesetz die Umwandlung von Assistenten- und Rats- in Professorenstellen vor. Zum anderen wurden Schwerpunkte in Forschung und Lehre ausgebaut und neu eingerichtet. Diese gliederten sich gemäß der im Gesetz vorgesehenen Gestaltung der Fachbereiche, die die Auflösung bestehender Institute und Seminare zur Voraussetzung hatte, bis 1976 in folgende Arbeitsgruppen bzw. Struktureinheiten, von denen einige später (laut HUG, 20, Abs. 3) zu wissenschaftlichen Betriebseinheiten - mit der Bezeichnung Institut- vereinigt wurden: Pädagogische Anthropologie; Arbeits-, Berufs- und Wirtschaftspädagogik; Vergleichende Erziehungswissenschaft; Unterrichtswissenschaftliche Forschung; Pädagogische Grundlagenforschung (die beiden zuletzt genannten bilden das Institut für Pädagogische Grundlagen- und Unterrichtsforschung); Heilund Sonderpädagogik, die als Institut ihre Kennzeichnung beibehält; Methodologie und Wissenschaftstheorie; Pädagogik und Didaktik der Primarstufe; Theorie der Er- ziehung und der Schule. Diese beiden werden mit der Arbeitsgruppe Vergleichende Erziehungswissenschaft zum Institut für Bildungsforschung und Pädagogik des Auslands zusammengeschlossen. Die von bestehende Professur für pädagogische Anthropologie nahm der Nachfolger von Walter Asmus, Rudolf Lassahn, wahr. Geisteswissenschaftlich bei Ernst Lichtenstein arbeitend, vermochte er unter einer betont philosophisch-historischen Perspektive die modernen fachrelevanten Untersuchungsergebnisse und Erkenntnismethodologien für den Neuansatz einer systematischen Erziehungswissenschaft fruchtbar zu machen. Die Arbeitsgruppe Unterrichtswissenschaftliche Forschung" wurde von Wilhelm Himmerich ( ) aufgebaut. Er erhielt 1965 die Stelle Friedrich Trosts. Himmerich wirkte aus reformerischer Intention in der Landschule und in der Lehrerbildung der auslaufenden Nachkriegszeit. Er wandte sich von einer realontologisch bestimmten Pädagogik der empirischen Erziehungswissenschaft, insbesondere der Unterrichtsforschung, zu. Daß theoria auch praktisch werden müsse, zeigen seine didaktischen Überlegungen und die pragmatisch-hermeneutische Beobachtung und Bestimmung von Unterrichtsplanung und -verlauf, die seine Arbeitsgruppe 1976 vorlegte. Die Gestaltung seines unterrichtswissenschaftlichen Projekts im Gießener Didaktischen Modell" und der Aufbau des Zentrums für Lehrerausbildung" markieren die Linie eines engagierten Denkers, seines früheren Kollegen und ehemaligen Dozenten Rudi Maskus nicht unähnlich erhielt das Seminar für Erziehungsund Bildungswesen eine Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt für Heil- und Sonderpädagogik. Auf diesen Lehrstuhl wurde Walter Bach- 44
3 mann, Schüler Theodor Ballauffs 1, berufen, der sich u. a. besonderen Aspekten kindlicher, physiologisch verstandener Körperlichkeit" und musischer Beweglichkeit" zuwandte. Er konnte zwei Schriftenreihen gründen. Die eine heißt Gießener Studienreihe Heil- und Sonderpädagogik", durch die vor allem Arbeiten von Studierenden öffentliche Aufmerksamkeit finden; mit dieser ergänzend verbunden ist die Gießener Dokumentationsreihe Heilund Sonderpädagogik". Sie trägt dem vergleichenden und historischen Aspekt Rechnung und ermöglicht aufschlußreichen Zugang zur systematischen Erziehungswissenschaft. Bachmann vermochte den Schwerpunkt zum eigenen Forschungs- und Lehrbereich auszugestalten; ab 1971 war es möglich, die Prüfung für das Lehramt an Sonderschulen abzulegen, der sich eine stets zunehmende Zahl von Studenten unterzog. Zwei weitere Professuren konnten eingerichtet werden. Die zuerst besetzte nahm Hartmut Willand wahr, u.a. das Verhältnis seines Faches zur Allgemeinen Didaktik untersuchend. Gegenwärtig haben Karlheinz Flehinghaus und Elisabeth M ückenhoff diese akademischen Ämter inne, die speziellen Fragestellungen und Teildisziplinen (Lern-, Sprachbehinderung) aus der gerade hier besonders erforderlichen pädagogischen Grundhaltung Rechnung tragen. Bereits am Seminar für Erziehungs- und Bildungswesen schenkte Fritz Seidenfaden der Vergleichenden Erziehungswissenschaft zunehmend sein Augenmerk. Seidenfaden, Schüler Ernst Lichtensteins und seit 1969 Nachfolger Otto Brosius' ging von bildungsgeschichtlichen Fragestellun- 1 Ballauff vertrat - dies sei dankend erwähnt - mit Lehrauftrag das Fach Pädagogik an der 1950 erstandenen Justus-Liebig-Hochschule. gen aus und erschloß sich systematisch diesen Schwerpunkt durch seine Studie über den Vergleich. Eine neue Weltzivilisation schafft ein neues Bild vom Menschen, sowohl im Hinblick auf seinen sozial-ökonomischen Anspruch als auch in bezug auf seine geistige Genese. Forschµngsbereiche, die Studienschwerpunkte wurden, stellen besonders ausländische Schulreformmodelle dar. Prinzipiell gehören die Erziehung in autochtonen Gesellschaften, die Bildungspolitik der Entwicklungsländer und das europäische Gesamt- und Einheitsschulsystem in den gleichen wissenschaftlichen Kontext. - Ein besonders pädagogisch verpflichtendes Untersuchungsfeld wird die Situation ausländischer Kinder und das Schulwesen ihrer Herkunftsländer. Horst Widmann, Schüler Friedrich Schneiders, seit 1972 Professor, vertraut mit dem wichtigsten Herkunftsland, der Türkei, baut eine Forschungs- und Arbeitsstätte zur Pädagogik der Gastarbeiterkinder auf. Als Quelle der Forschung dient ein Europäisches Lesebucharchiv, dem wissenschaftlichen Arbeiten als Anregung die Schriftenreihe Studien zum Bildungswesen Skandinaviens und Englands", später genannt Studien zum Bildungswesen Nord- und Westeuropas". An mehreren dieser Publikationen war die Mitherausgeberin der Reihe, Annegret Körner, beteiligt, die auch als Dozentin ( ) das Fachgebiet Vergleichende Erziehungswissenschaft vertrat wurde das Lehramt für Grundschulen eingerichtet, das eine wachsende Zahl von Studierenden (vor allem Studentinnen) anstrebte. Dies geschah auf dem Hintergrund kulturpolitischer Diskussionen, die nun auch und insbesondere eine Neugestaltung der Grundschule in der Organisationsstruktur von Elementar- und Primarbereich forderten. Ihnen lagen neue lerntheoretische, soziologische und wissenschaftstheoretische Erkenntnisse zugrun- 45
4 de, deren didaktisch-methodische Forderungen auch für das erziehungswissenschaftliche Hauptstudium erheblich sind. - Dieser Lehr- und Forschungsbereich konnte nicht beiläufig behandelt werden. 1973/74 wurden drei Professuren für die Pädagogik und Didaktik der Primarstufe eingerichtet. Die erste erhielt Theofried Klaßen, der durch Studien bei dem Petersen-Schüler Heinrich Döpp-Vorwald, durch Land- und Sonderschulpraxis und durch Veröffentlichungen zu vor- und grundschulpädagogischen Fragen hierfür ausgewiesen war. Der Aspekt der Auslandspädagogik ist für Forschung und Praxis unerläßlich. Klaßen wurden deshalb Institutionen westeuropäischer Primarstufenerziehung zum weiteren und notwendigen Arbeitsgebiet. - Mit ihm wurden dann Ernst Cloer ( ), der den historisch-vergleichenden und sozialwissenschaftlichen Aspekt betont und Karl-August Helfenbein tätig, der zuvor der Struktureinheit Theorie der Erziehung und Schule" angehörte. Diese war wesentlich geprägt von einer erziehungsphilosophisch-geschichtlichen Betrachtung, die sich zugleich als Theorie des Handelns verstand und damit offen war und sein konnte für neue, realwissenschaftliche Fragestellungen. Erich Dauzenroth, Schüler Heinrich Weinstocks, langjährig in der Lehrerbildung tätig, seit 1972 Professor, begründete das Zentrum der deutschen Korczak-Forschung, Gestalt und Tat des polnischen Erziehers editorisch und interpretativ nahebringend. Leo Friedrich, von als Professor für Allgemeine Pädagogik leitend in dieser Struktureinheit tätig, erhielt insbesondere durch seine Tätigkeit in der Heimschulerziehung und als Mitarbeiter bei Friedrich Trost - seit 1961 zusammen mit Karl Köhler - nachhaltige Anregungen für seine Pestalozzistudien, in die sozialwissenschaftliche Erkenntnisse eingehen. - Daß neben der 46 Historie der Logos" ein Wesensmerkmal pädagogischen Verhaltens ist, diese Einsicht verpflichtet die Arbeitsgruppe, die Schulpädagogik als zentrales Moment der Theorie zu bewerten. Vor allem in der Lehre haben diesen Anspruch für die Grund-, Haupt- und Realschule Karl Köhler, wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 1961 am Aufbau der Gießener Lehrerausbildung mitwirkend, und Karl-August Helfenbein vertreten. Er beteiligte sich am Projekt Hessische Schulgeschichte", wodurch die systematische Reflexion und der ideenge-. schichtliche Aspekt Bewährung, Korrektur und Bereicherung erfahren haben. Die Wiederentdeckung des neopositivistischen Wissenschaftsverständnisses und die neomarxistische Theoriekritik ließen die Bildung der Arbeitsgruppe Methodologie und Wissenschaftstheorie geboten erscheinen. Die Professur hierfür nimmt Adolf Hemberger wahr. Hemberger, Diplom Volkswirt, dann schulpädagogisch ausgebildet und in der Lehrerausbildung tätig, vertritt sowohl die empirischen Forschungsmethoden, wie sie insbesondere die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften fordern und entwickeln, als auch die marxistische Hermeneutik im Rahmen ideen- und bildungsgeschichtlicher Betrachtung. Auch und gerade für das moderne allgemeinbildende Schulwesen, das sich der Arbeits- und Sozialwelt verpflichtet weiß, ist curricular konstitutiv - im Sinne berufsbezogener Grundbildung - der didaktische Anspruch von Polytechnik und zuvor entwickelter Arbeitslehre. Der Fachbereich vermochte hierfür die Professur Polytechnik, Arbeitslehre und ihre Didaktik einzurichten, die Lothar Beinke wahrnimmt. Der Diplom-Handelslehrer, der dann bei Helmut Schelsky gearbeitet hat, ist durch Schulerfahrung, akademische Lehrtätigkeit und wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der beruflichen Bildung für diesen neuen Schwerpunkt qualifiziert.
5 Die Fachbereichsbibliothek, 1973 eingerichtet und seit 1975 als Technische Betriebseinheit geltend, wird von Gernot Knell geleitet. Er ist für mehrere Lehrämter examiniert, insbesondere durch akademische Lehrtätigkeit und Arbeiten zur pädagogischen Wissenschaftsgeschichte der Forschung verbunden, so daß er sich in diesen. zentralen Funktionsbereich der Hochschule einzuarbeiten vermochte: ursprünglich aufgebaut aus den Büchereien der zuerst genannten Seminare, enthält je- ne auch wertvolle Bestände aus den Bibliotheken des ehemaligen Pädagogischen Instituts Weilburg und des Erziehungswissenschaftlichen Seminars unserer U niversität. Der sachkundige Benutzer wird gewahr, was z.b. für Messer und Bollnow literarisch wichtig war. Der Einblick mahnt zur historischen Verpflichtung, die zum Glanze warmen Lebens" (Huizinga) beitragen kann. Karl-August Helfenbein Das Berufsschullehrerstudium an der Justus-Liebig-Universität Gießen en Erst knapp zwei Jahrzehnte - seit bestehen an der Justus-Liebig-Universität Gießen die Studiengänge für das Lehramt an beruflichen Schulen landwirtschaftlicher und hauswirtschaftlicher/nahrungsgewerblicher. Die noch mögliche gewerblich-technische und die kaufmännisch-verwaltende sind in Gießen nicht vertreten. Vorläufer Als unmittelbare Vorläufer dieser Studiengänge können für die landwirtschaftliche das am l. April 1892 gegründete Pädagogische Seminar für Kandidaten des landwirtschaftlichen Lehramts" an der Landwirtschaftsschule in Weilburg und das im Anschluß daran am 1. Mai 1953 gegründete Landwirtschaftspädagogische Insitut" in Gießen gerechnet werden. Das Seminar in Weilburg bestand mit Unterbrechungen und Formänderungen bis zum Wintersemester 1952/53, in den letzten Jahren von 1948 bis 1953 alszweisemestriger landwirtschaftspädagogischer Studiengang am Pädagogischen Institut Weilburg. Eine gewisse Kontinuität läßt sich insofern herleiten, als u. a. der Leiter des Studiengangs, Ministerialrat Dr. Friedrich Wilhelm Schneider, nach Schließung der Lehrgänge in das neu eröffnete Landwirtschaftspädagogische Institut Gießen als Professor eintrat. Als das Gießener Institut Ende 1962 seine Tore schloß, erhielt sein damaliger Direktor, Prof. Dr. agr. Wilhelm Hudde, einen Ruf an die Justus-Liebig-Universität. Im übrigen bestanden zwischen dem Gießener Institut und der Gießerier Hochschule enge Verflechtungen. Hudde wurde schon 1956 zum Honorarprofessor der damaligen Justus-Liebig-Hochschule ernannt und lehrte daselbst Pädagogik. Auf der anderen Seite lehrten am Institut die Universitätsprofessoren Ludwig Acker, Wulf Emmo Ankel, Ernst Birke, Adolf Bussemann, Hans Diedrich Cremer, Martin Greiner, Karl Hage, Dieter Hötzel, Berthold Kemkes, Erich Menden, Ludwig Wilhelm Ries, Max Rolfes, Emil Tonutti, Thure von Uexküll, Hans Voegt. Das Gießener Institut wurde am 31. Dezember 1962 geschlossen. Gebäude und Bibliothek gingen auf die Universität über. 47
6 Als Vorläufer der hauswirtschaftlichen/ nahrungsgewerblichen kann das Berufspädagogische Institut in Frankfurt am Main gelten. Es wurde zur Heranbildung von Gewerbelehrern bald nach dem 1. Weltkrieg gegründet und im Zuge der Akademisierung der Gewerbelehrerausbildung zu Ende des Wintersemesters 1967 /68 aufgelöst. Die am Frankfurter Institut vertretene gewerblich-technische wurde zur weiteren akademischen Um- und Ausgestaltung an die Technische Hochschule Darmstadt verwiesen; die en Hauswirtschaft" und Nahrung" kamen an die Universität Gießen. Gießen übernahm außerdem die Institutsbibliothek. Neueinrichtungen Tabelle 1: Universitätsstudium Agrarwissenschaften Abschluß: Diplom-Agraringenieur (DPO v u. Änd.) Grundstudium (1.-4. Semester) Naturwissenschaftliche und agrarwissenschaftliche Grundlagen Fachstudium (5.-8. Semester) Das hessische Gesetz über das Lehramt an öffentlichen Schulen vom 13. November 1958 schreibt u. a. vor, daß alle zukünftigen Berufsschullehrer ein mindestens achtsemestriges Universitätsstudium nachzuweisen haben. In Ausführung dieses Gesetzes erklärte sich die Justus-Liebig-Universität bereit, die Studiengänge für das Lehramt an beruflichen Schulen landwirtschaftlicher und hauswirtschaftlicher/nahrungsgewerblicher einzurichten. Zur Sicherstellung des fachwissenschaftlichen Studiums entwickelte die damalige Landwirtschaftliche Fakultät neben dem bereits bestehenden achtsemestri- Pflanzenproduktion oder Tierproduktion oder Wirtschafts- u. oder Umweltsicherung Sozialwiss. des und Landlandbaus entwicklung Tabelle 1 a: Schultätigkeit im Berufsfeld Agrarwirtschaft Schwerpunkt: Tierischer Bereich - Landwirt - Tierwirt - Pferdewirt - Fischwirt (ohne kleine Hochsee- und Küstenfischerei) und Schwerpunkt: Pflanzlicher Bereich - Florist - Gärtner - Forstwirt - Winzer 48
7 gen agrarwissenschaftlichen Diplomstudiengang einen solchen für Haushalts- und Ernährungswissenschaften (erste Prüfungsordnung vom 1. November 1964). Zur Sicherstellung des erziehungswissenschaftlichen Studiums wurde am 1. Januar 1963 an der damaligen Philosophischen Fakultät neben dem bereits bestehenden Erziehungswissenschaftlichen Seminar (Prof. Dr. Hans Mieskes) ein Institut für Arbeits-, Berufs- und Wirtschaftspädagogik (Prof. Dr. H udde) geschaffen. Seither datiert das Berufsschullehrerstudium an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Die erste und noch geltende pädagogische Studienordnung (vom ) ist vom derzeitigen Wirtschaftspädagogen, Prof. Dr. rer. oec. Gerhard P. Bunk, entwickelt worden. Derzeitige Regelungen Das Studium für das Lehramt an beruflichen Schulen wird heute in den zuständigen Fachbereichen in zwei voneinander getrennten Teilen absolviert: (1) Fachwissen- Tabelle 2: Universitätsstudium Haushalts- und Ernährungswissenschaften Abschluß: Diplom-Oecotrophologe (DPO v u. And.) Grundstudium (1.-4. Semester) Naturwissenschaftliche und wirtschaftswissenschaftliche Grundlagen Fachstudium (5.-8. Semester) oder oder Ernährungswissenschaft Haushaltswissenschaft Ernährungsökonomie Tabelle 2a: Schultätigkeit im Berufsfeld.Ernährung und Hauswirtschaft" Schwerpunkt: Gastgewerbe und Hauswirtschaft - Hotel- und Gaststättengehilfin/Fachkraft im Gastgewerbe - Kellner(in)/Restaurantfachmann, Hotelfachmann - Koch (Köchin) und Schwerpunkt: Back- und Süßwarenherstellung - Bäcker - Bonbonmacher - Gewerbegehilfin im Bäckerhandwerk - Gewerbegehilfin im Konditorhandwerk - Konditor - Konfektmacher - Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk und Schwerpunkt: Fleischverarbeitung - Fleischer - Gewerbegehilfin im Fleischerhandwerk - Verkäuferin im Nahrungsmittelgewerbe 1 49
8 Tabelle 3: Universitätsstudium Erziehungswissenschaft Abschluß: Erste Staatsprüfung für das Lehramt an beruflichen Schulen (Hass. VO v u. Änd.) Allgemeine Erziehungswissenschaft (mind. 10 SWS) Berufs- und Wirtschaftspädagogik (mind. 10 SWS) und Berufsschul-Hospitationspraktikum (4 Wochen) Sozialpädagogisches Praktikum (4 Wochen) Praktische Berufsausbildung (12 Monate) gem. VO v u. Änd.) schaftliches Studium mit dem Abschluß des jeweiligen Diploms entweder als Agraringenieur für die landwirtschaftliche (Tabelle 1) oder als Oecotrophologe für die hauswirtschaftliche/nahrungsgewerbliche (Tabelle 2). (II) Erziehungswissenschaftliches Studium für beide en mit dem Abschluß des 1. Staatsexamens (Tabelle 3). Voraussetzung für die Ablegung des Staatsexamens ist die jeweils bestandene Diplomprüfung. - Diese Konstruktion ist in der Bundesrepublik einmalig. Probleme Wie ersichtlich, gibt es in Gießen kein grundständiges Berufsschullehrerstudium, sondern ein doppelqualifizierendes. Das hat Vorteile und Nachteile zugleich. Die Vorteile liegen in einer größeren allgemeinen beruflichen Mobilität; nachteilig ist eine geringere Flexibilität als Lehrer. So ist z.b. für eine nichtberufsbezogene Fakultas kein Raum. Auch die jeweiligen Fachdidaktiken fehlen. Darüber hinaus mangelt es an einer Kongruenz zwischen dem fachwissenschaftlichen Studium und der berufsfeldbezo,genen Schularbeit; Vergleiche zwischen Tabelle 1 und 1 a sowie 2 und 2 a machen dies deutlich. - Zu einer öffentlichen Kontroverse um die Inhalte dieses Studiengangs kam es jüngst in der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik zwischen Gertraud Mackenroth / Gisela Zutz einerseits (9/1980, 11/1981) und Bunk (1/1981) sowie Rosemarie von Schweitzer (3/1981) andererseits. Gerhard P. Bunk 50
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