RENNEN JAHRES! Südfrankreich. Sattel-Test. Rennräder DAS DES. Was können. unter 800 Euro? Traumtouren zwischen Mittelmeer und Alpen

Transkript

1 EUROPAS RENNRAD-MAGAZIN NR NR Was können Rennräder unter 800 Euro? Südfrankreich Traumtouren zwischen Mittelmeer und Alpen Sattel-Test Wer hat das beste Konzept? TOUR DE 2O18 DAS RENNEN DES JAHRES! + 64 Seiten Service zur Tour de France EXTRA- HEFT REPORTAGE SEITE 96 REPORTAGE SEITE 106 LABOR- UND PRAXISTEST SEITE 54 Deutschland 5,20 HART, HÄRTER, GIRO: EIN TAG AM MONTE ZONCOLAN VON WEGEN OUT: FASZINATION LIZENZRADSPORT WIEDER SPITZE? CAMPAS NEUE 12-FACH-SCHALTUNG Österreich 5,90 Schweiz 9,50 sfr BeNeLux 6,00 Finnland 7,50 Griechenland 7,50 Frankreich 6,90 Italien 6,90 Spanien 6,90 Slowenien 7,00 Slowakei 7,00 Dänemark 55,00 DKK Printed in Germany H1593

2 TOUR DE Frankreichs große Liebe NÄHE Nirgendwo sonst können Fans den Schmerz und die Anstrengung der Sportler hier Thibaut Pinot in Alpe d Huez so unmittelbar erleben Die nie versiegende Begeisterung der Franzosen für ihre Tour de France lässt manchen Betrachter gelegentlich staunen. Woher rührt diese innige Liebe zu einem Radrennen? Annäherung an ein Phänomen aus der Sicht eines französischen Journalistenkollegen ZEITLOSE LEIDENSCHAFT Foto: Witters 20 TOUR TOUR 21

3 ROMAIN BARDET» MAN MUSS NUR RUHE BEWAHREN«Im Jahr 1985 gewann Bernard Hinault als letzter Franzose die Tour de France. Romain Bardet, zuletzt Zweiter und Dritter der Tour de France, über die Last der Erwartungen und wie man harten Sport mit süßem Leben verbindet TOUR DE Interview INTERVIEW Klaus Tödt-Rübel FOTO Jocelyn Chavy/Fotogloria TOUR Romain, erklären Sie als Franzose uns und unseren Lesern doch einmal: Warum hat die Tour de France eigentlich diesen besonderen Stellenwert im Leben der Franzosen? BARDET Die Tour de France ist Teil unserer Kultur. Abgesehen vom sportlichen Aspekt geht es um die Geografie unserer Heimat, um unsere Kultur und Geschich te. Sie ist Teil unserer Kindheitserinnerungen, des Familienlebens ich denke gern daran, wie ich zusammen mit meinen Eltern in der Auvergne an der Straße stand und dem Rennen zuschaute. Und an die Zeit, als ich Fan war. Und nun sind Sie Teil dieses Großereignisses. Wie erleben Sie die Tour de France als Radprofi? Auch wenn alles sehr schnell geht während der drei Rennwochen, so ist es doch ein ungeheures Privileg, das Land mit dem Velo zu durchqueren, die schönsten Landschaften zu sehen und dabei von Tausenden von Menschen angefeuert zu werden. Im Moment wäre es für mich unvorstellbar, nicht an der Tour teilnehmen zu können. Sie haben bei der kommenden Tour eine besondere Rolle: Seit 33 Jahren hofft Radsport-Frankreich auf einen Nachfolger für Bernard Hinault. Viele glauben, Sie könnten derjenige sein. Setzt Sie das unter Druck? Nein, das ist für mich eine Herausforderung. Ich denke weniger an das Ergebnis als daran, meine Arbeit so gut wie möglich zu machen. Die Tour de France ist mein Lieblingsrennen, sie ist schwer und hart. Ich möchte in der bestmöglichen Verfassung an den Start gehen alles Weitere lasse ich auf mich zukommen. Spüren Sie nur die Begeisterung der Fans oder ist da auch Druck, die Menschen nicht zu enttäuschen? Nein, ich begreife das nur als Ermutigung, Unterstützung. Das gibt mir Kraft. Ich gebe mein Bestes. Wenn man das tut, kann man niemanden enttäuschen. SCHWERE LAST auf schmalen Schultern? Bardet ist Frankreichs Hoffnungsträger für die Tour de France 28 TOUR TOUR 29

4 LUFTHOHEIT Um mit 40 km/h über Kilometer durch Frankreich zu brettern, braucht es Bärenkräfte in den Beinen aber vor allem gilt es, den Luftwiderstand zu bändigen, indem man schlau fährt, gut sitzt und sich richtig kleidet. Wir zeigen die Tricks der Profis KURZ & KNAPP TOUR DE Aerodynamik FALTPLAN Tony Martin gelingt es, mit Schultern und Armen eine extrem schmale Silhouette zu formen Foto: Getty Images/Velo J TEXT Robert Kühnen Jeder Radfahrer kennt das: Ab einem bestimmten Tempo geht plötzlich nicht mehr viel. Je nach persönlicher Fitness liegt die Grenze irgendwo zwischen 35 und 45 km/h. Nur mit größter Mühe wird man noch etwas schneller und bestenfalls für kurze Zeit. Dahinter steckt Physik. Die Kraft, mit der die Luft den Radfahrer bremst, wächst im Quadrat der Geschwindigkeit. Etwas mehr Tempo erfordert also sehr viel mehr Leistung; der Luft widerstand dominiert den Fahrwiderstand jenseits steiler Berge und setzt der Physis deutliche Grenzen. Für Radprofis, die mit 45 km/h durchs Flachland eilen, gelten die gleichen Gesetze wie für Hobbysportler. Aber ein Viertel mehr Kraft in den Beinen und intelligentes Schwarmverhalten im Peloton verschieben die Grenzen des Machbaren gegenüber Freizeitradlern um satte zehn Kilometer pro Stunde. Den größten Unterschied macht das gekonnte, konsequente Windschattenfahren. Die Lenker dicht an dicht, schieben sich knapp 200 Rennfahrer wie ein geschlossener Körper durch die Landschaft. Nur die Fahrer an der Spitze erfahren den vollen Winddruck, wechseln sich aber auch ständig ab. Dahinter rast die Meute fast wie im Vakuum und spart Kraft für den eigenen Einsatz an der Spitze oder für die entscheidenden Momente des Rennens. Der Winddruck prägt Verhalten und Taktik im Radsport, und sein Einfluss ist an der Form des Feldes ablesbar besonders aus der Vogelperspektive. Bilden die Rennfahrer einen kompakten Haufen, sind Tempo und Winddruck gering. Fahren die Profis aufgereiht wie die Perlen auf einer Schnur, ist das Tempo mit Sicherheit sehr hoch. Dann duckt sich jeder, so gut er kann, in den Windschatten seines Vordermanns, was das Feld automatisch in die Länge zieht. EINGEBAUTER RÜCKENWIND Ist ein Fahrer alleine auf der Straße, etwa bei einer Flucht oder in einem Einzelzeitfahren, schlägt die Stunde der Wahrheit. Jetzt hilft nicht mehr das Kollektiv der Fahrer muss selbst effektiv durch den Wind schlüpfen. Jedes noch so winzige Aero Detail hilft, etwas mehr Tempo aus den Beinen zu kitzeln. Viele kleine Maßnahmen können sich auf 50 Watt summieren, die zu mehr Speed werden statt in der Überwindung des Luftwiderstands zu verglühen. Das ist mehr als der Unterschied in der Physis zwischen einem guten und einem sehr guten Rennfahrer. Schnelle Räder sind im Watt Sparplan eine Maßnahme. Die besten Aeromaschinen verlangen bei Tempo 45 bis zu 30 Watt weniger als konventionelle Räder. Noch mehr Potenzial steckt in Sitzposition und Bekleidung. Um ihre Sitzposition zu optimieren, stellen die Profis die Lenker sehr tief das verringert die Angriffsfläche des Windes von vorne. Manche montieren auch extrem schmale Lenker, um sich auf dem Rad noch kleiner machen zu können. Je gelenkiger ein Athlet ist, desto windschlüpfiger kann er sich aufs Rad biegen. Auch das kann man trainieren. Und dann haben die Aerodynamik Experten noch ein Ass im Ärmel: Gezielt aufge raute Stoffe der Bekleidung lassen den Luftstrom etwas länger der Kontur des Fahrers folgen, bevor er abreißt und bremsend verwirbelt. So flutscht der sperrige Rennfahrer besser durch den Wind der Druckwiderstand, den er erfährt, sinkt. Die Natur liefert viele Vorbilder dafür, dass raue Oberflächen strömungsgünstiger sind als vollkommen glatte eines der bekanntesten ist die raue Haut der Haie, die zu den schnellsten Jägern der Meere gehören. Da der Körper des Radfahrers den größten Teil des Luftwiderstands erzeugt, ist das aerodynamische Potenzial der Bekleidung enorm. Der Luftwiderstand ist die unsichtbare, ordnende Kraft, die den Radsport prägt von der Taktik bis zur Technik: Die Fahrer geben sich Windschatten, und sie nutzen windschlüpfige Räder und Trikots, um Energie zu sparen und schneller zu fahren. Aerodynamische Kleidung gewinnt dabei an Bedeutung. Selbst zwischen speziellen Zeitfahranzügen gibt es Unterschiede von bis zu 1O % Lesen Sie außerdem auf So wichtig ist Aerodynamik bei der Tour de France: Webcode #46235 Was Aero-Tuning für Jedermann-Sportler bringt: Webcode # TOUR TOUR 43

5 KAMPF MIT ERWARTUNGSHALTUNG Tausende Fans warten am Gipfel des Monte Zoncolan auf die Ankunft der Profis DEM MONSTER Kaum ein Berg wird von den Profis mehr gefürchtet als der Monte Zoncolan. Beim diesjährigen Giro d Italia feierten die Fans an diesem Steilstück die Radsportler und bekamen einen besonderen Blick auf die dreiwöchige Rundfahrt GIRO D ITALIA Monte Zoncolan Foto: Giraldi/Fotogloria 96 TOUR TOUR 97