Nachrichtlich: BMWi BMJ 26. Januar 2007 Az.: /07 R 01/07 RR/He
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- Claus Lenz
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1 Der Präsident per Bundesministerium der Finanzen Referat IV A 4 Herrn MR Dr. Misera Wilhelmstr Berlin Nachrichtlich: BMWi BMJ 26. Januar 2007 Az.: /07 R 01/07 RR/He Eine Antwort voller Fragezeichen: Steuerberater fragen Bilanzbuchhalter Sehr geehrter Herr Dr. Misera, sehr geehrte Damen und Herren, Die Steuerberater in den Verbänden des Deutschen Steuerberaterverbandes e.v. haben sich vielfach in einer Musterbriefaktion an Mitglieder des Deutschen Bundestags gewandt, in denen sie vor einem möglichen Qualitätsverlust in der Steuerberatung durch die geplante Befugniserweiterung für Geprüfte Bilanzbuchhalter warnen. Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (im Folgenden: BVBC) hat nunmehr Antworten auf diese Fragen formuliert. Diese vermögen die geäußerten Bedenken jedoch nicht zu entkräften. Auffällig ist, dass sie der Kernfrage der Ausbildung ausweichen. Kernfrage ist und bleibt, wie die Bilanzbuchhalterausbildung (auch mit Umsatzsteuer- Zusatzausbildung) gewährleisten soll, dass nicht nur die nötigen umsatzsteuerrechtlichen Kenntnisse, sondern auch die nötigen Querverbindungen zu anderen Steuerrechtsgebieten vermittelt werden. Littenstr Berlin Telefon (030) Telefax (030)
2 Solche Querverbindungen und andere schwierige umsatzsteuerrechtliche Konstellationen, vielfach mit Auslandssachverhalten, sind nämlich auch bei Kleinunternehmen keineswegs exotisch. Zur Veranschaulichung senden wir Ihnen in Anlage Fragen, die so tatsächlich im Rahmen des Expertenforums auf der vom BMWi herausgegebenen Internetseite an Steuerberater gestellt worden sind (Anlage 1). Des Weiteren verweisen wir zur Vermeidung von Wiederholungen auf unsere Ausführungen in unserer Eingabe R11/06 (Anlage 2). Die Kernfrage der unzureichenden Ausbildung bleibt unbeantwortet. Hier versucht der BVBC offenbar, Zweifel unter der Vorschriftenmasse des Entwurfs der neuen Bilanzbuchhalter-Prüfungsordnung zu ersticken. Doch kann ein schlichtes Copy-Paste jenes Wortlautes keine Sachargumente ersetzen! Dass der Entwurf der Prüfungsordnung eine detaillierte Aneinanderreihung aller möglichen Prüfungsinhalte vornimmt, während die entsprechende Aufzählung in 37 Abs. 3 Steuerberatungsgesetz eine Grobübersicht enthält, ist kein Beleg für die Qualifikation von Bilanzbuchhaltern, sondern für den detailverliebten Regulierungseifer des Verordnungsgebers. Der geringe Anteil steuerrechtlicher Themen in jenem Katalog lässt vielmehr erkennen, welch kleinen Teil das Steuerrecht in der Gesamtausbildung von Bilanzbuchhaltern einnimmt, und wie oberflächlich es folglich behandelt werden muss. Wenn es so wäre, dass die Bilanzbuchhalterausbildung vergleichbare Kenntnisse vermittelte wie die Steuerberaterausbildung, könnten sich Bilanzbuchhalter auch ohne Weiteres der Steuerberaterprüfung stellen. Die Praxis aber zeigt, dass sich Bilanzbuchhalter vehement dagegen wehren. Ein echter Qualitätswettbewerb kann nur schwer stattfinden. Davon, dass unzuverlässige Anbieter ohnehin durch Qualitätswettbewerb ausscheiden werden, kann leider nicht ausgegangen werden, da bei Bilanzbuchhaltern ein echter Qualitätswettbewerb (untereinander oder zu Steuerberatern) kaum entstehen dürfte: Bei einer dauerhaft zu erbringenden Dienstleistung, die eine gewisse Gewöhnung der Anbieters an die Auftraggeber und ihre Geschäftsabläufe erfordert, sind Auftraggeber nicht geneigt, Anbieter häufig zu wechseln, um die Qualität verschiedener Anbieter zu vergleichen. Aber auch wenn sie dies täten, wäre ein solcher Vergleich nur schwer zu führen, weil in einem Unternehmen jedes 2
3 Jahr andere Rechtsfragen auftauchen. Ein Auftraggeber könnte die Qualität der Arbeit von Anbietern auch dann schwer gegenüberstellen, wenn er diese jedes Jahr wechselte. Ergebnis ist, dass sich vielfach nicht die besten Anbieter durchsetzen würden, sondern die billigsten, und schlechte Erfahrungen mit unzureichend qualifizierten Anbietern in Kauf genommen werden müssten. Stattdessen sollte gelten: Schadensvermeidung vor Schadensregulierung. Dies funktioniert am besten durch ausreichende Qualifikationsanforderungen. Strafrechtliche Folgen für Mandanten Wie in unserer Eingabe R 11/06 ausgeführt, können fehlerhafte Umsatzsteuer-Voranmeldungen und eine fehlerhaft eingerichtete Buchführung strafrechtliche Folgen für Mandanten haben. Dies ist selbstverständlich nicht etwa darin begründet, dass Bilanzbuchhaltern geringere Gesetzestreue unterstellt würde, wie dies der BVBC offenbar missversteht. Vielmehr geht es darum, dass Personen ohne umfassende steuerrechtliche Ausbildung - bestimmte Irrtümer der Mandanten schwer erkennen und diese in die Verlegenheit strafrechtlicher Ermittlungen bringen können. - bestimmte Betrugsformen (Karussellbetrug) schwer erkennen, was die Bemühungen der Bundesregierung zur Betrugsbekämpfung konterkariert. Sofern bereits heute Bilanzbuchhalter Umsatzsteuer-Voranmeldungen unselbstständig durchführen, so unterliegen sie der Weisung und Kontrolle ihres Arbeitgebers. Ist dieser Steuerberater, ist nicht nur eine nochmalige Kontrolle möglich, sondern haftet auch dessen Berufshaftpflichtversicherung für Fehler des Bilanzbuchhalters, und zwar in zehnfacher Höhe der geplanten Höchstsumme bei selbstständigen Bilanzbuchhaltern. Keine Aufsicht in Sicht Die Befugniserweiterung schafft Steuerberatung ohne Berufsaufsicht. Während Steuerberater der Aufsicht fachkundiger Kammern unterliegen, ist eine Aufsicht für Bilanzbuchhalter nicht geregelt. Geringere Qualifikation und weniger Aufsicht würden also miteinander einhergehen. Eine Berufsaufsicht durch die IHK ist nicht vorgesehen. Ihnen würde überdies nicht nur die spezialisierte Fachkompetenz fehlen; auch hat der DIHK jüngst angedeutet, dass die IHK kein Interesse haben, eine Berufsaufsicht über Bilanzbuchhalter zu übernehmen: allein die 3
4 Verwaltung der Information über die Haftpflichtversicherung des Bilanzbuchhalters bereitet ihnen unerwünschten Aufwand (Stellungnahme des DIHK vom , S.5f). An die Adresse des BVBC geht unser Hinweis, dass die Frage, wie ohne Berufsaufsicht die Ablegung der verpflichtenden Umsatzsteuer-Zusatzprüfung kontrolliert werden soll, nicht damit beantwortet ist, dass die Prüfung verpflichtend sein soll. Qualitätsverbesserung durch niedrigere Qualifikation? Auch Unternehmer, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen selbst und auf eigene Verantwortung abgeben, fertigen diese in aller Regel nicht eigenhändig, sondern beauftragen Buchhalter hiermit. Daher geht die Rechnung des BVBC nicht auf, dass die Qualität der Voranmeldungen sich verbessern würde, weil künftig all jene Unternehmer auf einmal selbstständige Bilanzbuchhalter beauftragten (warum sollten Buchhalter als Selbstständige besser arbeiten?). Vielmehr droht ein Abfluss von Aufträgen zu steuerrechtlich geringer qualifizierten Anbietern. EG-Recht fordert keine Steuerberatung durch Bilanzbuchhalter Tatsache ist, dass nach EG-Recht Qualifikationsanforderungen für Tätigkeiten der (Steuer)- Rechtsberatung Sache der Mitgliedstaaten ist und bleiben soll. Dies hat das Europäische Parlament jüngst bekräftigt (Entschließung vom 12.Oktober 2006, Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen, Dokument Nr.P6_TA-PROV(2006)0418 -vorläufig): Das Europäische Parlament [ ] 6. weist darauf hin, dass der Gerichtshof einen Ermessensspielraum des nationalen Gesetzgebers sowie von Berufsverbänden und -organen anerkannt hat, als er beschlossen hat, was angemessen und notwendig ist, um die sachgemäße Ausübung der Rechtsberufe in einem Mitgliedstaat zu schützen; Der vom BVBC zitierte und von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Bericht des IHS-Instituts ist veraltet. Die Kommission hat die Durchführung erneuter Untersuchungen angekündigt, nachdem der IHS-Bericht vom Europäischen Parlament wegen mangelhafter Methodik und veralteten Zahlenmaterials deutlich kritisiert wurde (Entschließung vom 12.Oktober 2006, s.o., lit. K und Nr.13): 4
5 Das Europäische Parlament, [ ] unter Hinweis auf den im Auftrag der Kommission erstellten Bericht des Instituts für Höhere Studien (IHS) vom Januar 2003 über wirtschaftliche Auswirkungen einzelstaatlicher Regelungen für freie Berufe, [ ] in der Erwägung, dass die Bestandsaufnahme im Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen, die 2002/2003 durch die Kommission in Auftrag gegeben wurde, nicht mehr den aktuellen Regulierungsstand in den einzelnen Mitgliedstaaten widerspiegelt und daher auch die Bewertung der Reformbemühungen erschwert, [ ] fordert die Kommission auf, gründlicher zu untersuchen, welche Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufsgruppen in den einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf den Grad der Marktöffnung bestehen [ ] Drohender Verlust von Ausbildungsplätzen Mit einem Auftragseinbruch bei Steuerberatern fallen Ausbildungsplätze weg. Gemeint sind hiermit selbstverständlich steuerlich qualifizierte Auszubildende; diese dürfen bei Bilanzbuchhaltern nicht ausgebildet werden. Bürokaufleute können natürlich bei Bilanzbuchhaltern, aber eben auch in anderen Betrieben ausgebildet werden. Im Kern läuft die Aussage des BVBC in dieser Frage auf die Aufforderung an viele potenzielle Steuerfachangestellte hinaus, sich einen geringer qualifizierten Beruf zu suchen! Ausgelagert in die Scheinselbstständigkeit Wie der Gefahr begegnet wird, dass die künftige Möglichkeit, verstärkt Tätigkeiten auf externe Buchhaltungs-Anbieter auszulagern, zur Entlassung vieler in selbstständiger Tätigkeit unerfahrener Bilanzbuchhalter in die Scheinselbstständigkeit führen wird, bleibt weiter unbeantwortet. Wenn hier der BVBC auf ein Schreiben aus dem Jahr 1999 verweist, dessen Inhalt und Zusammenhang er im Unklaren lässt, kann dies kaum überzeugen. Nur ein Etappenziel zu einem zweiten steuerberatenden Beruf Die Verbände der Bilanzbuchhalter suggerieren, dass es sich bei der Einräumung der Befugnisse zur selbstständigen Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Einrichten der Buchführung lediglich um die formelle Anerkennung einer Praxis handele, die in der 5
6 Geschäftswirklichkeit längst gang und gäbe sei. In Wahrheit bezweckt die Lobbyarbeit der Buchhalterverbände jedoch, das Tor zu einem zweiten steuerberatenden Beruf aufzustoßen. In welche Richtung die Reise gehen soll, lassen Stellungnahmen von Organisationen erkennen, die in Ihren Forderungen (Stellungnahme des DIHK, s.o.) weit über das aktuelle Gesetzesvorhaben hinausschießen. Daher wird enttäuscht werden, wer nur des Friedens willen der geplanten Befugniserweiterung zustimmt. Mit freundlichen Grüßen gez. StB/vBP Jürgen Pinne Anlagen 6
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