Zur Weltkonjunktur 06/15
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1 Der monatliche Kurzbericht zur Lage der Weltwirtschaft aus dem Hause J.S. Research KG Autor: Jakob Steffen
2 1 US-Zinserhöhung?!? Volatilität ahoi! Zu Beginn des Jahres war sie noch in aller Munde, doch mittlerweile werden ihre Auguren immer kleinlauter: Die Zinswende in den USA. Und das hat seinen guten Grund. Nicht nur, dass allgemein die jüngsten Konjunkturdaten aus den Vereinigten Staaten wie die Zahlen zur Arbeitslosigkeit, Produktion etc. überwiegend unter den Erwartungen blieben nun ist auch noch klar, dass die amerikanische Volkswirtschaft im 1. Quartal des Jahres einen wahren Fehlstart hingelegt hat und geschrumpft ist. Zwar ist dieses Ergebnis mit Blick auf eine Diskussion über die statistischen Methoden des Bureau of Economic Affairs mit einigen Abstrichen zu sehen, aber dennoch: Die US-Volkswirtschaft läuft bei weitem nicht so auf vollen Kesseln, wie das zum Jahreswechsel noch von Vielen konstatiert worden war. Und da kommt die Federal Reserve ins Spiel: Alleine die Ankündigung von Janet Yellen, der Notebankchefin, aus dem Frühjahr, die Beibehaltung einer ultra-expansiven Geldpolitik in Zukunft im Einzelfall auf den Prüfstand zu stellen, scheint nun schon wieder verfrüht gewesen zu sein. In jedem Fall kann die Prognose, dass es bereits in diesem Monat oder noch im Juli zu einer Zinserhöhung in den USA kommen soll, mittlerweile als völlig verfehlt betrachtet werden und wir gehen davon aus, dass angesichts der genannten Entwicklungen zwar in diesem Jahr, aber erst im Dezember damit zu rechnen ist. Der Umstand, dass zuletzt wieder sowohl die aktuellen Arbeitslosenzahlen als auch der Einkaufsmanagerindex der Industrie auf der positiven Seite überraschten, ändert aus unserer Sicht nichts an dieser Einschätzung: Es ist gerade diese gemischte Nachrichtenlage, die die Fed noch warten lassen dürfte. Dazu gesellt sich ein zwar technisch anmutender, zunehmend aber wichtiger Aspekt des Marktes von US- Staatsanleihen: Dieser ist im historischen Vergleich so illiquide geworden, dass für den Fall einer Zinserhöhung die Furcht vor einem plötzlichen Treasuries-Crash stark gestiegen ist. In jedem Fall ist daher mit zunehmender Volatilität bei Zinsen und Fremdkapitalkosten im US-Dollarraum an den Märkten gegen Ende des Jahres zu rechen. Diese generelle Ungewissheit zusammen mit der Abschwächung der Konjunktur in China, der Unsicherheit rund um eine mögliche Griechenlandpleite, und der damit zusammenhängenden Verunsicherung rund um die Quantitative Easing-Maßnahmen der EZB (neugedrucktes Geld gg. Staatsanleihen) lastet mittlerweile schwer auf der globalen Ökonomie; und J.S. Research rechnet daher fest mit einer verstärkten Volatilität vor allem auch bei Devisenkursen. Gegenüber dem neuseeländischen Dollar etwa hat der Euro in nicht ganz zwei Monaten knapp 20% aufgewertet, während er im selben Zeitraum ggü. dem US-Dollar wohl das liquideste Devisenpaar weltweit wild zwischen 1,08 und 1,14 USD/EUR schwankte. Für Unternehmen, die im besonderen Maße von Wechselkursrisiken betroffen sind, raten wir daher unbedingt zu verstärkten Devisensicherungsgeschäften, mindestens aber deren Aufnahme; gerne erstellen wir auch im Einzelfall eine Risikoanalyse für Sie.
3 2 Hohe Realzinsen in China drücken die Konjunktur Treibstoffkrise in Nigeria auf neuem Höhepunkt Brasilien schlittert Richtung Stagflation Japan: Trügerische Hoffnung? Die chinesische Volkswirtschaft wartete zuletzt mit für ihre Verhältnisse enttäuschenden Wachstumsraten auf. Der makroökonomisch Grund ist so einfach wie maßgeblich: Die gestiegenen Realzinsen. Aufgrund einer verschärften Deflation im Bereich der Produzentenpreise sind die Realzinsen (also Nominalzins minus Inflation) auf einem neuen Höchststand angelangt. Mit anderen Worten: Noch nie in den vergangenen Jahren mussten chinesische Unternehmen eine so hohe reale Projektrentabilität gewährleisten, um auch nur die Fremdkapitalkosten zu verdienen in der Folge wird immer weniger investiert. Derweil befindet sich die nigerianische Volkswirtschaft im regelrechten Würgegriff einer Treibstoff- und Energiekrise, die in diesem ölreichen Land absurd anmutet. Grund ist ein Subventionssystem, mit dem die Regierung eigentlich armen Bevölkerungsschichten den stabilen Zugang zu Energie ermöglichen wollte, das aber (wieder einmal) nur zur Bereicherung von Zwischenhändlern und anderen Marktteilnehmern auf der Angebotsseite führt, die durch künstliche Verknappung persönliche Bereicherung betreiben. Politiker, die das ändern wollten, sowie deren Familien wurden in der Vergangenheit bereits mit Todesdrohungen belegt! Zu all diesem kommt ein völlig heruntergekommenes Stromnetz, das mitunter an drei Tagen lediglich zwei Stunden lang Energie liefert (Dieselgeneratoren sind daher für alle Unternehmen in Nigeria eine elementare Ausrüstung, die hohen Ausgaben für Diesel damit maßgebliche Position in der Kostenrechnung) sowie zerrüttete Straßen, die den Transport massiv erschweren und den Unterhalt für Lieferfahrzeuge in die Höhe treiben. Brasilien läuft aktuell in die Gefahr einer Stagflation: Während die Produktion sich stark abschwächt und die Arbeitslosigkeit steigt, sieht sich die Zentralbank dennoch gezwungen, zur Bekämpfung der hohen Inflation (s. Daten & Fakten) die Zinsen zu erhöhen; wir rechnen in der Folge dennoch mit einem einigermaßen stabilen Wechselkurs des Real zum Euro, da sich die Effekte aus Zinserhöhung und Wirtschaftsabschwächung in Bezug auf den Außenwert der Währung in etwa die Waage halten sollten. Die japanische Volkswirtschaft scheint sich dagegen zu erholen: Dafür spricht ein beeindruckendes Wachstum im 1. Quartal. Doch Vorsicht: Der Löwenanteil davon geht auf das Konto von Vorratsbildung; bleibt der Konsum weiter so schwach wie bislang wird es schwierig, diese Lagebestände zu verkaufen, und dann wäre nichts gewonnen, insbesondere mit Blick auf die Bekämpfung der Deflation in Nippon. Dazu kommt die Gefahr, dass infolge eines relativen Aufschwungs die Zentralbank ihre Expansionspolitik deutlich abschwächen könnte, mit der
4 3 Folge eines relativen Aufwertungsdrucks auf den Yen (unser Haus wird dazu demnächst einen eigenen Infobrief herausgeben) das aber wäre Gift für die Exportwirtschaft, die für den Wiederaufschwung Japans von besonderer Bedeutung ist. In den kommenden Monaten rechnen wir jedenfalls mit einem erstarkten Yen besonders in Relation zum Euro, aber auch zum US-Dollar. Daten & Zahlen --- Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrie in den USA fiel zwar im April leicht, zeigte sich aber dennoch stärker als erwartet; zusammen mit dem BIP-Einbruch im 1. Quartal bleiben die gemischten Signale der amerikanischen Volkswirtschaft damit bestehen und lassen eine Zinserhöhung frühestens im Dezember als zunehmend wahrscheinlich erscheinen --- Die Industrieproduktion in Deutschland legte im April sehr stark zu, darunter besonders die Bauwirtschaft; zusammen mit einer verstärkten Ausfuhr in Nicht-EU-Staaten belegt das die Stabilität des Aufschwungs, wenngleich der PMI etwas enttäuschte; wir rechnen aber nicht mit einer nachhaltigen Eintrübung des Industrie-Klimas für Deutschland --- Die Exporte in China sind im April im Jahresvergleich deutlich eingeknickt und unterstreichen die relative Schwäche, in der sich die chinesische Volkswirtschaft aufgrund stark deflationärer Tendenzen aktuell befindet. --- PMI (Einkaufsmanagerindex) Industrie, April Industrieproduktion, m/m, April (real, saisonbereinigt) BIP, Q1 (real, saisonbereinigt) Exporte, April (y/y): USA: 54,2 D: 51,9 D: +0,9 GB: +0,4 USA: -0,7% Japan: +3,9% D: +1,9% China: -6,4% Inflation, ausgewählte Staaten (Australien: Nur Quartalsdaten verfügbar) 6,4% 7,1% 7,7% 8,1% 0,0% -0,1% -0,1% -0,2% -0,2% -0,6% -0,3% -0,1% BRASILIEN USA EUROZONE AUSTRALIEN Jan. Feb. März Apr. Quellen: US Bureau of Labor Statistics, US Bureau of Economic Analysis, EZB, Reserve Bank of Australia, Instituto Brasileiro de Geografia e Estatistica, Centraal Bureau voor de Statistiek, bloomberg, Markit Economics
5 4 Disclaimer Für die Richtigkeit der in dieser Publikation gemachten statistischen Angaben kann keine Gewähr übernommen werden. Die J.S. Research KG haftet darüber hinaus nicht für Handlungen, die auf der Grundlage der hier angebotenen Informationen vorgenommen werden. Dies erfasst insbesondere eine Haftung für entgangenen Gewinn, mittelbare Schäden, Folgeschäden, sonstige entgangene finanzielle Vorteile oder andere finanzielle Einbußen oder Vermögensschäden. Urheberrecht Diese Publikation und alle ihre Teile unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der J.S. Research KG. Soweit Inhalte in dieser Publikation nicht von der J.S. Research KG erstellt werden, werden die Urheberrechte Dritter beachtet; insbesondere werden Inhalte Dritter als solche gekennzeichnet. Sollten Sie trotzdem auf eine Urheberrechtsverletzung aufmerksam werden, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden wir uns umgehend um Abstimmung mit dem Rechteinhaber bemühen. Impressum: J.S. Research KG Vertreten durch den Geschäftsführer Jakob Steffen Dohlenweg 10, Wuppertal Tel
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