report IMAS DIE SCHLÄFRIGE NATION Wohlstand als Fortschrittsbremse:
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- Sofie Bader
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1 IMAS report Nr. 5 / August 2014 Wohlstand als Fortschrittsbremse: DIE SCHLÄFRIGE NATION Auf den ersten Blick liest es sich harmlos: 45 Prozent der Deutschen sind mit dem, was sie in ihrem Leben bisher erreicht haben, zufrieden; eine deutlich kleinere Gruppe von 37 Prozent zählt sich zu denen, die noch viele Pläne verwirklichen möchten. Brisanz bekommen diese vom Münchner IMAS Institut erhobenen Befunde, wenn man sie den Erkenntnissen des polnischen Partnerinstituts gegenüberstellt. Demnach begnügen sich in Polen nur 18 Prozent der Bürger mit ihrer bisherigen Lebensleistung, 76 Prozent der Polen sind damit noch nicht zufrieden und möchten mehr erreichen. Zwischen den Zukunftserwartungen der beiden Nachbarländer liegen Welten. Ihr Forschungspartner in West + Ost
2 Es liegt auf der Hand, daß die extrem unterschiedliche Stimmungslage vor allem auf die jahrzehntelange Wohlstandserfahrung der Deutschen zurückzuführen ist. Sie bieten aufgrund der Umfragebefunde den Eindruck einer satten Nation, während die Antworten der Polen Aufholgesinnung signalisieren. Das Meinungsklima in der Bundesrepublik hat den Vorteil, daß soziale Konflikte großen Stils nicht zu befürchten sind, jedenfalls aber in gemäßigter Form ausgetragen werden. Abgesehen davon ist Besorgnis angezeigt, denn eine Nation mit einem so ausgeprägten Sättigungsgefühl ist naturgemäß antriebslos, reformunwillig und risikoscheu. Ihr fehlen somit wichtige Voraussetzungen für die wirtschaftliche und wissenschaftliche Behauptung unter den sich ständig verschärfenden Wettkampfbedingungen in einer globalisierten Welt. Am Eindruck geringer Fortschrittsdynamik ändert recht wenig, daß sich die Angehörigen der jungen Generation sehr deutlich von der übrigen Bevölkerung unterscheiden. Unter ihnen findet man nur 16 Prozent, die mit dem bisher erreichten zufrieden sind, 72 Prozent der unter 30jährigen Deutschen haben noch viel im Leben vor. Auch in diesem (annähernd vergleichbaren) Alterssegment haben die Polen die Nase vorn. Im östlichen Nachbarland findet man in der jungen Generation nämlich nur 4 Prozent Zufriedener, 84 Prozent der jungen Polen sind voller Pläne und Erwartungen. IMAS Umfragen ZUFRIEDENHEIT MIT DEM ERREICHTEN Vergleich Deutschland / Polen FRAGE. Zu welcher Art von Menschen würden Sie sich eher zählen: Zu denen, die mit dem, was Sie bisher erreicht haben, im Großen und Ganzen zufrieden sind, oder zu denen, die noch viele Pläne verwirklichen möchten? Es zählen sich zu denen, die - mit dem Erreichten zufrieden sind - noch viele Pläne verwirklichen wollen Unentschieden, keine Angabe Deutsche Polen Deutsche Polen Deutsche Polen % % % % % % Bevölkerung Insgesamt Männer Frauen Junge Generation*) Mittlere Generation**) Ältere Generation***) ANMERKUNG: Bei den Altersgruppen handelt es sich wegen unterschiedlicher Definition der Segmente um Richtwerte. Die Definitionen der Altersgruppen lauteten für *) "Junge Generation In Deutschland: Jahre; in Polen: Jahre **) Mittlere Generation in Deutschland: Jahre; in Polen: Jahre ***) "Ältere Generation in Deutschland: 50 Jahre und älter; in Polen: 60 Jahre und älter - 2 -
3 Bei der weiteren Aufgliederung der Ergebnisse zeigt sich, daß der Grad der Zufriedenheit nicht nur mit dem Lebensalter zusammenhängt. Auch innerhalb der Parteianhängerschaften bestehen deutliche Unterschiede. Im Klartext: Wähler von CDU/CSU und SPD (die allesamt ein älteres Publikum verkörpern), haben in ihren Reihen ungleich mehr Zufriedene als es bei den GRÜNEN der Fall ist. Noch nicht am Ende ihrer Erwartungen und Planungen sind ansonsten auch junge Singles, Angehörige der Führungsschichten (A/B) und nicht zuletzt Personen mit Migrationshintergrund. Die Lebensziele der Deutschen Die Frage drängt sich auf, worin die Lebensziele der Deutschen, abgesehen von der Gesundheit, eigentlich bestehen. Das IMAS stellte dazu 17 mögliche Erwartungen zur Auswahl, anhand deren die rund 2000 Befragten beschreiben konnten, was ih-nen im Leben ganz besonders erstrebenswert erscheint. Den allergrößten Wert legt die Bevölkerung (mit Hinweisen von jeweils rund 60 Prozent) auf soziale Sicherheit und einen sicheren Arbeitsplatz, sowie auf die Pflege vieler freundschaftlicher Kontakte mit anderen Menschen und der Möglichkeit, ein freies Leben ohne Zwang zu führen. Ebenfalls sehr erstrebenswert finden die Deutschen (zu 57 Prozent) Kinder zu haben und eine Familie zu gründen, überdies gutes Einkommen (54 Prozent) und ein geregeltes Leben führen, wo alles seinen gewohnten Gang geht. Zu den vorrangigen Erwartungen zählen ansonsten noch die Wünsche, eigenen Besitz zu schaffen, über genügend Freizeit zu verfügen und nicht durch die Arbeit überlastet zu werden. Es ist unschwer zu erkennen, daß die Lebenskonzepte der Deutschen auf Zustände abzielen, die ein gesichertes, geregeltes und ein eher geruhsames Dasein versprechen. Erst an 9. Stelle der Erwartungen notiert (mit 44 Prozent) der Wunsch nach einem interessanten Beruf, erst auf dem 11. Platz das Streben nach beruflichem Aufstieg, gar nur an 15. Stelle (mit 22 Prozent) die Absicht, etwas besonderes zu vollbringen, etwas zu bewegen. Sehr wenig Geschmack finden die Deutschen daran, sich an sozialen Aufgaben für die Gemeinschaft zu engagierten. Ganz weit im Hintergrund am Schluß der Bedeutungshierarchie steht der politische Ehrgeiz: Lediglich 15 Prozent halten es für besonders bedeutsam, sich für politische Ziele zu engagieren, gar nur 11 Prozent streben nach Einfluß im öffentlichen Leben. Gesättigte Lebensziele In weiterer Folge fragte das Institut die repräsentativ ausgewählten Personen, bei welchen Lebenszielen sie sagen würden:...so wie es jetzt ist, bin ich damit zufrieden. Daraufhin verwiesen jeweils etwas mehr als zwei Fünftel der Bevölkerung in erster Linie auf die Realität vieler freundschaftlicher Kontakte mit anderen Menschen, das Vorhandensein einer Familie und darauf, daß das Leben einen geregelten und gewohnten Gang geht. Gut jeder dritte Deutsche kann nach eigener Aussage ein freies Leben ohne nennenswerten Zwang führen, ein bereits kleinerer Kreis von 29 Prozent hob ausdrücklich das Gefühl der existentiellen Sicherheit hervor. Auf alle übrigen zur Diskussion gestellten Items entfielen vergleichsweise geringe Hinweise - 3 -
4 Um ein noch genaueres Bild von der Stimmungslage zu gewinnen, hielt das Institut Nachschau, wie es mit den Erwartungsdefiziten von Personen bestellt ist, die mit dem, was sie in ihrem Leben erreicht haben, zufrieden sind im Vergleich zu jenen, die noch viele Pläne verwirklichen möchten. Das analytische Interesse richtet sich dabei vor allem auf die Abweichungen dieser beiden Kontrastgruppen von der Erwartungshaltung der Gesamtbevölkerung. Generalisierend läßt sich sagen, daß die Fraktion der lebenszufriedenen Deutschen am ehesten ein gutes Einkommen (zu 31 Prozent) und soziale Sicherheit (zu 26 Prozent) vermissen. Deutlich weniger wird die Stimmung der Satten dadurch getrübt, daß sie einen beruflichen Aufstieg nicht verwirklichen konnten, keinen interessanten Beruf ausüben und daß ihnen ein Wohlstand verwehrt ist, bei dem sie nicht aufs Geld schauen müssen. Auch in der Kontrastgruppe der Personen, die noch vieles verwirklichen wollen, fällt (wenngleich in erheblich massiverer Ausprägung) vor allem die Überzeugung, zu wenig zu verdienen und zu wenig soziale Sicherheit zu haben, ins Gewicht. Darüber hinaus klagen die (überwiegend jungen) Unzufriedenen über zu geringe Möglichkeiten das Leben frei zu gestalten, außerdem über ein Defizit an Erlebnissen und Eindrücken ( viel von der Welt sehen, andere Länder kennenlernen ) und einen Mangel an Wohlstand. Was aus gesellschaftspolitischer Perspektive letztlich zu denken gibt, ist die Tatsache, daß alle Indikatoren für eine berufliche und wirtschaftliche Dynamik im Lebensgefühl der Deutschen eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Sie werden überschattet von einem Lebensgefühl, das meilenweit von der Aufbruchsgesinnung in den Wirtschaftswunderjahrzehnten nach dem letzten Weltkrieg entfernt ist. Die Nation, so scheint es, ist schläfrig geworden. Es ist eine vorrangige Aufgabe der Politik, sie zu wecken. ANMERKUNG ZUR UNTERSUCHUNG Es handelt es sich um Ergebnisse, die das IMAS im Rahmen einer persönlichen (face-to-face) Umfrage im Juni/ Juli 2014 ermittelt hat. Die Umfragen richteten sich an ca Personen, statistisch repräsentativ für die Deutsche Wohnbevölkerung ab 16 Jahren. Sample: Quotaauswahl - 4 -
5 Lebensziele der Deutschen angestrebte und erreichte Frage: Was halten Sie, abgesehen von Gesundheit, im Leben für erstrebenswert? Auf dieser Liste steht verschiedenes. Würden Sie mir bitte die Punkte nennen, die Sie selbst für die allerwichtigsten halten? Frage: Man kann ja nicht alles erreichen, was man sich wünscht; manches braucht seine Zeit. Könnten Sie mir nochmals nach dieser Liste sagen, was bei Ihnen bereits der Fall ist, wo Sie sagen würden: So, wie es jetzt ist, bin ich damit zufrieden? Bevölkerung insg. Verwirklichte Ziele von Personen, die mit dem Erreichten allgemein - Angaben in % Soziale Sicherheit, sicherer Arbeitsplatz Viele freundschaftliche Kontakte mit anderen Menschen Ein möglichst freies Leben ohne Zwang führen können Kinder haben, eine Familie gründen Gut verdienen Ein geregeltes Leben führen, wo alles seinen gewohnten Gang geht Eigenen Besitz schaffen Genügend Freizeit, keine Überlastung durch Arbeit Einen interessanten Beruf ausüben, interessante Aufgaben haben Viel von der Welt sehen, andere Länder kennenlernen Im Beruf vorankommen, aufsteigen Das Leben in vollen Zügen genießen Im Wohlstand leben, sich alles leisten können Sich für soziale Aufgaben in der Gemeinschaft engagieren Etwas besonderes vollbringen, etwas bewegen, voran bringen Sich für politische Ziele engagieren Einfluß im öffentlichen Leben haben Angestrebte Ziele Erreichte Ziele zufrieden sind noch nicht zufrieden sind IMAS Omnibus-Umfrage 1406, Juni/ Juli 2014, N=2.000 Befragte, repräsentativ für die deutsche. Bevölkerung ab 16 Jahren - 5 -
6 IMAS international IMAS international München [Kompetenz in Sachen Marktforschung] Als deutsches Mitglied der Institutsgruppe IMAS international gehört das Münchener Unternehmen zu einer der führenden Marktforschungsorganisationen in Europa mit Niederlassungen in Österreich, Ungarn, Polen und der Tschechischen Republik. Das macht IMAS zu einem idealen Forschungspartner in West und Osteuropa, sowie weltweit über langjährige Netzwerkpartner. Von München aus werden Forschungsprojekte rund um den Globus koordiniert. Dazu stehen der Gruppe ca. 100 fest angestellte Fachkräfte und über freiberufliche Interviewer zur Verfügung, die die Feldarbeit in Zentraleuropa persönlich (face-to-face) oder per Telefon (CATI) durchführen. IMAS international Gesellschaft für internationale Marktanalysen mbh Rosenheimer Strasse München Tel: +49 (0) 89/ FAX: +49 (0) 89/ Internet: Ihr Forschungspartner in West + Ost
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