HD-Untersuchungen im Test

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1 Neues gkf-projekt HD-Untersuchungen im Test Die PennHIP Methode ist eine relativ neue röntgenologische Untersuchung auf Hüftgelenksdysplasie (HD), die an der Universität von Pennsylvania entwickelt wurde und in den USA bereits weit verbreitet ist. Gegenüber der in Europa üblichen FCI-Methode soll das PennHIP -Verfahren eine frühere Erkennung der HD erlauben und eine differenzierte Beurteilung der Hüftgelenke ermöglichen. Doch bislang fehlen neutrale Studien, die die Aussagekraft beider Untersuchungsmethoden objektiv und systematisch miteinander vergleichen. Ein Team um Andrea Meyer-Lindenberg und Andreas Brühschwein an der LMU München hat sich nun dieser Aufgabe gestellt. Die Hüftgelenksdysplasie (HD) ist die häufigste erblich bedingte Gelenkserkrankung des Hundes. Anders als viele andere erblich bedingte Erkrankungen wird die HD nicht nur von einem, sondern mehreren veränderten Genen verursacht die HD ist also polygenetischen Ursprungs. Leider konnten die beteiligte Gene bisher noch nicht ausreichend identifiziert werden, sodass Gentests für gezielte Verpaarungen von Zuchthunden noch nicht zur Verfügung stehen. Neben der erblichen Veranlagung haben auch Umweltfaktoren, wie Ernährung und Training des Hundes, Einfluss auf die Ausprägung und die Schwere der HD. Aufgrund der Vielzahl verschiedener Faktoren, die das Krankheitsbild beeinflussen, spricht man bei der HD von einer multifaktoriellen Krankheit. Da es bislang keine Gentests gibt, ist man für die Zuchtwertschätzung hinsichtlich der HD auf die Beurteilung des Erscheinungsbildes (Phänotyps) des Hundes angewiesen. Für viele Rassen schreibt die FCI eine standardisierte Röntgenuntersuchung zur Einschätzung der Hüftgesundheit vor. (Abb. 1 und Abb. 2) Abb. 1: Klassische FCI Aufnahme: Becken mit gestreckten Hüften im ventrodorsalen Strahlengang. Der Hund wurde korrekt gelagert, wenn die markierten anatomischen Strukturen symmetrisch dargestellt sind und Oberschenkelknochen parallel zueinander (rote Linien), parallel zur Lendenwirbelsäule (Zugachse), und möglichst parallel zum Röntgentisch liegen. G e s e l l s c h a f t z u r F ö r d e r u n g K y n o l o g i s c h e r F o r s c h u n g w w w. g k f - b o n n. d e 5

2 Abb. 2: Lagerung für die klassische FCI-Aufnahme: Hüften gestreckt mit leichter Einwärtsdrehung, Oberschenkel parallel. Bei der FCI-Methode werden Hunde je nach Rasse im Alter von zwölf bis 24 Monaten untersucht. Auf den Röntgenaufnahmen beurteilt der Tierarzt das Aussehen von Oberschenkelkopf und Hüftpfanne und deren Passform zueinander. Darüber hinaus misst er den sogenannten Norberg-Winkel, der bei einem HD-freien Hund 105 Grad und mehr beträgt. Auf diese Weise lassen sich fünf Schweregrade von A (HD-frei) bis E Abb. 3: FCI-Aufnahme: Messung des Norberg-Winkels zwischen der Verbindungslinie der Femurkopfzentren und dem kraniolateralen Rand der Gelenkpfanne. (Schwere HD) der Hüftgelenksdysplasie unterscheiden. (Abb. 3) Dass die Hunde für die Untersuchung nach der FCI-Methode bereits weitgehend ausgewachsen sein müssen, hat viele Nachteile. Für die weitere Zuchtplanung kommt das HD-Urteil über einen vielversprechenden Hund zwar nicht zu spät aber doch ziemlich spät. Darüber hinaus lassen sich bei der Beurteilung der Hüften nach der FCI-Methode erbliche von Umweltfaktoren nicht unterscheiden. Schließlich wäre auch für bestimmte therapeutische Maßstäbe eine zuverlässige Früherkennung wünschenswert. Was ist PennHIP? PennHIP ist die Abkürzung von Pennsylvania Hip Improvement Program (Penn- HIP ). Das Verfahren wurde an der Universität von Pennsylvania entwickelt. Beim PennHIP -Verfahren wird in erster Linie die Lockerheit des Hüftgelenks erfasst. Die Lockerheit ist eine Eigenschaft des Hüftgelenks, die im Wesentlichen erblich bedingt ist und nicht dem Einfluss von Umweltfaktoren unterliegt. Daher eignet sich diese Eigenschaft gut zur Zuchtwertschätzung von Hunden hinsichtlich der Vererbung von HD. Für das PennHIP -Verfahren werden drei Röntgenaufnahmen angefertigt: eine neutrale gestreckte klassische HD- Aufnahme. eine Kompressionsaufnahme, bei der die Oberschenkelköpfe leicht in die Pfanne gedrückt werden, um die Passform des Hüftgelenks zu beurteilen. (Abb. 4 und Abb. 5) 6 G e s e l l s c h a f t z u r F ö r d e r u n g K y n o l o g i s c h e r F o r s c h u n g w w w. g k f - b o n n. d e

3 Fachbegriffe Azetabulum Distraktionsindex (DI) Distraktor Femur kranial lateral / kraniolateral) Norberg-Winkel ventrodorsaler Strahlengang Hüftgelenkspfanne Maß für die Lockerheit der Hüfte Vorrichtung, die eine korrekte Lagerung zur Messung des DI erst möglich macht. (Abb. 5) Oberschenkel in Kopfrichtung, vorne seitlich / seitlich vorne beschreibt die Tiefe der Beckenpfanne; er sollte mindestens 105 Grad betragen. Röntgenaufnahme in Bauch-Rücken-Richtung. Dabei liegt der Hund auf dem Rücken über ihm befindet sich die Strahlenquelle unter ihm der Röntgenfilm bzw. beim digitalen Röntgen der Szintillator. Die Strahlen treten auf der Bauchseite in den Körper ein und beim Rücken wieder heraus, wo sie dann das Röntgenbild auf dem Film bzw. dem Szintillator aufzeichnen. eine Distraktionsaufnahme, die der Messung der Lockerheit der Hüfte dient. (Abb. 6 und Abb. 7) Bei der Distraktionsaufnahme wird ein sogenannter Distraktor zwischen die Beine des Tieres gelegt. Wenn der Untersucher die Beine des Hundes gegen den Distraktor drückt, wird der Oberschenkelkopf aus der Hüftpfanne herausgezogen. Je weiter das möglich ist, desto lockerer ist die Hüfte und desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hund an einer HD leiden wird. Das Maß für die Lockerheit des Hüftgelenks ist dabei der Distraktionsindex (DI). Er wird berechnet, indem man bei der Distraktionsaufnahme die Entfernung zwischen dem Mittelpunkt des Oberschenkelkopfes und dem Mittelpunkt Hüftpfanne misst und diese Strecke durch den Radius des Oberschenkelkopfes teilt. Dabei kann der Index von 0 bis 1,0 oder mehr betragen. Bis zu einem Distraktionsindex von 0,3 ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Krankheitsbild einer HD entwickelt gering, bei höheren Werten muss hingegen mit einer HD und entsprechenden Gelenkveränderungen (Arthrosen) gerechnet werden. (Abb. 8) Mithilfe des PennHIP -Verfahrens ist laut seiner Entwickler an der Universität von Pennsylvania eine Früherkennung von HD bereits bei Junghunden ab einem Alter von 16 Wochen möglich, wobei die Entwickler dann empfiehlt, die Hunde in einem Alter von 6 Monaten bis zu 1 Jahr nachzuuntersuchen. Dies erlaubt den Züchtern einerseits frühzeitig hüftgesunde Hunde für ihre Zucht auszuwählen und andererseits hüftkranke Familienhunde so frühzeitig zu behandeln, dass das Krankheitsbild der HD G e s e l l s c h a f t z u r F ö r d e r u n g K y n o l o g i s c h e r F o r s c h u n g w w w. g k f - b o n n. d e 7

4 Abb. 4: Lagerung für PennHIP Kompressionsaufnahme: Oberschenkel in neutraler Position. Die Femurköpfe werden in das Azetabulum gedrückt. Abb. 6: Lagerung für PennHIP Distraktionsaufnahme: Oberschenkel in neutraler Position mit Distraktor zwischen den Beinen. Die Femurköpfe werden aus dem Azetabulum gedrückt bis das Femurkopfband und Gelenkkapsel gespannt sind. Abb. 5: PennHIP Kompressionsaufnahme, ventrodorsaler Strahlengang. Diese Aufnahme dient der Beurteilung des Gelenkspalts und der Kongruenz, das heißt der Passgenauigkeit von Gelenkpfanne und Oberschenkelkopf. Abb. 7: PennHIP Distraktionsaufnahme, ventrodorsaler Strahlengang. An dieser Aufnahme wird der Distraktionsindex gemessen. Am Distraktor ist die Kompression des Schaumstoffs zu erkennen. Die abgebildete Nummer (Im Bereich des rechten Sitzbeins) ist dem Untersuchenden Tierarzt zugeordnet. 8 G e s e l l s c h a f t z u r F ö r d e r u n g K y n o l o g i s c h e r F o r s c h u n g w w w. g k f - b o n n. d e

5 Abb. 8: Berechnung des Distraktionsindex (DI): Quotient aus der Strecke zwischen Mittelpunkt der Gelenkpfanne (rot) und des (Oberschenkelkopfes (grün) (d) und dem Radius des Femurkopfes (r). vermieden werden kann. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nur Hunde behandelt werden sollten, die zusätzlich zu einem schlechten Distraktionsindex auch eine klinische Symptomatik zeigen. Außerordentlich wichtig ist es allerdings, dass die behandelten Hunde garantiert nie für die Zucht verwendet werden, denn sie können die fatalen Gene natürlich nach wie vor weitervererben. (Abb. 9) Selbstverständlich können auch ältere Hunde nach der PennHIP -Methode untersucht werden. In den USA ist die Penn- HIP -Methode bereits weit verbreitet. Doch die meisten der bislang durchgeführten Studien stammen von den Entwicklern der Methode. Studien von neutralen Wissenschaftlern, die PennHIP -und FCI-Methode direkt miteinander vergleichen, gibt es bislang nur vereinzelt. So werden die Methoden getestet Die Arbeitsgruppe an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München wird in den nächsten Jahren rund 400 mittelgroße bis große Hunde, die in der Klinik vorgestellt werden und eine Narkose erhalten, nach beiden Methoden untersuchen. Abb. 9: PennHIP Distraktionsaufnahmen zweier Hunde im Vergleich. Der Femurkopf des Hundes in der Abbildung rechts lässt sich im Vergleich zum Femurkopf in der Abbildung links wesentlich weiter aus dem Azetabulum drücken. Im ersten Arbeitsschritt erhebt das Team die Daten der teilnehmenden Hunde und fertigt von ihnen Röntgenaufnahmen nach beiden Methoden an. Diese Daten und Aufnahmen bilden die Grundlage der Datensammlung. Im zweiten Schritt werden die Röntgenaufnahmen unter verschiedenen technischen Bedingungen angefertigt und aus- G e s e l l s c h a f t z u r F ö r d e r u n g K y n o l o g i s c h e r F o r s c h u n g w w w. g k f - b o n n. d e 9

6 gewertet. Auf diese Weise will man feststellen, ob die Untersuchungsmethoden eine objektive Beurteilung der Hüfte ermöglichen oder ob verschiedene technische Voraussetzungen unterschiedliche Ergebnisse zur Folge haben. Drittens geht es um die wissenschaftliche Zuverlässigkeit (Reliabilität) der Anfertigung der Röntgenaufnahmen. In diesem Schritt kontrolliert man, ob die Ergebnisse von mehreren Aufnahmen von einem Hund immer übereinstimmen. Hierzu werden sowohl mehrere Aufnahmen eines Tierarztes als auch die Aufnahmen von verschiedenen Tierärzten von jeweils dem gleichen Hund beurteilt. Im vierten Schritt wird die Reliabilität der Auswertung der Röntgenaufnahmen getestet. In diesem Teil möchten Wissenschaftler herausfinden, welche Rolle die Person des oder der Untersucher bei der Auswertung und Beurteilung der Röntgenaufnahmen spielt. Kommt ein Tierarzt immer auf die gleichen Ergebnisse, wenn er eine Röntgenaufnahme wiederholt betrachtet? Oder beurteilt er die gleiche Aufnahme von Mal zu Mal unterschiedlich? Und wie verhält es sich, wenn verschiedene Betrachter die gleiche Röntgenaufnahme beurteilen? Im letzten Schritt werden die Ergebnisse beider Verfahren miteinander verglichen. Zusätzlich plant man, bei 100 Tieren Verlaufskontrollen durchzuführen, um die weitere Entwicklung der Hüftgelenke nach der ersten Untersuchung zu beobachten und zu bewerten. Auf diese Weise soll überprüft werden, inwieweit beide Verfahren die zukünftige Entwicklung der Hüftgelenke bei einem Hund korrekt vorhersagen können. Ziel der Studie Mithilfe der aktuellen Studie wird nicht nur eine umfangreiche Datensammlung zum Vorkommen von HD bei Hunden in (Süd-) Deutschland gesammelt, es wird auch eine relativ neue Methode zur HD-Diagnostik auf ihre Objektivität und Zuverlässigkeit im Vergleich zum FCI-Verfahren systematisch überprüft. Wenn sich das PennHIP -Verfahren im Test bewährt, stünde der Hundezucht eine neues, wichtiges Werkzeug zur Eindämmung der Hüftgelenksdysplasie zur Verfügung. Barbara Welsch Titel der Studie: Vergleich der PennHIP-Methode mit konventionellen HD-Röntgen nach F.C.I. Eine prospektive Studie zur Evaluation des Nutzens in der Hundezucht zur Senkung der HD Prävalenz Kontakt Prof. Dr. Andrea Meyer-Lindenberg Klinikleitung/ Inhaberin des Lehrstuhls für Chirurgie der kleinen Hausund Heimtiere Dr. Andreas Brühschwein Dipl. ECVDI Chirurgische und Gynäkologische Kleintierklinik der LMU München Veterinärstr München 089/ Telefon: +49/89/ Fax: +49/89/ G e s e l l s c h a f t z u r F ö r d e r u n g K y n o l o g i s c h e r F o r s c h u n g w w w. g k f - b o n n. d e