Die Harninkontinenz beim Mann
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- Dirk Schmid
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1 PRAXIS Schweiz Med Forum Nr November Die Harninkontinenz beim Mann F. Stoffel, Th. C. Gasser Urologische Universitätsklinik beider Basel, Kantonsspital Basel und Kantonsspital Liestal Korrespondenz: Dr. med. Flavio Stoffel Urologische Universitätsklinik beider Basel Spitalstrasse 21 Kantonsspital CH-4031 Basel Einführung Die Harninkontinenz wird gemäss der International Continence Society (ICS) [1] definiert als unwillkürlicher objektivierbarer Urinverlust, welcher zu sozialen oder hygienischen Problemen führt. Die Harninkontinenz ist beim Erwachsenen unabhängig vom Alter, Geschlecht und Mobilitätsgrad nie als normaler Zustand zu betrachten. Obwohl sie nie zu einer Lebensgefährdung führt, kann sie zu Harnwegsinfekten, lokalen Hauterkrankungen und Pilzinfekten führen. Sie ist mit Isolotation, Depression, Verlegenheit, Selbstwertverminderung und unnötigen Hospitalisationen verbunden. Mit der Zunahme der Lebenserwartung muss in Zukunft auch mit einer Vermehrung der an die Harninkontinenz gebundenen Probleme gerechnet werden. Die Einteilung und Definition der Harninkontinenz gemäss der ICS sind in Tabelle 1 aufgelistet. Einführend muss man unterstreichen, dass trotz der Verbreitung dieses Problems im Gegensatz zur Frau beim Mann wenig Daten über die Harninkontinenz vorhanden sind (sowohl was die Epidemiologie und Abklärung als auch die Behandlung anbelangt). Epidemiologie Trotz der dürftigen Datenlage bestehen gemäss den heute zur Verfügung stehenden Studien Tabelle 1. Einteilung und Definition der Harninkontinenz nach International Continence Society (ICS). Formen Stressinkontinenz Urge-Inkontinenz Überlaufinkontinenz Reflexinkontinenz Extraurethrale Inkontinenz Postmiktionelles Träufeln Definition Unwillkürlicher Urinverlust bei einem Anstieg des intraabdominalen Druckes ohne Kontraktion der Harnblase Unwillkürlicher Urinverlust bei einem plötzlichen, starken Bedürfnis, Urin zu lösen (urgency) Urinverlust bei einer überdehnten Harnblase, assoziiert mit einer unvollständigen Blasenentleerung bei verminderter Blasenkontraktilität oder infravesikaler Obstruktion Unwillkürlicher Urinverlust bei einer neurogenen Blasenstörung Urinverlust mit Ursprung ausserhalb der Harnröhre (Fisteln oder ektopen Ureteren) Träufeln nach der Miktion durch verbliebenen Urin in der Harnröhre distal vom äusseren Sphinkter wichtige Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Beim Mann tritt die Inkontinenz häufig nicht als alleiniges Symptom auf, sondern sie ist mit anderen Zeichen (LUTS = lower urinary tract symptoms) wie schwacher Strahl, Pressen beim oder am Ende der Miktion, Miktionsanlaufschwierigkeiten und Nachträufeln gekoppelt [2]. Es gibt bis heute keine Studie, welche über die Prävalenz der Harninkontinenz beim Mann gemäss der ICS-Definition berichtet. Trotzdem scheint es, unabhängig von der angewandten Definition, dass die Prävalenz der Inkontinenz beim Mann mit steigendem Alter stärker als bei der Frau zunimmt. Aufgrund der unterschiedlichen Anatomie und Pathophysiologie gibt es auch Unterschiede in der Verteilung zwischen beiden Geschlechtern. Die Urge-Inkontinenz ist die weit häufigste Form beim Mann und kommt zwischen 40 und 80% der Fälle vor, Mischformen kommen zwischen 10 und 30% vor und die Stressinkontinenz ist in weniger als 10% der Fälle zu diagnostizieren. Wegen der Anatomie der unteren Harnwege (kleineres Becken, infravesikale «Abdichtung» durch Prostata, Sphincter internus und externus) ist die Stressinkontinenz beim Mann selten. Erst in den letzten Jahrzehnten mit der Zunahme von Eingriffen an der Prostata (transurethrale oder offene Prostatektomie, radikale Prostatektomie) und an der Blase (radikale Zystektomie mit orthotopem Blasenersatz) hat die Stressinkontinenzrate beim Mann zugenommen; andere Ursachen für eine Stressinkontinenz sind neurogene Gründe und traumatische Beckenverletzungen. Die Inzidenz der Harninkontinenz beim älteren Mann wird auf etwa 9% geschätzt. Als potentielle Risikofaktoren für die Entwicklung einer Harninkontinenz beim Mann sind das Alter, Symptome des unteren Harntraktes, funktionelle und kognitive Störungen, neurologische Krankheiten und Eingriffe an den unteren Harnwegen zu bezeichnen. Diagnostik Die Abklärung eines Symptomes wie die Harninkontinenz verlangt die Erfassung des gesamten Individuums und die Abklärung verschiedener Aspekte, da es auch Krankheiten und Zustände ausserhalb der unteren oder oberen Harnwege gibt, die zu einer Harninkontinenz führen oder sie begünstigen können. Prinzipiell unterscheidet man zwischen einer
2 PRAXIS Schweiz Med Forum Nr November Basisabklärung (Tab. 2), welche durch den Hausarzt durchgeführt werden kann, und einer speziellen oder erweiterten Abklärung (Tab. 3), welche durch den Urologen durchgeführt wird. Als erstes muss eine Anamnese erhoben werden mit genauen Fragen zu Symptomen der unteren Harnwege und speziell der Harninkontinenz und durchgeführten Operationen (im Urogenitalbereich oder im kleinen Becken). Äussere Einflüsse können eine Harninkontinenz begünstigen: so kann es z.b. sein, dass ältere, gehbehinderte Patienten mit Drangsymptomen die Toilette nicht schnell genug erreichen oder die Hosen nicht rasch genug befreien können und so einnässen. Mobile Patienten werden anders behandelt als wenig mobile oder bettlägerige Patienten. Die Erfassung des mentalen Status (zerebrovaskuläre Insulte, Tabelle 2. Basisabklärung. Anamnese Art und Dauer der Symptome Voroperationen Äussere Einflüsse Mobilität Mentaler Status Begleitkrankheiten Medikamente Darmfunktion Allgemeinzustand Miktionskalender Körperliche Untersuchung Abdominale und rektale Untersuchung Neurologische Untersuchung (S2 4) Äusseres Genitale Urinuntersuchung (U-Stix, U-Sediment evtl. Bakteriologie) Serum-PSA-Bestimmung Restharnmessung Tabelle 3. Erweiterte Abklärung. Urinflussmessung Urodynamische Untersuchungen Füllungs- und Entleerungszystometrie Druckflussmessung Videourodynamik Urethrozystoskopie, evtl. retrograde Zystourethrographie Spezielle radiologische Untersuchungen CT, MRI Demenz) spielt eine grosse Rolle für die Therapieplanung und Motivation des Patienten. Bestehende Krankheiten (Diabetes mellitus, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose) können eine Harninkontinenz verstärken. Patienten mit einem Asthma bronchiale können während der Anfälle vermehrt Urin verlieren. Genaue Erfragung der eingenommenen Medikamente (z.b. Neuroleptika, Sedativa, Diuretika usw.) ist wichtig. Eine gestörte Darmfunktion kann auch zu Miktionsproblemen führen. Manchmal können gleichzeitig sowohl eine Stuhl- wie eine Harninkontinenz vorhanden sein. Ein einfacher Miktionskalender (Zeitpunkt, genaues Trinkvolumen und Miktionsmengen werden protokolliert, gleichzeitig werden die Frequenz und Stärke der Inkontinenzepisoden sowie die Einlagemenge aufgelistet) gibt sowohl für den Patienten wie auch für den Arzt ein genaues, objektivierbares Bild des Ausmasses der Inkontinenz. Zusätzlich kann er auch als Kontrolle nach Einsatz einer Therapie eingesetzt werden. Er muss während mindestens 3 konsekutiven Tagen geführt werden. Die körperliche Untersuchung beinhaltet eine abdominale und rektale Untersuchung sowie einen groben neurologischen Status, vor allem im Bereich der sakralen Wurzel sowie eine Beurteilung des äusseren Genitales. Die Urinuntersuchung gibt uns Hinweise auf Mikrohämaturie, Glukosurie und Leukozyturie. Bei einem positiven Urin-Stix müssen ein Urin-Sediment und evtl. eine Urin-Bakteriologie eingeschlossen werden. Die Serum-PSA-Bestimmung ist bei jedem Patienten über 50 Jahre zum Ausschluss eines Prostatakarzinoms empfohlen. Der Restharn, d.h. die in der Blase verbliebene Urinmenge nach Miktion, kann heutzutage einfach mit einem transabdominalen Ultraschall untersucht werden. Die erweiterte Diagnostik (Tab. 3) erfolgt nach erfolgloser Therapie, vor einem möglichen operativen Verfahren oder zur Abklärung komplizierterer Fälle. Die Urinflussmessung oder Uroflow misst das Urinvolumen pro Zeiteinheit (ml/sek); diese Untersuchung kann, obwohl nicht spezifisch, gewisse Hinweise auf eine infravesikale Obstruktion geben. Die Urethrozystoskopie (Blasenspiegelung) zeigt morphologische Veränderungen der unteren Harnwege und ist bei Abklärungen von Hämaturie (Steine, Tumoren, rezidivierende Harnwegsinfekte), Verdacht auf Fisteln oder unklaren schmerzhaften Zuständen in den unteren Harnwegen indiziert. Zusätzliche radiologische Untersuchungen (z.b. retrogrades Pyelogramm) sind nur bei speziellen Fragestellungen erforderlich. Die Urodynamik (dynamische Abklärung des Miktionsvorganges mit Informationen über die Aktivität des Blasenmuskels und intravesikale Drücke) gibt uns wichtige Informationen über die Aktivität des Blasenmuskels und die
3 PRAXIS Schweiz Med Forum Nr November Sphinkterkompetenz in der Füllungsphase und erlaubt eine Beurteilung der intravesikalen Drücke und des infravesikalen Obstruktionsgrades während der Entleerungsphase. Sie ist obligatorisch vor jeder invasiven Therapie, nach Therapieversagen, als Langzeitüberwachungsprogramm bei neurogenen Blasenstörungen oder bei komplizierten Inkontinenzfällen. Mögliche Ursachen für Stress- und Urge-Inkontinenz beim Mann sind in Tabellen 4 und 5 aufgelistet. Konservative Therapie Veränderungen des Lebensstils Es gibt keine harten Daten über den Einfluss von Veränderungen des Lebenstils auf die Inkontinenz. Eine Studie aus Finnland hat darauf hingewiesen, dass männliche Raucher häufiger Symptome des unteren Harntraktes entwickeln als Nichtraucher [3]. Dieser Prozess ist reversibel, sobald das Rauchen unterbrochen wird. Bezüglich des Einflusses von Körpergewicht, Koffein- und Alkoholgenuss auf die Harninkontinenz sind keine schlüssigen Daten vorhanden. Tabelle 4. Ursachen für Urge-Inkontinenz beim Mann. Infravesikale Hindernisse BPH, Prostatakarzinom, Blasenhalseinengung, Urethrastriktur Blasentumor/-steine Strahlen- und interstitielle Zystitis Idiopathisch Neurogen Tabelle 5. Ursachen für Stressinkontinenz beim Mann. Status nach Prostatektomie: radikal, transurethral, transvesikal Status nach radikaler Zystektomie mit orthotopem Blasenersatz Status nach Radiotherapie Posttraumatisch (Beckenfrakturen) Blasenekstrophie Neurogen Inkontinenz Bewusstsein und Einschätzung Die Harninkontinenz stellt immer noch ein Tabuthema dar und viele Leute sind nicht gewillt, darüber vor Publikum zu berichten. Es ist also wichtig, bekanntzumachen, dass die Harninkontinenz in über 90% der Fälle geheilt oder zumindest günstig beeinflusst werden kann. Die Harninkontinenz ist auch nicht einfach als normaler Alterungsprozess zu betrachten, sondern ist oft mit fassbaren körperlichen, psychologischen oder umweltbedingten Veränderungen verbunden. Medikamentöse Therapie Beim Mann wie bei der Frau gibt es immer noch keine wirksame medikamentöse Behandlung der Stressinkontinenz. Da es sich um ein vorwiegend mechanisches Problem handelt, ist eine solche auch nicht zu erwarten. Hingegen gibt es sehr effiziente Medikamente zur Behandlung der Dranginkontinenz. Die wirksamsten Medikamente sind die Anticholinergika (Oxybutinin, Tolterodin, Trospiumchlorid und Flavoxat), welche zu einer Zunahme der Blasenkapazität und dadurch Verminderung der Miktionsfrequenz führen. Bei Verdacht auf ein infravesikales Hindernis (benigne Prostatahyperplasie, Prostatakarzinom, Harnröhrenstriktur) oder schwache Detrusorfunktion (vermuteter oder bekannter erhöhter Restharn) muss wegen der Gefahr der Auslösung eines Harnverhaltes auf diese Medikamente verzichtet werden. Wichtigste Nebenwirkungen der Anticholinergika sind Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen, Obstipation und Tachykardie. Bei Drangsymptomen mit oder ohne Inkontinenz und Verdacht auf eine benigne Prostatahyperplasie stehen mit α-1-rezeptorenblockern (Alfuzosin, Tamsulosin, Terazosin) sehr wirksame Medikamente zur Verfügung. Bei obstruktiven Symptomen, welche auf eine benigne Prostatahyperplasie zurückgeführt werden können, kann auch der 5-α-Reduktasehemmer Finasterid eingesetzt werden. Die Kombination einer Verhaltenstherapie (Wasserlösen nach der Uhr) mit Anticholinergika hat gute Ergebnisse, insbesondere bei älteren Patienten, gezeigt. Physiotherapie Die Physiotherapie bei der Harninkontinenz beinhaltet das Beckenbodentraining, die Elektrostimulation und das Biofeedback, sie wird sowohl für die Stress- als auch für die Urge- Inkontinenz eingesetzt. Die Hauptindikationen beim Mann sind die Postprostatektomie-Inkontinenz (vor allem bei Zuständen nach radikaler Prostatektomie) und bei neurogenen Blasenentleerungsstörungen. Beckenbodenübungen zeigen eine gewisse Wirkung bei Patienten mit leicht- bis mittelgradigen Beschwerden nach
4 PRAXIS Schweiz Med Forum Nr November radikaler Prostatektomie. Ansonsten sind nur wenige Studien mit kleinen Patientenkollektiven vorhanden, so dass eine schlüssige Aussage über den Wert der Physiotherapie beim Mann nicht möglich ist. Inkontinenzhilfsmittel Trotz Einsatz aller möglichen therapeutischen Optionen ist es manchmal nicht möglich, den Patienten genügend trocken zu halten, so dass man auf Inkontinenzhilfsmittel zurückgreifen muss. Ziel ist der Schutz von Kleidern, Bettwäsche und der Haut und Vermeidung von unangenehmen Uringerüchen. Es werden vorwiegend zwei Arten von Hilfsmitteln eingesetzt, aufsaugende (Windeln) und sammelnde Systeme (Urinale, Dauerkatheter). Okklusive Systeme wie Penisklemmen sind aufgrund der Gefahr von Harnröhrenstrikturen und Arrosionen obsolet. Inkontinenzhilfsmittel werden heute wenigstens teilweise von den Krankenkassen übernommen. Auf dem Markt gibt es eine grosse Auswahl an Produkten, welche von Fall zu Fall angepasst werden müssen. Sie können in der Apotheke, im Sanitäts- und Warenhaus (insbesondere Einlagen) gekauft werden. Operative Therapie Ein operatives Verfahren wird erst nach Versagen aller konservativen Massnahmen in Erwägung gezogen. Vor jeder Operation muss in jedem Fall eine komplette erweiterte Diagnostik durchgeführt werden. Eine Klassifikation der operativ korrigierbaren Probleme ist in Tabelle 6 aufgelistet. Hier kommen 2 Verfahren in Frage: Injektion von polsternden Substanzen im Sphinkterbereich und die künstliche Sphinkterprothese. Bei der ersten Methode werden über einen transurethralen Weg Substanzen (Kollagen, Silikonpartikel, Fett und andere nicht resorbierbare Stoffe) in Nähe des Schliessmuskels injiziert. Diese Polsterung erhöht den infravesikalen Widerstand und führt somit zu einer Abdichtung. Obwohl diese Methode vielversprechend scheint und einfach durchführbar ist, fehlen bis heute noch definitive Resultate und Langzeitergebnisse. Alle zur Zeit verwendeten Substanzen haben den Nachteil, dass sie mehr oder weniger rasch abgebaut werden oder sich submukös verteilen und dadurch ihre therapeutische Wirkung verlieren. Bei der zweiten Methode wird eine Manschette entweder um die Harnröhre oder um den Blasenhals plaziert [4]. Dieses Verfahren eignet sich bei Patienten mit einer insuffizienten Sphinkterfunktion und bei erhaltener Blasendehnbarkeit. Es handelt sich um eine sehr effiziente Methode. Mögliche Komplikationen sind aber Infektionen, Arrosionen der Haut oder der Harnröhre; nicht selten kommt es zu mechanischen Problemen, welche eine operative Revision bedingen. Andere Verfahren wie muskuläre Schlingen um die Harnröhre oder mechanische Einengung der Harnröhre in den Schwellkörper haben sich bisher nicht durchgesetzt. Operative Verfahren bei überaktiver Blase oder verminderter Kapazität Die Detrusorüberaktivität wird gemäss der ICS in einer Detrusorinstabilität bei nicht neurologischer Ursache und einer Detrusorhyperreflexie bei neurologischer Ursache definiert. Ein infravesikales Hindernis (benigne Prostatahyperplasie, Prostatakarzinom, Blasenhalseinengung, Urethrastriktur) ist ein häufiger Grund für eine Detrusorinstabilität. Bei Versagen aller konservativen Massnahmen werden durch chirurgische (transurethrale oder offene Resektion der Prostata, Blasenhalsinzision, Urethraschlitzung) Behebung des Hindernisses erneut normale Blasenfunktionen erreicht. Bei der idiopathischen therapierefraktären Detrusorinstabilität kommen Verfahren wie die Elektrostimulation, Neuromodulation oder Blasenaugmentation mit Darmsegmenten in Frage [5]; die Anlage eines Ileum conduits (äussere Urinableitung) wird nur in ganz speziellen Fällen durchgeführt. Bei einer verminderten Bla- Sphinkterbedingte Inkontinenz Tabelle 6. Chirurgisch korrigierbare Probleme. Sphinkterbedingt Postoperativ Postprostatektomie Radiotherapie für Prostatakarzinom Postzystektomie und Neoblase Posttraumatisch Beckenbodentraining Blasenbedingt Therapierefraktäre Blaseninstabilität Schrumpfblase Fisteln Rektourethrale Fisteln Ureterokutane Fisteln
5 PRAXIS Schweiz Med Forum Nr November Quintessenz Obwohl die Harninkontinenz des Mannes ein weitverbreitetes Problem darstellt, ist die epidemiologische Datenlage immer noch sehr dürftig. Die Urge-Inkontinenz ist im Gegensatz zur Frau die weit häufigste Inkontinenzform und oft mit anderen Symptomen der unteren Harnwege verbunden. Da diese Symptome unspezifisch sind, ist vor Einleitung jeglicher Therapie eine Abklärung notwendig. Die Abklärung wird stufenweise durchgeführt; nach einer Basisabklärung kann schon eine erste Behandlung begonnen werden. Bei Begleitsymptomen wie Schmerz, Hämaturie, rezidivierende Infektionen, Zustand nach Bestrahlung der Prostata oder Operationen im kleinen Becken und erfolglose primäre Behandlung ist immer eine erweiterte Abklärung durch den Facharzt notwenig. Heutzutage kann die Harninkontinenz beim Mann, dank einer Vielzahl an effektiven Behandlungsmethoden, in den meisten Fällen behandelt oder verbessert werden. Bezüglich der Inkontinenzhilfsmittel werden saugende und Kollektionssysteme unterschieden. Hilfsmittel sollten, wenn immer möglich, nur in ausgewählten Fällen oder als Ultima ratio eingesetzt werden. senkapazität (verminderte Compliance) durch Schrumpfung ist die Blasenaugmentation mit einem Darmsegment (Enterozystoplastik) die Methode der Wahl. Schlussfolgerungen Die Harninkontinenz beim Mann weist noch verschiedene ungelöste Aspekte auf. Die Abklärung muss sich nicht nur auf urologische Probleme beschränken, sondern muss den gesamten Patienten und seine Umgebung erfassen. Ebenso muss die Therapie oft individuell angepasst werden. Sehr wichtig ist auch, der Öffentlichkeit klarzumachen, dass man die Harninkontinenz in den meisten Fällen wirksam behandeln kann. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Urologe ist für die Information und Betreuung des Patienten sehr wichtig. Literatur 1 Abrams P, Blaivas JG, Stanton SL, Andersen JT. The standardisation of terminology of lower urinary tract symptoms. The International Continence Society Committee on Standardisation of Terminology. Scand J Urol Nephrol 1988;114(Suppl): Diokno AC, Brock BM, Brown MB, Herzog R. Prevalence of urinary incontinence and other urological symptoms in the noninstitutionalized elderly. J Urol 1986;136(5): Koskimaki J, Hakama M, Hutala H, Tammela TL. Association of smoking with lower urinary tract symptoms. J Urol 1998;159(5): Schreiter F. Surgical therapy of urinary incontinence in the male. Urologe A 1991;30(ç): Tanagho E. Concepts of Neuromodulation. Neurourol Urodyn 1993; 12(5):487 8.
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