Mundpflegerische Maßnahmen zur Prophylaxe der ventilationsassoziierten Pneumonie bei oral intubierten Patienten
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- Emilia Althaus
- vor 7 Jahren
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1 Bei dem folgenden Text handelt es sich um den Hauptteil einer Hausarbeit im Rahmen einer Fachweiterbildung Anästhesie- und Intensivkrankenpflege an einer Uniklinik. Ergänzt wurde diese durch Deckblatt, Inhaltsverzeichnis, Literaturliste und weitere Anhänge Mundpflegerische Maßnahmen zur Prophylaxe der ventilationsassoziierten Pneumonie bei oral intubierten Patienten 1. Einleitung Im Laufe meiner Berufslaufbahn habe ich bereits in unterschiedlichen Abteilungen in verschiedenen Krankenhäusern gearbeitet. Dabei bestätigte sich immer mehr der Eindruck, dass es über die Vorgehensweise in der Mundpflege sehr viele unterschiedliche Auffassungen gibt. In der Onkologie, speziell im Bereich der Knochenmarktransplantation, ist insbesondere die Rachendesinfektion umstritten. Da die Immunabwehr der chemotherapeutisch behandelten der Patienten stark herabgesetzt und Zähneputzen wegen der hohen Blutungsgefahr aufgrund von Thrombopenie nicht möglich ist, erscheint es zunächst sinnvoll, die Keimbesiedlung der Mundschleimhaut durch Desinfektion zu reduzieren. Andererseits gibt es in der Literatur Hinweise darauf, dass Hexetidin die ohnehin angegriffene Mundschleimhaut noch weiter schädigt und damit die Gefahr der hämatogenen Streuung vergrößert. Auch in der Intensivmedizin traf ich wieder auf ähnliche Problemstellungen. Die im Rahmen der Fachweiterbildung anzufertigende Hausarbeit bot mir den Anlass, mich ausführlicher mit dem Thema Infektionsprophylaxe durch Mundpflegemaßnahmen zu beschäftigen. Bald merkte ich, dass dies den vorgegebenen Rahmen sprengen würde und beschloss, mich schwerpunktmäßig der Pneumonieprophylaxe bei oral intubierten Patienten zu widmen. Eine endotracheale Intubation wird standardmäßig bei länger andauernden Generalanästhesien (also im Prinzip bei allen größeren Operationen) vorgenommen. Während die meisten Patienten schon während der Aufwachphase wieder extubiert werden können, benötigen Intensivpatienten häufig eine länger andauernde Beatmung. Wenn innerhalb der ersten Woche nach der OP das Weaning (Entwöhnen von der künstlichen Beatmung) nicht erfolgreich durchgeführt werden kann, werden sie danach in der Regel tracheotomiert. Die in meiner Arbeit untersuchte Situation sollte also maximal für eine
2 Woche bestehen. Ich habe mir den besonderen Aspekt der Pneumonieprophylaxe ausgewählt, da die sogenannten ventilationsassoziierten Pneumonien in dieser Phase eine sehr häufige Komplikation darstellen, durch welche die Krankhausverweildauer und die Sterblichkeit signifikant erhöht wird. 2. Medizinische Grundlagen 2.1 Anatomische Verhältnisse und physiologische Veränderungen der Mundflora bei Vorhandensein eines oralen Tubus Die Mundhöhle wird unterteilt in Mundhöhlenvorhof (Raum zwischen Wangen, Lippen und Zähnen) und Mundhöhle (Raum, der von den Zähnen eingeschlossen wird). Distal wird diese vom harten und weichen Gaumen begrenzt, medial von der Zungen- und der Mundbodenmuskulatur und dem Rachen, sowie ringsum von den Zahnreihen. Die Mundhöhle ist der Beginn des Verdauungstraktes. Hier werden die Speisen zerkleinert und mit Speichel vermischt. Der Speichel besteht zum Großteil aus Wasser. Er enthält Immunglobuline und andere antibakterielle Substanzen, die das Wachstum sowohl der in der natürlichen Mundflora vorhandenen Mikroorganismen als auch der aus der Umgebung aufgenommenen pathogenen Keime begrenzen. In der Mundflora sind unter anderem vergrünende Streptokokken, Neisserien und anaerobe Kokken enthalten, auch Candida albicans kommt vor. Diese Mikroorganismen bilden einen Belag, den sogenannten Plaques. Die natürliche Selbstreinigung von Mund und Zähnen erfolgt hauptsächlich durch Reibung beim Kauen fester Nahrung. Auch die Spülung durch den Speichel spielt hier eine Rolle. Beim sedierten, beatmeten Patienten fehlen diese Reinigungsmechanismen aufgrund von Nahrungskarenz, medikamentös bedingter gestörter Speichelproduktion und fehlendem Schluckreflex. Zusätzlich führt die Gabe von Antibiotika zu Veränderungen der Mundflora. Schon nach kurzer Zeit (ca. 48 Stunden) kommt es zu einer deutlichen Häufung von gram-negativen Keimen in der Mundhöhle, im weiteren Verlauf treten dann auch vermehrt Hefepilze auf (Schmidt, M., 2008). Der Tubus und die Tubusfixierung erschweren den Zugang zur Mundhöhle und damit deren Reinigung, auf dem Tubus wächst mit der Zeit ein Bakterienfilm. Darüber hinaus kann es auch zu mechanischen Verletzungen und Druckstellen kommen, eine stete Gefahr bringt auch das wegen des fehlenden Schluckreflexes notwendige regelmäßige Absaugen des Sekrets aus dem Mundraum mit sich. 1
3 2.2. Entstehungsmechanismen der ventilationsassoziierten Pneumonie Um zu verhindern, dass Sekret aus dem Mund- und Rachenraum in die Lunge eindringt, sind Endotrachealtuben für Erwachsene mit einem Cuff ausgestattet, der geblockt (aufgeblasen) werden kann. Dennoch gelangen Mikroorganismen der (veränderten) Mundflora in die Trachea und weiter hinab in das Bronchialsystem. (Schmidt, M., 2008). Diese Undichtigkeit des geblockten Cuffs wurde durch auf die Zunge aufgetragenen Farbstoff nachgewiesen, der Vorgang wird als stille oder Mikroaspiration bezeichnet. Die Ursache hierfür ist mangelnde Elastizität des Cuffs, die verhindert, das dieser sich im geblockten Zustand perfekt und faltenfrei an die Schleimhaut der Trachea anschmiegt (Rothaug, O., 2006). Da die mukoziliäre Clearance durch den Tubus eingeschränkt und der Hustenreflex medikamentös unterbunden wird, steigt die Gefahr, durch die eingedrungenen Keime an einer Pneumonie zu erkranken, deutlich an (Schmidt, M., 2008). Als weiterer möglicher Infektionsweg wurde die mit längerer Verweildauer zunehmende Besiedlung der Oberfläche des Tubus mit Bakterien nachgewiesen (Dembinski, R., 2008). 3. Mundpflegerische Maßnahmen 3.1 Ziele der Mundpflege Um die Gefahr, an einer ventilationsassoziierten Pneumonie zu erkranken, möglichst gering zu halten, können verschiedene prophylaktische Maßnahmen durchgeführt werden. Dazu gehört in erster Linie eine entsprechende Mundpflege, die am sedierten, intubierten Patienten durch das Pflegepersonal vorgenommen wird. Neben der Verringerung der Keimbelastung ist das Ziel der Mundpflege wie üblich das Entfernen von Belägen auf Zähnen und Zunge, beim oral intubierten Patienten insbesondere auch das Feuchthalten von Schleimhaut und Lippen sowie Aspirations- und Dekubitusvorbeugung Durchführung der Mundpflege Die Mundpflege beim Intensivpatienten sollte laut Literaturempfehlung (Sitzmann, F.,2009 und Krüger, L., 2010) alle 12 Stunden durchgeführt werden, Absaugen und Anfeuchten der Mundschleimhaut auch häufiger (ca. alle 4 Stunden). Zur vollständigen Mundpflege gehören standardmäßig die folgenden Arbeitsschritte (Sitzmann, F.,2009, Pflegeleitlinie 2
4 MHH, 2001, Latasch, L., 2004), welche hier unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Endotrachealtubus kurz beschrieben werden: Vorbereitende Maßnahmen Der Patient wird, wenn möglich, mit erhöhtem Oberkörper gelagert. Eine zweite Person assistiert, sie sichert während der gesamten Prozedur den Tubus und steht für unsterile Handreichungen zur Verfügung, denn die peinliche Einhaltung der Hygiene-, insbesondere der Händedesinfektionsvorschriften (Bundesgesundheitsblatt 2000) ist unbedingte Voraussetzung, um das Hauptziel der Maßnahme, die Keimreduzierung, nicht zu gefährden. Der Cuffdruck wird mit dem Cuffdruckmesser kontrolliert und je nach Standard evtl. erhöht ( überblocken des Cuffs) Absaugen und Kontrolle Nun wird die Tubusfixierung entfernt und mit dem Absaugkatheter das Sekret aus dem subglottischen Raum abgesaugt. Anschließend werden Mundschleimhaut, Zunge und Zahnfleisch unter Zuhilfenahme von Holzspatel und Lampe sorgfältig auf Verletzungen und Veränderungen untersucht Reinigung der Zähne und der Zunge Die Reinigung der Zähne erfolgt üblicherweise mit einer Zahnbürste und Zahnpasta. Über die jeweiligen Vorzüge der Verwendung von Hand- oder Elektrozahnbürsten kommen verschiedene Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen (Krüger, L., 2010; Knipfer, Dr. E., 2009). In der vorliegenden Situation stellt die Keimarmut des verwendeten Materials dabei ein mindestens ebenso wichtiges Auswahlkriterium dar wie das Putzergebnis, welches entscheidend von der Putztechnik (von Rot nach weiß) und Putzdauer ( mindestens zwei mal täglich, mindestens drei Minuten) abhängt. Die Zahnzwischenräume, die von der Zahnbürste nicht erreicht werden, werden anschließend mit Zahnseide (aus hygienischen Gründen vorzugsweise in Einweg-Zahnseidenhaltern) oder Interdentalbürsten gereinigt. Zur Beseitigung eventueller Beläge auf der Zunge können Zungenreiniger verwendet werden, diese Maßnahme ist allerdings bisher nicht allgemein üblich Reinigung der Mundhöhle und des Rachenraumes Um die Rückstände der Zahnreinigung zu entfernen, wird die Mundhöhle mit Pflaumentupfern oder einem anderen Hilfsmittel von hinten nach vorne ausgewischt. 3
5 Ergänzend, oder wenn Zähneputzen und Auswischen nicht möglich sind, wird dann eine Spülung der Mundhöhle und des Rachenraumes vorgenommen. Die Spülflüssigkeit wird mit einer Einwegspritze eingegeben und direkt wieder abgesaugt. Je nach Situation kommen verschiedene Spüllösungen zur Anwendung: - zum einfachen Spülen zur Entfernung von Rückständen eignen sich u.a. Wasser (Mineralwasser), gefiltertes Wasser Isotonische Kochsalzlösung Tee (diverse Kräuter, Früchte) - bei geringfügigen Verletzungen der Mundschleimhaut heilungsfördernde Zusätze: Bepanthenlösung MHH- Mundpflegemittel (Bepanthenlösung mit Kamille) Kamillen- oder Salbeitee - zur Desinfektion und Reduzierung der Keimbesiedlung werden verwendet: Chlorhexidinlösung Hexetidin Octenisept Wasserstoffperoxyd - bei nachgewiesenen Infektionen oder zur Prophylaxe: Antibiotika und Antimykotika auf ärztliche Anordnung - zur Pflege der Mundschleimhaut Multibionta Synthetischer Speichel Zitronenstäbchen Butter Nachbereitung 4
6 Abschließend wird der Tubus auf die andere Seite umgelagert und die Lippen werden eingecremt. Nach Kontrolle der korrekten Lage wird der Tubus mit neuem, sauberen Material wieder fixiert. Der Cuffdruck wird kontrolliert und gegebenenfalls wieder herabgesetzt. Auf eine sorgfältige Dokumentation von verwendetem Pflegemittel, Beschaffenheit der Mundhöhle und Zunge und der Tubuslage ist zu achten. 4. Erhebung zur Mundpflege auf den Intensivstationen der MHH Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass es große Variationsmöglichkeiten bei der Umsetzung der Mundpflegemaßnahmen am oral intubierten Intensivpatienten gibt. Mit Hilfe eines Fragebogens habe ich versucht, einen Überblick über die in der MHH üblichen Praktiken zu gewinnen und die Mentoren der 8 Intensivstationen gebeten, diesen zu beantworten. Der vollständige Fragebogen ist im Anhang beigefügt. 7 Fragebögen habe ich ausgefüllt zurückerhalten, die Antworten sollen im Folgenden unter Bezugnahme auf die oben beschriebenen Arbeitsschritte ausgewertet werden. 4.1 Verbindlichkeit der Standards, Häufigkeit Als erstes wurde erfragt, wie auf der jeweiligen Station die Maßnahmen zur Mundpflege festgelegt werden. Eine Station verweist auf den MHH-Standard im Intranet, alle anderen geben schriftliche oder mündliche Empfehlungen als Grundlage an. Da in keiner Antwort der Begriff verbindlicher Standard angekreuzt wurde, ist davon auszugehen, dass dem Pflegepersonal Ermessensspielraum zugestanden wird. Auf die Frage nach der Häufigkeit der Mundpflege (Frage 5) geben alle Stationen mindestens einmal pro Schicht als Minimum an, auf einer Station ist sie zweimal vorgesehen. Außerdem wird häufig auf den individuellen Bedarf des Patienten verwiesen, eine Station gibt an, die Häufigkeit sei auch von den Zeitressourcen des Pflegepersonals abhängig. 4.2 Vorbereitung, Absaugen und Kontrolle Auf die Frage, ob der Cuff routinemäßig überblockt wird, antworten 4 Stationen mit Ja, von zwei Stationen wird sie verneint und einmal wird mit selten geantwortet. 5
7 Bei der nach Bedarf bis zu 5 mal pro Schicht durchgeführten Mundpflege dürfte es sich um Einzelmaßnahmen wie Absaugen des Sekrets und Lippenanfeuchten handeln, die auch mit fixiertem Tubus durchgeführt werden können. 4.3 Zahn- und Zungenreinigung In der dritten Frage werden die technischen Hilfsmittel für die Durchführung der Mundhygiene erfragt. Auf allen Stationen werden Zahnbürsten benutzt, soweit keine näheren Angaben gemacht werden, ist davon auszugehen, dass es sich dabei um die von der MHH gestellten Einwegzahnbürsten handelt. Eine Station hält diese für zu hart und verwendet entweder patienteneigene Zahnbürsten oder ein anderes Modell. Ebenso finden auf allen Stationen entweder Pflaumentupfer oder Zungenreiniger aus Schaumstoff Verwendung. Lemonsticks werden nur zweimal genannt. Spezielle Hilfsmittel zur Zahnzwischenraumreinigung (Zahnseide, Interdentalbürsten oder ähnliches) werden nicht aufgeführt. 4.4 Spülung der Mundhöhle und des Rachenraumes Die Antworten der befragten Stationen auf die Frage nach den zur Mund- und Rachenspülung verwendeten Lösungen decken die komplette Bandbreite der Möglichkeiten ab: Auf einer Station wird ausschließlich das MHH-Mundpflegemittel und Wasser verwendet, also auf desinfizierende Zusätze vollständig verzichtet. Eine Station verwendet routinemäßig einen der beiden Desinfektionszusätze und verweist zur Begründung auf eine Empfehlung der Mikrobiologie. Die übrigen Stationen geben an, das MHH Mundpflegemittel und meist Hexetidin zu benutzen, und nennen außerdem entweder Wasser oder Tee. Eine Station gibt an, eine erkrankungsabhängige Indikation zu stellen. 5. Evaluierung der Umfrageergebnisse unter Berücksichtigung des MHH- Pflegestandards und der Empfehlungen in der aktuellen Literatur Die Ergebnisse der Erhebung können dahingehend zusammengefasst werden, dass es keine einheitliche Mundpflegepraxis auf den Intensivstationen der MHH gibt, sondern erhebliche Abweichungen bei der konkreten Durchführung fast aller Arbeitsvorgänge Häufigkeit Am einheitlichsten fallen die Angaben zur Häufigkeit der Durchführung aus. Fast alle Stationen führen die komplette Mundpflege einmal pro Schicht (oder 2*täglich ) aus, 6
8 was auch den Empfehlungen in der Literatur für die Häufigkeit der Zahnpflege entspricht (Sitzmann, F.,2009 und Krüger, L., 2010). Für das Absaugen des Sekrets und Anfeuchten wird ein kürzerer Zeitraum empfohlen, dies wird auch auf dem meisten Stationen so praktiziert. Im MHH-Mundpflegestandard ist eine Durchführung der kompletten Prozedur 2* pro Schicht vorgegeben, nur auf der Station, die in ihrer Antwort auf Frage 1 den MHH- Standard als Richtlinie für ihre Vorgehensweise angibt (vergleiche Abschnitt 4.1), wird dies auch so gehandhabt. 5.2 Vorbereitung Der MHH Standard enthält die Anweisung, vor Beginn der Mundpflege am oral intubierten Patienten den Cuffdruck zu erhöhen. Auch die aktuellste Durchführungsverordnung (2009) schreibt dies ausdrücklich vor. Dennoch wird dies nur in etwa der Hälfte der befragten Stationen routinemäßig durchgeführt. Rothaug ( Rothaug, O.,2006) rät zwar von dauerhaft überhöhtem Cuffdruck ab, da dieser zu Schleimhautschäden führt und die Keimdichtigkeit des Cuffs nicht signifikant verbessert. Da generell aber die Vermeidung von Verunreinigungen allerhöchste Priorität hat, wird die Erhöhung des Drucks aus Sicherheitsgründen während der Manipulationen nirgendwo in Frage gestellt. 5.3 Reinigung der Zähne und der Zunge Auf allen Stationen gehört die Benutzung einer Zahnbürste zur routinemäßigen Mundpflege. In der Literatur (Sitzmann, F.,2009, Krüger, L. 2010) empfohlene weitergehende Reinigungsmaßnahmen wie Zungenreinigung (2-3 mal täglich) und Reinigung der Zahnzwischenräume (1* täglich) sind im MHH Standard nicht vorgesehen, d.h. entsprechendes Material zur Durchführung wird nicht bereitgestellt und offenbar auch auf keiner Station in eigener Initiative verwendet. 5.4 Reinigung/Desinfektion der Mundhöhle und des Rachenraumes Wie bereits erwähnt (Kapitel 4.4), kommen auf den Intensivstationen der MHH jeweils unterschiedliche Mittel zur Reinigung der Mundhöhle bzw. des Rachenraumes zum Einsatz. Auch die Art der Applikation variiert, teilweise wird regelmäßig nur ausgewischt, andere erwähnen ausdrücklich die Spülung mittels Einwegspritze. 7
9 Zu diesem Arbeitsschritt gibt es innerhalb der MHH deutlich voneinander abweichende Dienstanweisungen. Im MHH Mundpflegestandard (herausgegeben 2001) wird routinemäßig das Auswischen der Mundhöhle vorgegeben, nur in besonderen Situationen kommt gegebenenfalls eine Einwegspritze zwecks Spülung zum Einsatz. In einer Empfehlung des hausinternen Instituts für Mikrobiologie und Krankenhaushygiene aus dem Jahr 2007 wird als Ergebnis mehrerer Studien der Einsatz von Desinfektionsmitteln (Chlorhexidin/ Hexetidin) zur Mundspülung dringend angeraten. In einer Durchführungsanweisung aus dem Jahr 2009 wird empfohlen, eine Octenisept - Lösung über den Absaugkatheter direkt in den subglottischen Raum einzubringen. Durch eigene Literaturrecherchen zu diesem Thema wurde bestätigt, dass die Autoren in der jüngeren Literatur (Koeman, M. 2006, Seegers, P., 2008, Mutters, R., 2007) sehr einmütig den Nutzen einer prophylaktischen Desinfektion des Mund- und Rachenraumes empfehlen. Bei Langzeitanwendung besteht zwar eine gewisse Mykosegefahr (Krüger, L., 2010), da die Verweildauer eines oralen Tubus aber in der Regel maximal eine Woche beträgt, wird dies als tolerierbar angesehen. Von der prophylaktischen Anwendung von Antibiotika wird hingegen allgemein abgeraten (Bundesgesundheitsblatt 2000, Dembinski, R., 2008). 6. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Alle von mir gefundenen neueren Untersuchungen zum Thema stimmen darin überein, dass durch konsequentes Einhalten von Mundhygienischen und Desinfektionsmaßnahmen die Häufigkeit von ventilationsassoziierten Pneumonien verringert werden kann. Meine Untersuchungen zum Ist-Zustand auf den Intensivstationen der MHH haben demgegenüber aber gezeigt, dass hier von einem einheitlichen Vorgehen bei der Mundpflege nicht gesprochen werden kann. Auf jeder Station weichen die einzelnen Arbeitsschritte voneinander ab, wobei die Verfahren teilweise konsistent zu neuesten Literaturempfehlungen sind, diese aber mit dem MHH-Pflegestandard nicht übereinstimmen. In einem Punkt (Überblocken des Cuffs) werden die Dienstanweisungen teilweise einfach ignoriert, in Bezug auf die Verwendung desinfizierender Spülungen existieren einander widersprechende Anweisungen. Es erscheint mir daher dringend notwendig, den MHH-Mundpflegestandard zu aktualisieren. Dies betrifft bereits die empfohlene Häufigkeit der Mundpflege, die aktuelle 8
10 Anweisung, diese Maßnahme zwei mal pro Schicht, also sechs mal in vierundzwanzig Stunden durchzuführen, deckt sich weder mit den Empfehlungen der Literatur, noch scheint es mir realistisch in Anbetracht der Arbeitsverdichtung auf den Intensivstationen. Die Notwendigkeit der mechanischen Entfernung von Bakterienbelägen von Zunge, Mundschleimhaut und Zähnen (inklusive Zahnzwischenräumen) ist mittlerweile unstrittig, dies sollte in den Maßnahmenkatalog aufgenommen und entsprechende modernere Hilfsmittel (Zahnseide, Zungenreiniger, weichere Zahnbürsten, Absaugzahnbürsten) zur Verfügung gestellt werden. Besonders dringend erscheint es mir jedoch, die Empfehlung der Mikrobiologie zur Anwendung einer desinfizierenden Spüllösung in den Standard aufzunehmen. Für die Zukunft würde ich vorschlagen, diesen (und natürlich auch andere) Pflegestandard regelmäßig (z.b. alle 2 Jahre) den neuesten Erkenntnissen anzupassen, den Stationsleitungen dies in angemessener Form jeweils mitzuteilen und darauf hinzuweisen, dass diese Anweisungen als verbindlich zu betrachten sind. Für diese Aufgabe, für die ja eine regelmäßige Lektüre von Veröffentlichungen notwendig ist, könnten auch gezielt gestellte Hausarbeitsthemen aus entsprechenden Fachweiterbildungen sicher einen wertvollen Beitrag leisten. 9
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