Stiftung SPI. Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei. Infoblatt Nr. 20
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- Miriam Dieter
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1 Stiftung SPI Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei Infoblatt Nr. 20 Hausrecht Hausverbot Hausfriedensbruch: Rechtliche Hinweise für Jugendarbeit und Polizei Teil I Geschäftsbereich Soziale Räume und Projekte Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei Kremmener Straße Berlin Telefon Fax
2 Hausrecht Hausverbot Hausfriedensbruch: Rechtliche Hinweise für Jugendarbeit und Polizei Prof. Dr. Peter Schruth, Fachhochschule Magdeburg (Bereich Jugend- und Sozialrecht) In der Praxis der Sozialen Arbeit, insbesondere in der Jugendarbeit, können im Zusammenhang mit dem Hausrecht, dem Hausverbot und ggf. mit dem Straftatbestand des Hausfriedensbruchs Konflikte in Einrichtungen der Jugendhilfe entstehen, etwa in folgenden Situationen: Polizeibeamte/innen betreten eine Jugendeinrichtung (z. B. Jugendclub, Jugendwohngemeinschaft), weil sie a) vermuten, die gesuchte Person halte sich zur Zeit in dieser Einrichtung auf, b) einem Straftatverdacht nachgehen und sich von einer Durchsuchung oder Identitätsfeststellung Ermittlungserkenntnisse versprechen oder c) annehmen, dass von dieser Einrichtung eine Gefahr oder Störung ausgeht (z. B. Ruhestörung), die sie im öffentlichen Interesse unterbinden wollen. Es kommt zu Störungen z. B. durch in die Einrichtung Einlass begehrende Besucher bzw. unter den anwesenden Besuchern/innen der Einrichtung, von den Sozialpädagogen/innen werden Hausverweise ausgesprochen, die nicht befolgt werden, oder es wird gegen Hausverbote verstoßen. Schlimmstenfalls wird dann eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt. Zum Hausrecht an der Schnittstelle Jugendarbeit/Polizei gibt es so gut wie keine Veröffentlichungen, es fehlt in der einschlägigen Fachliteratur hierzu an Aufmerksamkeit. Dies hat u. a. damit zu tun, dass das Thema mehrere rechtliche Ebenen berührt und so komplex ist, dass einfache Formeln leicht zu situativ falschen Beurteilungen führen können. Aus diesem Grund ist dieses Informationsblatt nicht schlagwortartig, sondern gutachterlich geschrieben: Es soll auffordern, ein eigenes rechtliches Verständnis in Bezug auf die eigene Praxis zu entwickeln. Es bleibt den Praktikern/innen in der Jugendarbeit vorbehalten, die jeweiligen sozialpädagogischen Fragestellungen beim Einsatz des Rechtsmittels Hausrecht zu bedenken, weil dieser Beitrag darauf nicht eingehen kann. Im Folgenden werden zunächst die wesentlichen Inhalte der Rechtsbegriffe Hausrecht/Hausverbot/Hausfriedensbruch aus zivil- und öffentlich-rechtlicher Sicht vorgestellt (1.), es folgen die für die Soziale Arbeit relevanten rechtlichen Abgrenzungen zum Polizei- und Ordnungsrecht bzw. Strafrecht (2.). 1. Rechtliche Begriffsklärung
3 Keine Legaldefinition Es gibt keine gesetzliche Definition des Begriffs Hausrecht. Der Begriff Hausrecht entspricht eher einem hinter bestimmten Rechtsnormen stehenden Rechtsgut und verdankt in diesem Sinne seine allgemeine Bekanntheit der Anerkennung von Rechtspolitik, Rechtsprechung und Rechtsliteratur. Für die Praxis der Sozialen Arbeit - insbesondere an der Schnittstelle Jugendarbeit/Polizei - lassen sich insoweit keine einfachen gesetzlichen Definitionen und Handlungspflichten zusammentragen. Es bedarf der rechtlichen Begriffserläuterung auf der jeweiligen privatrechtlichen bzw. öffentlichrechtlichen Ebene (1.1.). Erst daraus lassen sich die Befugnisse zum Hausverbot (1.2.) und der Rechtsgüterschutz des Hausfriedensbruchs (1.3.) ableiten. Hausrecht 1.1. Hausrecht Seinen strengsten Schutz erhält das Rechtsgut des Hausrechts durch die Strafnorm des Hausfriedensbruchs ( 123 Strafgesetzbuch (StGB)). Um den Bezug zwischen Hausrecht und Strafrechtsschutz zu veranschaulichen, also für das Rechtsgut Hausrecht zu klären, wozu wer in welchem Umfang mit welchen Mitteln befugt ist, bedarf es des Rückgriffs auf die zivilrechtlichen Hausrechtsnormen. Die im Zivilrecht, hier im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Vorschriften zugunsten von Eigentümer und Besitzer verdeutlichen die aus dem Hausrecht ableitbaren Abwehransprüche und Selbsthilferechte und damit zugleich den diesbezüglichen Schutz des Strafrechts gegenüber dem Rechtsgut Hausrecht (1.1.1.). Davon zu unterscheiden ist das öffentlichrechtliche Hausrecht (1.1.2.). Zivilrechtliches Hausrecht Eigentümer Besitzer Unmittelbarer Besitzer Das zivilrechtliche Hausrecht Das Zivilrecht (hier das BGB) sagt an keiner Stelle explizit, was Inhalt des Hausrechts ist oder wer welche Rechte und Pflichten nach dem Hausrecht hat. Und doch lässt sich aus den einschlägigen Vorschriften des BGB der Inhalt des Hausrechts für private Personen herleiten. Gemeint sind jene BGB-Vorschriften, die sich an die Rechte eines Eigentümers und/oder eines Besitzers einer Sache richten. Normalerweise hat der Eigentümer einen Anspruch darauf, von einem anderen das Nichtbetreten oder das Verlassen seines befriedeten Grundstückes oder seines Gebäudes zu verlangen ( 1004, 985 BGB). Unter den zivilrechtlichen Positionen, die ein Hausrecht vermitteln, ist jedoch die des Besitzers stärker. Das Hausrecht des Besitzers entsteht bei diesem durch die Inbesitznahme der Sache, z. B. Einrichtungsräume bzw. gebäude und dazugehörendes Gelände ( 854 BGB). In der Praxis der Jugendarbeit geschieht dies regelmäßig durch Miet-, Pacht- und/oder Nutzungsverträge über Grundstücke, Gebäude und Räume. Durch die Tatsache, dass der sogenannte unmittelbare Besitzer per Mietvertrag nun die gemieteten Räume nutzen darf, steht ihm auch das Hausrecht gegenüber dem Eigentümer bzw. Vermieter zu ( 861, 862 BGB).
4 Hausrecht an Geschäftsräumen Unmittelbarer Besitzer kann auch eine juristische Person sein, z. B. der freie Träger (der Jugendhilfe) als eingetragener Verein (e.v.). Das Hausrecht an Geschäftsräumen steht grundsätzlich nur dem Arbeitgeber zu. Für juristische Personen oder Personengesellschaften nehmen deren Organe das Hausrecht wahr ( 859, 861, 862 BGB). Diese Organe können, am Beispiel einer Jugendeinrichtung, die beim Träger angestellten Sozialarbeiter/innen sein, die in der Einrichtung arbeiten. Sie üben dann, wenn der Arbeitgeber sie mit der eigenverantwortlichen und umfassenden Ausübung des Hausrechts betraut hat, faktisch das Hausrecht aus (Besitzdiener). 1 Außenrichtung des Hausrechts Berechtigter Aufenthalt Grundsätzlich ist insbesondere das aus dem (unmittelbaren) Besitz abgeleitete Hausrecht durch die Außenrichtung charakterisiert. Es dient zur Abwehr von außen kommender Störungen durch Personen, die nicht berechtigt sind, in den räumlichen Bereich z. B. einer Jugendeinrichtung, eines Gerichtsgebäudes, einer Schule, einer Privatwohnung oder Räumen eines freien Trägers der Sozialen Arbeit einzudringen. Das Hausrecht bietet daher keine rechtliche Handhabe gegen Personen, die sich in dem jeweiligen Raum, Haus, Gebäude berechtigterweise aufhalten, durch ein Hausverbot vorzugehen. Der berechtigte Aufenthalt ist insbesondere bei Jugendeinrichtungen mit offener Tür, d. h. mit Öffnungszeiten für alle Jugendlichen, die kommen wollen, schwierig zu beurteilen. Die Berechtigung ist an alle Jugendlichen adressiert und allenfalls im Alter allgemein beschränkt. Die Berechtigung zum Aufenthalt endet jedoch dann, wenn von den Jugendlichen bekannte, wesentliche Regeln verletzt werden, pädagogische Konfliktregularien von den pädagogischen Beschäftigten aufgegeben und die betreffenden Jugendlichen zum Verlassen des Hauses aufgefordert werden. Die Außenrichtung des Hausrechts entscheidet sich bei offenen Einrichtungen (des Privatrechts) an der Grenzziehung pädagogischer Regulierungsmöglichkeiten. Überschreiten einzelne Jugendliche diese ihnen bekannten Grenzen, werden sie juristisch gesprochen zu Außenstehenden der Einrichtung, denen gegenüber ein Hausverbot von den Beschäftigten der Einrichtung (mindestens als Besitzdiener und Organvertreter des Arbeitgebers) ausgesprochen und durchgesetzt werden kann. Die freie Entscheidung (aus pädagogischen Gründen) steht den Beschäftigten des privaten Trägers nach den Besitzschutzrechten des BGB zu. Besitzstörung und erlaubte Selbsthilfe Ein Besitz kann widerrechtlich entzogen oder gestört werden. Z. B. stellt jemand stellt sein abgemeldetes, schrottreifes Auto auf dem Gelände des Jugendzentrums ab. Oder jemand verschafft sich Einlaß ins Jugendzentrum ohne Erlaubnis bzw. unter Umgehung der geltenden Regeln (außerhalb der Öffnungszeiten oder ohne 1 Ohne diese entsprechende übertragene Befugnis des Hausrechts dürfen die so genannten Besitzdiener zum Verlassen der Einrichtung nur dann auffordern, wenn sich eine Person ohne den Willen des Hausherrn in dieser Sphäre aufhält.
5 Verbotene Eigenmacht Besitzwehr Besitzkehr Verhältnismäßigkeit unter Umgehung der geltenden Regeln (außerhalb der Öffnungszeiten oder ohne den für die spezielle Konzertveranstaltung erforderlichen Eintritt zu zahlen). In solchen Fällen ist dem Bürger die Ausübung von Gewalt in eingeschränktem Maße erlaubt. Das BGB regelt in zwei Vorschriften die Voraussetzungen für eine erlaubte Gewaltausübung: als Selbsthilfe des Besitzers gegen eine so genannte verbotene Eigenmacht nach 859 Abs. 1 BGB und als weitergehendes Selbsthilferecht nach 229 BGB. In den eben genannten Beispielen kann der Besitzer auf Wiederherstellung des Besitzes und auf Beseitigung der Störung klagen. Das klingt als erlaubtes Rechtsmittel praxisfern und dürfte in der Jugendarbeit wenig hilfreich sein. Handelt es sich - wie in den Beispielen - bei der Besitzstörung um eine so genannte verbotene Eigenmacht, also um eine widerrechtliche Beeinträchtigung des Besitzes (nämlich ohne Gestattung des Besitzers), dann darf sich der Besitzer dieser verbotenen Eigenmacht eines anderen mit Gewalt erwehren ( 859 BGB). Diese recht weitgehend erscheinende gesetzliche Erlaubnis zur Gewaltausübung des Besitzers/Hausrechtsinhabers gegen einen Besitzstörer/Störer des Hausrechts erlaubt Handlungen der Besitzwehr und Besitzkehr. Die Besitzwehr berechtigt nach 859 Abs. 1 BGB zur Gewaltanwendung im Rahmen der Abwehr einer gegenwärtigen, verbotenen Eigenmacht des Besitzstörers. Praktisch ist diese Selbsthilfe zu verstehen als unmittelbare Reaktion zur Abwehr der Störung (z. B. jemandem den Zutritt ins Gebäude bzw. in den Raum mit körperlichen Mitteln verwehren). Die Besitzkehr beinhaltet die Entsetzung des Täters aus dem Besitz durch so genannte Nacheile, d. h., der rechtmäßige Besitzer bemächtigt sich seines Besitzrechtes wieder. Praktisch ist dies zu verstehen als anhaltende Verfolgung des Ziels, den alten rechtmäßigen Zustand des Besitzes wieder herzustellen (z. B. Verfolgung des Diebes bis zu seiner Wohnung und Wegnahme der gestohlenen Sache, jemanden notfalls aus der Einrichtung tragen). Das Selbsthilferecht als Abwehr gegen eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht (hier: unmittelbare Störung des Hausrechts) muss in der Ausübung allerdings verhältnismäßig sein. Das bedeutet, dass die (private) Gewaltanwendung insoweit eingeschränkt ist, als dass sie nicht über das zur Abwehr gebotene Maß hinausgehen darf. Wesentliche Aspekte der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind, ob es angemessen ist zu warten und seinen Hausrechtsanspruch auf dem Gerichtsweg mittels Klage durchzusetzen bzw. ob wegen der gegenwärtigen Gefahrenlage polizeiliche Gefahrenbeseitigung geboten erscheint. Insoweit hat der Besitzer einer (hausrechtsfähigen) Sache (z. B. der freie Träger als rechtmäßiger Nutzer einer Jugendeinrichtung) zunächst nach 859 Abs. 1 BGB mit der Abwehr einer gegenwärtigen Hausrechtsverletzung einen ersten unmittelbaren, u. U. gewaltsamen Selbsthilfeversuch, sich gegen die
6 Störung des Hausrechts zu wehren. Gelingt die Besitzwehr bzw. Besitzkehr unmittelbar nicht, stehen ihm die Selbsthilferechte aus 229 BGB zu. Selbsthilfe nach 229 BGB Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruches vereitelt oder wesentlich erschwert werde. ( 229 BGB) Zur Durchsetzung oder Sicherung des Hausrechtsanspruchs (das Hausrecht verpflichtet zur Duldung) ist nach 229 BGB ein Mehr an Selbsthilfe als bei der Besitzwehr bzw. kehr nach 859 Abs.1 BGB erlaubt. Allerdings ist sie zugleich an engere Voraussetzungen geknüpft, denn das Selbsthilferecht zur Wegnahme, Zerstörung oder Beschädigung einer Sache, das Festnahmerecht und das Recht zur Brechung eines Widerstandes setzt neben der auch hier zu beachtenden Verhältnismäßigkeit voraus, dass polizeiliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist. Öffentlich-rechtliches Hausrecht Hausrecht zur Erfüllung der Sachaufgaben Das öffentlich-rechtliche Hausrecht Vom zivilrechtlichen Hausrecht ist das öffentlich-rechtliche Hausrecht zu unterscheiden. Dies hier als Unterscheidung zu erwähnen hat zum einen den Grund, dass es in der Praxis auch öffentlich-rechtliche Träger von Einrichtungen der Jugendhilfe/Jugendarbeit gibt und zum anderen Jugendliche selbst Behördenkontakte wahrnehmen und dort mit dem Hausrecht in Konflikt geraten können (z. B. Ablehnung von Anträgen auf Sozialleistungen). Im Öffentlichen Recht fehlen ausdrückliche Ermächtigungsgrundlagen über die Befugnis zur Ausübung des Hausrechts. Grundlage des öffentlich-rechtlichen Hausrechts ist der ungeschriebene Rechtssatz, dass Hoheitsträger zur Erfüllung ihrer Sachaufgaben per Verhaltensanordnung Störungen abwehren können. Es gilt auch hier, dass in Bereichen des Öffentlichen Rechts letztlich auf die zivilrechtliche Figur des unmittelbaren Besitzes des ausübenden Organs zurückgegriffen wird, in der Regel also den Behördenleiter, der zur Wahrung des Hausrechts berechtigt ist. Durch innerdienstliche Delegation können andere Bedienstete als faktische Vertreter des Hausherrn mit der umfassenden oder eingeschränkten Ausübung des Hausrechts betraut werden. Ohne eine solche erklärte Berechtigung sind die beim Staat beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter lediglich in ihrer Eigenschaft als Besitzdiener zur Wahrnehmung der Ausweisungsberechtigung an den für ihre Tätigkeiten bestimmten räumlichen Bereichen befugt.
7 Recht auf Kontaktaufnahme Die staatlichen Organe, Behördenvertreter, Beschäftigten in öffentlich-rechtlich getragenen Einrichtungen haben die Pflicht, im Rahmen der Öffnungszeiten dem Bürger die Kontaktaufnahme mit der Verwaltung zu ermöglichen (z. B. Erziehungsberatungsstelle des Jugendamtes). Wird diese Obliegenheit im Einzelfall verletzt, so hat der davon Betroffene gleichwohl kein Recht, seine Anwesenheit in einem öffentlichen Gebäude mit Brachialgewalt zu erzwingen. Hier gilt nicht der Selbsthilfeanspruch aus 229 BGB, weil es in diesem Fall um das Verhältnis Bürger Staat geht (nicht Bürger Bürger). Aus Sicht des,öffentlichen Trägers ist bei Bürgern, die den Kontakt zu ihm suchen, das Übermaßverbot 2 zu beachten, wenn durch den Bürger verursachte Störungen abgewehrt werden müssen (ggf. kann eine Ermahnung/Abmahnung als milderes Mittel ausreichen). Wird das Übermaßverbot nicht beachtet, ist die Einschränkung des Kontaktes des Bürgers zum öffentlichen Träger rechtswidrig. Hausverbot gegenüber Dritten 1.2. Hausverbot Der zur Ausübung des Hausrechts Berechtigte kann wegen der Außenwirkung des Hausrechts (siehe oben) nur Dritten gegenüber (d.h. Personen, die nicht Besitzdiener sind) ein Hausverbot erteilen. Durch das Hausverbot wird den Betroffenen neben dem Betreten bzw. dem Aufenthalt ein bestimmtes Verhalten verboten. Auch bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit von erteilten Hausverboten ist zwischen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Zuordnung der Maßnahme zu unterscheiden. Ist ein Hausverbot ausgesprochen worden, kann der rechtswidrige Verstoß kraft eines stärkeren Rechts aufgehoben sein, insbesondere nach öffentlichem Recht, z. B. für Gerichtsvollzieher/innen oder Polizeibeamte/innen zur Vornahme von Amtshandlungen (z. B. Pfändung, Durchsuchung), soweit die gesetzlichen Voraussetzungen für die handelnden staatlichen Organe vorliegen. Gesetzliche Einschränkungen Zu beachten bleibt, dass die Ausübung des zivil- und öffentlich-rechtlichen Hausrechts sowohl durch dessen Träger als auch durch Dritte gesetzlichen Einschränkungen unterliegen kann. Sinn und Zweck solcher Einschränkungen ist, dass dem hinter dem Besitzschutz stehenden Friedensgedanken und dem Gewaltmonopol des Staates Rechnung getragen wird. Das heißt, dass die Durchsetzung der Rechte grundsätzlich dem Staat vorbehalten ist, um den Rechtsfrieden zu gewährleisten. 2 Die öffentliche Verwaltung hat bei ihrer Tätigkeit die allgemeinen Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Sie hat im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt (Grundsatz der Erforderlichkeit). Ferner muss die Maßnahme unterbleiben, wenn die zu erwartende Beeinträchtigung erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) [...] (aus: Kaufmann, Hans (Hrsg.): Rechtswörterbuch. 12. Aufl., München 1994, S ) (Anmerkung der Redaktion)
8 Hausfriedensbruch 1.3. Hausfriedensbruch Hausfriedensbruch begeht, wer in die Wohnung, die Geschäftsräume oder das "befriedete Besitztum" (z. B. eingezäunter Garten) eines anderen widerrechtlich eindringt oder sie trotz Aufforderung des Berechtigten (eine einmalige Aufforderung genügt) nicht verlässt ( 123 StGB). Durch den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs in 123 StGB soll das Hausrecht als Rechtsgut strafrechtlich geschützt und durchgesetzt werden. Es besteht sowohl an privaten als auch an öffentlichen Räumen, Gebäuden und Grundstücken. Verstöße gegen hausrechtliche Anordnungen können sofern es vom Berechtigten des Hausrechts angezeigt wird eine strafrechtliche Sanktion als Hausfriedensbruch zur Folge haben. Einen Hausfriedensbruch begehen und damit das Hausrecht verletzen kann nur, wer sich gegen den Willen des Berechtigten körperlich im geschützten Bereich aufhält. Das Recht, gegen sonstige störende Einwirkungen (z. B. Fernhalten von dem Hausherrn erwünschten Personen) vorzugehen, wird nicht von 123 StGB geschützt. Das strafrechtliche Hausrecht beschränkt den Inhalt des Hausrechts auf die Befugnis, Personen den Eintritt in die in 123 StGB aufgezählten Objekte zu verweigern oder sie hinauszuweisen. Beispielsweise hat jeder Eigentümer eines Grundstücks das Recht, andere Personen von der Benutzung seines Bodens auszuschließen ( 903 BGB). Man würde sich wegen Hausfriedensbruchs ( 123 StGB) strafbar machen, wenn man in ein befriedetes Besitztum widerrechtlich eindringt und sich auf die Aufforderung des Berechtigten hin nicht in jedem Falle entfernt.
9 Resümee Für das Verständnis des Hausrechts ist es wichtig, die zivil- und öffentlichrechtliche Seite auseinander zu halten. Das Zivilrecht begründet das Hausrecht unter Privaten und gibt Privaten ein Selbsthilferecht, das ihnen aufgrund des Besitzrechtes zustehende Hausrecht zu verteidigen. Hierbei ist das (private) Selbsthilferecht gestuft intensiv: So sind die Rechte nach 229 BGB weitergehend als die nach 859 Abs.1 BGB. Der Übergang zum öffentlichen Recht ergibt sich zum einen daraus, dass sich der Hausrechtsinhaber zur Durchsetzung seines Hausrechtes der Mittel des öffentlichen Rechtes bedienen kann (z. B. Polizei, Gerichte), zum anderen daraus, dass es auch Hausrechte öffentlicher Träger an ihren behördlichen Gebäuden/Räumen gibt und sich hier die Befugnisse des Hausrechts anders darstellen, weil die Bürger ein Recht auf Kontakt zur staatlichen Verwaltung haben. Davon zu unterscheiden ist polizeiliches Handeln in Situationen der Gefahrenabwehr und/oder als Strafermittlungsbehörde. Solches polizeiliche Handeln steht im Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit über dem Hausrecht einer privaten Person. Die rechtlichen Abgrenzungen zum Polizei- und Ordnungsrecht werden im nächsten Infoblatt mit einem Ko-Beitrag von polizeilicher Seite erläutert. Themen der beiden nächsten Ausgaben: Infoblatt Nr. 21: Hausrecht Hausverbot Hausfriedensbruch: Rechtliche Hinweise für Jugendarbeit und Polizei, Teil II Sonderausgabe Infoblatt Nr. 22: Suizidversuch
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