1 Einsatz von Fenstern mit Sonderanforderungen. 2 Nachweise. Rosenheimer Fenstertage 2010 Thorsten Kast, Georg Stein Fenster mit Sonderanforderungen
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- Ferdinand Baumgartner
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1 Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Kast, Dipl.-Ing. (FH) Georg Stein ift Rosenheim Einsatz, Nachweise und praktische Simulationstools für Fenster mit Sonderfunktionen wie NRWG, Fluchtweg oder Brandschutz 1 Einsatz von Fenstern mit Sonderanforderungen Die Anforderungen an Fenster werden immer höher. Fenster müssen nicht mehr nur luft-, wasser- und winddicht sein, sondern übernehmen immer öfter auch Sonderfunktionen als NRWG (natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte), Brandschutz- oder Flucht- und Rettungswegelement. In besonderen Fällen können sich sogar mehrere Funktionen in einem Element vereinen. So kann zum Beispiel ein Brandschutzelement auch mit einer Flucht- und Rettungswegfunktion ausgeführt sein. Ebenso können an ein NRWG zusätzliche Anforderungen eines Fensters gestellt werden. Hierbei spricht man auch von Multifunktionselementen. Bild 1 NRWG in der Fassade 2 Nachweise Nach der europäischen Bauproduktenrichtlinie muss der bestimmungsgemäße Einsatz von Bauprodukten wie NRWG oder Brandschutzfenster und -türen, nachgewiesen werden. In Deutschland ist diese Richtlinie durch das Bauproduktengesetz umgesetzt. Dieses regelt das in Verkehrbringen von Bauprodukten sowie deren freien Warenverkehr. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat die Aufgabe, die technischen Regeln für Bauprodukte und Bauarten in der Bauregelliste aufzustellen und im Einvernehmen mit den obersten Bauaufsichtsbehörden der Länder bekannt zu machen. Die Bauregelliste besteht aus der Bauegelliste A (nationale Bauprodukte mit Ü-Kennzeichnung bzw. CE + Ü-Kennzeichnung), Bauregelliste B (europäische Bauprodukte mit CE- Kennzeichnung) und Bauregelliste C (Bauprodukte von untergeordneter Bedeutung ohne entsprechende Kennzeichnung). Eine Zulassung wird in Deutschland durch das DIBt und eine Zustimmung im Einzelfall durch die oberste Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundslandes erteilt. Da komplette Brandschutzelemente in keiner Bauregelliste aufgeführt werden, benötigen diese eine bauaufsichtliche Zulassung. Ein Beispiel hierfür sind Brandschutzfenster (öffenbare, selbstschließende Brandschutzverglasungen) für die durch das DIBt sogenannte abz (allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen) erstellt werden. Die Prü- ift Rosenheim Seite 131 von 156
2 fung der Feuerwiderstandsdauer erfolgt nach EN und die der Dauerfunktion nach EN Die Forderung der selbstschließenden Eigenschaft müssen von den Fenstern zusätzlich erfüllt werden. Sind nun in einem Multifunktionselement geregelte und ungeregelte Bauprodukte vereint, muss auf jeden Fall eine bauaufsichtliche Zulassung beantragt werden. Funktionssicherheit Re X mit oder ohne Doppelfunktion zur Lüftung Öffnen mit Last SL X (bei NRWG zum Dacheinbau) Niedrige Umgebungstemperatur T(X) Windlast WL X Wärmebeständigkeit B X Brandverhalten von Baustoffen z. B. A1 Aerodynamisch wirksame Öffnungsfläche A a = X m² Im Zertifikat zur CE-Kennzeichnung sind gemäß dem Beschluss der Sektor-Gruppe SG07 folgende Einsatzbereiche von NRWG zu unterscheiden und wie folgt anzugeben: Bild 2 Beispiel einer automatischen Schiebetür mit Fluchtwegfunktion Für Bauprodukte nach Bauregelliste B existieren in der Regel harmonisierte europäische Normen oder europäisch technische Zulassungen. So auch für Fenster nach EN und für NRWG nach EN Diese sind beides Produktnormen und demnach muss ein CE-Kennzeichen mit Angabe der Leistungseigenschaften auf dem Produkt angebracht werden. Die Leistungseigenschaften der Bauprodukte sind durch eine notifizierte Prüfstelle nachzuweisen. Bei NRWG nach EN sind auf dem CE- Kennzeichen folgende Leistungseigenschaften anzugeben: Variante 1: Einsatzbereich zur Dachmontage / zur Wandmontage und/oder Variante 2: geprüft unter Einfluss von Seitenwind / geprüft ohne den Einfluss von Seitenwind z. B. für Wandmontage oder äquivalente Formulierung Variante 3: Dieses NRWG darf nur in solchen Einbausituationen verwendet werden, bei denen keine Seitenwindgefährdung gegeben ist. Dies kann beispielsweise durch eine geeignete Einbausituation oder andere technische Maßnahmen wie z. B. einer windrichtungs- und windgeschwindigkeitsabhängige Steuerung gegeben sein. / Dieses NRWG ist geeignet für den Einbau in Flachdächern und Dächern mit geringer Neigung. Die aerodynamisch wirksame Öffnungsfläche kann an einem Original-Probekörper oder auch an einem maßstäblich verkleinerten Modell ermittelt werden. Aufgrund der hohen Anzahl von Einflussfaktoren wie Öffnungsart, Öffnungswinkel, Seitenverhältnis, Einbauart etc. kann der Prüfaufwand sehr umfangreich werden. Seite 132 von 156 ift Rosenheim
3 3 Rechnergestützte Simulation Durch die Simulation einer physikalischen Prüfung am Computer kann der Prüfablauf erheblich optimiert und somit der gesamte Prüfaufwand in einem gewissen Rahmen gehalten werden. So ist es bereits heute im Bereich der U-Wert- und Isothermenverlaufsermittlung Stand der Technik, die Vorteile der rechnergestützten Simulationen zu nutzen. Neben diesen bereits seit Längerem eingesetzten Simulationstools können am ift Rosenheim jetzt auch die Strömungseigenschaften eines NRWG am Computer berechnet werden. Im Einzelnen werden dabei schon vor Beginn der realen Prüfung die kritischen Anströmwinkel und die physikalischen Grenzen wie z. B. der maximal mögliche Einbauwinkel des zu prüfenden Systems ermittelt. Im Anschluss an die simulierte Prüfung sind die Ergebnisse noch durch eine optimierte Auswahl an realen Prüfungen am Probekörper oder einem verkleinerten Modell zu verifizieren. Die Funktionalität eines NRWG als Rauchabzug ist aber nicht nur von der durch die Prüfung bestimmten aerodynamisch wirksamen Öffnungsfläche, sondern auch von der Einbausituation am Gebäude abhängig. Durch die rechnergestützte Simulation der Wind- und Druckverhältnisse in einem Gebäude mit und ohne Einfluss von Seitenwind kann die Wirksamkeit von kompletten RWA-Anlagen deutlich besser eingeschätzt werden. 4 Fazit Sobald sich verschiedene insbesondere sicherheitsrelevante Funktionen in einem Bauelement vereinen, ist zu klären, welche dieser Funktionen im Ernstfall Priorität besitzen. Es muss klargestellt sein, ob dieses Produkt eine bauaufsichtliche Zulassung, ein bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine Zustimmung im Einzelfall benötigt. Benötigt ein Produkt Nachweise und Zulassungen aus verschiedenen Bereichen oder mit verschiedenen Schutzzielen, muss mit dem notifizierten Prüfinstitut eine Abstimmung der Prüfungen erfolgen. Durch die rechnergestützte Simulation der Strömungseigenschaften von NRWG kann in Zukunft der Prüfablauf zur Bestimmung der aerodynamisch wirksamen Öffnungsfläche optimiert werden. Darüber hinaus bietet die Strömungssimulation bei Gebäuden eine gute Hilfestellung zur Entwicklung von Entrauchungskonzepten. Bild 3 Beispiel einer rechnergestützten Simulation am ift Rosenheim zur Ermittlung der aerodynamisch wirksamen Öffnungsfläche Somit ist es mit Hilfe der rechnergestützten Simulation auch möglich strömungstechnische Voruntersuchungen durchzuführen, ohne vorher einen Probekörper oder ein Modell erstellen zu müssen. ift Rosenheim Seite 133 von 156
4 Wissenswertes in Kürze 1 Multifunktionselemente sind Fenster, die mehrere Funktionen in sich vereinen. 2 In der CE-Kennzeichnung können die Leistungseigenschaften von mehreren Produktnormen angegeben werden, es ist aber auf eine vollständige Kennzeichnung zu achten. 3 Sind in einem Multifunktionselement geregelte und ungeregelte Bauprodukte vereint, muss auf jeden Fall eine bauaufsichtliche Zulassung beantragt werden. 4 Strömungssimulation kann die Aerodynamikprüfung von NRWG optimieren und den Prüfaufwand reduzieren. 5 Durch Strömungssimulation ganzer Gebäude kann die Wirksamkeit von RWA-Anlagen untersucht werden. 6 Sich widersprechende Anforderungen wie zum Beispiel Brandschutzelement mit Fluch- und Rettungswegfunktion sind die Regel! Seite 134 von 156 ift Rosenheim
5 Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Kast Geboren am 24. August 1977 in Seeheim-Jugenheim Ausbildung zum Holzmechaniker bei 3 K Möbel in Worms, Abschluss als Holzmechaniker Fachoberschule Bensheim, Abschluss: Fachhochschulreife Studium an der Fachhochschule Rosenheim, Fachbereich Holztechnik Abschluss: Dipl.-Ing. (FH) Praktikum am ift Rosenheim Bereich Materialprüfung 2005 Diplomarbeit am ift Rosenheim Thema: Erstellen einer Prüfrichtlinie für Fensterrahmeneckverbindungen und Validieren der ermittelten Ergebnisse Mitarbeiter am ift Rosenheim, Bereich Forschung und Entwicklung, Projektingenieur seit 2007 seit 07/2010 ift Rosenheim, Bereich MSR- & Prüftechnik, Kalibrierung; Prüfingenieur Produktingenieur Stv. Prüfstellenleiter Geschäftsbereich TGA, alternative Energien ift Rosenheim Seite 135 von 156
6 Dipl.-Ing. (FH) Georg Stein Geboren am 23. Mai 1979 in Rosenheim Ausbildung zum Elektroinstallateur an der Berufschule Rosenheim mit Berufsabschluss an der Handwerkskammer München 1999 Tätigkeit als Elektroinstallateur 2000 Fachabitur an der Berufsoberschule in Rosenheim 2001 Wehrdienst im Hochgebirgszug Berchtesgaden Diplomstudium Elektrotechnik Fachrichtung Automatisierungstechnik an der Fachhochschule Rosenheim 2007 Diplom im Fach Elektrotechnik seit 2007 Mitarbeiter am ift Rosenheim in der Abteilung Mess-Steuer- Regelungstechnik und Prüfmittelbau sowie Aerodynamikprüfungen an NRWG seit 07/2010 Produktingenieur, Stv. Prüfstellenleiter Geschäftsbereich TGA, alternative Energien Seite 136 von 156 ift Rosenheim
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