Der Beitrag von Biokraftstoffen zur Erreichung der Klimaziele ist auf EU Ebene in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie
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- Karlheinz Bachmeier
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1 Zur Vermeidung des Klimawandels und Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 2 Grad hat sich die EU das Ziel gesetzt, ihre Treibhausgasemissionen (THG) bis 2050 gegenüber 1990 um % zu reduzieren. Laut Weißbuch Verkehr der EU Kommission muss der Verkehrssektor bis 2050 seine THG-Emissionen dafür um mindestens 60% reduzieren. 1 Der WWF Deutschland betont in diesem Zusammenhang die große Bedeutung, die nachhaltigen Biokraftstoffen bei der Dekarbonisierung des Verkehrssektors und insbesondere im Schwerlastverkehr sowie Flugverkehr zukommt. 2 In diesen Einsatzbereichen gibt es jenseits von weiteren Effizienzsteigerungen, Verkehrsverlagerung und Verkehrsvermeidung aktuell keine Alternativen zu Biokraftstoffen, möchte man die THG-Emissionen bis 2050 drastisch reduzieren. Der Beitrag von Biokraftstoffen zur Erreichung der Klimaziele ist auf EU Ebene in der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) sowie der Kraftstoffqualitätsrichtlinie (FQD) geregelt. 3 Die RED legt für das Jahr 2020 einen verpflichtenden Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung des Verkehrs in Europa von 10% fest. Dieser Anteil ist über den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien sowie Biokraftstoffen zu erreichen. Laut FQD müssen Anbieter die Lebenszyklustreibhausgasemissionen von Kraftstoffen und Energieträgern um 6% reduzieren. Auch für die Erreichung dieses Ziels spielen Biokraftstoffe eine erhebliche Rolle. Beide Richtlinien werden aktuell auf europäischer Ebene mit dem Ziel geändert, mögliche indirekten Landnutzungsänderungen (ILUC) durch die Erzeugung von Biokraftstoffen Rechnung zu tragen, da diese den Klimanutzen von Biokraftstoffen in Frage stellen und zu einem Konflikt der Biomasseproduktion mit der Nahrungsmittelproduktion führen. Nur wirklich nachhaltige Biokraftstoffe sollen im Verkehrssektor eingesetzt werden. Der Kommissionsvorschlag zur Umsetzung dieser Änderung zielt auf eine Abkehr von konventionellen, nahrungsmittelbasierten Biokraftstoffen der ersten Generation hin zu fortschrittlichen 1 Europäische Kommission 2013: Weißbuch: Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem, 2 WWF Deutschland 2009: Modell Deutschland: Klimaschutz bis 2050, 3 Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen; Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen 1 Hintergrund
2 Biokraftstoffen der zweiten Generation. Kern des Kommissionsvorschlags ist eine Begrenzung des Beitrags konventioneller, nahrungsmittelbasierter Biokraftstoffe der ersten Generation zur Erreichung des 10% Ziels der RED auf 5%. Des Weiteren sollen fortschrittliche Biokraftstoffe der zweiten und dritten Generation durch eine Mehrfachanrechnung bei der Erreichung des 10%-Ziels gefördert werden. Das dritte Element des Kommissionsvorschlags betrifft die Anerkennung von indirekten Landnutzungsänderungen durch Biokraftstoffproduktion. Sowohl RED als auch FQD verpflichten Kraftstofflieferanten und Mitgliedsstaaten zu einer Berichterstattung über THG- Emissionen der Biokraftstoffproduktion, die aus indirekten Landnutzungsänderungen resultieren. Der WWF begrüßt im Kern den Kommissionsvorschlag zur Umsetzung der Richtlinienänderung, fordert jedoch in drei Kernpunkten eine Nachbesserung durch das Parlament, damit die Nachhaltigkeit und Unbedenklichkeit des dringend benötigten Einsatzes von Biomasse im Verkehr sichergestellt werden kann. Mit Sorge betrachtet der WWF vor diesem Hintergrund das bereits vorliegende Abstimmungsergebnis des meinungsgebenden Industrieausschusses (ITRE) des Europäischen Parlaments. Das Ergebnis stellt den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu indirekten Landnutzungsveränderungen durch Biokraftstoffe komplett in Frage und schlägt unter anderem ein erhöhtes Cap von 6.5% für den Beitrag von nahrungs- und futtermittelbasierten Biokraftstoffen bei der Erreichung des 10%-Erneuerbare Energien Ziels im Verkehr ein. Dieses Ergebnis stellt eine deutliche Aufweichung des Kommissionsvorschlags dar. Es liegt nun am federführenden Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI), die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen sowie ihren maximalen Beitrag zur Senkung der THG- Emissionen im Verkehrssektor durch einen zielgerichteten Vorschlag sicherzustellen. Vorschlag der Europäischen Kommission Deckelung des Beitrags nahrungsmittelbasierten Biokraftstoffe (Öl-, Zucker- & Stärkepflanzen) zur Erreichung des 10%-Ziels der RED auf 5%. Dies entspricht in etwa dem aktuellen Produktionslevel. Keine öffentlichen finanziellen Zuwendungen für Biokraftstoffe auf der Basis von Nahrungsmittelpflanzen nach Ein Cap von 5% würde das jetzige Produktionsniveau für Biokraftstoffe erster Generation bis 2020 festschreiben. Dies wäre ein erster positiver Schritt in die richtige Richtung, da so eine Ausweitung der Nutzung von Nahrungsmittelpflanzen für die Kraftstoffproduktion der EU verhindert würde. Wirkung würde ein Cap jedoch nur bei einer gleichzeitigen Einführung in die FQD entfalten, da sonst die Konsistenz der beiden Regelwerke nicht gesichert ist und die Ausweitung nahrungsmittelbasierter Biokraftstoffe nicht verhindert werden kann. Der Cap alleine kann jedoch die an den Biokraftstoffen erster Generation bestehenden Kritikpunkte aufgrund indirekter Landnutzungsänderungen und fehlender sozialer Nachhaltigkeitskriterien nicht lösen (siehe Forderung zwei zur Einführung von ILUC- Faktoren). Der WWF fordert das Festhalten an einem Cap von maximal 5% in der RED, um eine Ausweitung der Verwendung nahrungsmittelbasierter Biokraftstoffe zu verhindern. Dieser Cap muss auch in der Kraftstoffqualitätsrichtlinie umgesetzt werden. 2
3 Der Kommissionsvorschlag verankert sowohl für Kraftstofflieferanten und als auch für Mitgliedsstaaten eine verpflichtende jährliche Berichterstattung über Emissionen, die aus indirekten Landnutzungsänderungen der Produktion von Biokraftstoffen resultieren Beim Carbon Accounting, der für Kraftstofflieferanten verpflichtenden Bilanzierung der Lebenszyklus THG-Emissionen ihrer verkauften Kraftstoffe und Energieträger, die der Überprüfung der Erreichung des 10%-Ziels der RED sowie der 6%-Reduktion aus der FQD zugrunde liegt, werden jedoch die aus indirekten Landnutzungsänderungen resultierenden Emissionen nicht berücksichtigt. Eine akkurate Emissionsbilanzierung, inklusive Emissionen durch indirekte Landnutzungsänderungen, ist signifikant wichtig, um die tatsächlich erreichten THG- Emissionseinsparungen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen offenzulegen. Der Kommissionsvorschlag begrenzt die Einführung von ILUC Faktoren auf das Emissions-Reporting für nahrungsmittelbasierte Rohstoffe. Dieser Ansatz ist aus der Sicht des WWF zu begrenzt, da alle landbasierten Rohstoffe indirekte Landnutzungsänderungen haben können (siehe Punkt 3 zu Lignozellulose). Durch die fehlende Berücksichtigung von ILUC-Faktoren in RED und FQD auch für das Emissions-Accounting wird der angestrebte Übergang zu nachhaltigeren Biokraftstoffen blockiert, da die ILUC-Emissionen der Biokraftstoffe der ersten Generation, welche zur Erreichung des 5%-Caps der RED sowie des 6%-THG Reduktionspflicht der FQD eingesetzt werden, nicht berücksichtigt sind. Der Kommissionsvorschlag sieht als Nachhaltigkeitskriterium für Biokraftstoffe eine Mindest-THG Einsparung von 60% vor, um überhaupt für die Erreichung der Vorgaben aus RED und FQD zugelassen zu werden. 4 Ohne Berücksichtigung der ILUC Emissionen von landbasierten Biokraftstoffen würden in der Folge weiter Biokraftstoffe z.b. auf der Basis von Palmöl diese Hürde schaffen, obwohl sie sehr erhebliche Lebenszyklus-THG- Emissionen verursachen. Eine priorisierte Verwendung von Biokraftstoffen der ersten Generation mit niedrigeren Gesamt-THG Emissionen innerhalb des angestrebten 5% Caps wird so verhindert. Der WWF fordert die Aufrechterhaltung der von der Kommission vorgeschlagenen ILUC Reporting Pflichten für Kraftstofflieferanten und Mitgliedsstaaten sowohl in der RED als auch in der FQD. Weiter müssen die ILUC Emissionsfaktoren von Biokraftstoffen in beiden Richtlinien für das der Zielerreichung zugrunde gelegte Carbon Accounting verpflichtend integriert werden. Der WWF empfiehlt die Implementation der ILUC-Faktoren in die Richtlinien spätestens 2017, wenn ein Großteil der Investitionen in Produktionskapazitäten von landbasierten Biokraftstoffen (die 95% im Biodieselsektor ausmachen) amortisiert wurde. 5 Der WWF unterstützt den Ansatz der Kommission die existierenden Berechnungsmodelle zur Bestimmung der ILUC Emissionsfaktoren anhand des wissenschaftlichen Fortschritts laufend weiterzuentwickeln. Auch sollten verschiedene Optionen für eine auf Projektbasis mögliche geringere Ansetzung von ILUC Faktoren, z.b. auf Basis der Low Indirect Impact Biofuels Methode 6 im Berechnungsmodell einbezogen werden. 4 Für vor diesem Datum installierte Kapazitäten gilt eine Mindest-THG Einsparung von 35% bzw. von 50% ab dem 1. Januar 2017 und 60% ab dem 1. Januar Ecofys 2012: Assessing grandfathering options under an EU ILUC policy 6 Ecofys 2011: Responsible Cultivation Areas Identification and certification of feedstock production with a low risk of indirect effects 3
4 Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht vor, Biokraftstoffe aus Abfällen verschiedener Art, Algen und Waldrestoffen sowie erneuerbaren Kraftstoffen aus nicht biologischem Ursprung mit dem Faktor 4 auf das 10% Ziel anzurechnen. Der Einsatz von innovativen Biokraftstofftechnologien ist sehr erstrebenswert, jedoch nur mit rechtzeitiger und ausreichender Beobachtung und kritischer Handhabung, um auch für Biokraftstoffe der zweiten Generation die Nachhaltigkeit der Verwendung sicherzustellen. Im Vorschlag der Kommission fehlt jedoch eine klare einheitliche Definition von Abfälle und Restprodukten sowie eine konkrete Liste brauchbarer Rohstoffquellen. Abfälle und Reststoffe können sehr unterschiedliche Ursprünge haben und sind zum großen Teil schon differenzierten Nutzungskaskaden unterworfen. Auch eine Übernutzung von Reststoffen wie sich langsam zersetzender Restprodukte oder Stroh kann sich negativ auf unser Ökosystem auswirken. Unter den jetzigen Rahmenbedingungen des Kommissionsvorschlages spricht sich der WWF gegen eine Mehrfachanrechnung der vorgeschlagenen Materialien aus. Eine 4-fach Anrechnung könnte falsche Anreize setzen und Materialien bevorzugen, welche nicht zielführend für die Entwicklung von Biokraftstoffen der zweiten Generation sind. Außerdem würde eine Mehrfachanrechnung gewisser Biokraftstoffe dazu führen, dass das Ziel eines Anteils von 10% erneuerbaren Energien im Verkehr de facto nicht erreicht würde. Erfahrungen in UK, Niederlande und auch Deutschland zeigen auch das mit einer hohen Mehrfachanrechnung verbundene Betrugspotential. Der WWF fordert, die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen der zweiten Generation zu überprüfen, um Fehlanreizen vorzubeugen. Der WWF fordert zudem eine einheitliche Definition von Abfällen und Reststoffen sowie die Überprüfung der von der Kommission vorgeschlagenen Liste für die Mehrfachanrechnung qualifizierender Rohstoffen, um indirekten Effekten und nachhaltigen Grenzen der Abfälle und Restprodukte Rechnung zu tragen. Dazu sollte frühzeitig eine Roadmap entwickelt werden, welche die Kernfragen der Technologien beleuchtet. Statt der Mehrfachanrechnung von fortschrittlichen Biokraftstoffen sind weitere Maßnahmen zu prüfen, um den z.b. Beitrag der Elektrifizierung des Verkehrs zur Erreichung der Ziele aus der RED und FQD zu erhöhen. 4
5 Doppelanrechnung von Biokraftstoffen, welche aus gebrauchtem Speiseöl, tierischen Fetten, zellulosehaltigem non-food Material und lignozellulosehaltigem Material (Holz) auf das 10% Ziel. Im aktuellen Kommissionsvorschlag sind bis jetzt keine ILUC Faktoren für Lignozellulose hinterlegt. Die Nutzung von lignozellulosehaltigem Material für die Herstellung von Kraftstoffen ist vielversprechend aufgrund der möglichen THG Einsparungen. Durch die Doppelanrechnung können jedoch auch Anreize für die vermehrte Verwendung von lignozellulosehaltigem Material entstehen, welches durch die Nutzung von fruchtbarem Land z.b. für Kurzumtriebsplantagen ebenfalls mit einer ILUC Problematik verbunden ist. Auch der Verlust von Kohlenstoffvorräten in Waldböden durch den Abzug von Waldrestoffen kann einen nicht beabsichtigten negativen Effekt auf die THG-Reduktion haben. Die Mehrfachanrechnung von Lignozellulose widerspricht somit möglicherweise dem Ziel des Kommissionsentwurfes einer Eindämmung der ILUC Problematik. Die Nachhaltigkeitsaspekte von lignozellulosem Material müssen auf Rohmaterialbasis betrachtet und einer möglichen Übernutzung vorgebeugt werden. Für die Nutzung von Waldholz und Waldrestholz muss zusätzlich zu ILUC auch das Konzept von Carbon debt mit in die Betrachtung einbezogen werden. Ein differenzierter ILUC Faktor sollte ab 2017 für alle landbasierten Kraftstoffe eingeführt werden, um auch dem landbasierten Ausbau von Lignozellulose Rechnung zu tragen. Auch hier sollten jedoch verschiedene Optionen für eine auf Projektbasis mögliche geringere Ansetzung von ILUC Faktoren, z.b. auf Basis der Low Indirect Impact Biofuels Methode 7 im Berechnungsmodell einbezogen werden. Ansprechpartner: Jenny Walther-Thoß Referentin Nachhaltige Biomasse Fachbereich Landwirtschaft; EU-Politik & Biomasse WWF Deutschland Direkt: +49 (30) jenny.walther-thoss@wwf.de Johannes Erhard Referent Mobilität Fachbereich Klima- und Energiepolitik WWF Deutschland Direkt: +49 (30) johannes.erhard@wwf.de 7 Ecofys 2011: Responsible Cultivation Areas Identification and certification of feedstock production with a low risk of indirect effects 5
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