A. Kampfl, R. Beer, E. Schmutzhard. T. Brandt, H.C. Diener, C. Gerloff (Hrsg.) Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen
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- Agnes Margarethe Hofer
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1 A. Kampfl, R. Beer, E. Schmutzhard ISBN Kapitel G3 aus T. Brandt, H.C. Diener, C. Gerloff (Hrsg.) Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2012 Kohlhammer
2 G 3 von A. Kampfl, R. Beer und E. Schmutzhard Abkürzungen CBF CPP CT DSA EDH EEG EVP GCS ICP MAP MRT pco 2 po 2 (t)sab SDH SHT SjO 2 pto 2 G 3.1 zerebraler Blutfluss zerebraler Perfusionsdruck Computertomographie digitale Subtraktions-Angiographie Epiduralhämatom Elektroenzephalographie evozierte Potenziale Glasgow Coma Scale intrakranieller Druck/Hirndruck arterieller Mitteldruck Magnetresonanztomographie Kohlendioxidpartialdruck im Blut Sauerstoffpartialdruck im Blut (traumatische) Subarachnoidalblutung Subduralhämatom jugular-venöse Sauerstoffsättigung Gewebe-Sauerstoffpartialdruck Epidemiologie Die Inzidenz des s (SHT) beträgt in der EU ca. 200 pro Einwohner pro Jahr (Tagliaferri et al. 2006). Da jedoch ca % der Patienten mit einem SHT in der Prähospitalphase versterben und ca % keine akute medizinische Versorgung in Anspruch nehmen, sind die epidemiologischen Daten zum SHT in ihrer Aussagekraft limitiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Verhältnis von Patienten mit einem leichten, mittelschweren und schweren SHT (s. Definition), die lebend in ein Krankenhaus aufgenommen werden, 8 : 1 : 1 beträgt (Corrigan et al. 2010). Die Inzidenz des SHT ist am höchsten zwischen dem 15. und 24. Lebensjahr bzw. nach dem 75. Lebensjahr. Männer sind häufiger betroffen als Frauen (Verhältnis ca. 1,5 : 1). Ca. 40 % aller SHT ereignen sich im Rahmen von Verkehrsunfällen, 25 % sind durch Stürze bedingt und 25 % durch Sport-, Freizeit- und Arbeitsunfälle (Tagliaferri et al. 2006). Eine Zunahme ist bei SHT infolge körperlicher Gewalt zu verzeichnen, die Häufigkeit wird rezent mit 7 10 % angegeben (Butcher et al. 2007). Das SHT stellt im jungen Erwachsenenalter die häufigste Todesursache dar. Die Letalität beträgt insgesamt ca. 10 % und für hospitalisierte Patienten 1 3 %. Während Verkehrsunfälle die Haupttodesursache von SHT-Patienten zwischen dem 15. und 24. Lebensjahr darstellen, repräsentieren Stürze die häufigste Todesursache ab dem 75. Lebensjahr (Tagliaferri et al. 2006). Eine erhöhte Letalität und Morbidität zeigt sich auch bei Patienten mit niedrigem sozioökonomischen Status, Alkohol- und Drogenabusus. Hinsichtlich der sozioökonomischen Folgen, die durch SHT-Patienten verursacht werden, wird zwischen direkten (z. B. bedingt durch die medizinische Versorgung von SHT-Patienten) und indirekten Kosten unterschieden (entstehen durch den Verlust bzw. die Unterbrechung der Erwerbsfähigkeit). Die Gesamtkosten, die jährlich in den USA für SHT-Patienten anfallen, werden auf über 60 Milliarden US- Dollar geschätzt (Maas et al. 2008). Aufgrund dieser Daten kommt der Prävention des SHT eine besondere Bedeutung zu. Das Anlegen eines Sicherheitsgurts reduziert das Risiko, bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen um 49 %, für Airbags beträgt die Risikoreduktion 17 %. Hinsichtlich des Tragens eines Helms wird die Risikoreduktion für einen letalen Verkehrsunfall mit 74 % für Motorradfahrer bzw. 39 % für Fahrradfahrer angegeben (Cummings et al. 2006). G 3.2 Definition und Klassifikation Der Schweregrad des SHT wird mithilfe des Glasgow Coma Scale (GCS) Score (Tab. G 3.1) (Teasdale und Jennett 1974) bestimmt. Dabei werden die Fähigkeit des Augenöffnens, die verbale Antwort und die motorische Reaktion beurteilt. Der GCS ist unmittelbar am Unfallort, nach kardialer, hämodynamischer und respiratorischer Stabilisierung, vor Gabe bzw. nach Metabolisierung von Analgosedativa und Relaxanzien zu erheben. Ein leichtes SHT liegt bei einem GCS von vor (falls eine Bewusstseinsstörung eintritt, dauert diese maximal 15 Minuten an, die Dauer der posttraumatischen Amnesie beträgt meist weniger als eine Stunde). Neurologische Fokalzeichen fehlen, das Schädel CT zeigt in der Regel keine Parenchymläsionen. Ein mittelschweres SHT ist durch einen GCS von 12 9 definiert (die Bewusstseinsstörung und die posttraumatische Amnesie können bis zu 24 Stunden andauern). Ein schweres SHT liegt definitionsgemäß bei einem GCS von 8 3 vor (die Dauer der Bewusstlosigkeit beträgt mehr als 24 Stunden). Der positive prädiktive Wert des GCS bezüglich der Letalität liegt bei ungefähr 70 %. Ein initialer GCS von 3 ist mit einer Letalität von ca. 80 % assoziiert, bei einem GCS von 7 13 beträgt die Letalität %. Die Aussagekraft des GCS im Hinblick auf die Langzeitmorbidität von SHT-Patienten ist jedoch gering (Marmarou et al. 2007). 753 G 3
3 Intensivneurologie Tab. G 3.1: Glasgow Coma Scale (GCS) Score Zu bewertende Reaktion Beobachtete Reaktion Punkte Augenöffnen spontan 4 auf Aufforderung 3 auf Schmerzreiz 2 kein Augenöffnen 1 Verbale Antwort voll orientiert, prompte Antwort 5 unvollständig orientiert 4 verwirrt, unangemessen 3 unverständlich 2 keine verbale Antwort 1 Motorische Reaktion adäquat auf Aufforderung 6 gezielte Abwehr auf Schmerzreize 5 ungezielte Abwehr 4 Beugesynergismen 3 Strecksynergismen 2 keine Bewegung 1 G 3.3 Pathologie Das Verletzungsmuster nach einem SHT beinhaltet Läsionen der Weichteile, des Knochens, der Gefäße und des Hirnparenchyms (McArthur et al. 2004). Prinzipiell muss zwischen einem offenen (penetrierenden) und einem geschlossenen (gedeckten) SHT unterschieden werden. Das offene SHT ist durch ein Zerreißen der Dura mater definiert. Je nach Art der Verletzung unterscheidet man zwischen fokalen und diffusen Schädigungen (Tab. G 3.2). Hervorzuheben ist, dass es sich beim SHT um einen dynamischen Prozess handelt und sich die Mehrzahl der Verletzungsfolgen meist binnen 6 8 Stunden entwickelt (Narayan et al. 2008). So ist bei fokalen Verletzungen in ca % mit einer Größenzunahme bzw. dem Auftreten neuer Läsionen zu rechnen. Eine Progredienz diffuser Verletzungen ist in ca. 16 % zu verzeichnen (Maas et al. 2008). Tab. G 3.2: Verletzungsmuster nach SHT Fokale Verletzungen Schädelfrakturen Traumatische intrakranielle Hämatome (EDH, SDH, traumatische SAB) Kontusionen Diffuse Verletzungen Diffuse axonale Verletzung (DAI) Diffuse vaskuläre Schädigung (globale zerebrale Ischämie) Hirnschwellung und traumatisches Hirnödem (zytotoxisch, vasogen, hydrostatisch, osmotisch) Andere Verletzungen (vgl. Hirnnervenläsionen, traumatische Gefäßverletzungen) Schädelfrakturen werden klassifiziert nach Lokalisation, Typ (vgl. Biegungsfraktur, Berstungsfraktur) und Form. Bei offenen Schädelbasisfrakturen kann es zum Auftreten einer Oto- oder Rhinoliquorrhoe kommen, diese wird durch den Nachweis von Betatrace-Protein bzw. Beta-2-Transferrin aus dem Nasen- bzw. Ohrsekret bestätigt. Schädelfrakturen sind auch mit einem erhöhten intrakraniellen Blutungsrisiko assoziiert, wobei dieses Risiko mit abnehmendem GCS zunimmt. So beträgt das Risiko für das Auftreten einer traumatischen intrakraniellen Blutung bei wachen Patienten ohne Schädelfraktur ca. 0,1 %, bei Vorliegen einer Bewusstseinsstörung plus Schädelfraktur steigt dieses Risiko auf ca. 25 % an. Epiduralhämatome (EDH) treten bei 5 15 % aller tödlich verlaufenden SHT auf. Meist sind EDH temporal lokalisiert und resultieren aus Sickerblutungen aus dem Frakturspalt oder verletzten Duragefäßen (häufig arterielle Blutungen aus Ästen der Arteria meningea media, seltener venöse Blutungen). EDH können während des Krankheitsverlaufs an Größe zunehmen (in bis zu 50 % der Fälle), dies kann sich bis zum 14. Tag nach dem SHT ereignen. Eine besonders hohe Mortalität haben EDH der hinteren Schädelgrube (Oertel et al. 2002). Traumatische Subduralhämatome (SDH) zeigen sich bei 5 22 % der SHT-Patienten (Oertel et al. 2002). In der Regel entstehen SDH durch das Zerreißen venöser Blutleiter (vgl. kortikale Venen, Brückenvenen, Sinus) und sind oft, im Gegensatz zu den EDH, mit Parenchymläsionen verbunden. Eine traumatische Subarachnoidalblutung (tsab) lässt sich bei bis zu 50 % der Patienten mit einem schweren SHT (Oertel et al. 2002) nachweisen. Ein Drittel der Patienten mit einer tsab entwickelt zwischen dem Tag post Trauma einen Vasospasmus, der in bis zu 30 % der Fälle zu einer zerebralen Ischämie führen kann (Oertel et al. 2005). 754
4 Kontusionen sind meist frontotemporal nachweisbar, Parietal-, Okzipitallappen und Kleinhirn sind seltener betroffen. Die Häufigkeit von Kontusionen bei SHT-Patienten liegt zwischen % (Bullock et al. 2006). Risikofaktoren für eine Größenzunahme hämorrhagischer Kontusionen sind Gerinnungsstörung, höheres Lebensalter und männliches Geschlecht (Oertel et al. 2002). Diffuse axonale Verletzungen sind die Folge von Rotations- und Akzelerationskräften, die bei entsprechender Intensität zu einer gegengleichen Rotation von Großhirn- und Kleinhirn-Hemisphären führen, sodass im Bereich der»konnektionspunkte«(vgl. Corpus callosum und dorsolateraler oberer Hirnstamm) Scherverletzungen resultieren (McArthur et al. 2004). Diffuse axonale Verletzungen treten insbesondere dann auf, wenn der Kopf gegen weiche Gegenstände prallt (zum Beispiel Innenverkleidung von Autos). Patienten mit einer diffusen axonalen Verletzung zeigen im Vergleich zu SHT-Patienten, die dieses Verletzungsmuster nicht aufweisen, seltener intrakranielle Hämatome, Kontusionen, erhöhte intrakranielle Druckwerte und Schädelbasisfrakturen, dennoch sind diffuse axonale Verletzungen mit einem ungünstigen Outcome assoziiert (Kampfl et al. 1998, Jennett et al. 2001). Ischämische Läsionen sind bei ca. 90 % der Patienten, welche infolge des SHT versterben, nachweisbar (McArthur et al. 2004). Prädilektionsstellen sind Hippocampus und Basalganglien, seltener Kleinhirn und zerebraler Kortex. Trotz des häufigen Vorkommens ischämischer Ereignisse ist eine Angabe des CBF-Schwellenwerts, welcher das Auftreten einer zerebralen Ischämie nach einem SHT bedingt, problematisch (Botteri et al. 2008), da die zerebrale Oxygenierung von zusätzlichen Parametern wie Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes und der metabolischen Sauerstoffumsatzrate des Gehirns (CMRO 2 ) abhängt. Das posttraumatische Hirnödem wird unterteilt in ein zelluläres (zytotoxisches) und extrazelluläres (vasogenes) Hirnödem (Donkin und Vink 2010). Eine Variante des vasogenen Hirnödems repräsentiert das sogenannte hydrostatische Hirnödem, welches bei Verlust der zerebralen Autoregulationskapazität auftritt. Ferner kann bei Absinken der Plasmaosmolalität unter die Hirnosmolalität ein osmotisches Hirnödem resultieren, welches ebenfalls zu einem weiteren Anstieg des intrakraniellen Drucks beitragen kann. Wichtige Mediatoren des posttraumatischen Hirnödems auf molekularer Ebene sind die Aquaporine, Matrix Metalloproteinasen sowie vasoaktive Substanzen, u. a. Bradykinine, Substanz P und das»calcitonin Gene-Related Peptide«(CGRP). G 3.4 Pathophysiologie Die Pathomechanismen des SHT sind äußerst heterogen (Maas et al. 2008). Die resultierenden Verletzungen sind Folge der mechanischen Gewalteinwirkung auf den Schädel und das Gehirn (sogenannte»primäre Verletzung«). Primäre Schädigungen treten unmittelbar post Trauma auf und können eine Progression innerhalb der nächsten Stunden zeigen (vgl. Größenzunahme einer Kontusion). Durch die primäre Schädigung wird eine Reihe von extra- und intrakraniellen Prozessen angestoßen (Tab. G 3.3), die zu Veränderungen auf zellulärer, biochemischer und molekularer Ebene führen (sogenannte»sekundäre Schädigung«) und zu einer weiteren Ausbreitung des Zellschadens beitragen (Werner und Engelhard 2007). Die Häufigkeit von sekundären Schäden nach einem SHT wird in Autopsiestudien mit % angegeben. Die Prozesse der sekundären Schädigung entwickeln sich über mehrere Stunden bis Tage und können Wochen andauern. Pathophysiologisch bedeutsam ist, dass die sekundäre Schädigung zu einer Aggravierung der intrakraniellen Hypertension beiträgt. Bei den Ursachen handelt es sich teils um reversible und somit potenziell therapeutisch beeinflussbare Prozesse. Mediatoren der sekundären Schädigung sind u. a. die Freisetzung von Neurotransmittern (Exzitotoxizität), Elektrolytverschiebungen, die Bildung freier Radikale, mitochondriale Dysfunktion sowie proinflammatorische Zytokine (Enriquez und Bullock 2004). Eine bedeutende Rolle kommt auch den verschiedenen Zelltodmechanismen (Nekrose, Apoptose sowie Autophagie) zu (Stoica und Faden 2010). Basierend auf experimentellen Studien wurden in den letzten Jahren zahlreiche neuroprotektive Substanzen, die in die Kaskaden der sekundären Schädigung eingreifen, entwickelt und auch in klinischen Phase- II- und Phase-III-Studien evaluiert. Die Ergebnisse waren durchwegs ernüchternd (Maas et al. 2008). Eine Substanz, die aufgrund zweier vielversprechender Phase-II-Studien derzeit klinisch weiterverfolgt wird, ist Progesteron (Xiao et al. 2008, Wright et al. 2007). G 3 Tab. G 3.3: Ursachen der sekundären Schädigung nach einem SHT Extrakranielle Ursachen Hypotension Hypox(äm)ie Hyperkapnie und Hypokapnie Fieber Hyperglykämie und Hypoglykämie Intrakranielle Ursachen Intrakranielle traumatische Hämatome Hirnödem und Hirnschwellung Vasospasmus nach tsab Posttraumatische epileptische Anfälle (Nosokomiale) ZNS-Infektionen 755
5 Intensivneurologie G 3.5 Diagnostik Um die optimale weitere Versorgung von SHT-Patienten zu gewährleisten, muss bereits am Unfallort anhand des GCS eine Einteilung in leichtes, mittelschweres und schweres SHT erfolgen. Obligat ist auch eine Beurteilung der Pupillenreaktion. Daraus lassen sich wichtige diagnostische und therapeutische Konsequenzen ableiten. Auf Zusatzverletzungen, insbesondere auf Wirbelsäulenverletzungen mit Myelonbeteiligung, ist zu achten. Folgende laborchemische Parameter sollten routinemäßig bestimmt werden: Blutbild, Gerinnungsstatus, Elektrolyte, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Kreatinkinase, Blutglukose, arterielle Blutgase inkl. Laktat, Blutalkoholspiegel, Blutgruppenserologie sowie Urinstatus. Die zerebrale Computertomographie (CT) ist die diagnostische Modalität der ersten Wahl (Dubroff und Newberg 2008). Mittels CT lassen sich in der Akutphase rasch extra- und intrakranielle Hämatome, eine tsab, Kontusionen, ein Hirnödem, Schädelfrakturen und intrakranielle Lufteinschlüsse nachweisen (Abb. G 3.1a, b, c). Mit zunehmender Verbreitung wird vermehrt eine Magnetresonanztomographie (MRT) in der (Sub-)Akutphase nach einem SHT, insbesondere bei unauffälligem CT trotz persistierender Bewusstseinsstörung, durchgeführt. Die MRT ist äußerst sensitiv im Nachweis von diffusen axonalen Verletzungen (Abb. G 3.1d) und von nicht-hämorrhagischen Kontusionen im Bereich des Temporallappens und der hinteren Schädelgrube (Dubroff und Newberg 2008). Die MR-Angiographie (MRA) dient dem Nachweis von Gefäßverletzungen (z. B. Gefäßdissektion). Vermehrt kommen auch moderne Untersuchungssequenzen wie»diffusion Tensor Imaging«(DTI) und funktionelles MRT (fmrt) zur Anwendung, wobei die aktuelle Datenlage noch keine abschließende Bewertung zur Validität dieser Techniken zulässt (Provenzale 2010). Die Neurosonographie ermöglicht den Nachweis von extrakraniellen Gefäßverletzungen, ferner dient die transkranielle Duplex- bzw. Dopplersonographie dem Nachweis eines Vasospasmus infolge einer tsab. Die Elektroenzephalographie (EEG) wird bei Patienten mit einem schweren SHT in erster Linie zur Dosissteuerung der Barbituratnarkose eingesetzt, ferner wird das EEG zum Nachweis von epileptogenen Potenzialen herangezogen. Des Weiteren haben bestimmte EEG-Befunde und Befunde evozierter Potenziale (EVP) bei Patienten mit einem (schweren) SHT eine gewisse prognostische Aussagekraft. Die konventionelle (digitale Subtraktions-)Angiographie (DSA) wird zunehmend durch semiinvasive Schnittbildangiographieverfahren (vgl. CTA, MRA) ersetzt, repräsentiert aber nach wie vor den Goldstandard zur genauen Lokalisation einer traumatischen AV-Fistel. G 3.6 G Leichtes Schädel-Hirn- Trauma Definition Das leichte SHT ist definiert durch einen initialen GCS von 15 13, die Dauer einer allfälligen Bewusstseinsstörung ist kürzer als 15 Minuten, die Dauer der posttraumatischen Amnesie meist kürzer als eine Stunde, neurologische Fokalzeichen fehlen. Häufig zeigt sich ein unauffälliges zerebrales CT, Schädelfrakturen können jedoch in 3 13 % der Fälle nachweisbar sein (Cushman et al. 2001). G Epidemiologie Genaue epidemiologische Daten zum leichten SHT liegen nicht vor, da viele dieser Patienten keine medizinische Versorgung beanspruchen. Die Inzidenz des leichten SHT wird auf ca. 150 pro Einwohner pro Jahr geschätzt (Corrigan et al. 2010). G Diagnostik Hinsichtlich der Entscheidung zur Durchführung einer zerebralen CT nach einem leichten SHT gibt es bis dato keine einheitliche Vorgehensweise. Die Anwendung von validierten Kriterien zur Indikationsstellung für eine Schädel-CT-Untersuchung ermöglicht den rationalen Einsatz dieser Methode bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von intrakraniellen Verletzungen (Tab. G 3.4). Obwohl tendenziell mehr Patienten einer CT-Abklärung zugeführt werden, erscheint dieses Vorgehen durch die Vermeidung von nicht notwendigen stationären Aufnahmen auch aus gesundheitsökonomischer Sicht gerechtfertigt (Stiell et al. 2005). Abb. G 3.1: Typische Verletzungsfolgen nach einem SHT. Diagnostik mittels zerebraler CT: a) Epiduralhämatom; b) Subduralhämatom; c) Subduralhämatome, traumatische SAB, Kontusionsblutung sowie intrakranielle Lufteinschlüsse als Hinweis auf ein offenes. Diagnostik mittels zerebraler MRT: d) Diffuse axonale Verletzungen (Pfeil) im Corpus callosum 756
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