Fünf Positionen der TKLV Bayern zum Entwurf eines Krankenhaus- Strukturgesetzes
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1 Fünf Positionen der TKLV Bayern zum Entwurf eines Krankenhaus- Strukturgesetzes Der Krankenhaussektor ist nach wie vor der größte Block bei den Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Jahr 2014 waren es bundesweit 67,9 Mrd. Euro bzw. 33% der Gesamtausgaben. Dramatischer als diese Zahl ist der Ausgabenanstieg der vergangenen Jahre. Zahlten die Krankenkassen im Jahre 2008 bundesweit im Durchschnitt noch 742 Euro je Versicherten für die Krankenhausbehandlung, stieg dieser Betrag bis zum Jahr 2014 auf 965 Euro an; eine Steigerung um 30,1% innerhalb von nur 6 Jahren. Zum Vergleich: Die beitragspflichtigen Einkünfte der gesetzlich Krankenversicherten stiegen im selben Zeitraum lediglich um 11,4%. Die Krankenhauskosten stiegen also fast dreimal so stark wie die Einnahmen. Vor diesem Hintergrund mutet es befremdlich an, dass immer wieder Krankenhäuser ihre defizitäre Situation beklagen. Eine mögliche Erklärung: Es gibt zu viele Krankenhäuser. Die relativ niedrige Bettenauslastung von 77,3% (Bundesdurchschnitt 2013) könnte durchaus ein Indiz dafür sein. Der Wert für Bayern liegt mit 76,8% sogar noch darunter. Da verwundert es nicht, wenn die bevorstehende Gesetzesreform nicht nur die Krankenhausfinanzierung im Blick hat, sondern vor allem auch die Krankenhausplanung. Erstmals soll das Thema "Qualität" Einzug in planerische Überlegungen halten. Ein interessanter Ansatz. Interessant auch die Frage, wieviel davon in der täglichen Praxis übrig bleibt. Denn die Krankenhausplanung obliegt der Länderhoheit. Dabei gibt es gerade in Bayern viel zu tun. Kommen bundesweit rund Einwohner auf ein Krankenhaus, sind es in Bayern nur Ein Unterschied, der sich durch die große Fläche Bayerns erklärt. Und tatsächlich, bezogen auf die Zahl der Betten liegt Bayern mit 6 Betten je Einwohner wieder im Durchschnitt. Es bleibt die Frage, ob die vielen kleineren Krankenhäuser in Bayern den künftigen Qualitätsstandards entsprechen können. Dürfen Wohnortnähe und Erreichbarkeit wichtiger sein als Qualität und Patientensicherheit? Mit den folgenden fünf Positionen zum vorliegenden Entwurf eines Krankenhausstrukturgesetzes will die TK in Bayern ihren Standpunkt zu dieser Fragestellung verdeutlichen. Fünf Positionen der TKLV Bayern zum Entwurf eines Krankenhaus-Strukturgesetzes, September
2 1. Qualität als Kriterium der Krankenhausplanung Künftig sollen Qualitätskriterien bei Entscheidungen der Krankenhausplanung berücksichtigt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat dazu planungsrelevante Indikatoren zu entwickeln sowie regelmäßig einrichtungsbezogene Auswertungsergebnisse zu liefern. Daraus wiederum sind Entscheidungen über den zukünftigen Versorgungsauftrag und ggf. den Verbleib einer Einrichtung im Krankenhausplan abzuleiten. Die Letztentscheidung darüber obliegt aber den Ländern. Insbesondere besteht die Möglichkeit, durch Landesrecht Ausnahmen zuzulassen. Die TKLV Bayern begrüßt diese Qualitätsoffensive bei der Krankenhausplanung. Natürlich müssen zunächst die Empfehlungen des G-BA abgewartet werden. Unabhängig davon bleibt aber zu hoffen, dass die Länder das Ziel einer qualitativ hochwertigen Krankenhausversorgung nicht durch großzügige Ausnahmeregelungen untergraben. Wer Qualitätsvorgaben dauerhaft nicht erfüllt, muss aus der Versorgung ausgeschlossen werden. Auch für ein Flächenland wie Bayern kann es keinen anderen Qualitätsmaßstab geben. Rund 90% der Patienten fahren gerne ein paar Kilometer weiter, wenn dafür die Qualität stimmt. Das jedenfalls zeigte kürzlich die große Meinungspuls- Studie von TK und Forsa. Krankenhäuser, die Qualitätsvorgaben auf Dauer nicht erfüllen, müssen aus der Versorgung ausgeschlossen werden! 2. Qualität als Maßstab der Vergütung Gleich an mehreren Stellschrauben soll das Thema Qualität auch bei der Vergütung greifen. Durch viele Studien ist erwiesen, dass große Erfahrung zu besserer Qualität führt. Dies ist der Grund, warum für die Erbringung bestimmter Leistungen eine Mindestanzahl an Behandlungsfällen vorausgesetzt wird, die sogenannte "Mindestmengenregelung". Nunmehr ist geplant, diese Regelung rechtssicher auszugestalten. Im Ergebnis soll gesetzlich klargestellt werden, dass ein Krankenhaus, das die festgelegte Mindestmenge nicht erreicht, für die betreffende Leistung keine Vergütung erhält. Daneben sollen Qualitätszuschläge und -abschläge eingeführt werden. Leistungen in außerordentlich guter Qualität werden dadurch besser vergütet, unzureichende Qualität dagegen mit einer geringeren Vergütung quittiert. Der G-BA erhält den Auftrag, geeignete Leistungen und die erforderlichen Bewertungskriterien festzulegen sowie aktuelle Auswertungen zu liefern. Und schließlich sollen Krankenhäuser und Krankenkassen in Qualitätsverträgen weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität erproben. Die TKLV Bayern unterstützt grundsätzlich jedes Instrument, das geeignet ist, eine qualitativ hochwertige Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen oder die Qualität der Leistungen zu verbessern. Allerdings erscheint es eher kontraproduktiv, im Falle von unzureichender Qualität Vergütungsabschläge vorzunehmen. Die Krankenhäuser müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die Qualitätskriterien schnellstmöglich zu erfüllen. Durch Vergütungsabschläge wird ihnen womöglich die finanzielle Grundlage dafür entzogen. Wer es aber trotz aller Anstrengung innerhalb eines Jahres nicht schafft, sollte konsequenterweise von der Versorgung ausgeschlossen werden (siehe Punkt 1). Dies ist aus Gründen der Patientensicherheit unabdingbar. Und auf Dauer ist für schlechte Qualität auch die geringste Vergütung noch zu hoch. Mehr Geld für gute Leistung, kein Geld für dauerhaft schlechte Leistung! Fünf Positionen der TKLV Bayern zum Entwurf eines Krankenhaus-Strukturgesetzes, September
3 3. Erreichbarkeit als Voraussetzung für eine funktionierende Krankenhausversorgung Neben der Qualität ist die Erreichbarkeit eine zentrale Zielsetzung des Gesetzgebers. In einem großen Flächenland wie Bayern ist dies anspruchsvoll, zumal die Zielerreichung nicht zu Lasten der Qualität gehen darf. Wesentliches Instrument zum Erhalt einer erreichbaren Krankenhausversorgung sind die sogenannten Sicherstellungszuschläge. Damit sollen Krankenhäuser unterstützt werden, die für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zwar notwendig, aber z.b. aufgrund der konkreten Nachfragesituation vor Ort nicht ausreichend finanziert sind. Diese Zuschläge sind im Gesetz heute schon vorgesehen, wurden aber aufgrund fehlender Präzisierung bislang in Bayern nicht umgesetzt. Für die nötigen Klarstellungen soll nun gesorgt werden. So ist der G-BA damit beauftragt, bundeseinheitliche Voraussetzungen für die Gewährung von Sicherstellungszuschlägen festzulegen. Daneben soll gesetzlich bestimmt werden, dass Sicherstellungszuschläge nur dann in Betracht kommen, wenn das Krankenhaus insgesamt eine defizitäre Bilanz ausweist. Bisher wurde zuweilen die Meinung vertreten, dass Sicherstellungszuschläge auch für einzelne defizitäre Abteilungen Anwendung finden könnten. Die TKLV Bayern lehnt diese Auslegung ab und begrüßt daher die gesetzliche Klarstellung. Keine Zustimmung gibt es dagegen dafür, dass die einzelnen Bundesländer die Anwendung der Vorgaben zu den Sicherstellungszuschlägen außer Kraft setzen können. Hier besteht die Gefahr, dass kommunalpolitische Überlegungen wichtiger genommen werden als die Qualität der Versorgung. Keine regionalen Sonderwege beim Sicherstellungszuschlag! 4. Befristete Zuschläge für Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses Mit der Umstellung der Vergütung von Krankenhausleistungen von tagesgleichen Pflegesätzen zu Diagnose abhängigen Fallpauschalen (DRG) im Jahre 2003 war die Hoffnung auf mehr Transparenz und vor allem auf eine bessere Leistungsgerechtigkeit verbunden. Seither erhebt das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) bei den Krankenhäusern stichprobenartig alle notwendigen Daten, um daraus Relativgewichte zu ermitteln, die wiederum multipliziert mit den zu vereinbarenden landesweiten Basisfallwerten eine möglichst leistungsgerechte Vergütung des individuellen Krankenhausfalls ergeben sollen. In den jährlich wiederkehrenden Verhandlungen mit den Krankenhäusern stößt man dabei immer wieder auf zwei Probleme. Durch die überaus komplexe Methodik ergibt sich einerseits ein Zeitverzug zwischen der Entstehung der Kosten und der Umsetzung in der Vergütung von ca. zwei Jahren. Andererseits besteht häufig Uneinigkeit darüber, welche Kosten konkret in die Kalkulation eingeflossen sind. Insbesondere gilt dies für Kosten, die durch Richtlinienbeschlüsse des G-BA, die in der Regel ohne Zeitverzug umgesetzt werden müssen, ausgelöst werden. Seinen bisherigen Höhepunkt erreichte diese Auseinandersetzung in Bayern mit der zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Qualitätssicherungs-Richtlinie für Früh- und Reifgeborene. Die betroffenen Einrichtungen machten für sich geltend, dass der mit dieser Richtlinie geforderte personelle Aufwand nicht mit den Fallpauschalen abgegolten sei. Sie forderten völlig systemfremd Zentrumszuschläge oder gar Sicherstellungszuschläge. Der Gesetzgeber will dieses Problem nun dadurch lösen, dass zur zeitnahen Finanzierung von Mehrkosten, die aus Richtlinien oder Beschlüssen des G-BA resultieren, krankenhausindividuelle Zuschläge zeitlich befristet vereinbart werden können. Das ist einerseits zu begrüßen. Löst man Fünf Positionen der TKLV Bayern zum Entwurf eines Krankenhaus-Strukturgesetzes, September
4 damit doch zumindest die aktuellen Streitigkeiten in Bayern, ohne hierfür das Instrument der Zentrums- oder Sicherstellungszuschläge missbrauchen zu müssen. Allerdings wird die inhaltliche Abgrenzung zu bereits im DRG-System abgebildeten Kosten nur schwer nachzuhalten sein. Die TK präferiert daher grundsätzlich Lösungen innerhalb der Fallpauschalen-Systematik. Finanzierung über Zuschläge muss die Ausnahme bleiben! 5. Strukturfonds finanziert notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen Um eine erreichbare und qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung zu gewährleisten, werden Umstrukturierungsmaßnahmen unumgänglich sein. Hierzu sollen bis zu 500 Mio. Euro aus dem Gesundheitsfonds sowie Mittel der Länder in gleicher Höhe in einen Strukturfonds fließen. Damit steht bundesweit maximal ein Volumen von 1 Mrd. Euro zur Verbesserung der Versorgungsstruktur zur Verfügung. Im Einzelnen soll damit der Abbau von Überkapazitäten, die Konzentration von Krankenhausstandorten sowie die Umwandlung von Krankenhäusern in nicht akut-stationäre lokale Versorgungseinrichtungen gefördert werden. Die TKLV Bayern begrüßt die Einrichtung dieses Strukturfonds, will ihn aber nicht im Sinne einer "Abwrackprämie" verstanden wissen. Vielmehr wird es eine zentrale Aufgabe sein, den vor allem aus Gründen der Qualitätsverbesserung zwingend notwendigen Konzentrationsprozess voranzutreiben. Keinesfalls dürfen mit den Mitteln des Strukturfonds die Investitionsdefizite der Länder ausgeglichen werden. Auch die 500 Mio. Euro, die Bayern jährlich für Investitionen zur Verfügung stellt, sind hierfür zu wenig. Notwendig wäre das Doppelte. Ebenfalls abzulehnen ist es, wenn lediglich der Abbau nicht belegter Betten finanziell gefördert werden soll. Ein Aspekt, auf den angesichts der niedrigen Belegungsquoten in Bayern besonders geachtet werden muss. Ausgesprochen bedauerlich ist schließlich, dass die Private Krankenversicherung in die Finanzierung des Strukturfonds nicht verpflichtend eingebunden wurde. Sie profitiert in gleichem Maße von den Ergebnissen einer Strukturbereinigung. Mehr Qualität in der Patientenversorgung durch Strukturbereinigung und Zentrenbildung! 6. Zusammenfassung Die TKLV Bayern zeigt anhand von fünf Themenkomplexen beispielhaft auf, dass die begrüßenswerte Qualitätsoffensive des Bundesgesetzgebers nur dann zu den erhofften Ergebnissen führen kann, wenn auch die Umsetzung in den einzelnen Bundesländern in diesem Sinne erfolgt. Insofern ist nach Einschätzung der TK durchaus Skepsis angebracht. Die eingangs gestellte Frage lautet: Dürfen Wohnortnähe und Erreichbarkeit wichtiger sein als Qualität und Patientensicherheit? Die Antwort der TK darauf ist ein klares Nein. Die Landesvertretung Bayern der TK appelliert daher an die Bayerische Gesundheitsministerin, den eingeschlagenen Weg zu unterstützen. Die Krankenhausversorgung ist ein unverzichtbarer Pfeiler unseres Gesundheitswesens. Sie ist und bleibt jedoch nur dann finanzierbar, wenn unwirtschaftliche Standorte umstrukturiert werden. Qualität und Patientensicherheit müssen an erster Stelle stehen. Hierzu ist ein Konzentrationsprozess zwingend notwendig. Fünf Positionen der TKLV Bayern zum Entwurf eines Krankenhaus-Strukturgesetzes, September
5 Die Bettenauslastung betrug im Jahr 2013 in Bayern 76,8% im Durchschnitt. Das bedeutet, es gibt in Bayern eine Vielzahl von Häusern, die mit ihrer individuellen Belegungsquote noch deutlich darunter liegen. Hier muss angesetzt werden. Spätestens dann, wenn sich in solchen Häusern auch Qualitätsdefizite bemerkbar machen, muss etwas getan werden. Längere Wege zum Krankenhaus werden sich nicht vermeiden lassen. Das muss aber kein Nachteil für die Bevölkerung sein. Im Gegenteil: Gute Qualität und die Sicherheit der Patienten sollten hier im Vordergrund stehen. Bayerische Spitzenmedizin bleibt dauerhaft finanzierbar und steht damit auch in Zukunft allen Einwohnern zur Verfügung. Techniker Krankenkasse Landesvertretung Bayern Postanschrift: Postfach , München Hausanschrift: Rosenheimer Straße 141, München Tel Fax Fünf Positionen der TKLV Bayern zum Entwurf eines Krankenhaus-Strukturgesetzes, September
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