Beitrag: Fragwürdige Wahlwerbung Das diskrete Helfernetzwerk der AfD

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1 Manuskript Beitrag: Fragwürdige Wahlwerbung Das diskrete Helfernetzwerk der AfD Sendung vom 16. Mai 2017 von Ulrich Stoll Anmoderation: Bürger, die ihr Bargeld lieben, konnten im NRW-Wahlkampf Angst bekommen. Die Regierung Merkel wolle Schluss machen mit Bargeld, hieß es auf Plakaten. Und "Wer das nicht will, wählt AfD!". Noch besorgniserregender als die Botschaft ist aber, dass die AfD sie gar nicht gesendet haben will. Und tatsächlich steht unten auf dem Plakat, ziemlich klein, der Hinweis auf eine andere Quelle, dem "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten". Es ist die siebte Landtagswahl, bei der dieser Verein Wahlwerbung für die AfD macht. Wer steckt dahinter? Ulrich Stoll bringt Licht ins Dunkel. Text: Sonntagabend. Die AfD hat es in Nordrhein-Westfalen in den Landtag geschafft. Ich freu mich erstmal, dass wir 13 Landtagswahlen in Folge gewonnen haben. Eine groß angelegte Kampagne warb um Wähler. Plakate für die AfD: Mehr Sicherheit für unsere Frauen und Töchter! und Wählt AfD!. Doch die Plakate stammen gar nicht von der Partei, sondern vom Verein Recht und Freiheit. Der Verein ließ auch 2,6 Millionen Exemplare der kostenlosen Zeitung Extrablatt drucken. Auch die ruft in NRW zur Wahl der AfD auf. Die Kampagne dürfte mehrere Millionen gekostet haben. Woher das Geld dafür stammt unklar. Parteien müssen offenlegen, wer sie finanziert. Heimliche Unterstützung ist verboten. Wird hier das Parteiengesetz unterlaufen?

2 O-Ton Prof. Sophie Schönberger, Staatsrechtlerin, Universität Konstanz: Die Gelder, die für AfD-Werbung ausgegeben werden, gehen nicht direkt an die AfD, sondern werden über den Verein in Werbemaßnahmen gesteckt. Das nährt jedenfalls sehr deutlich den Verdacht, dass es hier darum geht, entweder die Verwendung von Geldern oder die Herkunft von Geldern zu verschleiern oder aber Spenden möglich zu machen, die ansonsten illegal wären. Die AfD bestreitet die Vorwürfe. Sie habe mit den Werbekampagnen nichts zu tun. Der NRW-Spitzenkandidat geht auf Distanz zum Verein. O-Ton Marcus Pretzell, AfD-Spitzenkandidat Nordrhein- Westfalen: Wir wissen, dass der uns seit einigen Wahlen begleitet. Ich sage aber auch sehr deutlich: Wenn Sie sich die Kampagne in Nordrhein-Westfalen angesehen haben, und Sie haben sich das angesehen, was der Verein gemacht, dann hat das in gewisser Weise unseren Wahlkampf konterkariert. Burg Lichtenberg in Baden-Württemberg. Frühjahrstagung des Vereins Recht und Freiheit. AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel fühlt sich hier offenbar sehr wohl. O-Ton Alice Weidel, AfD-Spitzenkandidatin Bundestagswahl 2017: Lassen Sie mich eines sagen: Es ist mir eine große Ehre, hier heute zu Ihnen sprechen zu dürfen. Auch hier liegt das Extrablatt aus. Nachfrage an den Vereinsvorsitzenden David Bendels. Ist sein Verein nur eine getarnte Geldsammelstelle der AfD? O-Ton David Bendels, Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit: Nein, das sind wir nicht. Wir sind ein konservativ ausgerichtet, bürgerlich-konservativ ausgerichteter Think Tank. Warum sieht man bislang nur Aktivitäten wie eine Kampagne, Plakate, Zeitungen für die AfD? O-Ton David Bendels, Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit: Das ist Ihre Wahrnehmung. Vielen Dank. Bendels ist gut vernetzt. Thilo Sarrazin, Idol der Rechten, spricht. Im Publikum: Rolf Schlierer, langjähriger Vorsitzender der rechten

3 Republikaner. Schlierer leitete die Gründungsversammlung von Recht und Freiheit, beriet den Verein als Anwalt. Wer steckt hinter Bendels und seinem Verein? Stuttgart-Degerloch. In diesem Business Center soll Recht und Freiheit seinen Sitz haben. Doch weder ein Schild noch ein Briefkasten sind zu finden, lediglich eine Büroservice-Firma, die für den Verein tätig ist. O-Ton Ulrich Bauer, office management stuttgart: Es kam nur die Anfrage, ob wir bereit sind, einen Fußmarsch einmal in der Woche zur Post zu machen und das Postfach zu leeren und die Post weiterzuleiten, also keine Büroadresse, keine eigene Telefonnummer, keine Infrastruktur, nichts. Und wohin leiten Sie die Post dann weiter? O-Ton Ulrich Bauer, office management stuttgart: Soweit ich weiß, geht die an eine Adresse in der Schweiz. Die Post landet in Andelfingen, einem kleinen Ort in der Schweiz. Hier hat auch eine Werbefirma ihren Sitz - die Goal AG. Deren Chef ist Alexander Segert. Segert organisierte fremdenfeindliche Kampagnen im großen Stil - für ein Minarett-Verbot oder gegen kriminelle Ausländer, im Auftrag der rechtsgerichteten Schweizer Volkspartei. Für die österreichische FPÖ - ein Videospiel, bei dem man Minarette abschießen kann. Steckt der Schweizer Werbefachmann Segert auch hinter der Pro-AfD-Kampagne in Deutschland? Florian Wagner untersuchte Internetdaten von Segerts Firma. Der Blogger wurde fündig: O-Ton Florian Wagner, Blogger Crumbling Walls : Alexander Segert scheint der Mann zu sein, der das gesamte rechte europäische Netzwerk, politische Netzwerk, PRtechnisch betreut. Und man könnte ihn quasi als den Systemadministrator der europäischen Rechten bezeichnen. Wagner fand digitale Spuren von der Schweiz nach Deutschland durch Analyse von IP-Adressen. O-Ton Florian Wagner, Blogger Crumbling Walls : Es gibt eine Verbindung. Und zwar habe ich auf einem der Entwicklungsserver, die Herr Segert für seine Arbeit nutzt, eine Anmeldemaske gefunden, die Domain heißt devlop.goalcenter.ch, und der Titel dieser Wordpress Login Maske lautet Rechtstaatlichkeit und Freiheit. Also liegt es auf der Hand, dass offenbar die Webseite des Vereins Rechtsstaatlichkeit und Freiheit von Herrn Segert entwickelt wurde.

4 Steuert Segert von der Schweiz aus die Wahlhilfe für die deutsche AfD? Auf schriftliche Fragen antwortet Segert nicht. Nachfrageversuch an seinem Firmensitz - ohne Erfolg. Blogger Florian Wagner fand noch mehr heraus: O-Ton Florian Wagner, Blogger Crumbling Walls : Alexander Segert ist der Inhaber von zwei Domains, das konnte ich feststellen, einmal einer Domain für die Bewegung der europäischen Rechten, das ist so der politische Zusammenschluss, die politische Partei auf europäischer Ebene. Nach Wagners Recherchen haben Alexander Segert und seine Firma Goal AG nicht nur Verbindungen zu David Bendels Verein Rechtsstaatlichkeit und Freiheit, sondern auch zu Marine Le Pen und ihrer Stiftung für ein Europa der Nationen und der Freiheit. Im Europaparlament sitzen Marine Le Pen und der AfD- Politiker Marcus Pretzell in der gemeinsamen ENF-Fraktion. O-Ton Prof. Sophie Schönberger, Staatsrechlerin, Universität Konstanz: Diese Verbindung auf der Ebene der IP-Adressen zwischen dem Verein und der europäischen Rechten sind natürlich merkwürdig und stützen ein bisschen den Verdacht, dass es hier tatsächlich darum geht, im größeren Stile Einfluss von außen auf die deutsche Politik zu nehmen. Dazu kommt: Segerts Goal AG war im Dezember 2015 Inhaberin der Internet-Domain jmeuthen.de. Jörg Meuthen ist der Vorsitzende der AfD. Nachfrage beim AfD-Chef: Also, die Internet-Domain wird ist seit geraumer Zeit überhaupt nicht betrieben. Und mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Also, es gibt keine Verbindung zwischen Herrn Segert und Ihnen? Ist das Gegenstand dieser Pressekonferenz? Ich denke, ja. Ich denke, nein. Wir reden hier über die nordrheinwestfälischen Landtagswahlen und ich sehe da keine Veranlassung, dazu hier Stellung zu nehmen.

5 Also, kein klares Nein? Ich kenne Herrn Segert, und damit ist es gut. Fakt ist: Segert betreute den Internet-Auftritt von Meuthen im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg. War der Werber aus der Schweiz auch jetzt für Marcus Pretzell und die AfD in Nordrhein-Westfalen aktiv? Herr Pretzell, was haben Sie denn mit der Schweizer Werbeagentur von Herrn Segert zu tun? Keine Antwort. Die Bundestagsverwaltung könnte die jetzt öffentlich gewordene Schweiz-Connection der AfD prüfen. Die Wahlkampfunterstützung durch den Verein Recht und Freiheit hat sie bereits untersucht. Zitat: Die AfD ist wiederholt angeschrieben worden und bestreitet konsequent jegliche Beteiligung ( ) an der ( ) Unterstützungskampagne des Vereins. ( ) Für darüber hinaus gehende Ermittlungen ( ) gibt es keine gesetzliche Grundlage. O-Ton Prof. Sophie Schönberger, Staatsrechtlerin, Universität Konstanz: Meiner Meinung nach haben wir hier tatsächlich ein Problem mit der geltenden Rechtslage, die sehr weich ist und sehr große Lücken lässt für solche bewussten Umgehungsversuche, Umgehungstatbestände, um das deutsche Parteienspendenrecht auszuhebeln. So kann Bendels Verein weiter Kampagnen für die AfD organisieren, auch für den Bundestagswahlkampf. Die diskreten Geldgeber bleiben im Dunkeln. Abmoderation: Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.

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