Hotelmarken zwischen Schein und Sein. Anforderungen einer erfolgreichen Markenführung
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- Bastian Albert
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1 Hotelmarken zwischen Schein und Sein Die Bedeutung starker Marken wird in der Hotellerie zunehmend erkannt und so ist das Thema Marke vielerorts ganz oben auf der Management-Agenda der Hotellerie. Dennoch ist der Bekanntheitsgrad vieler Hotelmarken gering und die Differenzierungsfähigkeit zahlreicher Marken zumeist nicht gegeben. Insbesondere die Hotelleriepraxis sollte ein Interesse daran haben, die insoweit bestehende Diskrepanz möglichst zeitnah aufzulösen. Autor: Marco A. Gardini Die konzeptionellen und organisatorischen Anforderungen einer erfolgreichen Markenführung werden offenbar nach wie vor unterschätzt und so ist eine Professionalisierung des Markenmanagements für die Akteure der Hotellerie dringend angezeigt. Wie es den Anbietern in der Hotellerie gelingen kann, mit ihrer Markenstrategie und den entwickelten Marken für die anvisierten Zielgruppen relevant zu sein bzw. zu bleiben, soll im Folgenden beschrieben werden. 1. Zur Bedeutung der Marke Angesichts einer stetig zunehmenden Wettbewerbsintensität auf vielen Märkten und dem daraus resultierenden Bedarf an Orientierung, Identifikation und Differenzierung gewinnen Markenstrategien zunehmend an Bedeutung. Die hohe Relevanz der Marke bzw. von Marken für den Unternehmenserfolg ist dabei sowohl in Wissenschaft als auch in der Unternehmenspraxis unbestritten und so untermauern zahlreiche TourHP
2 Mythos Marke Marketing & Vertrieb Befunde aus unterschiedlichsten Branchen und Sektoren die positive Beziehung zwischen Markenstärke und Unternehmenserfolg (Stauss/ Bruhn, 2008). Die Marke wird als zentraler Werttreiber bzw. immaterieller Wertschöpfer in Unternehmen identifiziert, was sich nicht zuletzt insbesondere in dem hohen Anteil äußert, den der Markenwert vieler globaler Marken am Börsenwert des jeweiligen Unternehmen repräsentiert (Pricewaterhouse Coopers/Sattler, 2005). Zahlreiche Rankings der weltweit wertvollsten Marken, die entweder von Medien (z. B. Financial Times, Spiegel) oder privaten Anbietern (z. B. Interbrand, Millward Brown, Superbrands) in regelmäßigen Abständen veröffentlicht werden, zeugen von dem Stellenwert, den das Thema Marke in der Unternehmenspraxis einnimmt. So firmiert in der aktuellen Bewertung von Interbrand die Marke Coca Cola mit einem Wert von 66,7 Mrd. $ US-Dollar als wertvollste Marke der Welt, gefolgt von Microsoft und IBM mit je ca. 59 Mrd. $-US-Dollar. Hotelmarken sind seit Erstellung des Interbrand- Ranking nicht oft vertreten und bislang auch nur selten Gegenstand von systematischen Markenwertermittlungen (Buer/Groß, 2006). Nach Hilton im Jahre 2001 hat es in 2008 einzig die amerikanische Hotelmarke Marriott geschafft, eine Notierung unter den Top 100 der Best Global Brands zu erzielen (Platz 97 mit einem Markenwert von 3,5 Mrd. $ US-Dollar). Erfolgreichstes Unternehmen aus der Hospitality-Industrie und zumeist unter den ersten zehn ist das amerikanische Fast-Food-Unternehmen McDonald s. 2. Renaissance der Marke in der Hotellerie In einer Branche, in denen erfolgreiche Unternehmen historisch gesehen schon seit jeher vom guten Ruf gelebt haben bzw. leben, ist es bemerkenswert, dass sich die Erkenntnis erst langsam durchsetzt, dass nur eine professionelle Markenführung ein langfristiges Überleben ermög- licht. Die Bedeutung der Marke wird nun jedoch auch in der Hotellerie zunehmend erkannt: Das Thema Marke ist seit einiger Zeit ein Top-Thema in der Hotellerie (siehe Kasten). So wächst der Marktanteil der sog. Markenhotellerie in Deutschland seit Jahren stetig und vereinigte im Jahr 2007, bezogen auf den Gesamtumsatz der Branche, einen Marktanteil von 55,4% auf sich (IHA, 2008, S. 103). Darüber hinaus verdeutlichen zahlreiche Studien aus der Hotellerie den gestiegenen Stellenwert der Marke als ein wesentliches Kriterium der Kaufentscheidung des Hotelkunden (Deloitte, 2006; Amadeus, 2007). Zwar geben noch mehr als 90% der Reisenden den Standort als ausschlaggebendes Kriterium für die Wahl eines Hotelbetriebs an, dies wird sich jedoch angesichts der zunehmenden Marktsättigung in vielen Segmenten der Stadtund Ferienhotellerie zugunsten der Marke verändern. So gaben in der Deloitte-Studie»Hospitality 2010«57% der Freizeitreisenden und 54% der Geschäftsreisenden an, dass die Marke ein entscheidendes Kriterium der Hotelwahl darstellt (Deloitte, 2006). Auch US-amerikanische Umfragen über die Kaufentscheidungskriterien von Hotelleistungen unterstreichen den wachsenden Stellenwert der Marke in verschiedensten Kundensegmenten der Hotellerie (469 Reisende, davon 187 Freizeitgäste, 168 Geschäftsreisende, 114 Tagungs-/Kongressreisende):»The respondents mentioned brand name and reputation with the second-greatest frequency as a source of value driving their purchase.«(dubé/renaghan, 2000, S. 64).»Obwohl Deutschland den größten Markt für Hotelzimmer der Null- bis Zwei-Sterne-Kategorie in Europa darstellt, sind zuverlässige und qualitative Marken stark unterrepräsentiert.«(mark Thompson, Geschäftsführer B&B Hotels Deutschland)»Four Seasons has a great brand that drives high unit growths and high returns on invested capital.«(isadore Sharp, CEO, Four Seasons)» our success is based on our strong brand portfolio that provides outstanding value, and a culture that celebrates change and values responsiveness.«(j.w. Marriott, Jr., Chairman & CEO) Begriff Marke: Für den Markenartikel (»Brand«) gibt es in der Literatur zahlreiche Definitionen, die im Wesentlichen auf bestimmten Merkmalskatalogen basieren:»a brand is a name, term, sign, symbol, or design, or a combination of them, intended to identify the goods or services of one seller or group of sellers and to differentiate them from those of competitors.«(kotler et al., 2006).»Hotelmarken sind seit Erstellung des Interbrand-Ranking nicht oft vertreten und bislang auch nur selten Gegenstand von systematischen Markenwertermittlungen.«TourHP
3 Marketing & Vertrieb Mythos Marke Autor dieses Beitrags: Marco A. Gardini verfügt über langjährige Verbands-, Industrie- und Beratungserfahrung (DIHK, Blaupunkt, Droege& Comp., Ewedo). Er ist Professor für Dienstleistungsmarketing und Internationales Hospitality Management an der Hochschule Kempten und Wissenschaftlicher Direktor des Treugast International Institute of Applied Hospitality Sciences GmbH in München. Die thematischen Schwerpunkte von Prof. Dr. Marco A. Gardini sind Themen aus dem Bereich Hospitality Management und Dienstleistungsmarketing, Strategie, Organisation sowie Marken-, Qualitäts- und Kundenzufriedenheitsmanagement.»Studien zeigen, dass mehr Marken nicht zwingend mehr oder andere Gäste bringen.«entsprechend sind in der jüngeren Vergangenheit von der Hotellerie zahlreiche neue Markenkonzepte entwickelt, reaktiviert und eingeführt worden. Der deutsche Hotelmarkt bzw. die Markenhotellerie ist in diesem Zusammenhang in den letzten drei Jahren stark in Bewegung geraten. Etablierte Hotelgesellschaften, ausländische Newcomer und Marken streben zunehmend danach, sich mit neuen Häusern oder der Übernahme bestehender Objekte in Deutschland zu etablieren: All Seasons, Pullmann, Indigo, aloft, Reserve, element 1, Kempinski Residences die Liste der neu eingeführten Markenkonzepte ließe sich beliebig verlängern (vgl. Pütz-Willems, 2007). Allein die Hilton Hotels Cooperation plant in den kommenden drei bis fünf Jahren etwa 15 bis 20 Standorte für die Marke»Hilton Garden Inn«sowie etwa gleich viele für die Economy-Marke»Hampton«. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Hilton-Marken bislang in Deutschand nicht aktiv waren. Insofern ist die Entwicklung zu beobachten, dass insbesondere die großen internationalen Hotelgesellschaften versuchen, verstärkt ihre nationalen Markenkonzepte zu exportieren. Dies ist sowohl auf die zunehmend differenzierteren Kundenansprüche als auch auf das neuerdings stärker ausgeprägte Markenbewusstsein der Hotelkunden zurückzuführen. So reflektiert die derzeitige Entwicklung der Markenhotellerie die Überzeugung vieler Hotelgesellschaften, mit diesen neuen Marken Nischen und Geschäftsfelder besetzen zu müssen, bevor sie vom Wettbewerb besetzt werden. Studien zeigen hier jedoch, dass mehr Marken nicht zwingend mehr oder andere Gäste bringen (Lynn, 2007). Dabei wird nicht nur die Kluft zwischen Privat- und Kettenhotellerie größer, sondern auch innerhalb der Kettenhotellerie wird sich der Druck verstärken: Aktuell findet ein extremer Verdrängungswettbewerb im Kampf um die Herzen und Köpfe der Hotelgäste statt. Entscheidend wird es sein, ob es den Anbietern in der Hotellerie gelingt, mit ihrer Markenstrategie für die anvisierten Zielgruppen mit den entwickelten Marken relevant zu sein bzw. zu bleiben. 3. Markenbegriff und Markenverständnis in der Hotellerie Die entscheidende Dimension einer konsequenten Markenpolitik besteht sowohl im Sachgüter- als auch im Dienstleistungssektor darin, für eine Marke als einer Synthese physischer, rationaler, ästhetischer und emotionaler Produkt- bzw. Dienstleistungsattribute eine Markenidentität und Persönlichkeit zu entwickeln, die als Symbolpotenzial den Produkten oder Dienstleistungen in ihrem relevanten Markt zu einer einzigartigen und unverwechselbaren Marktstellung im Sinne einer spezifischen Problemlösungskompetenz bzw. eines spezifischen Nutzenbündels verhilft (vgl. Burmann/Maloney, 2008, S. 194). Die Definition des Begriffs Dienstleistungsmarke wird dabei im Gegensatz zur klassischen Markendefinition erweitert und berücksichtigt neben den oben genannten Anforderungen auch zusätzlich die subjektive Wahrnehmung sowie Vorstellungsbilder der Konsumenten. Bei dieser erweiterten Begriffsauffassung ist die Dienstleistungsmarke als ein im Gedächtnis des Kunden verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild über eine Dienstleistung zu verstehen, das durch ein auf Kundennutzen ausgerichtetetes Eigenschaftsbild ausgelöst wird und ein Vertrauensverhältnis konstituiert (Stauss/ Bruhn, 2008, S. 5). So unterschiedliche Dienstleistungsunternehmen wie McDonalds, Ritz Carlton, McKinsey, Sixt, Southwest Airlines, Federal Express oder die Harvard University haben sich über eine konsistente Markenführung und ein konsequentes Qualitätsmanagement eine unverwechselbare Markenidentität geschaffen, die ihren aktuellen/ potenziellen Kunden zu jeder Zeit an jedem Ort eben jenes Maß an Vertrauen, Orientierung und Kontinuität in bezug auf die relativen Leistungsfähigkeiten des Unternehmens zu vermitteln in der Lage ist. Die Entwicklung einer solchen Markenidentität erwächst dabei aus einem tiefen Verständnis dafür, wie das eigene Geschäft»tickt«, d.h. wie Leistungsangebot, Kundenbedürfnisse, Wettbewerbskräfte und Unterneh- 8 TourHP
4 Mythos Marke Marketing & Vertrieb mensstrategie sinnvoll miteinander zu verzahnen und in ein Markenkonzept zu gießen sind (Aaker/Joachimsthaler, 2001, S. 31 f.). Für die Hotellerie kann ein solches Markenverständnis nur eingeschränkt konstatiert werden (Gardini, 2006, S. 2; Frehse, 2006, S. 141), obwohl auf die Bedeutung der Marke als Erfolgsfaktor im Wettbewerb schon seit längerem hingewiesen wird:»competitive Strategy in the 1990s will be based on the concept of brand loyalty. For the hotel customer of the 1990s, service quality will increasingly become synonymous with brand image.«(francese/reneghan, 1990, S. 60). Vor dem Hintergrund dieses immer noch gültigen grundsätzlichen Wettbewerbsparadigmas ist es erstaunlich, dass in der Hotellerie nach wie vor nur wenige Hotelunternehmen versuchen, sich ähnlich wie Unternehmen der Konsumgüterindustrie durch eine konsequente und stringente Markenpolitik Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Hotelunternehmen haben sich zulange auf die Signalwirkung der nationalen oder internationalen Sternekategorien verlassen, ohne das Potenzial einer starken Marke im Wettbewerb zu akzentuieren. Darüber hinaus leisten die zahlreichen eher operativ denn strategisch getriebenen Neueinführungen, wie auch die sich gegenwärtig im Rahmen des Konzentrationsprozesses vollziehenden Eigentümer-, Markenbzw. Namenswechsel in der internationalen Hotellerie, einen nicht unerheblichen Beitrag zur Verunsicherung der Konsumenten. Dies liegt u.a. auch an einem verkürzten Markenverständnis, wonach die Kraft bzw. Stärke einer Hotelmarke sich im Wesentlichen durch den Namen, das Logo, die Werbung oder ein spezifisches Design definiert (Frehse, 2006, S. 141 f.). 4. Die Hotelmarke mehr als nur ein Produkt! 4.1 Das Problem einer zu engen Markensicht Die zu enge Markensicht in der Hotellerie äußert sich häufig in der Fixierung auf bestimmte Leistungs- oder Designeigenschaften (z. B. Boutique- und Lifestylehotels, Standort, Architektur etc.), die dann auftritt, wenn man in einer Marke nur eine Reihe von Eigenschaften sieht, die bestimmte funktionale Vorteile bieten. So verlassen sich selbst Anbieter aus dem Premiumsegment wie beispielsweise Starwood Hotels & Resorts im Rahmen ihrer Markenentwicklung und -differenzierung eher auf Hardware-Elemente wie etwa das Bett (»Sheraton Sweet Sleeper«), die Dusche (»Westin Heavenly Shower«) oder auch das Fernsehen (»Starwood Preferred Guest Television«, Frehse, 2008, S. 5), statt auf emotionale Markenbotschaften und klare Markeninhalte. Eine Marke ist jedoch mehr als nur ein Produkt, wie Abb. 1 verdeutlicht und wie es auch plakativ in einem Zitat des früheren Chief Marketing Officer von McDonald s (Paul Schrage) zum Ausdruck kommt:»a product is something you sell, but a brand is something you stand for. 1 Unterschiede zwischen einem Produkt und einer Marke Markenpersönlichkeit Assoziationen zum Unternehmen Beziehung zwischen Marke und Kunden Möglichkeit, sich selbst durch die Marke auszudrücken Umfang Eigenschaften Verwendungsmöglichkeiten Qualität/Wert Funktionale Vorteile Vorstellungen vom Nutzer/Verbraucher Emotionale Vorteile Quelle: In Anlehnung an Aaker/Joachimsthaler, 2001, S. 62 Herkunftsland Symbole»Hotelunternehmen haben sich zulange auf die Signalwirkung der nationalen oder internationalen Sternekategorien verlassen.«produkt Marke TourHP
5 Marketing & Vertrieb Mythos Marke 2 Beispiele für Merkmale und Leistungseigenschaften von Marken Eine Marke beinhaltet zwar bestimmte Leistungseigenschaften und Produktmerkmale (z. B. Standort, Kategorie, Größe), bietet darüber hinaus jedoch zusätzlich zu den funktionalen Vorteilen noch weiteres Orientierungs- und Identifikationspotenzial (Aaker/Joachimsthaler, 2001, S. 62): Assoziationen mit der Marke oder zum Unternehmen (trendy, innovativ, konservativ, luxeriös, hochwertig, preisgünstig etc.) Vorstellungen vom Nutzer/Kunden (der FAZ-Leser, der BMW-Fahrer, der Boss-Anzugträger, der Starbucks-Kaffetrinker etc.) Herkunftsland (Italienische Lebensart, American Way of Life, Asiatische Gelassenheit etc.) Markenpersönlichkeit (zuverlässig, wild, verrückt, seriös, offen, risikofreudig, ehrlich, vertrauenswürdig etc.) Symbole (die Golden Arches von McDonald s; der Nike Swoosh; der Ritz Carlton Löwe) Beziehung zwischen Kunde und Marke (Ritz Carlton:»We are Ladies and Gentleman, Serving Ladies and Gentleman«) Emotionale Vorteile (Status, Stolz, Sicherheit, Abgrenzung, Zugehörigkeit etc.,»beruhigt zu sein mit der deutschen Lufthansa zu fliegen«;»stolz ein Schalkefan zu sein«) Identifikation und die Möglichkeit, sich selbst durch die Marke auszudrücken (»Wer im Rocco Forte absteigt, legt Wert auf außergewöhnlichen Service und StilEs gibt den Porsche-Fahrer, den Aldi-Apostel und den Ikea-Jünger. Doch den treuen Sheraton-Schläfer oder leidenschaftlichen Interconti-Junkie gibt es nicht außer vielleicht in den Wunschträumen der Marketingstrategen. Wenn sie die Augen öffnen, sehen sie Ernüchterung: Der Hotelgast ist ein vergleichsweise treuloses Wesen, das gerne die Betten wechselt und nur wenig Gründe kennt, es nicht zu tun. Die entscheidende Aufgabe der Zukunft ist es, ihm diese Gründe zu geben.«(strobel y Serra, 2008, S. 4) 4.2 Orientierungs- und Identifikationspotenziale bleiben oft ungenutzt Ein Orientierungs- und Identifikationspotenzial, wie es vorstehend beschrieben wurde, ist bei vielen Marken der Hotellerie kaum festzustellen. Entsprechend wissen die meisten Kunden und oftmals auch viele Entscheidungsträger und Mitarbeiter in der Hotellerie leider nicht von ihrem Haus bzw. ihrer «Marke«, wofür sie denn stehen soll und was ihren differenzierenden Charakter ausmacht (siehe Abb. 2). Hotels verkaufen aber zunächst ein reines Serviceversprechen. Die Dienstleistung Hotel muss sich durch die Marke materialisieren, wird durch die Marke für den Kunden erst greifbar. Dieses Versprechen einem potenziellen Kunden in all seinen Facetten zu verdeutlichen, dafür sind Marken geradezu prädestiniert. Mit ihrer Hilfe lassen sich ganz bestimmte Assoziationen, Nutzenvorstellungen und Erwartungen hervorrufen und steuern, die dem suchenden Kunden im unübersichtlichen Hotelmarkt Orientierung und Sicherheit vermitteln. Marken mit einem spezifischen Kernnutzen und einer klaren Zielgruppenausrichtung sind beispielsweise im Budget-Segment die Marke Motel One, welche als Pionier das Thema Cheap and Chic besetzt, der Schindlerhof und Ritz Carlton, die für kompromisslose Dienstleistungsqualität stehen, während eine Hotelgruppe wie 25hours sich nach eigenen Angaben als urbane Marke für die Zielgruppe der 19-49jährigen positionieren will, die Stil, Glamour und Zeitgeist mit»value for money«vereint. 4.3 Klare Defizite in der Hotelleriepraxis Viele andere Hotelmarken wie NH Hotels, Dorint, Mercure, Novotel oder Intercontinental die Liste ließe sich fortführen bleiben hingegen weitestgehend unprofiliert bzw. diffus in ihrer Markenbotschaft und weisen kein klares Markenprofil auf. Das gilt insbesondere auch für viele der 55 Hotelkooperationen, die derzeit in Deutschland aktiv sind. Dies ist um so bemerkenswerter, als dass Hotelkooperationen mit dem Anspruch antreten, über die von ihnen verfolgte Dachmarkenstrategie Marken- und Vertriebsvorteile zu realisieren. Das gelingt auf der Markenseite den wenigsten Kooperationen (z. B. Familotels, Biohotels, Romantik Hotels), einigen auf der Vertriebsseite. Viele Hotelkooperationen sind jedoch weder bekannt noch spezifisch markiert und so herrscht in den relevanten Zielgruppen weitestgehende Unkenntnis und Unklarheit über den Mehrwert, den z. B.»Kooperationsmarken«wie Ringhotel, Flair Hotels, Select Marketing Hotels, Akzent Hotels etc. für den potenziellen Gast bringen sollen. Entsprechend gibt es zur Zeit in der Kooperations- und Kettenhotellerie noch zu viele seelenlose Marken ohne konkrete Botschaft, ohne spezifisch aufgeladene Inhalte, ohne differenzierenden Charakter. 10 TourHP
6 Mythos Marke Marketing & Vertrieb 5. Systematisches Markenmanagement ist gefordert Die verstärkten Markenaktivitäten und das Wachstum der Markenhotellerie in den letzten Jahren zeigen zwar, dass die Hotellerie zunehmend sensibler im Hinblick auf notwendige markt- und wettbewerbsbezogene Profilierungsleistungen wird, nichtsdestotrotz betreibt die Hotellerie in diesem Zusammenhang nach wie vor eher Labelling bzw. Namenskosmetik denn eine langfristige, inhaltlich stringente und zielorientierte Markenpolitik (Gardini, 2009, S. 32). Der Marktanteil der Marken in der Hotellerie wird dabei auch in Zukunft weiter wachsen und damit auch die Notwendigkeit eines systematischen und konsequenten Markenmanagement. So muss für den Kunden deutlich werden, wofür die Hotelmarke als Kombination materieller und immaterieller unternehmensinterner Ressourcen stehen bzw. wofür sie nicht stehen soll, welche Kerninhalte und Botschaft die Marke vermitteln soll und wie Problemlösungskompetenz und Markenvorteile zu visualisieren sind. Neben der Entwicklung eines klaren Markenbilds mit einem glaubwürdigen Leistungsversprechen Richtung Markt ist für eine erfolgreiche strategische Markenprofilierung in der Hotellerie die Schaffung und Absicherung einer integeren und stimmigen Markenidentität sowohl im Innenverhältnis (Internal Branding) als auch im Außenverhältnis (External Branding) nötig. Erfolgreiche Marken verlassen sich denn auch nicht allein auf die kommunikativen Elemente der Markenführung, sondern stellen sich der zwingenden Notwendigkeit einer ganzheitlich gestalteten Markenidentität und -kultur als Baustein einer unternehmerischen und strategischen Ressourcenkonzeption. Der notwendige Phasenübergang von der operativen Verkaufsund Kommunikationsorientierung hin zu einer integrativen und strategischen Markenorientierung, die alle am Wertschöpfungsprozess beteiligten Funktionen, Aktivitäten und Menschen umfasst, ist denn auch ein Umdenkprozess, der sowohl in Ketten- als auch in der Individualhotellerie vielfach erst noch ernsthaft vollzogen werden muss. Ausblick: Mit dem vorliegenden Beitrag konnten lediglich einführende Grundlagen der Markenführung in der Hotellerie behandelt werden, es ist beabsichtigt, in weiteren Beiträgen noch vertiefend auf einzelne Aspekte einzugehen. Dabei sollen Eckpfeiler einer erfolgreichen Markenpolitik in der Hotellerie erarbeitet, konkrete Dimensionen und Elemente der Markenentwicklung und Markenidentität beschrieben sowie Chancen und Risiken der Markenpolitik in der Hotellerie aufgezeigt werden. Literatur: Aaker/Joachimsthaler, Brand Leadership, Amadeus, Die Zukunft der Hotellerie, Burmann/Maloney, Innengerichtete, identitätsbasierte Führung von Dienstleistungsmarken, in: Bruhn/ Stauss (Hrsg.), Dienstleistungsmarken: Forum Dienstleistungsmanagement, Wiesbaden, 2008, S Deloitte, Hospitality 2010, Dubé/Reneghan, Creating Visible Customer Value, Cornell Hotel and Administration Quarterly 2/2000 S Francese/Renaghan, Data- Base Marketing: Building Customer Profiles, Cornell Hotel and Administration Quarterly 5/1990 S Frehse, Erfolgsfaktoren im internationalen Markenmanagement von Hotelunternehmen, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, Nr. 2, 2006, S Frehse, Das vernachlässigte Versprechen Die Markenpolitik internationaler Hotelketten im Spiegel aktueller Erkenntnisse des Dienstleistungsmarketing, der markt 2008 S Gardini, Marke statt Sterne, absatzwirtschaft Science Factory 1/2006 S Gardini, Paradigmenwechsel in der Hotellerie, in: Gardini (Hrsg.), Handbuch Hospitality Management, 2009, S IHA- Hotel Verband Deutschland, Hotelmarkt Deutschland, Kotler/Bowen/Makens, Marketing for Hospitality and Tourism, 4. Aufl Lynn, Brand Segmentation in the Hotel and Cruise Industry, Cornell Hospitality Report 2007 S PriceWaterhouseCoopers, Praxis von Markenbewer tung und Markenmanagement in deutschen Unternehmen, Pütz-Willems, Die Flut der Seelenlosen, hospitalityinside 4/2007. Stauss/Bruhn, Dienstleistungsmarken, in: Stauss/ Bruhn (Hrsg.), Dienstleistungsmarken: Forum Dienstleistungsmanagement, 2008, S Strobel y Serra, Die Zukunft der Hotelmarken, GBI - Check 1/2008 S TourHP
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