Stellungnahme zum zweiten Monitoring-Bericht der Bundesregierung für das Berichtsjahr 2012

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1 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Stellungnahme zum zweiten Monitoring-Bericht der Bundesregierung für das Berichtsjahr 2012 Berlin Mannheim Stuttgart, März 2014 Prof. Dr. Andreas Löschel (Vorsitzender) Prof. Dr. Georg Erdmann Prof. Dr. Frithjof Staiß Dr. Hans-Joachim Ziesing ENERGIE DER ZUKUNFT Kommission zum Monitoring-Prozess Prof. Dr. Andreas Löschel (Vorsitzender) Prof. Dr. Georg Erdmann Prof. Dr. Frithjof Staiß Dr. Hans-Joachim Ziesing

2 Expertenkommission: Prof. Dr. Andreas Löschel (Vorsitzender) Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Universität Heidelberg L7, Mannheim Postfach Mannheim Telefon Fax Prof. Dr. Georg Erdmann Technische Universität Berlin, Fachgebiet Energiesysteme Einsteinufer 25 (TA8) Berlin georg.erdmann@tu-berlin.de Telefon Fax Prof. Dr. Frithjof Staiß Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) Industriestr Stuttgart frithjof.staiss@zsw-bw.de Telefon Fax Dr. Hans-Joachim Ziesing AG Energiebilanzen e.v. (AGEB) Mohrenstraße Berlin hziesing@t-online.de Telefon Dieses Gutachten beruht auch auf der sachkundigen und engagierten Arbeit unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Philipp Massier Technische Universität Berlin, Fachgebiet Energiesysteme Lars Dittmar Fernando Oster Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) Maike Schmidt Ecologic Institut Eike Karola Velten

3 Zusammenfassung Zusammenfassung Monitoring-Prozess als Element der Energiewende Das Energiekonzept der Bundesregierung vom September 2010 stellt eine Langfriststrategie der Energiepolitik Deutschlands mit ambitionierten Zielsetzungen dar. Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima wurde im Juni 2011 der Ausstieg aus der Kernenergie in einem Allparteienkonsens gesetzlich festgeschrieben und damit dieses Zielsystem noch ambitionierter gemacht. Das vorliegende Dokument ist die Stellungnahme der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft zum zweiten Monitoring- Bericht der Bundesregierung. Wie in der ersten Stellungnahme vom Dezember 2012 sollte es um die wissenschaftliche Einordnung und Bewertung des Monitoring-Berichts der Bundesregierung gehen. Durch den Regierungswechsel und den damit verbundenen Neuzuschnitt der Ministerien hat sich der Prozess der Erstellung des Monitoring-Berichts und unserer Stellungnahme verzögert. Unsere Stellungnahme wurde auch dadurch erschwert, dass uns der Entwurf des Monitoring-Berichts erst im März 2014 vorlag. Nicht alle Teile des Monitoring- Berichts der Bundesregierung konnten somit einer tiefgehenden Prüfung unterzogen werden. Doch werden auch in diesem Jahr relevante Entwicklungen, Ziele und Maßnahmen eingehend analysiert. Unsere Schwerpunkte liegen dabei auf den Themen Monitoring-Prozess als Element der Energiewende, Atomausstieg und Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Initiativen im Bereich der Energieeffizienz, Entwicklung der erneuerbaren Energien, Entwicklung der Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung und Innovationsimpulse der Energiewende. Dabei ordnet die vorliegende Stellungnahme Aussagen des Monitoring- Berichts der Bundesregierung ein und ergänzt diese, wenn Bereiche von erheblicher Bedeutung aus Sicht der Expertenkommission ausführlicher behandelt werden sollten (z.b. Innovationsimpulse). Auftragsgemäß verzichtet unser Z-1

4 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Bericht auf prognostische Aussagen, soweit dies den Einsatz von Modellen bedeutet, sowie auf die fundierte Evaluation von Maßnahmen. Allerdings betrachten wir die vermutlichen Auswirkungen der getroffenen energie- und umweltpolitischen Entscheidungen im Hinblick auf die perspektivische Zielerreichung, um relevante Handlungsfelder zu identifizieren. Die vorliegende Stellungnahme bezieht sich ebenso wie der Monitoring-Bericht auf das Berichtsjahr 2012, wobei aufgrund des Veröffentlichungszeitpunktes auch die schon verfügbaren Informationen des Jahres 2013 berücksichtigt werden. Der Monitoring-Prozess ist ein wichtiges Element der Energiewende. Die ersten Monitoring-Berichte der Bundesregierung dienten insbesondere dazu, einen Rahmen für diese neue Aufgabe zu entwickeln, geeignete Indikatoren zu identifizieren und die notwendigen Datengrundlagen zu benennen. Das Gerüst für die langfristige Begleitung der Energiewende steht in weiten Teilen und wird in den nächsten Jahren Schritt für Schritt weiterentwickelt werden. Inzwischen ist das Monitoring aus Sicht der Expertenkommission in eine neue Phase eingetreten. Das faktenorientierte Monitoring mit der Beschreibung von Indikatoren und deren Veränderung hat einen Stand erreicht, der es aus unserer Sicht erlaubt, nun stärker problemorientiert die Energiewende im Monitoring- Prozess zu begleiten. Das Augenmerk der Monitoring-Berichte der Bundesregierung sollte daher über die Darstellung von Indikatoren und die Beschreibung von deren Veränderungen hinausgehen und verstärkt auf die Analyse und Bewertung der beobachteten Entwicklungen abzielen. Dabei ist es notwendig, die Veränderungen in den verschiedenen Dimensionen der Energiewende im Berichtszeitraum unvoreingenommen darzustellen. Insbesondere wenn Indikatoren darauf hindeuten, dass einzelne Entwicklungen hinter den Pfaden für die Zielerreichung zurückfallen, müssen Probleme klar benannt, Ursachen vertieft analysiert und Schlussfolgerungen für das politische Handeln gezogen werden. Nur so können die relevanten Handlungsfelder identifiziert und die politischen Prioritäten im Fortschritt der Energiewende definiert werden. Die Monitoring-Berichte der Bundesregierung können sich dann auch jenseits der nur alle drei Jahre zu erstellenden Fortschrittsberichte zu einem noch wichtigeren Analyseinstrument der Bundesregierung weiterentwickeln. Z-2

5 Zusammenfassung Um den Fortschritt der Energiewende handlungsleitend messbar zu machen, ist es notwendig, eindeutige Ziele und im Falle von Zielkonflikten Prioritäten zu definieren. Das Energiekonzept und die nachfolgenden Beschlüsse der Bundesregierung benennen eine umfangreiche Liste von Zielen der Energiewende. Diese Ziele sind formal gleichrangig. Sie sind aber aus unserer Sicht nicht alle von gleicher Bedeutung. Die Energiewende ist nach Überzeugung der Expertenkommission durch zwei Oberziele bestimmt: die Senkung der Treibhausgasemissionen um mind. 80 % bis zum Jahr 2050 und den Ausstieg aus der Kernenergienutzung bis Ende Diese Oberziele werden durch verschiedene Unterziele flankiert und über politische Maßnahmen umgesetzt. Die Unterziele und Maßnahmen wiederum sollten flexibel anpassbar sein, immer unter Berücksichtigung, dass dabei die Oberziele nicht verfehlt werden. Wir empfehlen der Bundesregierung sowie dem Parlament sich mit einer entsprechenden Priorisierung der Energiewende-Ziele zu befassen. Im Monitoring-Prozess Energie der Zukunft muss ein komplexes Bündel von politischen Zielsetzungen mit Hilfe von Indikatoren abgebildet und bewertet werden. Ein solcher Rahmen erhöht die Kontinuität, Planungssicherheit und Vergleichbarkeit des Monitoring-Prozesses im Zeitablauf. Bei der Definition dieses Indikatorensystems erlauben es Leitindikatoren, Entwicklungen der Energiewende in den verschiedenen Dimensionen mit Hilfe einiger weniger Größen messbar zu machen. Das Indikatorensystem wird somit handlungsleitend. In einem zweiten Schritt werden die Leitindikatoren durch ein breites Indikatorensystem als Informationsbasis untermauert. Während die Bundesregierung ausschließlich Indikatoren als Leitindikatoren verwendet, denen ein quantitatives Ziel im Energiekonzept gegenübersteht, empfiehlt die Expertenkommission einen erweiterten Ansatz, der auch die nicht quantitativen Ziele der Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit jenseits der Treibhausgasemissionen der Energieversorgung sowie die Akzeptanz und gesellschaftlichen Auswirkungen der Energiewende beachtet. Für den Monitoring-Prozess Energie der Zukunft wird die Nutzung von zehn Leitindikatoren für fünf verschiedene Dimensionen der Energiewende vorgeschlagen. Sie komprimieren die Liste der Leitindikatoren der Bundesregierung und ergänzen diese um nicht-quantifizierte Dimensionen des Energiekonzeptes. Die Leitindikatoren sind in der folgenden Abbildung dargestellt und umfassen: Treibhausgasemissionen, Ausstieg aus der Z-3

6 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Kernenergie, Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch, Endenergieverbrauch, System Average Interruption Duration Index (SAIDI) für Strom, Leistungsbilanz, Innovationen, Energiewirtschaftliche Gesamtrechnung, Soziale Auswirkungen nach dem sog. High Cost/Low Income-Ansatz und Akzeptanz. Abbildung: Leitindikatoren für den Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft" Treibhausgasemissionen Ausstieg aus der Kernenergie Akzeptanz Oberziele Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch Soziale Auswirkungen (High Cost/ Low Income) Gesellschaft Energieversorgung Endenergieverbrauch Versorgungssicherheit Wirtschaftlichkeit Energiewirtschaftliche Gesamtrechnung SAIDI Strom Innovationen Leistungsbilanz Neben der Bundesregierung und der Expertenkommission beteiligen sich weitere Akteure mit eigenen Indikatorensystemen an der Diskussion zum Monitoring der Energiewende. Diese Akteure schlagen meist auch die Nutzung einer aggregierten Sichtweise durch Leit- oder aggregierte Indikatoren vor, die überwiegend auf dem energiepolitischen Zieldreieck Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit basieren, aber auch darüber hinausgehende Dimensionen umfassen. Die Begleitung des Prozesses der Energiewende durch verschiedene, unabhängig voneinander agierende Organisationen ist zu begrüßen, zeigt dies doch, dass die Energiewende mit ihren Chancen und Herausforderungen in der Gesellschaft angekommen ist. Für den Monitoring-Prozess ist dies eine wichtige Ergänzung. Darüber hinaus wird die In- Z-4

7 Zusammenfassung formationsbasis durch die Komplementarität der Initiativen stetig erweitert. Dies ist aus unserer Sicht eine äußerst positive Entwicklung. Im Hinblick auf die Verfügbarkeit und Qualität der Datenbasis erneuert die Expertenkommission ihre Empfehlung aus ihrer Stellungnahme zum ersten Monitoring-Bericht 2012 für eine grundlegende Novellierung des Energiestatistikgesetzes zur Verbesserung der energiestatistischen Datenbasis sowie zur flexibleren Anpassung an veränderte Strukturen. Dabei geht es auch um die Vereinfachung rechtlicher Anordnungen von energierelevanten Statistiken durch Erlass entsprechender Verordnungen, um die Erweiterung der Berichtskreise, um die Eröffnung von Möglichkeiten zur Nutzung von Verwaltungsdaten, aber auch um die Durchführung regelmäßiger, repräsentativer Stichprobenerhebungen. Verbesserungen der energiestatistischen Datenbasis sind vor allem auch notwendig im Hinblick auf die Erfassung von energierelevanten Daten für den Gebäudesektor und für den sehr diffusen Sektor von Gewerbe, Handel, Dienstleistungen. Atomausstieg und Entwicklung der Treibhausgasemissionen Der Atomausstiegspfad ist gesetzlich geregelt. Die Expertenkommission begrüßt die Bekräftigung dieses Ziels durch den Koalitionsvertrag. Um Friktionen zu vermeiden, müssen dafür alle Anstrengungen unternommen werden, damit die erforderlichen Übertragungskapazitäten und/oder Ersatzkapazitäten insbesondere für den süddeutschen Raum zeitgerecht zur Verfügung stehen. Bezüglich der Treibhausgasemissionen lässt die Entwicklung in den vergangenen zwei Jahren den Schluss zu, dass sich Deutschland momentan nicht auf dem Zielpfad befindet. Dies stellt auch die Bundesregierung in ihrem diesjährigen Monitoring-Bericht fest und trifft dazu die Aussage, dass mit den bisherigen Maßnahmen offenkundig das Ziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 % bis 2020 mit einem erwarteten Minus von lediglich 35 % deutlich verfehlt wird. Vor diesem Hintergrund ist aber die im Monitoring-Bericht getroffene Aussage Die Energiewende kommt voran aus Sicht der Expertenkommission in ihrer Allgemeinheit durchaus diskussionswürdig. Um das auch im Koalitionsvertrag noch einmal bekräftigte Treibhausgasziel für 2020 noch zu erfüllen, müssten ab heute die Emissionen jährlich doppelt so stark reduziert werden wie im Durchschnitt der Jahre von 2008 bis Schon gar nicht Z-5

8 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft sollte ein Wiederanstieg der Emissionen wie in den Jahren 2012 und 2013 geschehen einfach akzeptiert werden. Angesichts der nur noch wenigen Jahre bis 2020 wird sich eine Zielverfehlung nur vermeiden lassen, wenn zusätzliche energie- und klimapolitische Maßnahmen möglichst zeitnah implementiert werden. Handlungsleitend muss nach Auffassung der Expertenkommission dabei insbesondere sein, durch entsprechende Rahmenbedingungen Anreize zur Verbesserung der Energieeffizienz zu setzen sowie die Struktur der Stromerzeugung verstärkt auf erneuerbare Energien und andere emissionsärmere Energieträger umzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass unabhängig von der ohnehin notwendigen Umstrukturierung der Stromerzeugung zusätzlich die mit der Stilllegung der Kernkraftwerke entfallende emissionsfreie Stromerzeugung ersetzt werden muss. Unsere Abschätzung der Handlungsfelder Strom, Wärme und Kraftstoffe bzw. Energieeffizienz und Erneuerbare zur Reduktion der CO 2 -Emissionen auf Basis der Ziele des Energiekonzepts sind in der Abbildung dargestellt. Abbildung: Reduktion der energiebedingten CO 2 -Emissionen nach Handlungsfeldern für den Zeitraum 2010 bis 2020 Reduktion der CO 2 -Emissionen Strom 46% Wärme 41% Kraftstoffe 13% Strom Effizienz 18% Strom Erneuerbare 28% Wärme Effizienz 39% Wärme Erneuerbare 2% Kraftstoffe Effizienz 10% Kraftstoffe Erneuerbare 3% Effizienz 67% Erneuerbare 33% Die größten Einzelbeiträge entfallen auf Effizienzverbesserungen bzw. die Reduktion des Energiebedarfs für Wärme sowie den Ausbau der regenerativen Z-6

9 Zusammenfassung Stromerzeugung. Insgesamt müsste danach die Energieeffizienz einen doppelt so hohen Beitrag leisten wie die erneuerbaren Energien. Die Expertenkommission begrüßt die Aussage im Koalitionsvertrag, dass die Bundesregierung in all diesen Handlungsfeldern die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird. Die Expertenkommission erkennt zwar die Notwendigkeit, zügig zu einer EEG- Novelle zu gelangen, doch sollte dies nicht zu weiteren Verzögerungen bei der Umsetzung der anderen, nicht minder erforderlichen Maßnahmen führen. Neben zusätzlichen Anreizen zur Steigerung der Energieeffizienz auch auf ordnungsrechtlichem sowie finanz-, steuer- und preispolitischem Weg, sollte sich die Bundesregierung gleichermaßen aktiv an der strukturellen Reform des europäischen Emissionshandels beteiligen, damit dieses zu Recht von der Bundesregierung so bezeichnete zentrale Klimaschutzinstrument für den Energie- und Industriesektor in Europa perspektivisch wieder seine wichtige Lenkungsfunktion erfüllen kann und Knappheitssignale setzt. Bei ihrer Zustimmung zum backloading sollte die Bundesregierung prüfen, ob rechtliche Möglichkeiten bestehen, die entsprechenden Zertifikatsmengen nicht schon in der laufenden Handelsperiode, sondern erst in der nach 2020 beginnenden Periode zurückzugeben. 1 In diesem Zusammenhang begrüßt die Expertenkommission die Vorschläge der EU-Kommission im Klima- und Energiepaket 2030 vom sowie die gemeinsame Initiative der Bundesrepublik Deutschland zusammen mit Großbritannien, Frankreich und Italien, die gesamteuropäischen Emissionsminderungsziele bis 2030 auf mindestens 40 % (immerhin eine Verdoppelung gegenüber dem Ziel für 2020) festzulegen. Die Notwendigkeit einer aktiven Beteiligung an der strukturellen Reform des Emissionshandels ist schon deshalb geboten, weil diesem Regime fast die Hälfte der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen unterliegt. Nach Auffassung der Expertenkommission folgt daraus aber zugleich auch, dass die Anstrengungen zur Emissionsminderung in den Sektoren außerhalb des Emissionshandels, die weitgehend der nationalen Regulierung unterliegen, durch die 1 Gegebenenfalls könnte die Bundesregierung auch selbst Emissionsrechte aufkaufen und dann stilllegen. Allerdings müsste es sich dabei um erhebliche Volumina handeln, um signifikante Wirkungen im europaweiten Maßstab erreichen zu können. Z-7

10 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Bundesregierung forciert werden müssen. Das betrifft speziell den Gebäudebereich mit seinen nach wie vor hohen Effizienzpotenzialen. Ein reformierter Emissionshandel würde auch einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Energie- und Klimafonds der aus den Versteigerungserlösen im Rahmen des Emissionshandels gespeist wird als wichtiges Instrument zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen wieder zu vitalisieren und dem klimaschutzpolitisch kontraproduktiven Trend zu vermehrter Kohleverstromung entgegenzuwirken, der sich aufgrund der günstigeren Wettbewerbsverhältnisse im Vergleich etwa zu Erdgaskraftwerken durch die niedrigen Zertifikats- und Kohlenpreise einerseits und hohe Erdgaspreise andererseits herausgebildet hat. Initiativen im Bereich der Energieeffizienz Zusammen mit den erneuerbaren Energien gehört die Energieeffizienz zu den strategischen Elementen zur Erreichung der Klimaschutzziele. Die Expertenkommission begrüßt in diesem Zusammenhang die klar positive Bewertung der Steigerung der Energieeffizienz im Koalitionsvertrag, wenngleich die Aussagen dazu wenig konkret sind und zur Finanzierungsbasis keine Angaben gemacht werden. Hier sieht die Expertenkommission noch erheblichen Konkretisierungsbedarf, der allerdings auch im vorliegenden Monitoring-Bericht noch nicht geleistet worden ist. Zwar gibt es in Deutschland schon seit vielen Jahren zahlreiche Maßnahmen, die zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen, vor allem standardsetzende, ordnungsrechtliche Maßnahmen, Programme zur Investitionsförderung, preisimpulssetzende Maßnahmen sowie Beratungs- und Kennzeichnungsprogramme. Erkennbar ist aber, dass die bisherige Ausgestaltung nicht die Wirkungen erwarten lässt, die für den Erfolg der Energiewende mit ihren ambitionierten Zielen erforderlich sind. Dies gilt auch für die ohnehin nur wenigen Maßnahmen, die seit Verabschiedung des Energiekonzepts im Jahr 2010 und nach der Revision im Jahr 2011 beschlossen worden sind. In der untenstehenden Tabelle wird zusammenfassend verdeutlicht, dass bei sehr vielen Merkmalen die Energieeffizienz in Zukunft im Vergleich zur bisherigen Entwicklung noch beträchtlich gesteigert werden muss, sollen die angestrebten Ziele noch erreicht werden. Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht der Z-8

11 Zusammenfassung Expertenkommission festzustellen, dass die bisherige Entwicklung der Energieeffizienz hinter den zur Zielerreichung notwendigen Steigerungsraten zurückbleibt. Daher begrüßt die Expertenkommission das im Koalitionsvertrag vereinbarte regelmäßige Effizienzmonitoring der Bundesregierung. Dabei sollten auch die Wirksamkeit der zur Verbesserung der Energieeffizienz ergriffenen Maßnahmen untersucht und mögliche Rebound-Effekte betrachtet werden. Tabelle: Bisherige und künftige zur Zielerreichung notwendige Veränderungen bei verschiedenen Zielgrößen des Energiekonzepts Empirischer Zeitraum bzw bzw Zielkompatible künftige Veränderungen bzw Durchschnittliche jährliche Veränderungen in % Treibhausgasemissionen 1) -1,3-1,1-2,8-3,6/-7,9 3) Primärenergieverbrauch (PEV) 2) -0,2-1,3-2,6-1,6 Primärenergieproduktivität 2) 1,9 1,7 3,0 2,5 Bruttostromverbrauch 2) 0,3-0,7-1,0-0,6 Stromverbrauchsproduktivität 2) 1,1 1,4 1,6 1,5 Endenergieverbrauchsproduktivität 1) 1,8 1,1 2,6 2,1 Endenergieverbrauch Raumheizung (nur Haushalte) 1) -0,7-2,9-1,3-4,5 Endenergieverbrauch Verkehr 1) 0,3-0,1 4) -1,2-1,3 KWK-Strom 1) 2,3-3,2 5) 1,6-3,1 3,6-4,5 1) Bezugsjahr ) Bezugsjahr ) Emissionsminderung -80%/-95% 4) ) Als Voraussetzung für ein belastbares Monitoring ist aber vor allem ein einheitliches Begriffsverständnis notwendig. Nach Auffassung der Expertenkommission betrifft dies unter anderem die Klärung der zwischen den Ressorts divergierenden Interpretationen der im Energiekonzept genannten Begriffe Wärmebedarf sowie Sanierungsrate. Während auf der einen Seite die Reduktion des Wärmebedarfs in Anlehnung an die Energieeinsparverordnung (EnEV) als Minderung der nicht-erneuerbaren Primärenergie definiert wird und somit jeder zusätzliche Beitrag der erneuerbaren Energien als Energieeinsparung verbucht wird, muss der energetische Beitrag der erneuerbaren Energien in Übereinstimmung mit internationalen Standards voll der Primärenergie zugerechnet werden. Dieser Unterschied ist erheblich, denn unter Einbezie- Z-9

12 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft hung der erneuerbaren Energien quasi als Einsparenergie ist das Gebäudeeffizienzziel deutlich weniger anspruchsvoll als die Forderung, den Primärenergiebedarf einschließlich der regenerativen Energien zu reduzieren. Ebenfalls muss es rasch zu einer einheitlichen und konkreten Definition der Sanierungsrate kommen, die nach dem Energiekonzept der Bundesregierung verdoppelt werden soll. Positiv ist hervorzuheben, dass die Nutzung temperaturbereinigter Werte im Monitoring-Bericht nun eine bessere Interpretation der genutzten Effizienzindikatoren zulässt. Auf den dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung der Energieeffizienz hat die Expertenkommission schon in ihrer letztjährigen Stellungnahme hingewiesen. Die erste Priorität sollten Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich haben. Das Ziel eines annähernd klimaneutralen Gebäudebestandes bis zum Jahr 2050 erfordert angesichts der langen Kapitalbindung baldiges Handeln. Zwar hat sich der spezifische Endenergieverbrauch für Raumwärme in den letzten Jahren spürbar vermindert, doch sind die verbleibenden Effizienzpotenziale noch bei weitem nicht erschöpft. Der Erfolg der Energiewende wird ohne den entsprechenden Beitrag des Gebäudebereichs und die dazu notwendigen Investitionen nicht zu erreichen sein. Hier hält die Expertenkommission eine baldige Entscheidung der Bundesregierung über die zielkonforme Ausgestaltung von finanziellen Fördermaßnahmen für die Gebäudesanierung für die Zielerreichung für ebenso erforderlich wie eine weitere Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) auch für den Neubaubereich. Zugleich sollte geprüft werden, ob nicht auch die Anforderungen an die Effizienz im Gebäudebestand angehoben werden müssten. Die zweite Priorität hat der Verkehrssektor, wo die nach 1999 zunächst erkennbaren Minderungstendenzen des Energieverbrauchs im Verkehr seit 2005 praktisch zum Stillstand gekommen sind. Vor dem Hintergrund der expliziten Ziele zur Minderung des verkehrsbedingten Energieverbrauchs sollte der Verkehrssektor nicht wie im Koalitionsvertrag im Wesentlichen nur unter infrastrukturellen Aspekten behandelt werden. Zweifellos erfordert die Umsetzung der Ziele für den Verkehrssektor weitergehende Maßnahmen im Hinblick auf Strategien zur Verkehrsvermeidung und zur Veränderung des Modal Split. Es sind aber auch Anreize für neue, energieeffizientere Antriebe und neue, emissionsarme bzw. -freie Kraftstoffe jenseits der bisher eingesetzten Biokraftstoffe notwendig. Die dazu von der Bundesregierung vorgelegte Mobi- Z-10

13 Zusammenfassung litäts- und Kraftstoffstrategie (MKS) wird von der Expertenkommission begrüßt. Die MKS als lernende Strategie ist sicher sinnvoll, doch sollte dies mit der Umsetzung der notwendigen politischen Maßnahmen, wie sie in der MKS bisher nur skizziert werden, einhergehen. Bei der Beurteilung von politischen Energieeffizienzprogrammen sollten nach Auffassung der Expertenkommission etwaige Rebound-Effekte im Rahmen einer Folgenabschätzung berücksichtigt werden. Der Einbezug von Rebound- Effekten sorgt für eine realistischere Abschätzung der tatsächlichen Einsparungen und liefert daher eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungsträger. Denn im Extremfall könnte eine Maßnahme, die zunächst vorteilhaft erscheint, nach der Berücksichtigung von Rebound-Effekten ein ungünstiges Kosten Nutzen-Verhältnis aufweisen. Da der Rebound-Effekt die Wirksamkeit von Mindeststandards für Energieeffizienz negativ beeinflussen kann, sollte man bei Effizienzverbesserungen auf Instrumente setzen, die diesen Effekt nicht begünstigen. Dazu zählen insbesondere Preisinstrumente. So erhöht bspw. eine Steuer die Nutzungskosten der Energiedienstleistung und setzt somit monetäre Anreize zum Einsparen von Energie, ohne direkte und indirekte Rebound-Effekte aufkommen zu lassen. Auch ein Emissionshandelssystem, in dem die absolute Menge an eingesetzten Inputs reguliert ist, lässt keinen Raum für die Entwicklung von Rebound-Effekten. Entwicklung der erneuerbaren Energien Die erneuerbaren Energien entwickelten sich im Jahr 2012 erneut positiv, so dass das anspruchsvolle Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 von heute 12,5 % auf 18 % zu erhöhen, weiterhin erreichbar scheint. Die Zielerreichung ist jedoch kein Selbstläufer. Bedingt durch die Formulierung eines relativen Ziels hängt die für die Zielerreichung erforderliche absolute Höhe der Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien mittelbar auch von der Entwicklung des Endenergieverbrauchs ab. Werden die angestrebten Effizienzfortschritte und die resultierende Verbrauchsreduktion nicht erreicht, müssen die erneuerbaren Energien ein deutlich höheres absolutes Ausbauniveau erreichen. Ob dieser Ausgleich in allen Bereichen (Strom, Wärme und Kraftstoffe) gleichermaßen möglich sein wird, ist fraglich. Z-11

14 Endenergiebereitstellung aus erneuerbaren Energien [TWh/a] Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Wie bereits im 2011 ist im Jahr 2012 der Ausbau im Stromsektor die treibende Kraft für die Entwicklung der erneuerbaren Energien. So erreichten im Jahr 2012 die erneuerbaren Energien einen Anteil von 23,5 % am Bruttostromverbrauch und damit erstmals den höchsten Beitrag aller drei Sparten Strom, Wärme und Kraftstoffe (siehe unten). Mit dieser positiven Entwicklung rückt die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in den Mittelpunkt der politischen Debatte um die Energiewende und deren Kosten. Die von Letztverbrauchern von Strom zu zahlende EEG-Umlage stieg von 5,28 ct/kwh in 2013 und 6,24 ct/kwh in In diesem Jahr sind nur etwa 40 % dieses Anstiegs direkt auf den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung zurückführbar. Zusätzlich umlagesteigernd wirkten der starke Rückgang der Börsenstrompreise sowie die Ausweitung der Ausnahmeregelungen für die stromintensive Industrie, um nur zwei Einflussfaktoren zu nennen. Trotzdem unterstreicht die erreichte Gesamthöhe die Notwendigkeit einer Reform des EEG. Abbildung: Entwicklung der Bruttoendenergiebereitstellung aus erneuerbaren Energien nach Sektoren Strom Wärme Kraftstoffe Bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) muss die Bundesregierung aber nicht nur eine stärkere Ausrichtung an der Kosteneffizienz und die Kompatibilität mit dem EU-Binnenmarkt beachten, sondern auch sicherstellen, dass der für die Zielerreichung notwendige Ausbaupfad der erneuer- Z-12

15 Zusammenfassung baren Stromerzeugung erhalten bleibt. Die konkrete Ausgestaltung muss dabei der aktuellen Entwicklungsphase der erneuerbaren Stromerzeugung der beginnenden Marktintegration entsprechen. Die Maßnahmen sind so zu wählen, dass ein kontinuierlicher Übergang in eine vollständige Marktintegration möglich ist. Ob bzw. in welchem Umfang und wann dafür die bereits praktizierte Direktvermarktung und/oder ein verändertes Strommarktdesign zielführend sind, bleibt zu prüfen. Bezüglich der anstehenden Novelle möchte die Expertenkommission auf folgenden Punkt hinweisen: Durch die Formulierung von festen Ausbaukorridoren und damit von Obergrenzen wird ein darüber hinaus gehender Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung deutlich erschwert. Ein Ausgleich eventueller Zielverfehlungen in anderen Bereichen mit Blick auf die deutschen Klimaschutzziele können so ggf. nicht mehr durch höhere Beiträge der regenerativen Stromerzeugung ausgeglichen werden. Angesichts der zum Erreichen des deutschen Klimaschutzziels im Jahr 2020 gestiegenen Herausforderungen hält die Expertenkommission das Verfolgen eines Ausbaupfads am oberen Rand des Korridors für erforderlich. Im Wärmesektor befindet sich der Ausbau erneuerbarer Energien statistisch gesehen mit Blick auf das Ziel, im Jahr 2020 einen Anteil von 14 % des Endenergieverbrauchs für Wärme/Kälte zu decken, im Zielkorridor. Zu begrüßen ist, dass durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) regenerativen Quellen inzwischen ein hoher Stellenwert für die Versorgung neuer Gebäude zukommt. Gleichzeitig werden durch das Marktanreizprogramm für erneuerbare Wärme zahlreiche Einzelmaßnahmen im Gebäudebestand sowie Wärmenetze gefördert, die eine Flexibilisierung des Wärmemarktes und eine stärkere Integration des gesamten Energiesystems erlauben. Problematisch bleibt hingegen die Erschließung regenerativer Nutzungspotenziale im Gebäudebestand. Von etwa einer halben Million Heizungserneuerungen jährlich basieren über 90 % hauptsächlich auf fossilen Brennstoffen, wodurch die Wärmebereitstellung der entsprechenden Gebäude bis zum Jahr 2030 und ggf. darüber hinaus weitgehend festgelegt wird. Je länger sich daran nichts ändert, desto schwieriger wird der Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand. Weil sich die Bundesregierung mit dem Koalitionsvertrag gegen eine bundesweite Nutzungspflicht für regenerative Wärme im Gebäudebestand ausgesprochen hat, sollten die bestehenden finanziellen Anreizinstrumente Z-13

16 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft gestärkt werden. Infrage kommt dafür auch die steuerliche Begünstigung von Investitionen. Im Verkehrsbereich wurde im Jahr 2012 ein regenerativer Kraftstoffanteil von 5,7 % erreicht, womit zum wiederholten Mal die im Biokraftstoffquotengesetz vorgegebene Quote von 6,25 % verfehlt wurde. Neben den dominierenden Treibstoffen Biodiesel und Bioethanol kam mit Biomethan erstmals ein Biokraftstoff der zweiten Generation zum Einsatz, dessen Bedeutung mit 1 % der gesamten Biokraftstoffbereitstellung jedoch noch sehr gering ist. Die Expertenkommission empfiehlt deshalb zeitnah eine deutliche Intensivierung der Aktivitäten zur Entwicklung alternativer Kraftstoffe auf regenerativer Basis. Deren Einführung ist zudem durch geeignete Instrumente anzureizen. Für die energetische Nutzung der potenzialseitig beschränkten Ressource Biomasse fehlen weiterhin Analysen zum systemoptimalen Einsatz in nachhaltigen Energiesystemen der Zukunft. Hier besteht aus Sicht der Expertenkommission dringender Handlungsbedarf, auch im Rahmen der anstehenden EEG-Reform. Umweltwirkungen des Energiesystems Die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung ist eine der Grundvoraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland und spielt eine wesentliche Rolle hinsichtlich der Akzeptanz der Energiewende. Letztlich geht es um die Frage, ob die quantitativ formulierten Ziele des Energiekonzeptes ohne gravierende Auswirkungen auf die nicht-quantitativ vorgegebene Umweltentwicklung erreicht werden können oder ob sich hier Konflikte andeuten, die eventuell ein Nachsteuern nahe legen. Daher schlägt die Expertenkommission erneut vor, Indikatoren zur Beschreibung der Umweltwirkungen in das Monitoring der Bundesregierung aufzunehmen. Die Expertenkommission geht davon aus, dass die Energiewende neben dem Klimaschutz langfristig zu einer Entlastung der Umwelt in den Bereichen Luftschadstoffe, radioaktive Belastung, Ressourcennutzung und Wasserverbrauch führen wird. Die Flächeninanspruchnahme des Energiesystems ist schon heute hoch und wird aller Voraussicht nach weiter ansteigen. Im Jahr 2012 werden durch das Energiesystem fast 10 % der Fläche Deutschlands in Anspruch genommen. Von 2011 auf 2012 stieg die Flächeninanspruchnahme um etwa 0,4 Prozentpunkte, hauptsächlich durch einen weiter zunehmenden Energiepflanzenanbau, den Ausbau der Windenergienutzung und von Photovoltaik- Z-14

17 Zusammenfassung Freiflächenanlagen sowie durch neue Übertragungsleitungen. Der Energiepflanzenanbau hatte den größten absoluten Flächenzuwachs und nahm im Jahr 2012 auch mit Abstand den größten Flächenanteil (62 %) in Anspruch (siehe Abbildung). Die energiebedingte Flächeninanspruchnahme sollte langfristig als Teil des Monitorings überwacht werden. Abbildung: Flächeninanspruchnahme der Energiebereitstellung und -verteilung im Jahr 2012 in Deutschland Konventionelle Energiebereitstellung Braunkohletagebau (in Betrieb) Biomasse (Anbau und Anlagen) Wind (inkl. Abstandsflächen) PV auf Freifläche Stauseen Übertragungsnetz 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Flächeninanspruchnahme ohne Berücksichtigung von Flächenüberlappungen etwa bei Abstandsflächen von Windkraftanlagen und Energiepflanzenanbau; konventionelle Energiebereitstellung umfasst Kraft- und Heizwerke sowie Raffinerien und Tankstellen. Das Monitoring sollte auch Umweltwirkungen neu aufkommender Energietechnologien wie z.b. das Fracking oder Energiesparlampen beobachten. So wird das Fracking mit Risiken für Umwelt und den Menschen in Verbindung gebracht, insbesondere wenn es in der Nähe von Trinkwasserreserven durchgeführt wird. Eingesetzte Chemikalien und Gase können unterirdisch in andere Gebiete wie etwa Trinkwasserreservoire migrieren. Zudem kann Fracking mit einer Vielzahl von Emissionen wie Stäube, Dieselabgase, flüchtige organische Verbindungen und Methan verbunden sein. Ein weiterer energiebedingter Umweltaspekt ist die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland. Um die Diskussion voranzubringen, hat die Bundesregierung das Standortauswahlgesetz (StandAG) in Kraft gesetzt. Nach diesem, durch ein hohes Maß an Transparenz, Beteiligung und Offenheit charakterisierten Gesetz soll das Standortauswahlverfahren bis 2031 abgeschlossen sein. Zur Begleitung der Diskussionen sollte der Monitoring-Bericht der Bundesregierung die bereits vorhandenen und neuen Mengen an hochradio- Z-15

18 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft aktivem Abfall nach notwendigen Einschlusszeiten quantifizieren (inkl. Abfälle aus dem Rückbau der Kernkraftwerke) und deren Zwischenlagerung darlegen, um auch hier für mehr Transparenz zu sorgen. Entwicklung der Versorgungssicherheit Energieversorgungssicherheit lässt sich in geeigneter Weise entlang der Wertschöpfungskette von Primärenergie, Umwandlung, Transport und Verteilung bis hin zum Endverbraucher beschreiben. Die Expertenkommission plädiert dafür, zur Messung der langfristigen Stromversorgungssicherheit die verbleibende gesicherte Leistung als Resultat der Leistungsbilanz heranzuziehen. Zwar gibt es noch einige analytische Unklarheiten und praktische Probleme bei der Berechnung dieses Indikators. Doch lassen sich diese Probleme lösen, indem man ausgehend von den Vorarbeiten des Verbandes Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) geeignete Standard-Berechnungsvorschriften entwickelt und die zur Quantifizierung notwendigen Daten erhebt. Auch wenn die entsprechenden Berechnungen heute noch vorläufigen Charakter haben, ist im Stromerzeugungsbereich momentan kein genereller Kapazitätsengpass in Deutschland erkennbar. Doch mit dem geplanten Abschalten der noch verbleibenden Kernkraftwerke südlich der Mainlinie droht dort ein lokaler Kapazitätsengpass. Auch im Winter kann es zu angespannten Situationen kommen, wenn die elektrische Verbrauchslast die Jahreshöchstlast erreicht und das Dargebot regenerativer Energien zeitweise gering ist. Im Bereich der als Backup-Technologie einzusetzenden Gaskraftwerke entsteht zu dieser Jahreszeit zusätzlich eine Konkurrenzsituation zwischen Wärmewirtschaft und Stromwirtschaft, da der Primärenergieträger Erdgas auch zum Heizen eingesetzt wird. Die absehbaren Versorgungsengpässe in Süddeutschland werden verschärft durch den Rückstand beim Ausbau der Übertragungsnetze. Ursprünglich sollten bis zum Jahr 2012 bereits 712 km der geplanten Übertragungsnetze nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) fertig gestellt worden sein. Mit den Verzögerungen geht eine Anpassung des ursprünglichen Ausbaupfades einher, der unter Berücksichtigung unterschiedlicher Szenarien in unten stehender Abbildung illustriert wird. Auch angesichts der Dringlichkeit sollte die Einhaltung dieses modifizierten Übertragungsnetzausbaus sehr sorgfältig überwacht werden. Z-16

19 Zusammenfassung Abbildung: Ursprünglich geplanter und tatsächlicher Zielpfad des Netzausbaus nach EnLAG Der System Average Interuption Duration Index (SAIDI) weist auf eine nach wie vor recht entspannte Situation bei der kurzfristigen Stromversorgungssicherheit hin. Doch wegen der immer häufigeren Redispatch-Eingriffe der Übertragungsnetzbetreiber sowie der Problematik, dass Stromunterbrechungen von weniger als 3 Minuten in Deutschland immer noch nicht statistisch erfasst werden, muss vor Sorglosigkeit gewarnt werden. Die kurzfristige Versorgungssicherheit ist weniger komfortabel als dies im SAIDI zum Ausdruck kommt. Es wird vermutet, dass auch kurze Unterbrechungen volkswirtschaftliche Schäden nach sich ziehen. Hatten Engpässe im Gas-Fernleitungsnetz im Februar 2012 noch zu einer Unterbrechung der Gasversorgung von Kraftwerken sowie zu negativen Auswirkungen auf die Sicherheit der Stromübertragungsnetze geführt, sind derartige Risiken seither durch die Inbetriebnahme von drei neuen Speichern und zwei neuen Transportleitungen (Sannerz-Rimpar-Leitung zwischen Hessen und Bayern sowie die Gazelle-Leitung durch die Tschechische Republik von Sachsen nach Bayern) gesunken und haben damit die langfristige Versorgungssicherheit im Bereich von Erdgas verbessert. Die Sicherheit der Importe stellt aus Z-17

20 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Sicht der Expertenkommission ebenfalls keine akute Bedrohung dar, weil allfällige Störungen im Bereich der Importe spiegelbildlich mit wirtschaftlichen Ertragseinbußen auf Seiten der Exportländer verbunden sind. Ein entsprechender Indikator kann aus der Berechnung relativer Marktanteile gewonnen werden. Man hat dabei den Marktanteil des deutschen Absatzmarkts aus Sicht eines Exportlandes (z.b. Russland) mit dem Importanteil dieses Exportlandes aus Sicht Deutschlands zu vergleichen. Je größer der Quotient ist, desto weniger kritisch ist das Versorgungsrisiko Deutschlands durch die Importe aus dem entsprechenden Exportland. Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung Die Expertenkommission hat ihren Ansatz weiterentwickelt, die Bezahlbarkeit der Energieversorgung unter anderem anhand der gesamtwirtschaftlich aggregierten Letztverbraucherausgaben für Energie zu bewerten. Um die Kostenentwicklung der Energieversorgung sowie die durch die Energiewende bedingten Zusatzkosten sachgerecht beurteilen zu können, wird vorgeschlagen, für die Bereiche Elektrizität, Wärmedienstleistungen und Verkehr die jährlich aggregierten Gesamtenergieausgaben der Letztverbraucher in nominalen Geldeinheiten (Mio. Euro) zu erheben. Die Darstellung der gesamten Letztverbraucherausgaben sowie der einzelnen Gesamtausgaben-Komponenten liefern aussagekräftige Hinweise zur Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung. Die Expertenkommission begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung diesen Ansatz für den Bereich Elektrizität in ihrem Monitoring-Bericht aufgegriffen hat. Stehen entsprechende Berechnungen für andere Länder zur Verfügung, kann die Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung auch im internationalen Vergleich gut beurteilt werden. Diese Indikatorik lässt die politisch viel diskutierten Verteilungsaspekte zunächst unbeachtet, und zwar auch deshalb, weil Verteilungsprobleme grundsätzlich entschärft bzw. einfacher lösbar sind, wenn sich die Letztverbraucherausgaben nicht überproportional zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) entwickeln. Solange die Gesamtausgaben tendenziell proportional zum BIP oder mit einer geringeren Rate ansteigen, kann die generelle Bezahlbarkeit der Energie insgesamt kaum ernsthaft in Zweifel stehen. Bezogen auf das nominale BIP blieben die Letztverbraucherausgaben für Elektrizität im Jahr 2012 weitgehend konstant bei etwa 2,5 %. Während die Z-18

21 Zusammenfassung Ausgabenanteile für staatlich induzierte Elemente (Steuern, Abgaben und Umlagen) sowie die staatlich regulierten Netzentgelte deutlich gestiegen sind, ist der Anteil für marktgetriebene Elemente gesunken. Die Expertenkommission gelangt nach wie vor zur Einschätzung, dass der Anstieg der aggregierten Elektrizitätsausgaben bisher noch nicht so dramatisch ist, wie in der Öffentlichkeit oft behauptet. Diese Aussage bezieht sich allerdings auf die Vergangenheit bis Die Strompreisentwicklung im Jahr 2013, die in Aussicht gestellten Projekte für den Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere im Offshore-Bereich, der dringend notwendige Ausbau von Netzen zur Anbindung von Offshore-Windparks sowie bei den Übertragungs- und Verteilnetzen, die Finanzierung neuer Backup-Kraftwerke und Speicher könnten für die kommenden Jahre eine steigende Kostendynamik zur Folge haben. Die Letztverbraucherausgaben für Erdgas hängen in hohem Maße von der internationalen Gaspreisentwicklung und den damit verbundenen Beschaffungsausgaben ab. Anders als bei Elektrizität spielen die staatlich induzierten und regulierten Preiskomponenten eine untergeordnete Rolle. Die im Jahr 2012 um etwa 10 % gestiegenen Gesamtausgaben sind dementsprechend auch nicht der Energiewende zuzurechnen. Perspektivisch ist eine zumindest stabile Entwicklung zu erwarten, wenn steigende Brennstoffkosten durch Effizienzverbesserungen und einen damit sinkenden Wärmebedarf kompensiert werden. Überproportional zum BIP sind im Jahr 2012 die Letztverbraucherausgaben für Treibstoffe gestiegen. Dies entspricht dem längerfristigen Trend, nur unterbrochen im Rezessionsjahr 2009 bedingt durch einen kräftigen Einbruch des Güterverkehrs. Die Letztverbraucherausgaben haben sich zwischen 1996 und 2012 auf rund 86 Mrd. Euro verdoppelt. Der Anstieg der Gesamtausgaben beruht hauptsächlich auf einem höheren internationalen Rohölpreis in Verbindung mit einem schlechteren Euro-Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar. Beide Entwicklungen lassen sich durch energiepolitische Maßnahmen der Bundesregierung so gut wie nicht beeinflussen. Für die Letztverbraucherausgaben für Wärmedienstleistungen kann noch keine quantitative Aussage getroffen werden. Die Berechnungen der aggregierten Letztverbraucherausgaben leiden derzeit noch unter unvollständigen oder unpräzisen statistischen Grundlagen. So sind Z-19

22 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft bspw. die mit der Eigenstromerzeugung verbundenen Kosten statistisch noch nicht ausreichend erfasst. Auch fehlen belastbare Daten über die Mehrkosten von Effizienzmaßnahmen im Wärmebereich. In den letzten Jahren haben derartige Effizienzmaßnahmen gerade im Wärmemarkt die Energierechnungen vermindern können, doch würden die Letztverbraucherausgaben für Wärmedienstleistungen verfälscht, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben ausgeblendet blieben. Hier besteht auch konzeptionell noch Forschungsbedarf. Abbildung: Anteil der Letztverbraucherausgaben für Elektrizität, Kraftstoffe und Erdgas am Bruttoinlandsprodukt Neben der Gesamtsumme der Ausgaben für Energie sind zudem Verteilungswirkungen der Energiekosten zu beachten. Dies betrifft etwa die Verteilung der Umlage nach dem EEG auf die Stromletztverbraucher und in diesem Zusammenhang die besondere Ausgleichsregelung für die energieintensive Industrie. Ungeachtet der Unsicherheiten über die genaue Höhe und Entwicklung der preissenkenden Wirkungen des Merit-Order-Effekts der erneuerbaren Energien eröffnen die Abschätzungen dazu einen politischen Gestaltungsrahmen, in dem eine dementsprechende Übernahme der EEG-Umlage für alle Verbraucher ohne nachteilige Wirkungen für die Wettbewerbsfähigkeit umsetzbar sein sollte. Verteilungsprobleme auf Haushaltsebene werden im Monitoring-Bericht durch konstruierte Haushaltstypen dargestellt. Aus Sicht der Expertenkommission Z-20

23 Zusammenfassung gibt es allerdings bessere Indikatoren. Es wird ein High Cost/Low Income - Ansatz für das Monitoring vorgeschlagen. Danach können derzeit 10 bis 12 % der Haushalte als von Energiearmut gefährdet angesehen werden. Zur Überprüfung dieser Auswirkungen bedarf es aber einer konsistenten Zeitreihe und weiterer Analysen, um auf Fehlentwicklungen hinweisen zu können. Auch ist zu bedenken, dass diese Problematik nicht allein Folge der Energiewende ist. Innovationsimpulse der Energiewende Im Monitoring-Bericht der Bundesregierung wird unter der Überschrift Gesamtwirtschaftliche Effekte der Energiewende eine Zusammenstellung von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen vorgelegt, die aus Sicht der Expertenkommission noch recht selektiv und lückenhaft erscheint. Eine systematische Darstellung gesamtwirtschaftlicher Interdependenzen ist noch nicht erkennbar. Die Expertenkommission wird sich in ihrem nächsten Bericht mit entsprechenden Verbesserungsvorschlägen befassen. Auf einen Punkt, die Förderung von Innovationen, sei aber schon im diesjährigen Bericht eingegangen. Innovationen sind eine Option, um eine klimafreundliche und sichere Versorgung der deutschen Volkswirtschaft mit Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen zu ermöglichen. Sie betreffen nicht nur die Invention als Ergebnis von Forschung und Entwicklung, sondern auch die Diffusion neuer Technologien zur Erzeugung, Verteilung und Nutzung von Strom oder Wärme, neue oder weiter entwickelte Technologien zur Leitung und Speicherung von Energie, zur intelligenten Nutzung von Stromnetzen (Smart Grids) usw. Hinzu kommen all jene Innovationen, die die Basis dieser neuen Technologien bilden, wie Innovationen in den Bereichen Chemie, Material- oder Werkstofftechnik, die selbst keinen direkten Bezug zu Energietechnologien haben, bis hin zu nachgelagerten Innovationen im Dienstleistungsbereich. Ein umfassendes Monitoring sollte die durch die Energiewende induzierte Innovationstätigkeit berücksichtigen. Die Expertenkommission spricht daher die Empfehlung aus, ein Indikatorensystem zur Messung der durch die Energiewende induzierten Innovationstätigkeit zu entwickeln. Aus unserer Sicht können die derzeit verfügbaren Indikatoren dem Anspruch, den Anteil der durch die Energiewende induzierten Innovationen zu messen, kaum gerecht werden. Um ein solches Indikatorensystem zu erarbeiten, sind einige grundlegende Überlegungen hilfreich: Innovationsindikatoren können Einzelindikatoren sein Z-21

24 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft wie die Anzahl der Patente etwa im Bereich der erneuerbaren Technologien oder der Energieeffizienz, die Ausgaben für Forschung- und Entwicklung (F&E) in neue Technologien, Venture-Capital-Investitionen oder Unternehmensgründungen, oder sie können aus mehreren Einzelindikatoren zu einem Index aggregiert werden. Während erstere ein feinkörniges Bild der Innovationstätigkeit ermöglichen, können aggregierte Leitindikatoren umfassendere Informationen bezüglich des Status Quo kompakt zusammenfassen, wobei die Aggregation mit subjektiven Werturteilen bezüglich der Gewichtung der Einzelindikatoren verbunden ist. In der Abbildung unten ist eines von mehreren möglichen Indikatorenbündeln für zentrale Innovationsindikatoren dargestellt, das eine Darstellung auf einen Blick ermöglicht und Vergleiche miteinander zulässt. Der Vorteil gegenüber der Aggregation auf einen Leitindikator besteht darin, dass auf eine Gewichtung verzichtet werden kann. Die Indikatoren stehen sich gleichwertig gegenüber, lassen aber in der Gesamtschau bereits weitere Schlüsse zu. Im vorliegenden Indikatorenbündel werden die Forschungsausgaben der Bundesregierung für die Themenfelder Erneuerbare Energien und Energieeffizienz im Zeitraum sowie die Venture Capital-Bereitstellung im Bereich Energie/Umwelt als Input-Indikatoren für Innovationen vorgeschlagen. Stellvertretend für die Output-Indikatoren sind Patentanmeldungen angegeben. Um Strukturänderungen erkennbar zu machen, sind jeweils die Veränderungen der Anteile zur relevanten Bezugsgröße dargestellt, bspw. der F&E- Ausgaben für Energie an den gesamten F&E-Ausgaben. Denkbar wäre hier z.b. für internationale Vergleiche auch der Aufwuchs der absoluten Ausgaben für Energieforschung gegenüber einem Basisjahr oder jährliche Änderungsraten. Die Energieforschung insgesamt und ebenso die Forschung zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz haben im Kontext der gesamten Forschungsausgaben nur geringfügig an Bedeutung gewonnen. So stieg der Anteil der Energieforschungsausgaben des Bundes von 4,3 % im Jahr 2006 mit dem 6. Energieforschungsprogramm auf 5,1 % im Jahr Andererseits haben sich auf einigen darunter liegenden Ebenen durchaus wesentliche Veränderungen ergeben. Während die Bedeutung von Forschung im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz sich in der Bedeutsamkeit kaum veränderte, kommt der Forschung zu Speichertechnologien, Netztechnologien und Energiesystemen innerhalb der Energieforschung heute deutlich mehr Bedeu- Z-22

25 Zusammenfassung tung zu als vor einigen Jahren. Der direkte Vergleich dieser Veränderungen im Bereich der Forschungsausgaben mit den Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt offenbart eine deutlich höhere Dynamik dieses Output- Indikators für Inventionen bei erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. Die Ausgaben für Early Stage VC-Investitionen im Energiebereich sind nach einem starken Anstieg wieder leicht rückläufig. Unternehmensbezogene Innovationsdaten sollten sobald verfügbar ebenfalls in diese Betrachtung einbezogen werden. Zudem ist die internationale Stellung Deutschlands im Bereich der Energieinnovationen zu thematisieren. Abbildung: Beispiel für ein Indikatorenbündel Anteil Energieeffizienz in allen Patenten in % Anteil 6. Energieforschungsprogram m an F&E-Ausgaben des Bundes in % Anteil Erneuerbare an F&E- Ausgaben des Bundes in % Anteil Erneuerbare in allen Patenten in % Anteil Energieeffizienz an F&E-Ausgaben des Bundes in % Anteil Energie/Umwelt in Early Stage VC in % Die getroffene Auswahl der Einzelindikatoren soll nicht als abschließend verstanden werden. Weitergehender Untersuchungen bedarf es auch, um zu einer angemessenen Aggregation der Einzelindikatoren zu einem Leitindikator Innovation zu kommen, denn im Unterschied zu anderen Leitindikatoren ist hier die Verwendung eines einzelnen Kriteriums nicht sinnvoll. Weil in die Aggregation subjektive Wertungen über die Gewichtung der Einzelindikatoren einfließen, sollte hierauf besondere Sorgfalt verwendet werden. Insbesondere Z-23

26 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft sollten die groben F&E-Informationen zur Energiewende durch weitere Erhebungen zur Innovationstätigkeit insbesondere auf Firmenebene ergänzt werden. Erst dann sind die Wirkungen der Energiewende auf das Innovationsgeschehen umfassend darstellbar. Eine mögliche Lösung kann dabei eine repräsentative Befragung von Unternehmen über sämtliche Bereiche der deutschen Wirtschaft sein, in der gezielt die Innovationsaktivitäten der Unternehmen erfasst werden, etwa die Höhe der F&E-Aufwendungen für Energieforschung, aber auch der Umfang etwa von Produkt- und Prozessinnovationen mit Energiebezug bei den deutschen Industrie- und Serviceunternehmen. Die Expertenkommission empfiehlt daher, die Durchführbarkeit einer eigenen Erhebung oder die Integration in bestehende Befragungen zu prüfen. Eine solche Befragung wäre geeignet, um frühzeitig die Reaktion von Unternehmen auf sich ändernde gesetzliche Rahmenbedingungen und Förderungen im Rahmen der Energiewende zu erfassen. Z-24

27 Inhalt Inhalt Inhalt... i Abbildungen... iii Tabellen... vi Boxen... vii 0 Vorwort Monitoring-Prozess als Element der Energiewende Monitoring-Bericht Zielhierarchisierung Leitindikatoren Indikatorenübersicht und weitere Monitoringaktivitäten Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen Zum Atomausstieg Rekurs auf Treibhausgasemissionsziele Beiträge der Handlungsfelder zur Reduktion der energiebedingten CO 2 Emissionen Zur Rolle des europäischen Emissionshandels Initiativen im Bereich der Energieeffizienz Effizienzindikatoren auf Makroebene Effizienzindikatoren auf sektoraler Ebene Rebound-Effekte Entwicklung der erneuerbaren Energien Gesamtentwicklung der erneuerbaren Energien und Zielerreichung Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Entwicklung der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt i

28 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 4.4 Erneuerbare Energien im Kraftstoffsektor Spartenübergreifende Betrachtung der Biomasse Umweltwirkungen des Energiesystems Flächeninanspruchnahme durch Brennstoffbereitstellung, Energieerzeugung und -verteilung Radioaktivität und Endlagerproblematik Weitere Indikatoren Umweltwirkungen durch Fracking Entwicklung der Versorgungssicherheit Elektrizität: Verbleibende gesicherte Leistung als Indikator der Versorgungssicherheit Flexibilitätsoptionen der Elektrizitätsversorgung Stromversorgungssicherheit: Kapazitätsengpass oder Netzengpass? Netze der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft Internationale Aspekte der Versorgungssicherheit Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung Energiewirtschaftliche Gesamtrechnung Verteilungswirkungen der Energiewende Innovationsimpulse der Energiewende Auswahl von Indikatoren Deutschland im internationalen Vergleich Literatur Anhang ii

29 Abbildungen Abbildungen Abb. 1-1: Leitindikatoren für den Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft" Abb. 2-1: Ausstiegspfad der Kernkraftwerke in Deutschland Abb. 2-2: Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland von 1990 bis 2012 sowie Minderungsziele bis Abb. 2-3: Reduktion der energiebedingten CO 2 -Emissionen nach Handlungsfeldern für den Zeitraum 2010 bis Abb. 2-4: Reduktion der energiebedingten CO 2 -Emissionen nach Handlungsfeldern für den Zeitraum und Orientierungswerte für Abb. 2-5 Abb. 3-1: CO 2 -Zertifikatspreise von 2010 bis 2013 auf dem Spot- und Terminmarkt für Lieferungen im Dezember 2014 und Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und Abb. 3-2: Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen (bereinigten) Primärenergieproduktivität von 1991 bis 2012 und Zielpfad bis Abb. 3-3: Entwicklung der bereinigten Endenergieproduktivität in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und Abb. 3-4: Abb. 3-5: Abb. 3-6: Abb. 3-7: Abb. 3-8: Veränderungen der Endenergieproduktivität gegenüber dem Vorjahr von 1991 bis Entwicklung des Bruttostromverbrauchs in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Stromproduktivität in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und Entwicklung der sektoralen Effizienzindikatoren in Deutschland von 1991 bis Entwicklung der Energieproduktivität im Sektor Industrie in Deutschland von 1991 bis iii

30 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 3-9: Entwicklung der Energieproduktivität im Sektor GHD in Deutschland von 1991 bis Abb. 3-10: Entwicklung des Endenergieverbrauchs in Deutschland bei den privaten Haushalten nach Verwendungszwecken von und Ziele für 2020 und Abb. 3-11: Entwicklung des spezifischen Endenergieverbrauchs bei den privaten Haushalten in Deutschland von Abb. 3-12: Entwicklung der Energieverbrauchswerte im Verkehr von 1991 bis 2012 sowie Ziel für 2020 und Abb. 3-13: Entwicklung des spezifischen Endenergieverbrauchs im Straßenpersonen- und -güterverkehr in Deutschland von 1991 bis Abb. 4-1: Entwicklung der Bruttoendenergiebereitstellung aus erneuerbaren Energien nach Sektoren Abb. 4-2: Entwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der zugehörigen installierten Leistung gemäß den Eckpunkten zur EEG-Reform bis Abb. 4-3: Entwicklung der installierten Windleistung an Land in MW/a Abb. 4-4: Entwicklung der Vergütungssätze und des jeweiligen Zubaus von Photovoltaikanlagen im Zeitraum von Januar 2011 bis Januar Abb. 4-5: Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme Abb. 4-6: Abschätzung der Größenordnung von Heizungsmodernisierungen mit und ohne erneuerbare Energien Abb. 4-7: Anteil der erneuerbaren Energien am Kraftstoffverbrauch Abb. 5-1: Aggregierte, technische Flächeninanspruchnahme von Windkraftanlagen an Land in Deutschland Abb. 5-2: Beispiel: Ortsdosisleistung in Brunsbüttel zwischen 2002 und iv

31 Abbildungen Abb. 6-1: Entwicklung der verbleibenden gesicherten Leistung bis 2016 nach ÜNB-Berechnungen und eigenen Berechnungen Abb. 6-2: Abb. 6-3: Abb. 6-4: Zu- und Rückbau von Kraftwerkskapazitäten südlich der Mainlinie Nach Verteilnetzebene aufgeschlüsselte zeitliche Entwicklung der installierten Leistung erneuerbarer Energien Investitionen in Neubau, Ausbau und Erweiterung der Verteilnetze Abb. 6-5: Status der EnLAG-Vorhaben Abb. 6-6: Ursprünglich geplanter und tatsächlicher Zielpfad des Netzausbaus nach EnLAG Abb. 6-7: Speicherfüllstände und tagesscharfe Ein-/Ausspeisung Abb. 7-1: Aggregierte Letztverbraucherausgaben für Elektrizität Abb. 7-2: Monatlicher Verlauf des EEG-Kontos 2010 bis November Abb. 7-3: Abb. 7-4: Entwicklung der Durchschnittserlöse des Elektrizitätsabsatzes 1991 bis Anteil der Letztverbraucherausgaben für Elektrizität am Bruttoinlandsprodukt Abb. 7-5: Aggregierte Letztverbraucherausgaben für Gas Abb. 7-6: Aggregierte Letztverbraucherausgaben für Verkehrsenergieträger Abb. 7-7: Anteil der Letztverbraucherausgaben für Verkehrsenergieträger am BIP Abb. 8-1: Beispiel für ein Indikatorenbündel Abb. 8-2: F&E-Ausgaben für Energietechnologien im OECD-Vergleich Abb. 8-3: Internationaler Vergleich von Patentanmeldungen für ausgewählte Länder v

32 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Tabellen Tab. 1-1: Übersicht Energiewende-Monitoring externer Akteure Tab. 2-1: Treibhausgasemissionen in Deutschland 1990 sowie von 2008 bis 2012 nach Sektoren in der IPCC-Systematik Tab. 2-2: Bruttostromerzeugung in Deutschland 2011 bis 2013 nach eingesetzten Energieträgern Tab. 3-1: Primärenergieverbrauch in Deutschland von 2011 bis Tab. 3-2: Entwicklung der Nettostromerzeugung in Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen von 2003 bis Tab. 5-1: Tab. 5-2: Tab. 6-1: Tab. 6-2: Tab. 6-3: Abschätzung der Flächeninanspruchnahme des Energiesystems103 Voraussichtliche Menge radioaktiver Abfälle durch den Abriss von Atomkraftwerken Leistungsbilanz der Stromversorgung zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast in den Jahren 2011 und Vergleichsrechnung der Leistungsbilanz für das Jahr 2011 unter Annahmen der ÜNB aus dem Jahr 2012 und Leistungskredite und gesicherte Leistung nach verschiedenen Studien Tab. 6-4: Zeitreihe über die als Netz-/Kaltreserve kontrahierten Kraftwerke Tab. 7-1: Struktur der Letztverbraucherausgaben für Elektrizität Tab. 7-2: Struktur der Letztverbraucherausgaben für Erdgas Tab. 7-3: Gesamtwirtschaftliche Kosten Verkehr Tab. 7-4: Vergleich von Energiearmutsschwellen für Deutschland (SOEP 2011) Tab. 7-5: Energiearmutsmaße verschiedener Haushaltstypen Tab. 8-1: Übersicht über ausgewählte Indikatoren vi

33 Boxen Boxen Box 3-1: Ursprungs- und bereinigte Endenergieproduktivität im Vergleich vii

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35 Vorwort 0 Vorwort 1. Das Energiekonzept der Bundesregierung vom September 2010 stellt eine Langfriststrategie der Energiepolitik Deutschlands mit ambitionierten Zielsetzungen dar. Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima wurde im Juni 2011 der Ausstieg aus der Kernenergie in einem Allparteienkonsens gesetzlich festgeschrieben und damit dieses Zielsystem noch ambitionierter gemacht. 2. Der Monitoring-Prozess Energie der Zukunft ist Teil dieser Langfriststrategie. Der Auftrag zum Monitoring wurde im Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom festgelegt: Das Monitoring dient dem Ziel, die Umsetzung des Maßnahmenprogramms und des Energiekonzepts einschließlich der darin enthaltenen Ziele mit Blick auf eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung zu überprüfen, um bei Bedarf nachsteuern zu können. [BReg, 2011a] Dazu erstellt die Bundesregierung jährlich faktenorientierte Monitoring-Berichte sowie alle drei Jahre (erstmals 2014) breiter angelegte Fortschrittsberichte. 3. Im Oktober 2011 bestellte die Bundesregierung eine unabhängige Expertenkommission aus vier Energiewissenschaftlern, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) bei der Erarbeitung des Monitoring-Konzepts sowie bei der Auswahl der Indikatoren unterstützen soll. Außerdem sollen die von den Ministerien jährlich erstellten Berichte begutachtet und kommentiert werden. 4. Das vorliegende Dokument ist die Stellungnahme zum zweiten Monitoring-Bericht der Bundesregierung. Sie hat die wissenschaftliche Einordnung und Bewertung des Monitoring-Berichts der Bundesregierung zum Gegenstand. Darüber hinaus werden einzelne relevante Entwicklungen, Ziele und Maßnahmen konstruktiv-kritisch analysiert. Auftragsgemäß verzichtet unser Bericht auf den Versuch, prognostische Aussagen vorzulegen, soweit dies den Einsatz von Modellen bedeutet, sowie auf die fundierte Evaluation von Maßnahmen. Allerdings betrachten wir die vermutlichen Auswirkungen der getroffenen energie- und umweltpolitischen Entscheidungen im Hinblick auf die perspektivische Zielerreichung, um relevante Handlungsfelder zu identifizie- 1

36 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft ren. Handlungsempfehlungen werden primär bezüglich einer fortlaufenden Verbesserung des Monitorings ausgesprochen und nicht bezüglich konkreter energiepolitischer Maßnahmen. Eine umfassende Bewertung der Energiewende durch die Expertenkommission ist nicht Auftragsgegenstand und im gegebenen Rahmen auch nicht zu leisten. Aussagen hierzu sind dem Fortschrittsbericht im Jahr 2014 vorbehalten, der eine weitreichendere Beurteilung sowie tiefergehende Evaluationen der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zum Gegenstand hat. Diese weitergehenden Analysen sind ein wichtiger Bestandteil des Prozesses und für die zielorientierte und erfolgreiche Weiterführung der Energiewende unerlässlich. Aus Sicht der Expertenkommission reicht ein fakten- und indikatorenbasierter, ausschließlich vergangenheitsorientierter Bericht nicht aus, um die Tragweite des Projekts Energiewende ausreichend darzustellen und so auf Entwicklungen angemessen reagieren zu können. 5. Die vorliegende Stellungnahme bezieht sich wie der Monitoring-Bericht der Bundesregierung auf die Entwicklungen bis Ende des Jahres 2012, berücksichtigt aber dort wo es die aktuelle Datenlage erlaubt auch Aussagen über die Veränderungen im Jahr Dies kann in einigen Fällen zu geringfügigen Abweichungen der verwendeten Zahlen gegenüber den Angaben im Monitoring- Bericht führen. Mit der Stellungnahme wird ebenfalls eine Einschätzung der im zweiten Monitoring-Bericht der Bundesregierung verwendeten Indikatorik präsentiert. Dabei geht es um die Frage, ob die Indikatorik dazu geeignet ist, das Energiekonzept und dessen Zielerreichung abzubilden und zu überprüfen. Die Expertenkommission geht davon aus, dass das Energiekonzept und dessen Ziele weiterhin als Grundlage für den Monitoring-Prozess Gültigkeit besitzen. Dies wird auch durch die Ausführungen der Bundesregierung im aktuellen Monitoring-Bericht bestätigt (vgl. Monitoring-Bericht Kapitel 1). In diesem Zusammenhang betont die Expertenkommission ihre früheren Empfehlungen zum Umgang mit den Indikatoren und unterbreitet Vorschläge zu weiterführenden Indikatoren. Es werden zudem zusätzliche Themenfelder angesprochen, die in dem zweiten Monitoring-Bericht der Bundesregierung nicht behandelt werden, jedoch unserer Ansicht nach einen besonderen Analysebedarf aufweisen. Als Beispiel seien hier die durch die Energiewende induzierte Innovationstätigkeit und deren Messbarkeit genannt. Somit korrespondiert unsere Gliederung nicht in allen Punkten mit der des zweiten Monitoring- Berichts der Bundesregierung. 2

37 Vorwort 6. Durch den Regierungswechsel und den damit verbundenen Neuzuschnitt der Ministerien hat sich der Prozess der Erstellung des Monitoring- Berichts und unserer Stellungnahme verzögert. Unsere Stellungnahme wurde auch dadurch erschwert, dass uns der Entwurf des Monitoring-Berichts erst im März 2014 vorlag. Nicht alle Teile des Monitoring-Berichts der Bundesregierung konnten somit einer tiefgehenden Prüfung unterzogen werden. Doch werden auch in diesem Jahr relevante Entwicklungen, Ziele und Maßnahmen eingehend analysiert. 7. Der erste Monitoring-Bericht aus dem Dezember 2012 und die Stellungnahme der Expertenkommission haben in Politik und Öffentlichkeit einen Beitrag zur Diskussion der Zielerreichung der Energiewende ausgelöst. Wir sind sehr erfreut darüber, dass eine Diskussion angestoßen wurde. Der Monitoring- Prozess ist weiterhin auf die Mitwirkung der Öffentlichkeit angelegt und die Expertenkommission greift deshalb gerne Anregungen für ihre weitere Arbeit auf. Zudem wurden die Berichte an verschiedenste Instanzen und Institutionen weitergeleitet. Auch Bundestag und Bundesrat diskutierten die Ergebnisse der Berichte. Allerdings war diese Diskussion nicht öffentlich, sondern wurde in den jeweiligen Ausschüssen geführt, was aus Sicht der Expertenkommission bedauernswert ist. Im ersten Kapitel des Monitoring-Berichts zählt die Bundesregierung auch eine Reihe von Aktivitäten unter der Überschrift Koordination der Energiewende, Dialog und Beteiligung auf. Die Expertenkommission hält diese Aktivitäten im Grundsatz für bedeutsam, wäre aber an Aussagen interessiert, zu welchen Ergebnissen diese diversen Aktivitäten gelangt sind bzw. ob und wie die Ergebnisse in die konzeptionellen Überlegungen der Bundesregierung zur Umsetzung der Energiewende Eingang gefunden haben. Die Weiterverarbeitung der Texte in offiziellen Berichten der Bundesregierung sowie der Bundesministerien zeigen die Wichtigkeit der Ergebnisse dieses Prozesses. Auch begrüßt die Expertenkommission, dass zahlreiche der von ihr im ersten Bericht gemachten Anregungen von der Bundesregierung in ihrem jetzt vorliegenden zweiten Monitoring-Bericht aufgenommen worden sind. Sie akzeptiert auch, dass eine Reihe dieser Anregungen erst im bevorstehenden Fortschrittsbericht berücksichtigt werden sollen. 8. Darüber hinaus stimmt die Expertenkommission mit der Aussage im Monitoring-Bericht überein, dass ( ) das Monitoring der Ziele des Energiekonzepts ( ) eine Verbesserung des Umfangs und der Aktualität der Datenlie- 3

38 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft ferungen für die nationale Energiebilanz auf Bundes- und regionaler Ebene erfordert. Sie begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung intensiv an den Vorarbeiten zu einer Novellierung des Energiestatistikgesetzes arbeitet. Allerdings sollten die weiteren Überlegungen zur Verbesserung der energiestatistischen Datenbasis sowie zur flexibleren Anpassung an veränderte Strukturen, die bereits in der letztjährigen Stellungnahme angesprochen worden sind, nicht aus dem Auge verloren werden. Dabei geht es um die Vereinfachung rechtlicher Anordnungen von energierelevanten Statistiken durch Erlass entsprechender Verordnungen, um die Erweiterung der Berichtskreise, um die Eröffnung von Möglichkeiten zur Nutzung von Verwaltungsdaten und auch um die Durchführung regelmäßiger, repräsentativer Stichprobenerhebungen. Verbesserungen der energiestatistischen Datenbasis sind vor allem notwendig im Hinblick auf die Erfassung von energierelevanten Daten für den Gebäudesektor und für den sehr diffusen Sektor von Gewerbe, Handel, Dienstleistungen. 9. In Begleitung des Monitoring-Prozesses sowie zur Diskussion des zweiten Monitoring-Berichts fanden zahlreiche Treffen mit Vertretern des BMWi, des BMU, der Bundesnetzagentur (BNetzA), des Umweltbundesamtes (UBA) statt. Weiterhin gab es im Juni 2013 Veranstaltungen, bei denen Vertreter anderer Bundesministerien und der Bundesländer über die Arbeit informiert wurden und Stellungnahmen abgeben konnten. Im Juli 2013 fand in Berlin ein Austausch mit Vertretern anderer, externer Monitoringaktivitäten statt. Diskussionspartner waren hier Vertreter der Agora Energiewende, des Akademienprojekts Energiesysteme der Zukunft, des Bundesverbands der deutschen Industrie e.v. (BDI) sowie des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS). Weiterhin nahm der Vorsitzende der Expertenkommission etwa am Energie-Gipfel der Bundeskanzlerin mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft teil, ist Mitglied im Forschungsforum Energiewende beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und wurde in das Kuratorium des Akademieprojekts Energiesysteme der Zukunft der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und acatech Deutsche Akademie der Technikwissenschaft berufen. Darüber hinaus führte die Expertenkommission zahlreiche Gespräche über die Anforderungen, die Methodik und die Perspektiven des Monitorings. Zu den Gesprächspartnern gehörten Vertreter des Bundeskanzleramts, des BMBF sowie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 4

39 Vorwort (BMVBS). Unser Dank gilt allen Gesprächspartnern, insbesondere unseren Ansprechpartnern aus den Ministerien (BMU, BMWi) und den Bundesbehörden (BNetzA, UBA), für die konstruktive Zusammenarbeit. 10. Die vorliegende Stellungnahme hätte die Expertenkommission nicht ohne den herausragenden Einsatz ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erstellen können. Ein ganz herzlicher Dank geht deshalb an Dr. Martin Achtnicht, Robert Germeshausen, Dr. Peter Heindl, Simon Koesler, Philipp Massier, Sascha Rexhäuser, Dr. Michael Schymura und Dr. Nikolas Wölfing vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, Lars Dittmar und Fernando Oster vom Fachgebiet Energiesysteme der TU Berlin, Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- Forschung Baden- Württemberg (ZSW), Stuttgart sowie Eike Karola Velten vom Ecologic Institut, Berlin. 11. Fehler und Mängel dieser Stellungnahme gehen allein zu Lasten der Unterzeichner. Berlin, Mannheim, Stuttgart, 26. März 2014 Georg Erdmann Andreas Löschel Frithjof Staiß Hans-Joachim Ziesing 5

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41 Monitoring-Prozess als Element der Energiewende 1 Monitoring-Prozess als Element der Energiewende Das Wichtigste in Kürze Zum Start des Monitoring-Prozesses diente der erste Monitoring-Bericht der Bundesregierung insbesondere dazu, einen Rahmen für die neue Aufgabe des Monitorings zu entwickeln, geeignete Indikatoren zu identifizieren und die notwendigen Datengrundlagen zu benennen. Das Gerüst für die langfristige Begleitung der Energiewende steht in weiten Teilen und wird auch in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden. Das faktenorientierte Monitoring mit der Beschreibung von Indikatoren und deren Veränderungen erlaubt es nun, die Energiewende stärker problemorientiert im Monitoring-Prozess zu begleiten. Das Augenmerk der Monitoring-Berichte sollte daher verstärkt auf die Analyse und Bewertung der beobachteten Entwicklungen abzielen. Der Fortschritt der Energiewende ist nur handlungsleitend messbar, wenn eindeutige Ziele und Zielprioritäten definiert werden. Die Beschlüsse zur Energiewende enthalten eine umfangreiche Liste von Zielen, die formal gleichrangig sind. Sie sind aber aus unserer Sicht nicht alle gleich bedeutsam. So müssen Unterziele und Maßnahmen unter Berücksichtigung der Erreichung der Oberziele, Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgase, flexibel anpassbar sein. Wir empfehlen der Bundesregierung sowie dem Parlament sich mit einer entsprechenden Priorisierung der Energiewende-Ziele zu befassen. Im Monitoring-Prozess muss ein komplexes Bündel von politischen Zielsetzungen mit Hilfe von Indikatoren abgebildet und bewertet werden. Hierfür muss aus unserer Sicht ein Indikatorensystem zur Bewertung der Zielerreichung ausgearbeitet werden. Bei der Definition dieses Indikatorensystems erlauben es Leitindikatoren, Entwicklungen der Energiewende mit wenigen Größen messbar zu machen. Wir schlagen der Bundesregierung für den Monitoring- Prozess die Nutzung von zehn Leitindikatoren für fünf Dimensionen der Energiewende vor. Neben der Bundesregierung und der Expertenkommission beteiligen sich weitere Akteure an der Diskussion zum Monitoring der Energiewende. Die Begleitung des Prozesses der Energiewende durch verschiedene, unabhängig agierende Organisationen ist zu begrüßen. Dies zeigt, dass die Energiewende mit ihren Chancen und Herausforderungen in der Gesellschaft angekommen ist. 7

42 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 1.1 Monitoring-Bericht 12. Der Monitoring-Prozess ist ein wichtiges Element der Energiewende. Die ersten Monitoring-Berichte der Bundesregierung dienten insbesondere dazu, einen Rahmen für diese neue Aufgabe zu entwickeln, geeignete Indikatoren zu identifizieren und die notwendigen Datengrundlagen zu benennen. Das Gerüst für die langfristige Begleitung der Energiewende steht in weiten Teilen und wird in den nächsten Jahren Schritt für Schritt weiterentwickelt werden. Inzwischen ist das Monitoring aus Sicht der Expertenkommission in eine neue Phase eingetreten. Das faktenorientierte Monitoring mit der Beschreibung von Indikatoren und deren Veränderung hat einen Stand erreicht, der es aus unserer Sicht erlaubt, nun stärker problemorientiert die Energiewende im Monitoring- Prozess zu begleiten. 13. Das Augenmerk der Monitoring-Berichte der Bundesregierung sollte daher über die bloße Darstellung von Indikatoren und deren Veränderungen hinausgehen und auf die Analyse und Bewertung der beobachteten Entwicklungen abzielen. Dabei ist es notwendig, die Veränderungen in den verschiedenen Dimensionen der Energiewende im Berichtszeitraum unvoreingenommen darzustellen. Insbesondere wenn die Indikatoren aufzeigen, dass Entwicklungen in einzelnen Bereichen hinter den Pfaden für die Zielerreichung zurückfallen, müssen Probleme klar benannt, Ursachen vertieft analysiert und Schlussfolgerungen für das politische Handeln gezogen werden. Nur so können die relevanten Handlungsfelder identifiziert und die politischen Prioritäten im Fortschritt der Energiewende definiert werden. Die Monitoring-Berichte der Bundesregierung können sich dann auch jenseits der nur alle drei Jahre zu erstellenden Fortschrittsberichte zu einem noch wichtigeren Analyseinstrument der Bundesregierung weiterentwickeln. 1.2 Zielhierarchisierung 14. Um den Fortschritt der Energiewende handlungsleitend messbar zu machen, ist es notwendig, eindeutige Ziele und im Falle von Zielkonflikten Prioritäten festzulegen. Diese liefern den Maßstab für die Bewertung der Zielerreichung und damit der Fortschritte bei der Umsetzung der Energiewende. Der Messung der Zielerreichung dient ein umfassender Satz von Indikatoren, der 8

43 Monitoring-Prozess als Element der Energiewende zugleich die notwendige weiterführende Datengrundlage zur Konkretisierung von Handlungsfeldern und Maßnahmen schafft. 15. Das Energiekonzept und die nachfolgenden Beschlüsse der Bundesregierung benennen eine umfangreiche Liste von Zielen der Energiewende. Diese Ziele sind formal gleichrangig. Sie sind aber nicht alle von gleicher Bedeutung. In der Stellungnahme zum letztjährigen Monitoring-Bericht hatte die Expertenkommission ausführlich zu den Bereichen Zielhierarchisierung und Indikatorensysteme Stellung genommen. Die Energiewende ist nach Überzeugung der Expertenkommission durch zwei Oberziele bestimmt: die Senkung der Treibhausgasemissionen um 40 % bis zum Jahr 2020 und mind. 80 % bis zum Jahr 2050 im Vergleich zu 1990 und den Ausstieg aus der Kernenergie bis Ende Diese Oberziele werden durch verschiedene Unterziele flankiert und über politische Maßnahmen umgesetzt. Die Unterziele und Maßnahmen wiederum können und sollten flexibel anpassbar sein, sofern dabei die Oberziele nicht verfehlt werden. Unsere Stellungnahme hat eine intensive Diskussion ausgelöst. Es gab vielfach zustimmende Kommentare. Wir empfehlen der Bundesregierung sowie dem Parlament daher, sich mit einer entsprechenden Priorisierung der Energiewende-Ziele zu befassen. 1.3 Leitindikatoren 16. Im Monitoring der Energiewende muss ein komplexes Bündel von politischen Zielsetzungen mit Hilfe von Indikatoren abgebildet und bewertbar gemacht werden. Hierfür muss aus Sicht der Expertenkommission das Indikatorensystem zur Bewertung der Zielerreichung weiter ausgearbeitet werden. Dieses gibt die Struktur der weiteren Analysen vor und erhöht die Kontinuität und Vergleichbarkeit des Monitorings im Zeitablauf. Bei der Definition dieses Indikatorensystems erlauben es Leitindikatoren, Entwicklungen der Energiewende mit wenigen Größen messbar zu machen. Sie sind damit auch handlungsleitend und müssen darüber hinaus durch ein breites Indikatorensystem untermauert werden. 17. Auch die Bundesregierung weist in ihrem diesjährigen Monitoring- Bericht Indikatoren als Leitindikatoren aus. Die Identifikation von Leitindikatoren durch die Bundesregierung ist sehr zu begrüßen. Diese sind (vgl. Monitoring-Bericht Kapitel 3): Primärenergieverbrauch nach Energieträgern, End- 9

44 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft energieverbrauch nach Energieträgern, Bruttostromverbrauch, Endenergieproduktivität der Gesamtwirtschaft, Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch, Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch, Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Nettostromerzeugung, Primärenergiebedarf (Gebäude), Wärmebedarf (Gebäude), Sanierungsrate (Gebäude), Endenergieverbrauch im Verkehrssektor, Bestand an Elektrofahrzeugen, CO 2 - und Treibhausgasemissionen. Die Leitindikatoren der Bundesregierung basieren ausschließlich auf den quantitativen Zielen des Energiekonzeptes. Damit werden Leitindikatoren in einem sehr eng gefassten Rahmen definiert. Dadurch werden die qualitativen Ziele des Energiekonzeptes nicht hinreichend berücksichtigt. Bei der Weiterentwicklung der Leitindikatoren sollten neben einigen quantitativen Zielen weiterführende Indikatoren ein umfassendes Bild der Energiewende liefern. Zudem sind einige der Leitindikatoren der Bundesregierung zwar wichtig und zielführend, aber teilweise redundant. Um handlungsleitend zu wirken ist eine weitere Komprimierung der Leitindikatoren vorzunehmen. Orientierung könnte dabei unser Vorschlag zur Entwicklung von Leitindikatoren bieten, der im folgenden Abschnitt näher erläutert wird. 18. Die Expertenkommission schlägt für den Monitoring-Prozess Energie der Zukunft der Bundesregierung die Nutzung von zehn Leitindikatoren für fünf verschiedene Dimensionen der Energiewende vor. Diese Liste ist keinesfalls abschließend und es besteht noch weiterer Untersuchungsbedarf, der im Folgenden näher erläutert wird. Die fünf Dimensionen umfassen die Oberziele Atomausstieg und Treibhausgasreduktion, Energieversorgung, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Gesellschaft. Für jede Dimension schlagen wir zwei Leitindikatoren vor, diese sind: Treibhausgasemissionen, Ausstieg aus der Kernenergie, Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch, Endenergieverbrauch, System Average Interruption Duration Index (SAIDI) für Strom, Leistungsbilanz, Innovationen, Energiewirtschaftliche Gesamtrechnung, Soziale Auswirkungen nach dem sog. High Cost/Low Income-Ansatz und Akzeptanz. Die Dimensionen der Energiewende und die korrespondierenden Leitindikatoren sind in Abb. 1-1 dargestellt. 10

45 Monitoring-Prozess als Element der Energiewende Abb. 1-1: Leitindikatoren für den Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft" Treibhausgasemissionen Ausstieg aus der Kernenergie Akzeptanz Oberziele Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch Soziale Auswirkungen (High Cost/ Low Income) Gesellschaft Energieversorgung Endenergieverbrauch Versorgungssicherheit Wirtschaftlichkeit Energiewirtschaftliche Gesamtrechnung SAIDI Strom Innovationen Leistungsbilanz Quelle: Eigene Darstellung 19. Auf der Betrachtungsebene der Energieversorgung geht es im Energiekonzept der Bundesregierung primär um die Reduktion des Primärenergieverbrauchs. Allerdings sehen wir hierbei Definitionsprobleme. Das betrifft die Konventionen bei der primärenergetischen Bewertung der Kernenergie und einiger erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung. Die Systemtransformation hat erhebliche Konsequenzen auf die Veränderungen des Primärenergieverbrauchs. Im extremen Fall führt der Ersatz des Atomstroms durch erneuerbare Energien zu einer sprunghaften Primärenergieminderung, obwohl es sich hier lediglich um einen statistischen Effekt handelt, der keine Aussage über die realen Entwicklungen zulässt. Auch die Nutzung des relativen Maßes der Endenergieproduktivität sehen wir als wenig zielführend, obwohl dies ein quantitatives Ziel des Energiekonzepts ist. Denn durch die Kombination mit einer weiteren Aktivitätsgröße, hier dem Bruttoinlandsprodukt, fließen zusätzliche Schwankungen dieses Wertes in den Indikator ein. Aus diesen Gründen empfehlen wir die Nutzung des Endenergieverbrauchs als Leitindikator. Anstatt der 11

46 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Reduktion des Primärenergieverbrauchs sollte entsprechend dazu ein eigenständiger absoluter Indikator auf Ebene des Endenergieverbrauchs angewendet werden. Ferner ist eine Reduktion der Treibhausgasemissionen durch die Nutzung emissionsfreier Energieträger möglich. Mit dem beschlossenen Ausstieg aus der nahezu CO 2 -freien Kernenergie ist das Erreichen der Treibhausgasziele anspruchsvoller geworden. Die Veränderungen in diesem Bereich sind am Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch ablesbar. Diesen schlagen wir als weiteren Leitindikator vor. 20. Aus Sicht der Expertenkommission ist der Erfolg der Energiewende nur sicherzustellen, wenn Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit jenseits der Treibhausgasemissionen der Energieversorgung sowie die Akzeptanz und gesellschaftlichen Auswirkungen der Energiewende beachtet werden. Im Rahmen des Energiekonzepts wurden diese Ziele von der Politik nur qualitativ, aber nicht quantitativ vorgegeben. Die Kombination zwischen quantitativen und qualitativen Zielen entspricht systemanalytisch einem Optimierungsproblem unter Nebenbedingungen. Während jedes quantitative Ziel als eine Nebenbedingung eines entsprechenden Modells zu formulieren ist, resultiert die Zielfunktion aus den qualitativen Zielen. Die Lösung dieses Problems besteht in der Maximierung der qualitativen Ziele unter den vorgegebenen Nebenbedingungen. Nach den langjährigen, wechselvollen Erfahrungen mit energiewirtschaftlichen Optimierungsmodellen wäre es wenig hilfreich, einen entsprechenden Modellansatz zu quantifizieren und zu berechnen, doch ist es für das Grundverständnis der zu lösenden Aufgaben nützlich, die Energiewende in der Begriffswelt von Optimierungsmodellen auszudrücken. Dadurch wird bspw. deutlich, dass einige quantitative Nebenbedingungen den Optimierungsspielraum einschränken, also den Wert der Zielfunktion vermindern. Es ist also nicht möglich, die quantitativen Ziele der Energiewende ohne gewisse Beeinträchtigungen bei der Versorgungssicherheit, der Wirtschaftlichkeit oder der Umweltverträglichkeit des Energiesystems zu erreichen. Weil es zu diesen Zielen unterschiedliche Einschätzungen gibt, kann der gesellschaftliche Konsens schwierig zu erreichen sein. 21. Für eine umfassende Einschätzung zur Versorgungssicherheit müssten die Risiken entlang der kompletten Versorgungskette erfasst und bewertet werden. Das würde auch die Bewertung der Energieimportabhängigkeit einschließen. Aus unserer Sicht sind derzeit vorrangig die kurzfristige Versor- 12

47 Monitoring-Prozess als Element der Energiewende gungssicherheit und langfristige Adäquanz der installierten Kapazitäten von Bedeutung. Für die kurzfristige Versorgungssicherheit im Bereich der Elektrizitätsversorgung empfiehlt die Expertenkommission den System Average Interruption Duration Index (SAIDI) als Leitindikator. Diese Kenngröße stellt die durchschnittliche Dauer innerhalb eines Jahres dar, in der ein Kunde von einer Versorgungsunterbrechung betroffen ist. Die langfristige Versorgungssicherheit der Elektrizitätsversorgung lässt sich bevorzugt an Hand der Leistungsbilanz beurteilen. Die Übertragungsnetzbetreiber weisen jährlich die verbleibende gesicherte Leistung speziell zum Zeitpunkt der Höchstlast aus und stellen damit Daten zur Verfügung, die als geeigneter Indikator verwendet werden können. Die Versorgungssicherheit in der Gasversorgung ist durch andere Problemlagen geprägt. So stehen hier vor allem unterbrechbare Lieferverträge, die Füllstände der Gasspeicher sowie die Interaktion der Gas- und Stromversorgung im Fokus der Diskussion. Eine ausführliche Darlegung dieser Aspekte nehmen wir in Kapitel 6 vor. 22. Wirtschaftlich im Sinne von ökonomisch effizient ist die Bereitstellung von Energie, wenn die gewünschte Versorgung mit Energiedienstleistungen (Wärme, Licht, Mobilität etc.) zu minimalen volkswirtschaftlichen Kosten erfolgt. Zu den volkswirtschaftlichen Kosten zählen alle im Laufe der Energiegewinnung, Umwandlung und Verteilung anfallenden Kosten einschließlich der externen Kosten. Da niemand gegen seinen Willen zum Bezug von Energie gezwungen wird, übersteigt der Nutzen der Energiedienstleistungen immer die bezahlten Energiepreise. Allerdings könnten die dabei extern bleibenden Kosten das Verhältnis umkehren. Eine solche Aussage lässt sich theoretisch treffen, aber nicht belastbar quantifizieren. Hingegen lässt sich ein Teilaspekt der Kosten annähernd beziffern. Dies kann durch eine Energiewirtschaftliche Gesamtrechnung (vgl. Kapitel 7.1) in Anlehnung an die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) erfolgen. Die VGR verfolgt das Ziel, das Wirtschaftsgeschehen einer Volkswirtschaft für einen zurückliegenden Zeitraum quantitativ möglichst umfassend zu beschreiben. Wir haben einen vergleichbaren Ansatz für den Bereich der Energieversorgung entwickelt. Die gesamten Ausgaben der Letztverbraucher für Strom, Wärmeenergie und Verkehrsenergieträger beziffern zumindest, wie viel die Letztverbraucher für die von ihnen gewünschten Energiedienstleistungen bezahlen. In den Preisen, die am Ende der Versorgungskette bezahlt werden, sind bereits alle betriebswirtschaftlichen und in- 13

48 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft ternalisierten externen Kosten der vorangehenden Versorgungskette berücksichtigt. Die Energiewende ist nicht nur mit Risiken und Kosten, sondern auch mit erheblichen Chancen für die deutsche Volkswirtschaft verbunden. Wesentliche Treiber dafür sind Innovationen, weshalb wir einen Leitindikator für die Innovationstätigkeit im Energiebereich vorschlagen. Wie in Kapitel 8 gezeigt wird, setzt sich die Innovationstätigkeit allerdings aus verschiedenen relevanten Dimensionen zusammen. Im Unterschied zu den oben genannten Leitindikatoren, die auf einer einzelnen Kenngröße basieren, kann es hier deshalb sinnvoll sein, einen Indikator aus verschiedenen Subindikatoren zu aggregieren. Nachteilig ist dabei, dass bei der Gewichtung der Subindikatoren zwangsläufig eine subjektive Wertung einfließen muss. Die Frage nach geeigneten Innovationsindikatoren kann im Rahmen der vorliegenden Stellungnahme nicht abschließend beantwortet werden. Diese Entscheidung sollte unterstützt durch wissenschaftliche Untersuchungen durch die Bundesregierung angegangen werden. 23. Ein weiterer wichtiger Aspekt für das Gelingen der Energiewende ist die gesellschaftliche Perspektive. Darunter werden die Akzeptanz sowie die sozialen Auswirkungen mit Blick auf die Energiewende gefasst. Diese Aspekte bleiben aus Sicht der Expertenkommission bisher im Monitoring-Prozess noch weitgehend unbeachtet. Die Energiewende stellt große Herausforderungen nicht nur für Politik und Unternehmen, sondern auch für Bürgerinnen und Bürger dar. Die Akzeptanz der und die Bereitschaft zur Energiewende sind wichtige Erfolgsfaktoren. Um dies im Monitoring-Prozess darzustellen, schlagen wir vor, die Akzeptanz mit Hilfe einer sich regelmäßig wiederholenden, repräsentativen Befragung zu erfassen. Möglich wäre bspw. eine Umfrage ähnlich der Befragungen zum Umweltbewusstsein in Deutschland bezogen auf die Energiewende [Vgl. BMU/UBA, 2013]. Grundsätzlich möchten wir aber darauf hinweisen, dass eine Reihe methodischer Herausforderungen existieren, die hierbei zu beachten sind. Für die Messung der Akzeptanz sind aus unserer Sicht drei Aspekte von Bedeutung: Die allgemeine Einstellung zur Energiewende in Deutschland, die Zufriedenheit mit der Umsetzung der Energiewende sowie die Zustimmung zur Umsetzung der Energiewende im eigenen Umfeld. 14

49 Monitoring-Prozess als Element der Energiewende Aus diesen Einstellungen kann dann ein Gesamtbild für die Akzeptanz abgeleitet werden. Anhand einer eigenen Befragung und deren wissenschaftlicher Begleitung könnten die Interaktionen der einzelnen Ebenen dargestellt sowie die wissenschaftliche Verwertbarkeit sichergestellt werden. Darüber hinaus sind Aspekte der sozialen Auswirkungen der Energiewende mit in die Betrachtung einzubeziehen. So wird in der politischen und öffentlichen Debatte intensiv über die Verteilungswirkungen der Energiewende diskutiert. In Kapitel 7.2 geben wir dazu eine Einordnung bezüglich der Wirkungen auf die Industrie und private Haushalte. Auf Ebene der Haushalte spielt vor allem die sogenannte Energiearmut eine Rolle. Um diese messbar zu machen kommt das High Cost/Low Income-Maß in Frage, welches auf Basis der Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) entwickelt werden kann. 1.4 Indikatorenübersicht und weitere Monitoringaktivitäten 24. Im Folgenden wird eine Übersicht und Einordnung bereits genutzter Indikatoren aus dem Monitoring-Bericht der Bundesregierung und der Stellungnahme der Expertenkommission gegeben. Neben der Bundesregierung und der Expertenkommission beteiligen sich aber auch andere Akteure mit eigenen Indikatorensystemen an der Diskussion zum Monitoring der Energiewende. Diese Akteure schlagen meist die Nutzung einer aggregierten Sichtweise durch Leit- oder aggregierte Indikatoren vor. So basieren diese überwiegend auf den Bereichen des energiepolitischen Zieldreiecks und darüber hinausgehenden Dimensionen. Ein Überblick ist in Tab. 1-1 dargestellt. In unserer Analyse beschränken wir uns auf datenbasierte Indizes. Darüber hinaus wurden weitere Indizes verschiedenster Akteure vorrangig auf Basis von Befragungen veröffentlicht. Beispielhaft weisen wir hier auf die Ausführungen der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) und Ernst & Young GmbH im Deutschen Energiewende-Index (DEX) oder dem IHK-Energiewende-Barometer des Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.v. (DIHK) hin. 25. Die Begleitung des Prozesses der Energiewende durch verschiedene, unabhängig voneinander agierende Organisationen ist zu begrüßen, zeigt dies doch, dass die Energiewende mit ihren Chancen und Herausforderungen in der Gesellschaft angekommen ist. Im Sinne des Monitoring-Prozesses ist dies eine wichtige Ergänzung. Um Vorschläge und Empfehlungen besser einzuschätzen 15

50 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft und zu diskutieren, hat die Expertenkommission in diesem Jahr einen Workshop mit anderen Initiativen zur Begleitung des Prozesses der Energiewende durchgeführt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind in die Überlegungen der Expertenkommission eingeflossen. Tab. 1-1: Übersicht Energiewende-Monitoring externer Akteure Institution Dimensionen Methode/ Umfang Aggregation Zielerreichung/ Bewertung Turnus Energiewendeindex A.T. Kearney und Wirtschaftswoche Energiepolitisches Zieldreieck, Akzeptanz 13 Indikatoren, Akzeptanz (Umfrage Bevölkerung) Prognose für Zielerreichung Aggregation der Einzelindikatoren in einer der vier gewählten Dimensionen Zielerreichung in Prozent für die Dimension (Farbskala), Vergleich mit Vorjahr, Ampelsystem für Prognose Jährlich McKinsey&Compnay Energiepolitisches Zieldreieck 15 Indikatoren Keine Aggregation der Einzelindikatoren Zielerreichung der Einzelindikatoren (in Prozent) Energiewendeindex Quartalsweise BDI Navigator Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Energiepolitisches Zieldreieck, Akzeptanz, Innovationen 42 Indikatoren, Akzeptanz (Umfragen Industrie und Bevölkerung) Aggregation der Einzelindikatoren in Dimensionen des energiepolitischen Zieldreieckes Ampelsystem mit Zielerreichung, Bewertung und Tendenz für Einzelindikatoren, aggregiert und gewichtet für gesamte Dimension, Informatorische Indikatoren, die nicht in die Berechnung eingehen Jährlich Indikatoren für die Energiewende Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Klimaschutz, Versorgungssicherheit, Soziale Aspekte, Wirtschaftlichkeit & Wettbewerbs-fähigkeit, Forschung & Innovation, Importabhängigkeit & Exportchancen, Natur- und Umweltschutz, Gemeinschaftswerk Energiewende 34 Indikatoren 9 Leitindikatoren, keine Aggregation der Einzelindikatoren Zielerreichung der Einzelindikatoren Einmalig Soziale Bilanzierung der Energiewende Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Nutzenverteilung, Kostenverteilung, Gemeinschaftswerk Energiewende Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an BDI [2013] 13 Indikatoren Keine Aggregation Zielerreichung der Einzelindikatoren Einmalig 26. Im Monitoring wurde eine Vielzahl von Indikatoren für die Begleitung der Energiewende vorgeschlagen. Der Monitoring-Bericht der Bundesregierung stützt sich auf insgesamt 49 Indikatoren unterschiedlicher Ausprägung. Neben der Bundesregierung werden hier die Initiativen Energiewendeindex von A.T. Kearney und Wirtschaftswoche, der Energiewendeindex von McKinsey & Co., der BDI Navigator des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) sowie die Zusammenstellungen des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) zur Indikatorik Grundsätzliche Überlegungen und Vorschlag zur Auswahl von Indikatoren zur wissenschaftlichen Begleitung der Energiewende und Beiträge zur sozialen Bilanzierung der Energiewende kurz erläutert und bewertet. 16

51 Monitoring-Prozess als Element der Energiewende 27. Zudem hat die Expertenkommission in ihrer letzten Stellungnahme aus dem Jahr 2012 weitere Indikatoren vorgeschlagen. Vor allem in den Bereichen des energiepolitischen Zieldreiecks wurden Ergänzungen erörtert. So wurde der Aspekt der Umweltverträglichkeit im Monitoring-Bericht der Bundesregierung nicht mit Indikatoren hinterlegt. Hier sind unserer Ansicht nach Indikatoren relevant, die die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung außerhalb des Bereichs der Treibhausgasemissionen darstellen. Auch im Bereich der Versorgungssicherheit wurden einige Indikatoren vorgeschlagen, die zielführend die aktuelle und vergangene Situation in diesem Bereich verdeutlichen. Im Bereich der Wirtschaftlichkeit wurde der Vorschlag der Expertenkommission, die Letztverbraucherausgaben für den Strombereich als Indikator darzustellen, von der Bundesregierung in diesem Jahr aufgegriffen. Weiterentwicklungen der Energiewirtschaftlichen Gesamtrechnung für die Bereiche Wärme und Verkehr werden derzeit angegangen und sollten, wenn verfügbar, ebenfalls in den Monitoring-Prozess der Bundesregierung integriert werden. Die Zusammenstellung der genutzten sowie vorgeschlagenen Indikatoren wird im Anhang dargestellt, wobei wir vorrangig die Datenbasis der einzelnen Indikatoren einordnen. Aus Sicht der Expertenkommission sollten die den Indikatoren zu Grunde liegenden Daten insbesondere aus amtlichen oder halbamtlichen Datenquellen stammen sowie die Datenverfügbarkeit über öffentliche und kostenfreie Zugänglichkeit gesichert sein. Daten aus Verbandsstatistiken, sonstige Erhebungen Dritter und Einzelstudien sollten im Monitoring-Prozess nur unter Berücksichtig ihrer Einschränkungen Verwendung finden. Vor allem bei Einzelstudien ist eine konsistente Zeitreihe meist nicht verfügbar, die aber für ein langfristig angelegtes Monitoring erforderlich ist. 28. Im Hinblick auf die Datenverfügbarkeit und Qualität der Datenbasis erneuert die Expertenkommission ihre Empfehlung aus ihrer Stellungnahme zum ersten Monitoring-Bericht 2012, wonach eine grundlegende Novellierung des Energiestatistikgesetzes zur Verbesserung der energiestatistischen Datenbasis sowie zur flexibleren Anpassung an veränderte Strukturen notwendig ist. Dabei sollte es vor allem um eine Vereinfachung der rechtlichen Anordnung von energierelevanten Statistiken gehen, bei der bspw. Details der statistischen Erhebungsprogramme auch untergesetzlich geregelt werden können. Wesentlich ist die Erweiterung der Berichtskreise auch auf Händler, Stromnetzbetreiber beziehungsweise Gas-Speicher- und Transportgesellschaften. Außerdem 17

52 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft sollte das Zurückgreifen auf Verwaltungsdaten anderer Bundesbehörden (z.b. BAFA, UBA, BNetzA) erleichtert werden. Auch die Zusammenarbeit der statistischen Ämter und deren Aufgabenteilung sind zu verbessern. Gerade vor dem Hintergrund der herausragenden Bedeutung der Energiewende und des dazu vereinbarten kontinuierlichen Monitorings plädiert die Expertenkommission für ein zügiges Vorgehen bei der Novellierung des Energiestatistikgesetzes (EnStatG) und der begleitenden Regelungen. Dies umso mehr, als sich die energiestatistische Datenbasis im Bereich der amtlichen Statistik zu verschlechtern droht. Dieser Gefahr sollte durch entsprechende Anpassungen im Energiestatistikgesetz sowie die Bereitstellung angemessener Ressourcen ernsthaft begegnet werden. 29. In vielen Bereichen ist eine große Übereinstimmung der verschiedenen Ansätze zum Monitoring der Energiewende festzustellen. Darüber hinaus wird die Informationsbasis durch die Komplementarität der Initiativen stetig erweitert. Dies ist aus unserer Sicht eine äußerst positive Entwicklung für das indikatorenbasierte Monitoring der Energiewende. Um den Monitoring-Prozess auch durch externe Impulse weiter zu entwickeln, sollte der Austausch mit relevanten Initiativen beibehalten werden. Allerdings sind dabei die unterschiedlichen Ausgangslagen der Initiativen im Gegensatz zur Bundesregierung zu beachten. Dies spiegelt sich vor allem in der Interpretation der Indikatoren und deren Aussagekraft wider. So sehen wir es auch als Aufgabe diese einzuordnen und zu bewerten. Bspw. sehen wir es als kritisch an, einzelne Strompreise im europäischen Vergleich zu betrachten, da deren Aussagefähigkeit sehr eingeschränkt ist. Hierzu haben wir bereits für den Monitoring-Prozess eine gesamtwirtschaftliche Sichtweise anhand der Letztverbraucherausgaben vorgeschlagen. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass auch immer der Bezug der einzelnen Maßzahlen zur Energiewende mit zu beachten ist. Meist kann dieser allerdings nicht eindeutig definiert werden. So reflektieren die Indikatoren zwar auch die durch die Energiewende ausgelösten Entwicklungen, doch sind diese meist nicht konkret bzw. anteilig der Energiewende zuordenbar. Dies können Indikatoren teilweise nicht leisten. Im Fortschrittsbericht der Bundesregierung sollte dies daher indikatoren- aber auch maßnahmenbezogen adressiert und analysiert werden. 18

53 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen 2 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen Das Wichtigste in Kürze Der Atomausstiegspfad ist gesetzlich geregelt. Die Expertenkommission begrüßt die Bekräftigung dieses Ziels durch den Koalitionsvertrag. Um Friktionen zu vermeiden, müssen alle Anstrengungen unternommen werden, damit die erforderlichen Übertragungskapazitäten und/oder Ersatzkapazitäten insbesondere für den süddeutschen Raum zeitgerecht zur Verfügung stehen. Insgesamt lässt die Entwicklung in den vergangenen Jahren den Schluss zu, dass sich die Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland nicht auf dem ursprünglich vereinbarten Zielpfad befindet. Auch die Bundesregierung stellt fest, dass mit den bisherigen Maßnahmen offenkundig das Ziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 % bis 2020 mit einem erwarteten Minus von lediglich 35 % deutlich verfehlt wird. Da die Reduktion der Treibhausgasemissionen ein Oberziel der Energiewende darstellt, ist die im Monitoring-Bericht getroffene Aussage Die Energiewende kommt voran aus Sicht der Expertenkommission in ihrer Allgemeinheit durchaus diskussionswürdig. Angesichts der nur noch wenigen Jahre bis 2020 wird sich eine Zielverfehlung nur vermeiden lassen, wenn bestehende energie- und klimapolitische Maßnahmen möglichst zeitnah angepasst bzw. auch zusätzliche Maßnahmen außerhalb der Sektoren des Emissionshandels ergriffen werden. Insbesondere der für das deutsche Klimaschutzziel kontraproduktive Trend zu vermehrter Kohleverstromung sollte verhindert werden. Hierzu könnte ein grundlegend reformierter Emissionshandel einen wichtigen Beitrag leisten. Die Ziele des Energiekonzepts der Bundesregierung für die Handlungsfelder Strom, Wärme und Kraftstoffe bzw. Energieeffizienz und erneuerbare Energien erfordern darüber hinaus, dass der größte Einzelbeitrag zur Emissionsminderung durch Effizienzverbesserungen bzw. die Reduktion des Energiebedarfs für Wärme sowie den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung geleistet werden muss. Insgesamt müsste die Energieeffizienz dabei einen doppelt so hohen Beitrag erbringen wie die Erneuerbaren. 30. Nach Auffassung der Expertenkommission kommt dem Atomausstieg und der Minderung der Treibhausgasemissionen als den beiden zentralen Oberzielen die entscheidende Bedeutung für den Erfolg der Energiewende zu. 19

54 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Diese beiden Oberziele sind aber von unterschiedlichem Charakter. Während es bei der mit eindeutigen quantitativen Zielen versehenen Emissionsminderung eher um eine politisch verbindliche Selbstverpflichtung geht, die allerdings erst noch mit konkreten zielführenden Maßnahmen untersetzt werden muss, handelt es sich beim Atomausstieg um einen gesetzlich auch zeitlich eindeutig fixierten Ausstiegspfad. 2.1 Zum Atomausstieg 31. Die Umsetzung des vorgesehenen Atomausstieg gilt aufgrund des gesetzlich vorgegebenen Ausstiegspfades (vgl. Abb. 2-1) als hinreichend gesichert. Danach würden im Jahr 2020 noch rund MW mit einer Bruttostromerzeugung von größenordnungsmäßig 64 TWh am Netz sein; im letzten Betriebsjahr 2022 wären noch drei Reaktoren mit einer Leistung von knapp MW und einer geschätzten Stromerzeugung von 32 TWh in Betrieb. 32. Festzustellen ist, dass der Ausstiegspfad mit unterschiedlichen regionalen Implikationen verbunden ist. Von den bis einschließlich 2015 noch betriebenen 9 Kernkraftwerken mit einer Leistung von MW (brutto) befinden sich allein 6 Kernkraftwerke mit MW (brutto) also rund zwei Drittel im süddeutschen Raum. Zur Vermeidung möglicher Friktionen müssen die entsprechenden Ersatzkapazitäten und/oder Übertragungsleitungen möglichst pfadangepasst zur Verfügung stehen. Hier ist die Bundesregierung gefordert entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. 33. Die klare Regelung des Ausstiegs ermöglicht ein sehr einfaches Monitoring, weil sich eindeutig feststellen lässt, ob die jeweils vorgegebenen Ausstiegszeitpunkte auch eingehalten worden sind. Dies wird allerdings erst mit der Ende 2015 anstehenden nächsten Stilllegung (Grafenrheinfeld) konkret zu prüfen sein. Aus diesen Gründen konzentriert sich die folgende Diskussion auf die Bewertung der bisherigen Entwicklung der Treibhausgasemissionen. 20

55 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen Abb. 2-1: Ausstiegspfad der Kernkraftwerke in Deutschland Kapazität am Jahresende in MW brutto (140,6 TWh) 2011 (108,0 TWh) Quelle: Bundestag [2011] 2012 (99,5 TWh) 2013 (97,0 TWh) (~95 TWh) (~95 TWh) (~85 TWh) (~85 TWh) (~75 TWh) (~75 TWh) (~64 TWh) (~64 TWh) (~32 TWh) Biblis A Neckarwestheim I Biblis B Brunsbüttel Unterweser Isar I Philippsburg I Krümmel Grafenrheinfeld Gundremmingen B Phlippsburg II Brockdorf Grohnde Gundremmingen C Isar 2 Emsland Neckarwestheim II 2023 (0 TWh) 2.2 Rekurs auf Treibhausgasemissionsziele 34. Die neue Bundesregierung hat mit dem Koalitionsvertrag die bestehenden Klimaschutzziele für Deutschland bekräftigt: Wir halten daran fest, dem Klimaschutz einen zentralen Stellenwert in der Energiepolitik zuzumessen. National wollen wir die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um mindestens 40 % gegenüber dem Stand 1990 reduzieren. [KoalV, 2013]. Bis 2050 ist eine Minderung um 80 bis 95 % vorgesehen. Ausgehend von einem Niveau der Treibhausgasemissionen in Höhe von Mio. t CO 2äqu. im Jahr 1990 bedeutet dies für 2020 Treibhausgasemissionen von rund 750 Mio. t CO 2äqu dürften es lediglich noch etwa 250 bis nur wenig mehr als 60 Mio. t CO 2äqu. sein (Abb. 2-2). Gegenüber dem Emissionsniveau im Jahr 2012 in Höhe von 939 Mio. t CO 2äqu. erfordert dies bis 2020 einen weiteren Rückgang um rund ein Fünftel bzw. um etwa 190 Mio. t CO 2äqu. oder bei linearer Verteilung um knapp 24 Mio. t CO 2äqu. pro Jahr. 21

56 (-95%) (-80%) Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 2-2: Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland von 1990 bis 2012 sowie Minderungsziele bis Summe Treibhausgasemissionen 1200 Minderungsziele Treibhausgasemissionen in Mio. t CO 2äqu Quelle: Eigene Berechnungen; BMWi/BMU [2010]; UBA [2013a] 35. Gemessen an den Ursprungswerten haben sich die gesamten Treibhausgasemissionen 2012 gegenüber dem Vorjahr um rund 10 Mio. t CO 2äqu. bzw. um etwa 1 % erhöht, wobei die energiebedingten Emissionen sogar um fast 2 % gestiegen sind. Allerdings ist zu beachten, dass 2012 erheblich kühler war als Dies führt temperaturbereinigt zu einer leichten Emissionsreduktion. Im Vergleich zum Basisjahr 1990 waren die Treibhausgasemissionen insgesamt im Jahr 2012 um rund 25 % niedriger (CO 2 -Emissionen: -21,1 %; Nicht-CO 2 - Emissionen: -43,2 %); bereinigt ergibt sich ein um etwa einen Prozentpunkt stärkerer Rückgang. 36. Die bisherige Entwicklung der Treibhausgasemissionen wird im Monitoring-Bericht der Bundesregierung auf der Basis der bis 2012 reichenden Nationalen Emissionsinventare beschrieben. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die aktuellste Schätzung des Umweltbundesamtes für das Jahr 2013, die von einer erneuten Erhöhung der Treibhausgasemissionen um 1,2 % bzw. um knapp 12 Mio. t. CO 2äqu. ausgeht, noch in die Überlegungen einbezogen worden wäre. Auch zeigen erste Schätzungen auf der Grundlage der von der Ar- 22

57 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen beitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) vorgelegten vorläufigen Zahlen für den Primärenergieverbrauch für das Jahr 2013, dass es zu einem erneuten Anstieg zumindest der energiebedingten CO 2 -Emissionen gekommen sein dürfte. Größenordnungsmäßig könnte es sich dabei um eine Zunahme um etwa 2,5 % oder um etwa 20 Mio. t CO 2 handeln; bereinigt fällt der Zuwachs mit rund 1,5 % oder 12 Mio. t CO 2 etwas geringer aus. 37. Insgesamt lässt die Entwicklung in den vergangenen Jahren den Schluss zu, dass sich die Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland noch nicht auf dem Zielpfad befindet. Auch die Bundesregierung stellt fest, dass mit den bisherigen Maßnahmen offenkundig das Ziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 40 % bis 2020 mit einem erwarteten Minus von lediglich 35 % deutlich verfehlt wird. Da die Reduktion der Treibhausgasemissionen ein Oberziel der Energiewende darstellt, ist die im Kapitel 2 des Monitoring- Berichts getroffene Aussage Die Energiewende kommt voran aus Sicht der Expertenkommission in ihrer Allgemeinheit durchaus diskussionswürdig. 38. Mit Blick auf die einzelnen Treibhausgase sind dafür vor allem die CO 2 - Emissionen verantwortlich, während es in der Summe der Nicht-CO 2 - Emissionen in den vergangenen Jahren meist zu einem deutlichen Rückgang gekommen ist. Unter sektoralen Aspekten ist festzustellen, dass es praktisch keinen Bereich gibt, in dem es eine nachhaltige Tendenz zu einer zielkonformen Emissionsminderung gibt. Für den Stromsektor zeichnet sich eher eine Erhöhung ab und in der Industrie wie im Verkehr stagnieren die Emissionen. Selbst im Haushaltsbereich zeigt der Trend nicht eindeutig nach unten. 39. Besonders kritisch ist die Situation im Strombereich zu sehen. Bei der öffentlichen Strom- und Wärmeerzeugung sind die CO 2 -Emissionen deutlich gestiegen. Im Jahr 2012 waren sie hier um rund 16 Mio. t oder um fast 5 % höher als 2011 (Tab. 2-1). Zu den Gründen für diesen Anstieg gehört die Ausweitung der Stromerzeugung (+2,7 %). Hinzu kommt eine strukturelle Verschiebung der zur Stromerzeugung eingesetzten Brennstoffe zugunsten der besonders emissionsintensiven Braunkohle (+7,1 %) und der Steinkohle (+3,6 %), während die Verstromung des weniger emissionsintensiven Erdgases um rund 11 % abnahm. Gleichzeitig ging auch die Stromerzeugung der bei der Nutzung praktisch emissionsfreien Kernenergie um fast 8 % zurück. Die emissionssteigernden Wirkungen dieser Veränderungen in der Struktur der Strom- 23

58 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft erzeugung konnten durch den kräftigen Zuwachs der erneuerbaren Energien (+16 %) zwar spürbar gemindert werden, sie waren aber nicht in der Lage, im Ergebnis eine Reduktion der stromerzeugungsbedingten CO 2 -Emission zu bewirken. Nach ersten Schätzungen veränderte sich zwar das Niveau der Stromerzeugung im Jahr 2013 kaum, erneut legte aber die Stromerzeugung auf Steinkohlenbasis mit 6,5 % zu, während die Erdgasverstromung mit beinahe 13 % sogar noch stärker als im Vorjahr abnahm. Gleichzeitig fiel der Anstieg der Stromerzeugung bei den erneuerbaren Energien im Vergleich zum Vorjahr spürbar schwächer aus (+5,8 %), doch konnte dadurch die Minderung der Atomstromerzeugung (-2,2 %) deutlich überkompensiert werden (Tab. 2-2). Erwähnt sei aber, dass die Veränderungen bei der Struktur der Stromerzeugung nicht unmittelbar mit entsprechenden Veränderungen bei den daraus resultierenden CO 2 -Emissionen gleichgesetzt werden kann. Vielmehr zeigt gerade das Beispiel Braunkohle, dass hier die im Jahr 2013 (leicht) gestiegene Stromerzeugung aufgrund von Effizienzsteigerungen im Kraftwerkspark mit einem geringeren Braunkohleneinsatz einherging. Tab. 2-1: Treibhausgasemissionen in Deutschland 1990 sowie von 2008 bis 2012 nach Sektoren in der IPCC-Systematik Ursprungswerte Energiebedingte CO2-Emissionen ,1 5,2-2,5 1,6-1,1-0,8 darunter: Öffentl. Strom- und Wärmeerzeugung ,5 3,7-0,8 4,8-0,1 0,2 Übriger Energiesektor* ,8 2,6-0,6-13,9-4,4-5,4 Summe Endenergiesektoren ,4 6,5-4,0 0,6-1,4-1,2 Industrie ,3 16,2 1,2-2,1-1,9-0,6 GHD (inkl. Militär-stationär) ,6 4,9-9,0 6,2-2,9-2,2 Verkehr ,3 0,5 1,3-1,0-0,2 0,1 Haushalte ,7 7,0-15,1 4,2-1,5-3,4 Prozessbedingte CO2-Emissionen**) ,4 11,0 1,2-1,6-0,7-2,0 Summe CO2-Emissionen ,7 5,6-2,3 1,4-1,1-0,9 Emissionshandelspflichtige Anlagen***) xxx ,4 6,2-1,0 0,5 xxx -1,1 Sonstige Anlagen xxx ,6 4,8-3,8 2,5 xxx -0,6 Nicht-CO2-Emissionen ,3-7,9 0,8-1,2-2,5-2,4 Summe Treibhausgasemissionen ,9 3,7-1,9 1,1-1,3-1,1 Anteil der emissionshandels-pflichtigen Anlagen an den gesamten Treibhausgasemissionen in % xxx Bereinigte Werte Ursprungswerte in Mio. t CO2äquiv. Bereinigte Werte in Mio. t CO2äquiv. Energiebedingte CO2-Emissionen ,5 2,3 1,0-0,2-1,2-0,9 Prozessbedingte CO2-Emissionen ,4 11,0 1,2-1,6-0,7-2,0 Summe CO2-Emissionen ,1 2,8 1,0-0,3-1,1-1,0 Nicht-CO2-Emissionen ,3-7,9 0,8-1,2-2,5-2,4 Summe Treibhausgasemissionen ,4 1,3 1,0-0,4-1,3-1,2 *) Einschl. flüchtige Emissionen aus Brennstoffen.- **) Einschl. "Solvent and Other Product Use".- ***) bis 2011 geprüfte Berichte; 2012 Erstmeldung bis des Folgejahres. 2009/ / / / 2011 Veränderungen gegenüber Vorjahr in % Veränderungen gegenüber Vorjahr in % 2012/ / 2012 Veränderung p.a. in % Veränderung p.a. in % Quelle: Eigene Berechnungen; UBA [2013a] 24

59 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen 40. Zu diesen strukturellen emissionsseitig ungünstigen Änderungen im Strommix hat die attraktive Konkurrenzposition der Kohlekraftwerke beigetragen, die sich einerseits aus den sehr niedrigen CO 2 -Zertifikatspreisen im Rahmen des europäischen Emissionshandels und geringen Brennstoffkosten sowie andererseits aus hohen europäischen Erdgaspreisen herausgebildet haben. Tab. 2-2: Bruttostromerzeugung in Deutschland 2011 bis 2013 nach eingesetzten Energieträgern Quelle: AGEB [2014] * 2013* 2008/ 2013* 2011/ 2012* 2012/ 2013* * Braunkohle 150,6 150,1 160,7 162,0 1,5 7,1 0,8 23,5 25,6 Erneuerbare 93,2 123,8 143,5 151,7 10,2 15,9 5,8 14,6 23,9 Steinkohle 124,6 112,4 116,4 124,0-0,1 3,6 6,5 19,4 19,6 Kernenergie 148,8 108,0 99,5 97,3-8,1-7,8-2,2 23,2 15,4 Erdgas 89,1 86,1 76,4 66,8-5,6-11,3-12,6 13,9 10,5 Mineralöl 9,7 7,2 7,6 6,4-7,9 6,2-15,8 1,5 1,0 Sonstige 24,7 25,6 25,7 25,4 0,6 0,5-1,2 3,9 4,0 Insgesamt 640,7 613,1 629,8 633,6-0,2 2,7 0,6 100,0 100,0 42. Eine fortgesetzte Entwicklung der skizzierten Konkurrenzverhältnisse zugunsten der Kohle und zu Lasten des vergleichsweise emissionsverträglichen Erdgases dürfte im Zusammenhang mit den in den kommenden Jahren sukzessiven Stilllegungen der Kernkraftwerke die CO 2 -Emissionsminderung erschweren. Auch deshalb besteht die Gefahr, dass das angestrebte Ziel der Emissionsminderung um 40 % bis 2020 deutlich verfehlt wird. Insoweit teilt die Expertenkommission auch die Auffassung der Bundesregierung, die in ihrem zweiten Monitoring-Bericht hervorhebt, dass ohne zusätzliche gegensteuern- Bruttostromverbrauch *) vorläufig Bruttostromerzeugung in Mrd. kwh Veränderungen in %/a 618,2 606,7 606,7 599,8-0,6 0,0-1,1 Struktur in % 41. Vor diesem Hintergrund ist unter den getroffenen Annahmen die Folgerung zu ziehen, dass sich die Emissionsentwicklung in den Jahren 2012 wie 2013 nicht auf dem Zielpfad befindet. Immerhin hat Deutschland aber seine Ziele für die zweite Handelsperiode 2008 bis 2012 im Rahmen des europäischen Emissionshandels deutlich übererfüllt: Statt der zugesagten Minderung um rund 21 % wurde im Mittel dieser Handelsperiode sogar eine Emissionsreduktion um rund 25 % erreicht. 25

60 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft de Maßnahmen wohl nur eine Minderung der Treibhausgasemissionen um bis zu 35 % erreicht werden kann. 43. Interessant ist, dass die CO 2 -Emissionen der emissionshandelspflichtigen Anlagen im Jahr 2012 um 4,2 % niedriger waren als 2008, während diejenigen in den übrigen Bereichen in der Summe nur um 2,5 % reduziert wurden. Von Bedeutung für den klimaschutzpolitischen Handlungsspielraum Deutschlands ist auch die Tatsache, dass hier beinahe die Hälfte aller Treibhausgasemissionen über den europaweiten Emissionshandel reguliert wird, so dass einer nationalen Beeinflussung enge Grenzen gesetzt sind. Nach Auffassung der Expertenkommission heißt dies aber zugleich, dass die Bundesregierung ihre Aktivitäten verstärkt auf die strukturelle Reform des europäischen Emissionshandels ausrichten sollte. Unabhängig davon besteht vor allem die Notwendigkeit, in den nicht-emissionshandelspflichtigen Bereichen weitere Fortschritte der Emissionsminderung durchzusetzen. 2.3 Beiträge der Handlungsfelder zur Reduktion der energiebedingten CO 2 Emissionen 44. Vor dem Hintergrund der klimaschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung soll im Folgenden das bestehende Zielbündel in Bezug auf die angestrebte Klimaschutzwirkung diskutiert werden. Dabei sei daran erinnert, dass der Beschluss zum Atomausstieg erst nach der Verabschiedung des Energiekonzeptes getroffen wurde. Dementsprechend muss der CO 2 -entlastende Beitrag der wegfallenden Stromerzeugung aus Kernenergie durch Erfolge in anderen Bereichen kompensiert werden. 2 Die Ziele des Energiekonzepts von 2010 und 2 Die absolute Höhe dieser Kompensation folgt aus der für das Jahr 2020 zu erwartenden Stromerzeugung aus Kernenergie und dem anzusetzenden CO 2 -Substitutionsfaktor. Entsprechend der im Atomgesetz festgelegten Fristen für die Betriebsgenehmigungen wird sich die Stromerzeugung aus Kernenergie gegenüber dem Jahr 2010 auf etwa 70 TWh halbieren. Die Höhe des Substitutionsfaktors hängt prinzipiell von verschiedenen Konstellationen ab: der Reduktion der Stromnachfrage, der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der Substitution durch fossile Energieträger. Hier würde Kernenergie im ungünstigsten Fall durch Braunkohle(kondensations)strom ersetzt, was zu CO 2 -Emissionen von gut 60 Mio. t führen dürfte. Sehr viel günstiger - unabhängig von der aktuellen Wettbewerbssituation - würde sich die Bilanz für Strom aus Erdgas-GuD-Kraftwerken darstellen, die mit etwa 25 Mio. t CO 2 verbunden wäre (entsprechend 12 % bezogen auf die gesamte CO 2 -Minderung bis 2020), wobei 26

61 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen die angestrebte Treibhausgasminderung sind allerdings mit dem jetzt fixierten Atomausstieg vereinbar, wenngleich die puffernde Wirkung der Kernenergie bei Zielverfehlungen nunmehr fehlt. 3 Abb. 2-3: Reduktion der energiebedingten CO 2 -Emissionen nach Handlungsfeldern für den Zeitraum 2010 bis 2020 Reduktion der CO 2 -Emissionen Strom 46% Wärme 41% Kraftstoffe 13% Strom Effizienz 18% Strom Erneuerbare 28% Wärme Effizienz 39% Wärme Erneuerbare 2% Kraftstoffe Effizienz 10% Kraftstoffe Erneuerbare 3% Effizienz 67% Erneuerbare 33% Quelle: Eigene Berechnung auf Basis der Ziele des Energiekonzepts 45. Das Klimaschutzziel für Deutschland bedeutet für die energiebedingten CO 2 -Emissionen im Jahr 2020 ein Niveau von etwa 550 Mio. t. Dem stehen als Ausgangsbasis die um Temperatureffekte etc. bereinigten Emissionen von 765 Mio. t CO 2 gegenüber (Ursprungswert 2010: 775 Mio. t). Für die Reduktion um gut 200 Mio. t CO 2 zeigt Abb. 2-3 anhand des Zielkatalogs des Energiekoneine deutliche Verbesserung der Klimabilanz durch den Betrieb der Anlagen in Kraft-Wärme- Kopplung möglich wäre. 3 Dazu sei erwähnt, dass im Zentrum des Integrierten Energie- und Klimaprogramms der letzten großen Koalition aus dem Jahr 2007 ebenfalls eine Treibhausgasminderung um 40 % stand; seinerzeit vor dem Hintergrund der Atomrechtsnovelle von 2002, mit der über die Festlegung von Restlaufzeiten der Kernkraftwerke der Atomausstieg bis etwa zum Jahr 2021 vollzogen werden sollte [IEKP, 2007a, 2007b]. Insofern sind die Ziele des Energiekonzepts heute nicht grundsätzlich ambitionierter als damals, selbst wenn einschränkend darauf hinzuweisen ist, dass das 40 %-Ziel für Deutschland im Jahr 2007 unter den Vorbehalt gestellt wurde, dass sich die Europäische Union auf eine Treibhausgasminderung von 30 % bis 2020 gegenüber 1990 verpflichtet. 27

62 CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] CO2-Emissionen ggü [Mio t] Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft zepts eine Abschätzung der Beiträge der Handlungsfelder Strom, Wärme und Kraftstoffe bzw. Energieeffizienz und erneuerbare Energien (vgl. auch die Stellungnahme der Expertenkommission zum ersten Monitoring-Bericht der Bundesregierung vom Dezember 2012 [EWK, 2012]). Der größte Einzelbeitrag entfällt danach auf die Effizienz bzw. die Reduktion des Energiebedarfs für Wärme sowie den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung. Insgesamt müsste somit die Energieeffizienz einen doppelt so hohen Beitrag leisten wie die Erneuerbaren. Abb. 2-4: Reduktion der energiebedingten CO 2 -Emissionen nach Handlungsfeldern für den Zeitraum und Orientierungswerte für 2020 Strom Wärme Kraftstoffe gesamt gesamt gesamt davon Effizienz davon Effizienz davon Effizienz davon Eneuerbare Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis der Ziele des Energiekonzepts nach der Systematik der Emissionsinventare 46. Welche Anstrengungen durch die Erneuerbaren und durch Effizienz erreicht werden müssen, ist in Abb. 2-4 dargestellt. Für den Stromsektor zeigt sich die bereits oben beschriebene Zunahme der Emissionen vor allem im Jahr 2012 durch die Zunahme der Kohleverstromung. In der Bilanz dazu ist auch die davon Eneuerbare davon Eneuerbare bereinigte Werte; Strom gesamt einschließlich der Veränderungen im Strommix ohne erneuerbare Energien und des Stromaustauschsaldos 28

63 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen CO 2 -Substitution durch die regenerative Stromerzeugung nach den Angaben des Bundesumweltministeriums [BMU, 2013a] ausgewiesen, die sich an den Emissionen einer kontrafaktischen Entwicklung orientiert, bei der die wegfallende Kernenergie ausschließlich durch fossile Energieträger ersetzt worden wäre [Fraunhofer ISI, 2013]. Daraus folgt, dass die CO 2 -Emissionen der Stromerzeugung ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien noch einmal zusätzlich um mehr als 20 Mio. t über dem Niveau von 2010 gelegen hätten. Für die Bereiche Wärme und Kraftstoffe spielen strukturelle Änderungen im Energiemix eine untergeordnete Rolle. Allerdings bewegen sich die Trends auch hier deutlich in die falsche Richtung, weil praktisch keine Effizienzfortschritte erzielt wurden und die Entwicklung der regenerativen Kraftstoffe stagniert. 47. Aus der hier skizzierten Betrachtung folgt, dass derzeit lediglich die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in nennenswertem Umfang zur Senkung der gesamten energiebedingten CO 2 -Emissionen beiträgt bzw. vermeidet, dass der bisherige CO 2 -Anstieg in Deutschland noch deutlich höher ausfällt. Dies ist auch perspektivisch von Bedeutung, wenn über eine Anpassung der Ausbaudynamik der Regenerativen im Strommarkt diskutiert wird. Einerseits, weil bis zum Jahr 2020 gegenüber 2013 weitere 33 TWh und bis 2023 noch einmal zusätzlich 64 TWh Strom aus Kernenergie ersetzt werden müssen. Zum Anderen, weil sich insgesamt die Gewichte mit Blick auf die langfristigen Klimaschutzziele in dem Maße zugunsten eines beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien verschieben müssen, wie es nicht gelingt, Klimaschutzpotenziale durch die Senkung des Energieverbrauchs insbesondere im Wärme- und Verkehrsbereich zu mobilisieren. 48. Wie die Stellungnahme der Expertenkommission zum ersten Monitoring-Bericht der Bundesregierung zeigt, sind jedoch die gegenseitigen Kompensationsmöglichkeiten zwischen Effizienz und erneuerbaren Energien sowohl innerhalb der einzelnen Sektoren als auch zwischen den Sektoren in Bezug auf die CO 2 -Emissionen begrenzt. Daher muss die neue Bundesregierung die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen und zudem darstellen, wie die Reduktion der Treibhausgase innerhalb von nicht mehr zehn, sondern nur noch sieben Jahren erreicht werden soll. 29

64 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 2.4 Zur Rolle des europäischen Emissionshandels 49. Die oben angesprochenen, klimaschutzpolitisch negativ zu wertenden Verschiebungen in der Struktur der Stromerzeugung zugunsten der zunehmend verwendeten Stein- und Braunkohlen werden nicht zuletzt vom gegenwärtigen Zustand des europäischen Emissionshandels begünstigt. Mit dem Jahr 2012 endete die zweite Handelsperiode (2008 bis 2012) des europäischen Emissionshandels. Ebenso wie in Deutschland wurden die Emissionsminderungsziele in dieser Periode auch in der EU als Ganzes erreicht. Allerdings haben sich mit dem Übergang zur dritten Handelsperiode (2013 bis 2020) die klimapolitischen Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert. Maßgeblich dafür ist insbesondere der kräftige Verfall der Zertifikatspreise mit den daraus folgenden reduzierten wenn nicht gar inzwischen unwirksam gewordenen Anreizen zum Klimaschutz. Während zu Beginn der zweiten Handelsperiode im Jahr 2008 die Zertifikatspreise noch nahe an 30 Euro/t CO 2 reichten, kam es im Anschluss zu einem mehr oder weniger stetigen Preisverfall auf ein vergleichsweise stabiles Preisniveau von etwa 15 Euro/t CO 2 im Zeitraum von Mitte 2009 bis Mitte Der zwischenzeitliche Höhepunkt wurde Ende Mai 2011 mit 16,83 Euro/t CO 2 erreicht. Zwar schienen die Emissionsziele ( caps ) für die zweite Handelsperiode ( ) mit einem Minus von rund 6,5 % gegenüber der ersten Handelsperiode wesentlich ambitionierter, so dass höhere Knappheitssignale erwartet worden waren. Doch als Folge eines erheblichen Überangebots an Emissionsrechten sank der Zertifikatspreis auf unter 5 Euro/t CO 2. Bemerkenswert ist überdies, dass sich zunehmend die Differenz zwischen den Preisen auf dem Spotmarkt und auf dem Terminmarkt seit 2010 drastisch verkleinert haben und Ende 2013 kaum noch signifikant sind (vgl. Abb. 2-5). Interessant ist ebenso die Tatsache, dass die Differenzen der Futures für Lieferzeitpunkte Dezember 2014 und Dezember 2016 kaum noch ins Gewicht fallen. Offensichtlich wird von den Marktteilnehmern auf absehbare Zeit auch keine wesentliche Steigerung der Zertifikatspreise mehr erwartet. 30

65 Settlement price in Euro/EUA Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen Abb. 2-5 CO 2 -Zertifikatspreise von 2010 bis 2013 auf dem Spot- und Terminmarkt für Lieferungen im Dezember 2014 und ,0 20,0 Futures Dez ,0 10,0 5,0 Spotmarket Futures Dez ,0 Quelle: EEX [2014] 50. Für diese Entwicklung sind die hohen Überschüsse in der dritten Handelsperiode ursächlich, die auf ein Volumen von beinahe zwei Milliarden Emissionsrechten veranschlagt werden [EU-Kommission, 2014a]. Dafür gibt es vor allem die folgenden vier Gründe: Die ökonomische Krise in den Jahren 2008/2009 mit einem unerwartet starken Rückgang des realen Bruttoinlandsproduktes (um rund 4 % in der EU-27 bzw. sogar 5 % in Deutschland) mit der Folge eines sinkenden Energieverbrauchs und rückläufiger Emissionen. Die in diesen Jahren nicht benötigten Emissionsrechte drücken heute auf den Marktpreis. Die Nutzung von Kompensationsmaßnahmen (sog. carbon offsets ), insbesondere von Emissionsrechten aus Projekten des Clean Development Mechanism (CDM), womit Emissionsminderungen in Entwicklungs- und Schwellenländern durch entsprechende Maßnahmen den emissionshandelspflichtigen Unternehmen in Europa zugerechnet werden können. 31

66 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Hinzu kommen die Auswirkungen anderer Instrumente, vor allem Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz, die auch die Emissionen aus dem Emissionshandelssektor gemindert haben. Die für den Zeitraum 2008 bis 2012 nicht benötigten Projektgutschriften, also Zertifikate aus Projekten im Clean Development Mechanism (CER) oder Joint Implementation (ERU) Diese dürfen in die dritte Handelsperiode bis 2020 übertragen werden Mit dem Übertragen der auf europäischer Ebene sehr hohen Überschussmengen auf die dritte Handelsperiode wurden die Anreize zur Emissionsminderung für die am Emissionshandel beteiligten Anlagen ausgehöhlt. Zwar ist sichergestellt, dass die Emissionsziele für 2020 voraussichtlich erfüllt werden, doch ist dies primär eine Folge der aus der Vorperiode übernommenen Überschüsse, nicht aber der endogenen Verknappung der Zertifikate. Der Emissionshandel gerät daher in Gefahr, klimapolitisch wirkungslos zu werden. Weder werden Anreize für die am Emissionshandel beteiligten Bereiche zur Emissionsminderung gegeben, noch geht von den resultierenden Zertifikatspreisen ein Anreiz zu Investitionen bspw. zur Verbesserung der Energieeffizienz aus. Die Gefahr einer Diskreditierung dieses effizienten marktwirtschaftlichen Systems ist unübersehbar. 52. Daher hat die EU-Kommission schon im November 2012 Vorschläge zur strukturellen Reform des europäischen Emissionshandelssystems vorgelegt: Anhebung des Emissionsminderungsziels der EU von 20 auf 30 % im Jahr Permanente Rücknahme einer bestimmten Zahl an Emissionsrechten in der dritten Phase. Anhebung der jährlichen Reduktionsrate von derzeit 1,74 %. 4 Die Gesamtmenge der Projektgutschriften (CER/ERU), die für Anlagen in Deutschland in der zweiten Handelsperiode genutzt werden dürfen, ist auf rund 435 Millionen beschränkt. Hiervon wurden bis Ende April 2013 insgesamt rund 302 Millionen Projektgutschriften abgegeben. [DEHSt, 2013]. Somit können bis zum Jahr 2020 noch Projektgutschriften in einer Größenordnung von 133 Millionen auf die dritte Handelsperiode bis 2020 übertragen werden. 32

67 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen Einbeziehung weiterer Bereiche in den Emissionshandel bei Beibehaltung der Gesamtzahl an Emissionsrechten. Begrenzung des Zugangs zu internationalen Offsets (CDM u.ä.). Einführung eines Preismanagement-Mechanismus etwa in Form einer Reserve zur Preissteuerung. Letztlich geht es auch darum, einen Automatismus zu entwickeln, der unmittelbare Anpassungen etwa bei den Zuteilungen bzw. beim Mengenziel oder bei den Reduktionsraten vornimmt, sofern es bei zuvor definierten emissionsbestimmenden Faktoren zu unerwartet starken Ausschlägen über eine vorgegebene Bandbreite hinaus kommt. Dieser Mechanismus ist allen am Emissionshandel beteiligten Wirtschaftssubjekten ex-ante bekannt und vermeidet insofern weitgehend die ansonsten mit ex-post Anpassungen verbundenen Probleme. 53. Die Bundesregierung weist mit Recht darauf hin, dass der Emissionshandel das zentrale Klimaschutzinstrument für den Energie- und Industriesektor in Europa ist. Aus Sicht der Expertenkommission wäre es aber wünschenswert gewesen, wenn sich die Bundesregierung auch konkret zu den strukturellen Reformvorschlägen der Kommission geäußert hätte. Zudem sieht die Expertenkommission die Notwendigkeit, aktiv an dem dazu notwendigen Strukturwandel mitzuwirken. Dies wäre umso wichtiger, als in Deutschland fast die Hälfte aller Treibhausgasemissionen unter dem Regime des europäischen Emissionshandels steht. 54. Beschlossen ist inzwischen der Vorschlag der EU-Kommission, Zertifikate in größerem Umfang kurzfristig vom Markt zu nehmen und zum Ende der dritten Handelsperiode aber wieder zurückzugeben. Dieses sog. Backloading hat auch im Europäischen Parlament eine Mehrheit gefunden, doch dürfte die Wirkung aus folgenden Gründen begrenzt bleiben [de Perthuis und Tritignon 2013]: Die zeitliche Verschiebung der angebotenen Menge an Zertifikaten wird von den Teilnehmern antizipiert, womit sich am Preisniveau der Zertifikate wenig ändert. Die Teilnehmer reagieren auf die kurzfristig niedrigeren Mengen mit höheren Zertifikatspreisen, doch wenn die zurückgehaltenen 33

68 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Mengen später auf den Markt kommen, wird der Preis dann noch tiefer als ohne Backloading sein. 55. Deutschland hat sich mit einer Emissionsreduktion von minus 40 % bis zum Jahr 2020 ein nationales Emissionsziel gesetzt, das weit über das mit der EU abgestimmte Ziel (-20 % bis zum Jahr 2020) hinausgeht. Entsprechend müsste die Bundesregierung daher - auch im Hinblick auf ihre internationale Glaubwürdigkeit - alles versuchen, um auf europäischer Ebene die Klimaschutzziele zu verschärfen und dabei auch die Wirksamkeit des Emissionshandels zu verbessern. 56. Dabei leitet sich die spezifische Bedeutung des Emissionshandels für Deutschland auch aus der Tatsache ab, dass damit ein Bereich erfasst wird, der nahezu die Hälfte der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland umfasst. Dieser Bereich untersteht unmittelbar der europäischen Mengenregulierung und den auf EU-Ebene vereinbarten Mengenzielen. Wenn die in Deutschland dem Emissionshandel unterworfenen Anlagen ihre Emissionen nicht über das derzeitige europäische Mengenziel hinaus reduzieren, müssten die Emissionen in den nicht vom Emissionshandel betroffenen Sektoren in Deutschland weitaus stärker als die bisher vereinbarte Minderung von 14 % gegenüber dem Jahr 2005 zurückgehen, wenn das nationale Emissionsminderungsziel noch erreicht werden soll. Es liegt deshalb im Interesse der Erreichung der Energiewende-Ziele, auf EU-Ebene mit Nachdruck auf eine Verschärfung der Mengenziele hinzuwirken. 57. Die Expertenkommission begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich das von den zuständigen Ministern der sechs größten Volkswirtschaften der EU an die EU-Kommission gerichtete Schreiben mit der Forderung nach einem domestic EU 2030 greenhouse gas emission reduction target of at least 40 % [BReg, 2014a]. An ein solches Mindest-Ziel für 2030 wären dann natürlich die Mengen im Rahmen des europäischen Emissionshandels entsprechend anzupassen. Allerdings ist anzumerken, dass selbst ein solches ambitioniert erscheinendes Reduktionsziel für 2030 nicht unbedingt als pfadgerecht im Hinblick auf das vom Europäischen Rat verfolgte Ziel der Emissionsminderung von 80 bis 95 % bis 2050 angesehen werden kann. Müsste doch die Reduktionsrate von 40 % über einen Zeitraum von 40 Jahren (1990 bis 2030) nun noch einmal in nur 20 Jahren (2030 bis 2050) verwirklicht werden. 34

69 Atomausstieg und Reduktion der Treibhausgasemissionen 58. Mit den von der EU-Kommission im Klima- und Energiepaket 2030 vom vorgelegten Plänen [EU-Kommission, 2014b], das 40 %- Minderungsziel für 2030 bezogen auf interne Minderungen festzulegen, ab 2021 keine internationalen Projektgutschriften zuzulassen, das Minderungsziel für die emissionshandelspflichtigen Anlagen auf 43 % sowie den linearen jährlichen Kürzungsfaktor von 1,74 % auf 2,2 % anzuheben und schließlich auch eine Marktstabilisierungsreserve einzuführen sowie einen Mechanismus zur Glättung des Angebots beim Übergang zwischen zwei Perioden zu etablieren, sind wichtige Ansatzpunkte für eine Wiederbelebung des Emissionshandels gesetzt worden, die es aktiv zu begleiten gilt. 59. Die Zahlen des Jahres 2012 wie die Schätzungen für 2013 lassen die Schwierigkeiten der Realisierung der ehrgeizigen CO 2 -Reduktionsziele des Energiekonzeptes unter der Nebenbedingung des Kernenergieausstieges erkennen. Die Energiewende-Beschlüsse der Jahre 2010 und 2011 sollten unter anderem den energiewirtschaftlichen Akteuren in Deutschland in mittel- und langfristiger Perspektive Planungssicherheit geben. Eine Planungssicherheit gibt es jedoch nicht, wenn die deutsche Energiepolitik keine Reaktionen auf das Auseinanderlaufen zwischen den Emissionszielen und der effektiven Emissionsentwicklung zeigt. 35

70

71 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz 3 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz Das Wichtigste in Kürze Zusammen mit den erneuerbaren Energien gehört die Energieeffizienz zu den strategischen Elementen zur Erreichung der Klimaschutzziele. Die Expertenkommission begrüßt in diesem Zusammenhang die klar positive Bewertung der Energieeffizienz im Koalitionsvertrag, wenngleich eine Konkretisierung der zur Umsetzung vorgesehenen Maßnahmen und deren Finanzierungsbasis ausstehen. Hier sehen wir erheblichen Konkretisierungsbedarf, der allerdings auch im vorliegenden Monitoring-Bericht noch nicht geleistet worden ist. Zwar gibt es in Deutschland schon seit vielen Jahren zahlreiche Maßnahmen, die zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen sollen. Gleichwohl verlief die Verbesserung der Energieeffizienz eher verhalten. Dies gilt für die gesamtwirtschaftliche Ebene ebenso wie für die Entwicklungen in den einzelnen Endenergiesektoren. Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht der Expertenkommission festzustellen, dass die bisherige Entwicklung der Energieeffizienz hinter den zur Zielerreichung notwendigen Steigerungsraten zurückbleibt. Erkennbar ist auch, dass die bisher ergriffenen und im Monitoring-Bericht genannten Maßnahmen nicht die für den Erfolg der Energiewende erforderlichen Wirkungen erwarten lassen. Es besteht also nach wie vor Handlungsbedarf. Die höchste Priorität sollten Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich haben. Der Verkehrsbereich ist wichtig, auch wenn der Handlungsspielraum der Bundesregierung durch europäische Festlegungen fahrzeugtechnischer Parameter eingeschränkt ist. Neben der Aufgabe auf den europäischen Entscheidungsprozess im Interesse der Energiewende-Ziele Einfluss zu nehmen, bleiben die infrastrukturellen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung. Da die Energiewirtschaft und große Teile der Industrie über den Emissionshandel primär europaweiter Regulierung unterliegen, spielt die geforderte strukturelle Reform des Emissionshandels eine wichtige Rolle. Die Expertenkommission begrüßt das im Koalitionsvertrag vereinbarte regelmäßige Effizienzmonitoring der Bundesregierung. Dabei sollten auch die Wirksamkeit der zur Verbesserung der Energieeffizienz ergriffenen Maßnahmen untersucht und mögliche Rebound-Effekte betrachtet werden. 37

72 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 60. Spätestens seit der ersten Ölpreiskrise 1973/1974 wurden in Deutschland zahlreiche Maßnahmen ergriffen, die zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen sollen. Dazu zählte die Bundesregierung in ihrem Monitoring-Bericht vor allem standardsetzende, ordnungsrechtliche Maßnahmen (z.b. Energieeinsparverordnung, Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz), Maßnahmen zur Investitionsförderung (z.b. KfW-Förderprogramme für den Gebäudebereich, Mittelstandinitiative), preisimpulssetzende Maßnahmen (z.b. Energie- und Stromsteuer, Kraftfahrzeugsteuer) sowie Beratungs- und Kennzeichnungsprogramme (z.b. KfW- oder BAFA-Beratung, Nationale Klimaschutzinitiative, Kennzeichnungspflicht für energierelevante Produkte). Zu erwähnen ist auch die im Rahmen der Energieeffizienzrichtlinie der EU (Richtlinie 2012/27/EU) erstellte Liste der im 2. Nationalen Energieeffizienz-Aktionsplan (2. NEEAP) der Bundesrepublik Deutschland aufgeführten 89 Maßnahmen unterschiedlichster Wirkungen [BMWi, 2011a]. 61. Die bisher ergriffenen Maßnahmen zeigen gewisse effizienzsteigernde Wirkungen. Allerdings dürften diese nicht den anspruchsvollen Zielen der Energiewende genügen. Die folgenden Überlegungen zur Entwicklung der Energieeffizienz in Deutschland lassen dazu auf Grundlage der Diskussion von Effizienzindikatoren auf der Makroebene wie auf der sektoralen Ebene erste Schlüsse zu. Aussagen zu den notwendigen Maßnahmen und deren Beiträge zur Zielerreichung sind nicht Gegenstand des diesjährigen Monitoring-Berichts und dieser Stellungnahme, sondern werden vertieft erst in dem für Ende 2014 vorgesehenen Fortschrittsbericht sowie später regelmäßig in dem vorgesehenen Energieeffizienzmonitoring zu treffen sein. Dafür sollte noch ein eigenständiges methodisches Konzept entwickelt werden, das neben einer erweiterten Indikatorik insbesondere auch auf die Abschätzung maßnahmenorientierter Effizienzwirkungen abstellt. 62. Die Expertenkommission begrüßt es, dass im Monitoring-Bericht die Energieeffizienz als ein Schlüsselfaktor bei der Umsetzung der Energiewende hervorgehoben wird. Ein wichtiger Baustein ist ebenfalls die Erstellung des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz der entsprechend der EU- Energieeffizienzrichtlinie (Richtlinie 2012/27/EU) ohnehin unmittelbar von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. Dazu gehört ebenso das regelmäßige Monitoring dieser Aktionspläne, deren Ergebnisse in den umfassenden Monitoring-Bericht der Bundesregierung einfließen sollten. Die Experten- 38

73 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz kommission möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die mit der EU-Richtlinie angestrebten Effizienzverbesserungen (nach Artikel 7) weitaus schwächer sind als diejenigen, die sich die Bundesregierung gesetzt hat. Die Expertenkommission geht aber davon aus, dass sich die Bundesregierung an ihren eigenen Zielen orientieren wird, auch weil Deutschland sein eigenes Ziel als indikatives Ziel an die EU Kommission gemeldet hat Die Expertenkommission unterstützt die Absicht der Koalitionspartner, die vorgesehenen Mittel zur Förderung der Energieeffizienz (neben der Gebäudesanierung) zu erhöhen. Allerdings sind keine Angaben zum möglichen Umfang der zusätzlichen Mittel angegeben. Dabei ist auch der Verweis auf die angestrebte Haushaltsumschichtung wenig hilfreich, solange dazu keine konkreten Aussagen getroffen werden. Nicht ersichtlich ist, wie mit der Finanzierungsbasis des Energie- und Klimafonds umgegangen werden soll. Solange diese wie bisher wesentlich von der Entwicklung der CO 2 -Zertifikatspreise im europäischen Emissionshandel abhängig ist, dürfte sich das Einnahmevolumen aus der Versteigerung selbst unter Berücksichtigung des nunmehr akzeptierten Backloading eher in engen Grenzen halten. Immerhin wird angegeben, dass die Mittel für die bestehenden KfW-Programme erhöht werden sollen. 64. Grundsätzlich teilt die Expertenkommission auch die Auffassung, dass neben der Förderung fachlich fundierte Informationen und eine qualifizierte, unabhängige Beratung entscheidend sind, um Eigentümer von energetischen Sanierungsmaßnahmen zu überzeugen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass es schon jetzt eine Vielzahl von Beratungsprogrammen und Informationsaktivitäten gibt, so dass geklärt werden müsste, welcher zusätzliche Effekt bei einer Verstärkung solcher Maßnahmen noch erwartbar wäre. 5 Unter der Energieeffizienzrichtlinie (EED, Richtlinie 2012/27/EU) hat Deutschland sein Energieeffizienzziel aus dem Jahr 2010 am an die Europäische Kommission gemeldet [BReg, 2013]: Hinsichtlich des Primärenergieverbrauchs (PEV) wird eine Energieproduktivitätssteigerung von 2,1% bzw. eine Reduktion des PEV von 314,3 Mtoe im Jahr 2008 auf 276,6 Mtoe im Jahr 2020 (bei einem Wirtschaftswachstum von 1,1%) als Ziel gesetzt. Dies entspricht dem nationalen Ziel, welches im Energiekonzept festgelegt worden ist. Des Weiteren wird angestrebt den Endenergieverbrauch (EEV) von 220,7 Mtoe im Jahr 2008 auf 194,3 Mtoe im Jahr 2020 zu reduzieren. 39

74 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 65. Nach Überzeugung der Expertenkommission ist die Verbesserung der Energieeffizienz neben der forcierten Nutzung erneuerbarer Energien eine Voraussetzung zum Gelingen der Energiewende. Festzustellen ist, dass ungeachtet der in den vergangenen Jahren bereits implementierten Maßnahmen (siehe oben) seit dem ersten Monitoring-Bericht [BMWi/BMU, 2012] im Wesentlichen keine zusätzlichen oder verstärkten energiepolitischen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in Kraft gesetzt wurden. Von der oben erwähnten Energieeffizienzrichtlinie (Richtlinie 2012/27/EU) dürften wohl nur begrenzte Impulse ausgehen, zumal sie erst noch in Deutschland umgesetzt werden muss. Ähnliches gilt für die Novelle der Energieeinsparverordnung [EnEV, 2014], die mit den vom Bundesrat vorgesehenen Änderungen von der Bundesregierung am beschlossen wurde und am 01. Mai 2014 in Kraft treten wird, sowie für das Energieeinsparungsgesetz [EnEG, 2013], das der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden dient und seit dem 4. Juli 2013 wirksam ist. Insoweit ist diese Novelle für den Betrachtungszeitraum bis 2012/2013 nicht relevant. Vor diesem Hintergrund sind die nachfolgenden Darstellungen in erster Linie Ausdruck der allenfalls von früheren energiepolitischen Maßnahmen beeinflussten Entwicklung. 3.1 Effizienzindikatoren auf Makroebene 6 Primärenergie 66. Der Primärenergieverbrauch soll bis 2020 im Vergleich zu 2008 um 20 % und bis 2050 um 50 % reduziert werden. Die bisherige Entwicklung lässt erkennen, dass wir uns noch nicht auf dem Zielpfad befinden. So lag der Verbrauch gemessen an den Ursprungswerten im Jahr 2013 lediglich um gut 3 % 6 Es sei darauf hingewiesen, dass es bei der datenbasierten Darstellung der Veränderungen absoluter und spezifischer Energieverbrauchsdaten zwischen dem Monitoring-Bericht der Bundesregierung und der hier von der Expertenkommission vorgelegten Kommentierung in einigen Fällen Differenzen gibt. Dies kann auf mehrere Gründe zurückgeführt werden: Einmal beruhen die verwendeten Daten teilweise auf unterschiedlichen zeitlichen Datenständen, die Betrachtungsperioden sind nicht immer deckungsgleich und schließlich kann es auch bei den Bezugsgrößen (z.b. Bruttowertschöpfung im Bereich Gewerbe, Handel, Dienstleistungen) Differenzen geben. Es ist jedoch festzustellen, dass es im Ergebnis der jeweiligen Darstellungen keine signifikanten Unterschiede gibt. 40

75 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz (bereinigt: rund 5 %) unter dem Wert von 2008, was einer Minderung von 0,7 % (-1,1 %) pro Jahr entspricht. Um das 2020-Ziel zu erreichen, müsste aber der Verbrauch Jahr für Jahr gegenüber 2013 um 2,7 % (bereinigt: 2,6 %) reduziert werden (Tab. 3-1). Das ist eine anspruchsvolle Rate, wie sie bisher in Deutschland mit Ausnahme der besonderen Jahre 1991 und 2009 niemals erreicht worden ist (vgl. Abb. 3-1). Die Halbierung des Primärenergieverbrauchs bis 2050 erfordert von 2020 bis 2050 eine weitere Reduktion von 1,6 % pro Jahr. Tab. 3-1: Primärenergieverbrauch in Deutschland von 2011 bis 2013 Quelle: AGEB [2014] * 2013* 2008/ 2013* 2011/ 2012* 2012/ 2013* * Steinkohle ,2-0,3 4,1 12,5 12,8 Braunkohle ,9 5,2-1,1 10,8 11,7 Mineralöl ,1 0,3 2,2 34,1 33,3 Erdgas ,7 0,3 6,4 22,4 22,3 Kernenergie ,1-7,9-2,2 11,3 7,6 Erneuerbare Energien ,9 4,8 4,7 8,0 11,5 Sonst. Energieträger ,9 0,7 Summe Ursprungswerte ,7-0,2 2,5 100,0 100,0 Summe bereinigt ,1-2,0 1,1 *) vorläufig Primärenergieverbrauch in PJ Veränderungen in %/a Struktur in % 67. Für die Zielerreichung ist eine wesentliche Steigerung der Primärenergieproduktivität, definiert als das Verhältnis von Bruttoinlandsprodukt zum (bereinigten) Primärenergieverbrauch, erforderlich. Unter der Annahme einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von 0,6 % p.a. von 2013 bis 2020 [Prognos et al., 2010] müsste die Produktivität jahresdurchschnittlich um 2,7 % gesteigert werden. Die Halbierung des Primärenergieverbrauchs bis 2050 erfordert dann von 2020 bis 2050 eine weitere Verbesserung um 2,5 % pro Jahr (vgl. Abb. 3-2). Beide Werte gehen weit über die bisher bekannten Veränderungen hinaus, denn gemessen an der für die Jahre von 2000 bis 2013 feststellbaren Verbesserung von 1,6 %, bräuchte es zur Zielerfüllung eine Steigerung um mehr als einen Prozentpunkt. 41

76 Primärenergieverbrauch in Petajoule Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 3-1: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und Veränderungen des Primärenergieverbrauchs (bereinigt): 1990/ / / / /13 in % pro Jahr -0,2 0,2-0,2-0,1-1,1 Notwendige Minderung zur Zielerreichung: 2013 bis 2020: -2,6 % p.a bis 2050: -1,6 % p.a. 0 Quelle: Eigene Berechnungen; BMWi/BMU [2010]; AGEB [2014] 68. Zwar könnte zur Zielerreichung der Primärenergiereduktion der rein statistische Effekt des Ersatzes der mit einem mittleren Nutzungsgrad von 33 % bewerteten Kernenergie durch die mit 100 % bewerteten erneuerbaren Energien beitragen. Dieser Bewertungseffekt fiel zwar bis 2013 noch nicht sehr ins Gewicht, doch wird ihm mit dem endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie eine größere Bedeutung zukommen. Dennoch erfordert die Umsetzung der Ziele der Energiewende auch verstärkt adäquate Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz (siehe dazu die Ausführungen zur Entwicklung der sektoralen Energieeffizienz). Ohne zusätzliche Anstrengungen ist das Ziel, den Primärenergieverbrauch bis 2020 gegenüber 2008 um 20 % zu senken, wohl kaum mehr zu erreichen. Nach Auffassung der Expertenkommission hätte schon in diesem Monitoring-Bericht und nicht erst im bevorstehenden Fortschrittsbericht ein entsprechender Handlungsbedarf identifiziert werden können. 42

77 Energieproduktivität in Euro/GJ Initiativen im Bereich der Energieeffizienz Abb. 3-2: Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen (bereinigten) Primärenergieproduktivität von 1991 bis 2012 und Zielpfad bis Veränderungen der Primärenergieproduktivität (bereinigt): 1990/ / / / /13 in % pro Jahr 1,9 2,2 0,8 2,2 1,7 Notwendige Steigerung zur Zielerreichung: 2013 bis 2020: 3,0 % p.a bis 2050: 2,5 % p.a Quelle: Eigene Berechnungen; BMWi/BMU [2010]; Prognos et al. [2010]; AGEB [2014] Endenergie 69. Explizites Ziel der Bundesregierung ist die Steigerung der Endenergieproduktivität bis 2050 um jahresdurchschnittlich 2,1 % gegenüber In der längerfristigen Periode von 1990 bis 2012 hat sich diese im Jahresdurchschnitt allerdings lediglich um 1,4 % erhöht, wobei innerhalb dieses Zeitraums sehr unterschiedliche Entwicklungen beobachtet werden konnten 7 : Lag die jahresdurchschnittliche Produktivitätssteigerung von 1990 bis 2000 bei 2,0 % und von 2000 bis 2004 bei 1,3 %, so stieg sie sehr kräftig auf sogar 2,6 % von 2004 bis In der letzten Periode von 2008 bis 2012 fiel die Rate aber wieder auf 1,1 % p.a. zurück. Gemessen am Niveau 2012 müsste die Endenergieproduktivität bis 2020 nun wieder auf 2,6 % pro Jahr gesteigert werden, um danach auf 7 Daten für den Endenergieverbrauch liegen für 2013 noch nicht vor. Die in Abb. 3.3 dargestellte Entwicklung ist mit derjenigen im Monitoring-Bericht bis auf 1990 identisch. Unterschiede ergeben sich hier aus einer Revision des Bruttoinlandsprodukts, die im Monitoring-Bericht noch nicht berücksichtigt wurde. 43

78 Endenergieproduktivität in Euro/Gigajoule Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft die Zielrate von 2,1 % bis 2050 einzuschwenken (vgl. Abb. 3-3). In diesem Zusammenhang stellt sich auch das Problem der Steuerbarkeit der Endenergieproduktivität, denn letztlich ist dies das Resultat der gewichteten Effizienzveränderungen auf der sektoralen/subsektoralen Ebene (vgl. dazu die Darstellung der Veränderungen in den einzelnen Endenergiesektoren in Kapitel 3.2). Abb. 3-3: Entwicklung der bereinigten Endenergieproduktivität in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und Veränderungen der Endenergieproduktivität (bereinigt): 1990/ / / / /12 in % pro Jahr 1,8 2,0 1,3 2,6 1,1 Notwendige Steigerung zur Zielerreichung: 2012 bis 2020: 2,6 % p.a bis 2050: 2,1 % p.a Quelle: Eigene Berechnungen; AGEB [2013a]; Destatis [2013a] 44

79 -3,0-2,9-3,2-2,1-1,8-0,6-0,6-0,9-0,6-0,2-0,4-0,6-0,7 Veränderungen gegenüber Vorjahr in % 0,3 0,7 0,9 0,7 1,4 1,4 2,0 2,0 1,7 2,0 2,1 1,8 1,7 1,5 2,2 2,1 2,7 2,5 2,4 2,8 3,4 3,6 3,9 3,8 4,1 4,6 5,0 6,3 8,3 9,2 10,9 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz Box 3-1: Ursprungs- und bereinigte Endenergieproduktivität im Vergleich Die Ausführungen zur Endenergieproduktivität beziehen sich auf bereinigte Werte, so dass Temperaturunterschiede zwischen den Jahren ausgeglichen werden. Betrachtet man die Ursprungswerte so zeigt sich eine noch wesentlich größere Bandbreite im Vergleich zu den bereinigten Werten (vgl. Abb. 3-4): Sie reicht für die Ursprungswerte von einem Minus von 3,2 % bis zu einem Plus von 9,2 % während die bereinigten Werte seit 2005 zwischen minus 0,7 % und plus 5 % lagen. Demnach scheint es keinen endogenen Trend hin zu dem Zielpfad zu geben. Abb. 3-4: Veränderungen der Endenergieproduktivität gegenüber dem Vorjahr von 1991 bis ,0 Endenergieproduktivität (unbereinigt) Endenergieproduktivität (bereinigt) 10,0 8,0 6,0 4,0 2,0 0,0-2,0-4, Quelle: Eigene Berechnungen; AGEB [2013a]; Destatis [2013a] Stromverbrauch 70. Der Bruttostromverbrauch soll bis 2020 um 10 % und bis 2050 um 25 % im Vergleich zu 2008 reduziert werden. Die bisherige Entwicklung sowie die Zielwerte sind in Abb. 3-5 dargestellt. Danach lag der Bruttostromverbrauch nach einer längeren Periode des Zuwachses im Jahr 2013 auf einem Niveau von rund 600 Mrd. kwh mit leicht fallender Tendenz seit Von 2008 bis 2012 ist er im jährlichen Mittel um 0,6 % gesunken. Diese Rate muss zur Zielerreichung bis zum Jahr 2020 aber auf 1,1 % nahezu verdoppelt werden, wäh- 45

80 Bruttostromverbrauch in Mrd. kwh Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft rend in den Folgejahren bis 2050 nur noch ein Rückgang um 0,6 % pro Jahr notwendig würde. Dazu müsste also der schon kurzfristig erkennbare Rückgang verstärkt und nachhaltig gesichert werden. Immerhin ist festzustellen, dass der Stromverbrauch im Jahre 2013 gegenüber dem Vorjahr um 1,1 % überraschend stark abgenommen hat; im Vergleich zu 2008 waren es sogar 3,0 % weniger. Ob und in welchem Umfang sich darin auch die statistisch nicht erfasste Eigenstromerzeugung niederschlägt, lässt sich aufgrund der begrenzten Datenverfügbarkeit nicht gesichert nachweisen. Abb. 3-5: Entwicklung des Bruttostromverbrauchs in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und Veränderungen des Bruttostromverbrauchs: 1990/ / / / /13 in % pro Jahr 0,4 0,5 1,3 0,3-0,6 100 Notwendige Minderung zur Zielerreichung: 2013 bis 2020: -1,1 % p.a bis 2050: -0,6 % p.a. 0 Quelle: Eigene Berechnungen; AGEB [2014]; Destatis [2013b] 71. Um die angestrebte Stromverbrauchsreduzierung zu erreichen, muss bei gegebenem gesamtwirtschaftlichen Wachstum wie in der Energieszenarien von Prognos et al. [2010] die gesamtwirtschaftliche Stromproduktivität im jährlichen Durchschnitt bis 2020 um 1,6 % verbessert werden; von 2020 bis 2050 wären es pro Jahr 1,5 %. Gemessen an der tatsächlichen Entwicklung in den Jahren von 1991 bis 2011, in der die Stromproduktivität jahresdurchschnittlich lediglich um 0,8 % gesteigert wurde, ist eine Verdoppelung des Produktivitätstempos notwendig (vgl. Abb. 3-6). 46

81 Stromproduktivität in Euro/kWh 3,24 3,64 3,73 3,62 3,89 4,14 4,65 7,22 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz Abb. 3-6: Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Stromproduktivität in Deutschland von 1991 bis 2012 und Ziele für 2020 und ,00 7,00 6,00 Veränderungen der Stromproduktivität : 1990/ / / / /13 in % pro Jahr 1,1 1,4-0,7 1,8 1,2 Notwendige Steigerung zur Zielerreichung: 2012 bis 2020: 1,7 % p.a bis 2050: 1,5 % p.a. 5,00 4,00 3,00 2,00 1,00 0,00 Quelle: Eigene Berechnungen; AGEB [2014]; Destatis [2013b] 72. Hinsichtlich der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) soll der Anteil an der Stromerzeugung bis zum Jahr 2020 auf 25 % steigen. Mit der Novellierung des KWK-Gesetzes (KWK-G) im Jahr 2012 sind die Förderbedingungen zwar deutlich verbessert worden, um die verstärkte Nutzung dieser Technik zur Steigerung der Energieproduktivität zu fördern. Wie die Angaben in nachstehender Tab. 3-2 zeigen, waren die Förderanreize aber zu schwach, als dass sie zumindest in den statistisch gesichert erfassten Bereichen der allgemeinen Versorgung wie der industriellen Kraftwirtschaft im Jahr 2012 schon eine Dynamik entfalten konnten. Die KWK-Stromerzeugung beider Bereiche wies sogar ein kleines Minus auf. Die schwache Dynamik wird auch daraus ersichtlich, dass das Finanzvolumen für die Förderung nach dem KWK-G, das für die Anlagen mit 600 Mio. Euro pro Jahr festgelegt ist (plus 150 Mio. Euro für Wärmenetze) bisher bei weitem nicht ausgeschöpft wird. So betrug das Fördervolumen nach der KWK-G-Mittelfristprognose bis 2018 (Stand: ) im Jahr 2012 lediglich 264 Mio. Euro und für 2013 wird mit 364 Mio. Euro gerechnet [ÜNB, 2013a]. Erst für die Folgejahre wird eine Annäherung an den Deckel erwartet. 47

82 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 73. Eine gewisse Dynamik hat es allerdings offenkundig bei den von der amtlichen Statistik nicht erfassten Anlagen gegeben. Dies gilt vor allem für die nicht erfassten biogen basierten KWK-Anlagen. Zusammen mit den BHKW mit einer Leistung bis 1 MW, die von der Statistik nicht erfasst werden, hat in diesem Segment die Nettostromerzeugung in den Jahren 2003 bis 2012 von lediglich 3,7 TWh um den Faktor vier auf fast 16 TWh zugenommen [Öko-Institut e.v., 2013]. Über alle Berichtskreise hinweg erreichte die KWK- Stromerzeugung im Jahr 2010 mit rund 97 TWh ihren bisherigen Höhepunkt; 2012 waren es noch 95 TWh. Gemessen an der gesamten Nettostromerzeugung betrug der Anteil der KWK-Stromerzeugung demnach zuletzt rund 16 %; gegenüber 2003 ist das immerhin eine Steigerung um 2,4 Prozentpunkte. Nach einer Schätzung, die vom EEFA-Institut im Rahmen der Arbeiten für die AGEB angestellt worden ist und der sich die Bundesregierung angeschlossen hat, erhöhte sich die statistisch nicht erfasste KWK-Stromerzeugung von 2,7 TWh im Jahr 2003 auf knapp 23 TWh im Jahr Die gesamte KWK- Stromerzeugung nimmt nach dieser Schätzung bis auf 102 TWh im Jahr 2012 zu, was einem Anteil an der gesamten Nettostromerzeugung von rund 17 % entspricht (Tab. 3-2). Die kräftige Steigerung der biogen basierten KWK- Anlagen ist weitgehend eine Folge der Förderung nach dem EEG und weniger nach dem KWK-G. Inwieweit die große Dynamik bei den statistisch nicht erfassten KWK-Anlagen, aber auch bei den KWK-Anlagen in der industriellen Kraftwirtschaft auf die durch die Vermeidung aller Umlagen begünstigte Eigenstromerzeugung zurückgeführt werden kann, sollte eingehender im Fortschrittsbericht diskutiert werden. 74. Insgesamt hat die Novelle des KWK-Gesetzes noch nicht ausreichend gegriffen, um das angestrebte Ziel eines KWK-Anteils von 25 % im Jahr 2020 zu erreichen. Zu dieser Bewertung trägt auch die Tatsache bei, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen für Kraftwerksinvestitionen angesichts der niedrigen Börsenstrompreise insgesamt spürbar verschlechtert haben und durch die KWK-Förderung nicht ausgeglichen werden. Unsicher ist auch, wie sich die KWK in dem statistisch nicht erfassten Bereich weiter entwickeln wird. Dies wird nicht zuletzt auch davon abhängig sein, ob und in welchem Umfang die kleinen (wie auch die größeren, insbesondere industriellen) KWK-Anlagen, die der Eigenstromversorgung dienen, auch in Zukunft von der Befreiung von Umlagen profitieren können. Ein Fortbestand dieser Begünstigungen dürfte 48

83 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz durchaus signifikante Investitionsanreize auslösen. In eine ähnliche Richtung dürfte im Übrigen auch eine Reduktion der besonderen Ausgleichsregelung wirken. Tab. 3-2: Entwicklung der Nettostromerzeugung in Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen von 2003 bis 2012 Berichtskreis * (1) Allgemeine Versorgung 50,3 52,4 52,3 54,0 51,9 53,8 50,5 53,4 51,1 51,1 (2) Industrielle Kraftwirtschaft 23,5 22,9 25,6 25,8 25,8 25,7 26,2 29,8 28,4 28,3 (3) Summe 73,8 75,3 77,9 79,8 77,6 79,5 76,7 83,2 79,6 79,4 (4) Quelle: Öko-Institut 3,7 4,6 5,3 7,1 8,8 9,7 12,1 13,9 14,77 15,7 (5) Quelle: AG Energiebilanzen 2,7 3,1 1,6 5,6 7,9 10,9 14,4 16,0 18,0 22,6 (6) Summe (3) + (4) 77,5 79,9 83,2 86,9 86,4 89,2 88,8 97,1 94,3 95,1 (7) Summe (3) + (5) 76,5 78,4 79,5 85,4 85,5 90,4 91,0 99,2 97,6 102,0 (8) Summe Nettostromerzeugung 569,4 578,2 582,7 598,8 600,5 601,0 558,6 594,8 576,9 592,8 (9) Summe KWK nach (6) 13,6 13,8 14,3 14,5 14,4 14,8 15,9 16,3 16,4 16,0 (10) Summe KWK nach (7) 13,4 13,6 13,6 14,3 14,2 15,0 16,3 16,7 16,9 17,2 *) Vorläufig. Nettostromerzeugung (Mrd. kwh) Amtliche Daten des Statistischen Bundesamtes zur KWK-Nettostronmerzeugung Amtlich nicht erfasste KWK-Nettostromerzeugung in BHKW unter 1 MW und in nicht erfassten biogenen KWK-Anlagen KWK-Nettostromerzeugung insgesamt in Mrd. kwh Nettostromerzeugung insgesamt (Kondensations- und KWK-Strom) nach BDEW KWK-Anteil an Nettostromerzeugung insgesamt in % Anmerkung: Die nicht erfassten BHKW entsprechen den fossilen BHKW mit einer Leistung bis 1 MW, die nicht von der amtlichen Statistik erfasst werden. Die nicht erfassten biogenen KWK-Anlagen entsprechen der biogenen KWK-Stromerzeugung, die aus Daten von AGEE-Stat und Bundesnetzagentur abgeleitet werden kann und nicht bereits in den Datengerüsten der allgemeinen Versorgung oder industriellen Kraftwirtschaft enthalten ist (Abzugsverfahren). Quelle: AGEB [2013b]; BDEW [2013]; Destatis [2014a, 2013c]; Öko-Institut e.v. [2013] 75. Im Zusammenhang mit dem parallel verfolgten Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 35 % zu erhöhen, wird auch zu diskutieren sein, in wie weit die erwünschte Eignung der KWK als Backup-Erzeugung bei weiter steigenden Anteilen der erneuerbaren Energien gezielt genutzt werden kann, selbst wenn dies den KWK-Anteil an der Nettostromerzeugung reduzieren sollte. 76. Unter langfristigen Aspekten dürften der weiteren Expansion der KWK heute erst in Ansätzen erkennbare Hindernisse entgegenstehen. Auf der einen Seite werden die Absatzmöglichkeiten für die Fern-/Nahwärme in dem Maße ungünstiger werden, in dem sich die von der Bundesregierung angestrebten Ziele der Wärmebedarfsminderung realisieren (Verlust der Wärmesenke). Auf der anderen Seite wird mit der Perspektive eines 80 %-igen Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung der Umfang der KWK-fähigen Stromerzeugung mehr und mehr eingeschränkt (Verlust der Stromsenke). Es 49

84 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft wird zu diskutieren sein, wie unter diesen langfristigen Randbedingungen der Ausbaupfad für die KWK optimiert werden kann. Umwandlungssektor 77. Neben der sektoralen Betrachtung in den Endenergiesektoren ist es wichtig, dass ein großer Teil des gesamtwirtschaftlichen Energieproduktivitätsfortschritts auf die Verbesserung der Energieeffizienz im Umwandlungsbereich zurückzuführen ist und zwar vornehmlich in der Stromwirtschaft. Die Verbesserungen sind aber auch abhängig von dem verfolgten Ansatz zur Bewertung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (ohne Biomasse) und der Kernenergie [vgl. EWK, 2012]. Während nach dem früher üblichen Substitutionsansatz der Nutzungsgrad seit 2000 von 37,6 % um lediglich knapp 2 Prozentpunkte auf 39,5 % im Jahr 2012 gestiegen ist, erhöhte sich der Nutzungsgrad nach dem inzwischen auch international angewendeten Wirkungsgradansatz in dieser Periode von knapp 39 % um 4,4 Prozentpunkte auf rund 43 %. Hierin schlägt sich der Effekt der sinkenden Stromerzeugung aus Kernenergie einerseits und der steigenden Erzeugung aus erneuerbaren Energien andererseits deutlich nieder. Hätte sich der Nutzungsgrad nach dem Wirkungsgradansatz unverändert auf dem Niveau von 2000 bewegt, wäre der Brennstoffeinsatz im Jahre 2012 um fast 600 PJ oder um rund 11 % höher ausgefallen. Es sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass dieser Effekt die Veränderungen der CO 2 -Emissionen des Stromsektors nicht beeinflusst. 3.2 Effizienzindikatoren auf sektoraler Ebene 78. Das Ziel der Steigerung der Endenergieeffizienz kann nur erreicht werden, wenn die notwendigen Effizienzverbesserungen in Industrie, Verkehr, im Bereich Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) und bei den privaten Haushalten gelingen. Die in Abb. 3-7 dargestellte Entwicklung der sektorspezifisch definierten Effizienzindikatoren vermittelt einen ersten Eindruck der jeweiligen Produktivitätsveränderungen. 79. Über den gesamten Zeitraum von 1991 bis 2012 hinweg wies der GHD- Bereich mit fast 3 % den größten jahresdurchschnittlichen Anstieg auf, gefolgt vom Straßengüter- (2,3 % p.a.) und dem Straßenpersonenverkehr (1,5 % p.a.) sowie der Industrie (1,3 % p.a.) und den Haushalten (1,0 % p.a.). Allerdings ist 50

85 Jeweilige Produktivitätsindikatoren 1991 = 100 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz auch festzustellen, dass sich in den Jahren seit 2008 die Effizienzverbesserungen in den ausgewiesenen Endenergiebereichen spürbar verlangsamt haben. Abb. 3-7: Entwicklung der sektoralen Effizienzindikatoren in Deutschland von 1991 bis GHD Straßenpersonenverkehr Straßengüterverkehr Industrie Haushalte Gesamtwirtschaft Quelle: AGEB [2013a]; DIW [2013] Industrie Die Energieproduktivität in der Industrie (definiert als das Verhältnis der Bruttowertschöpfung zum bereinigten Endenergieverbrauch) ist durch hohe Schwankungen gekennzeichnet, für die konjunkturelle Gründe verbunden mit sektoral teilweise erheblichen Ausschlägen maßgeblich waren. Zuletzt hat sich der Produktivitätsanstieg jedoch deutlich abgeschwächt. So betrug die Steigerungsrate von 2008 bis 2012 weniger als 1 %; beim Bezug auf den Bruttoproduktionswert ist es sogar zu einem leichten Rückgang gekommen (Abb. 3-8). Vergleicht man die vergangene Entwicklung mit der Vereinbarung von Bundesregierung und Industrie von 1,3 % Steigerung pro Jahr von 2013 bis 2016 im Zusammenhang mit der Diskussion um die Weitergewährung des Spitzenausgleichs für das produzierende Gewerbe, so lässt sich deren Realisierung wohl erfüllen. Allerdings muss die Industrie dazu wieder auf den langfristigen Pfad der Energieproduktivitätserhöhung zurückfinden. Impulse hierzu könnten 51

86 Endenergieproduktivität 1991 = 100 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft bspw. von einer wirksameren Gestaltung des europaweiten Emissionshandels sowie von der verpflichtenden Einführung von Energiemanagementsystemen ausgehen. Aber auch steuerliche Maßnahmen zur Belastung CO 2 -intensiver fossiler Energieträger könnten in Betracht kommen, sofern entsprechende Impulse aus dem Emissionshandel ausbleiben. Zu diskutieren wären im Übrigen auch die potentiell kontraproduktiven Auswirkungen der vielfältigen Kostenentlastungen für die Industrie. Abb. 3-8: Entwicklung der Energieproduktivität im Sektor Industrie in Deutschland von 1991 bis Energieproduktivität (bereinigt) bezogen auf den Bruttoproduktionswert 148,0 130, Energieproduktivität (bereinigt) bezogen auf die Bruttowertschöpfung Veränderungen der Endenergieproduktivität (bereinigt) in % p.a.: 1991/ / / /12 Bruttowertschöpfung 1,3 1,3 1,2 0,8 Bruttoproduktion 1,9 2,9 1,1-0,1 Mittelfristiges Ziel: Entsprechend der Vereinbarung der Bundesregierung mit der deutschen Industrie im Zusammenhang mit dem Spitzenausgleich: 1,3 % p.a Quelle: Eigene Berechnungen; Destatis [2013a]; AGEB [2013a] Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 80. Der Bereich Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) ist außerordentlich heterogen und energiestatistisch schlecht erfasst [Fraunhofer ISI et al., 2012]. Hier unterstützt die Expertenkommission die Aussage der Bundesregierung, dass zusätzliche Erhebungen erforderlich sind, um die Datenbasis für diesen sehr heterogenen Bereich zu verbessern. Auf Basis der Energiebilanzen ergibt sich die in Abb. 3-9 gezeigte Entwicklung der Energieproduktivität, definiert als Verhältnis des (bereinigten) Endenergieverbrauchs zur (preisbereinigten) Bruttowertschöpfung der dem GHD-Sektor zuzuordnenden Wirt- 52

87 Entwicklung 1991 = 100 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz schaftsbereiche. Im Zeitraum von 1991 bis 2012 hat eine vergleichsweise stetige Verbesserung um 2,4 % stattgefunden, obwohl gerade seit 2008 nur noch eine schwache Steigerung von weniger als 1 % zu erkennen ist. Angesichts des längerfristigen Trends erscheint der Handlungsdruck für weitere Maßnahmen zur Stimulierung der Energieeffizienz eher gering. Dies gilt allerdings nicht für den Gebäudebestand im GHD-Sektor, bei dem der Raumwärmebedarf rund 42 % am sektoralen Endenergieverbrauch ausmacht [IfE, 2012]. Bis zum Jahr 2050 wird hier die annähernde Klimaneutralität angestrebt, die durch eine Kombination von Energieeffizienz und erneuerbare Energie erreicht werden soll. Insoweit werden die im Bereich GHD angesiedelten Gebäude auch Gegenstand der vorgesehenen Maßnahmen der Bundesregierung für den Wärmebereich sein müssen. Abb. 3-9: Entwicklung der Energieproduktivität im Sektor GHD in Deutschland von 1991 bis Endenergieproduktivität Bruttowertschöpfung Endenergieverbrauch Veränderungen der Endenergieproduktivität (bereinigt): 1991/ / / / /12 in % pro Jahr 2,4 3,2 2,1 2,5 0, Quelle: Eigene Berechnungen; Destatis [2013a]; AGEB [2013a] 81. Zum GHD-Sektor werden auch die öffentlichen Einrichtungen gezählt. Diesen fällt eine Vorbildfunktion zu, nicht nur bei der Beschaffung von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen, sondern gerade auch im Bereich der energetischen Gebäudesanierung und im Neubau [BMWi/BMU, 2010; BReg, 53

88 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 2011b]. So sollten die CO 2 -Emissionen der Bundesgebäude um 21 % von 1990 bis 2012 gesenkt werden; dies ist bereits im Jahr 1996 erreicht worden: 1990 lagen die Emissionen noch bei 6,3 Mio. t CO 2äqu., konnten aber bis 2007 bereits um 42 % auf 3,5 Mio. t CO 2äqu. reduziert werden [Rathert, 2009]. Im Jahr 2010 wurde das Ziel für die Bundesliegenschaften auf minus 50 % von 1990 bis 2020 festgelegt [BReg, 2010]. Auch die Energieeffizienzrichtlinie (2012/27/EU) sieht vor, dass die zentralen Regierungsorgane möglichst hoch-effiziente Produkte, Dienstleistungen und Gebäude kaufen bzw. bauen lassen (Artikel 5 und 6). So müssen ab 2014 alle Gebäude der Bundesregierung auf den Mindeststandard der Richtlinie gebracht werden, wobei pro Jahr jeweils 3 % der bisher ungenügend effizienten Gebäudefläche energetisch saniert werden müssen. Haushalte 82. Der Energiebedarf der Haushalte wird hauptsächlich über den Raumwärmebedarf der Wohngebäude bestimmt (vgl. Abb. 3-10). Bis zum Jahr 2050 soll ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand erreicht werden. Hierfür soll der Primärenergiebedarf in der Größenordnung von 80 % gesenkt werden, so dass die Gebäude nur noch einen sehr geringen Energiebedarf aufweisen und der verbleibende Energiebedarf überwiegend durch erneuerbare Energien gedeckt wird. [BMWi/BMU, 2010]. Als Zwischenziel wird bis 2020 eine Reduktion des Wärmebedarfs um 20 % angegeben sowie eine Verdoppelung der Sanierungsrate auf 2 %. 83. Auf den ersten Blick erscheint die Zielsetzung so klar, dass die Zielerreichung einfach festzustellen sein müsste und der Pfad dorthin im Monitoring- Prozess leicht zu verfolgen wäre. Allerdings gibt es zwischen den Ressorts (im Zuschnitt vor der CDU/CSU-SPD-Koalition) ein unterschiedliches Verständnis dessen, was unter Primärenergie verstanden wird. In Publikationen des Bundesministeriums für Verkehr, Bauwesen, Städtebau und Raumordnung [BMVBS, 2013a] heißt es, das Energiekonzept lege eine Reduktion der nicht erneuerbaren Primärenergien fest. Dies kann sich von den Bestimmungen in der Energieeinsparverordnung [EnEV, 2014] ableiten lassen, da dort die Er- 54

89 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz neuerbaren zur Festlegung des Primärenergiebedarfs mit einem Faktor Null 8 bewertet werden. Nach internationalen Standards umfasst der Begriff Primärenergie aber den Einsatz aller Energieträger inklusive der energetisch bewerteten erneuerbaren Energien. Würde man der Definition des BMVBS folgen, müssten die erneuerbaren Energien vom Primärenergiebedarf abgezogen werden und die im Energiekonzept geforderte Primärenergie-Reduktion im Gebäudebereich würde auch über den vermehrten Einsatz von Erneuerbaren miterfüllt. Dieser Unterschied ist erheblich, denn unter Einbeziehung der erneuerbaren Energien quasi als Einsparenergie ist das Gebäudeeffizienzziel deutlich weniger anspruchsvoll als die Forderung, den Primärenergiebedarf einschließlich der regenerativen Energien zu reduzieren. 84. Aus Sicht der Expertenkommission ist es daher unabdingbar, dass die Bundesregierung diese Diskrepanzen klärt und zu einem einheitlichen Begriffsverständnis kommt. Der Monitoring-Bericht der Bundesregierung geht auf dieses Problem allerdings nicht weiter ein, sondern übernimmt bisher nur den Wortlaut des Energiekonzeptes. Bei einem ausschließlich auf die Treibhausgasemissionen abgestellten Reduktionsziel, bei dem tatsächlich (wie bei den nationalen Emissionsinventaren) die erneuerbaren Energien emissionsseitig nicht berücksichtigt werden, könnte man der Interpretation des bisherigen BMVBS folgen. Dann aber wäre das Ziel entsprechend zu formulieren (also nicht 80 % Minderung des Raumwärmebedarfs, sondern 80 % Minderung der Treibhausgasemissionen). Damit würde natürlich der Druck auf die Steigerung der Energieeffizienz im Sinne der Wärmebedarfsminderung wesentlich abgeschwächt. Dazu muss die Bundesregierung eine Entscheidung treffen. Die Expertenkommission gibt zu bedenken, ob nicht eine kombinierte Zielsetzung aus Wärmebedarfsminderung und Reduktion der Treibhausgasemissionen angemessen sein könnte. 85. Hinsichtlich des Ziels für 2020 sind die Begriffe Wärmebedarf und Endenergiebedarf zu unterscheiden. Der Wärmebedarf hängt entscheidend von der energetischen Qualität der Gebäudehülle, aber auch vom Nutzerverhalten 8 Seit der EnEV 2009 wird ein maximaler Primärenergiebedarf von Gebäuden vorgegeben. Um eine Flexibilität zwischen Energieeinsparung und Nutzung von erneuerbaren Energien zu ermöglichen, werden die erneuerbaren Energien in der EnEV mit dem Faktor 0 bewertet (Holz mit Faktor 0,2) (nach DIN V 18599). 55

90 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft ab. Die Differenz zwischen Endenergie- und Wärmebedarf ergibt sich aus der Einbeziehung der Wärmebereitstellung, d.h. von der Effizienz der jeweiligen Heizanlagentechnik. Aus Sicht der Expertenkommission ist die Bezugsgröße Endenergie für den Bereich der Gebäudewärme schon aus Gründen der Verfügbarkeit entsprechender energiestatistischer Daten zweckmäßig, wie es auch im Monitoring-Bericht dargestellt wird, da damit implizit die Gebäudehülle und das Nutzerverhalten, aber auch der Einsatz von effizienteren Anlagen Berücksichtigung finden. 86. Im Energiekonzept der Bundesregierung wird auch die Erhöhung der Sanierungsrate als Ziel genannt, aber die Sanierungsrate als solche nicht ausdrücklich definiert. Im Grunde sollte sie ein Maßstab für die Sanierungshäufigkeit und Sanierungsintensität sein, also wie viele Gebäude saniert werden und in welchem Ausmaß durch die Sanierung jeweils der Gebäudewärmebedarf reduziert wird. Um einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, muss insbesondere die Sanierungsintensität anspruchsvoll sein. Die Expertenkommission begrüßt die Absicht der Bundesregierung einen geeigneten Indikator für die Sanierungsintensität zu erarbeiten, weist aber auf eine zeitnahe Umsetzung hin. Dabei sollten auch die Maßnahmen einzelnen Kategorien zugeordnet und die damit verbundenen Investitionsausgaben inklusive Fördermittel ausgewiesen werden. Insbesondere hinsichtlich der in Tabelle 9.2 Bauvolumen nach Baubereichen des Monitoring-Berichts genannten hohen Investitionszahlen scheint dies dringlich geboten. 87. Der Trend des Endenergieverbrauchs im Bereich der privaten Haushalte ist seit einem Jahrzehnt deutlich rückläufig. Legt man die temperaturbereinigten Energieverbrauchswerte zugrunde, lag der jahresdurchschnittliche Rückgang von 2000 bis 2012 bei 1,4 %. Dies ist ausschließlich auf den sinkenden Energieeinsatz für die Raumwärme zurückzuführen, der in dieser Periode um jahresdurchschnittlich 2,4 % gesunken ist, während der Energieverbrauch für die übrigen Anwendungen noch um 1,5 % zugenommen hat (Abb. 3-10). 56

91 (-80% vs. 2008) 107 Endenergieverbrauch in TWh Initiativen im Bereich der Energieeffizienz Abb. 3-10: Entwicklung des Endenergieverbrauchs in Deutschland bei den privaten Haushalten nach Verwendungszwecken von und Ziele für 2020 und Übrige Anwendungen ( : +1,2 % p.a.; : +1,5 % p.a.) 700 Raumwärme ( : +1,3 % p.a.; : -2,4 % p.a.) Anmerkung: -20 % bis 2020 und -80 % bis Quelle: Eigene Berechnungen; AGEB [2013a]; BMWi/BMU [2010]; RWI [2013] 88. Auch der auf die Wohnfläche bezogene Endenergieverbrauch 9 zur Deckung des Raumwärmebedarfs ist seit 2000 beschleunigt gesunken. Nachdem dieser Wert in den neunziger Jahren im Jahresdurchschnitt nur um 0,2 % gesunken ist, sank er von 2000 bis 2012 um rund 3 % pro Jahr; in der Periode von 2008 bis 2012 waren es sogar rund 4,6 % (Abb. 3-11). Wenn sich dieses Tempo über die kommenden vierzig Jahre fortsetzen ließe, würden die Zielwerte für den Raumwärmebedarf bis zum Jahr 2050 wohl erreicht. Allerdings werden die Effizienzverbesserungen immer anspruchsvoller werden, je mehr bereits erreicht wurde. Außerdem definieren die heute erreichten Sanierungsstandards für eine längere Periode die energetische Situation der entsprechenden Gebäude. Diese Problematik ist schon für den Zeitraum bis 2020 relevant. 9 Hier wird der spezifische Energieverbrauch definiert als das Verhältnis zwischen dem bereinigten Endenergieverbrauch der Haushalte (insgesamt bzw. für Raumwärme) und der gesamten Wohnfläche in Wohngebäuden. 57

92 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 3-11: Entwicklung des spezifischen Endenergieverbrauchs bei den privaten Haushalten in Deutschland von EEV gesamt je Wohnfläche 250 Endenergieverbrauch in kwh/m EEV-Raumwärme je Wohnfläche Veränderungen des spezifischen Endenergieverbrauchs (% p.a.; bereinigt): / / / / /08 EEV gesamt -1,5-0,3-2,4-1,6-3,3 EEV Raumwäre -2,0-0,2-3,3-2,5-4, Quelle: Eigene Berechnungen; AGEB [2013a]; Destatis [2012a] 89. Die vom BMVBS beauftragten Szenarien [BMVBS, 2013a, 2013b] zeigen, dass schon die Erfüllung des 2020-Ziels als allzu ambitioniert gilt bzw. das Ziel nicht mit technischer und wirtschaftlicher Vertretbarkeit zu erreichen wäre. 10 Die seit der Verabschiedung des Energiekonzeptes im Jahre 2010 eingeleiteten Maßnahmen sind für eine zielkonforme Entwicklung also offensichtlich unzureichend. Einfach das 2020-Ziel zu verwerfen, ohne zumindest deutlich zu machen, welche Maßnahmen von politischer Seite zu ergreifen wären, um die benötigten Investitionen zu bewirken, erscheint der Expertenkommission zu wenig ambitioniert. 90. Das gilt auch mit Blick auf das sicher noch anspruchsvollere Ziel für 2050, selbst wenn dies nur den nicht-erneuerbaren Primärenergieverbrauch als Zielgröße zugrunde legt. Ohne eine deutliche Steigerung der Investitionen in die 10 Die jährlich benötigten Mehrinvestitionen im Gebäudebestand zur Erreichung des 2020-Ziels werden dabei mit 26,4 Mrd. Euro angegeben wobei die Bauinvestitionen von jährlich 100 Mrd. Euro (Trend) auf 126 Mrd. Euro gesteigert werden müssten [BMVBS, 2013b]. 58

93 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz energetische Gebäudesanierung wird dieses langfristige Ziel nicht erreicht werden. Im Neubau können heute schon ambitioniertere und zielkonforme Standards (wie etwa der KfW-EH 40 Standard) über eine Anpassung der EnEV gefordert werden; noch darüber hinaus gehende Standards sollten weiter über die KfW gefördert werden. Im Bestand sollte ebenfalls eine Verschärfung der EnEV umgesetzt werden diese sollte aber mit einer stabilen und gut ausgestatteten und ausgestalteten Förderung der energetischen Gebäudesanierung auf ein zielkonformes Niveau verbunden werden, um so früh wie möglich eine zielkonforme Sanierungstiefe wo möglich anzureizen auch wenn dies bedeuten mag, dass der Förderhebel insgesamt sinken wird. Verkehr 91. Der Verkehr ist gegenwärtig mit einem Endenergieverbrauchsanteil von nahezu 29 % hinter der Industrie der zweitwichtigste Endverbrauchsbereich. Im Berichtsjahr 2012 blieb der verkehrsbedingte Energieverbrauch praktisch auf dem Vorjahresniveau. Im Vergleich zum Basisjahr 2005 lag er damit nur unmaßgeblich niedriger (-0,6 %). Dem Ziel der Bundesregierung einer Verbrauchsreduktion bis 2020 um 10 % gegenüber 2005 ist man somit nicht näher gekommen. Um das Reduktionsziel noch zu erreichen, müsste der Verbrauch in den nächsten 8 Jahren noch um 9,5 % vermindert werden (Abb. 3-12). Dies erscheint angesichts des praktisch stagnierenden Energieverbrauchs im Verkehr ohne zusätzliche Impulse kaum zu realisieren. 92. Der Endenergieverbrauch wird maßgeblich von der Verkehrsleistung beeinflusst und beide, die Personen- sowie die Güterverkehrsleistung nahmen von 2005 bis 2012 zu: Im Jahresdurchschnitt stieg die Personenverkehrsleistung um 0,6 % bzw. insgesamt um 4,3 % und die Güterverkehrsleistung sogar um 1,3 % p.a. bzw. 9,2 % [DIW, 2013]. 93. Gleichzeitig hielten sich die strukturellen Veränderungen des Modal Split in Grenzen: Im Personenverkehr dominiert der motorisierte Individualverkehr mit einem Anteil von rund 80 %; bei kleineren Schwankungen blieben die Anteile von 2005 bis 2012 praktisch unverändert. Sinkende Tendenzen sind in diesem Bereich weder absolut noch relativ zu erkennen. Erkennbar zugelegt hat aber die von den Eisenbahnen erbrachte Personenverkehrsleistung, während der öffentliche Straßenpersonenverkehr insbesondere seit 2005 tendenziell rückläufig ist. 59

94 Endenergieverbrauch in PJ Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 3-12: Entwicklung der Energieverbrauchswerte im Verkehr von 1991 bis 2012 sowie Ziel für 2020 und Veränderungen des Endenergieverbrauchs (% p.a.): 1991/ / /12 EEV gesamt 0,3 0,5-0,1 Notwendige Steigerung zur Zielerreichung: 2012 bis 2020: -1,2 % p.a bis 2050: -1,3 % p.a. 0 Quelle: Eigenen Berechnungen; AGEB [2013a]; BMWi/BMU [2010] 94. Im Güterverkehr hat ebenfalls die Straße mit zudem steigenden Anteilen von zuletzt rund 70 % die mit Abstand größte Bedeutung. Deutlich dahinter rangieren die Eisenbahnen mit Anteilen um rund 17 %, wobei auch hier die Güterverkehrsleistung in den vergangenen Jahren weiter zugenommen hat. Allerdings waren die Güterverkehrsleistungen bei den Eisenbahnen wie im Straßengüterverkehr im Jahr 2012 niedriger als im Vorjahr (minus 2,9 % bzw. 2,3 %). Demgegenüber konnte die Binnenschifffahrt 2012 mit über 6 % deutlich zulegen, blieb allerdings nach wie vor deutlich unter dem Leistungsniveau Anfang/Mitte der 2000er Jahre. 95. Entsprechend der Verkehrsleistungen entfällt der größte Teil des verkehrsbedingten Energieverbrauchs auf den Straßenverkehr (2012 rund 82 %). Dabei zeigten sich in der Vergangenheit im Straßenpersonen- wie im Straßengüterverkehr bei der Energieeffizienz schon einige Erfolge (vgl. Abb. 3-13): Der 60

95 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz spezifische Verbrauch 11 ging über die gesamte Periode von 1991 bis 2012 im Straßenpersonenverkehr um 1,4 % p.a. und im Straßengüterverkehr sogar um 2,2 % p.a. zurück. Während aber im Zeitablauf die Effizienzsteigerung im Güterverkehr in den beiden Teilperioden 1991 bis 2005 sowie 2005 bis 2012 stabil blieb, nahm sie im Personenverkehr deutlich ab, und zwar von 1,8 % p.a. auf 0,7 % p.a.. Hier hat sich also die Tendenz erheblich abgeschwächt und es gilt entsprechend das Tempo wieder zu beschleunigen. 96. Hoffnungen liegen dabei insbesondere auch auf neuen, effizienteren und umweltverträglicheren Antrieben. 12 Bisher haben diese mit einem Anteil von 1,5 % noch keinen signifikanten Anteil am Fahrzeugbestand [KBA, 2013] und auch das Ziel von 1 Mio. Elektrofahrzeugen bis 2020 scheint kaum erreichbar. Allerdings zeichnet sich derzeit eine neue Dynamik ab, sodass eine Einordnung auf den nächsten Bericht verschoben wird. 97. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) weist auch darauf hin, dass zwar bei Neuwagen umweltschonende Motorentechniken Standard sind, vom gesamten Pkw-Bestand aber lediglich 19,6 % die Euro 5- und 0,1 % die Euro 6-Norm erfüllen. Immerhin hat der Anteil der Pkw nach Euro 5-Norm gegenüber dem Vorjahreswert von 13,5 % deutlich zugenommen [KBA, 2013]. 98. Trotz der teilweise positiven Veränderungen im Verkehrsbereich ist festzustellen, dass sich seit 2005 praktisch kaum noch eine rückläufige Tendenz von Energieverbrauch und CO 2 -Emissionen zeigt. Zwar weist der Monitoring- Bericht zu Recht darauf hin, dass der Energieverbrauch im Verkehr bereits im Jahr 1999 seinen Höchstwert und seither einen (insbesondere im Vergleich zu anderen Industrieländern) bemerkenswerten Rückgang erreicht hat. Allerdings ist dieser Rückgang seit 2005 praktisch zum Stillstand gekommen. Richtig wird 11 Die Effizienzfortschritte zeigen sich auch im Bestand von Pkw und Kombi mit Otto- sowie Dieselmotoren. Betrug der effektive Durchschnittsverbrauch im Jahr 1991 noch 9,5 l/100 km (Ottomotor) bzw. 7,7 l/100 km (Dieselmotor), so waren es 2012 nur noch 7,8 l/100 km bzw. 6,7 l/100 km. Auffällig ist dabei, dass der Durchschnittsverbrauch bei den Pkw/Kombi mit Ottomotoren im Jahresverlauf vergleichsweise stetig um etwa 0,9 % gesunken ist, während bei den Dieselfahrzeugen in der Periode von 2005 bis 2012 nur ein Minus von 0,2 % p.a. erreicht werden konnte [DIW, 2013]. 12 Zu den alternativen Antriebsarten zählt das KBA am 1. Januar 2013 insgesamt Elektro- Fahrzeuge, Hybrid-Fahrzeuge, Pkw mit Flüssiggas und Pkw mit Erdgas. 61

96 Spezifische Verbrauchswerte 1991 = 100 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft auch darauf hingewiesen, dass der verkehrsbedingte Energieverbrauch im Jahr 2012 nur um 0,5 % geringer war als Soll also das Ziel einer Minderung des Energieverbrauchs bis 2020 um 10 % noch gelingen, müssten in den 8 Jahren von 2013 bis 2020 von der Reduktion um 10 Prozentpunkten bezogen auf 2005 noch 9,5 Prozentpunkte erreicht werden, nachdem ja in den ersten sieben Jahren lediglich 0,5 Prozentpunkte realisiert werden konnten. Wenn schon nicht auf Maßnahmen zur Überwindung dieser Diskrepanz hingewiesen wird, weil dies Aufgabe des Fortschrittsberichts sein soll, dann hätte zumindest dringender Handlungsbedarf aufgezeigt werden sollen. Abb. 3-13: Entwicklung des spezifischen Endenergieverbrauchs im Straßenpersonen- und -güterverkehr in Deutschland von 1991 bis Jahresdurchschnittliche Veränderungen spezifischer Verbrauchswerte im Verkehr 1991/2012 in %: 1991/ / /12 Endenergieverbrauch (EEV) insgesamt*): -1,7-2,0-1,2 EEV Straßenpersonenverkehr (EEV p /Pkm): -1,4-1,8-0,7 EEV Straßengüterverkehr (EEV g /tkm): -2,2-2,2-2,1 *) Endenergieverbrauch je Summenwert aus Pkm und tkm, wobei die tkm mit dem Faktor 10 multipliziert werden EEV-Verkehr gesamt 73, EEV-Straßenpersonenverkehr 69,2 EEV-Straßengüterverkehr 62, Quelle: AGEB [2013a]; DIW [2013] 99. Auch im Jahr 2013 dürften die verkehrsbedingten Emissionen angesichts der erwarteten Zunahme des Diesel- und Ottokraftstoffverbrauchs wieder leicht gestiegen sein. Vor diesem Hintergrund wird es in Zukunft darauf ankommen, die auf EU-Ebene zu regelnden spezifischen CO 2 -Grenzwerte entsprechend der anspruchsvollen nationalen Ziele zu unterstützen. Aufgrund der starken Rolle der EU bei der Festlegung fahrzeugtechnischer Standards ist es nachvollziehbar, dass der Verkehr im Koalitionsvertrag im Wesentlichen nur unter infrastrukturellen Aspekten behandelt wird. 62

97 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz 100. Zweifellos erfordert aber die Umsetzung der Ziele für den Verkehrssektor weitergehende Maßnahmen im Hinblick auf Strategien zur Verkehrsvermeidung, zur Veränderung des Modal Split sowie zur Schaffung verstärkter Anreize für neue, energieeffizientere Antriebe und neuer, emissionsarmer bzw. -freier Kraftstoffe. Folgt man dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) [Kunert und Radke, 2013], sollten die kurzfristig verfügbaren Alternativen zu den vor allem perspektivisch bedeutsamen alternativen Antrieben (Elektro- und/oder Wasserstofffahrzeuge) nicht vernachlässigt werden. Gemeint sind damit Erdgasantriebe, die im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen geringere Emissionen von Treibhausgasen und anderen Luftschadstoffen aufweisen und gleichzeitig auf lange Sicht die Möglichkeit bieten, erneuerbares Methan zu nutzen. Zur Rolle der erneuerbaren Energien im Verkehrssektor siehe Kapitel Letztlich geht es auch um eine verkehrs- und klimaschutzpolitisch orientierte neue Mobilitätsstrategie. Die in diesem Kontext vom BMVBS vorgelegte Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie (MKS) der Bundesregierung [BMVBS, 2013c] wird von der Expertenkommission ausdrücklich begrüßt. Die MKS als lernende Strategie ist sicher sinnvoll, doch sollte dies mit der Umsetzung der notwendigen politischen Maßnahmen, wie sie auch in der MKS skizziert werden, einhergehen. Ziel sollte die Umsetzung einer energiewendetauglichen Mobilitätsstrategie sein. 3.3 Rebound-Effekte 102. Bei der Bewertung von Energieeffizienzmaßnahmen ist der sogenannte Rebound-Effekt zu berücksichtigen. Dieser entsteht, wenn Energieendverbraucher auf Grund der Vorteile einer Effizienzverbesserung mehr Energiedienstleistungen als vor Durchführung der Effizienzmaßnahme nutzen und damit ihre Energienachfrage weniger stark reduzieren als dies ohne den Rebound- Effekt zu erwarten wäre Im Allgemeinen wird zwischen drei verschiedenen Effekten, die zu Rebound führen können, unterschieden. Der direkte Rebound-Effekt, auch Preiseffekt genannt, entsteht dadurch, dass eine Effizienzverbesserung die Nutzung einer Energiedienstleistung verbilligt. Dies macht den Konsum dieser attraktiver, führt zu einer Ausweitung der Nachfrage und letztlich zusätzlichem 63

98 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Energieverbrauch. Bspw. senkt eine Effizienzsteigerung eines Pkws dessen Verbrauch pro gefahrene Kilometer. Damit sinken die Kraftstoffkosten Autofahren wird vergleichsweise günstiger. Für den einzelnen Autofahrer entstehen also Anreize, den sparsameren Pkw mehr zu fahren. Der Kraftstoffverbrauch für die zusätzlich gefahrenen Kilometer schmälert die ursprünglichen Kraftstoffeinsparungen der Effizienzverbesserung und es kommt zu positivem Rebound Der indirekte Rebound ist ein Einkommenseffekt. Die verbilligte Nutzung einer Energiedienstleistung infolge einer Steigerung der Effizienz erhöht das verfügbare Einkommen des Endenergieverbrauchers. Dies ermöglicht eine allgemeine Ausweitung des Konsums. Im Kontext des Beispiels des effizienteren Pkws bedeutet dies, dass die eingesparten Ausgaben für Kraftstoff anderweitig verwendet werden. Wird mit dem Ersparten etwa eine Urlaubsreise finanziert, entsteht etwa durch einen Flug ein zusätzlicher Energieverbrauch, der die Nettoeinsparung der Effizienzsteigerung beim Betrieb des Pkws reduziert Weitere Wirkungskanäle führen darüber hinaus zu einem gesamtwirtschaftlichen Rebound-Effekt. Die erwähnte Steigerung der Effizienz der Pkw- Flotte löst bspw. zunächst eine Reduktion der Nachfrage nach Kraftstoff aus. Dies kann zu niedrigeren Kraftstoffpreisen führen. Davon wiederum profitieren andere Marktteilnehmer. So wäre zu erwarten, dass mehr Kraftstoff für den Betrieb von Lkw eingesetzt wird und sich damit die Nettokraftstoffeinsparung der Effizienzverbesserung im Pkw-Bereich verkleinert. Effizienzsteigerungen können auch bestimmten Technologien zum Durchbruch verhelfen, die vorher nicht wettbewerbsfähig waren. Bereits Jevons (1866) beschreibt diesen Rebound-Mechanismus anhand des Durchbruchs der Dampfmaschine. Deren verbesserte Effizienz machte sie so erfolgreich, dass letztlich die Nachfrage nach Kohle explodierte. In der Realität treten alle drei Rebound-Effekte in Folge einer Effizienzverbesserung gleichzeitig auf. Der direkte Rebound-Effekt scheint dabei der dominante Effekt zu sein und ist deutlich stärker als etwaige indirekte Effekte [Koesler, 2013] Die quantitative Bedeutung des Rebound-Effektes wird in der Wissenschaft kontrovers debattiert und ist nach wie vor Gegenstand aktueller Forschung. Je nach Anwendungsbereich variieren die bisher erhobenen bzw. 64

99 Initiativen im Bereich der Energieeffizienz nachgewiesenen empirischen Ergebnisse. Für die Bereiche motorisierter Individualverkehr sowie Raumwärme und Klimatisierung in Haushalten scheint ein Rebound-Effekt von unter 30 % am realistischsten zu sein [Sorrell et al., 2009], d.h. dass 70 % der Energieeinsparung realisiert werden. Diese Größenordnung wird durch eine kürzlich für Deutschland durchgeführte Analyse für den Bereich der Raumwärme bestätigt, wobei der Rebound-Effekt bei niedrigen Einkommensklassen größer zu sein scheint [Madlener and Hauertmann, 2011]. Für den privaten Pkw-Verkehr in Deutschland gibt es allerdings auch Studien auf Basis des Mobilitätspanels, die den Rebound-Effekt auf 60 % und mehr beziffern [Frondel et al., 2012, 2008]. Rebound-Effekte sollten bei der Gestaltung von Energie- und Klimapolitik berücksichtigt werden. Der Politik stehen dabei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Da Rebound meist durch unbewusste Verhaltensänderungen der Endverbraucher verursacht wird, können Informationen Abhilfe schaffen, die in Verbindung mit einer Effizienzsteigerung das Bewusstsein der Verbraucher schärfen. Ziel ist dabei, das Verhalten trotz der mit Effizienzsteigerungen verbundenen Verbrauchervorteile stabil zu halten. Dementsprechend könnte bspw. die Einführung von Verbrauchsstandards für neue Pkw um die Forderung ergänzt werden, dass aussagekräftige Informationen zum Fahrverhalten bereitgestellt werden müssen Bei der Beurteilung von politischen Energieeffizienzprogrammen sollten etwaige Rebound-Effekte im Rahmen einer Folgenabschätzung berücksichtigt werden. Der Einbezug von Rebound sorgt für eine realistischere ex-ante Abschätzung der tatsächlichen Einsparungen. Im Extremfall könnte eine Maßnahme, die zunächst vorteilhaft erschien, nach der Berücksichtigung von Rebound mehr Kosten als Nutzen aufweisen und sich damit als nicht sinnvoll herausstellen. Verbesserte Folgenabschätzungen liefern daher eine bessere Grundlage für politische Entscheidungsträger und ermöglichen letztlich rationalere Politikansätze In den USA werden Rebound-Effekte bereits seit einigen Jahren in der Energiepolitik berücksichtigt. Zum Beispiel haben die Environmental Protection Agency (EPA) und die National Highway Traffic Safety Administration des US-amerikanischen Verkehrsministeriums (NHTSA) die mit Effizienzstandards erreichbaren Kraftstoffeinsparungen um einen Rebound-Effekt in Höhe von 10 % reduziert. 65

100 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 109. Da der Rebound-Effekt die Wirksamkeit von Mindeststandards für Energieeffizienz negativ beeinflusst, sollte man bei Effizienzverbesserungen auf andere Instrumente setzen, die den Rebound-Effekt nicht begünstigen. Dazu zählen insbesondere Preisinstrumente. Im Gegensatz zu einem Effizienzstandard erhöht eine Steuer die Nutzungskosten der Energiedienstleistung und setzt somit monetäre Anreize zum Einsparen von Energie, ohne direkte und indirekte Rebound-Effekte aufkommen zu lassen. Auch ein Zertifikatehandelssystem, in dem die absolute Menge an eingesetzten Inputs reguliert ist, lässt keinen Raum für die Entwicklung von Rebound. 66

101 Entwicklung der erneuerbaren Energien 4 Entwicklung der erneuerbaren Energien Das Wichtigste in Kürze Die positive Entwicklung der erneuerbaren Energien setzte sich im Jahr 2012 fort. Das anspruchsvolle Ziel, den Anteil am Bruttoendenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 von heute 12,5 % auf 18 % zu erhöhen, scheint weiterhin erreichbar. Die Zielerreichung ist jedoch kein Selbstläufer. Wie bisher ist der Ausbau im Stromsektor die treibende Kraft. Im Jahr 2012 lieferte der Strombereich erstmals den höchsten Beitrag zur Endenergiebereitstellung aller drei Bereiche Strom, Wärme und Kraftstoffe. Im Zuge der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) muss das Förderregime so ausgestaltet werden, dass der für die Zielerreichung notwendige Ausbaupfad der regenerativen Stromerzeugung erhalten bleibt. Es ist zu beachten, dass mit der geplanten Umstellung von Mindestzielen zu festen Ausbaukorridoren und damit Obergrenzen Zielverfehlungen in anderen Bereichen mit Blick auf die deutschen Klimaschutzziele ggf. nicht mehr durch höhere Beiträge der regenerativen Stromerzeugung ausgeglichen werden können. Im Wärmesektor befindet sich der Ausbau erneuerbarer Energien auf dem Zielpfad, im Jahr 2020 einen Anteil von 14 % des Endenergieverbrauchs für Wärme/Kälte zu decken. Durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EE- WärmeG) genießen die regenerativen Quellen inzwischen einen hohen Stellenwert für die Versorgung neuer Gebäude. Allerdings geht die Erschließung regenerativer Nutzungspotenziale im Gebäudebestand nur schleppend voran. Von etwa einer halben Million Heizungserneuerungen jährlich basieren nach wie vor über 90 % hauptsächlich auf fossilen Brennstoffen. Im Verkehrsbereich wurde im Jahr 2012 mit einem regenerativen Anteil von 5,7 % zum wiederholten Mal die im Biokraftstoffquotengesetz vorgegebene Quote von 6,25 % verfehlt. Neben den dominierenden Treibstoffen Biodiesel und Bioethanol kam mit Biomethan zwar erstmals ein Biokraftstoff der zweiten Generation zum Einsatz, dessen Bedeutung ist allerdings noch vernachlässigbar. Deshalb ist zeitnah eine deutliche Intensivierung der Aktivitäten zur Entwicklung und Verbreitung anderer regenerativ basierter Kraftstoffe geboten. 67

102 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Für die energetische Nutzung der heute wichtigsten aber vom Ausbaupotenzial beschränkten Ressource Biomasse fehlen weiterhin Analysen zu einem langfristig systemoptimalen Einsatz zur Bereitstellung von Strom, Wärme und Kraftstoffen. 4.1 Gesamtentwicklung der erneuerbaren Energien und Zielerreichung 110. Bis zum Jahr 2020 soll sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch im Einklang mit der Europäische Richtlinie 2009/28/EG in Deutschland von 12,5 % (2012) auf mindestens 18 % erhöhen. Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht in der Folge eine Steigerung auf 30 % bis 2030, auf 45 % bis 2040 und schließlich auf 60 % in 2050 vor. Dieser Zielpfad ist wiederum durch Unterziele in den Einzelsektoren Strom, Wärme und Kraftstoffe untersetzt Die angestrebte Entwicklung der erneuerbaren Stromversorgung wurde im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2012 gesetzlich fixiert. Im EEG 2012 ist der Mindestausbaupfad in 10-Jahres-Schritten von 2020 bis 2050 über die zu erreichenden Mindestanteile der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch vorgegeben. Beginnend mit einem Anteil von mindestens 35 % im Jahr 2020 werden für 2030 mindestens 50 %, für 2040 mindestens 65 % und im Jahr 2050 mindestens 80 % angestrebt. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ebenso wie in dem am 17. Januar 2014 von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel vorgestellten Papier Eckpunkte zur EEG Reform wurde das bestehende langfristige Mindestziel von 80 % bis 2050 aufrecht erhalten und die Zwischenziele wurden durch verbindliche Zielkorridore für die Zwischenjahre 2025 (40-45 %) und 2035 (55-60 %) ersetzt. Während die bisherigen Ziele nur eine Untergrenze darstellten, wird mit den verbindlichen Zielkorridoren jetzt eine Obergrenze eingeführt, deren Überschreiten nicht erwünscht ist. Generell soll hiermit dem Wunsch nach mehr Planungssicherheit für das Stromsystem außerhalb der Erneuerbaren Rechnung getragen werden. Die Korridore sind kompatibel mit einem fiktiven Ausbaupfad zum Erreichen der bisherigen Mindestziele und stellen somit keinen grundlegenden Kurswechsel hinsichtlich des Ausbautempos der erneuerbaren Energien im Stromsektor dar (siehe auch Kapitel 4.2). Angesichts der zum Erreichen des Klimaschutzziels im Jahr 2020 permanent steigenden Herausforderungen (siehe Kapitel 2) hält die Expertenkommission allerdings das Verfolgen eines Ausbaupfads am oberen 68

103 Entwicklung der erneuerbaren Energien Rand des Korridors für erforderlich. Kritisch anzumerken ist zudem, dass die Möglichkeiten eventuelle Zielverfehlungen in anderen Bereichen durch einen zielüberschießenden Ausbau der erneuerbaren Elektrizitätserzeugung ausgleichen zu können, mit der vorgeschlagenen Einführung von Ausbaukorridoren regulatorisch eingeschränkt wird. Dies gilt für Zielsetzungen hinsichtlich des Anteils der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch, insbesondere aber für die Treibhausgasminderungsziele Der Monitoring-Bericht der Bundesregierung 2013 stellt zutreffend dar, dass im Jahr 2012 die erneuerbaren Energien einen Anteil von 12,5 % am Bruttoendenergieverbrauch erreichten, wovon die Stromerzeugung mit 45 % erstmals den größten Beitrag leistete. Auf dem Zielpfad wird Deutschland jedoch nur bleiben, wenn zukünftig sowohl die Energieeffizienzziele erfolgreich umgesetzt werden als auch der Ausbau der erneuerbaren Energien kontinuierlich fortgesetzt wird Die sektorscharfe Darstellung der bisherigen Entwicklung der Endenergiebereitstellung in Abb. 4-1 lässt besonders die witterungsbedingten Schwankungen im Wärmesektor erkennen. Bewertungen des Ausbaufortschritts auf Basis unbereinigter Daten sind somit nur eingeschränkt aussagefähig. Steigerungsraten wie zwischen den Jahren 2009 und 2010 sind im Wärmesektor zudem nur über den vermehrten Einsatz von Biomasse als Brennstoff möglich und nicht beliebig potenzierbar (siehe Kapitel 4.3). Abb. 4-1 verdeutlicht zudem die fehlende Ausbaudynamik im Kraftstoffsektor. Seit dem Jahr 2008 konnte hier kein nennenswerter Fortschritt erzielt werden. Im Gegenteil, der Trend erscheint eher rückläufig. Damit zeichnet sich bereits eine Zielverfehlung ab, wenn nicht gegengesteuert wird (s. Kapitel 2.3) Die weitgehend vollständige statistische Darstellung der erneuerbaren Energien in aggregierter Form und in einzelnen Sektoren im Monitoring- Bericht der Bundesregierung wird im Folgenden durch einige Punkte ergänzt, die aus Sicht der Expertenkommission nicht unerwähnt bleiben dürfen, wenn der Pfad zur Energie der Zukunft erfolgreich beschritten werden soll. 69

104 Endenergiebereitstellung aus erneuerbaren Energien [TWh/a] Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 4-1: Entwicklung der Bruttoendenergiebereitstellung aus erneuerbaren Energien nach Sektoren Strom Wärme Kraftstoffe Quelle: ZSW/AGEE-Stat [2013] 4.2 Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien 115. Die politische Diskussion und das politische Handeln bezüglich der Energiewende sind derzeit fast ausschließlich auf die erneuerbaren Energien im Stromsektor fokussiert. Dies zeigt sich nicht nur in der medialen Wahrnehmung, sondern kommt sowohl im Monitoring-Bericht der Bundesregierung als auch im Koalitionsvertrag sehr deutlich zum Ausdruck. Getrieben ist dies durch das immanent präsente Thema Kosten der Energiewende, wobei sich die Debatte nahezu ausschließlich um die Entwicklung der EEG-Umlage dreht. Die eingeleitete Reform des EEG soll diesbezüglich Abhilfe schaffen. Zweifelsohne ist der erneute erhebliche Anstieg der EEG-Umlage zum Jahresbeginn 2014 ein wichtiges Thema, das einer entsprechenden Thematisierung und Einordnung bedarf. Es darf jedoch nicht aus dem Blick geraten, dass die Energiewende weit über den Stromsektor hinaus geht und ohne entscheidende Fortschritte gerade in den anderen Sektoren nicht zum Erfolg geführt werden kann Die deutliche Steigerung der EEG-Umlage in den vergangenen Jahren hatte mehrere Ursachen. Dazu zählt das unerwartet dynamische Wachstum einzelner Sparten der erneuerbaren Stromerzeugung in Kombination mit der 70

105 Entwicklung der erneuerbaren Energien geringen zeitlichen Flexibilität bei der Anpassung des bestehenden Fördersystems. 13 Zusätzlich umlagesteigernd wirkten der starke Rückgang der Börsenstrompreise, sowie die Ausweitung der Ausnahmeregelungen für die stromintensive Industrie, um nur zwei Einflussfaktoren zu nennen. Unabhängig von den Ursachen im Einzelnen unterstreicht die erreichte Gesamthöhe der EEG- Umlage die Notwendigkeit einer Reform des EEG und dessen stärkere Ausrichtung an Aspekten der Kosteneffizienz und Marktintegration, ohne die die Gestaltung eines zukunftsfähigen Stromversorgungssystems, das zudem kompatibel mit den Anforderungen des EU-Binnenmarktes sein muss, nicht möglich sein wird Mit den vorgelegten Eckpunkten zur EEG-Reform sollen Fortschritte hinsichtlich der Kosteneffizienz insbesondere durch eine Steuerung des Technologiemixes des zukünftigen Ausbaus ebenso wie bezüglich der absoluten Ausbaumenge erfolgen. Hierzu soll das im Bereich der Photovoltaik erfolgreich genutzte Instrument des atmenden Deckels bzw. der zubauabhängigen Degression auf die Windenergienutzung an Land und die Biomasse übertragen werden. Wird der vorgesehene Ausbaupfad über- oder unterschritten erfolgt zeitnah eine Vergütungsabsenkung bzw. -erhöhung. Im Zuge der Einführung dieses Modells sollen auch die Degressionsintervalle deutlich verkürzt werden, so dass die Absenkung nunmehr vierteljährlich erfolgt. Im Bereich der Photovoltaik mit ihrer technologiespezifischen Ausbaudynamik hat die monatliche zubauabhängige Degression erfolgreich zur Kostenbegrenzung und daneben auch zur Verstetigung des Ausbaus beigetragen. Ob die Einführung dieser Regelung in modifizierter Form in den anderen genannten Sparten einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Kosteneffizienz leisten kann, bleibt abzuwarten Einen kostendämpfenden Effekt im Vergleich zum bisherigen Ausbaupfad wird vor allem die Reduktion des Ausbaus der Offshore-Windenergie von ursprünglich 10 GW auf 6,5 GW bis zum Jahr 2020 haben. Ergänzt wird dies 13 Als Reaktion auf diese Problematik erfolgte die Einführung der zubauabhängigen Degression in Monatsschritten für die Photovoltaik, wodurch zukünftig Kostensteigerungen durch einen starken Zuwachs der Photovoltaikleistung wirkungsvoll begrenzt werden. 71

106 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft durch einen avisierten jährlichen Zubau 14 bei der Windenergie an Land und Photovoltaik von jeweils 2,5 GW, 100 MW im Bereich der Biomasse und einen den jeweiligen technischen Möglichkeiten entsprechenden Ausbau im Bereich der Wasserkraft und der Geothermie. Der so skizzierte Ausbaupfad des Eckpunktepapiers weist im Vergleich zu früheren Ausbaupfaden eine deutliche Steigerung im Bereich der Windenergie an Land und eine leichte Steigerung im Bereich der Photovoltaik auf, sofern es sich beim avisierten Zubau um Nettowerte handelt. Die Fokussierung des Ausbaus auf diese günstigsten Erzeugungstechnologien ist im Sinne der Kosteneffizienz zu begrüßen. Die Reduktion des Zubaus im Biomassebereich ist aufgrund ohnehin vorhandener Potenzialgrenzen nicht so gravierend, wie die im Eckpunktepapier enthaltene Zubaubegrenzung auf 100 MW vermuten lässt. In der Gesamtschau übersteigt der im Eckpunktepapier bis zum Jahr 2020 angestrebte Leistungszuwachs den ursprünglichen Ausbaupfad sogar, vorausgesetzt es handelt sich um Nettowerte. Dies ist vor allem in der Reduktion des Offshore-Wind- und Biomasseausbaus begründet. Beide Technologien können mit deutlich höheren Volllaststunden produzieren, so dass zur Bereitstellung einer unveränderten Strommenge höhere Leistungen bei der Windenergie an Land und der Photovoltaik installiert werden müssen. Zudem wird ein konstanter Stromverbrauch auf dem Niveau des Jahres 2012 (600 TWh/a) unterstellt 15, so dass zum Erreichen der relativen Ziele eine höhere absolute Erzeugung und somit eine größere installierte Leistung erforderlich ist. Abb. 4-2 zeigt die Entwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2025 und den jeweils erreichbaren Anteil der erneuerbaren Energien basierend auf dem im Eckpunktepapier skizzierten Erzeugungspark, unter Annahme von Nettowerten. 14 Das Eckpunktepapier lässt offen, ob sich bei diesem Wert um den Brutto- oder den Nettozubau handelt. Der Bruttozubau entspricht der tatsächlichen im Laufe eines Jahres neu installierten und an das öffentliche Stromversorgungssystem angeschlossenen Erzeugungsleistung. Da insbesondere im Bereich der Windenergie an Land bereits erste Anlagen ihre ökonomische und/oder technische Lebensdauer überschritten haben und stillgelegt bzw. abgebaut werden, kann die Differenz der installierten Leistung zwischen Jahresende und Jahresbeginn geringer ausfallen als die Summe der Neuinstallationen. Den Wert der Differenz der installierten Gesamtleistung zum Jahresende und zu Jahresbeginn bezeichnet man als Nettozubau. Der Nettozubau ist somit der Bruttozubau abzüglich der Anlagenstilllegungen

107 Installierte Erzeugnungsleistung aus erneuerbaren Energien [MW] Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien [GWh/a] Entwicklung der erneuerbaren Energien Abb. 4-2: Entwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der zugehörigen installierten Leistung gemäß den Eckpunkten zur EEG-Reform bis Effizienzziel bis 2020 nicht erreicht Bruttostromverbrauch in 2020 bei 600 TWh/a Effizienzziel bis 2020 erreicht Bruttostromverbrauch ab 2020 bei 556 TWh/a 37,1 % 40,0 % 43,2 % 46,6 % Quelle: ZSW/AGEE-Stat [2013], ZSW-Berechnung auf Basis des Eckpunktepapiers [BReg, 2014b] 119. Bei vollständiger Umsetzung des skizzierten Ausbaupfades würden die erneuerbaren Energien im Jahr 2020 einen Anteil von 37,1 % bei unverändertem Bruttostromverbrauch erreichen. Das bislang im EEG für das Jahr 2020 formulierte Mindestziel von 35 % würde somit sicher erreicht, sofern dies als Netto-Ausbau interpretiert wird. Auch im Jahr 2025 läge die regenerative Stromerzeugung innerhalb des von der Bundesregierung angestrebten Korridors von %, sofern der Stromverbrauch auch bis dahin konstant bleibt. Sinkt der Stromverbrauch entsprechend des Effizienzziels im Energiekonzept um 10 % (im Vergleich zum Jahr 2008) erreichen die Erneuerbaren bereits 2020 einen Anteil von 40 %. Im Jahr 2025 lägen sie bei einem Stromverbrauch von rund 560 TWh mit 46,6 % leicht oberhalb des Zielkorridors Zur Erreichung des deutschen Klimaschutzzieles wäre diese Entwicklung erstrebenswert und erscheint auch aus Kostengesichtspunkten unkritisch. Denn der weitaus größte Teil der aktuell zu tragenden Kostenbelastung ist auf den bereits vorhandenen Anlagenbestand zurückzuführen, während die neu hinzukommenden Anlagen mit Ausnahme der Offshore-Windenergie nur noch vergleichsweise geringe Kostenzuwächse verursachen werden. Mit den angestrebten Maßnahmen zur EEG-Reform soll dieser Trend noch verstärkt wer- 23,5 % Wasserkraft Windenergie an Land Windenergie Offshore Photovoltaik Biomasse biogener Anteil des Abfalls Geothermie Stromerzeugung

108 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft den, indem der Zubau auf die kostengünstigsten Technologien fokussiert wird. Aufgrund der bereits bestehenden Vergütungsansprüche der Betreiber von Bestandsanlagen ist andererseits aber auch eine gravierende Absenkung der EEG-Umlage zeitnah kaum möglich. So wurden im Jahr 2013 an die Betreiber von Anlagen mit EEG-Vergütungsanspruch insgesamt rund 22,9 Mrd. Euro an Vergütungen entrichtet. Dies führte im Rahmen des Umlageverfahrens im Jahr 2013 zu einer EEG-Kernumlage 16 in Höhe von 4,19 ct/kwh. 17 Für das Jahr 2014 wird aufgrund der Erzeugungsprognosen der Übertragungsnetzbetreiber von einer EEG-Kernumlage in Höhe von 5,15 ct/kwh ausgegangen [BMU, 2013b]. Geht man auch in Zukunft von einem Vermarktungserlös zwischen 3,5 und 4,0 ct/kwh aus, wird dieser Teil der EEG-Umlage weitestgehend auch 2020 noch zu tragen sein. Angesichts der Höhe dieser bereits bestehenden Zahlungsverpflichtungen sind insbesondere für den teureren Teil des zukünftigen Ausbaus die Offshore-Windenergie auch alternative Formen der Finanzierung, wie bspw. eine (anteilige) Nutzung steuerfinanzierter Fondslösungen erwägenswert Die Expertenkommission weist zudem mit Blick auf die Diskussion der EEG-Kosten in der Öffentlichkeit darauf hin, dass der alleinige Blick auf die Höhe der EEG-Umlage wenig zielführend ist, da diese nur zum Teil von den absoluten Vergütungszahlungen an die EEG-Anlagenbetreiber abhängt. Eine wesentliche Rolle spielt der Marktwert des EEG-Stroms, der wiederum vom 16 Die EEG-Kernumlage setzt sich wie folgt zusammen: Aus den technologiespezifischen Vergütungszahlungen werden durch Abzug der jeweiligen Vermarktungserlöse die spartenspezifischen Differenzkosten ermittelt und aufsummiert. Von dieser Summe werden die vermiedenen Netznutzungsentgelte sowie die Einnahmen aus dem privilegierten Letztverbrauch (0,05 ct/kwh) abgezogen. Addiert werden die Vermarktungskosten der Übertragungsnetzbetreiber sowie die durch das Grünstromprivileg entstehenden Kosten. Dies ergibt die gesamten EEG- Differenzkosten für die Ermittlung der Kernumlage durch Division mit dem nicht-privilegierten Letztverbrauch. In der Kernumlage sind somit weder die mit der Liquiditätsreserve verbundenen Kosten noch durch den Saldo-Ausgleich des EEG-Kontos entstehende Nachholeffekte enthalten. Die Kernumlage enthält somit ausschließlich die im direkten Zusammenhang mit den Vergütungszahlungen und der Stromabnahme und vermarktung verbundenen Kosten. 17 Der durchschnittliche Vermarktungserlös lag dabei im Jahr 2013 noch bei 4,78 ct/kwh, für die Prognose 2014 musste er aufgrund der Marktpreisentwicklung auf 3,7 ct/kwh abgesenkt werden, was einer der Hauptgründe für den deutlichen Anstieg der EEG-Kernumlage zwischen den Jahren 2013 und 2014 ist. 74

109 Entwicklung der erneuerbaren Energien Großhandelsstrompreis an der Börse (Day-ahead-Markt) bestimmt wird. Je geringer die Stromgroßhandelspreise, desto höher werden die Mehrkosten des EEG-Stroms und damit die Höhe der EEG-Umlage. Bspw. ist der Anstieg der Umlage zum von 5,28 ct/kwh auf 6,24 ct/kwh zu 44 % auf den Großhandelspreiseffekt zurückzuführen. Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Höhe der EEG-Umlage die Kosten des Ausbaus erneuerbarer Energien überschätzt und folglich anders als in der öffentlichen Debatte oft dargestellt kein geeigneter Indikator für die Kosten der Energiewende ist (siehe auch Kapitel 7) Zu erwähnen ist zudem, dass über eine Erhöhung des Preises für CO 2 - Zertifikate im Rahmen des Europäischen Emissionshandels auf einem Niveau von 25 Euro/t ein ähnlich hoher Reduktionseffekt für die EEG-Umlage erzielt werden könnte, wie durch die Umsetzung des Eckpunktepapiers. Zertifikatspreisbedingt würden die Börsenstrompreise von 4,0 ct/kwh auf knapp 5,1 ct/kwh steigen. Die erzielte stärkere Internalisierung der externen Effekte des CO 2 -Ausstoßes würden die Differenzkosten und folglich die EEG-Umlage senken. Letztlich würden hierdurch die entstehenden Kosten anders und ggf. verursachungsgerechter verteilt (zu Verteilungseffekten siehe auch Kapitel 7.2). Zu bedenken ist allerdings, dass die nicht-privilegierten Stromkunden durch einen solchen CO 2- Preis stärker belastet würden, als es der Entlastung durch die sinkende EEG-Umlage entspricht Auch wenn die Einspareffekte hinsichtlich der zukünftigen EEG-Umlage durch die EEG-Reform überschaubar erscheinen, rechtfertigt die absolute Höhe dieser Größe eine intensive Diskussion über eine effizientere und marktnähere Ausgestaltung des zukünftigen Förderregimes. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Langfristentwicklung, damit es nach dem Ausscheiden der teuren Anlagengenerationen aus dem Vergütungssystem zwischen 2025 und 2035 auch tatsächlich zu einem Abbau der Kostenbelastung durch das EEG kommt. Um mittelfristig die Effizienz des Fördersystems weiter zu erhöhen, sieht die Bundesregierung in ihren Eckpunkten für die Reform des EEG vor, ab 2017 eine marktliche Bestimmung der Förderhöhe im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens einzuführen. Der Erfolg hinsichtlich der Kosteneffizienz hängt diesbezüglich sehr stark vom tatsächlichen Ausschreibungsdesign und der jeweiligen Parametrierung ab. Da internationale Beispiele hier eher negative Ergebnisse aufweisen [Batlle et al., 2011], ist es zu begrüßen, dass die Bundes- 75

110 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft regierung zunächst mit dem geschlossenen Segment der Photovoltaik- Freiflächen beginnt, um entsprechende Erfahrungen für das Gesamtfördersystem zu sammeln. Es ist aber fraglich, ob hier 2017 schon verwertbare Ergebnisse vorliegen werden. Es ist verständlich, dass die Bundesregierung mit diesem Ansatz der Diskussion auf europäischer Ebene Rechnung tragen will, was zur längerfristigen Stabilität und zum Abbau möglicher Unsicherheiten beitragen dürfte. Es ist jedoch dringend anzuraten, hier mit der notwendigen Sorgfalt und entsprechendem zeitlichen Vorlauf zu agieren, damit das Ziel eines kosteneffizienteren Fördersystems auch tatsächlich erreicht wird. Denn ein fehlerhaftes Ausschreibungsdesign führt häufig nicht zur gewünschten Effizienzsteigerung sondern im Gegenteil zu Mitnahmeeffekten und Kostensteigerungen Ein weiterer Schwerpunkt für die Weiterentwicklung des zukünftigen Fördersystems muss die zunehmende Marktintegration sein. Die Bundesregierung nennt im Eckpunktepapier bereits konkrete Maßnahmen. Vorgesehen ist ein stufenweiser Übergang von der optionalen zur verpflichtenden Direktvermarktung. Mit dem geplanten Inkrafttreten des neuen EEG im August 2014 werden zunächst Anlagen ab einer Größe von 500 kw zur Direktvermarktung verpflichtet, ab Januar 2016 alle Anlagen ab 250 kw und ab Januar 2017 sollen nur noch Anlagen unter 100 kw von der Pflicht zur Direktvermarktung ausgenommen werden. Damit wird das Fördersystem schrittweise von einem Festvergütungssystem auf ein Prämienmodell umgestellt. Die Ausgestaltung der Prämie bleibt dabei zunächst gleitend. Die Bundesregierung trägt damit den Erfahrungen seit Einführung der optionalen Marktprämie mit dem EEG 2012 Rechnung. Denn die gestiegene Bereitschaft und Fähigkeit der Anlagenbetreiber zur Übernahme wirtschaftlicher Risiken lässt sich an der Inanspruchnahme der mit dem EEG 2012 eingeführten optionalen Marktprämie ablesen: 100 % der Offshore-Windanlagen, 80 % der Windenergieanlagen an Land sowie 40 % der Biomasseanlagen haben in das Marktprämiensystem gewechselt. Dies legt den Schluss nahe, dass das Vermarktungsrisiko von den Anlagenbetreibern ab einer bestimmten Anlagengröße übernommen werden kann, ohne den weiteren Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung stark zu beeinträchtigen. 76

111 Entwicklung der erneuerbaren Energien 125. Der von der Bundesregierung angestrebte Wechsel zu einem System der verpflichtenden Direktvermarktung mit gleitender Marktprämie 18 erscheint daher möglich und in der aktuellen Phase der beginnenden Marktintegration zielführend. Kleinanlagen können aus organisatorischen Gründen ausgenommen werden. Die gleitende Ausgestaltung der Marktprämie erscheint zum jetzigen Zeitpunkt, im heutigen Marktdesign und unter den aktuell geltenden Vermarktungsregeln sinnvoll, weil zumindest die Betreiber von fluktuierend erzeugenden Wind- und Photovoltaik-Anlagen nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung haben, um auf das Strompreisrisiko mit geeigneten Produktionsentscheidungen zu reagieren. Die Risiken der erforderlichen Langzeitpreisprognose würden deutliche Risikoaufschläge bedingen und somit erneut steigende Kosten für den Strom aus erneuerbaren Energien bedeuten. Die entstehende Unsicherheit würde zudem das Risiko der Zielverfehlung für die Allgemeinheit stark erhöhen. Mit Blick auf die beiden Oberziele Reduktion der Treibhausgasemissionen und gleichzeitiger erfolgreicher Vollzug des Ausstiegs aus der Nutzung der Kernenergie sollte die zukünftige Ausgestaltung des Fördersystems weder eine Zielverfehlung forcieren noch vermeidbare Kostensteigerungen auslösen. Daher sollte im politischen Entscheidungsprozess zur Weiterentwicklung des Fördersystems der kosteneffizienten Risikoallokation entsprechende Bedeutung beigemessen werden. Während der Koalitionsvertrag und die Eckpunkte für die Reform des EEG entsprechende Weichenstellungen für die kurzfristige Anpassung des Förderregimes vornehmen, geht es perspektivisch aber auch darum, die Marktstrukturen so weiter zu entwickeln, dass die stetig wachsenden Anteile erneuerbarer Energien vollständig integriert werden können. Mittel- bis langfristig nach einer entsprechenden Innovations- und Lernphase der Marktteilnehmer ist ggf. ein Über- 18 Die gleitende Marktprämie kombiniert Teile der anlagenspezifischen EEG-Vergütung mit der allgemeinen Marktpreisentwicklung. Der erneuerbare Strom wird selbst oder über einen Direktvermarkter an der Börse vermarktet. Der Anlagenbetreiber erhält somit den Marktpreis zum Zeitpunkt des Verkaufs. Zusätzlich erhält er die sog. Marktprämie. Sie errechnet sich aus der Differenz der Festvergütung und dem durchschnittlichen Marktpreis im Monat der Erzeugung. Durch die Kopplung an den Monatsmittelwert des Marktpreises (Phelix Base) werden die Risiken der generellen Marktpreisentwicklung eliminiert. Der Anreiz zur Reaktion auf die stundenscharfe Preisentwicklung bleibt jedoch vollständig erhalten, da die Vermarktung in Zeiten höherer Preise Mehreinnahmen ermöglicht, während die Vermarktung in Stunden mit niedrigen Preisen die Einnahmen insgesamt mindert. 77

112 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft gang zu fixen, technologieneutralen Prämien mit der entsprechenden Risikoübernahme durch die Anlagenbetreiber erstrebenswert Ein bislang nicht ausreichend thematisierter Aspekt für eine effiziente Marktintegration ist die gezielte Nutzung bereits bestehender Vermarktungswege und Vertriebsstrukturen. Gegebenenfalls sollte dies durch die Ausgestaltung der Fördermechanismen gezielt unterstützt werden. Der im Koalitionsvertrag enthaltene Ansatz, große Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien zur Garantie eines Grundlastanteils ihrer Maximaleinspeisung zu verpflichten, erscheint aus Sicht der Expertenkommission jedoch wenig geeignet. Der Ausgleich von (fluktuierendem) Angebot und Nachfrage obliegt im bestehenden System den Bilanzkreisverantwortlichen. Diese verfügen über die erforderliche Expertise ebenso wie über die notwendigen Instrumente, um den bilanziellen Ausgleich im System und somit dessen Stabilität effizient zu gewährleisten. Ein erzwungener Transfer dieser Verantwortung zu neuen Marktteilnehmern, die zwangsläufig über deutlich weniger Erfahrung und Expertise verfügen, erscheint wenig vorteilhaft und gerade unter Kostengesichtspunkten nicht sinnvoll. Windenergie an Land 127. Im Rahmen der Energiewende setzt die Bundesregierung explizit auf den weiteren Ausbau der Windenergie, sowohl an Land als auch auf See. Der im Rahmen des Eckpunktepapiers zur EEG-Reform skizzierte Ausbaupfad für die erneuerbare Stromerzeugung sieht zukünftig einen jährlichen Zubau der Windenergie an Land von MW (Zielwert innerhalb eines Zubaukorridors von bis MW) vor. Im Jahr 2012 betrug der Onshore- Leistungszubau MW (netto), so dass zum Jahresende 2012 deutschlandweit Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von MW an Land installiert waren. Im Jahr 2013 nahm der Ausbau deutlich zu. Die installierte Leistung stieg bis zum Ende des Jahres 2013 um MW auf insgesamt MW [DEWI, 2014]. Der Zubau des Jahres 2013 liegt somit über dem für die Zukunft formulierten Ausbauziel von MW pro Jahr. Abb. 4-3 verdeutlicht jedoch, dass dieses Ausbauziel durchaus ambitioniert ist, denn im Jahr 2013 wurde dieser Zubauwert insgesamt erst zum vierten Mal erreicht. Diese Aussage schließt auch den in der Abbildung nicht dargestellten Zeitraum vor dem Jahr 2000 ein. 78

113 Järhlicher Leistungszubau der Windenergie an Land [MW] Entwicklung der erneuerbaren Energien Abb. 4-3: Entwicklung der installierten Windleistung an Land in MW/a * vorläufiger Nettowert nach DEWI * Quelle: Eigene Darstellung; BReg [2014c]; DEWI [2014]; ZSW/AGEE-Stat [2013] 128. Die intensivere Nutzung der Windenergie an Land ist aus Kosteneffizienzgründen sinnvoll, da sie aktuell die kostengünstigste verfügbare erneuerbare Energiequelle mit nennenswertem weiterem Ausbaupotential darstellt. Dennoch ist gerade die Windenergie an Land durch den Vorwurf der Überförderung in den Fokus geraten. Ausgangspunkt der Debatte war das seit dem EEG 2000 unverändert geltende Referenzertragsmodell 19. Eingeführt wurde dieser Mechanismus, um auch an weniger windstarken Standorten den Ausbau der Windenergie an Land wirtschaftlich zu ermöglichen und einen Ausgleich für die unterschiedlichen Standortqualitäten zu schaffen, selbst wenn dies bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung Effizienzverluste bedingt. Dem Anspruch, den wirtschaftlichen Anlagenbetrieb an weniger guten Standorten 19 Der Referenzertrag ist eine Rechengröße, die anhand von definierten technischen Richtlinien ermittelt wird. Als Eingangsgrößen werden zunächst die anlagenspezifische Leistungskurve der Windturbine sowie die Nabenhöhe der Windenergieanlage herangezogen. Der Referenzstandort ist gemäß Anlage 3 des EEG definiert durch eine Rayleigh-Verteilung mit einer mittleren Jahresgeschwindigkeit von 5,5 m/s in einer Höhe von 30 m über dem Grund, einem logarithmischen Höhenprofil und einer Rauhigkeitslänge von 0,1 m. Für jede Anlage wird somit ein spezifischer Referenzertrag errechnet, der dem fiktiven Ertrag der untersuchten Anlage am definierten idealtypischen Referenzstandort entspricht. Dieser wird mit dem in der Realität erzielten Ertrag der Anlage in den ersten fünf Betriebsjahren verglichen. Hieraus ergibt sich die Standortqualität und entsprechend die Zeitspanne für die die Anlage Anspruch auf die erhöhte Anfangsvergütung hat. 79

114 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft sicherzustellen, gleichzeitig aber keine überhöhten Renditen an den besten Standorten zuzulassen, wird das Referenzertragsmodell in seiner aktuellen Ausgestaltung nicht mehr gerecht. Die Bundesregierung will laut den Eckpunkten zur Reform des EEG jedoch weiterhin an dem zweistufigen Modell festhalten, wobei einzelne Anpassungen vorgesehen sind. So sollen zukünftig erst Standorte deren Qualität unter 77,5 % des Referenzstandortes (bisher 82,5 %) die erhöhte Anfangsvergütung über den gesamten Vergütungszeitraum von 20 Jahren erhalten. Unterhalb der Referenzertragsschwelle von 77,5 % wird es weiterhin keine Differenzierung der Förderung geben, was bei zunehmender Nutzung von Binnenlandstandorten jedoch sinnvoll sein könnte. Zudem können nur Standorte mit einer Qualität unter 130 % (bislang 150 %) zukünftig eine Verlängerung der Anfangsvergütung über die ersten 5 Jahre hinaus in Anspruch nehmen Somit stellt sich die Frage, wie dieses Zubauvolumen dauerhaft generiert werden soll, wenn gleichzeitig eine Vergütungsabsenkung erfolgt und über die im Koalitionsvertrag zugesagte Länderöffnungsklausel einzelne Bundesländer über die individuelle Festlegung von Höhen- und Abstandsregelungen den Windausbau stark einschränken oder sogar vollständig verhindern können. Mit Bezug auf die Höhe der Anfangsvergütung weisen verschiedene Studien (z.b. Deutsche WindGuard, 2013) darauf hin, dass im Bereich der Windenergie an Land aktuell eine Überförderung vorliegt. Die von der Bundesregierung angestrebte Absenkung der Anfangsvergütung ist daher im Grundsatz richtig. Es ist jedoch bei der zukünftigen Ausgestaltung der Vergütungshöhe in Kombination mit der geplanten Anpassung des Referenzertragsmodells sicherzustellen, dass der angestrebte ambitionierte Ausbaupfad auch eingehalten werden kann. Obwohl zunächst am Referenzertragsmodell in modifizierter Form festgehalten werden soll, ist aus Sicht der Expertenkommission eine transparentere Regelung zur standortabhängigen Vergütung erstrebenswert. Denkbar wäre beispielweise eine Ausgestaltung der Vergütung in Abhängigkeit von der Windhöffigkeit des jeweiligen Standorts. So könnte das intransparente Referenzertragsmodell durch ein leichter nachvollziehbares Konzept ersetzt werden Mit Blick auf den ambitionierten Ausbaupfad für die Windenergie an Land ist die im Koalitionsvertrag zugesagte Länderöffnungsklausel kritisch zu bewerten, die den Bundesländern eine landesspezifische Festlegung von Hö- 80

115 Entwicklung der erneuerbaren Energien hen- und Abstandsregelungen ermöglichen soll. Dies gilt insbesondere, weil neben dem EEG bereits heute im Rahmen des Planungsrechts weitere Möglichkeiten zur Steuerung des Ausbaus der Windenergie an Land bestehen und die Regelungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes gelten. Hierin sind zur Reduktion der Lärmbelastung bereits Mindestabstände zur Wohnbebauung festgelegt. Sofern höhere Anlagen keine stärkere Lärmbelastung bedeuten, ist eine automatische Anpassung der Abstandsregelungen aus Sicht des Immissionsschutzes unbegründet. Vor diesem Hintergrund ebenso wie in Anbetracht der Tatsache, dass bereits heute im Regionalplanungsverfahren Höhen- und Abstandsregelungen unter Darlegung entsprechender Gründe festgelegt werden können, erscheint die Länderöffnungsklausel sachlich nicht erforderlich. Offshore-Wind 131. Während die Windenergie an Land mit stabilen Zubauraten ihren Anteil an der Stromerzeugung stetig vergrößert, blieb die Entwicklung der Offshore- Windenergie trotz einer Beschleunigung im Jahr 2013 aus technischen und ökonomischen Gründen weiterhin deutlich hinter den ursprünglichen Planungen, z.b. dem in der Offshore-Strategie 2003 skizzierten Ausbaupfad, zurück. Ende des Jahres 2012 waren 435 MW installiert, bis Ende Dezember 2013 betrug die installierte Leistung 915 MW. Weitere Offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von MW sind im Bau. Weitere Genehmigungen liegen vor, so dass das im Koalitionsvertrag formulierte reduzierte Ausbauziel von MW bis 2020 realistisch erreichbar scheint, wenn die erkennbare Entwicklungsdynamik beibehalten werden kann. Hierzu müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen erhalten bleiben, was beispielsweise über die Verlängerung des Stauchungsmodells bis Ende 2019 gewährleistet werden kann. Dies wurde mit den Eckpunkten für die Reform des EEG von der Bundesregierung bereits beschlossen Die erzeugungsorientierte EEG-Förderung für Offshore-Wind liegt mit 15 bis 19 ct/kwh deutlich über den Fördersätzen von Onshore-Wind und Photovoltaik. Mit einer Steigerung der Offshore-Zubaudynamik werden daher auch bei einem reduzierten Ausbauziel spürbare Kostenwirkungen für die Letztverbraucher verbunden sein. So entfallen bereits 2014 rund 21 % (0,21 ct/kwh) der Steigerung der EEG-Umlage auf die Offshore-Windenergie und somit der größte technologiegetriebene Anteil des diesjährigen Anstiegs. Um dies künf- 81

116 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft tig wirkungsvoll kontrollieren zu können, befürwortet die Expertenkommission die Einführung von Elementen einer Mengensteuerung für den Offshore-Wind. Die vorgesehene Verknüpfung mit den Netzanschlusszusagen im Rahmen des Offshore-Netzentwicklungsplans erscheint als sinnvolle Umsetzungsstrategie um zusammen mit den zugehörigen Realisierungsfahrplänen eine Synchronisation von Netz- und Kapazitätsausbau auf See zu erreichen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der tatsächliche Stromabtransport dadurch jedoch nicht garantiert ist, da bislang eine Koordination mit dem Netzausbau an Land nicht ausreichend sichergestellt zu sein scheint. Hier besteht Handlungsbedarf. Photovoltaik 133. Im Bereich der Photovoltaik ist für das Jahr 2013 erstmals ein deutlicher Rückgang der Neukapazitäten zu verzeichnen. Der Zubau betrug vorläufigen Ergebnissen zufolge insgesamt MW, womit der bislang politisch angestrebte Ausbaukorridor von bis MW pro Jahr erreicht wurde. Hier zeigt sich die Wirkung der zum 01. April 2012 erfolgten deutlichen Absenkung der Vergütungssätze. Im Oktober 2013 sank die Vergütung für Freiflächenanlagen mit 9,88 ct/kwh erstmals unter die Marke von 10 ct/kwh und im Januar 2014 auf 9,47 ct/kwh. Kleine Dachanlagen (< 10 kw) erhalten im Januar 2014 mit 13,68 ct/kwh weiterhin den höchsten Vergütungssatz für Photovoltaik- Neuanlagen (siehe Abb. 4-4). Somit ist die Photovoltaik mittlerweile neben der Windenergie an Land die kostengünstigste in Deutschland verfügbare Technologie zur erneuerbaren Stromerzeugung mit Ausbaupotenzial Ende 2013 waren insgesamt MW Photovoltaikleistung installiert. Nach Erreichen des im EEG festgelegten MW-Deckels haben neue Photovoltaikanlagen keinen Anspruch auf Förderung. Bis dahin können somit noch knapp MW Photovoltaikleistung innerhalb des EEG gefördert werden. Das in den Eckpunkten für eine Reform des EEG skizzierte Ausbauszenario sieht einen jährlichen Zubau von MW als Zielwert vor, so dass dann bis zum Jahr 2020 die MW-Schwelle überschritten wird. Aus Gründen der Kosteneffizienz ist ein höherer Zubau an Photovoltaikleistung sinnvoll, da Photovoltaikstrom ein mit der Windenergie an Land vergleichbares Kostenniveau erreicht hat und die Energiewende im Stromsektor vom Ausbau der Photovoltaik und der Windenergie getragen werden muss. 82

117 Entwicklung der Vergütungssätze [ct/kwh] Entwicklung des Zubaus [MW/Monat] Entwicklung der erneuerbaren Energien Abb. 4-4: Entwicklung der Vergütungssätze und des jeweiligen Zubaus von Photovoltaikanlagen im Zeitraum von Januar 2011 bis Januar Quelle: BNetzA [2014a]; EEG [2012] Jan 11 Mrz 11 Mai 11 Jul 11 Sep 11 Nov 11 Jan 12 Mrz 12 Mai 12 Jul 12 Sep 12 Nov 12 Jan 13 Mrz 13 Mai 13 Jul 13 Sep 13 Nov 13 Jan 14 Maximaler durchschnittlicher Zubau bei Einhaltung des 0jährlichen Zubaukorridors Aus Kostensicht entfällt ein großer Teil der EEG-Umlage auf den Photo- voltaik-anlagenbestand. Im Jahr 2013 waren dies 2,25 ct/kwh von insgesamt 5,28 ct/kwh. Dass neu geförderte Photovoltaik-Anlagen heute kein Kostentreiber mehr sind, zeigt sich bereits in der EEG-Umlage Neue PV-Anlagen waren lediglich für 0,07 ct/kwh der Steigerung verantwortlich, obwohl im Jahr 2012 der bisherige Zubaurekord von MW erreicht wurde und ein Großteil dieser Anlagen erst im Jahr 2013 vollständig zur Stromerzeugung beitrug. Mit einer Annäherung an den gewünschten Zubaukorridor und der fortschreitenden Degression der Vergütungssätze wird der Anteil der Photovoltaik an der EEG-Umlage zukünftig kaum noch steigen Hinsichtlich des häufig diskutierten Themas Eigenverbrauch sind bei der Photovoltaik mehrere Dinge zu berücksichtigen. Naturgemäß steigt die Attraktivität des Eigenverbrauchs mit steigendem Strompreisniveau, jedoch sind der Eigennutzung von Photovoltaikstrom Grenzen gesetzt. Allein durch angepasstes Nutzerverhalten sind in Privathaushalten lediglich Eigenverbrauchsanteile von maximal % erreichbar. Überschüssiger Strom muss dennoch in das Netz eingespeist werden, ebenso wie in Zeiten der Unterdeckung Strom aus Zubau [MW/Monat] Dachanlagen < 10 kw [ct/kwh] Freiflächenanlagen [ct/kwh]

118 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft dem Netz bezogen wird, für den der Anlagenbetreiber die entsprechenden Letztverbraucherabgaben entrichtet. Auch die Kombination mit Speichersystemen stellt zumindest mittelfristig keine wirtschaftliche Alternative dar, so dass lediglich für den tatsächlich selbstverbrauchten Photovoltaikstrom die Letztverbraucherabgaben entfallen. Durch die deutliche Absenkung der Photovoltaikvergütung seit April 2012 ist heute ohne den partiellen Eigenverbrauch für kleine Photovoltaikdachanlagen kein wirtschaftlicher Anlagenbetrieb möglich Wird Photovoltaikstrom selbst verbraucht, entlastet dies unter heutigen Gegebenheiten die EEG-Umlage, da geringere Vergütungszahlungen erforderlich sind, wenngleich damit auch eine Minderung des umlagepflichtigen Letztverbrauchs einhergeht. Um die Auswirkungen des Eigenverbrauchs von Photovoltaikstrom auf die EEG-Differenzkosten und die EEG-Umlage zu bewerten, müssen die entgangenen Vermarktungserlöse den vermiedenen Einspeisevergütungen gegenübergestellt werden. Im Jahr 2013 werden durch den Photovoltaikeigenverbrauch voraussichtlich Differenzkosten in Höhe von 162 Mio. Euro vermieden. Gleichzeitig ergibt sich ein Fehlbetrag aus der nicht entrichteten EEG-Umlage von 109 Mio. Euro, der vom verbleibenden nichtprivilegierten Letztverbrauch zu übernehmen ist. Insgesamt ergibt sich somit durch den Eigenverbrauch von Photovoltaikstrom eine leichte Entlastung der EEG-Umlage für die Letztverbraucher, da die vermiedenen Differenzkosten höher ausfallen als der Fehlbetrag bei der EEG-Umlage. Für die Netznutzungsentgelte bedarf es jedoch einer Lösung, denn mit dem Eigenverbrauch von selbst erzeugter PV-Elektrizität sinkt nicht die abendliche Lastspitze für den Strombezug aus dem Netz. Da aber die Lastspitze ein angemessener Maßstab für die Bereitstellung von Netzkapazitäten ist, sollte der PV-Eigenverbrauch nicht zu verringerten Netzentgelten führen. Sollten entsprechende Anpassungen vorgenommen werden, muss dies bei der Ausgestaltung der Vergütungssätze Berücksichtigung finden, um den Ausbau der Photovoltaik weiterhin zu ermöglichen. 4.3 Entwicklung der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt 138. Im Jahr 2012 belief sich der regenerative Anteil am gesamten Endenergieverbrauch für Wärme einschließlich Prozesswärme und Kälte auf 10,2 %. Statistisch lässt der Trend erwarten, dass die im Erneuerbare-Energien- 84

119 Entwicklung der erneuerbaren Energien Wärmegesetz (EEWärmeG) für 2020 formulierte Zielgröße von 14 % für Wärme und Kälte erreicht werden kann (vgl. Abb. 4-5). Weil die regenerative Wärmenutzung in der Industrie (derzeit etwa ein Sechstel der gesamten regenerativen Wärme) primär durch Holz im holzverarbeitenden und Papiergewerbe bestimmt wird und somit eher konjunkturell beeinflusst ist, bestehen Ausbaupotenziale vor allem im Bereich der Wärmeversorgung von Gebäuden. Neben dem EEWärmeG, das für den Neubaubereich Quoten für die Nutzung erneuerbarer Energien vorschreibt 20 (aber auch Ersatzmaßnahmen zulässt), werden für den Gebäudebestand seitens der Bundesregierung in erster Linie durch das Marktanreizprogramm für erneuerbare Wärme (MAP) finanzielle Anreize gesetzt. Diese beiden Hauptinstrumente dürften deutlich mehr als die Hälfte der Investitionen in regenerative Wärmeerzeugungsanlagen abdecken. Sie stehen in Wechselwirkung mit anderen Instrumenten wie der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm und werden durch weitere Maßnahmen der Länder und Kommunen sowie die Förderung von regenerativen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ergänzt. Somit liegt nur ein kleinerer Teil der Investitionen in regenerative Wärme außerhalb dieses staatlich beeinflussten Bereichs. Hierbei handelt es sich um nicht oder nur in bestimmten Konstellationen förderfähige Anlagen wie Kaminöfen, luftgeführte Pelletöfen, solare Brauchwasseranlagen etc. beziehungsweise um Investoren, die keine Förderung erhalten oder darauf verzichten Der Erfahrungsbericht zum EEWärmeG bescheinigt dem Gesetz eine positive Wirkung, denn im Betrachtungszeitraum wurden in mindestens der Hälfte aller Neubauten erneuerbare Energien genutzt [BMU, 2012a]. In den übrigen Fällen konnten die Anforderungen durch Ersatzmaßnahmen erfüllt werden, d.h. durch Übererfüllung der Anforderungen der Energieeinsparverordnung, durch die direkte Nutzung von Abwärme bzw. Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder den Bezug aus Wärmenetzen, welche wesentlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden oder zu mindestens 50 % durch Abwärme oder KWK-Wärme. 20 nach 5 bei Nutzung von solarer Strahlungsenergie mindestens 15 %, bei Geothermie und Umweltwärme mindestens 50 %, bei gasförmiger Biomasse mindestens 30 % und bei flüssiger und fester Biomasse mindestens 50 % des Gesamtwärmebedarfs. 85

120 Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch für Wärme [%] Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 4-5: Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Energien in 2012 Biogener Anteil des Abfalls 7% Solarthermie 5% Geothermie 6% 9,4 10,0 10,0 14, Quelle: Eigene Darstellung; BMU [2013a] , ,1 2,1 2,1 2,2 2,1 2, Biomasse 82% 4,2 4,3 3,8 4,0 3,6 3, Biogene Festbrennstoffe Biogene gasförmige Brennstoffe Solarthermie Oberflächennahe Geothermie, Umweltwärme 5,2 5, Im Gebäudebestand stellt sich die Situation hingegen anders dar. Nach dem EEWärmeG-Erfahrungsbericht wurden bis 2010 in lediglich 6 % aller bestehenden Gebäude praktisch ausschließlich erneuerbare Energien zur Deckung des Wärmebedarfs verwendet und in jedem achten Gebäude (13 %) zumindest anteilig. Weil der Gebäudebestand vom EEWärmeG praktisch nicht erfasst wird (mit Ausnahme öffentlicher Gebäude, die grundlegend renoviert werden), kann hier eine zusätzliche Nutzung erneuerbarer Energien derzeit praktisch nur mit öffentlichen Fördermitteln angereizt werden. Das wichtigste Programm in diesem Zusammenhang ist das Marktanreizprogramm des Bundes. Hierüber wurden im Jahr 2012 mit einem Fördervolumen von gut 300 Mio. Euro Investitionen von 1,33 Mrd. Euro angestoßen [BMU, 2013c] 21. Positiv ist zu vermerken, dass im Marktanreizprogramm inzwischen zu einem erheblichen Anteil die Errichtung bzw. Erweiterung von Wärmenetzen gefördert wird. Hierauf entfielen Darlehen in Höhe von 273 Mio. Euro, was einer 6,0 6,2 8,3 7,5 6,8 Biogene flüssige Brennstoffe Biogener Anteil des Abfalls Tiefe Geothermie Ziel Im Jahr 2013 dürften nach aktueller Schätzung der Bundesregierung ca. 380 Mio. Euro verausgabt worden sein. 86

121 Entwicklung der erneuerbaren Energien Netzlänge von rund km entsprechen dürfte (zusätzlich wurden im Rahmen der Wärmenetzförderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes Wärmenetze gefördert 22 [Bundestag, 2012]. Wärmenetze sind ein wichtiger Baustein zur Transformation des Wärmeversorgung aber auch zur Integration von Strom- und Wärmesektor, in dem über die Wärmespeicherfähigkeit einerseits Stromüberschüsse eingekoppelt (sog. power to heat) und andererseits über Kraft-Wärme-Kopplung bedarfsgerecht Strom bereitgestellt werden kann Trotz des in der Struktur sinnvollen policy mixes ist zu bedenken, dass die bisherige Entwicklung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt dadurch charakterisiert ist, dass die relative Zunahme mit einer vergleichbaren absoluten Zunahme der Wärmebereitstellung einherging. Der gesamte Endenergieverbrauch für Wärme hat hingegen nur geringfügig abgenommen. Sollte sich daran nichts Wesentliches ändern, müssten mit Blick auf das 14 %-Ziel im Jahr 2020 über 190 TWh Wärme aus regenerativen Quellen bereitgestellt werden (ggü. 138 TWh in 2012), was bei Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien speziell bei der Nutzung der heute mit Abstand wichtigsten Ressource Biomasse nicht unproblematisch ist (vgl. Stellungnahme der Kommission zum ersten Monitoring-Bericht der Bundesregierung zum Berichtsjahr 2012). Sehr wichtig bleibt deshalb weiterhin die Senkung des Endenergieverbrauchs für Wärme, um mit Blick auf die mittel- und langfristigen Klimaschutzziele ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Effizienz und erneuerbaren Energien zu erreichen Dies gilt besonders für den angestrebten klimaneutralen Gebäudebestand, der künftig auch stärker in den Fokus des Ausbaus erneuerbarer Energien gerückt werden muss. Zwar wird durch die mit dem Marktanreizprogramm induzierten Investitionen jährlich eine zusätzliche Wärmemenge von etwa 2 TWh bereitgestellt [MAP, 2012], trotzdem haben erneuerbare Energien im Unterschied zum Neubausektor hier bislang kaum nennenswerte Bedeutung erlangt. Von den jährlich Heizungsmodernisierun- 22 Vorläufige Zahlen zur KWKG-Wärmenetzförderung 2012 (1.1. bis ) zeigen, dass 575 Anträge für knapp 500 km Trassenlänge gestellt wurden (davon wurden 515 Anträge positiv beschieden; die Zahlen sind nicht um eine mögliche Überschneidung mit der MAP- Förderung bereinigt). 87

122 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft gen werden nach wie vor über 90 % der Hauptheizungen fossil ersetzt 23 [nach BDH, 2013] (vgl. Abb. 4-6), so dass damit die Beheizungsstruktur der betreffenden Gebäude bis zum Jahr 2030 und ggf. darüber hinaus weitgehend festgelegt wird. Abb. 4-6: Abschätzung der Größenordnung von Heizungsmodernisierungen mit und ohne erneuerbare Energien Heizungsmodernisierungen pro Jahr erneuerbare Zentralheizungen (Biomasse, Wärmepumpen) davon > 90 % Gas-/Öl-Zentralheizungen Solarthermie MAP ca. ein Viertel mit erneuerbaren Energien ca. drei Viertel ohne erneuerbaren Energien Quelle: Eigene Angaben 143. Die Möglichkeiten, zusätzliche Potenziale regenerativer Wärme im Gebäudebestand zu mobilisieren, wurden bereits vielfach diskutiert. Dies kann grundsätzlich durch eine so genannte autonome Nachfrage entstehen, die in erster Linie durch den Anstieg der Kosten für eine konventionelle Wärmebereitstellung getrieben wird. Derzeit ist allerdings nicht absehbar, dass daraus ein nennenswerter Impuls entstehen wird (der dann auch die staatliche Förderung für die entsprechenden Anwendungen entbehrlich machen würde). Folglich soll die bestehende Förderung durch das Marktanreizprogramm auch nach dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung weiter geführt bzw. verstetigt werden. Aus Sicht der Kommission ist im Falle einer Ausweitung der För- 23 Zwar wird mit ca. 80 % ein Großteil der jährlich installierten ca Solarwärmeanlagen im Gebäudebestand eingesetzt. Durch die i. d. R. geringen Deckungsanteile von 10 bis 25 % ist ihre Bedeutung bezogen auf die Energiemengen aber deutlich geringer, als es die Anlagenzahlen suggerieren. Selbst wenn man die anteilige Energiebereitstellung aus Solarwärmeanlagen einbezieht, ist davon auszugehen, dass in drei Vierteln der Fälle keine regenerative Nutzung erfolgt. Auch im KfW-Programm Energieeffizient Sanieren lag im Förderjahr 2011 der Anteil erneuerbarer Energien bei einer Modernisierung der Heizungsanlage nur bei etwa 20%. 88

123 Entwicklung der erneuerbaren Energien derbudgets 24 allerdings zu prüfen, ob dadurch tatsächlich eine entsprechende Ausbaudynamik erzielt werden kann. Dies ist zu erwarten, wenn vorhandene Potenziale bislang aufgrund zu geringer Programmbudgets nicht erschlossen werden konnten. Ein solcher Nachfrageüberhang bestand zwar teilweise in den Vorjahren, ist für das Förderjahr 2012 jedoch nicht belegt. Aus Sicht der Programmsteuerung ist eine Balance zwischen Angebot und Nachfrage zwar sinnvoll, sie lässt aber auch den Schluss zu, dass die gesetzten Förderquoten offenbar für eine höhere Nachfrage nicht attraktiv genug sind. Bei einer Anhebung der Förderquote besteht jedoch die Gefahr, unerwünschte Mitnahmeeffekte zu erzeugen, auf die es im Rahmen früherer Evaluierungen des Marktanreizprogramms Hinweise gab Um im Gebäudebestand voranzukommen, ist es daher sinnvoll, neben der etablierten Darlehens- und Zuschussförderung weitere Instrumente in Betracht zu ziehen. Ein Beispiel ist die in Baden-Württemberg seit 2010 bestehende anteilige Nutzungspflicht (derzeit 10 %, geplant 15 %) für erneuerbare Energien beim Austausch der Heizungsanlage im Wohngebäudebestand nach dem Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie (EWärmeG), die derzeit auch auf den Nichtwohngebäudebestand ausgeweitet werden soll [EWärmeG, 2013]. Mit dem Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung allerdings explizit gegen eine bundesweite Nutzungspflicht ausgesprochen ( Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Gebäudebestand sollte weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen ). Aus Sicht der Kommission ist deshalb die steuerliche Begünstigung von Investitionen zur Nutzung erneuerbarer Wärme zu prüfen, die im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung von Gebäuden sehr intensiv diskutiert aber bislang nicht umgesetzt wurde (vgl. dazu Kapitel 3.2). Angesichts der großen Bedeutung des Wärmemarktes und speziell des Gebäudebestandes für die Minderung der Treibhausgasemissionen sollte sich die Bundesregierung dieses Themas zeitnah mit dem gebotenen Nachdruck annehmen. 24 Eine Erhöhung des Fördervolumens für den Zeitraum auf einen jährlichen Betrag von bis zu 500 Mio. Euro wurde seinerzeit bereits in 13 EEWärmeG aufgenommen. 25 Analog gilt dies für eine kumulative Förderung durch die Bundesländer, für umlagefinanzierte Fördermodelle, die z.b. im Rahmen des Erfahrungsberichts zum EEWärmeG diskutiert wurden etc. 89

124 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 4.4 Erneuerbare Energien im Kraftstoffsektor 145. Das Energiekonzept der Bundesregierung enthält kein explizites Ziel für die Nutzung regenerativer Kraftstoffe, wenngleich die Ausbauszenarien zur Erfüllung des 18 %-Anteils am Bruttoendenergieverbrauch in 2020 von einem energetischen Anteil der Erneuerbaren Energien im Kraftstoffsektor von rund 12 % ausgehen 26. Verpflichtet ist die Bundesrepublik jedoch zur Erfüllung des von der EU-Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen [EU, 2009] vorgeschriebenen Ziels, bis 2020 einen verbindlichen Anteil der erneuerbaren Energien an der Endenergiebereitstellung im Verkehrssektor von 10 % zu erreichen. Hierzu zählt neben Biokraftstoffen auch der Einsatz von erneuerbar erzeugtem Strom, der in Elektrofahrzeugen mit dem Faktor 2,5 angerechnet wird Die europäischen Vorgaben finden auf Bundesebene ihren Niederschlag im Gesetz zur Änderung der Förderung von Biokraftstoffen aus dem Jahr 2009, das seinerseits entsprechende Änderungen der Regelungen in 37 a des Bundesimmissionsschutzgesetzes bewirkte. Verpflichtet ist somit derjenige, der Kraftstoffe in Verkehr bringt. Er muss den vorgeschriebenen Anteil an entsprechenden Biokraftstoffen beimischen bzw. Reinkraftstoffe verkaufen. Ziel der Regelungen ist somit, die kraftstoffbedingten CO 2 -Emissionen wirkungsvoll zu begrenzen. Parallel zu diesem kraftstofforientierten Ansatz adressiert die Verordnung (EG) Nr. 443/2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge auf europäischer Ebene die technische Entwicklung der Fahrzeuge und verpflichtet die Fahrzeughersteller effizientere Antriebstechnologien nicht nur zu entwickeln, sondern auch zum Einsatz zu bringen (siehe auch Kapitel 3.2) Die konkrete Umsetzung der EU-Richtlinie 2009/28/EG in deutsches Recht ergibt bis einschließlich 2014 eine fixe, verbindliche, auf den Energieinhalt bezogene Quote in Höhe von 6,25 %. Ab 2015 werden die fixen Beimischungsquoten durch die Netto-Treibhausgasminderung des Biokraftstoffein- 26 Bundesrepublik Deutschland. Nationaler Aktionsplan für erneuerbare Energie gemäß der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. 04. August Berlin. 90

125 Entwicklung der erneuerbaren Energien satzes als Wirkungsmaßstab ersetzt. Gesetzlich verankert wurde das Ziel, bis 2020 durch die Erhöhung der Beimischungsquote die Wirkung der Netto- Treibhausgasminderung sukzessive von 3 % im Jahr 2015 auf 7 % im Jahr 2020 zu steigern. Dies entspricht der im Nationalen Aktionsplan Erneuerbare Energien (NREAP) enthaltenen Biokraftstoffquote von rund 12 % (energetisch) im Jahr 2020 [BMU/BMELV, 2010] Aus Nachhaltigkeitsgründen gibt die EU-Richtlinie vor, dass für eine Anrechnung der eingesetzten Biokraftstoffe deren Treibhausgasminderungswirkung mindestens 35 % betragen muss. Ab 2017 steigt diese Mindestanforderung auf 50 % und für Biokraftstoffe aus Neuanlagen ab 2018 auf 60 %. Mit Ausnahme von Biodiesel aus Abfallstoffen und Biomethan aus Gülle erfüllt jedoch keiner der heute verfügbaren Biokraftstoffe diese Vorgaben [FNR, 2011]. Die unter Verwendung von Anbaubiomasse erzeugten Biokraftstoffe der ersten Generation (Pflanzenöl, Biodiesel und Bioethanol) schneiden diesbezüglich besonders schlecht ab, stellen aber den weitaus überwiegenden Anteil der heute in Deutschland eingesetzten Biokraftstoffe. Hier besteht somit zeitnah Handlungsbedarf (siehe unten) Wie im Monitoring-Bericht der Bundesregierung dargestellt, entfielen im Jahr % des gesamten Biokraftstoffeinsatzes (35,3 TWh bzw. 127 PJ) auf Biodiesel. Bioethanol erreichte 26 %. Pflanzenöl hat als Kraftstoff kaum noch eine Bedeutung und erreichte lediglich 1 %. Mit ebenfalls 1 % leistete erstmals ein Biokraftstoff der zweiten Generation Biomethan einen nennenswerten Beitrag (vgl. Abb. 4-7). Insgesamt ist die Entwicklung der Kraftstoffbereitstellung aus erneuerbaren Energien in Deutschland seit dem Rekordjahr 2007, in dem bereits ein Anteil von 7,4 % erreicht wurde, deutlich zurückgegangen und pendelte in den vergangenen Jahren zwischen 5,4 % und 5,8 %. Im Jahr 2012 wurden 5,7 % erreicht, was einen leichten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Dieser ist jedoch weniger auf eine absolute Steigerung des Einsatzes von Biokraftstoffen zurückzuführen. Vielmehr fand im Bereich Biodiesel ein Austausch von Biodiesel aus Anbaubiomasse durch Biodiesel aus Abfallstoffen statt, da letzterer für die Erfüllung der Quote doppelt angerechnet werden kann. Auf diese Weise konnte die Quote rein rechnerisch leicht gesteigert werden. Dennoch genügt der erreichte Anteil von 5,7 % auch in 2012 nicht, um die gesetzliche Vorgabe von 6,25 % zu erfüllen. Auf diese Problemlage geht die Bundesregierung in ihrem Monitoring-Bericht allerdings 91

126 Anteil der erneuerbaren Energien am Kraftstoffverbrauch [%] Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft nicht ein. Laut 37c BImschG sind bei einer Nichterfüllung der Gesamtquote ebenso wie bei der Unterquote für Biodiesel (4,4 %) vom Verpflichteten 19 Euro pro fehlendem Gigajoule (entspricht 67 ct/l für Biodiesel) zu entrichten. Bei einer Verfehlung des Ethanolanteils im Ottokraftstoff (mindestens 2,8 %) liegt die Pönale bei 43 Euro pro Gigajoule (97,5 ct/l für Bioethanol). Da die Möglichkeit besteht, Übererfüllungen der Quote aus den vorangegangenen Jahren dies betrifft insbesondere die Jahre 2006 bis 2009 bei Nichterfüllung der Quote im laufenden Jahr anrechnen zu lassen, ist die Höhe der tatsächlich erfolgten Strafzahlungen nicht bekannt. Für die Verfehlung der Gesamtquote um 0,55 %-Punkte hätten sich die Strafzahlungen für 2012 jedoch theoretisch auf 232,75 Mio. Euro belaufen müssen. Abb. 4-7: Anteil der erneuerbaren Energien am Kraftstoffverbrauch Kraftstoffbereitstellung aus erneuerbaren Energien in 2012 Biomethan 1% 10,0 8 Bioethanol 26% 7,4 6 Pflanzenöl 1% Biodiesel 72% 6,3 6,0 5,4 5,8 5,5 5,7 4 1,8 2 1,4 0,9 0,0 0,0 0,0 0,0 0,1 0,1 0,1 0,1 0,2 0,2 0,4 0, Quelle: Eigenen Darstellung; BMU [2012b] 150. Die tendenziell rückläufige Entwicklung ist vor allem auf die Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen. Wie die Bundesregierung in ihrem Bericht zur Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe 2012 betont, will sie auch zukünftig die Zielerreichung ausschließlich durch das Instrument der Beimischungsquote sicherstellen. Angesichts der offensichtlichen Zielverfehlung der vergangenen Jahre, der begrenzten Verfügbarkeit der Ressource Biomasse sowie der geringen Aktivitäten hinsichtlich der Entwicklung innovativer Kraftstoffe, die die Treibhausgasminderungsvorgaben sicher einhalten könnten, scheint die Zielerreichung sehr unsicher. 3, Biodiesel Pflanzenöl Bioethanol Biomethan 92

127 Entwicklung der erneuerbaren Energien 151. In jüngster Zeit wurde auch auf europäischer Ebene das Biokraftstoffziel kontrovers diskutiert. Kern der Diskussion ist eine Konkretisierung des 10 %- Ziels durch Unterziele für einzelne Kraftstoffsegmente. Da Biokraftstoffe der ersten Generation bei Nutzung von Anbaubiomasse einerseits die ab 2015 geltenden Anforderungen an die Treibhausminderung kaum werden einhalten können und andererseits in Konkurrenz zum Nahrungs- und Futtermittelanbau stehen, sollte deren Anteil zur Erfüllung der Quote begrenzt werden (diskutiert wurde bspw. ein Maximum von 6 %-Punkten). Zudem soll eine Mindestquote für den Einsatz von advanced biofuels (Biokraftstoffe der zweiten und dritten Generation) eingeführt werden (Diskussionsstand: 0,5 %-Punkte in 2016 ansteigend auf 2,5 %-Punkte in 2020). Da in diesem Segment noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten ist, steht für bestimmte Kraftstoffe die Möglichkeit der Mehrfachanrechnung im Raum, um Innovationen anzureizen und deren Umsetzung zu beschleunigen. 27 Die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Nutzung der Mehrfachanrechnung 28 beim Einsatz alternativer Energieträger (z.b. regenerativ erzeugter Wasserstoff oder erneuerbarer Strom) sollten davon unberührt bleiben. Eine Einigung hinsichtlich der Anpassung der Zielsetzungen wurde jedoch nicht erzielt. Durch die anstehenden Wahlen auf europäischer Ebene sind weitere Verzögerungen denkbar, so dass zeitnah keine konkreten Impulse zu erwarten sind. 27 Diskutiert wurde die einfache Anrechnung der Energiemenge auf das Gesamtziel ebenso wie auf das 2,5%-Ziel. Die Anrechnung soll für solche Kraftstoffe möglich sein, die aus Abfällen und Reststoffen gewonnen werden. Ebenso wurde eine doppelte Anrechnung der Energiemenge auf das Gesamtziel für Kraftstoffe diskutiert, die aus gebrauchten Speiseölen und/oder tierischen Fetten hergestellt werden. Der höchste Anreiz sollte durch eine vierfache Anrechnung der Energiemenge auf Gesamt- und 2,5%-Subziel für den Einsatz von Kraftstoffen aus Algen, Bakterien, erneuerbaren flüssigen und gasförmigen Kraftstoffen nicht biologischem Ursprungs sowie Carbon Capture and Utilization beim Einsatz im Verkehrssektor gesetzt werden. 28 Die Richtlinie sieht vor, dass erneuerbar erzeugter Strom, der in Elektrofahrzeugen eingesetzt wird, mit dem Faktor 2,5 in die Berechnung der Quote einbezogen wird. Für erneuerbaren Wasserstoff soll es ebenfalls einen höheren Anrechnungsfaktor geben. Dieser wurde bislang jedoch nicht festgelegt. Wenn diese Optionen sehr intensiv zum Einsatz kommen, kann dies jedoch zur Folge haben, dass die angestrebte Treibhausgasreduktion nicht in vollem Umfang erzielt wird. Hinzu kommt die noch ungeklärte Problematik der Doppelanrechnung von erneuerbarem Strom, der gegebenenfalls sowohl für das Stromziel als auch für das Kraftstoffziel angerechnet werden könnte. 93

128 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 152. Das 10 %-Ziel der EU ist gerade für Deutschland ein anspruchsvolles Ziel. Um es zu erreichen, bedarf es in jedem Fall zusätzlicher Maßnahmen, selbst wenn das Ziel der Bundesregierung, den Endenergieverbrauch im Verkehrssektor um 10 % gegenüber 2005 zu senken, erreicht werden sollte, was jedoch nicht als gesichert angesehen werden kann (siehe Kapitel 3.2). Wird das Effizienzziel nicht erreicht, erhöht sich der für die Zielerreichung erforderliche absolute Beitrag der erneuerbaren Energien zusätzlich. Der Einsatz von alternativen Kraftstoffen müsste dann ausgehend von 2012 nahezu verdoppelt werden. Über die alleinige Steigerung der Produktion von Biokraftstoffen im Inland kann dies kaum erreicht werden, zumal aus Gründen der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung die Biomassenutzung im Inland zukünftig stärker auf die Nutzung von Abfällen und Reststoffen fokussiert werden sollte [UBA, 2013b]. Unter diesem Aspekt wäre eine Steigerung des Imports von Biokraftstoffen ebenfalls problematisch. Die Expertenkommission wiederholt deshalb ihre Empfehlung der Stellungnahme zum Monitoring-Bericht 2012, dass die Aktivitäten der Bundesregierung dahingehend intensiviert werden müssen, Alternativen zu Biokraftstoffen der ersten Generation zu erschließen Deutschland könnte hier eine Vorreiterrolle beim Einsatz von Wasserstoff elektrolytisch mit erneuerbarem Strom erzeugt bzw. daraus im Power-to-Gas-Verfahren hergestellten synthetischen Erdgas übernehmen. Gleiches gilt für batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge. Das Ziel, bis 2020 deutschlandweit 1 Million Elektrofahrzeuge in Betrieb zu haben, ist hier nur ein erster Schritt, da es analog zu den Emissionsgrenzwerten der EU vorrangig im Personenverkehr umgesetzt werden soll. Auf der Basis von erneuerbarem Strom in Kombination mit innovativen Antriebskonzepten ließen sich jedoch auch die Emissionen des Straßengüterverkehrs deutlich reduzieren. Studien zeigen, dass alternative Antriebe in Nutzfahrzeugen bereits 2020 konkurrenzfähig sein könnten, wenn die entsprechenden Anreize gesetzt werden [den Boer et al., 2013]. Hierzu gehört auch der flankierende Aufbau von Infrastrukturen, wie der Aufbau eines standardisierten Wasserstofftankstellennetzes entlang der Transitlinien. Die Expertenkommission regt diesbezüglich an, sich diesem Thema im Fortschrittsbericht 2014 vertieft zu widmen. 94

129 Entwicklung der erneuerbaren Energien 4.5 Spartenübergreifende Betrachtung der Biomasse 154. In der Gesamtbetrachtung ist die Biomasse auch 2012 die bedeutendste erneuerbare Energiequelle: Mit insgesamt 196,2 TWh deckte sie allein 7,8 % des gesamten deutschen Endenergiebedarfs [BMU, 2013d], was knapp 62 % der erneuerbaren Endenergiebereitstellung entspricht. Die Vielseitigkeit der verschiedenen Formen der Biomasse, die deren Einsatz in allen Sektoren ermöglicht, ist hierfür ursächlich Gerade die Flexibilität des Einsatzes in Kombination mit dem absehbaren Erreichen der Grenzen des nachhaltigen Nutzungspotentials verlangt jedoch nach vorausschauenden Maßnahmen. Dies gilt nicht nur für die energetische Nutzung zur Strom-, Wärme- und Kraftstofferzeugung. Es sollte gleichzeitig der zukünftige Bedarf für die stoffliche Nutzung von Biomasse sowie der Bedarf an Nahrungs- und Futtermitteln in die Betrachtungen einbezogen werden, um mögliche Fehlanreize zu vermeiden und dem zunehmenden Auftreten von Nutzungskonkurrenzen entgegenzuwirken Daher plädiert die Expertenkommission wie bereits in der Stellungnahme zum Monitoring-Bericht der Bundesregierung 2012 dafür, der begrenzten Verfügbarkeit der Biomasse und deren effizienter Nutzung mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Insbesondere bei der Ausgestaltung bzw. Weiterentwicklung von Förderinstrumenten sind mögliche negative Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Anwendungsbereichen im Vorhinein abzuwägen Da die Bundesregierung bislang auf den weiteren Ausbau des Einsatzes von Biomasse in allen energetischen Anwendungen setzt, gleichzeitig aber mit verschiedensten Förderinstrumenten agiert, ist ein sektorübergreifender Ansatz anzustreben. Dies gilt in besonderem Maße, weil die energetische Nutzung von Bioenergie im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energiequellen per se eine mit Bezug auf den Flächenbedarf äußerst ineffiziente Form der Energiegewinnung darstellt [UBA, 2013b] Virulent sind das Flächenthema und die damit verbundenen Umweltwirkungen insbesondere im noch wachsenden Segment der Stromerzeugung aus Biogas. Der überwiegende Teil dieses Zuwachses (2012 rd. 350 MW el ) ist dabei nicht auf die Installation von Neuanlagen, sondern auf Erweiterungsmaßnahmen im Anlagenbestand zurückzuführen. Hintergrund sind Änderungen der 95

130 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft gesetzlichen Rahmenbedingungen 29 hinsichtlich der zulässigen Leistung von Biogasanlagen im Außenbereich. Da die Anlagen auch bei Erweiterungen ihren bisherigen Vergütungsstatus im EEG behalten und nicht als Neuanlagen behandelt werden, kam für diese Vorhaben die deutliche Vereinfachung des Vergütungssystems für Biomasse im EEG 2012 mit geringeren Vergütungssätzen nicht zum Tragen. Diese Entwicklung lief im Jahr 2012 den Bestrebungen zur Steigerung der Kosteneffizienz im Biomassebereich zuwider. Im Rahmen der EEG-Reform plant die Bundesregierung deshalb, dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Zudem soll der weitere Ausbau der Biomasse auf einen jährlichen Zubau von 100 MW begrenzt werden. Analog zur Windenergie an Land wird auch für die Biomasse eine vierteljährliche Vergütungsdegression eingeführt. Da zudem die verschiedenen Rohstoffvergütungsklassen gestrichen werden sollen, wird die Attraktivität insbesondere der Produktion und anschließenden Stromerzeugung aus Biogas deutlich absinken Weil die Elektrizitätserzeugung aus Biogas am Standort der Gaserzeugung häufig aus Effizienzgesichtspunkten nicht optimal ist (fehlende Wärmesenken, schlechte Wirkungsgrade von Kleinanlagen), setzt bislang das EEG Anreize zur Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität. Das erzeugte Biomethan kann als Austauschgas über das Erdgasnetz zu den Kraftwerken geliefert werden und somit das bestehende Gasnetz inklusive der vorhandenen Speicherkapazitäten (mit)nutzen. Im Prinzip steht es so als erneuerbare Alternative für alle Anwendungsfelder von konventionellem Erdgas zur Verfügung. Es ist in der Stromerzeugung, zur Prozesswärmebereitstellung, im Raumwärmesektor oder in Erdgasfahrzeugen einsetzbar Die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan auf Erdgasqualität mit entsprechender Einspeisung in das Erdgasnetz hat im Jahr 2012 weiter zugenommen. Laut BNetzA haben zum Jahresende Biomethananlagen ca. 413 Mio. m³ Biomethan (Vorjahr 275 Mio. m³) in das Gasversorgungsnetz ein wurde das Baugesetzbuch geändert und die Beschränkung der elektrischen Leistung von 500 kw el für das privilegierte Bauen von Biogasanlagen im Außenbereich durch eine Begrenzung der Feuerungswärmeleistung auf 2 MW ersetzt. Im Sommer 2013 wurde auch diese Beschränkung aufgehoben, da sie der Erhöhung der Kapazität mit dem Ziel der bedarfsgerechten Stromerzeugung entgegen stand. Aufrechterhalten wurde jedoch die Beschränkung der Gasproduktion auf 2,3 Millionen Normkubikmeter pro Jahr. 96

131 Entwicklung der erneuerbaren Energien gespeist [BNetzA, 2013a]. Im Hinblick auf das in der Gasnetzzugangsverordnung festgelegte Ziel bis 2020 jährlich sechs Mrd. m³ Biomethan ins Gasversorgungsnetz einzuspeisen, ergibt sich somit ein Zielerreichungsgrad von knapp 7 %. Hinsichtlich der Nutzungspfade des Biomethans bestehen allerdings leichte Unsicherheiten. So ist statistisch nicht immer eindeutig erfasst, welche Menge Biomethan im Stromsektor, zur gekoppelten bzw. reinen Wärmeerzeugung oder als Kraftstoff im Verkehrssektor eingesetzt wird. Lediglich für rund die Hälfte des eingespeisten Biomethans ist eine derartige Zuordnung möglich. Der überwiegende Anteil scheint weiterhin im Stromsektor eingesetzt zu werden, da hier für den Anlagenbetreiber die attraktivsten Margen bestehen dürften. Wird der Einsatz zur Stromerzeugung jedoch durch die angestrebten Änderungen der Rahmenbedingungen für Biomethanproduzenten unattraktiv, steht mehr Biomethan für andere Anwendungen zur Verfügung. Gerade durch die Flexibilität des Biomethans als Austauschgas für konventionelles Erdgas sind möglicherweise Einsatzbereiche noch nicht erschlossen, in denen zukünftig eine höhere Zahlungsbereitschaft vorhanden wäre als im Stromsektor. Die Änderungen des Förderregimes könnten in dieser Hinsicht helfen die Kosteneffizienz und Kostenverteilung der Energiewende weiter zu verbessern. Die Expertenkommission empfiehlt der Bundesregierung sich mit dieser Thematik im Fortschrittsbericht 2014 eingehender auseinander zu setzen. 97

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133 Umweltwirkungen des Energiesystems 5 Umweltwirkungen des Energiesystems Das Wichtigste in Kürze Die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung ist eine der Grundvoraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland und spielt eine wesentliche Rolle hinsichtlich der Akzeptanz der Energiewende. Letztlich geht es um die Frage, ob die Oberziele des Energiekonzeptes die Reduktion der Treibhausgase und der Ausstieg aus der Atomenergie ohne gravierende Auswirkungen auf die Umwelt erreicht werden können oder ob sich hier Konflikte andeuten, die eventuell das Nachsteuern von Unterzielen und Instrumenten nahe legen. Daher schlagen wir erneut vor, Indikatoren zur Beschreibung der Umweltwirkungen in das Monitoring aufzunehmen. Zurzeit kann davon ausgegangen werden, dass die Energiewende neben dem Klimaschutz langfristig zu einer Entlastung der Umwelt in den Bereichen Luftschadstoffe, radioaktive Belastung durch den Betrieb von Kernkraftwerken, Ressourcennutzung und Wasserverbrauch führen wird. Die Flächeninanspruchnahme des Energiesystems wird hingegen weiter wachsen und sollte langfristig als Teil des Monitorings überwacht werden. So beträgt die energiebedingte Flächeninanspruchnahme fast 10 %. Davon entfallen rund zwei Drittel auf den Energiepflanzenanbau. Auch wenn vom Jahr 2011 auf 2012 die Flächeninanspruchnahme durch den weiteren Anbau von Energiepflanzen, den Ausbau der Windenergie, PV-Freiflächenanlagen und dem Übertragungsnetz lediglich um etwa 4 % gestiegen ist, ist diese Entwicklung genau zu beobachten. Zudem sollte das Monitoring Umweltwirkungen neuer Energietechnologien wie Fracking aufgreifen, beschreiben und Entwicklungen längerfristig überprüfen. Zur Diskussion um eine sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle hat die Bundesregierung ein Standortauswahlgesetz (StandAG) in Kraft gesetzt. Zur Begleitung der Diskussionen sollte das Monitoring die Mengen an hochradioaktivem Abfall nach notwendigen Einschlusszeiten quantifizieren (inkl. Abfälle aus dem Rückbau der Kernkraftwerke) und deren Lagerorte darlegen Die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung ist implizites Ziel des Energiekonzeptes. Daraus folgt, dass die Energiewende und ihre Ziele die Reduktion der Treibhausgase und der Ausstieg aus der Atomenergie ohne 99

134 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft die Gefährdung von anderen umweltpolitischen Zielen umgesetzt werden müssen. Sollte die Umwelt in einem zu hohen Maße beeinträchtigt werden, würde sich dies insbesondere auch auf die Akzeptanz der Energiewende auswirken Wie im letzten Jahr wird im Monitoring-Bericht der Bundesregierung keine Indikatorik für die Umweltwirkung vorgelegt. Aber immerhin wird eine größere Zahl von Umweltdimensionen angesprochen. Daher möchten wir nochmals bekräftigen, dass die Umweltverträglichkeit ein wichtiger Bewertungsmaßstab der Energiewende ist und im Monitoring entsprechend ausführlich berücksichtigt werden sollte. Denn auch wenn mit der Energiewende tendenziell eine Entlastung der Umwelt durch das Erreichen der Ziele der Energiewende zu erwarten ist, sind in einigen Umweltdimensionen negative Entwicklungen beobachtbar, die es zu messen und bewerten gilt Die Expertenkommission ist der Ansicht, dass sich der Monitoring- Bericht mit den folgenden relevanten Umweltdimensionen beschäftigen sollte: Entwicklung der Flächeninanspruchnahme, Emissionen von Luftschadstoffen, Wasserbelastung (siehe dazu EWK 2012), Ressourcennutzung, Radioaktivität und Atommüllproblematik. Darüber hinaus sollten neue Entwicklungen adressiert werden, wie etwa die Bewertung der Umweltwirkung von Fracking zur Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten. Dabei ist uns bewusst, dass die Indikatoren nur bedingt die Problematiken darstellen können und nur Indikatoren für die als relevant einzustufende Problemlagen festgelegt wurden. Treten in der Zukunft neue Problemlagen auf, so werden wir entsprechend auch die Auswahl der Indikatoren anpassen. 5.1 Flächeninanspruchnahme durch Brennstoffbereitstellung, Energieerzeugung und -verteilung 164. Die Energieerzeugung und -verteilung beansprucht eine zunehmende Fläche in Deutschland, wobei insbesondere der Anbau von Biomasse, der Abbau von Braunkohle aber auch Windkraftanlagen, PV-Freiflächenanlagen, Kraftwerke und das Übertragungsnetz einen relevanten Flächenbedarf aufweisen. Dabei spielt insbesondere die Qualität der Nutzung eine wichtige Rolle: Also die Nutzungsintensität, die Art der in Anspruch genommenen Flächen 100

135 Umweltwirkungen des Energiesystems sowie die Frage, welche Flächen nach einer Nutzung wieder zurückgegeben werden Die Flächeninanspruchnahme des Energiesystems wird bisher nicht in seiner Gesamtheit erhoben weder quantitativ noch qualitativ. Eine Möglichkeit wäre die Erfassung der Daten beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) anzusiedeln. Dort werden bereits Daten zur Raumordnung erfasst und etwa im Rahmen des Raumordnungsplanmonitors (ROPLA- MO) und einer Windenergiedatenbank aufbereitet. Allerdings hängt die Informationstiefe der Datensätze von den Bundesländern ab, wobei nur einige davon detaillierte Auflösungen inklusive einer Darstellung der Energieerzeugungsanlagen enthalten. 30 Eine Differenzierung der Flächeninanspruchnahme nach Bodenbedeckung 31 durch das Energiesystem könnte zudem weitere wertvolle Informationen zur Umweltwirkung liefern. Dabei sollte zugleich die Akzeptanz hinsichtlich der Flächennutzung adressiert werden Durch die Quantifizierung und die Beschreibung der Flächeninanspruchnahme können Nutzungskonkurrenzen und Verdrängungseffekte sowie weiterreichende Auswirkungen auf den Artenschutz (z.b. durch Zerschneidung von Habitaten, Intensivierung der Landwirtschaft oder Vogelschlag) und das Landschaftsbild sowie direkte Belastungen von Menschen (z.b. durch Umsiedelungen oder Lärm) abgeschätzt werden. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass national aggregierte Daten letztlich keine Aussagen zu lokalen Problemen zulassen. So muss eine weitere Flächenzunahme etwa durch den Ausbau der Windenergienutzung nicht zwangsläufig zu Akzeptanzproblemen führen, sondern ist stark abhängig von regionalen Unterschieden, der Verteilung der Anlagen sowie von der Wahrnehmung durch die Bevölkerung. 30 Wenn möglich sollten die Datensätze des geplanten Anlagenregisters inklusive entsprechender GPS-Koordinaten erhoben werden. So könnte etwa den Netzbetreibern eine Übersicht über die Verteilung der fluktuierenden Einspeisung gegeben und damit zur Erhaltung der Netzstabilität beigetragen werden. 31 (1) Bebaute Flächen (inkl. Abbauflächen); (2) landwirtschaftliche Flächen (u.a. Ackerflächen, Grünland); (3) Wälder und naturnahe Flächen, (4) Feuchtflächen und (5) Wasserflächen [vgl. Keil et al., 2010, S.13]. 101

136 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 167. Die bisher implementierten Instrumente greifen diese Probleme zumeist auf. So wird der Ausbau der Windenergie und der Freiflächen-PV heute über die Landesraumordnung und die Bauleitplanung auf bestimmte Flächen gelenkt, wobei eine Beteiligung der lokalen Bevölkerung und von Interessengruppen eine wichtige Rolle spielt. Für den Bau von Übertragungsnetzten richtet sich das Planfeststellungsverfahren nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), welche auf das Naturschutzgesetz (BNatSchG) verweisen. Die Bevölkerung und Interessengruppen können sich zum Netzausbau frühzeitig im Rahmen des Konsultationsprozesses bei der Erstellung des Netzentwicklungsplans beteiligen. Im Biomasseanbau gibt es Vorgaben zum nachhaltigen Anbau in der Biokraftstoff- bzw. der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV und BioSt-NachV), die aber nicht wesentlich über andere bereits bestehende Regelungen (z.b. über Cross-Compliance in der Agrarpolitik) hinausgehen. Neu ist hingegen die Bilanzierung der Treibhausgasemissionen aus der Bioenergie, die um einen bestimmten Prozentsatz niedriger liegen müssen als das Äquivalent aus fossiler Energie Um an dieser Stelle die Entwicklung der Flächeninanspruchnahme abzubilden, wurden Abschätzungen vorgenommen für die Brennstoffbereitstellung, die Umwandlung und die Verteilung von Energie. Tab. 5-1 zeigt dies für 2011 und 2012 auf Basis von Anlagenzahlen bzw. installierten Leistungen und spezifischen Durchschnittswerten für die in Anspruch genommenen Flächen. Insbesondere der Energiepflanzenanbau, der bereits in der letzten Stellungnahme adressiert wurde, die Windenergie und die Übertragungsnetze werden in Zukunft an Bedeutung hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme gewinnen. 102

137 Umweltwirkungen des Energiesystems Tab. 5-1: Abschätzung der Flächeninanspruchnahme des Energiesystems Konventionelle Energiebereitstellung Flächennutzung Ø spezifische Inanspruchnahme Inanspruchnahme in km Kernkraftwerke Anlagenfläche 150 m 2 /MW el 4 4 Kohlekraftwerke Anlagenfläche 350 m 2 /MW el Gas-/Ölkraftwerke Anlagenfläche 200 m 2 /MW el 5 5 Heizwerke Anlagenfläche 15 m 2 /MW th <0,5 <0,5 Raffinerien Anlagenfläche ha Braunkohletagebau In Betrieb Rekultiviert Steinkohlebergbau Oberirdisch - vernachlässigbar Lager für nukleare Brennstoffe Erneuerbare Energiebereitstellung Oberirdisch - vernachlässigbar Windkraftanlagen Versiegelt 460 m 2 /MW Abstandsfläche m 2 /MW PV auf Freifläche Offene Fläche m 2 /MW Energiepflanzen Ackerbau Biomasseanlagen Anlagenfläche 20 m 2 /kw el bzw m 2 /MW el Biokraftstoffherstellung Anlagenfläche 0,4 m 2 /t; 1 m 2 /t 3 3 Geothermie Anlagenfläche - vernachlässigbar Wasserkraft Anlagenfläche - vernachlässigbar Verteilung Stauseen m 2 /MW Übertragungsnetz Schutzstreifen 50 m bzw. 70 m Tankstellen Anlagenfläche 3.000m Quelle: Eigene Berechnungen; Konventioneller Kraftwerkspark: Jensch [1987]; UBA [2012] inkl. der abgeschalteten und im Rückbau befindlichen Kernkraftwerke; Heizwerke: AGFW [2013, 2012]; Raffinerien: Abschätzung nach verfügbaren Daten sowie Kapazitäten und Verarbeitungsstruktur; Braunkohletagebau: Kohlenwirtschaft [2013]; Windenergie: Versiegelte Flächen: BMU [2012b, 2005]; Abstandsfläche: BLWE [2012]; UBA [2013c]; Photovoltaik-Freiflächenanlagen: ZSW [2013]; Energiepflanzenanbau: FNR [2013]; Biomasseanlagen: DBFZ [2013] mit 20 m 2 /kwel für Biogasanlagen und m 2 /MW el für (Heiz-)Kraftwerke; Biokraftstoffe: Schätzung nach BDBE [2014]; UFOP[2013, 2011] mit 0,4 m 2 /t für Biodiesel und 1 m 2 /t Bioethanol; Stauseen: Jensch [1987]; UBA [2012]; Übertragungsnetz: BNetzA [2013b], Schutzstreifen nach DIN EN 50341; Tankstellenfläche: Rathjen [2003], -anzahl: MWV [2013]. Steinkohlebergbau, Lager für nukleare Brennstoffe, Geothermie- und Wasserkraftanlagen wurden hier nicht berücksichtigt, da geringe oberirdische Inanspruchnahme bzw. geringe Anzahl. Auch oberflächige Bergschäden und Flächen im Ausland sind nicht berücksichtigt. 103

138 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 169. Die Flächeninanspruchnahme von Windkraftanlagen, insbesondere im Zusammenhang deren gesellschaftlicher Akzeptanz, sind ein intensiv diskutiertes Thema, nicht nur in Deutschland [Wüstenhagen et al., 2007]. Bei der Beurteilung wird zumeist zwischen der versiegelten Fläche der Fundamente und der Fläche, die darüber hinaus beansprucht wird, unterschieden. Dabei gibt es zur Beurteilung der beanspruchten Fläche Kriterien, wie etwa den technischen Mindestabstand zu anderen Anlagen, Geräuschentwicklung, Schattenwurf und insbesondere auch die optische Auswirkung auf Landschaften [Hau, 2008]. Aufgrund der hohen Bedeutung der Windkraft im zukünftigen Strommix der Bundesrepublik trifft sich die Bund-Länder-Initiative Windenergie (BLWE) regelmäßig zur Ausarbeitung von Raumordnungsplänen und anschließender Ausweisung von Flächen zur Windenergienutzung. In diesem Zusammenhang stellt sie bundeslandspezifische Abstandsempfehlungen unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten zusammen. Es werden 40 verschiedene Kriterien 32 benannt, die je nach Bundesland anders bewertet werden. Die Bundesregierung beschreibt im Monitoring-Bericht das kritische Verhältnis von Energiestandorten und Flächeninanspruchnahme, macht aber keine Ausführungen zur Lösung dieses Konfliktes Es gibt verschiedene Berechnungsmethoden zur Flächeninanspruchnahme: Die Deutsche Energieagentur (dena) gibt in ihrer Netzstudie einen Orientierungswert von 0,07 km²/mw an [dena, 2010a], während das BBSR die gesamte installierte Leistung der Windkraftanlagen ins Verhältnis zu den ihnen zugewiesenen Raumordnungsgebieten setzt. Der so ermittelte durchschnittliche Wert beträgt 0,05 km²/mw [Einig et al., 2011]. Nach eigenen Berechnungen, die im Folgenden beschrieben werden, liegt der spezifische Wert bei 0,14 km²/mw Die wesentlichen Faktoren, die eine Auswirkung auf den Abstand von Windkraftanlagen und damit auf die Flächeninanspruchnahme haben, sind die Nabenhöhe und der Durchmesser der Rotorblätter. Wir nutzen hier den technischen Mindestabstand von Windkraftanlagen, der sich bei der Errichtung 32 U.a. Naturschutzgebiete, Biosphärenreservate, Gewässer, Siedlungen, Bahnlinien 104

139 Fläche / km² Umweltwirkungen des Energiesystems von Windparks bewährt hat. 33 Dieser entspricht in etwa fünf Mal dem Rotordurchmesser in Hauptwindrichtung und drei Mal dem Rotordurchmesser in Nebenwindrichtung [UBA, 2013c]. Summiert man die Flächen dieser Ellipsen auf, gewichtet nach dem Rotordurchmesser aller Windkraftanlagen in Deutschland, so erhält man die in Abb. 5-1 dargestellte Zeitreihe. Abb. 5-1: Aggregierte, technische Flächeninanspruchnahme von Windkraftanlagen an Land in Deutschland Quelle: Eigene Berechnungen; FGW [2013]; ÜNB [2013b] Durch den Zubau hat sich die Flächeninanspruchnahme der Windkraftanlagen deutlich vergrößert. Betrug sie im Jahr 2000 noch ca. 900 km², so beläuft sie sich aktuell auf ca km² Die Fläche für das Übertragungsnetz kann durch einen Schutzstreifen beschrieben werden, der nach DIN EN um Hochspannungsnetze 50 Meter und um Höchstspannungsnetze 70 Meter beträgt. In Abhängigkeit von der Länge der Übertragungsnetze ist die beanspruchte Fläche von 2007 bis 2012 leicht gestiegen, von km 2 auf km 2. Für den Zeitraum vor 2007 liegen keine Daten bei der BNetzA vor [BNetzA, 2013b]. Jahr 33 Hält man diesen Abstand bei der Konstruktion von Windparks nicht ein, so kann die lokale Veränderung der Aerodynamik dazu führen, dass auch bei optimalen Windbedingungen die Nennleistung nicht erreicht wird. 34 Dies entspricht 1,34 % der Gesamtfläche Deutschlands ( km²) [Destatis, 2014b] 105

140 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 173. Insgesamt nahm die Energieversorgung im Jahr 2012 immerhin etwa km 2 in Anspruch (ohne rekultivierte Flächen; inklusive Abstandsflächen). Allein km 2 entfallen dabei auf den Energiepflanzenanbau. Das sind etwa km 2 oder 4 % mehr als Der Anteil an der Fläche der Bundesrepublik stieg damit um 0,4 Prozentpunkte von 9,3 % auf 9,7 %. Diese Entwicklung lässt sich hauptsächlich auf die weitere Zunahme des Energiepflanzenanbaus um rund km 2 sowie den Ausbau der Windenergie und der PV-Freiflächenanlagen mit einem Plus von rund 250 km 2 und 60 km 2 zurückführen. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass Flächen sich auch überlappen können. So stehen etwa Windkraftanlagen auch auf Ackerflächen, auf denen Energiepflanzen angebaut werden. Dies konnte in den Berechnungen nicht im Detail berücksichtigt werden. Ein Rückgang der beanspruchten Fläche zeigt sich bei den Raffinerien (Stilllegung und anderweitige Nutzung der Anlage als Tanklager) und minimal auch bei den Anlagen zur Biokraftstoffherstellung Eine direkte Aussage zu Schwellenwerten einer unter naturschutzfachlichen Aspekten und von der Bevölkerung akzeptierten Flächeninanspruchnahme lässt sich nicht nennen. Dazu müssten regionale Informationen herangezogen werden, da in Abhängigkeit von der Konzentration und der Verteilung sowie dem Landschaftswert die Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme unterschiedlich bewertet werden. Diese regionale Betrachtung ist allerdings im Rahmen dieser Stellungnahme nicht möglich und auch nicht notwendig. 5.2 Radioaktivität und Endlagerproblematik 175. Mit der Energiewende wird die Nutzung der Kernenergie in Deutschland Ende 2022 beendet sein. Dennoch ist die Suche eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle notwendig. Im Energiekonzept selbst wird die Klärung der Frage nach einem Standort für ein dauerhaftes Lager für hochradioaktive Abfälle aus der Stromerzeugung als Ziel genannt. Mit dem am 23. Juli 2013 beschlossenen und zum 01. Januar 2014 in Kraft tretenden Standortauswahlgesetz (StandAG) hat die Bundesregierung einer alten und von verhärteten Fronten gekennzeichneten Diskussion um eine sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland einen neuen Impuls gegeben. 106

141 Umweltwirkungen des Energiesystems 176. Das Standortauswahlverfahren, das bis 2031 abgeschlossen sein soll, ist durch ein hohes Maß an Transparenz, Beteiligung und Offenheit charakterisiert. Dem dient auch die Einrichtung der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe. 35 Mit Suche, Planung und Bau wurde das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beauftragt, die Überwachung übernimmt das neu gegründete Bundesamt für kerntechnische Entsorgung, das im Geschäftsbereich des BMU als Bundesoberbehörde eingerichtet wird. Alle wesentlichen Entscheidungen sollen von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, um der Standortwahl größtmögliche Legitimation zu verschaffen. In diesem Prozess wurde festgelegt, dass es im Vorhinein keine Standortvorfestlegungen geben soll Dennoch gibt es bei einigen Punkten weiterhin Klärungsbedarf. Ungeklärt ist bspw., wohin die 26 derzeit in Frankreich und Großbritannien lagernden Castoren gebracht werden sollen. Drei der fünf Bundesländer, in denen Kernkraftwerke und Zwischenlager in Betrieb sind, weigern sich, zusätzliche Castor-Behälter aufzunehmen: Hessen, Bayern und Niedersachsen. Lediglich Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben sich zu einer Aufnahme bereit erklärt. Auch ungeklärt ist, wie und in welchem Umfang die Betreiber der Kernkraftwerke an den durch das StandAG zusätzlich verursachten Kosten beteiligt werden sollen Die Empfehlung der Expertenkommission, für das Monitoring die Menge an hochradioaktivem Abfall nach notwendigen Einschlusszeiten zu quantifizieren und die Abfälle aus dem Rückbau der Kernkraftwerke sowie deren Lagerorte darzulegen, ist weiterhin gültig. Durch die Nutzung der Atomenergie sind bisher knapp t Schwermetall (SM) in deutschen Atomkraftwerken produziert worden [BfS, 2013; Schönberger, 2013]. Darüber hinaus entstand im ehemaligen Uranbergbau und in Uranaufbereitungs- sowie Brennelementfertigungsanlagen und Forschungszentren Atommüll, der hier allerdings nicht quantifiziert werden kann. 35 Bestehend aus einem Vorsitzenden, Vertretern der Bundespolitik (8), Landespolitik (8), Wissenschaft (8), Umweltverbänden (2), Religionsgemeinschaften (2), Wirtschaft (2) und Gewerkschaften (2). 107

142 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 179. Für die Lagerung der radioaktiven Abfälle liegen nur Daten für das Jahr 2010 vor. 36 Von insgesamt t SM lagerte etwa ein Viertel (3.353 t) in deutschen Zwischenlagern, ein weiteres Viertel (3.448 t SM) befand sich Ende 2010 in den Lagerbecken deutscher Kraftwerke, und die verbleibende Hälfte (6.686 t SM) lagert zur Wiederaufbereitung im Ausland, hauptsächlich in La Hague (F) und Sellafield (GB) [BMU, 2011] Bis zum Jahre 2022 werden voraussichtlich noch etwa t SM zusätzlichen Atommülls in deutschen Kraftwerken produziert [Schönberger, 2013]. Der Atommüll aus allen deutschen Atomkraftwerken wird sich entsprechend über die gesamte Laufzeit bis zum Jahr 2022 auf rund bis t SM belaufen. Zusätzlich werden radioaktive Abfälle aus dem Abriss der Atomkraftwerke anfallen. Laut BMU [2011] haben diese Abfälle das größte Volumen, jedoch handelt es sich hierbei überwiegend um mittel- und leichtradioaktive Abfälle. Schönberger [2013] gibt an, dass für Atomkraftwerke, die bereits im Abriss sind, zwischen t und t nicht-dekontaminierbare radioaktive Abfälle pro Block anfallen (siehe Tab. 5-2). Tab. 5-2: Voraussichtliche Menge radioaktiver Abfälle durch den Abriss von Atomkraftwerken AKW Radioaktive Abfälle (t) Brutto-Leistung (MW) Spez. Abfallmenge (t/mw) Gundremmingen-A ,6 Lingen ,6 Obrigheim ,5 Stade ,5 Mühlheim-Kärlich ,3 Quelle: Schönberger [2013] 181. Zudem sollten im Monitoring-Bericht Messwerte der ionisierenden Strahlung an Kraftwerksstandorten sowie den Lagerstätten dargestellt und erläutert werden. Daten dazu liefert das Bundesamt für Strahlenschutz. Ein Beispiel dafür zeigt Abb. 5-2 für das Kernkraftwerk Brunsbüttel. 36 Zur Lagerung der hochradioaktiven Abfälle gibt es zurzeit nur Daten für das Jahr Im Oktober 2014 wird der Bericht für die 5. Überprüfungskonferenz mit aktuellen Zahlen veröffentlicht. Der Bericht wird alle drei Jahre aktualisiert. 108

143 μsv/h Umweltwirkungen des Energiesystems Abb. 5-2: Beispiel: Ortsdosisleistung in Brunsbüttel zwischen 2002 und ,1 Ortsdosisleistung in Brünsbüttel ( ) 0,095 0,09 0,085 0,08 0,075 0,07 0,065 0,06 Ortsdosisleistung Schwellenwert Quelle: BfS [2014a] 182. Auch die Anzahl meldepflichtiger Störfälle in den noch betriebenen Kernkraftwerken sollten im jeweiligen Betrachtungszeitraum dargestellt werden. Störfälle werden zum einen nach der Meldekategorie (nach steigender Bedeutung des Vorfalls: Normalmeldung, Eilmeldung, Sofortmeldung) sowie nach der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (INES: International Nuclear Event Scale) (Stufe 0 entspricht einer Abweichung; Stufe 1-3 entsprechen einer Störung; Stufe 4-7 entsprechen einem Unfall) kategorisiert [IAEA, 2013]. Das BfS veröffentlicht die Meldefälle jedes Jahr [BfS, 2012, 2011, 2008]. Danach wurden seit 2009 keine Eilmeldungen gemacht bzw. es sind nur Abweichungen vom normalen Betrieb aufgetreten (Stufe 0). Im Zeitraum von 2000 bis 2008 gab es hingegen immer wieder auch Störungen im Betrieb (Stufe 1) und im Jahr 2001 zwei Störfälle (Stufe 2), wobei allerdings keine Radioaktivität freigesetzt worden ist Wird Radioaktivität freigesetzt, entspricht dies einem ernsten Störfall und wird mindestens der Stufe 3 zugeordnet [BfS, 2014b]. 109

144 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 5.3 Weitere Indikatoren 183. Der Verbrauch von Ressourcen durch das Energiesystem beruht auf der Entnahme von fossilen und nuklearen Brennstoffen sowie auf der Nutzung von nicht-energetischen Rohstoffen. Im Monitoring-Bericht der Bundesregierung beschränkt sich die Diskussion über den Ressourcenverbrauch im Unterschied dazu nur auf die Nutzung energetischer Ressourcen Daten zum Ressourceneinsatz werden bisher nur für die Brennstoffe von der AG Energiebilanzen [AGEB, 2013a] detailliert erhoben, während der Einsatz für neue Anlagen oder das Übertragungsnetz nicht separat ausgewiesen werden. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass der Verbrauch von fossilen und nuklearen Brennstoffen mit der Erreichung der Oberziele des Energiekonzeptes auf ein Minimum reduziert wird, während der Verbrauch anderer Ressourcen steigt [Bringezu and Bleischwitz, 2009]. Dies umfasst etwa Beton oder Stahl für die Türme von Windkraftanlagen, Kupfer oder Aluminium als Leitmaterial für das Übertragungsnetz oder Silizium und seltene Erden bspw. für Photovoltaikanlagen. Das Monitoring sollte sich auf die kritischen Ressourcen, bei denen etwa Versorgungsengpässe entstehen könnten, fokussieren und den Verbrauch und Recyclingquoten abbilden. Zur Identifizierung dieser kritischen Ressourcen hat das BMU bereits eine Studie beauftragt, die bis Juni 2014 abgeschlossen sein soll [WI, 2014] Als klassische Luftschadstoffe bezeichnet man Staub, Feinstaub und Kohlenmonoxid, die zur Luftverschmutzung beitragen; Schwefeldioxid, Stickoxide und Ammoniak, die zu Versauerung führen; sowie Stickstoffoxide und flüchtige organische Verbindungen, die bodennahes Ozon bilden. Sie werden bei der Energieerzeugung hauptsächlich durch die Verbrennung von Kraft- und Brennstoffen emittiert Der größte Anteil der energiebedingten Emissionen wird heute vom Verkehr und den stationären Feuerstellen (Haushalte und GHD) ausgestoßen. Sie sind insbesondere für den Großteil des Ausstoßes an Kohlenmonoxid, flüchtigen organischen Verbindungen, Stickoxide, Ammoniak, Staub und Feinstaub verantwortlich. Die Energiewirtschaft ist insbesondere für die SO 2 - Emissionen verantwortlich. 110

145 Umweltwirkungen des Energiesystems 187. Von 1990 bis 2005 konnten große Fortschritte bei der Reduktion der Luftschadstoffe beobachtet werden, sodass sich seit 2005 die durchschnittlichen Emissionen auf einem akzeptablen Niveau stabilisiert haben. Es ist aber zu beachten, dass lokal weitaus höhere Konzentrationen auftreten, die zu gesundheitlichen Problemen führen können. So ist die Belastung durch Stickoxide, Feinstaub und bodennahes Ozon insbesondere in Städten immer noch hoch: Im Jahr 2012 lagen die Stickoxidemissionen in städtischen, verkehrsnahen Gebieten im Jahresmittel über dem gesetzten Grenzwert [UBA, 2014a]; die Tagesgrenzwerte für Feinstaub wurden an einzelnen Tagen an fast allen Messstellen in Deutschland, insbesondere in den kalten Monaten, überschritten und an 13 Messstellen an mehr als 35 Tagen 38 [UBA, 2013d]; und auch wenn im Jahr 2012 bodennahes Ozon keine große Rolle gespielt hat, würde ein besonders warmer Sommer (ähnlich dem Sommer 2003) zu Überschreitungen des Grenzwertes insbesondere in Städten führen [UBA, 2014a] Langfristig ist davon auszugehen, dass die Luftschadstoffe insgesamt sinken werden, da durch den Einsatz erneuerbarer Energien und neuer Technologien, wie etwa von Elektrofahrzeugen, die Verbrennung von Kraft- und Brennstoffen abnimmt bzw. der Einsatz neuer Verbrennungsanlagen und von Schadstofffiltern in Haushalten den Ausstoß reduzieren wird. Allerdings kann etwa die Zunahme der Kohleverstromung in 2012 und 2013 (siehe auch Kapitel 2) kurzfristig zu einer Zunahme der Schwefel- und Stickoxidemissionen führen. Zunehmende Verkehrsleistungen können die Bildung von bodennahmen Ozon und die Feinstaubbelastung erhöhen. Diese Entwicklungen sollten im Rahmen des Monitorings adressiert werden, wobei die Veröffentlichung der Daten bereits an geeigneter Stelle stattfindet [UBA, 2014c]. 5.4 Umweltwirkungen durch Fracking 189. Das Fracking (vom englischen Hydraulic Fracturing) bezeichnet eine Technik zur Gewinnung von Erdgas aus Schiefergestein, bei dem große Mengen Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck injiziert werden, um 38 Der Tagesgrenzwert für Feinstaub (PM10) liegt seit 2005 bei 50 µg/m 3 der an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf [UBA, 2014b]. 111

146 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft das Gestein aufzubrechen und so die Freisetzung des Erdgases im Boden zu bewirken Die Nutzung von Fracking hat in den USA die heimische Gasproduktion aus bisher nicht wirtschaftlich erschließbaren Quellen ermöglicht, damit die Gasgewinnung gesteigert und dort zu einer Reduktion der Gaspreise geführt. Die geringeren Gaspreise führten ihrerseits insbesondere zu Substitutionseffekten von Kohle durch Gas bei der Stromerzeugung in den USA [EIA, 2013a] und letztlich auch zu einer Reduktion der US-Exportpreise für Kohle [EIA, 2013b]. Wenn allerdings die Gaspreise wie erkennbar unter die Kosten der Gasgewinnung fallen, dann wird das Gaspreisniveau auch in den USA langfristig wieder steigen [siehe etwa auch EIA, 2013b; The New York Times, 2013]. In der EU findet die Technik nur in geringem Umfang Anwendung, da das Verfahren mit Risiken für die Umwelt und den Menschen insbesondere dann in Verbindung gebracht wird, wenn das Fracking in der Nähe von Trinkwasserreserven durchgeführt wird. Die Umweltwirkungen sind bisher allerdings kaum erforscht, sodass einige Länder, so etwa Frankreich, Irland und Bulgarien, eine Anwendung so lange verboten haben, bis die Umweltverträglichkeit nachgewiesen ist. Auch in Deutschland wird der Mangel an Wissen um die Umweltauswirkungen von Fracking beklagt. Jedenfalls wird im Koalitionsvertrag der Einsatz umwelttoxischer Substanzen beim Fracking abgelehnt. Der bis jetzt bestehende Wissensmangel soll in Konsultation mit den Bundesländern, der Wissenschaft und Unternehmen aufgelöst werden [KoalV, 2013]. Gleichzeitig sollen Genehmigungen zum Fracking theoretisch ermöglicht werden, jedoch nur in Verbindung mit Untersuchungen, die eine negative Veränderung des Grundwassers zweifelsfrei ausschließen können, sowie einer obligatorischen Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit. In Deutschland gibt es bisher eine Aufsuchungsgenehmigung in Hamburg- Vierlanden, die die Firma ExxonMobil bis 2015 erhalten hat. Sie kann innerhalb dieses Zeitraumes Untersuchungen zu einer möglichen Anwendung von Fracking in dieser Region durchführen Die wenigen empirischen Studien zu den Auswirkungen von Fracking kommen bisher aus den USA [siehe z.b. Di Giulio et al., 2011; Jackson et al., 2013; Olmstead et al., 2013; Vengosh et al., 2013]. Für Deutschland sind bisher Risikoabschätzungen vorgenommen worden [Ewen et al., 2012; Zusammen- 112

147 Umweltwirkungen des Energiesystems fassung durch HLUG, 2013; Meiners et al., 2012a, 2012b; SRU, 2013]. Die wichtigsten Umweltbeeinträchtigungen sind diffuse und migrierende Gase und Chemikalien, was im Folgenden näher erläutert wird Chemikalien 39, die beim Fracking eingesetzt werden, können etwa auch zusammen mit zuvor im Gestein eingeschlossenen Substanzen wie radioaktivem Radium aus dem Frackinggebiet unterirdisch in andere Gebiete wie etwa Trinkwasserreservoire migrieren [Di Giulio et al., 2011; Horwitt, 2011]. Auch Gase (Methan, Ethan, Propan) können sich in erhöhter Konzentration in umliegenden Grundwasservorkommen anreichern, wobei nicht geklärt ist, welche Auswirkungen auf den Menschen von erhöhten Methankonzentrationen im Trinkwasser ausgehen [Jackson et al., 2013; Vengosh et al., 2013] Zudem ist die unkonventionelle Gasförderung mit vielfältigen Emissionen von Stäuben, Dieselabgasen, flüchtigen organischen Verbindungen (volatile organic compound(s); VOC) und Methan verbunden [Ewen et al., 2012; Jackson et al., 2011]. VOC-Emissionen können u.a. zur Bildung von bodennahem Ozon führen; Methanemissionen liegen unter den kritischen Werten für die Gesundheit des Menschen [SRU, 2013], tragen aber zur Klimaerwärmung bei (Methan ist 21-mal klimawirksamer als CO 2 ). So geben Ewen et al. [2012] etwa an, dass Schiefergas eine um 30 bis 183 % schlechtere Klimabilanz aufweist als Erdgas aus konventionellen Lagerstätten, wobei die Spannbreite vor allem abhängt vom Umfang der diffusen Methanemissionen und der Energiebereitstellung für Bohrungen und Förderung. Transport und Gasreinigung sowie die Herstellung von Chemikalien und Rohren haben einen eher unwesentlichen Einfluss auf die THG-Bilanz. Eine Entscheidung für den Einsatz des Frackings sollte entsprechend gut überlegt werden, wobei wir zurzeit keinen Handlungsdruck hinsichtlich der Nutzung von Fracking zur Erschließung unkonventioneller Lagerstätten sehen auch nicht unter ökonomischen Gesichtspunkten oder hinsichtlich der Versorgungssicherheit (siehe Kap. 6.5). 39 Chemikalien werden beim Fracking eingesetzt, um das Bilden von Rissen zu erleichtern, die Oberflächenspannung von Wasser zu reduzieren oder zu verhindern, dass die Rohre verstopfen oder verschmieren. Die meisten der eingesetzten Chemikalien gelten als gesundheits- und umweltgefährdend [vgl. Colborn et al., 2011]. 113

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149 Entwicklung der Versorgungssicherheit 6 Entwicklung der Versorgungssicherheit Das Wichtigste in Kürze Energieversorgungssicherheit lässt sich in geeigneter Weise entlang der Wertschöpfungskette von Primärenergie, Umwandlung, Transport und Verteilung bis hin zum Endverbraucher beschreiben. Zur Messung der langfristigen Stromversorgungssicherheit kann die verbleibende gesicherte Leistung als Resultat der Leistungsbilanz herangezogen werden. Auch wenn die entsprechenden Berechnungen derzeit mit großer Unsicherheit behaftet sind, ist momentan noch kein genereller Kapazitätsengpass in Deutschland erkennbar. Doch mit dem geplanten Abstellen der noch verbleibenden Kernkraftwerke in Süddeutschland droht dort ein lokaler Kapazitätsengpass. Er wird verschärft durch den Rückstand beim Ausbau der Übertragungsnetze. Der System Average Interruption Duration Index (SAIDI) weist auf eine recht entspannte Situation bei der kurzfristigen Stromversorgungssicherheit hin. Doch wegen der immer häufigeren Redispatch-Eingriffe der Übertragungsnetzbetreiber sowie der Problematik, dass Stromunterbrechungen von weniger als 3 Minuten in Deutschland dort immer noch nicht statistisch erfasst sind, muss die kurzfristige Versorgungssicherheit als weniger komfortabel bewertet werden als dies im SAIDI zum Ausdruck kommt. Die im letzten Jahr realisierten Speicher- und Pipeline-Ausbauten haben die langfristige Versorgungssicherheit im Bereich von Erdgas verbessert. Die Sicherheit der Importe stellt aus Sicht der Expertenkommission ebenfalls keine akute Bedrohung dar, weil allfällige Störungen im Bereich der Importe spiegelbildlich mit wirtschaftlichen Ertragseinbußen auf Seiten der Exportländer verbunden sind. Ein entsprechender Indikator ist der Unterschied der relativen Diversifizierung der Exportländer gegenüber Deutschland. 6.1 Elektrizität: Verbleibende gesicherte Leistung als Indikator der Versorgungssicherheit 194. Energieversorgungssicherheit lässt sich in geeigneter Weise entlang der Wertschöpfungskette von Primärenergie, Umwandlung, Transport und Vertei- 115

150 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft lung bis hin zum Endverbraucher beschreiben. Zur Operationalisierung des Begriffs der Versorgungssicherheit in der Elektrizitätswirtschaft bietet es sich aus unserer Sicht an, zwischen langfristiger Versorgungssicherheit und kurzfristiger Systemsicherheit zu unterscheiden. Die langfristige Versorgungssicherheit ist bedingt durch die Investitionstätigkeit zur Bereitstellung ausreichender und geeigneter Kapazitäten zur Erzeugung, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie. Ausreichend beschreibt dabei das zu definierende Niveau der Versorgungseinheit zur Deckung der Verbraucherlast. Versorgungssicherheit ist eine Voraussetzung für kurzfristige Systemsicherheit, welche mit den gegebenen Betriebsmitteln einen sicheren Betrieb des Versorgungssystems gewährleisten muss Eine Maßzahl für die kurzfristige Versorgungssicherheit ist der System Average Interruption Duration Index (SAIDI). Der SAIDI berücksichtigt jedoch nicht geplante Abschaltungen oder Versorgungsunterbrechungen von weniger als 3 Minuten. Auch solche Unterbrechungen stellen für den Stromkunden eine Einschränkung der Versorgung dar und sollten bei der Bewertung der Versorgungssicherheit berücksichtigt werden. Die Bundesregierung weist zwar im Monitoring-Bericht in Kapitel 8 Netzbestand und Netzausbau auf die Einschränkungen des SAIDI hin. Sie umgeht dieses Problem jedoch durch die Behauptung, solche Unterbrechungen seien für den Qualität des Netzes nicht aussagekräftig. Die Expertenkommission rät dringend zu einer Ergänzung des Indikatorensets um eine Maßzahl, welche auch geplante Versorgungsunterbrechungen und Unterbrechungen von weniger als 3 Minuten berücksichtigt. Wie bereits in unserer letztjährigen Stellungnahme dargestellt, kann vermutet werden, dass auch kurze Unterbrechungen erhebliche volkswirtschaftliche Schäden verursachen können. Der Bundesregierung wird empfohlen, dieser Problematik nachzugehen und die erforderliche Datenbasis zu schaffen. Langfristig sollten auch Indikatoren entwickelt werden anhand derer Abweichungen von der Normspannung erfasst werden, welche noch nicht zu einem Totalausfall der Stromversorgung führen. Entwicklung der gesicherten Leistung 196. In unserem letztjährigen Bericht hatten wir empfohlen, die sogenannte Leistungsbilanz bzw. die verbleibende gesicherte Leistung als einen Indikator für die Beurteilung der Versorgungseinheit der Elektrizitätswirtschaft her- 116

151 Entwicklung der Versorgungssicherheit anzuziehen. Die Leistungsbilanz beurteilt die Erzeugungs- und Lastsituation zur kritischsten Situation eines Jahres und erlaubt damit eine Einschätzung der Versorgungssicherheit Die Expertenkommission stimmt der Bundesregierung zu, dass der konventionelle Kraftwerkspark den Großteil der gesicherten Leistung zur Verfügung stellen muss. In der Tat muss auch in Zukunft jederzeit der nachgefragten Last eine entsprechend gesicherte Erzeugungsleistung in Deutschland gegenüber stehen. Sowohl die Ermittlung der gesicherten Leistung als auch die Ermittlung der Nachfragelast sind tatsächlich sehr komplexe Aufgaben. Dies kann aber nicht bedeuten, dass die vorhandenen Informationen über die Leistungsbilanz im Monitoring-Bericht nicht eingehender diskutiert werden. Im Monitoring-Bericht der Bundesregierung wird stattdessen auf den Indikator Installierte Gesamtleistung (Kapitel 7.2.1) abgestellt Dabei ist die Leistungsbilanzmethode national sowie auf europäischer Ebene seit langer Zeit als Indikator der Versorgungssicherheit in der Elektrizitätswirtschaft etabliert [ENTSO-E, ; UCTE, ; VDN, ]. Auch wird dieser Indikator regelmäßig in einschlägigen Berichten wie bspw. dem Monitoring der Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität gemäß 51 EnWG herangezogen, um das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem heimischen Markt zu beurteilen [BMWi, 2012, 2011b, 2008]. Schließlich wurden die Übertragungsnetzbetreiber mit der Novellierung des EnWG im Jahr 2011 gemäß 12 Absatz 5 EnWG gesetzlich dazu verpflichtet, jeweils am 30. September eines Jahres einen Bericht über die Leistungsbilanz an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu übermitteln. Im nachfolgenden wird die Verwertbarkeit der Leistungsbilanzdaten diskutiert Für die gemäß 12 Absatz 5 EnWG ermittelte Leistungsbilanz des Jahres 2012 orientieren sich die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) an den Vorgaben des Verbands Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E), wonach sich die verbleibende gesicherte Leistung aus der Leistungsbilanzrech- 117

152 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft nung als Differenz aus Jahresspitzenlast der Nachfrage 40 vermindert um abschaltbare Lasten und der Summe der gesicherten Leistung im Inland ergibt. Die gesicherte Leistung ergibt sich wiederum aus der Differenz von installierter (Netto-) Kraftwerkskapazität und der nicht verfügbaren Kraftwerkskapazität, die durch stochastische oder revisionsbedingte Ausfälle thermischer Kraftwerke, dargebotsabhängige Nichtverfügbarkeiten bei Wind-, Wasserkraft oder Photovoltaik und nicht zuletzt Kapazitäten für Reserve- und Systemdienstleistung (Regelenergie) bedingt ist. Ist die Differenz aus gesicherter Leistung und Last positiv, sind die inländischen Kapazitäten ausreichend zur Deckung der Nachfrage. Importkapazitäten müssten nicht in Anspruch genommen werden. Die Höhe der verbleibenden Leistung bestimmt dabei das Versorgungssicherheitsniveau. Die Leistungsbilanz wird sowohl retrospektiv für das vorangegangene Jahr zum tatsächlichen Zeitpunkt der Jahreshöchstlast als auch vorausschauend für zukünftige Jahre erstellt Tab. 6-1 zeigt die Leistungsbilanzen zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast für die Jahre 2011 und 2012 nach Angaben der ÜNB. Der Tabelle ist zu entnehmen, dass die verbleibende Leistung in beiden Jahren mit 15,5 und 11,1 GW deutlich positiv war. Der Feststellung des Monitoring-Berichts ist zuzustimmen, dass es bezogen auf den deutschen Gesamtmarkt momentan noch keine Hinweise auf unzureichende Erzeugungskapazitäten gibt. Eine Besonderheit der Leistungsbilanz des Jahres 2012 sind nicht einsetzbare Gaskraftwerke mit einer Leistung in Höhe von 1,4 GW. Diese Kraftwerke standen aufgrund des Gasversorgungsengpasses in Süddeutschland Anfang Februar 2012 nicht zur Deckung der Nachfragelast zur Verfügung. Dieser Sachverhalt verdeutlicht die enge Verzahnung der beiden Infrastrukturen und quantifiziert die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit im Elektrizitätsbereich. 40 Da die Höchstlastzeitpunkte zwischen den Mitgliedern des ENTSO-E nicht übereinstimmen, wird die Leistungsbilanz der ENTSO-E einheitlich an jedem dritten Mittwoch eines Monats erstellt. Im Nationalen Kontext bezieht man sich jedoch auf die maximale bzw. maximal zu erwartende Nachfrage. 118

153 Entwicklung der Versorgungssicherheit Tab. 6-1: Leistungsbilanz der Stromversorgung zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast in den Jahren 2011 und 2012 Quelle: Eigene Berechnungen; ÜNB [2013c, 2012a], siehe auch Tab Zeiptpunkt der Jahreshöchstlast Mittwoch, 7. Dezember 2011 Dienstag, 7. Februar :45 Uhr 19:15 Uhr Installierte Leistung 153,3 160,1 davon Kernenergie... 12,1 12,1 davon Fossile Brennstoffe... 71,8 76,9 davon Erneuerbare Energiequellen (ohne Wasser)... 58,5 60,5 davon Wasser... 9,9 10,4 davon Sonstige... 1,0 0,2./. Nicht einsetzbare Leistung 44,4 58,5 davon eingemottete Kraftwerke... 1,2 0,7 davon Gas... 0,0 1,4 davon onshore Wind... 12,4 22,5 davon offshore Wind... 0,1 0,1 davon Photovoltaik... 24,0 25,8 davon Biomasse / Biogas... 1,8 1,7 davon sonstige Erneuerbare Energiequellen... 0,9 0,4 davon Laufwasser... 2,7 3,1 davon Speicher und Pumpspeicher... 1,3 2,8./. Ausfälle 5,6 6,2./. Revisionen 2,1 1,5./. Reserve für Systemdienstleistungen 4,6 4,7 = Gesicherte Leistung 96,7 92,9 + Abschaltbare Lasten 0,0 0,0./. Last 81,2 81,8 = Verbleibende Leistung 15,5 11,1 Verbleibende Leistung (inkl. Kraftwerke im Ausland) 17,2 12, Vergleicht man die beiden Jahresbilanzen im Detail, so ist auffällig, dass es scheinbar einen Zuwachs an fossilen Kraftwerkskapazitäten in Höhe von 5 GW gegeben hat. Dies ist aber nicht auf Kraftwerkszubauten zurückzuführen, sondern auf einen höheren Erfassungsgrad der ÜNB. Nach Angaben der ÜNB lag der Erfassungsgrad gemessen an der gesamtes bekannten installierten Kapazität im Leistungsbilanzbericht 2012 bei 94% und im Bericht des Jahres 2013 bei 98% [ÜNB, 2013c, 2012a]. Weil die Einspeisung von Windenergie zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast im Jahr 2011 bei knapp 16 GW und im Jahr 2012 bei nur 6,3 GW lag, ist die verbleibende Leistung gegenüber 2011 gesunken. Einen Tag nach der Höchstlast im Jahr 2012, am Mittwoch den 8. Februar um 19:00 Uhr, lag die Einspeisung der Windenergie bei nur knapp 2,2 GW [ Dies veranschaulicht nicht nur den stochastischen Charakter der Windenergieeinspeisung, sondern auch die bedingte Aussagefähigkeit einer retrospektiven Leistungsbilanz in einem System mit einem hohen Anteil Windenergie. 119

154 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 202. Aus diesem Grund erstellen die ÜNB neben der retrospektiven Bilanz auf Basis der tatsächlichen Erzeugung 41 auch für das zurückliegende Jahr Leistungsbilanzen als eine Art ex-post Prognose. Hierzu wird die gleiche Methodik wie bei der Prognose für zukünftige Jahre zugrunde gelegt. Bei dieser Vorgehensweise werden auf Basis von Statistiken zu Kraftwerksausfällen, Revisionen und dargebotsabhängiger Nicht-Verfügbarkeiten erneuerbarer Energien die Leistungsbilanzen geschätzt. Die so erstellten Bilanzen sind aber sehr sensitiv bezüglich der Eingangsannahmen und der methodischen Herangehensweise Dies soll an folgendem Rechenbeispiel verdeutlicht werden. Tab. 6-2 zeigt die ex-post Prognose der ÜNB für den Referenzzeitpunkt im Jahr 2011 in zwei unterschiedlichen Berechnungsvarianten: (1) auf Basis der von den ÜNB getroffenen Annahmen des Jahres 2012 (Spalte (a)) und (2) auf Basis der ÜNB- Annahmen des Jahres 2013 (Spalte (b)). Zusätzlich ist in der Tabelle die Differenz zwischen den beiden Varianten dargestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Berechnungsvarianten zwei gegensätzliche Aussagen bezüglich der verbleibenden Leistung und damit zur Versorgungssicherheit durch inländische Kapazitäten liefern. Während die erste Berechnungsvariante eine negative verbleibende Leistung von -1,1 GW ausweist, ergibt sich mit der zweiten Berechnungsvariante eine positive verbleibende Leistung in Höhe von 1,6 GW. Die Unterschiede der beiden Leistungsbilanzen lassen sich der Differenzrechnung entnehmen und ergeben sich in erster Linie durch unterschiedliche Annahmen bzgl. der statistischen Ausfallrate konventioneller Kraftwerke (Δ - 2 GW). Weiterhin tragen zu dieser Differenz noch die unterschiedlichen Annahmen zur nicht einsetzbaren Leistung von Biomassekraftwerken bei (Δ - 0,7 GW). 41 An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch nicht alle Einspeiseleistungen den ÜNB vorliegen und diese somit auch die retrospektive Betrachtung teilweise auf Schätzungen beruht. 120

155 Entwicklung der Versorgungssicherheit Tab. 6-2: Vergleichsrechnung der Leistungsbilanz für das Jahr 2011 unter Annahmen der ÜNB aus dem Jahr 2012 und Referenzzeitpunkt 17:45 Uhr (a) Methodik 2012 (b) Methodik 2013 Differzenz (b)-(a) Installierte Leistung 153,3 153,3 0,0./. Nicht einsetzbare Leistung 60,3 59,6-0,7 davon eingemottete Kraftwerke... 1,2 1,2 0,0 davon Gas... 0,0 0,0 0,0 davon onshore Wind... 27,8 27,8 0,0 davon offshore Wind... 0,2 0,2 0,0 davon Photovoltaik... 24,0 24,0 0,0 davon Biomasse / Biogas... 2,2 1,6-0,7 davon sonstige Erneuerbare Energiequellen... 0,9 0,9 0,0 davon Laufwasser... 2,7 2,7 0,0 davon Speicher und Pumpspeicher... 1,3 1,3 0,0./. Ausfälle 6,2 4,1-2,0./. Revisionen 2,1 2,1 0,0./. Reserve für Systemdienstleistungen 4,6 4,6 0,0 = Gesicherte Leistung 80,1 82,8 2,7 + Abschaltbare Lasten 0,0 0,0 0,0./. Last 81,2 81,2 0,0 = Verbleibende Leistung -1,1 1,6 2,7 Verbleibende Leistung (inkl. Kraftwerke im Ausland) 0,8 3,5 2,7 Quelle: Eigenen Berechnungen; ÜNB [2013c, 2012a] 204. Es ist nicht klar, welche der beiden Varianten die verbleibende Leistung richtig einschätzt. In weitergehenden Analysen haben wir daher die Annahmen der ÜNB mit Literatur-Werten bzw. Werten anderer Studien zu Leistungskrediten der Erneuerbaren Energien und zur gesicherten Leistung konventioneller Kraftwerke gegenübergestellt. Den Daten ist zu entnehmen, dass die Annahmen der ÜNB zur gesicherten Leistung konventioneller Kraftwerke über den Literaturwerten liegen, wohingegen die ÜNB-Einschätzung bzgl. des Leistungskredits der EE unter den Einschätzungen anderer Studien liegt. Die Differenzen in den Annahmen zur gesicherten Leistung konventioneller Kraftwerke liegen in unterschiedlichen Interpretationen der Ausgangsdaten begründet. So basieren sowohl die Ausgangsannahmen in den ÜNB-Analysen 42 als auch in den Berechnungen nach consentec/r2b [2010] und der dena [2010b] auf Verfügbarkeitsstatistiken von Wärmekraftwerken des VGB [2012]. Während die 42 Der Leistungsbilanzbericht der ÜNB aus dem Jahre 2012 verweist auf zwar auf die Dena Netzstudie. Die Werte der Dena-Netzstudie basieren jedoch ebenfalls auf den VGB Statistiken. Die ÜNB-Bilanz des Jahres 2013 verweist explizit auf die Verfügbarkeitsstatistik des VGB. 121

156 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft ÜNB die Werte zur Verfügbarkeit direkt als gesicherte Leistung interpretieren, werden diese Werte in den anderen Analysen als Eingangsparameter für aufwendige wahrscheinlichkeitstheoretische Berechnungen (rekursive Faltung) der gesicherten Leistung herangezogen. Tab. 6-3: Leistungskredite und gesicherte Leistung nach verschiedenen Studien ÜNB 2012 ÜNB 2013 Consentec/ R2B 2010 Dena 2010 Leitstudie 2011 Eigene Annahmen Energieträger Kernenergie 95,5 94,5 92,7 93,0-93,0 Braunkohle 95,3 93,5 87,2-91,3 92,0-90,0 Steinkohle 91,2 94,0 87,6-90,7 86,0-90,0 Erdgas GuD 86,3-89,8 86,0-91,4 97,7 offene Gasturbinen 80,7-82,1 42,0-89,0 Biomasse / Biogas Windenergie 1,0 1,0 6, ,5-6,2 5 Photovoltaik 0,0 0,0 0,0 1,0 0,2-0,4 0,0 Versorgungssicherheitsniveau , Quelle: consentec/r2b [2010]; dena [2010b]; DLR et al. [2012]; ÜNB [2013c, 2012a] 205. Das Ergebnis einer rekursiven Faltung ist eine gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung der gesicherten Leistung des gesamten Kraftwerksparks (inkl. EE), die die statistisch gesicherte Kraftwerksleistung in Abhängigkeit von einem zu definierenden Sicherheitsniveau angibt. Die Wahl des Sicherheitsniveaus ist hierbei maßgeblich für den Wert der gesicherten Leistung. Ein Sicherheitsniveau von 99 % impliziert, dass zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast die Stromnachfrage mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 % durch inländische Kraftwerke gedeckt werden kann. Der relative Beitrag einzelner Technologien zur gesicherten Leistung wird über Grenzbetrachtungen, d.h. Berechnung der gesicherten Leistung mit und ohne die entsprechende Erzeugungstechnologie, näherungsweise bestimmt Für die Leistungskredite der EE greifen die ÜNB auf die Einspeisedauerlinien zurück und berücksichtigen nur jenen Leistungsanteil der EE, der in 99 % der Zeit zur Verfügung steht [ÜNB, 2013c, 2012a]. Die Leistungskredite der EE in den Analysen der dena [2010b] und consentec/r2b [2010] basieren hingegen, wie oben beschrieben, auf der Methode der rekursiven Faltung. Die Analysen der Leitstudie verwenden sowohl die Methode der rekursiven Faltung als auch die sogenannte effective load carrying capacity (ELLC) [DLR et al., 2012]. Letztere Methode berücksichtigt zeitliche Zusammenhänge zwischen [%] 122

157 Entwicklung der Versorgungssicherheit der Last und der Einspeiseleistung und kommt zu geringfügig höheren Leistungskreditwerten als die Methode der rekursiven Faltung [DLR et al., 2012] Zur Veranschaulichung der unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen wird in Abb. 6-1 eine eigene Hochrechnung der verbleibenden Leistung in zwei Varianten für die Jahre 2012 bis 2016 vorgelegt. Die Berechnungsvariante ÜNB 2013 entspricht den Werten des Leistungsbilanzberichts aus dem Jahr In der zweiten Berechnungsvariante werden die in Tab. 6-3 unter eigene Annahmen dargestellten Literaturwerte herangezogen. Beide Darstellungen beruhen auf der von den ÜNB angenommenen Nachfrageentwicklung und abschaltbaren Lasten in Höhe von 0,8 GW. Abb. 6-1: Entwicklung der verbleibenden gesicherten Leistung bis 2016 nach ÜNB-Berechnungen und eigenen Berechnungen Verbleibende Leistung [GW] ÜNB 2013 Eigene Annahmen 14,0 12,0 10,0 8,0 6,0 4,0 2,0 0, Quelle: Eigenen Berechnungen; ÜNB [2012a], siehe auch Tab Der Abbildung ist zu entnehmen, dass beide Berechnungsvarianten zukünftig zu einer steigenden verbleibenden Leistung führen. Dieses Ergebnis ist in erster Linie durch die Zubau-Erwartungen der ÜNB determiniert. Der Rückgang der verbleibenden Leistung im Jahr 2016 ist überwiegend auf die Stilllegung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld zurückzuführen. Ein Vergleich der Berechnungsvarianten untereinander zeigt, dass die von uns unterstellten Werte zu systematisch niedrigeren Leistungswerten führen als der aktuelle Leistungsbilanzbericht aus dem Jahr Die Differenz liegt in einer Größenordnung von 2 GW. Somit bewegt sich die verbleibende gesicherte Leistung im Jahr 2016 in einem Korridor von 10 bis 12 GW. Voraussetzung hierfür ist aller- 123

158 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft dings, dass die zugrunde gelegten Prognosen zu Kraftwerkszubau (inkl. EE) und Kraftwerksstillegungen eintreffen. Insbesondere Kraftwerksstillegungen könnten die Leistungsbilanz jedoch deutlich verändern Diese Ausführungen illustrieren die derzeitige Unsicherheit bezüglich der erzeugungsseitigen Versorgungssicherheit in Deutschland. Methodische Unklarheiten, z.b. die Bewertung des Beitrags von dargebotsabhängigen Erzeugungstechnologien zur gesicherten Leistung ( Leistungskredit ) und die statistischen Verfügbarkeiten konventioneller Kraftwerke, waren in der Vergangenheit bereits Gegenstand intensiver Diskussionen. Exemplarisch sei hier an die Stromlückendiskussion" des Jahres 2008 erinnert [BET, 2008; dena, 2008; UBA, 2009]. Diese Kontroversen beruhen auf uneinheitlichen Berechnungsmethoden zur Erstellung der Leistungsbilanz. Zwar gibt die ENTSO-E methodische Eckpunkte für die Erstellung der Leistungsbilanzen vor, macht jedoch keine verbindlichen methodischen Vorgaben etwa zur Bestimmung der Leistungskredite dargebotsabhängiger Erzeugungstechnologien oder zur Berechnung der statistischen Verfügbarkeit konventioneller Kraftwerke. Auch das EnWG bleibt eine genaue Spezifizierung der methodischen Herangehensweise bei der Erstellung der Leistungsbilanzberichts schuldig, ermächtigt jedoch die Regulierungsbehörde zum Inhalt und zur Methodik Festlegungen zu treffen ( 12 (4) EnWG). Vor diesem Hintergrund liegt es an der Bundesnetzagentur, entsprechende Konkretisierungen vorzunehmen. Wir schlagen zur erstmaligen Festlegung der Berechnungsvorschriften eine gutachterliche Lösung vor, begleitet durch ein Konsultationsverfahren ähnlich der Netzentwicklungspläne Neben methodischen und abstimmungsbedingten Festlegungsproblemen bestehen eine Reihe überwindbarer Datendefizite. Diese ergeben sich zum einen aus technischen und zum anderen aus organisatorischinstitutionellen Randbedingungen. So ist bspw. die Ermittlung der Verbraucherlast über direkte Messungen durch die Netzbetreiber derzeit nicht möglich, da nicht alle Kunden (insbesondere Kleinverbraucher) lastgemessen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die notwendigen Informationen den Übertragungsnetzbetreibern nicht, nur zum Teil oder zeitverzögert vorliegen (z.b. Einspeisung in Netze der VNB, Revisionspläne etc.). Weiterhin gibt es in Deutschland derzeit kein umfassendes und zuverlässiges Register aller Erzeugungskapazitäten [BNetzA, 2013c]. 124

159 Entwicklung der Versorgungssicherheit 211. Zur Behebung der Datenunsicherheiten wurden bereits im Rahmen der Novellierung des EnWG 2011 gemäß 12 (4) umfangreiche Verpflichtungen für Betreiber von Erzeugungsanlagen, Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, Betreiber von Gasversorgungsnetzen, industrielle und gewerbliche Letztverbraucher und Lieferanten von Elektrizität zur Informationsweitergabe an die ÜNB für eine sichere System- und Netzführung festgelegt. Auch hier ist die Bundesnetzagentur bevollmächtigt, Vorgaben zu Inhalt, Methodik und Datenformat etc. zu beschließen. Derzeit arbeiten die wesentlichen Akteure an der Systematisierung und Automatisierung der Informationsflüsse mit dem Ziel eines Energieinformationsnetzes. Damit ist zumindest zukünftig mit einer Verbesserung der Situation zu rechnen Über die genannten Datenunsicherheiten hinaus stellt sich schließlich die Frage nach der Transparenz, d.h. die Überprüfung der Leistungsbilanzberechnungen durch unabhängige Dritte. Zur Steigerung der Transparenz der Leistungsbilanzrechnungen schlagen wir deshalb vor, die Leistungsbilanzberechnungen als integralen Bestandteil der Netzentwicklungspläne festzulegen und somit gemäß 12f EnWG die Herausgabe der zugrundeliegenden Daten an Fachkundige Dritte zu ermöglichen. Damit würde die Leistungsbilanz inklusive der Berechnungsmethodik dem öffentlichen Konsultationsverfahren unterliegen, was die Transparenz und Akzeptanz erhöhen dürfte. Ohnehin ist ein wesentlicher Teil des Leistungsbilanzberichts, die ermittelte Jahreshöchstlast, bereits fester, wenn auch im Konsultationsverfahren nicht unumstrittener Teil der Netzentwicklungspläne [BNetzA, 2013d, 2012a, 2011]. 6.2 Flexibilitätsoptionen der Elektrizitätsversorgung 213. Der Monitoring-Bericht diskutiert in Kapitel 7 das Erzeugungsmanagement im konventionellen Kraftwerkspark. Überraschenderweise wird ausführlich dargelegt welche Veränderungen im Betrieb und bei der Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten stattfinden sollten, ohne zu berücksichtigen, dass diese Entscheidungen vom Betreiber und nicht von politischen Stellen getroffen werden. Der Monitoring-Bericht liefert keine Datengrundlage, dass die Marktteilnehmer ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. Bevor ein politischer Eingriff in den Ausbau und die Nutzung dieser Flexibilitätsoptionen gefordert wird, sollten zunächst die entsprechenden Informationen zur bisherigen Fahr- 125

160 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft weise und zu den technischen Möglichkeiten erhoben werden. Gleiches gilt für abschaltbare Lasten. Tatsächlich werden die vorhandenen Flexibilitätsoptionen durch die Kraftwerksbetreiber aktiv und zielgerichtet genutzt Die Bundesregierung verweist in diesem Kontext darauf, dass Kraftwerksbetreiber bereits heute mit technischen und organisatorischen Maßnahmen die Flexibilität ihrer Kraftwerke erhöhen. Die Bundesnetzagentur erhebt bereits heute regelmäßig die entsprechenden technischen Kraftwerksparameter, ohne diese Informationen oder entsprechende Analysen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gerade auch vor dem Hintergrund der Kapazitätsmarktdiskussion sind quantitative Belege zur Plausibilisierung unabdingbar. Hierzu können und sollten die Monitoringdaten der Bundesnetzagentur ( Fragebogen Elektrizitätserzeuger und speicher ), die u.a. Abfragen zur Mindestlast oder Anfahrdauer enthalten, herangezogen werden (vgl. auch EWK 2012). Wir empfehlen der Bundesregierung im Fortschrittsbericht, entsprechende Analysen vorzulegen und Empfehlungen abzugeben. Die Möglichkeiten der systematischen Nutzung des Flexibilitätspotenzials in der aktuellen Diskussion um das Strommarktdesign der Zukunft müssen genügend Beachtung finden Die Entwicklung von neuen Speichertechnologien und systemen stellt einen weiteren Schwerpunkt des politischen Interesses dar, auch wenn noch kein unmittelbarer Bedarf zur Speicherung größerer Strommengen im deutschen System besteht. So stellt die Bundesregierung im Rahmen der Forschungsinitiative Energiespeicher im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms in einer ersten Phase bis 2014 Mittel in Höhe von 200 Mio. Euro zur Verfügung, um die Entwicklung der verschiedenen Speichertechnologien zu beschleunigen Im Rahmen der Förderinitiative wurden zwei Förderleuchttürme definiert: Wind zu Wasserstoff und Batterien im Verteilnetz. Im erstgenannten Cluster werden die unter dem Begriff Power-to-Gas bekannten Themen der Erzeugung von chemischen Energieträgern (Wasserstoff oder synthetisches Methan) mittels Elektrolyse aus erneuerbarem Strom untersucht. Das Ziel ist, die erforderlichen Technologien für Langfrist- bzw. saisonale Speicher zu entwickeln. Im zweiten Cluster steht die Rolle der verschiedenen Speichertechnologien im Verteilnetz im Mittelpunkt. Technologieseitig werden insbesondere 126

161 Entwicklung der Versorgungssicherheit die unterschiedlichen Batteriesysteme, aber auch Pump- und Druckluftspeicher und ihre potenzielle Rolle im Verteilnetz analysiert und weiterentwickelt Einen zusätzlichen Schwerpunkt in der Förderinitiative bildet die Wärmespeicherung, da in ihr einerseits eine Schlüsseltechnologie für die sinnvolle Verknüpfung von Strom- und Wärmemarkt gesehen wird. Andererseits kann die saisonale Wärmespeicherung auch einen direkten Beitrag zur Ausweitung der Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmesektor leisten Flankierend startete diesbezüglich das Bundesumweltministerium in Kooperation mit der KfW im Mai 2013 ein Programm zur Förderung von Batteriespeichersystemen, die in Kombination mit Photovoltaikanlagen betrieben werden. Ziel ist die beschleunigte Einführung erster kombinierter Photovoltaik-/Batterie-Systeme. Zudem sollen die geförderten Systeme einen Beitrag zur lokalen Netzentlastung leisten. Hierfür soll die Ladung des Batteriesystems so gesteuert werden, dass die Mittagsspitze der Photovoltaikeinspeisung gespeichert und somit das Stromnetz nicht belastet wird. Bis Mitte November 2013 wurden in diesem Programm nach Angaben der KfW Bank Kredite mit einem Gesamtvolumen von 36 Millionen Euro vergeben. Neben den Krediten werden Tilgungszuschüsse in Höhe von 600 bis 660 Euro pro Kilowatt Peak- Leistung der Photovoltaik-Anlage gewährt. Während die zukunftsorientierte Förderung einer breiten Technologieentwicklung im Bereich der Energiespeicherung aus Sicht der Expertenkommission positiv zu werten ist, wird die Unterstützung der Markteinführung im Fall der Batteriespeicher eher kritisch gesehen. Es besteht die Gefahr, in die Situation zu geraten, einen als Anschubfinanzierung konzipierten neuen und dauerhaften Fördertatbestand zu schaffen. Zudem ist auch die langfristige Kosteneffizienz dieser dezentralen Speicherung im Energiesystem der Zukunft zu klären. Hier ohne eine hinreichende Bestätigung mit einem Förderprogramm frühzeitig strukturelle Änderungen zu zementieren erscheint daher zumindest fragwürdig. Allerdings ist im Allgemeinen die Technologieentwicklung seitens der Bundesregierung zu begrüßen. So wird ein wichtiger Beitrag dazu geleistet, dass die erforderlichen Technologien zur Verfügung stehen können, wenn sie im System benötigt werden An dieser Stelle sei das Thema Lastmanagement auf Seiten der Verbraucher angesprochen. Es stellt eine Option dar, die teilweise bereits genutzt wird, etwa bei Betreibern von Kühlhäusern und elektrischen Wärmeversor- 127

162 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft gungsystemen. Anpassungen auf Seiten der Nachfrage werden künftig eine größere Rolle spielen müssen, wenn angebotsseitig die intermittierende Stromerzeugung ausgebaut wird. Im Rahmen der bestehenden Elektrizitätsmarktordnung sind in erster Linie die Stromvertriebe bzw. die Bilanzkreismanager in der Pflicht, die bei ihren Kunden schlummernden Flexibilitätspotentiale zu heben. Viele Marktteilnehmer haben damit auch bereits begonnen und entwickeln innovative Vertriebsprodukte. Allerdings sind kaum kommerzielle Erfolge erkennbar, was die Marktentwicklung einschränkt. Die Hemmnisse sind teilweise auch technischer und regulatorischer Natur Auch die von der Bundesregierung im Dezember 2012 eingeführte Verordnung zu abschaltbaren Lasten erlebt diese Schwierigkeiten. Sie steht in Konkurrenz zu den Initiativen der Vertriebe, die Flexibilitätsoptionen zu erschließen, weil sie die Übertragungsnetzbetreiber zur monatlichen Ausschreibung einer Gesamtabschaltleistung von bis zu MW verpflichtet, wobei ein Leistungspreis von Euro/MW Abschaltleistung und Arbeitspreise zwischen 100 und 400 Euro/MWh vorgeschrieben sind. Die hierzu auf der Internet- Plattform zur Vergabe von Regelleistung veröffentlichten Daten zeigen, dass von den maximal möglichen MW durchschnittlich nur rund 800 MW tatsächlich bezuschlagt werden, da sich nur wenige industrielle Endverbraucher als Bieter an der Ausschreibung beteiligen oder beteiligen können. Der anstehende Fortschrittsbericht 2014 sollte die bestehenden Strukturen und Verantwortlichkeiten (Bilanzkreismanager, Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber) in den einzelnen Teilmärkten analysieren und sich auf dieser Basis mit der Frage befassen, wie auf effiziente Weise die Nutzung von Flexibilitätsoptionen erreicht und mögliche Synergien zwischen den Marktteilnehmern gehoben werden können. 6.3 Stromversorgungssicherheit: Kapazitätsengpass oder Netzengpass? 221. Aufgrund des Ausbaus intermittierender Erzeugungskapazitäten, der Abschaltung konventioneller Kraftwerke und des schleppenden Netzausbaus kommt es in den letzten Jahren vermehrt zu kritischen Netzengpässen. Diese Situation wird durch die Tatsache verschärft, dass sich die Großzahl der noch abzuschaltenden Kernkraftwerke im Süden der Republik befindet. Aktuell fehlende Investitionsanreize führen dazu, dass südlich der Mainlinie auch in den nächsten Jahren ein regionaler Kapazitätsengpass möglich ist. Insbesondere 128

163 Entwicklung der Versorgungssicherheit angespannt ist die Situation im Winter, wenn die elektrische Verbrauchslast die Jahreshöchstlast erreicht. Zusätzlich entsteht zu dieser Jahreszeit eine Konkurrenzsituation zwischen Wärmewirtschaft und Stromwirtschaft, da der Primärenergieträger Erdgas auch zum Heizen eingesetzt wird Die Bundesnetzagentur erstellt aus diesem Grund in Zusammenarbeit mit den Übertragungsnetzbetreibern seit 2011 jährlich ex-ante Analysen, um einen möglichen Kapazitätsengpass zu erkennen. Konkret wird ein eventuell bestehender Bedarf an Kraftwerkskapazität ermittelt, der anschließend außerhalb des regulären Strommarktes über bilaterale Verträge kontrahiert wird. Im Winter 2012/2013 wurden Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 2,5 GW in diese Kaltreserve (neuerdings Netzreserve) aufgenommen. Der jüngste Winterbericht der Bundesnetzagentur beurteilt den vergangenen Winter als insgesamt weniger angespannt als ein Jahr zuvor [BNetzA, 2013e]. Gleichzeitig weist er aber auf die Tatsache hin, dass die Übertragungsnetze trotz erheblicher Eingriffe der Übertragungsnetzbetreiber nicht zu jedem Zeitpunkt (n-1) sicher betrieben werden konnten. Tab. 6-4 veranschaulicht die zeitliche Entwicklung der kontrahierten Kraftwerke. Tab. 6-4: Zeitreihe über die als Netz-/Kaltreserve kontrahierten Kraftwerke Winter Leistung / GW Quelle: BNetzA [2013e, 2013f, 2013g] 2011/2 1,6 2012/3 2,5 2013/4 2,5 2015/6 4, Auch der Gesetzgeber ist sich dieser Tatsachen bewusst und bringt dies in Form der EnWG-Novelle 2012 zum Ausdruck. Bezüglich der Versorgungssicherheit werden in 13 folgende Neuerungen beschlossen: Verpflichtung für Kraftwerksbetreiber, eine Kraftwerksstilllegung 12 Monate im Voraus anzukündigen Recht der BNetzA, den als systemrelevant eingestuften Kraftwerken gegen Kostenerstattung die Stilllegung zu untersagen Juristische Absicherung der nicht-unterbrechbaren Gasversorgung bei systemrelevanten Gaskraftwerken 129

164 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Verordnungsermächtigung für eine Reservekraftwerksverordnung [ResKV, 2013] zur transparenten Umsetzung der vorangehenden Maßnahmen Die ResKV wurde im Laufe des Jahres 2013 beschlossen und gilt vorerst bis 2017 zum Zweck der transparenten Gestaltung der sogenannten Netzreserve. Sie legt den Maßstab für den Bedarf an neuen Kraftwerken fest, bestimmt Art und Höhe der Vergütung solcher Kraftwerke, die Regeln zur Ausschreibung sowie die Möglichkeit der Übertragungsnetzbetreiber, in Abstimmung mit der BNetzA selbst Kraftwerke zu bauen. Die Verordnung dient vorrangig dazu, die Kompetenzen der BNetzA und der Übertragungsnetzbetreiber zu erweitern, um die Systemstabilität gewährleisten zu können. Es ist ein grundsätzlich problematisches Instrument, da es die Fähigkeit des Marktes einschränkt, dieses Problem anzusprechen Als Folge der im Juni 2013 in Kraft getretenen ResKV sind bei der Bundesnetzagentur mit Stand zum bereits 40 Anträge zur Stilllegung konventioneller Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von ca. 10 GW eingegangen [BNetzA, 2014b]. Es ist zu vermuten, dass einige dieser Kapazitäten von den Betreibern nur prophylaktisch zur Stilllegung angemeldet wurden, um im kommenden Jahr mehr Handlungsspielraum zu haben. Sollten die Großhandelspreise für Strom weiter fallen, dürften sich vermutlich viele Kraftwerksbetreiber für eine Kraftwerkstilllegung entscheiden. Die angemeldeten Kraftwerke, die von der BNetzA als systemrelevant eingestuft werden, fallen gemäß ResKV in die Netzreserve. Sie erhalten dann für fünf Jahre eine Vergütung für die Betriebsbereitschaft, die über eine Umlage auf die Netzentgelte (Umlage für abschaltbare Lasten) finanziert wird. Sollte sich der Kraftwerksbetreiber später zur Wiederteilnahme am freien Markt entschließen, ist diese Vergütung zu erstatten. Es wird beobachtet werden müssen, welche der zur Stilllegung angemeldeten Kraftwerke von der BNetzA als systemrelevant eingestuft werden und inwieweit sich dieser Kapazitätsmechanismus bewähren wird. 130

165 Entwicklung der Versorgungssicherheit Abb. 6-2: Zu- und Rückbau von Kraftwerkskapazitäten südlich der Mainlinie Quelle: Eigene Darstellung, BNetzA [2013h] 226. In Abb. 6-2 ist die Einschätzung der BNetzA hinsichtlich des geplanten Zu- und Rückbaus von Kraftwerkskapazitäten südlich der Mainlinie dargestellt. Zum Rückbau gehören das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld zum Ende des Jahres 2015 sowie das Kernkraftwerk Gundremmingen zum Ende des Jahres Bis 2018 werden voraussichtlich Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von MW zugebaut und Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von MW (dargebotsunabhängige Kraftwerke) rückgebaut. Es resultiert ein bilanzieller Rückbau von MW. Die angespannte Lage in Süddeutschland dürfte sich demnach noch verschärfen Die Bundesregierung diskutiert im Monitoring-Bericht die angespannte Lage in Süddeutschland und nennt als Handlungsoptionen Netzausbau und Kraftwerkserhalt und neubau zum dauerhaften Erhalt der Versorgungssicherheit in Süddeutschland. Wir weisen hierzu auch darauf hin, dass die Bundesnetzagentur noch eine weitere Option in der Engpassbewirtschaftung der Grenzkuppelstellen zwischen Deutschland und Österreich sieht [BNetzA, 2013f]. Weiterhin sieht die BNetzA erst dann die Option von Kraftwerksneubauten in Süddeutschland geboten, wenn die im Frühjahr 2014 durchzuführenden Neuberechnungen im Ergebnis einen höheren Reservebedarf ausweisen. 131

166 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 228. Der Monitoring-Bericht der Bundesregierung stellt die Option Kraftwerkserhalt und -neubau in den Vordergrund und weist in diesem Zusammenhang auf den Neubau von Gaskraftwerken hin (vgl. Monitoring-Bericht Kapitel 7.5). Gaskraftwerke seien vergleichsweise schnell ggf. auch unter Ertüchtigung des Pipelinesystems zu errichten. Aus Sicht der Expertenkommission fehlen an dieser Stelle Ausführungen über die Größenordnung von Gas-Kraftwerken sowie darüber, was unter vergleichsweise schnell zu verstehen ist. Der Bericht der Bundesnetzagentur zur Feststellung des Reservekraftwerksbedarfs für den Winter 2015/2016 präzisiert zwar die Aussagen und verweist auf Herstellerangaben, wonach die Realisierung mobiler Gasturbinen (inkl. Genehmigungsverfahren) in rund einem Jahr erfolgen könnte [BNetzA, 2013f]. Allerdings lässt auch die BNetzA offen von welchen Kraftwerksgrößenklassen hier die Rede ist. Immerhin ist zu bedenken, dass schon die Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) für Anlagen kleiner 50 MW 3 Monate und für Anlagen größer 50 MW 7 Monate in Anspruch nehmen ( 10 (6a) BImSchG). Somit erscheint eine Realisierung von Anlagen größer 50 MW innerhalb von 12 Monaten zumindest als prüfungswürdig Eine der kurzfristig zu realisierenden Gegenmaßnahmen ist die Fertigstellung der Südwestkuppelleitung zwischen Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt über Thüringen bis nach Redwitz in Bayern, die auch als Thüringer Strombrücke oder als EnLAG-Vorhaben Nr.4 bezeichnet wird. Dieses Vorhaben ist in 5 Teilabschnitte untergliedert. Während die ersten beiden Abschnitte bereits gebaut worden sind und der dritte sich derzeit im Bau befindet, durchlaufen der vierte und fünfte Abschnitt seit September dieses Jahres noch das Planfeststellungsverfahren. Die BNetzA veröffentlicht quartalsweise ein Monitoring, das u.a. den Fortschritt dieses EnLAG-Vorhabens Nr.4 dokumentiert. Insgesamt geht sie von einer Inbetriebnahme des Vorhabens im Zeitraum zwischen 2015 und 2017 aus Unter den Akteuren der Energiewirtschaft ist weitgehend unumstritten, dass erst durch die Beseitigung dieses Nadelöhrs im deutschen Übertragungsnetz eine Entspannung der Lage in Süddeutschland möglich wird. Einerseits führt die starke Konzentration von Windkraftanlagen im Norden der Republik zeitweise zu erheblichen physikalischen Lastflüssen von Norden nach Süden. Die Thüringer Strombrücke würde diesen erhöhten Lastfluss ermöglichen. Andererseits hilft der Netzausbau, die fehlenden dargebotsunabhängi- 132

167 Entwicklung der Versorgungssicherheit gen Kapazitäten des Südens mit Kraftwerken aus dem Norden besser auszugleichen Bei der Reservekraftwerksverordnung (ResKV) handelt es sich um einen vorerst bis 2017 befristeten Versuch, die akute Problematik fehlender Investitionsanreize für Backup-Kapazitäten zu entschärfen. Dies schafft vor allem Zeit für eine gründliche Diskussion und eine zielführende, grundlegende Problemanalyse über das anschließende weitere Vorgehen. Es geht um das offensichtliche Problem, dass in mittel- bis langfristiger Sicht weiterhin elektrizitätswirtschaftliche Investitionen getätigt werden müssen. Doch diese sind aktuell praktisch nur noch in den politisch geförderten oder regulierten Bereichen von EEG und KWK-G wirtschaftlich rentabel. Selbst viele Bestandsanlagen sind wirtschaftlich gefährdet Es gibt verschiedene Ansätze, um die Verfügbarkeit von Backup- Kapazitäten zu sichern und damit einen Beitrag zur stabilen Stromversorgung zu leisten. Zunächst ist dabei die Frage zu klären, wer letztendlich die Verantwortung für die Stromversorgung übernehmen soll und ob diese Verantwortungen auch wahrgenommen werden können. Während ursprünglich die monopolistischen Verbundgesellschaften zuständig waren, ist diese Verantwortung mit der Strommarktliberalisierung auf die Vertriebe namentlich die Unternehmen der Grundversorgung übergegangen. Sollten sie dieser Verantwortung nicht gerecht werden, so drohen ihnen harte Sanktionen. Für die sehr kurzfristigen Zeiträume von weniger als einer Stunde bis zum Lieferzeitpunkt sind zudem die Übertragungsnetzbetreiber in der Pflicht. Sie beschaffen Regelenergie, die sie an die Marktteilnehmer als Ausgleich für unerwartete Mehr- oder Mindermengen weiterleiten. Die Diskussion über ein neues Marktdesign unterstellt implizit ein drohendes kollektives Versagen dieser beiden Gruppen von Marktteilnehmern. Somit ist zu klären, worauf dieses Versagen zurückzuführen ist und wie diese Defizite zu überwinden sind. Solche Aspekte könnten die suboptimale Nutzung von bereits bestehenden Arten von Kapazitätsverträgen sein (bspw. so genannte Kraftwerksscheiben oder Reserve- und Zusatzstromverträge) oder einer nicht ausreichenden, langfristigen Planungsperspektive. Dies führt dann auch zur Beantwortung der Frage, ob dafür tatsächlich ein staatlich regulierter Kapazitätsmarkt notwendig ist oder es vielleicht andere, bessere Lösungen gäbe. So könnte die Akzeptanz gegebenenfalls wieder steigender Großhandelspreise als Folge verringerter Erzeu- 133

168 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft gungskapazitäten oder die Integration der erneuerbaren Kapazitäten in den Elektrizitätsmarkt bereits Abhilfe schaffen Mit der ResKV hat vorübergehend auch die BNetzA Verantwortung für die Stromversorgung übernommen, und zwar nicht mehr nur als ein externer Moderator, sondern als direkter Akteur am Markt. Damit ist ein Teil der Verantwortung von den Marktteilnehmern auf eine Behörde verlagert worden. Angesichts der unerwarteten Sofort-Abschaltung von rund 8000 MW Kernkraftwerkskapazität im Frühjahr 2011 hatte dieser Schritt wohl seine Berechtigung. Im Monitoring-Bericht der Bundesregierung wird nun angekündigt, mittelfristig einen Kapazitätsmechanismus zu entwickeln, weil sich die Situation ausreichender Kapazitäten bis zum Ende des Jahrzehnts ändern könnte. Bei allen anstehenden Diskussionspunkten sollten die tieferen Ursachen der Kapazitätsmarktdiskussion nicht außer Acht gelassen werden. 6.4 Netze der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft 234. Die veränderten Randbedingungen in der Erzeugung gehen mit einem notwendigen Umbau und damit verbunden Investitionen in Übertragung und Verteilung elektrischen Stroms einher. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat in ihren Netzstudien I und II [dena, 2010a, 2005] in einem Konsortium erstmals den Ausbaubedarf des deutschen Übertragungsnetzes aufgrund erhöhter Einspeisung erneuerbarer Energien quantifiziert und eine Reihe energiepolitischer Entscheidungen ins Rollen gebracht. Im Berichtsjahr 2012 wurde von der dena eine ähnliche Studie mit dem Fokus auf die Verteilnetze erstellt [dena, 2012]. Auch verschiedene Berichte der Bundesnetzagentur beschäftigen sich ausführlich mit diesen Themen. Leider greift der aktuelle Monitoring- Bericht der Bundesregierung diese informativen Vorarbeiten nicht umfassender auf. Verteilnetze 235. Bei zunehmendem Ausbau von dezentralen Erzeugungsanlagen kann sich der klassische Lastfluss zu Zeiten hoher Einspeisung erneuerbarer Energien bspw. umkehren. In diesem Fall ist der lokale Strombedarf in den Verteilnetzen geringer als die lokale Erzeugung. Solange das Stromnetz aus ausschließlich passiven Elementen besteht, stellt dies keine größere technische 134

169 Entwicklung der Versorgungssicherheit Herausforderung dar. Ab einer gewissen Leistungsschwelle müssen diese Verteilnetze aber verstärkt oder sogar ausgebaut werden. Die nach Technologie und Verteilnetzebene differenzierte Darstellung der angeschlossenen Leistung ist daher ein guter Indikator für den nötigen Investitionsbedarf in die Verteilnetzebene. Die Expertenkommission schlägt vor, dies als Indikator zu verwenden. Abb. 6-3: Nach Verteilnetzebene aufgeschlüsselte zeitliche Entwicklung der installierten Leistung erneuerbarer Energien 1'600 1'400 1'200 1' installierte Leistung [MW]1'800 Höchstspannung Biomasse Solar Wind 15'000 10'000 5'000 0 installierte Leistung [MW]20'000 Hochspannung Biomasse Solar Wind Mittelspannung Niederspannung 30'000 25'000 20'000 15'000 10'000 5'000 0 installierte Leistung [MW]35'000 Biomasse Solar Wind 20'000 15'000 10'000 5'000 0 installierte Leistung [MW]25'000 Biomasse Solar Wind Quelle: ÜNB [2013b] 236. In Abb. 6-3 ist die zeitliche Entwicklung der installierten Leistung, gegliedert nach Spannungsebenen, dargestellt. Im Jahr 2005 waren in der Niederspannungsebene erneuerbare Energien mit einer installierten Leistung von ungefähr MW angeschlossen. Zum Ende des Berichtsjahres 2012 hat sich dieser Wert auf knapp MW verzehnfacht. In der Niederspannungsebene sind hauptsächlich Photovoltaikanlagen angeschlossen. In der Mittelspannungsebene waren vor 10 Jahren fast ausschließlich Windkraftanlagen angeschlossen. Inzwischen spielen auch Biomasse- und Photovoltaikanlagen eine wichtige Rolle. In die Hochspannungsebene speisen hauptsächlich Windkraftanlagen ein. Insgesamt waren bis einschließlich 2012 Biomasse-, Solar- und 135

170 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von knapp MW gemeldet, wobei 98 % dieser Kapazitäten am Verteilnetz angeschlossen waren In den Monitoringberichten der BNetzA wird jährlich das Investitionsvolumen in die Verteilnetze ausgewiesen. Im Berichtsjahr 2012 setzt sich der Gesamtwert von 3,02 Mrd. Euro aus 1,6 Mrd. Euro für Neubau, Ausbau und Erweiterung und 1,42 Mrd. Euro für Erhalt und Erneuerung zusammen. Neben dem Netzausbau geht es insbesondere um die Erhöhung des Querschnitts von Kabeln und der Transformatorleistung, die Verkabelung von Freileitungen, die Trennstellenoptimierung und den Einbau von Messtechnik. Der aus dem Ausbau erneuerbarer Energien abgeleitete zusätzliche Investitionsbedarf in der Verteilnetzebene wird von der dena in der bereits erwähnten Studie geschätzt. Diesen Schätzungen liegt der mittlere Ausbaupfad des Netzentwicklungsplans zugrunde. Den Berechnungen zufolge besteht ein zusätzlicher Investitionsbedarfs von über 27 Mrd. Euro bis 2030 ausschließlich für den Neubau von Leitungen, wobei neue Technologien nicht berücksichtigt sind. Der höchste Anteil fällt auf der Hochspannungsebene an, da Erzeugungsanlagen aus untergeordneten Ebenen auch dort Kostentreiber sind. Legt man diesem Kapitalwert eine Abschreibungsdauer von 20 Jahre zugrunde bei einem Zinssatz von 6,5 %, so ergibt sich ein jährlicher Investitionsbedarf von über 2,5 Mrd. Euro. Vergleicht man diesen Wert mit den Investitionen in Neubau, Ausbau und Erneuerung (vgl. Abb. 6-4) so kommt man zu dem Schluss, dass in den vergangenen Jahren die getätigten Investitionen zwar zugenommen haben, aber immer noch erheblich unter dem tatsächlichen Bedarf liegen Die tatsächlichen Investitionskosten sind dennoch umstritten. Eine Studie des Verbands kommunaler Unternehmen kommt bspw. zu dem Schluss, dass unter Einbezug innovativer Betriebsmittel im Netzbereich lediglich Investitionen in Höhe von 13 Mrd. Euro bis 2030 notwendig sind [VKU, 2013]. Zusätzlich sei darauf hingewiesen, dass dieser Investitionsbedarf in die Verteilnetze im Rahmen der Energiewende eine eher geringfügige Rolle spielt, zumal nicht sämtliche der künftig notwendigen Investitionen auf die Energiewende zurückgeführt werden können. Allein die Differenzkosten des EEG im Jahr 2012 lagen bei knapp 15 Mrd. Euro. 136

171 Investitionen / Mio. EUR Entwicklung der Versorgungssicherheit Abb. 6-4: Investitionen in Neubau, Ausbau und Erweiterung der Verteilnetze Quelle: BNetzA/BKartA [2012] Übertragungsnetze 239. Die Politik hat im Rahmen des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) sowie des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG) die nötigen politischen Grundlagen zum Ausbau der Übertragungsnetze gelegt. Ziel des NABEG ist die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Bevor der erste Spatenstich gesetzt werden kann, durchläuft die Planung eines solchen Übertragungsnetzes viele Verfahrensschritte: ein Genehmigungs-, ein Raumordnungs- und ein Planfeststellungsverfahren. In Abb. 6-5 ist der Fortschritt aller Teilabschnitte dargestellt: 5 sind noch nicht im Genehmigungsverfahren, 2 sind im Raumordnungsverfahren, 38 sind vor oder im Planfeststellungsverfahren, weitere 5 sind genehmigt oder im Bau und 12 Teilabschnitte sind bereits realisiert. Das entspricht 268 von insgesamt 1855 Kilometern (vgl Abb. 6-6). Im Jahr 2012 wurden weitere 54 Kilometer fertig gestellt. Der Großteil der Vorhaben ist aber in Verzug Das Ausmaß der Verzögerung wird in Abb. 6-6 deutlich. Ursprünglich sollten bis Ende 2012 schon 712 Kilometer fertig gestellt sein. Der größte Teil der EnLAG-Vorhaben sollte bis 2015 fertiggestellt werden, doch wird dies nach aktuellem Stand frühestens 2017 erreicht. Der untere Rand des aktuellen Zielpfads bildet alle erwarteten Verzögerungen bei nicht optimalem Verfahrensverlauf ab. Der obere Rand dagegen stellt den optimalen Verlauf dar. 137

172 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 6-5: Status der EnLAG-Vorhaben Anzahl der Teilabschnitte nicht im Genehmigungsverfahren im Raumordnungsverfahren vor oder im Planfeststellungsverfahren genehmigt oder im Bau realisiert Quelle: BNetzA [2013i] 241. Angesichts der Verzögerungen hat die Bundesregierung weitere Instrumente zur Beschleunigung der Netzplanungen eingeführt. Dazu gehört der Netzentwicklungsplan (NEP), der jährlich von den vier Übertragungsnetzbetreibern und der BNetzA unter Einbezug der Öffentlichkeit erstellt werden muss. Auf diesen Netzentwicklungsplänen beruht der gesetzliche Bundesbedarfsplan, der nach seiner Verabschiedung durch den Bundestag den Ausbaubedarf gesetzlich verankert und dafür sorgen soll, dass auf Grund des damit festgestellten öffentlichen Interesses niemand mehr der entsprechenden Netzausbau-Notwendigkeit gerichtlich widersprechen kann. Abb. 6-6: Ursprünglich geplanter und tatsächlicher Zielpfad des Netzausbaus nach EnLAG Quelle: Eigene Darstellung; BNetzA [2013i, 2010] 138

173 Entwicklung der Versorgungssicherheit 242. Der aktuelle Monitoring-Bericht geht in Abschnitt 8.4 auf die Bedeutung grenzüberschreitender Stromflüsse ein. Tatsächlich kann der europäische Strombinnenmarkt die ökonomische Effizienz des Gesamtsystems erhöhen. In den Ausführungen der Bundesregierung wäre es jedoch wünschenswert gewesen, die aktuellen Entwicklungen sowie deren Probleme konkret zu thematisieren. Ob die Einbindung erneuerbarer Energien in den europäischen Strommarkt tatsächlich dazu beiträgt, den Strom effizienter in das System zu integrieren ist eine Aussage, die nicht einfach zu belegen ist Die Energiewende wäre ohne die Einbettung des deutschen Stromnetzes in den europäischen Netzverbund kaum möglich. Der internationale Stromaustausch ermöglicht den Ausgleich von Last- und Erzeugungsspitzen und somit eine Stabilisierung der Stromversorgung. Der Monitoring-Bericht berücksichtigt jedoch nicht, dass physikalische Flüsse nicht gleichbedeutend mit Marktintegration sind. Marktintegration herrscht dann vor, wenn Preisunterschiede in angrenzenden Märkten durch Handel ausgeglichen werden können. Dies ist nur möglich wenn die Grenzkuppelstellen noch freie Kapazitäten aufweisen. Je häufiger im Jahresablauf die Grenzkuppelstellen vollkommen ausgelastet sind, desto stärker ist der Handel hierdurch beschränkt und es kommt zu divergierenden Preisen. Dies ist gleichbedeutend mit einer verringerten Marktintegration. Der Anstieg physikalischer Stromflüsse ins Ausland übers Jahr bei unveränderter Kapazität der Grenzkuppelstellen muss vor dem Hintergrund der kommerziellen Außenhandelsströme bewertet werden. Daten zu Preisen und zur Auslastung von Grenzkuppelstellen liegen vor. Im Monitoring-Bericht der Bundesregierung sollten diese Daten für eine tiefergehende Analyse Verwendung finden Eine verstärkte Integration der europäischen Strommärkte ist erklärtes Ziel der Europäischen Kommission. Die Verflechtung der nationalen Netze führt jedoch bereits heute dazu, dass die Energiewende Auswirkungen auf die Nachbarländer hat. Die innerdeutschen Engpässe beim Abtransport von norddeutscher Windenergie verursachen Ringflüsse über die Beneluxstaaten oder Polen und Tschechien, welche dort durchaus Probleme hervorrufen können. An der polnischen Grenze wird aus diesem Grund derzeit ein Phasenschieber errichtet, welcher die Stromflüsse aus Deutschland begrenzen soll. 139

174 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Netzentgelte 245. Mit der Regulierung der Netze durch die BNetzA sind die Netzentgelte auf den verschiedenen Netzebenen teilweise sehr deutlich gesunken. Im Jahr 2012 wird erstmals ein Wiederanstieg der Netzentgelte auf breiter Front sichtbar. Unmittelbar begründet ist dies durch die novellierte Anreizregulierungsverordnung, derzufolge die Netzbetreiber die von ihnen getätigten Investitionen ohne die bisherige zweijährige Karenzzeit bei den Netzentgelten berücksichtigen dürfen Die Bundesregierung mahnt in ihrem Monitoring-Bericht an, dass Unternehmen und Haushalte, die ihren eigenen Strom erzeugen, im Umfang dieser Erzeugung keine Netzentgelte zahlen. Das ist nur bedingt richtig. Verbraucher mit registrierter Leistungsmessung (rlm-kunden) zahlen nicht nur einen Arbeitspreis, sondern ebenfalls einen Leistungspreis, der sich an der Spitzenlast orientiert. Damit wird insbesondere auch die Vorhaltung von Netzkapazität abgerechnet. Setzt ein Unternehmen sein Kraftwerk dagegen gezielt ein, um Lastspitzen zu decken, so vermeidet es neben dem Arbeitsentgelt auch das Leistungsentgelt, trägt aber gleichzeitig zu einer Entlastung der Netze bei. Aus Sicht der Expertenkommission sollte dieser Mechanismus in Zukunft stärker auf die Verfügbarkeit der erneuerbaren Energien abgestimmt werden. Gasnetze und -speicher 247. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) und das Bundeskartellamt (BKartA) haben sich in ihrem Monitoringbericht 2012 vom 5. Februar 2013 zur Entwicklung der Elektrizitäts- und Gasmärkte auch mit möglichen Störungen der Gasversorgung befasst. Auch der Winterbericht 2012/13 der BNetzA vom 20. Juni 2013 geht auf dieses Thema ein. Beide Berichte gelangen zu einer grundsätzlich positiven Einschätzung der Gasversorgungssicherheit. Hatten Engpässe im Gas-Fernleitungsnetz im Februar 2012 noch zu einer Unterbrechung der Gasversorgung von Kraftwerken sowie zu negativen Auswirkungen auf die Sicherheit der Stromübertragungsnetze geführt, sind derartige Risiken seither durch die Inbetriebnahme von zwei neuen Transportleitungen (Sannerz-Rimpar- Leitung zwischen Hessen und Bayern sowie die Gazelle-Leitung durch die Tschechische Republik von Sachsen nach Bayern) gesunken Auf Veranlassung der BNetzA haben darüber hinaus einige Kraftwerksbetreiber gasseitig feste Kapazitätsbuchungen vorgenommen (Irsching 5 in 140

175 Entwicklung der Versorgungssicherheit Vohburg und RDK 4 in Karlsruhe), wobei die damit verbundenen Mehrkosten stromseitig auf die Übertragungsnetzentgelte gewälzt werden. Noch nicht umgesetzt wurde die Initiative der BNetzA, systemrelevante Gaskraftwerke vermehrt auf den Betrieb mit alternativen Brennstoffen nachzurüsten, bspw. Heizöl Wegen der Wechselwirkungen zwischen den elektrischen Übertragungsnetzen und Gas-Fernleitungen wurden die jeweiligen Betreiber zu einer engeren Kommunikation aufgefordert, die inzwischen als ein kontinuierlicher Prozess institutionalisiert wurde. Auch dies dürfte die Versorgungssituation in Notfalllagen verbessern. Der Gesetzgeber ist aber noch einen Schritt weiter gegangen. Mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 14. Dezember 2012 darf der Gasbezug von systemrelevanten Gaskraftwerken nicht mehr eingeschränkt werden durch netzbezogene Maßnahmen, die eigentlich zur Beseitigung einer Gefährdung/Störung von Fernleitungsnetzen notwendig wären. Marktbezogene Maßnahmen wie bspw. vertragliche Regelungen zur Abschaltung von Gasverbrauchern dürfen bei systemrelevanten Gaskraftwerken nur nachrangig, also nach Ausschöpfung aller anderen verfügbaren netz- und marktbezogenen Maßnahmen, ergriffen werden (EnWG 16, abs. 2a). Es muss sich noch zeigen, inwieweit diese neue Vorschrift mit den Forderungen von 53a EnWG kompatibel ist, wonach die Versorgung von Haushaltskunden und gasbetriebenen Fernwärmeanlagen selbst bei einer teilweisen Unterbrechung der Gasversorgung oder bei außergewöhnlich hoher Gasnachfrage gewährleistet bleiben muss. Die hiermit implizierte Verlagerung von Versorgungsrisiken von den Stromkunden auf die Wärmekunden ist aus unserer Sicht problematisch Ein weiteres gasseitiges Versorgungsrisiko wurde in diesem Sommer im Bereich der Gasspeicher sichtbar. Nach Angaben des Monitoringberichts 2012 genießt die Infrastruktur zwar mit 43 Untertagespeichern und einem nutzbaren Arbeitsgasvolumen von 22 Mrd. m 3 einen Spitzenplatz in Europa [BNetz- A/BKartA, 2012]. Weitere drei Gasspeicher sind inzwischen hinzugekommen. 141

176 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Abb. 6-7: Speicherfüllstände und tagesscharfe Ein-/Ausspeisung Quelle: Eigene Darstellung, GIE [2014] 251. Allerdings ist zu prüfen, ob die kommerzielle Speicherbewirtschaftung geeignet ist, auch im Notfall, etwa bei einem besonders harten und langen Winter, die jederzeitige Gasversorgungssicherheit zu gewährleisten. Mit der Liberalisierung der Gasmärkte werden die vorhandenen Speicherkapazitäten zunehmend von den Transportkunden zur Strukturierung der u.a. temperaturbedingt schwankenden Lieferverpflichtungen und preislichen Optimierung des Gasbezugs gebucht und genutzt. Dabei sinkt die Bedeutung der Speichernutzung zum saisonalen Ausgleich von langfristigen Lieferverträgen und zur Abdeckung von Versorgungsnotlagen. Dies wurde beispielhaft im Winterhalbjahr 2012/13 deutlich, als die Gasspeicher im April 2013 nach einer unerwartet langen Kälteperiode so gut wie leer waren (vgl. Abb. 6-7). Bis zum Beginn des aktuellen Gaswirtschaftsjahres 2013 (1. Oktober 2013) war der saisonal übliche Speicherfüllstand um etwa 10 % unterschritten (Quelle: Mitteilung vom 28. Oktober 2013). Allerdings ist die Gasnachfrage in den letzten Jahren rückläufig und die Gasspeicherkapazitäten sind um rund 10 % angestiegen Über die Transparenzplattform GSE erhält man tagesscharf Informationen über den Zustand der deutschen Gasspeicher. Die Datenbank erfasst 142

177 Entwicklung der Versorgungssicherheit Informationen über Füllstand, Gesamtkapazität, sowie über Ein- und Ausspeisemengen und die dazugehörigen Kapazitäten. In Abb. 6-7 werden die historischen Daten über Gasspeicherfüllstande und Ein-/Ausspeisemengen graphisch dargestellt. Als Folge der sehr langen Heizperiode im vergangenen Winter ist deutlich zu erkennen, wie weit der gesamte Gasspeicherfüllstand im Vergleich zu anderen Jahren gesunken ist. Weiterhin ist im Zusammenhang mit der kritischen Versorgungssituation im Februar 2012 deutlich zu erkennen, wie die Ausspeisekapazitäten fast vollständig ausgeschöpft worden sind. An einem Tag wurden fast 80 % der gesamten Ausspeiseleistung in Anspruch genommen. Es sei darauf hingewiesen, dass diese aggregierten Zahlen die regionale Verteilung der Speicher nicht berücksichtigen. Eine gesamtdeutsche Ausspeiseleistung von 80 % lässt demzufolge vermuten, dass die süddeutschen Speicher an Ihrem Maximum operierten. Es muss also zwischen sehr kurzfristiger Versorgungssicherheit bzgl. der Ausspeiseleistung und mittelfristiger Versorgungssicherheit bzgl. der Gasspeicherkapazitäten unterschieden werden. Während in Norddeutschland viele Speicherkapazitäten vorhanden sind, beschränkt sich das Angebot in Süddeutschland im Wesentlichen auf die Agglomeration südöstlich von München. 6.5 Internationale Aspekte der Versorgungssicherheit 253. Bereits in der letzten Stellungnahme hat die Expertenkommission die Aspekte der internationalen Versorgungssicherheit kommentiert. Etliche Anregungen wurden erfreulicherweise auch im Monitoring-Bericht der Bundesregierung aufgegriffen. Dies soll hier weitergeführt werden. Dazu werden folgende Schwerpunkte gesetzt und analysiert. Es sollte nicht per se Ziel der deutschen Energiepolitik sein, Energieimporte und somit die Importabhängigkeit zu verringern. Bei einer Diskussion über die Versorgungssicherheit sollten der europäische Kontext und somit der angestrebte europäische Energiebinnenmarkt mit berücksichtigt werden. Die Diversifikation der Lieferländer für deutsche und europäische Energieimporte ist weitergehend zu analysieren und im Einzelfall zu bewerten. 143

178 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Energieimporte und Versorgungssicherheit 254. Aus Sicht der Energieversorgungssicherheit stellt die Verringerung von Energieimporten an sich kein sinnvolles Ziel dar. Deutschland ist wie kaum ein anderes Land in die globalen Handels- und Leistungsbilanzströme eingebettet und profitiert als Volkswirtschaft insgesamt von der Integration der Weltmärkte. Importe von Primärprodukten, bei denen Deutschland keinen komparativen Kostenvorteil hat, sind volkswirtschaftlich sinnvoll und leisten einen Beitrag zum allgemeinen Wohlstand und im Fall von Deutschland auch zum Abbau der Ungleichgewichte der deutschen Außenhandelsbilanz Darüber hinaus ist Deutschland auch wegen geringer eigener Erdgasund Erdöl-Ressourcen auf Energieimporte angewiesen. In diesem Fall wird eine Gefährdung der Sicherheit der Energieversorgung meist mit einem hohen Anteil eines einzigen Lieferlandes oder einer organisierten Gruppe von Ländern wie der OPEC in Verbindung gebracht (Importkonzentration). Dabei sollte jedoch der Blickwinkel nicht allein auf die deutsche Versorgungssituation verengt werden. Deutschland ist im Rahmen der IEA zur internationalen Aushilfe bei Versorgungsstörungen verpflichtet und profitiert im Notfall auch umgekehrt von der Solidarität der IEA-Mitgliedsstaaten. Darüber hinaus ist die deutsche Gaswirtschaft integraler Teil des europäischen Binnenmarkts. In einem Binnenmarkt hängt die Importsicherheit nicht mehr allein von rein nationalen Gegebenheiten ab, auch wenn Ländergrenzen noch eine Rolle spielen, etwa durch begrenzte Austauschkapazitäten für den leitungsgebundenen Gastransport. Einerseits werden Lieferausfälle in einem Binnenmarkt länderübergreifend auftreten und auch versucht länderübergreifend auszugleichen. Andererseits lässt sich die Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten steigern, wenn die europäischen Gasmärkte als Binnenmarkt organisiert sind und nicht als Verbund einzelner Nationalstaaten Bei der Betrachtung der Abhängigkeit von Energieimporten wird in den Importländern gerne ausgeblendet, dass umgekehrt auch Exportländer von den Importländern abhängen. Offenkundig kann die große Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu gesamtwirtschaftlichen Problemen führen, wenn diese Lieferungen ausfallen. Umgekehrt hängt aber auch Russland von seinen Absatzmärkten ab und hätte mit ökonomischen Problemen zu kämpfen, wenn 144

179 Entwicklung der Versorgungssicherheit der Gasabsatz nach Deutschland und Europa wegbrechen würde. Es liegt also eine wechselseitige Abhängigkeit vor, die stabilisierend wirken kann Darüber hinaus hängt die Lieferzuverlässigkeit von der politischgesellschaftlichen Stabilität der Lieferländer ab. Ein vergrößerter Importanteil aus stabilen Ländern kann durchaus zur Verbesserung der Versorgungssicherheit beitragen. Zur Bewertung von Importrisiken müssen alle diese Aspekte Konzentration auf einzelne Lieferländer, gegenseitige Abhängigkeiten und politische Stabilität der Lieferländer gemeinsam betrachtet werden. Maßzahlen für die Sicherheit der Energieimporte 258. Die Bundesregierung weist im Monitoring-Bericht darauf hin, dass die Versorgungsstruktur breit diversifiziert ist (vgl. Monitoring-Bericht Kapitel 2.1). Sie gibt dafür allerdings keine indikative Maßzahl an. Die Expertenkommission gibt hierzu nachfolgend einige Anregungen: Verschiedene Indikatoren werden für die Messung der Abhängigkeit von Energieimporten bzw. des Risikos von Lieferausfällen diskutiert. Die meisten dieser Indikatoren basieren auf Konzentrationsmaßen, die angeben, wie stark die Importe auf ein einzelnes Land oder einige wenige Länder konzentriert sind. Weiterentwicklungen solcher Maßzahlen gewichten die Anteile jedes Landes außerdem mit einem Risikofaktor Ein Beispiel für einen solchen Indikator liefert der Versorgungssicherheitsindikator nach Frondel und Schmidt, welcher auf dem Hirschmann- Herfindahl-Index 44 basiert [Frondel and Schmidt, 2009]. Der Versorgungssicherheitsindikator nach Frondel und Schmidt ergänzt den Hirschmann- Herfindahl-Index um eine Risikogewichtung auf Grundlage von Risiko- Kategorien der OECD, die auch für Hermes-Bürgschaften herangezogen wer- 43 Länder, die als weniger zuverlässig gelten, erhalten ein höheres Gewicht als Länder, die als vertrauenswürdig eingeschätzt werden. 44 Der Hirschmann-Herfindahl-Index wird berechnet als Summe der quadrierten Marktanteile der Lieferländer. Wenn sämtliche Importe aus einem einzigen Land stammen nimmt der Index den Wert 1 an. Gibt es hingegen viele Lieferländer mit jeweils nur geringem Marktanteil, so liegt der Index nur knapp über Null. Der Verlauf ist jedoch nicht linear. So gilt ein Wert von 0,018 im US-amerikanischen Wettbewerbsrecht bereits als recht hohe Marktkonzentration. 145

180 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft den. Der Indikator liefert somit eine Maßzahl für die Abhängigkeit von wenigen Lieferländern und berücksichtigt dabei auch deren politische Stabilität. Werden die entsprechenden Berechnungen auf den EU-Binnenmarkt übertragen, wird die Importabhängigkeit des europäischen Binnenmarkts erkennbar. Allerdings gibt es für die Gewichtung von Ländern nach Risikoklassen keine objektiv belastbaren Indikatoren. Es kommen viele mögliche Risikoindikatoren in Betracht, die zu unterschiedlichen Bewertungen führen. Darüber hinaus kann sich die Beurteilung der politischen Risiken einzelner Länder im Zeitablauf ändern Ein anderes Maß für die Abhängigkeit von einem bestimmten Anbieter bietet der Residual Supply Index (RSI), der ursprünglich zur Messung der Unternehmenskonzentration und Marktmacht entwickelt wurde. Der RSI für einen bestimmten Lieferanten errechnet sich aus der gesamten am Markt verfügbaren Kapazität abzüglich der Kapazität des jeweiligen Anbieters, geteilt durch die insgesamt nachgefragte Menge im betroffenen Zeitraum. Liegt der Index über 100 %, so könnte der Ausfall des jeweiligen Anbieters komplett durch Lieferungen anderer Anbieter ersetzt werden. Liegt er unter 100 %, so zeigt der RSI an, welcher Anteil der Nachfrage noch bei maximaler Auslastung aller anderen Kapazitäten gedeckt werden könnte. 45 Spiegelbildlich lässt sich die Abnehmer-Konzentration aus Sicht des Exportlandes berechnen. Die Differenz beider Konzentrationsmaße ergibt einen Indikator, der die Unterschiede wechselseitiger Abhängigkeiten zum Ausdruck bringt. Aus Sicht Deutschlands wäre die Situation günstig, wenn der importseitige RSI größer ist als der exportseitige RSI der wichtigsten Lieferländer. Ergänzend ist zu bedenken, dass es bei Erdgas und Erdöl alternative Optionen zur Überbrückung von Importstörungen gibt wie bspw. unterbrechbare Lieferverträge, Umstellung auf andere Energieträger sowie die strategische Lagerhaltung im Inland. Entsprechende Optionen stehen einem auf Energieexporte spezialisierten Exportland nicht zur Verfügung. 45 Auf die Gasversorgung übertragen müssten sämtliche Importkapazitäten und die inländischen Produktionskapazitäten addiert werden, hiervon die Importkapazitäten des kritischsten Lieferlandes abgezogen werden und anschließend durch den gesamten Gasverbrauch geteilt werden. 146

181 Entwicklung der Versorgungssicherheit 261. In der Debatte zur internationalen Versorgungssicherheit wird häufig darauf hingewiesen, dass für die Exporte oft ausländische Staatsunternehmen zuständig sind. Bei privaten Unternehmen kann angenommen werden, dass ihr Handeln vorrangig durch das Gewinnmotiv bestimmt und damit einfacher kalkulierbar wird. Staatliche Unternehmen können hingegen andere als nur kommerzielle Ziele verfolgen und sich bspw. machtpolitischen, verteilungspolitischen oder außenpolitischen Zielen ihrer Regierung unterordnen müssen. Damit werden Staatskonzerne weniger berechenbar als private Unternehmen, auch wenn natürlich private Unternehmen ebenfalls von der Willkür interventionistischer oder autoritärer Regierungen abhängen können. Den Einfluss von Staatsunternehmen auf die Versorgungssicherheit explizit mit einem Indikator zu messen, erscheint daher wenig sinnvoll. Es sollte jedoch berücksichtigt werden, wenn Staatsunternehmen eines anderen Landes überwiegenden Einfluss auf die Produktion und Ausfuhren weiterer Lieferländer erhalten. Als Beispiel hierfür könnte der Zugriff russischer Energiekonzerne auf zentralasiatische Gasfelder dienen Ein methodischer Indikator zur Bewertung der Importabhängigkeit sollte auf einem Vergleich der Importkonzentration mit der Exportkonzentration der wichtigsten Lieferländer beruhen. Je größer die Konzentration des Exportlandes gegenüber dem Importland, desto weniger erscheint die Importversorgung als gefährdet. Insbesondere beim Energieträger Erdgas müssen die Transitländer mitberücksichtigt werden, denn auch eine einseitige Abhängigkeit von bestimmten Importrouten kann sich zu einem Importrisiko entwickeln. Darüber hinaus muss die Europäische Union perspektivisch als Binnenmarkt betrachtet werden, was zur Folge hat, dass sich die Gasversorgungssicherheit der Mitgliedsstaaten der EU relativ zu einer rein nationalstaatlichen Betrachtung verbessert. Die Bundesregierung sollte sich deshalb für die Vollendung des europäischen Binnenmarkts für Gas einsetzen, und gleichzeitig für eine verbesserte Datengrundlage zu den Herkunftsländern der europäischen Energieimporte sorgen. Insgesamt erscheint die Importversorgung der Europäischen Union und Deutschlands nicht grundlegend bedroht, zumal ergänzend die vorhandenen Kapazitäten von Erdgasspeichern und die Rolle unterbrechbarer Gaslieferverträge berücksichtigt werden muss. Durch beschlossene und geplante Maßnahmen wie den Bau von weiteren Fernleitungen, LNG- 147

182 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Importterminals, Gasspeicher-Kapazitäten und andere Maßnahmen kann diese Einschätzung perspektivisch auch für künftige Zeitpunkte gelten. 148

183 Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung 7 Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung Das Wichtigste in Kürze Die Expertenkommission hat ihren Ansatz weiterentwickelt, die Bezahlbarkeit der Energieversorgung unter anderem anhand der gesamtwirtschaftlich aggregierten Letztverbraucherausgaben für Energie zu bewerten. Diese Indikatorik lässt Verteilungsaspekte zunächst unbeachtet, weil Verteilungsprobleme grundsätzlich entschärft bzw. einfacher lösbar sind, wenn sich die Letztverbraucherausgaben nicht überproportional zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) entwickeln. Bezogen auf das nominale BIP blieben die Letztverbraucherausgaben für Elektrizität im Jahr 2012 weitgehend konstant bei etwa 2,5 %. Wir gelangen nach wie vor zur Einschätzung, dass sich der Anstieg der aggregierten Elektrizitätsausgaben bisher noch nicht so dramatisch zeigt, wie in der Öffentlichkeit oft behauptet. Die im Jahr 2012 um etwa 10 % gestiegenen Gesamtausgaben für Erdgas sind überwiegend abhängig von der internationalen Preisentwicklung und weniger der Energiewende zuzurechnen. Überproportional zum BIP sind im Jahr 2012 die Letztverbraucherausgaben für Treibstoffe gestiegen. Für die Letztverbraucherausgaben für Wärmedienstleistungen kann noch keine quantitative Aussage getroffen werden. Neben der Gesamtsumme der Ausgaben für Energie sind zudem Verteilungswirkungen dieser Ausgaben zu beachten. Dies betrifft etwa die Verteilung der Umlage nach dem EEG auf die Stromletztverbraucher und in diesem Zusammenhang die besondere Ausgleichsregelung für die energieintensive Industrie. Ungeachtet der Unsicherheiten über die genaue Höhe und Entwicklung der preissenkenden Wirkungen des Merit-Order-Effekts der erneuerbaren Energien eröffnen die Abschätzungen dazu einen politischen Gestaltungsrahmen, in dem eine dementsprechende Übernahme der EEG-Umlage für alle Verbraucher ohne nachteilige Wirkungen für die Wettbewerbsfähigkeit umsetzbar sein sollte. Verteilungsprobleme auf Haushaltsebene werden im Monitoring- Bericht durch konstruierte Haushaltstypen dargestellt. Aus Sicht der Expertenkommission gibt es allerdings bessere Indikatoren. Es wird ein High Cost/Low Income -Ansatz für das Monitoring vorgeschlagen. Danach können derzeit 10 bis 12 % der Haushalte als von Energiearmut gefährdet angesehen werden. 149

184 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft Zur Überprüfung dieser Auswirkungen bedarf es aber einer konsistenten Zeitreihe und weiterer Analysen, um auf Fehlentwicklungen hinweisen zu können. Auch ist zu bedenken, dass diese Problematik nicht allein Folge der Energiewende ist. 7.1 Energiewirtschaftliche Gesamtrechnung 263. Um die Kostenentwicklung der Energieversorgung sowie die mit der Energiewende bedingten Zusatzkosten sachgerecht beurteilen zu können, schlägt die Expertenkommission vor, für die Bereiche Elektrizität, Wärme und Verkehrsenergieträger die jährlich aggregierten Gesamtausgaben der Letztverbraucher in nominalen Geldeinheiten (Mio. Euro) zu erheben. Die Expertenkommission spricht hier von energiewirtschaftlicher Gesamtrechnung, in Anlehnung an das eingeführte Konzept der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Die Darstellung der Gesamtkostenentwicklungen sowie der einzelnen Gesamtausgaben-Komponenten liefern aussagekräftige Hinweise zur prinzipiellen Bezahlbarkeit von Energie aus Sicht der Letztverbraucher. Solange die Gesamtausgaben tendenziell proportional zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder mit einer geringeren Rate ansteigen, kann die Bezahlbarkeit der Energie insgesamt kaum ernsthaft in Zweifel stehen. Zu einem anderen Urteil würde man bei einem stark überproportionalen Ausgabenanstieg gelangen, weil dies darauf hindeuten würde, dass eine als fair empfundene Verteilung der energiebedingten Ausgabenbelastungen schwieriger wird. Da die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben sein wird, wäre auch ein gemäßigt überproportionaler Ausgabenanstieg durchaus noch kein Alarmzeichen, allerdings könnten sich auch in diesem Fall schon Verteilungskonflikte zwischen den Letztverbrauchergruppen verschärfen Die Verteilung der Energiekosten auf einzelne Gruppen ist politisch außerordentlich relevant und beherrscht die Energiekostendebatte, doch gibt es aus wissenschaftlicher Sicht keine objektiven Kriterien für eine gerechte Kostenverteilung. Jeder diesbezügliche Vorschlag beruht praktisch immer auf Einzelinteressen. Nicht angefallene Energiekosten müssen jedoch nicht verteilt werden. Daher ist es für die Verteilungsdebatte hilfreich, wenn nicht sogar notwendig, zunächst die Gesamtsumme aller energiebedingten Letztverbrau- 150

185 Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung cherausgaben zu kennen. Dies motiviert dazu, die Wirtschaftlichkeit und Bezahlbarkeit der Energieversorgung immer auch an Hand der jährlich aggregierten Letztverbraucherausgaben für Elektrizität, Wärme und Verkehr zu beurteilen Wenn auch für die wichtigsten Handelspartner Deutschlands energiewirtschaftliche Gesamtrechnungen vorliegen, lassen sich die Wirkungen der deutschen Energiepolitik auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit sachgerecht beurteilen. Eine Energiekostenbeurteilung auf Basis von Energiepreisen für einzelne Verbrauchergruppen ist demgegenüber wenig aussagefähig, weil die individuellen Preise auch im Ausland sehr breit streuen können und durch alle möglichen strukturwirtschaftlichen und politischen Effekte verzerrt sind. Leider gibt es derzeit noch keine umfassenden internationalen Ausgabenstatistiken. 46 Aggregierte Letztverbraucherausgaben der Elektrizitätsversorgung 267. Im letzten Monitoring-Bericht hat die Expertenkommission erstmals einen Vorschlag für den Bereich der aggregierten Elektrizitätskosten vorgelegt (Ziffern 196 bis 208). Der letzte Bericht litt unter noch bestehenden Datenlücken, die inzwischen teilweise geschlossen werden konnten. Die wichtigste noch offene Frage betrifft die Berechnung der Rohmargen für Marketing und Vertrieb. Die aggregierten Daten des Statistischen Bundesamtes führen zu geringeren Letztverbraucherausgaben als Hochrechnungen von aus anderen Quellen stammenden Daten für den Elektrizitätsverbrauch (Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen) multipliziert mit den Großhandelspreisen (EEX), den Netzentgelten (Bundesnetzagentur) sowie den Abgaben, Umlagen und Stromsteuern. Demnach wären die Rohmargen für Handel, Vertrieb und Marketing negativ. Das aber erscheint unplausibel. Selbst durch mehrmaliges Nachfragen mit den entsprechenden Datenlieferanten konnten die Diskrepanzen nicht aufgeklärt werden. Der Bundesregierung wird empfohlen, diesem Problem weiter nachzugehen. 46 Ausnahme für die USA 151

186 Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 268. Ausgangspunkt für den aktuellen Bericht sind die vom Statistischen Bundesamt jährlich ermittelten Gesamterlöse aus dem Absatz von Elektrizität an Letztverbraucher. 47 Diese Erlöse beinhalten neben den Arbeits- sowie Leistungs- und Verrechnungsentgelten auch Netznutzungsentgelte sowie Steuern und Abgaben (Stromsteuern, Konzessionsabgaben, EEG-Umlage etc.), aber nicht die Umsatzsteuer 48. Ebenfalls nicht enthalten sind die Ausgaben für die Eigenerzeugung von Elektrizität in Industrie- und Blockheizkraftwerken. Im letztjährigen Bericht fehlten die Ausgaben für den bis zum Jahr 1995 erhobenen Kohlepfennig, die jetzt mitberücksichtigt sind. Abb. 7-1: Aggregierte Letztverbraucherausgaben für Elektrizität Mrd. EUR Inkl. Kohlepfennig Exkl. Kohlepfennig Quelle: Eigene Darstellung; Erlöse aus dem Stromabsatz gemäß Destatis [2013b] abzüglich Steuervergünstigungen aus nachträglichen Entlastungsverfahren ( 10 und ab dem Jahr StromStG) gemäß BMF [2013a], für die Jahre 1991 bis 1995 zzgl. der Ausgleichsabgabe nach 8 des Dritten Verstromungsgesetzes (sog. Kohlepfennig) gemäß Storchmann [2005]. 47 Die tatsächlichen Endverbraucherausgaben liegen vermutlich wie zuvor ausgeführt über diesen Angaben. Entsprechend werden die gesamten Letztverbraucherausgaben für Elektrizität in Tab. 7-1 und den folgenden Abbildungen unterschätzt, und zwar selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kosten der selbst erzeugten Elektrizität hier nicht erfasst sind. 48 Die Angaben des Statistischen Bundesamtes zu den Erlösen des Stromabsatzes beinhalten Stromsteuervergünstigungen, die im nachträglichen Entlastungsverfahren gewährt und zunächst vom Stromlieferanten erhoben werden ( 10 und ab dem Jahr StromStG). Die Gesamthöhe der jährlichen Entlastung durch den Spitzenausgleich ist in den Subventionsberichten der Bundesregierung [BMF, 2013a] dokumentiert und wurde von den Erlösangaben des Statistischen Bundesamtes abgezogen. 152

187 Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung 269. Aus Abb. 7-1 sind die aggregierten Letztverbraucherausgaben der Jahre 1991 bis 2012 zu entnehmen. Es ist ein deutlicher Rückgang der aggregierten Letztverbraucherausgaben in den ersten Jahren nach der Strommarkt- Liberalisierung 1998 zu erkennen, trotz der in dieser Periode neu eingeführten Stromsteuer von jährlich bis zu 7 Mrd. Euro. Seit dem Jahr 2003 steigen die Endverbraucherausgaben wieder an, wobei dies insbesondere auf steigende Weltmarktpreise für Kohle und Erdgas, die Einpreisung der CO 2 - Emissionszertifikate sowie auf die Umlagen für EEG, KWK-G etc. zurückzuführen ist Tab. 7-1 zeigt die Letztverbraucherausgaben der Jahre 2010 bis 2012 aufgeschlüsselt nach drei Hauptkomponenten. Während die Ausgabenanteile für staatlich induzierte Elemente (Steuern, Abgaben und Umlagen) sowie die staatlich regulierten Netzentgelte in diesem Zeitraum gestiegen sind, ist der Anteil für marktgetriebene Elemente gesunken. Tab. 7-1: Struktur der Letztverbraucherausgaben für Elektrizität Veränderung 2011/12 [Mrd. Euro] [%] Gesamtausgaben [1] 61,3 63,6 65,0 2,2 Staatlich induzierte Elemente 17,2 23,0 23,3 1,4 Davon Stromsteuern [2] 6,4 7,2 7,0-3,2 Konzessionsabgaben [3] 2,1 2,2 2,1-5,8 EEG-Umlage (EEG-Differenzkosten) [4] 8,3 13,4 14,0 4,7 KWK-G [5] 0,4 0,2 0,3 29,2 Staatlich regulierte Elemente 16,9 17,6 19,0 8,1 Davon Netzentgelte Übertragungsnetz [6] 2,2 2,2 2,6 18,3 Netzentgelte Verteilnetz [6] 14,7 15,4 16,4 6,6 Marktgetriebene Elemente 27,2 23,0 22,7-1,4 Davon Marktwert EEG-Strom [7] 3,5 4,4 4,8 8,9 Erzeugung und Vertrieb [8] 23,7 18,6 17,9-3,9 Quelle: Eigene Berechnungen; [1] Destatis [2013b] abzüglich Steuervergünstigungen aus nachträglichen Entlastungsverfahren gemäß BMF [2013a], [2]Destatis [2013d], [3] Schätzung auf Basis Destatis [2012b, 2012c], [4] BMU [2012c],[5] ÜNB [2012b][6] BNetzA [2012b], [7] ÜNB [2011], [8] Residuum 153

188 Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Expertenkommission zum Monitoring-Prozess Energie der Zukunft 271. Im Bereich der staatlich induzierten Elemente sticht die EEG-Umlage heraus. Mit dieser Umlage werden die Differenzkosten zwischen der Einspeisevergütung und dem Marktwert der geförderten Anlagen finanziert. Diese Differenz stieg von 8,3 Mrd. Euro im Jahr 2010 auf knapp 14 Mrd. Euro im Jahr Es sei angemerkt, dass die EEG-Umlage die tatsächlichen (Differenz-) Kosten des Ausbaus der EE nicht periodengerecht widerspiegelt. Die Umlage wird jeweils zum 15. Oktober für das Folgejahr festgelegt und ist damit zwangsläufig mit Prognosefehlern behaftet. Zur Veranschaulichung zeigt Abb. 7-2 den monatlichen Verlauf der Einnahmen, der Ausgaben und den Saldo des EEG-Umlagekontos für die Jahre 2010 bis Dezember Für die Bestimmung der EEG-Umlage des Folgejahres ist der Kontostand zum 30. September maßgeblich. Er fließt als Nachholbetrag in die Festlegung der Umlage für das Folgejahr ein. Der EEG-Kontostand erreichte zum 30. September 2012 mit -2,6 Mrd. Euro ein Rekorddefizit. Hätte man dieses Defizit bei den Letztverbraucherausgaben in Tab. 7-1 berücksichtigt, würden für 2012 eine um rund 2 Mrd. höhere EEG-Umlage und entsprechend höhere Letztverbraucherausgaben resultieren. Abb. 7-2: Monatlicher Verlauf des EEG-Kontos 2010 bis November 2013 Mrd. EUR 3 2 Sonstiges Markt- u. Managementprämie Festvergütung EEG Umlage Vermarktungserlöse EEG-Strom Kontostand [ ] Quelle: ÜNB [2014]

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