Erweiterung der A 7 in Hamburg zwischen AS Othmarschen und Landesgrenze HH/SH Dipl.-Ing. Bernd Rothe

Transkript

1 Erweiterung der A 7 in Hamburg zwischen AS Othmarschen und Landesgrenze HH/SH Dipl.-Ing. Bernd Rothe 1. Überblick Die 8-/6-streifige Erweiterung der A 7 nördlich des Elbtunnels in Hamburg bis zum Autobahndreieck Bordesholm in Schleswig-Holstein ist im Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf eingeordnet. Der Streckenabschnitt in Hamburg mit Verkehrsbelastungen von teilweise über Kfz/Tag hat eine Länge von 11,6 km und beinhaltet das Autobahndreieck Hamburg Nord-West sowie sechs Anschlussstellen. Abbildung 1 Übersichtsplan Der Trassenverlauf der A 7 durch eng bebaute Stadtteile hat mit steigender Verkehrsbelastung zu einer starken Verlärmung der anliegenden Wohnbebauung geführt. Im Zusammenhang mit dem Ausbau der A 7 hat der Bund für die gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen zu sorgen, was in den Bereichen Bahrenfeld/Othmarschen und Stellingen die Realisierung von Einhausungen in erheblicher Länge notwendig macht. Für Hamburg bietet sich damit die historische Chance, durch Ergänzungen der Überdeckelungen die trennende Wirkung der A 7 und die Zerschneidung der Stadtteile weitgehend zu beheben. Die Kosten für

2 diese zusätzlichen Maßnahmen sind von Hamburg zu tragen. In diesem Zusammenhang entsteht aber auch die Möglichkeit der Verwertung von Grundstücken unmittelbar neben der Autobahn, wodurch wiederum Erlöse in den Gesamthaushalt von Hamburg zurückfließen. Die A 7 führt in Hamburg durch verschieden strukturierte Stadtlandschaften. Die Randbedingungen und Ansprüche variieren dementsprechend ebenfalls, die Umsetzungsvorschläge spiegeln dies wider. Bestandteile der Planung sind Lärmschutzwände diverser Höhe und Bauweise, Einhausungen einer Fahrtrichtung und Deckelbauwerke zur Überbrückung des gesamten Autobahnquerschnitts, die nachfolgend kurz beschrieben werden. Betrachtet werden lediglich die hauptsächlichen Konfliktbereiche in den städtischen Verdichtungszonen. Abschnitt Bahrenfeld/Othmarschen Die Autobahn befindet sich im Stadtteil Altona größtenteils in einer Tieflage mit Böschungen. Als erforderlicher Lärmschutz ergab sich eine Einhausung von 730 m Länge im Bereich der Anschlussstelle Bahrenfeld. Nach Süden schließt sich ein Galeriebauwerk von 580 m Länge über der Richtungsbahnbahn Hannover an. In den anschließenden Bereichen wurde eine Wandlösung mit unterschiedlichen Höhen vorgeschlagen. Als städtebaulich optimale Lösung wird eine Verlängerung der Einhausung nach Norden bis in Höhe des Volksparks Altona (auf eine Gesamtlänge von ca m) verfolgt. Abschnitt Stellingen Die Autobahn befindet sich hier in Troglage. Sie zerschneidet und beeinträchtigt die Ortslage so, dass die Wohnbebauung in Stellingen extrem starker Verlärmung von teilweise mehr als 70 db(a) ausgesetzt ist. Als erforderlicher Lärmschutz wurde eine Einhausung zwischen Güterumgehungsbahn und Kieler Straße mit einer Länge von 950 m ermittelt, während in den anschließenden Bereichen einkragende Lärmschutzwände vorgesehen sind. Während der gesamten Bauzeit ist eine 6-streifige Verkehrsführung zu gewährleisten Abschnitt Schnelsen Die Autobahn befindet sich hier ebenfalls in Troglage. Als erforderlicher Lärmschutz hat sich eine Lösung mit einkragenden Lärmschutzwänden auf Stützwänden ergeben. Als städtebaulich optimale Lösung wird allerdings ein geschlossener Deckel von der Heidlohstraße bis nördlich der Frohmestraße (Länge 550 m) favorisiert, seine Ausführung ermöglicht ein Zusammenwachsen des Zentrums von Schnelsen. Auf der Deckelfläche sind Kleingärten, Parkanlagen zur Freizeitgestaltung sowie Geh- und Radwege geplant Ausführung der Bauwerke Konstruktive Bauwerke haben einen Anteil von ca. 75 % am Gesamtvolumen des Ausbauprojektes. Sie bestimmen daher maßgeblich die Kosten, den Bauablauf und die Verkehrsführung, beeinflussen aber auch die Akzeptanz in den einzelnen Teilabschnitten. Lärmschutzwände Basislösung an den Fahrbahnrändern bzw. im Mittelstreifen sind einkragende Wände über der Autobahn, wobei die Höhe der vertikalen Wandabschnitte mit 7,5 m vorgesehen wurde. Bei einer Kragweite von bis zu 4,5 m beträgt die maximale Höhe des Dachrands 9,0 m, was städtebaulich verträglich ist und gleichzeitig die Anordnung der Autobahnbeschilderung ermöglicht.

3 3 Abbildung 2 Lärmschutzwände (Visualisierung Tunnel Stellingen) Abbildung 3 Lärmschutzwände (Visualisierung Tunnelportal Stellingen)

4 4 Abbildung 4 Visualisierung AS Stellingen In Streckenabschnitten, in denen nur ein geringerer Schallschutz erforderlich ist, werden vertikale Wände bis 7,5 m Höhe eingesetzt. Die außergewöhnlichen Abmessungen der Wände in Länge und Höhe bedürfen einer differenzierten Strukturierung. Verfolgt wurde das Konzept einer ausgeprägten räumlichen Gliederung sowohl in der Vertikalen wie in der Horizontalen. Folgende charakteristische Details wurden für die Regellösung der Kragwände vorgesehen: Hauptstützen im Abstand von 12 m als Dreigurt-Rohrfachwerkbinder Anordnung des Dachfachwerks innen liegend mit biegesteifer Fachwerkverbindung zur Fachwerkhauptstütze Spoiler an der Kragdachspitze als Doppelrohr Leicht geneigte Ausbildung der seitlichen Wandflächen Unterteil der Wandfläche mit Porenbetonelementen bis zu einer Höhe von ca. 2,5 m, Oberteil der Wandfläche aus Aluminiumelementen; Innenseite des Kragdachs aus metallischen Elementen äußere Dachfläche aus metallischen Profilen materialorientierte Farbgestaltung, da sich durch die unterschiedlichen Geometrien der Wände und Portalbauwerke ohnehin eine abwechslungsreiche Baulandschaft ergibt, so dass auf eine weitere Akzentuierung verzichtet werden soll Vorpflanzung oder Rankbegrünung der Rückseiten Deckelbauwerke Unter Deckelbauwerken sind Tunnel gemäß RABT zu verstehen, die aufgrund der oberflächennahen Lage als Stahlbetonrahmen mit flachen Decken ausgeführt werden, auf denen eine mehr oder weniger große Erdüberschüttung ausgeführt wird. Die Überschüttungsfläche kann unterschiedlich genutzt werden. Da auch Bäume gepflanzt werden sollen, wird eine Überschüttungshöhe von 1,2 m eingehalten. Infolge des breiten Autobahnquerschnitts im Abschnitt Stellingen resultieren bei einem Rahmen mit zwei Zellen bzw. zwei Tunnelröhren Spannweiten von je 25 m und mehr. Aufgrund der großen

5 Spannweiten des zweizelligen Rahmens und der relativ großen Belastung wird für die Rahmendecke eine vorgespannte Konstruktion vorgesehen. Diese Tunnel wirken jeweils als zentrale Lärmschutzmaßnahme im Bereich der drei Stadtkerne, in Bahrenfeld/Othmarschen mit ca m, in Stellingen mit ca. 950 m und in Schnelsen mit einer Länge von 550 m. Zwischen dem Südportal des Tunnels Bahrenfeld/Othmarschen und dem südlich gelegenen Elbtunnel, der eine Länge von 3000 m hat, verbleibt ein offener Abschnitt von 380 m Länge. Die Tunnelportale eignen sich dafür, im Verlauf der Strecke eine gezielte Akzentuierung vorzunehmen. Dafür werden bei den Portalen Querscheiben mit Bogenform ausgebildet, die in eine geschlossene und eine transparente Fläche gegliedert sind. Im Regelfall sind vor den Portalen vollständige Kragwände an der Seite und im Mittelstreifen erforderlich. So werden die auskragenden Seitenwände und die auskragende Mittelwand in ihrer Höhenlage angepasst und zu zwei Kuppeln geschlossen, die auf die Portalquerscheibe stoßen 5 Abbildung 5 Visualisierung des Tunnels Schnelsen Die Rampenportale an Anschlussstellen erhalten eine besondere Ausformung durch Kuppeln aus transparentem Material, die über entsprechende Geländemodellierungen in die Gestaltung der Tunneloberflächen eingebunden werden.

6 6 Abbildung 6 Visualisierung Anschlussstelle Bahrendfeld Brücken Die Unterführungen und Überführungen der A 7 in Hamburg wurden ca realisiert. Die Brücken, denen je nach Bauart eine Nutzungsdauer von 70 bis 120 Jahren zugeordnet wird, haben damit etwa die Hälfte ihrer Lebenszeit erreicht. Falls ihre Geometrie die Aufnahme des breiteren Ausbauquerschnittes zulässt, können Erhalt und weitere Nutzung in Betracht gezogen werden. Die Untersuchungen hierzu sind jedoch umfangreich, denn es müssen u. a. die Tragfähigkeit, der Zustand des Bauwerks, konstruktive Problemstellungen und der Standard des Aufbaus berücksichtigt werden. Abbildung 7 Einrollvorgang verlängerter neuer Überbau Eisenbahnüberführung Güterumgehungsbahn unter Vollsperrung der A7 im März 2012

7 Die vorhandene Langenfelder Brücke liegt im Zuge der A 7 und überquert in Stellingen einen Bahnhof sowie ICE- und S-Bahn-Gleise. Die Brücke muss neu errichtet werden, da der verbreiterte Autobahnquerschnitt von dem bestehenden Tragwerk nicht aufgenommen werden kann. Der Neubau ist in Form einer im Einschubverfahren herzustellenden Verbundbrücke vorgesehen. Mit größeren Problemen behaftet ist der Rückbau der Spannbetonkästen der vorhandenen Brücke. Ein Rückbau mit konventionellen Abbruchmethoden würde zu nicht vertretbaren Sperrzeiten des Bahnverkehrs führen. Als geeignete Lösung wird verfolgt, dass der über den Durchfahrtsgleisen gelegene Brückenteil auf Hilfsstützen aus dem Bahnfeld geschoben wird, wozu vorab eine Verstärkung des Überbaus notwendig ist Bürgerbeteiligung und Akzeptanzbildung Im Zuge des Projekts Erweiterung der A7 von der AS HH-Othmarschen bis zur Landesgrenze SH gibt es eine anhaltende, die Planung begleitende umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung sowohl zu dem Verkehrsprojekt Ausbau der A7 als auch zu den geplanten Deckelgestaltungen in Altona, Schnelsen und Stellingen. Der engen und unmittelbaren Verbindung von Autobahnausbau-, Lärmschutz- und Stadtentwicklungsprojekt A7 wird auch im Zuge von Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung Rechnung getragen. Es fanden und finden neben Einzelveranstaltungen zum Thema Stadt- und Freiraumplanung (Ausstellung Gestaltungswettbewerbe Deckelgestaltung, Ideenbörse Deckelnutzung u.ä.) immer wieder gemeinsame Informationsveranstaltungen statt, in welchen sowohl die Verkehrsund Lärmschutzmaßnahmen als auch die geplante Deckelgestaltung vorgestellt, die Ziele der unterschiedlichen Planungen erläutert werden und den Betroffenen und Interessierten Gelegenheit gegeben wird, sich zur Planung zu äußern und sich einzubringen. Fachlich unterstützt wird die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Deckelgestaltung von der BSU bzw. von den zuständigen Hamburger Bezirken Altona und Eimsbüttel. Projektbezogene Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung: Gesetzlich vorgeschriebene Elemente der Beteiligung: Einbringen von Senatsdrucksachen in die Hamburgische Bürgerschaft (Bürgerschaftsteil ist öffentlich und im Internet einsehbar) Öffentliche Plandiskussionen im Zuge von B-Planverfahren (Stellingen 65 und Schnelsen 87; vgl. diese Veranstaltungen wurden verbunden mit Informationsveranstaltungen zum Ausbau und Überdeckelung der A7 inkl. Vorstellung des parallel laufenden Planfeststellungsverfahren. Darüber hinausgehende Veranstaltungen und Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung: Öffentliche Behandlung von Planungsständen, Bürgerinteressen und -vorschlägen sowie formellen Schritten der Verwaltungsverfahren z.b. in Fachausschüssen der Bezirksversammlung bzw. der Hamburgischen Bürgerschaft Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten Freiraumplanung Deckel Stellingen / Schnelsen sowie Deckel Altona wiederkehrende Informationsveranstaltungen zur Überdeckelung der A7 in allen Abschnitten sowie zur künftigen Planung im Umfeld der A7 (Rahmenplanung Bahrenfeld Nord) mit Vorstellung des aktuellen Planungsstands und des weiteren Vorgehens (über die ÖPD hinaus) Ideenbörse (ganztägige Veranstaltung) zur Nutzung und Gestaltung des Altonaer Deckels - Bürger/innen konnten im Zuge einer moderierten Veranstaltung in Arbeitsgruppen Vorschläge zur Nutzung und Gestaltung des Deckels entwickeln sowie Wünsche, Kritik und Ablehnung zu einzelnen Nutzungen äußern; Ergebnisse der Ideenbörse flossen als Empfehlungen in den landschaftsplanerischen Wettbewerb Veröffentlichung der Dokumentation der Freiraumplanerischen Wettbewerbe Gut bedacht Schnelsen und Stellingen und Gut bedacht Deckel Atona Broschüren und Newsletter zum Gesamtprojekt Ausbau und Überdeckelung der A7: Allgemeine Beschreibung des Projekts in der Broschüre "Freiraum und Ruhe Ausbau und Überdeckelung der A7 (Neuauflage auch auf Englisch); aktuelle Themen und Informationen in

8 regelmäßig veröffentlichten Newslettern, aktuelle Ausgabe 6 / Nov. 2012; in Vorbereitung: gemeinsame Broschüre zum Gestaltungskonzept des Lärmschutzes Veröffentlichung der Internetseite allgemeine Informationen rund um das Straßenbauprojekt sowie die Deckelgestaltung und Stadtplanung, aktuelle Themen, Veröffentlichung von Terminen inkl. Möglichkeit des Downloads von Veranstaltungsprotokollen, B-Plan-Entwürfen, Broschüren, Dokumentationen usw., Ansprechpartner, FAQ uns vieles mehr Geplant: baubegleitender Informationspunkt vor Ort, auch mit Darstellung der sich anschließenden Deckelgestaltungen Ziele: Ziele der in Hamburg durchgeführten Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation waren und sind u. a.: Integrierte Ingenieur-, Stadt- und Freiraumplanung Schaffung von Transparenz über aktuelle Planungen und deren Hintergründe, Interessenausgleich zwischen allen Beteiligten durch einen intensiven Informationsaustausch und Diskussion vielfältiger projektbezogener Themen, Steigerung der Qualität von Planungen, Einbringung lokaler Interessen Schaffung von Akzeptanz für das Projekt. Bürgerbeteiligung bei der Planung Wiederkehrende Informationsveranstaltungen zur Planung der A 7, insbesondere zur Anlage der Lärmschutztunnel, in den Abschnitten Schnelsen, Stellingen und Altona. Planfeststellungsverfahren Neben der obligatorischen Mitwirkung des Vorhabensträgers in der Planfeststellung wurden bei der Auslegung der Planfeststellungsunterlagen in den Bezirken die Planfeststellungsunterlagen einmal in der Woche den Bürgern erläutert. 8 Quellen: Zeitschrift Brückenbau, Ausgabe , Bernd Rothe, Karl-Heinz Reintjes, Geplante Großprojetke in Hamburg, Verlagsgruppe Wiederspahn,