Prüfungen und Normung im Spezialtiefbau
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- Inge Schumacher
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1 Dipl.-Ing. Univ. Peter Winkler Fachbereich Bauwesen Prüf- und Zertifizierungsstelle im DGUV Test Landsberger Straße München Prüfungen und Normung im Spezialtiefbau Die Prüf- und Zertifizierungsstelle des Fachbereiches Bauwesen im DGUV-Test Die im berufsgenossenschaftliche Prüf- und Zertifizierungssystem DGUV Test organisierte Prüf- und Zertifizierungsstelle im Fachbereich Bauwesen führt in diesem Rahmen seit mehr als 40 Jahren sicherheitstechnische Überprüfungen an Spezialtiefbaumaschinen durch. Wesentliche Aufgaben sind dabei neben der Prüfung und Zertifizierung von technischen Arbeitsmitteln unter anderem auch die Beratung von Herstellen und Betreiberfirmen zu Maschinen betreffenden Präventionsthemen. Zudem auditiert und zertifiziert die Prüfstelle auch Qualitätsmanagementsysteme nach EN ISO 9001 und umfassende Qualitätssicherungssysteme nach Anhang X der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Unser Fachwissen wird durch die Mitarbeit in europäischen und internationalen Normungsgremien auf aktuellem Stand gehalten und zugleich fließen Kenntnisse über besondere Gefährdungen, die z.b. durch Unfalluntersuchungen erlangt werden, in die Normung ein. Als Prüfsiegel werden das BG-Zeichen (DGUV-Test) das GS-Zeichen und das EuroTest-Zeichen vergeben. Der EuroTest ist das Prüfzeichen der EuroTest- Kooperation. Diese besteht inzwischen aus 12 Partnerinstituten in 8 europäischen Ländern, die sich verpflichtet haben nach harmonisierten Anforderungsprofilen zu prüfen und die Prüfergebnisse gegenseitig anzuerkennen
2 Zertifizierte Produkte sind sowohl für die Hersteller als auch für die Verwender, unsere Mitgliedsbetriebe, von Vorteil. Anforderungen an das Inverkehrbringe n z.b. nach 2006/42/EG Pflicht zur Marktbeobachtung Produkthaftun g Lieferant / Kund e Bereitstellung sicheren von Produkten nach 89/655 EWG BetrSich V Informations - Grundlagen fluss zur Erfüllung Anforderungen "Stand der Technik " Unterstützun g Bild 1: Zusammenwirken von Hersteller Betreiber und Prüfstelle Umsetzung Anforderungen vereinheitlichte n Checkliste n Sofortige Integration von Anforderunge neuen n durch z.b. Marktentwicklung Sofortige Integration der Auswertung Unfalluntersuchungen von EURO TEST Prüfun g Durch die Euro Test Partner geprüfte und zertifiziert e Maschinen Euro Test Zertifikat Beide gewinnen im Rahmen ihrer Verantwortung bezüglich der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zusätzliche Sicherheit. Dem Hersteller wird bestätigt, dass er die Vorgaben der zutreffenden EU-Richtlinien umgesetzt hat. Zudem kann er vom Wissen der Prüfstelle um das Unfallgeschehen und die Entwicklung am Markt profitieren. Im Falle von Produkthaftungsfällen kann er nachweisen, dass er sein Produkt von einer unabhängigen Stelle hat prüfen lassen. Der Betreiber kommt bei der Auswahl von geprüften und zertifizierten Arbeitsmitteln seiner Verpflichtung auf Grund der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) nach, seinen Beschäftigten nur Arbeitsmittel bereitzustellen die den Rechtsvorschriften entsprechen. Das europäische Normensystem Die zwingend einzuhaltenden sicherheitstechnischen Anforderungen an Produkte die im Raum der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden, sind in EG-Richtlinien geregelt. Hervorzuheben ist hierbei für Maschinen die EG-Maschinenrichtlinie 2006/42-EG. Diese ist in der 9. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) in deutsches Recht umgesetzt. Durch Normen werden die Vorgaben konkretisiert. Es werden darin detaillierte technische Lösungen beschrieben. Es ist dabei zu beachten, dass die Anwendung einer Norm freiwillig ist. Andere, von der Norm abweichende Lösungen sind immer möglich, solange sie gleiche Sicherheit bieten. Damit soll verhindert werden, dass Normen, die der technischen Entwicklung auf Grund des langwierigen - 2 -
3 Entstehungsprozesses zwangsläufig immer hinterherhinken und die Allgemein anerkannten Regeln der Technik wiederspiegeln und nicht den Stand der Technik, den technischen Fortschritt behindern. Besonders hervorzuheben sind die Harmonisierten Normen. Diese werden im Auftrag der Europäischen Kommission von den zuständigen Normengremien im CEN oder CENELEC erarbeitet und anschließend im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Für diese gilt die sogenannte Vermutungswirkung. Dies bedeutet, dass ein Hersteller, der sein Produkt nach dieser Norm baut, davon ausgehen darf, dass er die grundlegenden Anforderungen der EG-Maschinenrichtlinie eingehalten hat. Über folgenden Link kann das aktuelle Amtsblatt der EU über das Internet abgerufen werden: Unterschieden werden 3 Normtypen: Die so genannten Typ-A-Normen (Sicherheitsgrundnormen) behandeln Grundbegriffe, Gestaltungsleitsätze und allgemeine Aspekte, die auf alle Maschinen gleichermaßen angewandt werden können. Wegen des eher grundsätzlichen Charakters dieses Normentyps kann ein Hersteller, dessen Maschine den Anforderungen einer Typ-A-Norm innerhalb von deren Anwendungsgrenzen entspricht, nur bedingt davon ausgehen, dass damit zugleich die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG vollständig erfüllt wurden. Um volle Richtlinienkonformität unterstellen zu können, sind in jedem Fall weitere harmonisierte Typ-B- und/oder Typ-C-Normen hinzuzuziehen. Beispiel für Typ-A-Norm: EN ISO 12100:2010; Sicherheit von Maschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze - Risikobeurteilung und Risikominderung Typ-B-Normen (Sicherheitsfachgrundnormen, Sicherheits-Gruppennormen) behandeln entweder Sicherheitsaspekte, die eine ganze Reihe von Maschinen betreffen (Typ-B1-Norm: z.b. Sicherheitsabstände, Gefahrstoffe, Geräusche, Strahlung, Oberflächentemperatur, ergonomische Gestaltung) oder eine bestimmte Art von Schutzeinrichtungen, die für verschiedene Maschinen verwendet werden können (Typ-B2-Norm: z.b. Zweihandschaltungen, Verriegelungseinrichtungen, druckempfindliche Schutzeinrichtungen, trennende Schutzeinrichtungen, Signale und Stellteile, Steuerungen, Zugänge zu/in Maschinen). Falls für eine bestimmte Maschine keine produktspezifische Norm vorhanden ist oder Gefährdungen zu betrachten sind, die darin nicht behandelt werden, dienen die Festlegungen entsprechender Typ-B-Normen dazu, die grundlegenden Anforderungen an eine besondere Maschine näher zu spezifizieren. Beispiel für Typ-B1-Norm: EN ISO 13857:2008; Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen mit den oberen und unteren Gliedmaßen Beispiel für Typ-B2-Norm: DIN EN ISO 13850:2008; Sicherheit von Maschinen - Not-Halt Gestaltungsleitsätze - 3 -
4 Typ-C-Normen (Maschinensicherheitsnormen, Sicherheits-Produktnormen) behandeln detaillierte Sicherheitsanforderungen an eine bestimmte Maschine oder Gruppe von Maschinen. Üblicherweise verweisen Typ-C-Normen soweit wie möglich auf die Festlegungen der hierarchisch übergeordneten Typ-A- und Typ-B-Normen. Darüber hinaus werden maschinenspezifische Anforderungen definiert. Da die speziellen Festlegungen einer Typ-C-Norm von denen abweichen können, die in entsprechenden Typ-A- und B-Normen jeweils für eine größere Gruppe von Maschinen getroffen wurden, haben die Vorgaben einer Typ-C-Norm stets Vorrang. Insofern geht nur von Typ-C-Normen eine uneingeschränkte Vermutungswirkung im Hinblick auf die Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG aus. Beispiele für Typ-C-Normen: EN 996:1995+A3:2009; Rammausrüstung Sicherheitsanforderungen EN 791:1995+A1:2009; Bohrgeräte - Sicherheit EN 16228: Die neue Norm zu Geräten für Bohr- und Gründungsarbeiten - Überblick Für Spezialtiefbaumaschinen existieren zurzeit die harmonisierten Normen EN 791 für Bohrgeräte und die EN 996 für Rammen. Diese stammen aus dem Jahre 1995 und müssen dringend an die neuen technischen Entwicklungen und auch an die zusätzlichen Anforderungen, die sich aus der neuen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ergeben, angepasst werden. Die Normen für Spezialtiefbaumaschinen sollen in der EN Serie zusammengefasst werden. Es sind insgesamt 7 Teile vorgesehen: EN :201x Geräte für Bohr und Gründungsarbeiten Sicherheit - Teil 1: Gemeinsame Anforderungen EN :201x EN :201x EN :201x EN :201x EN :201x EN :201x Mobile Bohrgeräte für Tiefbau, Geotechnik und Gewinnung Geräte für das gerichtete Horizontalbohrverfahren Geräte für Gründungsarbeiten Geräte für Schlitzwandarbeiten Geräte für Injektionsarbeiten Auswechselbare Zusatzausrüstungen - 4 -
5 Wesentliche Inhalte aus der EN Nachfolgend sind beispielhaft einige Bereiche herausgegriffen in denen sich wesentliche Neuerungen ergeben werden: Sichtverhältnisse Sofern das Drehen des Oberwagens Teil des fortlaufenden Arbeitsprozesses ist, muss der gesamte Bereich um die Maschine einsehbar sein (wie z.b. beim Kellybohren oder Greiferaushub). Wenn die Größe oder Form der Maschine und die Position der Kabine keine sicheren Sichtverhältnisse zulassen, müssen diese entweder durch ein Videoüberwachungssystem, Spiegel oder andere optische Hilfsmittel sichergestellt werden. Die Anforderungen an das Sichtfeld erfolgen in Anlehnung an die ISO 5006:2006; Erdbaumaschinen - Sichtfeld - Testverfahren und Anforderungskriterien. Bild 2: Kamera für den rückwärtigen Maschinenbereich Bild 3: Kamera für die rechte Maschinenseite Standsicherheit Es wird ein vereinheitlichtes, neues Berechnungsverfahren der Standsicherheit von Geräte für Bohr- und Gründungsarbeiten eingeführt. Besondere Anforderungen oder Ausnahmen werden ausführlich in den maschinenspezifischen Teilen 2 bis 7 der EN dargestellt. Sicherheit der Steuerung Sicherheitsbezogene Teile von Steuersystemen müssen die Anforderungen in EN ISO :2008; Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze erfüllen. Nachfolgend sind einige Beispiele für erforderliche Performance Levels PLr aufgeführt Sicherheitsfunktion sicherheitsbezogene Teile für Steuersysteme Fahrbewegung Arbeitsbewegung Ansprechen von Schutzeinrichtungen -5- Erforderlicher Performance Level PLr c c d
6 Zugangssysteme Zugangssysteme sind so zu konzipieren, dass sie den sicheren Zugang sicherstellen: - in jeder Betriebsposition - zu Bedienerposition und Verzurrpunkten beim Be- und Entladen - zu allen Wartungsstellen Die Zugangssysteme müssen den Anforderungen der EN ISO 2867:2008; Erdbaumaschinen - Zugänge entsprechen. Schutz im Bereich beweglicher Teile, die im Arbeitsprozess beteiligt sind (z.b. drehendes Gestänge) Wo der Zugang zu beweglichen Teilen, die direkt am Arbeitsprozess beteiligt sind, während des normalen Betriebs der Maschine möglich ist, sind folgende Schutzeinrichtungen zu wählen: - trennende Schutzeinrichtung (wie z.b. Käfig); oder Bild 4: Schutzkäfig mit integrierter Abschaltung - 6 -
7 - empfindliche Schutzeinrichtung (z.b. elektrosensitive Schutzausrüstung oder druckempfindliche Matte; oder Anmerkung: Ob Schaltleinen weiterhin zulässig bleiben ist im Normungsgremium noch umstritten. Bild 5: Ankerbohrgerät mit beidseits angeordneter Schaltleine - Schutzeinrichtungen zum Ermitteln der Anwesenheit von Personen (z.b. Funkbasissysteme, optische Systeme) Die Anwendung neuer, gegebenenfalls noch zu entwickelnder Technologien soll durch diese Norm nicht eingeschränkt werden. Die EN Normenserie befindet sich zurzeit in der CEN Umfrage. Einsprüche sind über die nationalen Normungsgremien noch bis zum möglich. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich einzelne Anforderungen noch ändern werden. -7-
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