Intelligentes Wissen als der Schlüssel zum Können
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- Gerburg Haupt
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1 Intelligentes Wissen als der Schlüssel zum Können Elsbeth Stern Professur für Lehr- und Lernforschung
2 1. Warum können wir uns manches so schwer merken? 2
3 Hans baute ein Boot. Urs liess einen Drachen steigen. Lutz ass einen Apfel. Beat ging über das Dach. Jochen versteckte ein Ei. Dominik setzte das Segel. Peter schrieb ein Drama. Viktor drückte den Schalter. 3
4 Wer ass einen Apfel? Wer versteckte ein Ei? Wer liess einen Drachen steigen? Wer ging über das Dach? Wer drückte den Schalter? Wer setzte das Segel? Wer baute ein Boot? Wer schrieb das Drama? 4
5 Noah baute ein Boot. Benjamin Franklin liess einen Drachen steigen. Adam ass einen Apfel. Der Weihnachtsmann ging über das Dach. Der Osterhase versteckte ein Ei. Christoph Kolumbus setzte das Segel. William Shakespeare schrieb ein Drama. Thomas Edison drückte den Schalter. 5
6 Wer ass einen Apfel? Wer versteckte ein Ei? Wer liess einen Drachen steigen? Wer ging über das Dach? Wer drückte den Schalter? Wer setzte das Segel? Wer baute ein Boot? Wer schrieb das Drama? 6
7 Was wir uns an eingehender Information merken können, hängt ganz entscheidend von unserem bereits verfügbaren Wissen ab. 7
8
9 9
10 Aus 14 mach 2 10
11 Kapazität des Arbeitsgedächtnisses von Menschen mit europäischem Sprachhintergrund: 7 +/- 2 Zahlen 11
12 S.F., Student aus Pittsburgh, konnte sich 80 Ziffern merken. 12
13 Was zeichnete S.F. aus? Leicht unterdurchschnittliche Intelligenz Kannte sich enorm gut in Leichtathletik-Wettbewerben aus (zahlenbasiertes Wissen) Brauchte ca. 200 Stunden um das Wissen über Daten und Zeiten von Leichtathletik-Wettbewerben so zu reorganisieren, dass es zur Bündelung beliebiger Zahlenkombinationen herangezogen werden konnte Zeigte nur Normalleistung beim Merken von Buchstaben 13
14 Expertise im Schachspiel 14
15 Expertise im Schachspiel Kinderstudie Schach: Expertenkinder besser als Novizen-Erwachsene 15
16 Chunking (Bündelung) Die Merkfähigkeit in einem bestimmten Inhaltsbereich kann man verbessern, indem das Wissen in diesem Bereich systematisch umstrukturiert und vielfach vernetzt wird. Kann die Hirnforschung nicht erklären!!! 16
17 Die Gedächtnisleistung hängt (fast) ausschliesslich von der Wissensorganisation ab: Neue Information muss an bestehende angebunden werden. Geringer Einfluss von Strategiewissen, starker Einfluss von Alzheimer und anderen Gehirnkrankheiten. Es gibt keinen unspezifischen Transfer (weder durch Latein, noch durch Schach oder Musik) Nicht mangelnde Motivation sondern fehlendes Wissens Ursache für schlechte Merkleistung (Information geht durch die Maschen) Beispiel Chemie: zwischenmolekulare Kräfte 17
18 Konzeptuelle Umstrukturierung beim Verständnis des Gleichheitszeichens Zahlen addieren 1+2=3+3=6+4=10+5=, Aufforderung zum Rechnen vs. Symbol für Äquivalenz 18
19 Wissen als der Schlüssel zum Können Wissen DASS Deklatives Wissen (Fakten und Begriffe) Wissen WIE Prozedurales Wissen (automatisierte Handlungen) Wie muss Wissen im Gedächtnis einer Person organisiert sein, damit es bei der Bewältigung einer Anforderung zum richtigen Zeitpunkt aktiviert und genutzt wird? 19
20 20
21 Welche Lernvorgänge erzeugen automatisiertes prozedurales Wissen? Wiederholung Lernen am Erfolg Eventuell durch externe Steuerung (operantes Konditionieren) Fehler können den Lernprozess verzögern 21
22 Warum der Erwerb von anwendbarem konzeptuellem Wissen ungleich schwieriger ist Säugetier Gewicht Trägheit 22
23 Kategorisierung von Gebrauchsgegenständen Alltagswissen: Bestehen aus Stahl Physikwissen: Funktion beruht auf der Wirkung von Kräften 23
24 Alltagskonzepte: Klassifikation nach dem Einsatzbereich Haushalt Landwirtschaft Handwerk 24
25 Klassifikation nach physikalischen Prinzipien Hebel Keil 25
26 Lerngelegenheiten, die den Aufbau von Begriffsnetzwerken unterstützen NICHT Lernen von Merksätzen, Definitionen und Formeln probieren, Versuch und Irrtum Sondern Arbeit am Vorwissen: Gelegenheiten zur Ko-Konstruktion von Wissen in Gesprächen (Selbsterklärungen, Metakognitionstraining) ZEIT: Spiralcurriculum 26
27 Am Konzeptuellen Wissen arbeiten Konzeptwechsel durch Angebote alternativer Begriffe erleichtern: z.b. Trägheit vs Unbeweglichkeit Fehler der Schüler als wichtigste Informationsquelle sehen 1+2=3+3=6+4=10+5=, NICHT zwingen: 1+2=3, 3+3=6, 6+4=10, 10+5=1 27
28 Beispiel für ein Spiralcurriculum in Physik 28
29 Wie kommt es, dass ein kleines Stück Stahl untergeht, aber ein grosses, schweres Schiff aus Stahl schwimmt? Hardy, I., Jonen, A., Möller, K., & Stern, E. (2006). Why does a large ship of iron float? Conceptual change in elementary school children. Journal of Educational Psychology.
30 Eisen Stein Ton Wasser Holz Kork Styropor
31 Ein Metalldraht wird ins Wasser getaucht. Was passiert? geht unter steigt nach oben weil er sich festhält. weil das weggedrängte Wasser weniger wiegt als der Metalldraht. weil er so lang und dünn ist. weil das weggedrängte Wasser mehr wiegt als der Metalldraht. weil er aus Metall ist. weil er vom Wasser nicht stark genug nach oben gedrückt wird. weil er so leicht ist.
32 Ein Metalldraht wird ins Wasser getaucht. Was passiert? geht unter steigt nach oben weil er sich festhält. weil das weggedrängte Wasser weniger wiegt als der Metalldraht. weil er so lang und dünn ist. weil das weggedrängte Wasser mehr wiegt als der Metalldraht. weil er aus Metall ist. weil er vom Wasser nicht stark genug nach oben gedrückt wird. weil er so leicht ist.
33 Lernen ist nicht wie das Besteigen einer Leiter
34 Das Ergebnis von Lernen ist ein Wissensnetzwerk, das sich im günstigen Falle systematisch verzweigt. Reading Mathematics Physics.
35 Wie sehen Unterschiede in der geistigen Leistungsfähigkeit aus und woher kommen sie? 35
36 Intelligenz und Begabung Zahlenreihen: ? Analogien: Gramm : Gewicht = Stunde :? 36
37 Was sagt der IQ aus? Je höher der IQ, umso wahrscheinlicher ist akademischer Lernerfolg. Dies gilt auch für Höchstintelligente. IQ-Unterschiede offenbaren sich erst durch den Schulbesuch. 37
38 Welche kognitiven Funktionen liegen Intelligenzunterschieden zugrunde? Intelligenz = Arbeitsgedächtnis? Ziel nicht aus den Augen verlieren Irrelevante Information hemmen (Inhibition) Relevantes Wissen aus dem Langzeitgedächtnis aktivieren 38
39 Wie kommt es zu den Unterschieden in der Intelligenz? Zwillings- und Adoptionsdesigns zeigen überzeugend: Mindestens 50% der IQ-Varianz ist genetisch bedingt. Je größer die Chancengerechtigkeit in Bezug auf Bildung ist, um so größer ist der Einfluss der Gene auf die Erklärung von Unterschieden. Gibt es DAS Intelligenz-Gen? Plausible Hypothese: Eine sehr grosse Zahl von additiv wirkenden Genen, die über das gesamte Erbgut verteilt sind, steuern die Intelligenzentwicklung. Dafür spricht auch die nicht sehr hohe Familienähnlichkeit beim IQ. Chancengerechtigkeit ist nicht nur eine Frage der Moral
40 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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