PRAXISTAUGLICHE RISIKOBEWERTUNG VON BETRIEBSBEREICHEN UND ANLAGEN, DIE DER 12. BIMSCHV UNTERLIEGEN
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- Hans Klein
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1 in Karlsruhe am 15. und 16. Juni 2010 Veranstalter: LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg PRAXISTAUGLICHE RISIKOBEWERTUNG VON BETRIEBSBEREICHEN UND ANLAGEN, DIE DER 12. BIMSCHV UNTERLIEGEN von Dr. Helmut Körber APC Angewandte Physik Consulting GmbH Stuttgart Übersicht 1 Anforderungen bezüglich der Bewertung der Sicherheit von Anlagen 2 Definition: Risiko R 3 Risikoabstufungen 4 Praktische Vorgehensweise bei einem Betriebsbereich oder einer Anlage 5 Beispiel für tabellarische Risikoanalyse 6 Erfahrungen aus der Praxis mit Risikobewertungen 7 Zusammenfassung, Diskussion 1
2 Gesetzesrahmen Bewertung der Sicherheit mittels Ermittlung des Risikos wird u.a. gefordert von: - Seveso II (Richtlinie 96/82/EG) BImSchV (deutsche Störfall-Verordnung) Auszüge aus 12. BImSchV: - Sicherheitsbericht muss mindestens enthalten: Informationen gemäß Anhang II, siehe 12. BImSchV 9 (2) - Ermittlung der Risiken von Störfällen, siehe Anhang II Nr. IV: Beschreibung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit, Nr. IV Pkt 1, und Abschätzung der Schwere der Folgen von Störfällen, Nr. IV Pkt 2 -Betreiber braucht Sicherheitsmanagementsystem nach Grundsätzen gemäß Anhang III, siehe 12. BImSchV 9 (1) Satz 1 - Sicherheitsmanagementsystem, siehe Anhang III Absatz 3 (a): Systematische Ermittlung der Gefahren von Störfällen mit Abschätzung der Wahrscheinlichkeit und Schwere der Störfälle Gründe für eine Risikoabschätzung und -bewertung Allgemeine Zielsetzung - Das von Anlagen ausgehende (Rest-)Risiko soll langfristig immer weiter verringert werden - Durch Risikoanalysen werden unterschiedliche Gefahren und Gefährdungen sowie Gefahrenpotenziale vergleichbar Weitere Aspekte zur Risikobewertung - Betriebserfahrung zeigt, dass trotz guter Maßnahmen und Vorkehrungen in der Praxis Störungen und Störfälle vorkommen -Eine Eintrittswahrscheinlichkeit Null für Störungen und Störfälle existiert nicht -Der Eintritt eines Störfalls mit gravierenden Auswirkungen sollte jedoch durch geeignete Maßnahmen so unwahrscheinlich wie möglich gemacht werden -Eine Verknüpfung von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere einer Störung / eines Störfalls ist sinnvoll 2
3 Definition des Risikos Das Risiko R ist definiert als Produkt aus Schadensausmaß eines Störfalls und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit: R = S. W mit S = zu erwartendes Schadensausmaß... beispielsweise - Sachschaden (z.b. in Mio ) - Personenschaden (z.b. Zahl der Toten, Zahl der Verletzten, Schadstoffkonzentration in Atemluft) - Umweltschaden (z.b. Zahl der toten Fische im Fluss, kontaminierte / verseuchte Agrarfläche) - Image-Schaden (z.b. Zahl der Negativberichte in den Medien, Umsatzrückgang der betroffenen Firma und W = Eintrittswahrscheinlichkeit... anzugeben beispielsweise - als Häufigkeit des Ereignisses pro Jahr (z.b. im Durchschnitt 1mal in 10 Jahren = 1/10 mal je a = 0,1a-1 ) - als Wahrscheinlichkeitskennziffer Beispiel (1) für eine Risikobewertung: MSR-Einstufung Risikograph zur Einstufung von MSR-Einrichtungen nach VDE/VDI
4 Beispiel (2) für eine Risikobewertung: SILs bei MSR MSR-Einstufung nach DIN EN / IEC (SIL = Safety Integrity Level = Sicherheitsbezogene Anforderungsstufe an die Schutzeinrichtungen nach IEC 61508, AK = Anforderungsklassen an MSR-Schutzeinrichtungen nach DIN V 19250). Beispiel (3) für eine Risikobewertung: Explosionsschutz Konzentration Konzentration Konzentration UEG UEG UEG ständig, häufig Zeit Zeit gelegentlich Zeit normalerweise nicht Zone 0 bzw. 20 Zone 1 bzw. 21 Zone 2 bzw. 22 4
5 Risikobestimmung R = S. W Die quantitative Berechnung des Risikos R erfordert Zahlenwerte für Schadensausmaß S und Eintrittswahrscheinlichkeit W. Dies ist - machbar, jedoch -sehr aufwändig Bestimmung des zu erwartenden Schadensausmaßes mittels umfangreicher Berechnungen für jeden zu betrachtenden Störfall Eintrittswahrscheinlichkeiten für Störfälle erfordern Angaben zur Häufigkeit von Ausfällen von Armaturen, Komponenten etc., was meist schwierig zu beschaffen ist (Literatur, Sachversicherer,...) Folge: Aufwand von mehreren Mann-Monaten bis Mann-Jahren für eine quantitative Risikoanalyse Deshalb: Vereinfachung der Risikobestimmung durch Rasterung, beispielsweise durch - Festlegung von Schadensklassen - Definition von Parametern für die Eintrittswahrscheinlichkeit Parameter für Schadensausmaß Vorschlag / Beispiel für die Definition eines Risiko-Parameters Sn für das Schadensausmaß 5
6 Parameter für Eintrittswahrscheinlichkeit Vorschlag / Beispiel für die Definition eines Risiko-Parameters für die Eintrittswahrscheinlichkeit Wn *) eines Ereignisses oder Störfalls *) Die Festlegung des Parametern für die Eintrittswahrscheinlichkeit erfolgt in Anlehnung an VDE/VDI W0 bedeutet nicht Eintrittswahrscheinlichkeit Null, sondern extrem gering Risikokennziffer Die exakte Berechnung des Risikos als Produkt aus Schadensausmaß eines Störfalls und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit wird ersetzt durch die Bestimmung einer Risikokennziffer Rn Die Ermittlung der Risikokennziffer Rn erfolgt durch formale Produktbildung aus Sn (S0 bis S4) und Wn (W0 bis W3) Rn = Sn. Wn Als Ergebnis sind dann Risikokennziffer Rn vorhanden und zwar: Risikokennziffern R0 bis R12 6
7 Risikoabstufung Große und kleine Risiken Die Risikokennziffer Rn ermöglicht Risikoabstufungen: - R0 - R1: äußerst geringes bis kleines Risiko - R2 - R3: mittleres Risiko - R4 - R6: großes Risiko, das kurz- bis mittelfristig reduziert werden sollte - R7-R12: sehr großes Risiko, das nicht toleriert werden kann Achtung - R0 bedeutet nicht, dass kein Risiko vorhanden ist - Absolut risikofreie Anlagen existieren nicht - Nie von Null-Risiko reden Vorgehensweise Praktische Vorgehensweise bei der Risikobewertung eines Betriebsbereichs oder einer Anlage - Schritt 1: Unterteilung des Betriebsbereichs /der Anlage in Subsysteme (z.b. Tanklager, Verladestationen, Fertigungsstrang, Produktreinigung, Versand) - Schritt 2: Tabellarische Risikoanalyse für jedes Subsystem in einer Beratung (Sicherheitsgespräch) durch ein kleines Team Teilnehmer am Sicherheitsgespräch (Vorschlag): - Betriebsingenieur - Störfallbeauftragter oder/und externer Sicherheitsberater - Verantwortlicher Leiter des Subsystems 7
8 Teilsysteme Festlegung der Teilsysteme und der wesentlichen Komponenten Tabelle zur Risikoanalyse Risikobestimmung mit Hilfe einer tabellarischen Risikoanalyse nach folgendem Muster 8
9 Risikoanalyse (Beispiel) Praktisches Beispiel für eine tabellarische Risikoanalyse: Lagertanks für Ammoniak Praxiserfahrung (1) mit Risikoabschätzungen und -bewertungen Einführung der Risikoanalyse im Betrieb - Erläuterung der Vorgehensweise - Instrument der Risikoanalyse wird zuerst als neuartig angesehen - Empfehlung: mit einfachem Betriebs-Subsystem beginnen - Nach ca. ½ Tag ist produktives Sicherheitsgespräch möglich Übernahme der Idee Risikobewertung durch Betrieb - Anfangs zeigen sich einige betriebliche Mitarbeiter reserviert gegenüber Risikobewertung (z.b. schon wieder was neues, mit dieser Anlage noch nie ein Risiko gehabt ) - Nach etwa einem Tag ist die tabellarische Risikoanalyse Routine - Nach Beendigung der ersten Beratungsrunde mit Risikoanalyse empfehlen Beteiligte die Risikoanalyse von sich aus weiter - Vorteil der tabellarischen Risikoanalysen wird erkannt: Im Fall von Nachrüstungen kann mit der fortgeschriebenen Dokumentation die ständige Minderung des von der Anlage ausgehenden (Rest-)Risikos leicht belegt werden 9
10 Praxiserfahrung (2) mit Risikoabschätzungen und -bewertungen Aufwand für Risikoanalysen Statt Aufwand von mehreren Mann-Monaten bis Mann-Jahren für eine quantitative Risikoanalyse ist bei einer Risikoanalyse mit Kenngrößen für mittelgroße Anlagen nur ein Aufwand von Mann-Woche(n) erforderlich Fachliche Ergebnisse der Risikobewertungen - Ermittelte Risikokennziffern Rn in den meisten Fällen R1 bis R4 - Erhöhte Risiken (z.b. Rn > R5) werden zuverlässig erkannt - Falls irgendwo ein erhöhtes Risiko entdeckt wird, werden i.d.r. sofort / sehr zügig sicherheitstechnische Nachrüstungen eingeleitet, um das (Rest-)Risiko zu mindern - Betriebsleiter verwenden Risikobewertung, um Schwachstellen in Anlage zu finden und um Sicherheitstechnik zu verbessern Zusammenfassung -Die Risikobewertung von Betriebsbereichen und Anlagen mit der Methode von Risikoparametern ist praxistauglich und hat sich bewährt - Durch Anlehnung an VDE/VDI 2180 ist eine zügige Einführung der Risikobewertung in Betrieben möglich - Die Ermittlung von Risikokenngrößen mit Risikoparametern für das Schadensausmaß und die Eintrittswahrscheinlichkeit ermöglicht eine abgestufte Bewertung und entspricht damit den Anforderungen der 12. BImSchV -Die Aussagekraft der Ergebnisse der Methode steht der einer quantitativen Risikoanalyse kaum nach, der erforderliche Aufwand beträgt jedoch nur einen kleinen Bruchteil davon - Eventuell vorhandene erhöhte Risiken in einer Anlage werden zuverlässig erkannt -Als Folge der Aufdeckung einzelner erhöhter Risiken wird ein beschleunigter Wille bei Betriebsverantwortlichen beobachtet, sicherheitstechnische Nachrüstungen zügig zu realisieren 10
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