Wissenswert. CRISPR/Cas-Einsatz in der Krebsforschung. von Tanja Stehning. Sendung: , hr-info

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1 Hessischer Rundfunk hr-info Redaktion: Dr. Regina Oehler Wissenswert CRISPR/Cas-Einsatz in der Krebsforschung von Tanja Stehning Tanja Stehning Sendung: , hr-info Copyright Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf es nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (z.b. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors/der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks.

2 Anmoderation: Krebs trifft fast jeden zweiten Deutschen im Laufe des Lebens, CRISPR/Cas auch hier bei Forschung eingesetzt, z.b. wenn es um neue Medikamente gegen Krebs geht wie Palbociclib. In den USA eingeführt als Ibrance (von Pfizer) gegen Brustkrebs. Bisher sieht es gut aus für Pablociclib. Das neue Medikament könnte gegen viele Arten von Krebs wirken, unter anderem gegen Brutkrebs und Leukämie. Das zeigt sich in Labortests und in verschiedenen Phasen klinischer Studien. Palbociclib hindert bestimmte Enzyme in der Zelle an ihrer Arbeit. Es ist ein sogenannter Inhibitor. Aber auch bei dem erfolgversprechenden Palbociclib tritt eine Schwierigkeit auf, die es bei vielen Krebspräparaten gibt. Wie es dazu kommt, erforscht Dr. Manuel Kaulich von der Universitätsklinik in Frankfurt. O-Ton 1 (0 24) Warum uns dieser Inhibitor so interessiert ist, der ist gerade in Phase 1,2,3 klinischen Studien extrem gut aufgenommen worden und wird wahrscheinlich ein sehr, sehr potentes Krebsmedikament werden. Nun ist es aber so, dass in diesen Studien hat sich bereits rausgestellt, dass Patienten dagegen auch Resistenzen entwickeln. Es ist auch leider nicht bekannt wie das geschieht.

3 Resultat: Das Medikament verliert bei manchen Patienten seine Wirksamkeit. Warum es dazu kommt, wollen Kaulich und seine Mitarbeiter erforschen. Dafür nutzen sie die Genschere CRISPR/Cas. Die kann das Erbgut, also den DNA-Strang, in lebenden Zellen schneiden. An welchen Stellen sie das tut, können die Forscher vorher festlegen. Im Labor von Kaulich wird scheinbar wie wild geschnitten. An vielen verschiedenen Punkten auf dem DNA-Strang von Krebszellen setzen sie die Genschere an. Was wahllos klingt, ist in Wahrheit Detektivarbeit: Dort, wo CRISPR/Cas schneidet, werden Abschnitte auf der DNA verändert oder unleserlich gemacht. Anschließend werden die Zellen mit dem neuen Krebsmedikament Palbociclib behandelt. Zellen, die überleben, sind durch die CRISPR/Cas-Behandlung resistent geworden gegen das Medikament. Die Forscher schauen dann nach, an welchen Stellen die Schere geschnitten hat. So wissen sie, welche Bereiche der DNA entscheidend sind für die Entwicklung der Resistenz. O-Ton 2 (0 14) Das bedeutet im Umkehrschluss: Patienten, die dieses Medikament bekommen, müssen dieses Protein oder Gen nicht kaputt haben dürfen. Bevor das Medikament überhaupt zu ihnen gegeben wird, weiß man schon genau: ok, es wird funktionieren oder es wird nicht funktionieren.

4 Und auf lange Sicht gesehen geht es Kaulich nicht nur um die Erforschung eines einzelnen Medikaments wie Palbociclib. O-Ton 3 (0 26) Es gibt sehr, sehr, sehr, sehr viele Krebsmedikamente und leider Gottes ist es so, dass gegen alle ein Resistenzmechanismus vorliegt. Und die größere Idee hinter den Projekten, die wir machen, ist, dass, wenn man alle Netzwerke kennt von diesen Krebsmedikamenten, sollte es rein theoretisch möglich sein, eine Kombination an Medikamenten einem Patienten zu verabreichen, die von vorneherein die Entstehung von Resistenzen ausschließt. Die Arbeitsgruppe von Kaulich nennt sich gene editing group, also Genbearbeitungsgruppe. Erst vor einem halben Jahr wurde sie gegründet und nutzt die neue CRISPR/Cas-Technik seitdem intensiv. Kaulich selbst hält sie für eine Revolution. O-Ton 4 (0 27) Der enorme Vorteil davon ist, dass man jetzt hocheffizient diese Methode im Prinzip anwenden kann. Die Geschwindigkeit, mit der wir in den letzten eineinhalb, zwei Jahren wissenschaftliche Durchbrüche gesehen haben auf einem Niveau, was man davor seit langem nicht gesehen hat, hat so stark zugenommen. Man

5 kann schon von einer zellbiologischen Revolution sprechen. Und das betrifft alle Bereiche, nicht nur die Resistenzforschung. Die revolutionäre Technik setzt Kaulich noch auf eine andere Art ein. Denn anstatt mit CRISPR/Cas nur Schnitte in der DNA zu setzen, kann man noch einen Schritt weiter gehen und an den offenen Stellen ein gewünschtes DNA-Stück einsetzen. So erzeugt Kaulich kleinste Veränderungen in der DNA, die riesige Auswirkungen haben können. Und noch einmal ganz neue Dimensionen für die Forschung eröffnen und vielleicht auch irgendwann für die Therapie.