Armin Höland (Zentrum für Sozialforschung Halle) Felix Welti (Universität Kassel)
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- Greta Schuler
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1 Armin Höland (Zentrum für Sozialforschung Halle) Felix Welti (Universität Kassel) Forschungsprojekt Recht und Praxis der Widerspruchsausschüsse in der Sozialversicherung. Bestandsaufnahme und Wirkungsanalyse zsh Zentrum für Sozialforschung Halle e.v.
2 A) Das Forschungsprojekt I. Der Untersuchungsgegenstand Widerspruchsausschüsse (WA) nach 36a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG und Satzungsrecht der Sozialversicherungsträger (SVT) für die Versicherungszweige nach 1 Abs. 1 S. 1 SGB IV II. Das Ziel der Untersuchung 1. Erhebung von Daten zur Institution und Arbeitsweise von WA als Institutionen des Vorverfahrens nach 77 ff. SGG; 2
3 2. Erfahrungen und Wahrnehmungen der am Verfahren Mitwirkenden, der den Widerspruch führenden Personen und ihrer RechtsvertreterInnen, Wirkungen der Tätigkeit der WA im Hinblick auf die SVT und ihre Versicherten; 3. Untersuchung der Tätigkeit der WA unter den Merkmalen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit ( 78 S. 1 SGG), der Qualitätssicherung im Hinblick 3
4 auf die Arbeit der SVT und die Praxis der Selbstverwaltung, sowie der Filterfunktion in Bezug auf das anschließend mögliche Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) III. Das methodische Vorgehen Zusammenstellung von Basisdaten zu Widerspruchsausschüssen bei Sozialversicherungsträgern (185: 131 KV + 37 UV + 17 RV) 4
5 Vor- und nachbereitende Expertengespräche Kombinierte online- und schriftliche Befragung aller haupt- und ehrenamtlich tätigen Mitglieder von Widerspruchsausschüssen in der Sozialversicherung zur Existenz und Organisation ihres Widerspruchsausschusses, zur Organisation und Arbeitsweise, zum Geschäftsanfall, zur Häufigkeit von Sitzungen, zur Art und Weise der Behandlung von Widersprüchen in den Sitzungsterminen, zur Entscheidungsbildung und zu den Reaktionen 5
6 der Versicherten; Aktenanalysen bei ausgewählten SVT und Sozialgerichten. Ziel: Angemessene Erfassung der Tätigkeit der Widerspruchsausschüsse auch hinsichtlich der schriftlichen Dimension der Akteninhalte. Hierbei sind beide möglichen Verfahrensausgänge in den Blick zu nehmen, die Verfahren, die mit dem Widerspruchsbescheid ihr Ende finden und die Verfahren, in denen sich die Versicherten zur Erhebung einer Klage 6
7 entschlossen haben. Für die streitig fortgeführten Verfahren sollen Einzelheiten des Verfahrensablaufs, der Themen und Begründung von Widersprüchen sowie der Entscheidungen der Widerspruchsausschüsse durch die Analyse von Gerichtsakten erfasst werden. Für die zahlenmäßig überwiegende Menge der im Widerspruchsverfahren beendeten Verfahren wird eine Auswahl von Akten bei verschiedenen Sozialversicherungsträgern ausgewertet werden. 7
8 IV. Der zeitliche Rahmen Laufzeit zwei Jahre, Beginn im November 2014 V. Die Finanzierung Förderung durch die Hans-Böckler-Stiftung (HBS), Eigenmittel der Universität Kassel VI. Mitarbeitende Sabine Boettcher und Christina Buchwald, Diplom- Soziologinnen, ZSH 8
9 Manuela Fischer, Ass. iur., Uni Kassel Elisabeth Krausbeck, Ass. iur., ZSH Alexandra Weber, Studierende, Uni Kassel 9
10 B) Stand der Forschung Kaum wissenschaftliches Wissen über Widerspruchsausschüsse in der Sozialversicherung. Bislang nur vereinzelte und veraltete Forschungserkenntnisse zu Widerspruchsverfahren und WA, keine aktuellen Daten, kein Überblick. Verdienstvoll ist die über 30 Jahre zurückliegende Studie von Ulrich Horn, Bedingungen und Funktionen des Rechtsschutzes gegenüber standardisierten Entscheidungen in der Rentenversicherung, Gesamthochschule Kassel
11 Hinweise auf die Bedeutung und Qualität von Widerspruchsverfahren im Sozialrecht bieten Datenerkenntnisse aus gerichtlicher Perspektive aus der Untersuchung von Bernard Braun, Petra Buhr, Armin Höland und Felix Welti, Gebührenrecht im sozialgerichtlichen Verfahren, Baden-Baden 2009, Siehe hieraus unter anderem: 11
12 Schaubild 4.1: Ursachen für die Zunahme der Klagen aus Sicht der Richter (Anteil trifft in eher hohem Maße zu und trifft in sehr hohem Maße zu zusammen) 12
13 zsh Zentrum für Sozialforschung Halle e.v. 13
14 Für immerhin etwa 40% der antwortenden Richter tragen die mangelnde Sorgfalt bei der Erstellung von Bescheiden im Verwaltungsverfahren, die sachliche Unzulänglichkeit von Bescheiden im Widerspruchsverfahren und als unzulänglich angesehene medizinischen Ermittlungen entscheidend zur Zunahme der Klagen bei.
15 Etwa ein Drittel der Befragten meint, dass die Verfügbarkeit von verbandlichem Rechtsschutz, das anwaltliche Gebührenrecht oder rechtliche Unzulänglichkeiten im Widerspruchsverfahren in eher oder in sehr hohem Maße zum Anstieg der Klagen beigetragen habe. 15
16 Zu beachten ist bei den Daten, dass der Problemschwerpunkt im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II liegt, seltener in der Sozialversicherung. So sehen Richter mit SGB II-Fällen in besonderem Maße die mangelnde Sorgfalt von Verwaltungsbescheiden sowie sachlich und/oder rechtlich unzulängliche Bescheide im Widerspruchsverfahren als Ursache für den Anstieg der Klagen an. 16
17 Zu Klage- und Erfolgsquoten im Einzelnen:
18 Schaubild 6.4.: Sozialgerichtsbarkeit gesamt Widerspruchsverfahren mit Erfolgs- und Klagequote Quelle: BMAS, Statistik: Tätigkeit der Widerspruchsstellen der Sozialversicherung und der Kriegsopferversorgung ; BMAS, Ergebnisse der Statistik der Sozialgerichtsbarkeit ; Bundesagentur für Arbeit, SGB II Monitoring/Statistik Colei PC ALG II 18
19 Zusammenfassung Klagequoten Eine Zusammenfassung aller bereits dargestellten Klagequoten zeigt, dass es insgesamt keinen Anstieg der Bereitschaft der Betroffenen gibt, Widerspruchsbescheide bzw. Behördenentscheidungen anzugreifen. Die Klagequote ist nach der Gerichtsstatistik insgesamt seit 2000 gesunken und steigt erst seit 2004 wieder an (vgl. Schaubild 6.28.). Sie liegt zwischen 29% (1997) und 33% (2000 und 2001). Eine Ausnahme ist der Bereich der Krankenversicherung, in dem die Klagequote um die 50% liegt. 19
20 Schaubild 6.28.: Klagequoten nach der Gerichtsstatistik Quelle: BMAS, Ergebnisse der Statistik der Sozi-algerichtsbarkeit (Tätigkeit der Sozialgerichte SG 10),
21 Schaubild 6.30.: Erfolgsquoten im Widerspruchsverfahren nach Rechtsgebieten Quelle: Tätigkeit der Widerspruchsstellen der Sozialversicherung und der Kriegsopferfürsorge, Statistik des BMAS, Referat Ib ,
22 C) Forschungsfragen zu Widerspruchsausschüssen (1) In welcher Besetzung, auf welche Weise und mit welchen Ergebnissen und Wirkungen überprüfen Widerspruchsausschüsse rechtliche Entscheidungen der Sozialversicherungsträger gegenüber ihren Versicherten auf Richtigkeit, Zweckmäßigkeit und Fairness? (2) Wie tragen die Ausschüsse durch ihre Kontrollpraxis zur Qualitätssicherung der Arbeit der Sozialversicherungsträger bei? 22
23 (3) In wie vielen und in welchen Fällen hat die Tätigkeit der Widerspruchsausschüsse zur Folge, dass die Versicherten ihre Unzufriedenheit mit einem Sozialverwaltungsakt nicht in eine Klage zum Sozialgericht umsetzen? (4) Inwieweit tragen Widerspruchsausschüsse im Rahmen der Selbstverwaltung zur Verwirklichung des Gedankens der sozialen Mitbestimmung in der Sozialversicherung bei? 23
24 D) Fragen für die Diskussion Fragen geordnet nach dem Verfahrensablauf: I. Was geschieht vor der Befassung des Widerspruchsausschusses mit Widersprüchen Beratung des (möglichen) Widerspruchsführers durch Verwaltung und externe Stellen über Möglichkeit des Widerspruchs Erneute Sach- und Rechtsprüfung, Rücksprache mit Widerspruchsführer, weitere Aufklärung des Sachverhalts, Abstimmung mit anderen Abteilungen des SVT, Abhilfe, Erfassung und Reflexion 24
25 II. Wie arbeitet der Widerspruchsausschuss? 1. In formaler und organisatorischer Hinsicht (u. a. Häufigkeit von Sitzungen, Geschäftsanfall, Art und Weise der Vorbereitung der Sitzungen, Akten vorab nach Hause? Dauer der Ausschusssitzungen? Ort? Beiziehung Widerspruchsführer?) 2. In inhaltlicher Hinsicht (Themenschwerpunkte bei den Widersprüchen und eventuelle Veränderungen? Schwierigkeiten vor allem in rechtlicher oder in tatsächlicher Hinsicht? Diskussionsmöglichkeit, Nachfragen, Entscheidungsmöglichkeiten? Förmliche Abstimmung oder konsensuale Entscheidungen? 25
26 II. Wie arbeitet der Widerspruchsausschuss? 2. In inhaltlicher Hinsicht (Themenschwerpunkte bei den Widersprüchen und eventuelle Veränderungen? Schwierigkeiten vor allem in rechtlicher oder in tatsächlicher Hinsicht? Diskussionsmöglichkeit, Nachfragen, Entscheidungsmöglichkeiten? Umgang mit Gutachten und Gutachtern? Förmliche Abstimmung oder konsensuale Entscheidungen? 26
27 III. Was geschieht nach der Entscheidung des Widerspruchsausschusses? Informations- und Erkenntnismöglichkeiten für die Mitglieder des WA? Information über das Erheben einer Klage zum Sozialgericht? Rückkoppelung mit Verwaltung, Selbstverwaltung, Listenträger? IV. Erfahrungen und Meinungen mit Bezug zur Tätigkeit von Widerspruchsausschüssen in der Sozialversicherung 27
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