Stefan Kooths. Konjunkturtheoretische Analysen mit MAKROMAT-nfx. Anwendungsbeispiel
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- Paula Seidel
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1 Ergebnisfenster Gleichungsfenster Arbeitsbereich Steuerung Stefan Kooths Konjunkturtheoretische Analysen mit MAKROMAT-nfx Anwendungsbeispiel Gegenstand der folgenden Anwendungsskizze ist die Auswirkung von Inflationserwartungen auf den Konjunkturverlauf innerhalb eines dynamischen AD-AS-Modells. Der Aufbau der hierfür erforderlichen Analyseumgebung mit MAKROMAT-nfx vollzieht sich in zwei Schritten: Aufbau eines konventionellen makroökonomischen Simulationsmodells Gestaltung Erfahrungsregel-basierter Erwartungen mit dem Neuro-Fuzzy-Erwartungseditor (NFE- Editor) Innerhalb dieses Analyserahmens läßt sich anschließend die Bedeutung unterschiedlich ausgestalteter Inflationserwartungen simulieren, wobei die durch exogene Störungen hervorgerufenen zeitlichen Prozeßmuster von besonderem Interesse sind. (1) Aufbau des makroökonomischen Simulationsmodells einer Volkswirtschaft Der Bau neuer Makromodelle mit MAKROMAT-nfx wird individuell über die nach Rubriken geordneten Modellbaudialoge durchgeführt, wodurch die beim Programmstart vorgegebene Modellhülle sukzessive mit Verhaltensgleichungen gefüllt wird. Das für dieses Beispiel verwendete Konjunkturmodell liegt bereits vollständig konfiguriert in der Datei "Demo-nfx1.MM5" vor und kann über das Datei-Menü (Modelldatei laden) aufgerufen werden. Standardmäßig arbeitet MARKOMAT-nfx mit einem zeitlichen Analyseintervall von Perioden, wobei für die Startperiode (t 0) stets ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht ermittelt wird. Das Demo-Modell wurde für 600 Perioden formuliert, um mehrere Konjunkurwellen hintereinander abbilden zu können (die von MAKROMAT-nfx vorgeschlagene Ausdehnung des Analyseintervalls beim Aufruf des Modells sollte daher akzeptiert werden). Abb. 1 Anwendungsoberfläche nach dem Laden des Demo-Modells Im Arbeitsbereich zeigt MAKROMAT-nfx in den Gleichungsfenstern das periodeninvidivuell gestaltbare Makromodell, indem es die für jede Periode vorliegenden Parameterwerte in einem strukturierten Gleichungssystem darstellt (Input-Interpretation). Durch einen Doppelklick mit der rechten Maustaste auf eine Verhaltensgleichung gelangt man direkt zum zuständigen Eingabedialog, mit dem sich die jeweilige Komponente jederzeit modifizieren läßt. Die Ergebnisfenster bereiten wichtige Kennzahlen
2 KOOTHS: MAKROMAT-nfx Anwendungsbeispiel 2 des aktuellen Modells auf (Output-Präsentation). Durch das Doppelfensterkonzept lassen sich stets zwei verschiedene Perioden des Analyseintervalls zur Unterstützung komparativer Analysen gleichzeitig in den Blick nehmen. Da die Tarif- und Geldpolitik für das verwendete Konjunkturmodell bedeutsam ist, ergänzt das Programm den Periodennavigator, mit dem man sich durch das Analyseintervall bewegen kann, um entsprechende Leisten, die die relevanten Zielzeiträume der Lohn- und Geldmengenentwicklung visualisieren und die Periodenwahl unterstützen ( in Abb. 1). Abb. 2 Aufbereitung des Konjunkturverlaufs und seiner Ursachen über die Sequenz-Schnellgrafik In dem Modell führen Änderungen der Geldmengenwachstumsrate zu Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, wodurch Konjunkturzyklen ausgelöst werden. Die Dauer und Regelmäßigkeit dieser Schwankungen ist abhängig von der unterstellten Erwartungsbildung der Wirtschaftssubjekte in der Modellvolkswirtschaft. Wie in vielen konventionellen Makrosimulationen üblich, arbeitet das bisherige Demo-Modell mit einer autoregressiven Variante für die Inflationsprognosen (Extrapolationsverfahren). Über das Aufbereitungs-Menü kann die Entwicklung der Volkswirtschaft im Verlauf des Analyseintervalls mit verschiedenen Modulen verfolgt werden. Zur Zeitreihenbeobachtung steht im Untermenü "Sequenzanalyse" unter anderem die "Schnellgrafik" zur Verfügung mit der auch sehr große Datenmengen rasch aufbereitet werden können. Die Ergebnisse für das aktuelle Modell zeigt Abb. 2. Die Entwicklung des Sozialproduktes Y ist auf der linken, die Geldmengenwachstumsrate gmn (stufiger Verlauf) auf der rechten Achse abgetragen. (2) Erwartungsdesign mit dem NFE-Editor Die in Abb. 2 zu beobachtenden regelmäßigen Schwingungen sind typisch für konventionelle autoregressive Erwartungsannahmen. Sie implizieren, daß die Wirtschaftssubjekte lernunfähig sind und insbesondere keine Überlegungen über kausale Zusammenhänge in der sie umgebenden Welt anstellen. Daher erlaubt MAKROMAT-nfx neben der Simulation konventioneller Makromodelle über den eingebauten NFE-Editor die Formulierung einer realistischeren Erwartungsbildung der Modellwirtschaftssubjekte, indem für diese ein erfahrungsabhängiges und regelgeleitetes Verhalten modelliert werden kann. Eine solche Erfahrungsregel könnte z. B. folgendermaßen lauten: "Bei niedriger Arbeitslosenquote und mäßiger Geldmengenexpansion wird mit einem leicht erhöhten Preisauftrieb gerechnet."
3 KOOTHS: MAKROMAT-nfx Anwendungsbeispiel 3 Die Formulierung solcher Erfahrungsregeln für die Erwartungsbildung ermöglicht ein Neuro-Fuzzy- System, das sich über den NFE-Editor konfigurieren läßt. Die aufgestellten Regeln können unabhängig von den mit MAKROMAT-nfx erzeugten Makromodellen abgespeichert werden. Die hier verwendeten Erwartungsregeln für die Inflationsprognose liegen in der Datei "Demo-nfx1 (Inflationserwartung).NFX" vor, die ebenfalls über das Datei-Menü geladen werden kann (Erwartungsregeln laden). Ihnen liegt die von der ökonomischen Theorie als plausibel gedeckte Vorstellung zugrunde, daß die zu erwartende Inflation um so höher ist, je niedriger die Arbeitslosenquote und je höher die nominelle Geldmengenwachstumsrate ausfällt (Kombination von Kosten- und Nachfrageinflation über den Phillipskurvenzusammenhang und die monetäre Theorie der Inflation). Der NFE-Editor ermöglicht jederzeit das Betrachten und Modifizieren des Fuzzy-Systems und der Neuronalen Lernumgebung. Auf vier Hauptregistern erlaubt dieser im Dialogverfahren die Modellierung von Fuzzy-Mengen zur Verknüpfung von scharfen Werten mit unscharfen linguistischen Begriffen, die Erzeugung und Modifikation von Regelbasen, die Wahl des Defuzzifizierungsverfahrens sowie die Einstellungen für das Lernverhalten der Wirtschaftssubjekte. Abb. 3 Neuro-Fuzzy-Editor zur Modellierung Erfahrungsregel-basierter Erwartungen Die gesamte Neuro-Fuzzy-Funktionalität von MAKROMAT-nfx läßt sich auch über die unterhalb der Funktionsleiste angebrachte Neuro-Fuzzy-Erwartungsleiste steuern. Abb. 4 zeigt den Zusammenhang zwischen Menü- und Leistensteuerung.
4 KOOTHS: MAKROMAT-nfx Anwendungsbeispiel 4 Abb. 4 Zusammenhang und Steuerung der Neuro-Fuzzy-Module Modellbau Erwartungen Erfahrungsregel-basiert Direkteinstiegsschalter für Neuro-Fuzzy-Editor Regelformulierung und -initialisierung Aufbereitungsmodule Einsatzoptionen Regeltraining (Lernprozeßeinstellungen) Nachdem sowohl das makroökonomische Simulationsmodell als auch die Inflationserwatungsregeln vorliegen kann nachfolgend die Interaktion zwischen beiden untersucht werden. (3) Simulation von Konjunkturverläufen mit dem Neuro-Fuzzy-Erwartungsgenerator MAKROMAT-nfx erlaubt die Simulation von theoriegeleiteter Erwartungsbildung mit und ohne Einbeziehung der Neuro-Komponente. Zunächst mögen nur die Fuzzy-Erwartungsregeln ohne ein Lernverfahren angewendet werden. Dies impliziert ein zeitinvariantes regelgeleitetes Prognoseverhalten der Wirtschaftssubjekte ( feste Überzeugungen ). Um die Auswirkung einer solchen Erwartungsmodellierung zu realisieren, ist die Option Regeln anwenden zu aktivieren. Hierdurch wird die autoregressive Inflationserwartung durch die Fuzzy-Erwartungsregeln ersetzt (das Programm erkennt selbständig, für welche Erwartungsgrößen Erwartungsregeln formuliert wurden und wendet diese an). Abb. 5 zeigt die Ergebnisse für die Sozialproduktentwicklung, die sich in einem solchen Fall ergibt. Abb. 5 Effekt regelgeleiteter Inflationsprognose ohne Lernverfahren ersetzt konventionelle durch regelbasierte Erwartungsbildung Man erkennt deutlich, daß sich das Schwingungsverhalten stark abschwächt und die Volkswirtschaft nach den exogenen Störungen (Treppensprünge in der Wachstumsrate der Geldversorgung) rasch zu einem stabilen Niveau zurückfindet. Jedoch treten hierbei persistente Prognosefehler bei der Inflationserwartungsbildung auf. Dies erkennt man an den unterschiedlichen Niveaus des Sozialprodukts (zur Verdeutlichung ließe sich in der Sequenz-Schnellgrafik zusätzlich auch der Verlauf der tatsächlichen (gp) und der erwarteten Inflationsrate (gp,erw) einblenden). Für den Abbau auftretender Prognosefehler ist die bislang nicht aktivierte Neuro-Komponente zuständig. Der hybride Neuro-Fuzzy- Erwartungsgenerator arbeitet so, daß nach jeder Periode das Fuzzy-System in ein äquivalentes Neuronales Netz transformiert wird. Dieses wird dann unter Verwendung des ermittelten Prognosefehlers gemäß einem modifizierten Backpropagation-Lernalgorithmus trainiert und anschließend wieder in ein
5 KOOTHS: MAKROMAT-nfx Anwendungsbeispiel 5 Fuzzy-System zuzurücktransformiert, mit dem dann neue Inflationsprognosen für die nächste Periode durchgeführt werden können. Schaltet man die Neuro-Komponente hinzu (Aktivieren der Lernen- Option), so wird bei der nächsten Modellösung das Fuzzy-Regelwerk dem eingestellten Lernverfahren unterworfen. Die Neuberechnung des Analyseintervalls kann jederzeit mit dem Befehl Intervall- Neuberechnung aus dem Lösung-Menü erzwungen werden. Die daraus resultierenden Ergebnisse zeigt Abb. 6. Abb. 6 Konjunkturverlauf bei Neuro-Fuzzy-generierten Inflationserwartungen Lernen während der Modellösung 2. Neuberechnung 1. Neuberechnung Das neuronale Lernverfahren sorgt dafür, daß Prognosefehler sukzessive abgebaut werden. Hierbei wird zugleich deutlich, daß starke Ausschläge der Geldpolitik beim ersten Lösungsdurchlauf zu längeren Anpassungszeiten führen als bei der zweiten Berechnung des Analyseintervalls. Dies zeigt, wie die Erfahrungen mit der Geldpolitik das Prognoseverhalten der Wirtschaftssubjekte beeinflußt. Während die Ausschläge beim ersten Durchlauf noch überraschend kamen und sich die Wirtschaftssubjekte mit ihrer Inflationseinschätzung erst an die bislang unbekannten geldpolitischen Manöver gewöhnen mußten, können sie beim zweiten Durchlauf bereits auf diese Erfahrungen zurückgreifen und geldpolitische Kurswechsel besser in ihrer Erwartungsbildung verarbeiten. Mit MAKROMAT-nfx lassen sich nicht nur die Auswirkungen Erfahrungsregel-basierter Erwartungen aufbereiten, sondern auch ihr Zustandekommen durch den Neuro-Fuzzy-Erwartungsgenerator. Hierzu stehen die beiden Aufbereitungswerkzeuge Inferenzmonitor (Inferenzprozess bei der Regelanwendung) und Lernprozeßmonitor (Regeländerung während des Lernprozesses) zur Verfügung. Abb. 7 zeigt exemplarisch, wie für eine Periode die Inflationserwartung auf der Grundlage der Einschätzung der Arbeitsmarktlage (Determinante 1) und der Geldversorgung (Determinante 2) abgeleitet wird. Die erste Zeile in der Tabelle läßt sich folgendermaßen verbalisieren: Da die beobachtete Arbeitslosenquote von 5,09 % zum Grade
6 KOOTHS: MAKROMAT-nfx Anwendungsbeispiel 6 0,29 für hoch und das 6 %ige Geldmengenwachstum zum Grade 0,56 für normal gehalten wird, erhält die Schlußfolgerung (niedrige Inflation) eine Signifikanz von 0,16. Entsprechend sind die übrigen Erwartungsregeln zu interpretieren, die die Einschätzung, die zukünftige Inflation werde sich im normalen bzw. hohen Bereich mit Signifikanzgraden von 0,43 bzw. 0,21 stützen. Zusammengenommen folgt daraus eine scharfe Inflationsprognose von gp,erw = 5,88 %. Abb. 7 Inferenzmonitor zur Aufbereitung der Regelanwendung Die entsprechend der aggregierten Signifikanzgrade skalierten Fuzzy-Mengen für niedrige, normale und hohe Inflation zeigt der Grafikteil in der unteren Hälfte des Inferenzmonitors. Hier wird auch durch die Gegenüberstellung von tatsächlichem und erwartetem Inflationswert deutlich, welcher Prognosefehler in dieser Periode aufgetreten ist.
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