Tabu und Tabubruch in der Literatur am Beispiel von Christian Kracht.
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- Helmuth Lars Becker
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1 Tabu und Tabubruch in der Literatur am Beispiel von Christian Kracht. Suzana Ramaj Universität Koblenz-Landau Institut für Germanistik Kolloquium Germanistik
2 Tabu im heutigen Sprachgebrauch Duden: 1. (Völkerk.): Verbot, bestimmte Handlungen auszuführen, insbesondere geheiligte Personen oder Gegenstände zu berühren, anzublicken, zu nennen, bestimmte Speisen zu genießen [...]. 2. (bildungssprachlich): ungeschriebens Gesetz, das auf Grund bestimmter Anschauungen innerhalb einer Gesellschaft verbietet, über bestimmte Dinge zu sprechen, bestimmte Dinge zu tun [...] Begriffliche Einordnung
3 Ta = kennzeichnen pu = kräftig à das kräftig Markierte Tabus markieren Grenzen und Verbote, meist im Raum sozialer, moralischer und religiöser Konzepte. (Michael Braun, S.7) Das Tabu ist ein Zaun vor religiösen oder sozialen Werten, sein Übertreten ist mit Gefahren, Risiken, Sanktionen verbunden. (ebd. S. 7)
4 Die Ambivalenz eröffnet sich daraus, dass es kein Tabu gibt ohne eine latente Bereitschaft zur Tabuverletzung. (Sabine Kyora: Gibt es noch Tabus? Gewalt und Sexualität in postmodernen Filmen. In: Michael Braun: Tabu und Tabubruch in Literatur und Film. Königshausen & Neumann.)
5 [...] ist ein Tabu nicht nur das, was (evtl. in besonderer Weise) verboten ist, sondern das, worüber noch nicht einmal gesprochen werden bzw. was nur in besonders markierter Form gesagt werden darf. (Uta Miersch: Verbot und Tabu im Märchen. In: Alexander Dingledein, Matthias Emrich (HG.): Texte und Tabu. S. 105.)
6 Auch die Literatur ist geprägt von Tabus. Diese sind immer von gesellschaftlichen Tabus abhängig. Tabubrüche führen zu Literaturskandalen- à Durch diese Überschreitung ergibt sich eine besondere Form der Wertung. Skandale in der Literatur
7 Politisches Verständnis (ab 1968) Literarische Debatten der jüngsten Zeit belegen, wie sehr künstlerische Tabubrüche in eine große Öffentlichkeit hineinwirken. (Michael Braun S.9) Die performativen Medien und Institutionen des Kulturbetriebs ( Theater, Kabarett, Film, Fernsehen, Literaturwettbewerbe, Literaturkritik) waren bevorzugte Orte für eine förmliche Inszenierung gesellschaftlicher und ästhetischer Tabubrüche, sie provozierten Skandale und potenzierten Tabubrüche. (ebd. S. 9)
8 Tabuisierungen und Enttabuisierungen bilden... 1)... Wertungs- und Bewertungsprozessen. (Kanonbildung) (Gabriele Rippl/ Simone Winko: Handbuch Kanon und Wertung. Theorien, Instanzen, Geschichte. Metzler. Stuttgart ) 2)... Bewertungsmechanismen und bestimmen darüber, was und wie bewertet wird. 3)... Ausgrenzungsmechanismen bestimmter Inhalte und Autoren. 4)... Interesse. (Aleida und Jan Assmann: Kanon und Zensur. Beiträge zur Archäologie der literarischen Kommunikation II. Wilhelm Fink Verlag )
9 Voraussetzung für die Kanonisierung eines Textes oder Autors ist dessen Resonanz in der Öffentlichkeit. Zunächst über Rezensionen [...] (Elisabeth Kampmann: Medien. S In: Handbuch Kanon und Wertung. Theorien, Instanzen, Geschichte. Gabriel Rippl, Simone Winko.) Darüber hinaus lassen sich manche Texte an virulente Diskurse und Themen anbinden, die in den (Massen-) Medien in hoher Frequenz aufgegriffen werden, so dass sie vom Aufmerksamkeitswert dieser Diskurse und Themen profitieren können. (ebd. ) Mediale Aufmerksamkeit und Kanonisierung
10 Die Aufmerksamkeit wird dabei selten aus dem literarischen Text gewonnen als vielmehr aus einem >Skandal<, der sich im Umfeld des Textes erzeugen lässt. (ebd. S. 136)
11 Eine große Medienaufmerksamkeit erzeugen öffentliche Kontroversen und Skandale. (Barbara Straumann: Medien im englischsprachigen Bereich. S. 141 In: ebd.)
12 Es lässt sich nun also festhalten, dass der Skandal nicht nur als medial erzeugte Kampagne zur Erzeugung von Information verstanden werden und auch nicht nur als (ethische, moralische oder wie auch immer geartete) Devianz gefasst werden kann. Vielmehr scheint der Skandal zum einen die Sichtbarmachung von sozialen Normen und gegebenenfalls die Verschiebung ebendieser bzw. die Eröffnung eines,anderen Raums zu leisten, zum anderen aber auch zumindest bei einigen Autoren- relevante und komplexe Fragen zur Theorie der Kunst, Literatur und Autorschaft aufzuwerfen bzw. auszudrücken. (Immanuel Nover, 2016)
13 Christian Krachts Karriere als Autor ist seit seinem Debüt Faserland durch eine starke mediale Präsenz und durch Provokation geprägt. Skandale um Krachts Werk (und schließlich um seine Person) zeigen, dass sich eine Skandalgeschichte entwickelt hat, welche die Rezeption seiner Werke stark geprägt hat. Christian Kracht
14 Der Skandal entsteht durch einen im Spiegel veröffentlichten Artikel des Autors Georg Diez. ( Imperium- Der Skandal
15 Die Methode Kracht Seit Faserland gilt Christian Kracht als wichtige Stimme der Gegenwart. Sein neuer Roman Imperium zeigt vor allem die Nähe des Autors zu rechtem Gedankengut. (
16 Wenn man genau hinschaut, ist "Imperium" von Anfang an durchdrungen von einer rassistischen Weltsicht. Hier gibt es noch Herren und Diener, Weiße und Schwarze, und als August Engelhardt dem tamilischen "Gentleman", dessen "blauschwarze Haut in seltsamem Kontrast zu den schlohweißen Haarbüscheln stand", in das "knochenweiße Gebiss, welches in einem kerngesunden, rosaroten Zahnfleisch steckte", schaute - da erschauerte er "innerlich vor Wohligkeit". (ebd.)
17 Faschismus-Vorwurf Kein Skandal um Christian Kracht Christian Kracht wird im Spiegel als faschistischer Provokateur bezeichnet. Dabei geht der Journalist dem schweizerischen Schriftsteller voll auf den Leim. (
18 Seit der Spiegel ihn zum Skandalautor gemacht hat, zum "Türsteher der rechten Gedanken", ist das Interesse groß an dem kleinen Mann. (
19 Kokosnuss Die Frucht Gottes Ganz Deutschland debattiert über einen Kokosnussroman unter Naziverdacht. Die vielseitige Frucht, um die es darin geht, kommt dabei zu kurz. (
20 Bitte keine Skandalisierung Der "Spiegel" hat den Schriftsteller Christian Kracht ins rechte Lager gestellt wegen des Romans "Imperium". Die Vorwürfe sind haltlos, kommentiert David Hugendick. (
21 Der Skandal entsteht durch die enge Kopplung von Autor und Erzähler (damit einhergehend auch durch die Übertragung der Fiktion auf die außerliterarische Wirklichkeit)... die Fehlinterpretation durch Stellenlektüre... ein ökonomisches Interesse... die Verschiebung von Wertungskriterien... die Verschiebung des Diskurses Fazit
22 Assmann, Aleida und Jan : Kanon und Zensur. Beiträge zur Archäologie der literarischen Kommunikation II. Wilhelm Fink Verlag Braun, Michael (Hrsg.): Tabu und Tabubruch in Literatur und Film. Königshausen & Neumann GmbH, Wiesbaden, Duden Online. Dingledein, Alexander, Emrich,Matthias (HG.): Texte und Tabu. Zur Kultur von Verbot und Übertretung von der Spätantike bis zur Gegenwart. Transcript Verlag, Bielefeld Nover, Immanuel: In: Was wir lesen sollen. Kanon und literarische Wertung am Beginn des 21. Jahrhunderts. Hg. v. Stefan Neuhaus und Uta Schaffers. Würzburg: Königshausen & Neumann (Film Medium Diskurs) Rippl, Gabriele, Winko, Simone : Handbuch Kanon und Wertung. Theorien, Instanzen, Geschichte. Metzler. Stuttgart aufgerufen am aufgerufen am ( aufgerufen am aufgerufen am aufgerufen am Literaturverzeichnis
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