2. Gesundheitsfinanzierung
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- Viktor Linden
- vor 8 Jahren
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1 2. Gesundheitsfinanzierung Inhalte dieses Abschnitts 2.1 Grundmodell der Versicherung Versicherungsmotiv Optimale Versicherungsnachfrage Aktuarisch faire und unfaire Prämien 145
2 2.1 Grundmodell der Versicherung Literatur: Schulenburg und Greiner 2007, Kapitel II Krankenversicherung ist nur eine Möglichkeit der Gesundheitsfinanzierung Private Krankenversicherung Öffentliche Krankenversicherung (Sozialversicherung) Öffentliche Gesundheitsfinanzierung könnte auch aus Steuermitteln erfolgen (Nationaler Gesundheitsdienst) Ein vollständiger Verzicht auf Krankenversicherung ist auch denkbar Warum fragen Individuen Krankenversicherung nach was ist das Versicherungsmotiv? 146
3 Versicherungsmotiv Risikoaversion (Standardmodell der Versicherung): Hohes Risiko ohne Versicherung, d.h. große Schwankungen des Einkommens in Abhängigkeit von der (zufälligen) Gesundheit Versicherung bietet gegen Zahlung eines Beitrags Risikopooling (Schwankungen im Kollektiv geringer als einzeln) Zugang (Nyman 2003): Manche Gesundheitsleistungen sind so teuer, dass sie von den meisten im Bedarfsfalle nicht bezahlt werden können Krankenversicherung ermöglicht Zugang zu dieser Leistung, wenn die Krankheit hinreichend selten auftritt 147
4 Versicherungsmotiv Zugang zu Gesundheit Beispiel in Anlehnung an Santerre und Neun 2010, S. 154f. Lebertransplantation kostet Euro Ohne Versicherung für die meisten nicht bezahlbar Kreditaufnahme schwierig, da Rückzahlung unsicher 1 von Personen benötigt Transplantation Kosten sind gedeckt, wenn Beitrag pro Person Durch Einkommenstransfer sind vorher nicht finanzierbare Leistungen nun erhältlich 148
5 Versicherungsmotiv Risikoaversion Es gebe zwei Zustände der Welt: Zustand 1 (gut): das Individuum ist gesund Zustand 2 (schlecht): das Individuum ist krank Die wichtigsten Bestandteile der Gesundheitslotterie sind in folgender Tabelle zusammengefasst: Zustand Einkommen Wahrscheinlichkeit
6 Wichtige Annahmen Das Individuum verfügt über ein Bruttoeinkommen von y > 0 Das Individuum wird mit Wahrscheinlichkeit π 2 (0,1) krank und bleibt mit Wahrscheinlichkeit π1 = 1 π 2 gesund Für den Moment unterstellen wir, dass diese Wahrscheinlichkeiten unbeeinflussbar sind (Verallgemeinerung in 2.3) Der Verlust aus Krankheit L (0, y) kann in monetären Einheiten ausgedrückt werden. Sie können sich darunter die Kosten für medizinische Behandlung vorstellen Die Höhe der Krankheitskosten sind vom Individuum nicht beeinflussbar (Verallgemeinerung in 2.3) 150
7 Wichtige Annahmen Wir werden immer unterstellen, dass die Erwartungsnutzentheorie angewendet werden kann (Unabhängigkeitsaxiom) Dann können wir die Gesundheitslotterie mit dem sogenannten Erwartungsnutzen bewerten Der Erwartungsnutzen ist wobei u( y ) die Einkommens-Nutzenfunktion ist Gegeben die Unsicherheit würde eine risikoaverse Person eine Versicherung erwerben wollen 151
8 Risikoaversion impliziert die Konkavität von u u( y) y 152
9 Der Erwartungsnutzen der Gesundheitslotterie u( y1) u( y) u( y) u( y2) y2 y1 y 153
10 Das Sicherheitsäquivalent zur Gesundheitslotterie u( y1) u( y) u( y) u( y2) y2 y1 y 154
11 Risikoprämie u( y1) u( y) u( y) u( y2) y2 y1 y 155
12 Präferenz für Sicherheit u( y1) u( y) u( y) u( y2) y2 y1 y 156
13 Zusammenhang der einzelnen Maße Die folgenden Aussagen sind äquivalent: Das Individuum ist risikoavers Die Einkommens-Nutzenfunktion ist Das Sicherheitsäquivalent ist als das erwartete Einkommen Die Risikoprämie ist Der Erwartungsnutzen des erwarteten Einkommens ist als der Erwartungsnutzen 157
14 Beispiel Es gebe zwei Zustände der Welt, wobei Zustand 1 mit WS π 1 = 0,2 und Zustand 2 mit der verbleibenden WS π 2 = 0,8 eintritt. Das Einkommen in den jeweiligen Zuständen sei y 1 = 1000 und y 2 = 125. Die Einkommens-Nutzenfunktion ist gegeben durch u( y) y y 3 1/3 = =. Berechnen Sie: Erwartetes Einkommen, Erwartungsnutzen, Sicherheitsäquivalent und Risikoprämie. 158
15 Beispiel erwartetes Einkommen Zustand Einkommen Wahrscheinlichkeit 1 y 1 = 1000 π 1 = 0,2 2 y 2 = 125 π 2 = 0,8 Das erwartete Einkommen ergibt sich durch Summation der mit den Wahrscheinlichkeiten gewichteten Einkommensniveaus: 159
16 Beispiel Erwartungsnutzen Zustand Einkommen Wahrscheinlichkeit 1 y 1 = 1000 π 1 = 0,2 2 y 2 = 125 π 2 = 0,8 Der Erwartungsnutzen ergibt sich durch Summation der mit den Wahrscheinlichkeiten gewichteten Nutzenniveaus der Zustände: 160
17 Beispiel Sicherheitsäquivalent und Risikoprämie Das Sicherheitsäquivalent ist das sichere Einkommen, das einer Person denselben Erwartungsnutzen stiftet wie die Lotterie: Die Risikoprämie ist der Betrag erwartetes Einkommen, den ein Individuum bereit ist aufzugeben, um von der Lotterie in eine Situation mit Sicherheit zu wechseln: 161
18 Versicherungsverträge Die Versicherungsdeckung eines Versicherungsvertrages wird mit q bezeichnet. Wir nehmen an, dass Die Gesamtprämie für die Deckung q wird mit P bezeichnet. Wir werden uns auf lineare Verträge beschränken, das heißt auf Verträge, deren Gesamtprämie sich wie folgt bestimmt p 0 heißt Versicherungsprämie (pro Einheit Deckung) 162
19 Versicherugsdeckung und Einkommen Kauft ein Individuum eine Versicherung, dann tut es dies exante, das heißt, bevor sich die Unsicherheit aufgelöst hat (sonst bräuchte man ja keine Versicherung mehr) Einkommen in beiden Zuständen sinkt um Gesamtprämie Einkommen im guten Zustand ist Einkommen im schlechten Zustand ist 163
20 Optimale Versicherungsnachfrage 1/4 Das Individuum maximiert seinen Erwartungsnutzen über die Wahl der Versicherungsdeckung q: Bedingung erster Ordnung ergibt sich durch ableiten nach q: Die Konkavität von u stellt sicher, dass die Bedingung zweiter Ordnung erfüllt ist, wir also ein Maximum bestimmt haben Beschränken wir uns auf innere Lösungen * 0 < q L 164
21 Optimale Versicherungsnachfrage 2/4 Umformen der Bedingung erster Ordnung liefert: Links: Kosten einer Einheit mehr Versicherungsdeckung gemessen in Nutzeneinheiten (Kosten entstehen ex-ante, also bevor man weiß in welchem Zustand man diese zu tragen hat) Rechts: Nutzen einer Einheit mehr Versicherungsdeckung (Nutzen entsteht nur in Zustand 2, also nur mit WS π) 165
22 Optimale Versicherungsnachfrage 3/4 Die Optimalbedinung kann umgeformt werden zu: Verhältnis von SchadensWS und Prämie ist wichtig: Eine Prämie heißt aktuarisch fair genau dann, wenn Sie heißt aktuarisch unfair, falls 166
23 Optimale Versicherungsnachfrage 4/4 Die optimale Versicherungsdeckung ist charakterisiert durch: Für faire Prämien ist Bei unfairen Prämien ist 167
24 Beispiel Die Einkommens-Nutzenfunktion sei u( y) = ln y. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken sei π = 0.5. In diesem Fall benötigt das Individuum Gesundheitsleistungen, die insgesamt L = 9 Geldeinheiten (GE) kosten. In der Ausgangssituation beträgt das Einkommen 12 GE. Versicherung kann zur Prämie p = 0.75 erworben werden. a) Bestimmen Sie die optimale Versicherungsdeckung b) Wie groß ist der Gewinn der Versicherung c) Was ändert sich, wenn die Prämie aktuarisch fair ist? d) Wie verändern sich Ihre Antworten, wenn die Einkommens- Nutzenfunktion durch u( y) = y gegeben ist? 168
25 Beispiel Erwartungsnutzen und Deckung 169
26 Beispiel Erwartetes Einkommen und Gewinn 170
27 Erwartungsnutzen und Deckung bei fairer Prämie 171
28 Gleiche Grafik aber faire Prämie 172
29 Berechnung der optimalen Versicherungsnachfrage Einkommen in gutem Zustand der Welt Einkommen in schlechtem Zustand der Welt Erwarungsnutzen als Funktion der Deckung Nun maximieren wir den Erwartungsnutzen durch die optimale Wahl der Versicherungsdeckung nach q ableiten! 173
30 Berechnung der optimalen Versicherungsnachfrage Bedingung erster Ordnung: 174
31 Optimale Versicherungsnachfrage und Prämie 175
32 Was ändert sich, wenn u( y) = y? Erwartungsnutzen ist nun nicht mehr durch rote Linie gekennzeichnet (das war für u( y) = ln y), sondern durch die blaue Linie. Das heißt, der Erwartungsnutzen entspricht dem erwarteten Einkommen. Bei unfairer Prämie ist also der Verzicht auf Versicherung optimal. 176
33 Was ändert sich, wenn u( y) = y und warum? Die Einkommens-Nutzenfunktion ist nicht mehr konkav sondern linear Individuum ist risikoneutral Wenn Individuum jedoch Risiko egal ist, dann gibt es hier kein Versicherungsmotiv mehr Bei unfairer Prämie sinkt deshalb der Erwartungsnutzen in der nachgefragten Deckung (überall) Bei fairer Prämie ist das Individuum zwischen allen möglichen Deckungssummen indifferent 177
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