Advance Care Planning What it is and what it isn t. Tanja Krones
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- Hedwig Schumacher
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1 Advance Care Planning What it is and what it isn t Tanja Krones
2 Was ist heute Medizinische Wissenschaft? Was sind wohl erwogene Wünsche? Klassische Einwände Was ist Advance Care Planning und was nicht? Und wie geht s?
3 Anfänge der Moderne: Wetten/Wählen im Hinblick auf eine nicht vorhersehbare Zukunft Pascal B. Über die Religion. (zuerst 1660) Gott existiert Gott existiert nicht Glaube an Gott + (Himmel) 0 Kein Glaube an Gott - (Hölle) 0 Notwendigkeit des Wettens und sicheres Resultat des Nutzens: Die Wahrheit kann nicht durch eine Wette entschieden werden, aber es muss gewettet werden. Es gibt keine Freiwilligkeit, sie müssen sich darauf einlassen. Wenn sie nicht wetten, dass es Gott gibt, müssen sie wetten, dass es ihn nicht gibt. Wofür entscheiden sie sich? Wägen wir den Verlust dafür ab, dass es Gott gibt. Wenn sie gewinnen, gewinnen sie alles, wenn sie verlieren, verlieren sie nichts. Setzen sie also ohne zögern darauf, dass es ihn gibt. Seite 2
4
5 Seite 4
6 In der klinischen Ethik und Praxis geht es häufig um menschliches Handeln und Entscheidungen unter Unsicherheit in komplexen Problem- und/oder Dilemmasituationen Medizinische Wissenschaft ist Umgehen mit Wahrscheinlichkeiten Nutzen- und Risikoabwägungen: Wertentscheidungen Seite 5
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8 «Ich wünsche mir einen guten Arzt!» Seite 7
9 Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden. Seite 8
10 Paternalismus und Selbstbestimmung Salus aegroti suprema lex Voluntas aegroti suprema lex Doctor knows best! Sapere aude! (Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!) Seite 9
11 Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Immanuel Kant, 1784 AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung. Seite 10
12 Lehrbuch der Evidenzbasierten Medizin Vorwort, Günter Jonitz 2006 Evidenzbasierte Medizin ist der Ausgang des Arztes aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Seite 11
13 Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Kant 1784 ff. Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen. Daß der bei weitem größte Teil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte, dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben. Seite 12
14 Wann und wie möchten Sie sterben?
15 Und wann und wie werden Sie sterben?
16 1) Wann?
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18 2) Wie?
19 Seite 18
20 Man stirbt in der Schweiz Im Spital Erwartbar Urteilsunfähig Ohne vorherige Patientenverfügung und definierten Stellvertreter Manchmal ohne ausreichende Symptomkontrolle Zunehmend auf der Intensivstation Zunehmend unter Palliativer Sedierung, manchmal auch auch ohne den Patientenwillen zu kennen Mit einer «DNR» Festlegung erst in den allerletzten Tagen vor dem vorhersehbaren Tod Seite 19
21 Seite 20
22 Seite 21
23 Fall Eine 83 jährige Patientin liegt auf einer Intensivstation nach Katheder-Stenteinlage nach Herzinfarkt. Die Patientin war vor der Einlieferung komplett selbstständig, zum Zeitpunkt der Einlieferung nicht mehr urteilsfähig und ist es nach dem Ereignis ebenfalls nicht. Der Ehemann, der seine Frau leblos im Garten gefunden hat und den Notarzt gerufen hat, kommt am 3. Tag auf Station mit einer Patientenverfügung, in welcher die Patientin verfügt, dass sie im Falle einer schweren Erkrankung keine lebensverlängernden Massnahmen erhalten wolle- Sie habe ihr Leben gelebt. Die Patientenverfügung ist unterschrieben und vor einem Jahr datiert. Einen Tag später wird die Patientin wiederbelebungspflichtig und wird in Rücksprache mit Herzspezialisten reanimiert. Sie stirbt 5 Tage später infolge der Gesamtsituation mit beginnendem pulmonalen Infekt. Der Ehemann ist im Nachgespräch hoch traumatisiert und sicher, dass seine Frau dies nicht so gewollt habe. Seite 22
24 Kann man so etwas überhaupt verhindern? Seite 23
25 Klassische Einwände Es gibt doch immer noch Glaube und Schicksal! Man kann doch nicht alles vorausplanen! Wünsche ändern sich doch! Menschen wollen nicht über Krankheit und Sterben reden! Wir haben doch schon Notfallpläne und Patientenverfügungen, wir brauchen kein neues Konzept! Ich brauch das nicht lernen, ich kann das schon! Advance Care Planning für Menschen am Lebensende- ok! Aber wenn man noch nicht klar am Lebensende steht, dann macht das doch keinen Sinn! ACP als Pflichtübung und um Kosten zu sparen (Die «Foucaultsche Biomacht») Seite 24
26 Was sind wohl erwogene Wünsche? Seite 25
27 Macht es Sinn, als gesunder Mensch vorauszuplanen? Seite 26
28 Reanimation Im virtuellen TV-Emergency Room sind Reanimationen zu 75% -90 % erfolgreich Seite 27
29 In der Realität.. Seite 28
30 Reanimation: Evidenzbasierte Entscheidungshilfe Seite 29
31 Seite 30
32 Brickman et al (1978) glücklich Lotteriegewinner Querschnittsgelähmte durch Unfall Lottery winners and accident victims: Is happiness relative? 0 unglücklich Ereignis Nach: Koller /Bohrer Ein Jahr später Seite 31
33 IPS Wollen Sie Intubiert werden oder nicht??? Auf die Intensivstation oder sterben??? Was fehlt??? Was ist das Problem??? Seite 32
34 Lynn et al % 100% 80% 60% 40% 20% 0% US Physicians wanting terminal sedation vs intubation in end stage lung disease US Physicians talking with patients facing end stage lung disease about terminal sedation versus intubation Seite 33
35 Überleben und Lebensqualität: Sicht von Patienten (Lloyd et al 2004) Befragung nach IPS und Intubation bei Patienten nach Akutexacerbation einer schweren COPD Herzinsuffizienzkrise NYHA III-40, EF <20% Bronchial Ca Stadium III oder IV Alter über 80 Jahre Seite 34
36 Würden Sie erneut a) 14 Tage beatmet b) 30 Tage beatmet nach Luftröhrenschnitt und mit Ernährungssonde versorgt werden wollen wenn a) die Überlebenswahrscheinlichkeit 1, 20, 50, 80, 100% b) Die Wahrscheinlichkeit unveränderter oder gebesserter Lebensqualität 1, 20, 50 80, 100% beträgt? Seite 35
37 Seite 36
38 Advance Care Planning in der Nephrologie Sara N. Davison, University of Alberta CAJM Seite 37
39 Seite 38
40 Die altersadjustierte jährliche Sterberate an der Dialyse beträgt 22%. (individuelle Kalkulation möglich: touchcalc.com/calculators/sq) 20-25% des Sterbens geht eine Beendigung oder nicht initiieren der Dialyse voraus 50% der Patienten würden gerne eine Vorausplanung mit Ihren Nephrologen nur 10% haben dies bislang diskutiert.. 90% fühlten sich über generelle Therapieziele und Prognosen uninformiert ; 70% sagten dass sie nicht wissen was palliative care ist Seite 39
41 Shared decision making Ziel: Bestmöglicher Informed Consent für zukünftige medizinische Behandlungen bei urteilsunfähigen Patienten Erste ACP Definition: "... Ein Prozess der den Patienten befähigt, seine Wünsche gemeinsam mit seinem Behandlungsteam, seiner Familie und anderen wichtigen Bezugspersonen auszudrücken. Gegründet auf dem ethischen Prinzip der Patientenautonomie und der legalen Bestimmung einer informierten Zustimmung hilft eine bestmögliche Vorausplanung, das Konzept der informierten Zustimmung auch tatsächlich zu respektieren, wenn der Patient nicht mehr in der Lage ist, aktiv an medizinischen Entscheidungen teilzunehmen" Anspruchsrecht: Kontinuierliche Aufgabe des Gesundheitswesens Ethische Grundlage: Realisierte Patientenautonomie Singer, Robertson, Roy Bioethics for Clinicians. Advance Care Planning. CMAJ 15;155: Teno, Nelson, Lynn Advance Care Planning. Priorities for ethical and empirical research. Hastings Center Report 24;S32-36)
42 Aktive Wirkstoffe MAPS Sürich «POLST» VIDEOS DECISION AIDS Video «Goals» ACP-Training mit Schauspielpatientin Seite 41
43 Seite 42 Dokumentname / Autor / Abteilung 14. 4
44 Klassische Krankheitsverläufe Murray et al., BMJ Apr 30; 330(7498): Zuerst in Lynn J, Adamson DM. Living well at the end of life. Adapting health care to serious chronic illness in old age. Washington: Rand Health, Seite 43
45 Komplexität z.b erfolgreiche Reanimation, Umsetzen einer Patientenverfügung braucht ein komplettes System und Qualitätsprozess Patient gefunden Diagnose Herzstillstand 144 Herzalarm zum Herzteam Sicherer Transfer zur IPS Rollen und Interaktionen klar Qualitästmanagement Team zum Patienten Notwendiges Equipment beim Patienten Team fähig zur REA Equipment funktioniert Seite 44
46 Was ist ACP nicht? (automatisch) Ausfüllen einer Patientenverfügung Palliative Behandlungsplanung Notfallstatusfestlegung Im Pflegeheim bei Eintritt Beschneidung der Arzt-Patientenbeziehung Gespräch über Therapielimitierung Einmalige Situation Ziel einer Kostenreduktion/Vorenthalten effektiver Massnahmen Seite 45
47 Es geht darum Praktisch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit sicherzustellen, dass Patienten die Therapie und Massnahmen erhalten, die in Ihrem Sinne sinnvoll sind, in Situationen, in denen die Kommunikation schwierig oder nicht mehr möglich ist Seite 46
48 Seite 47
49 Kann man deswegen alles voraussehen und planen? Seite 48
50 Aber was passiert wenn man die Wertvorstellungen eines Menschen nicht kennt? Seite 49
51 02017
52 Seite 51
53 ACP Interprofessionell Patientenverfügung alleine rechtliche Klärung, Infos etc Frühzeitige strukturierte Gespräche mit geschulten behandelnden Ärzten Frühzeitige strukturierte Gespräche mit geschulten Health care professionals (Pflege, Sozialarbeit) und komplexe System-Einbindung mit Feed back; Notfallbogen ärztlich unterschrieben Nicht effektiv effektiv Hoch effektiv Seite 52
54 Respecting Choices La Crosse, Wisconsin Von allen in La Crosse/Wisconsin ( Einwohner) verstorbenen Patienten hatten 85% eine Patientenverfügung 95% der Patientenverfügungen waren in der Patientenakte 98% der dort dokumentierten Wünsche/Willenserklärungen wurden konkret umgesetzt (Hammes et al Arch Int Med 158: ). Seite 53
55 Palliative Care und Überleben - Neue Ergebnisse Seite 54
56 Der MAPS TRIAL «Multiprofessional Advance Care Planning and Shared decision Making For End of Life Care» Im Rahmen NFP 67 end of life Seite 55
57 Wer durfte teilnehmen? Schwer kranke urteilsfähige Patienten aus 7 Abteilungen des USZ «Surprise Question» positiv: «Der behandelnde Arzt wäre nicht erstaunt, wenn der Patient in den nächsten 12 Monaten stirbt» N=1464 in 18 Monaten In 2013 starben 938 Patienten am USZ Seite 56
58 Variable ACP Controls Vertretungsberechtigte Person definiert Lebensendentscheidungen ja nein Weiss nicht Wiederbelebung Ja Nein Kommt auf den Ausgang an Weiss nicht «Baseline» Patientenverfügung Ja Nein Weiss nicht Seite 57
59 6 Monate nach Studieneinschluss Variable ACP Kontrolle sig Vertretungsperson 100% 76.9%.04 PV 100% 43.6%.004 Spitaleinweisung 54% 65.9% n.s. Entscheidungskonflikte zukünftiger Notfall Patient Entscheidungskonflikt zukünftiger Notfall Angehörige 14.4 (Mittelwert) 33.5 (Mittelwert) (Mittelwert) 40.4 (Mittelwert).000 Seite 58
60 Wünsche bekannt/erfüllt Wiederbelebung ACP Controls Sig. Ja Nein Überlasse Entscheidung Arzt/Vertreter Unentschlossen 24% 72% 4% 0% 35% 35% 13% 16%.01 Dokumentation 89% 64%.021 Kongruenz Patient/Vertreter/Arzt 62% 30%.006 Wunsch erfüllt (GESAMTSTICHPROBE) 13% 9% n.s Last Place of Care ACP Controls Sig. Zuhause Pflegeheim/Hospiz Spital Intensivstation Unsicher 68% 12% 16% 0% 4% 54% 14% 19% 0% 8% n.s. Dokumentation 49% 13%.001 Kongruenz Patient/Vertreter/Arzt 44% 23%.05 Wunsch erfüllt (GESAMTSTICHPROBE) 29% 11%.05 Seite 59
61
62 Implementation Seite 61
63 National
64 Koordinierte Versorgung Qualität der Behandlung über die ganze Behandlungskette hinweg verbessern Die Patientin bzw. der Patient steht im Zentrum Inter-und intraprofessionelle Koordinationsaufgaben, sowie weitere Elemente von «good practice»
65
66 Kern-Empfehlungen
67 1) Sensibilisierung der Fachwelt und Bevölkerung 2) Integration von ACP in Aus-, Fort und Weiterbildung; Grundfertigkeiten/Spezifische ACP Fertigkeiten 3) Verschiedene interprofessionelle ACP Modelle möglich 4) Möglichst einheitliche Dokumentation; PV mindestens regional/kantonal, Ärztliche Notfallanordnung national E Health Integration 5) Fokus auf chronisch und schwer kranke Patienten 6) Regionale Koordination 7) Vergütung 8) Forschung/Qualitätssicherung
68 Inhalte Weiterbildung
69 Seite 68
70 Seite 69
71 Ein gut begleiteter Tod zuhause... Patient schwerst krank Diagnose gemäss PV ÄNO vorhanden Team/ Familie beim Patienten gemäss Plan Sicheres Verbleiben zuhause Rollen und Interaktion klar Notwendige Medikation beim Patient Team fähig notwendige palliative Massnahmen zu ergreifen Medikation ist ausreichend Seite 70
72 Seite 71
73 Bisherige Patientenverfügungen a) Die «palliative Normal», «wenn nichts mehr geht», «eine für alle Fälle» oder «Notfälle je nach dem»-beschreibung b) Ausfüllen alleine ohne adäquate Information, c) ohne Aufklärungs-/Beratungsprozess, d) ohne Anpassung an den jeweiligen Gesundheitszustand z.b. Präoperativ = Risiko nicht schlüssig/umsetzbar zu sein trotz rechtlicher Geltung Seite 72
74 Seite 73
75 Patientenverfügung Pro Senectute Seite 74
76 Patientenverfügung Pro Senectute Seite 75
77 FMH SAMW Seite 76
78 SRK PV Seite 77
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