Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main

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1 17 Sicherheit 17.1 Sicherheit des Luftverkehrs Eignung des Geländes Der Magistrat der Stadt Kelsterbach vertritt die Auffassung, es seien im Gutachten G15.2 bezüglich der Geländeebenheit falsche Aussagen gemacht worden. Die Aussage sei falsch, dass das Gelände im Untersuchungsgebiet eben sei. Allein im Bereich des Kelsterbacher Waldes, in dem die Landebahn Nordwest gebaut werden soll, bestünden vom Main aufsteigend in südöstlicher Richtung erhebliche Höhenunterschiede. Dem hält die Fraport AG entgegen, diese Aussage beziehe sich allein auf die gutachterliche Einschätzung, ob Einflüsse des Geländereliefs in Bezug auf die Lage der Emissionen so gravierend seien, dass sie bei der Ausbreitungsrechnung berücksichtigt werden müssten. Alle Gutachter, die den Flughafen nahen Bereich untersucht hätten (G13.1, G13.2, G20), kämen zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall sei. Lediglich im Gutachten über die Umlandquellen (G13.3) sei die Orographie berücksichtigt worden, da sich hier die Emissionen über ein größeres Gebiet mit stärker gegliedertem Gelände (Taunus) verteilten. Es wird weiter vorgetragen, dass der Standort für die Errichtung der Landebahn Nordwest ungeeignet sei, da für die erforderliche Befeuerung (nach den Anforderungen des Annex 14 zum Abkommen über die ICAO sowie den Gemeinsamen Grundsätzen des Bundes und der Länder über die Markierung und die Befeuerung von Flugplätzen mit Instrumentenflugverkehr ) Grundstücke im Gewerbegebiet Kelsterbach-Süd notwendig seien, die für diese Funktion nicht zur Verfügung ständen. Es wird ergänzt, die zum Teil 17 m hohen Bauwerke und die Bewehrung ihrer Standbeine machten die Nutzung von Grundstückszufahrten, Stellplätzen und Wegeflächen sowie die Nutzung der kommunalen Straße Im Taubengrund als Erschließungsstraße der Grundstücke, insbesondere auch für den Schwerverkehr, unmöglich. Die Fraport AG erwidert, im Erläuterungsbericht zum Planteil B1.1, Kap , seien die für die Errichtung der CAT III-Anflugbefeuerungen erforderlichen Maßnahmen auf den jeweiligen Flurstücken für die beiden Betriebsrichtungen ausführlich dargestellt. Die Maßnahmen (Verortung, Kommunikations- und Versorgungsleitungen, Mastkonstruktionen für die Feuerketten etc.) definierten sich aus den Forderungen der ICAO bzw. NfL I 95/03 und ließen nach jetzigem Planungsstand keine Ungeeignetheit des Geländes erkennen. Die Eignung des Geländes ist bei verschiedenen Punkten relevant und wird auch dort behandelt, so zum Beispiel bei der nachfolgenden Hindernissituation Hindernissituation Verschiedene Einwender tragen vor, dass gemäß den Planfeststellungsunterlagen (B1.2) bezüglich der Hindernisfreiheit zumindest teilweise von den Regelanforderungen des ICAO, Annex 14, und damit der BMVBW-Hindernisrichtlinie abgewichen worden sei. Eine vollständige Hindernisbeseitigung sei nicht vorgesehen, sondern lediglich eine Einzelfallbetrachtung. Hindernisse, für die keine Reduzierung der Durchdringung möglich sei bzw. für die aus wirtschaftlichen Gründen eine Reduzierung nicht infrage komme, sollten mit einer Aus- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1443

2 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main nahmegenehmigung gemäß Ziffer 3 der BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 beantragt werden. Die Beurteilung hinsichtlich der Hindernissituation und der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen erst nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens sei mit 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG unvereinbar. Die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung seien vor Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu klären. Dem entgegnet die Fraport AG, hinsichtlich der Hindernisfreiheit am Flughafen Frankfurt Main seien die Anforderungen der BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 einzuhalten. Diese Richtlinie ermögliche nach Absatz 3 die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen. Darüber hinaus sei festzustellen, dass auch der vom Einwender genannte ICAO, Annex 14, die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung offen halte. Dort sei unter niedergelegt: Existing objects above an approach surface, a transitional surface,... should as far as practicable be removed except when,... after aeronautical study it is determined that the object would not adversely affect the safety or significant affect the regularity of operations of aeroplanes. Dies zeige, dass auch zum Erhalt einer Ausnahmegenehmigung laut ICAO eine flugbetriebliche Untersuchung bzw. Hindernisbewertung durchzuführen sei. Als Ergebnis dieser Untersuchung finde sich in den Planfeststellungsunterlagen im Planteil B1.2 eine ausführliche Darstellung und Bewertung der Hindernisse im Einzelnen. Dabei würden die 17 Hindernisse der vorhandenen Hindernissituation einzeln bewertet und teilweise als zu entfernen oder zu kürzen eingestuft. Es verblieben lediglich 4 Hindernisse, für die eine Ausnahmegenehmigung notwendig sei. Für diese Hindernisse zeigten alle Untersuchungen, dass sie keinen Einfluss auf die Sicherheit der Anflüge hätten. Von daher gehe die Fraport AG weiterhin davon aus, dass diese Hindernisse ausnahmegenehmigungsfähig seien, zumal ihr keine Erkenntnisse vorlägen, dass das BMVBW eine solche ausschließe. Der 6 Abs. 2 S. 3 LuftVG sage aus: Ist das in Aussicht genommene Gelände ungeeignet oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird, ist die Genehmigung zu versagen. Ergeben sich später solche Tatsachen, so kann die Genehmigung widerrufen werden. Die Planfeststellungsunterlagen stellen ausführlich dar, dass das Gelände geeignet sei und die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht gefährdet werde. Die Ausnahmegenehmigung könne vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht erteilt werden, da erst mit dem Planfeststellungsbeschluss eine Hindernissituation entstünde, die es durch das BMVBW zu genehmigen gelte. Die Deutsche Flugsicherung GmbH trägt vor, dass bei der Untersuchung der Hindernisfreiheit festgestellt worden sei, dass die Anflug- und seitlichen Übergangsflächen teilweise durchdrungen werden. Diese Durchdringungen seien zwar in verschiedenen Gutachten (Name , Name ) bewertet worden, eine Bewertung durch das BMVBW stehe noch aus. Dem hält die Fraport AG entgegen, die Hindernissituation der Landebahn Nordwest sei bereits im März 2002 mit dem BMVBW erörtert worden. Als Konsequenz dieser Diskussion seien unterschiedliche Untersuchungen - wie nach BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 (NfL I 328/01) gefordert durchgeführt worden. Als Ergebnis dieser Untersuchungen finde sich in den Planfeststellungsunterlagen im Planteil B1.2 eine ausführliche Darstellung und Bewertung der Hindernisse im Einzelnen wieder. Dabei seien die 17 Hindernisse der vorhandene Hindernissituation einzeln bewertet und teilweise als zu entfernen oder zu kürzen eingestuft worden. Es verblieben lediglich 4 Hindernisse, für die eine Ausnahmegenehmigung notwendig sei. Für diese Hindernisse zeigten alle Untersuchungen, dass sie keinen Einfluss auf die Sicherheit der Anflüge hätten. Von daher gehe man weiterhin davon aus, Seite 1444 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

3 dass diese Hindernisse ausnahmegenehmigungsfähig seien, zumal keine Erkenntnisse vorlägen, dass das BMVBW eine solche ausschließe. Im Zusammenhang mit der Beantragung der Landebahn Nordwest als reine Präzisionslandebahn (precision rwy only) werde ein erheblicher Sicherheitszuschlag erzielt. Die vom Einwender genannten Gutachten (Name , Name ) stellten diesbezüglich fest, dass die Beschränkung auf Präzisionsanflüge als ein maßgeblicher kompensierender Faktor für bestehende Hindernisdurchdringungen zu bewerten sei. Im Erörterungstermin am ist ergänzend vorgetragen worden, bei einem Vergleich der Ausführungen der flugbetrieblichen Untersuchung der Hindernisfreiheit (Name ) zu Objekten innerhalb und außerhalb der Hindernisbegrenzungsflächen mit den entsprechenden Vorgaben des ICAO, Annex 14, sei zu kritisieren, dass im Gutachten kompensierende Faktoren aufgeführt seien, die im Luftverkehr eine Selbstverständlichkeit seien und von daher nicht mehr als kompensierende Faktoren bewertet werden könnten. Ergänzend sei auf die Aussage von Herrn Prof. Dr.-Ing. Name051 hinzuweisen, nach der es nicht statthaft sei, die im Annex 14 bzw. die in der BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 beschriebenen Hindernis freizuhaltenden Anflugflächen durch eines der in PANS-OPS genannten Flächensysteme, z. B. OAS-Flächen, für Präzisionsanflugverfahren der Betriebsstufe 1 oder durch das Collision Risk Model zu ersetzen, wie das die DFS gemacht habe. Dieser Sachverhalt müsse untersucht und geklärt werden. Die Fraport AG bleibt bei ihrer Auffassung, dass sie nach den im Planteil B1.2, ab S Erläuterungsbericht Bauschutzbereich, Hindernissituation und Risikobetrachtung - durchgeführten Studien zu dem Schluss komme, durch die Hindernissituation werde die Sicherheit des anfliegenden Verkehrs nicht beeinträchtigt. Verschiedene Einwender tragen vor, die Eignung des Geländes werde auch dadurch infrage gestellt, dass die öffentliche Sicherheit in Gefahr sei. Die vorgeschriebenen Hindernisbegrenzungsflächen von zahlreichen Objekten (auch Störfallanlagen) würden durchdrungen. Außerdem müssten anfliegende Flugzeuge in geringer Höhe Wohnbereiche und Störfallanlagen überfliegen. Es seien somit Schäden an öffentlichen Einrichtungen oder Grundstücken zu befürchten. Dem hält die Fraport AG entgegen, das Freihalten der Hindernisbegrenzungsflächen nach BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 (vgl. B1.2, Kapitel 2 und 3) gewährleiste die für einen sicheren Flugbetrieb notwendige Hindernisfreiheit. An einigen Stellen durchdrängen Hindernisse die Hindernisbegrenzungsflächen der Landebahn Nordwest. Diese seien allerdings in einer Einzelhindernisbetrachtung bewertet und Maßnahmen zur Herstellung des sicheren Flugbetriebes erläutert worden. Mit diesen Maßnahmen sei ein sicherer Flugbetrieb gewährleistet. Notwendigerweise befänden sich Flugzeuge bei Starts und Landungen in niedrigen Höhen. Schäden an öffentlichen Einrichtungen oder Grundstücken seien allein durch die Ü- berflüge nicht zu befürchten. Vermutlich zielten die Einwender an dieser Stelle auf das Externe Risiko ab. Die Wahrscheinlichkeit in diesem Bereich von einem Flugzeugabsturz betroffen zu sein (Externes Risiko), werde im Gutachten G16.1 ausgewiesen und Einzelrisiko genannt. G16.4 mache deutlich, dass das durch den Luftverkehr am Flughafen Frankfurt Main induzierte Risiko akzeptabel sei. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sei somit weder durch die Hindernissituation noch durch das Externe Risiko gegeben und die Eignung des Geländes müsse daher diesbezüglich nicht infrage gestellt werden. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1445

4 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Im Erörterungstermin am ist unter Bezugnahme auf die von Schornsteinen und Kühlaggregaten ausgehenden Vertikalströmungen vorgetragen worden, dass keine Vertikalgeschwindigkeiten von mehr als acht Metern pro Sekunde entstünden. Den Äußerungen von Herrn Prof. Dr.-Ing. Name051 vor dem Hessischen Landtag sei zu entnehmen, dass der thermische Aufwind derartiger Anlagen so heftig sein könne, dass zumindest Passagiere beeinträchtigt werden könnten. Deshalb müssten alle Maßnahmen und Umbauten so gestaltet werden, dass derartige Beschleunigungen nicht überschritten würden, wenn ein Flugzeug durch die Schwaden hindurch flöge. Dieser sicherheitsrelevante Punkt müsste von der Fraport AG noch ergänzend aufgearbeitet werden. Insoweit wird auch auf das Schreiben des HMWVL vom Anlage unter II 2 d an die Fraport AG Bezug genommen. Es wird vorgetragen, der geplante Tower durchstoße vollständig die Hindernisfreiflächen. Diese zentrale Sicherheitsfrage und die sich daraus ergebende Hindernissituation würden nicht diskutiert, da der Tower vollständig aus der Planung ausgeblendet sei. Die Fraport AG erwidert, die Flugsicherung habe sich für einen neuen zentralen Tower auf dem nördlichen Flughafengelände, wie er in den Planfeststellungsunterlagen beschrieben sei (vgl. B1.1, S. 127), entschieden. Die Hindernisfreiheit für den sich in der Planung befindlichen Tower sei sowohl durch die Fraport AG für die Standortsuche als auch planerisch durch die DFS geprüft worden. Die Hindernisfreiheit sei neben der Sichtlinienuntersuchung ein entscheidendes Kriterium bei der Standortbestimmung gewesen. Der Tower-Standort (Schaft und Kanzel) sei planerisch so lokalisiert, dass die verlängerte Längsachse des Schaftes genau unterhalb der Schnittlinie der seitlichen Übergangsflächen von Landebahn Nordwest und bestehender Nordbahn liege. Die Schnittlinie bestimme die maximal mögliche Bauhöhe von 176 m ü. NN. Es wird vorgetragen, in der Hindernisaufzählung für die Landebahn Nordwest im Kelsterbacher Wald (nach BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001, Ziffer 4.2.5) seien die Rechtsgründe nicht erörtert, die die Grundlage für die Beseitigung oder Veränderung von Hindernissen wären und auf deren Basis ein Planfeststellungsbeschluss ermöglicht werden sollte. Dies gelte für: - Eisenbahnanlagen, für die eine Kürzung der Oberleitungsmasten ohne Veränderung der Trassierungsparameter nicht möglich sei. Eine Einigung zwischen der Fraport AG und Eisenbahninfrastrukturunternehmen sei nicht ausreichend, da eine Eisenbahninfrastruktur nur durch eine fachplanungsrechtliche Entscheidung ( 18 AEG) geändert werden könne. - Wesentliche Hindernisse seien auf privatem Grund und Boden bzw. dem Betriebsgelände der Firma Ticona außerhalb des künftigen Flughafenzauns. Die Flächen könnten auch durch einen Planfeststellungsbeschluss nach LuftVG nicht in Anspruch genommen werden, da diese Hindernisse nicht fachplanrechtlich beseitigt werden könnten. Die Hindernisfreiheit sei durch die Planfeststellungsbehörde nicht feststellbar und die Landebahn damit nicht genehmigungsfähig. Somit sei der Ansatz von Kosten für die Hindernisbeseitigung unzulässig, da die bestehenden Hindernisse schon aus Rechtsgründen nicht beseitigt werden könnten. Seite 1446 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

5 Dem hält die Fraport AG entgegen, der Einwand, die Planfeststellung der Landebahn Nordwest sei aus Gründen der angeblich ungeklärten Hindernissituation nicht möglich, sei unzutreffend. Sie habe in ihren Planfeststellungsunterlagen, Planteil B2.1, die Hindernissituation umfassend untersucht und die Unterlagen nach 40, 41 LuftVZO vorgelegt (siehe auch Antragsteil A1, Kap. III). Nach dieser Prüfung sei im Ergebnis festzuhalten, dass keine Hindernisse verblieben, deren Vereinbarkeit unter dem Aspekt der flugbetrieblichen Sicherheit mit dem Neubau der Landebahn Nordwest nicht durch entsprechende Maßnahmen nach 16 bzw. 16a LuftVG hergestellt werden könnte. Hiermit werde von ihrer Seite der Nachweis erbracht, dass die Frage der Eignung des Geländes gemäß 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG unter dem Aspekt der Hindernisfreiheit positiv zu beantworten sei. Eine darüber hinausgehende Beurteilung der konkret in Betracht kommenden Maßnahmen habe innerhalb des Planfeststellungsverfahrens noch nicht zu erfolgen. Dies geschehe vielmehr anhand des dann für die neue Landebahn geltenden Bauschutzbereichs. Auf dieser Grundlage könne die Luftfahrtbehörde nach Konsultation der DFS dann im Wege der Luftaufsicht die notwendigen Verfügungen gemäß 16 bzw. 16a LuftVG erlassen. Im Übrigen könne es dahingestellt bleiben, ob den von den o. g. Verfügungen Betroffenen eine Handlungspflicht zur Selbstvornahme obliege oder nicht. Unumstritten obliege ihnen jedenfalls eine Duldungspflicht bez. der entsprechenden Maßnahmen. Dies gelte auch für Maßnahmen an den Masten der Firma118, die insoweit keine nach 18 AEG planfeststellungspflichtige Änderung darstellten. Hierzu sei im Übrigen auch auf die Stellungnahme der Firma118 zum Planfeststellungsverfahren vom verwiesen, in welcher die technische Machbarkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen ausdrücklich bestätigt werde. Die Stadt Kelsterbach bemängelt, dass neben den Rodungen für die Landebahn Nordwest selber, weitere ca. 50 Hektar Wald und somit Eigentum der Stadt Kelsterbach für die Hindernisfreiheit (B1.2, S. 65) zerstört bzw. massiv beeinträchtigt werden würden. Sie sei nicht bereit, ihr Eigentum an Grundstücken im Kelsterbacher Wald aufzugeben und der Fraport AG privatrechtlich zu übertragen. Die Fraport AG erwidert, sie habe sich schon frühzeitig für eine Landebahn Nordwest ausgesprochen - auch weil in diesem Fall der Waldverbrauch mit 162 ha vergleichsweise am geringsten ausfalle. Das Raumordnungsverfahren habe diese Sicht der Dinge bestätigt und in seinem Abschlussbericht festgestellt, dass die projektierte neue Landebahn Nordwest vorrangig den Erfordernissen der Raumordnung entspreche. Der Flughafen sei gesetzlich verpflichtet, für alle Flächen, die im Rahmen von Baumaßnahmen gerodet oder versiegelt würden, Ausgleich zu schaffen. In der Vergangenheit hätte man über die gesetzlichen Vorschriften hinaus freiwillig zusätzliche Flächen aufgeforstet. So sei z. B. als Ausgleich für frühere Flächenversiegelungen auf dem Gelände auf der Hohenaue im Kreis Groß-Gerau ein 95 ha großes Naturschutzgebiet Auenwald Hohenaue entstanden. Ähnliche Maßnahmen würden auch bei dem anstehenden Ausbau umgesetzt. Die zu erwerbenden Flächen seien hinsichtlich ihrer Größe auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt. Die nur vorübergehend benötigten Flächen gingen zur vollen Verfügung wieder an den Eigentümer zurück. Auch die mit dinglichen Rechten versehenen Flächen verblieben in der Verfügung des Eigentümers um Eingriffe in das Eigentum Dritter auf das geringst mögliche Maß zu beschränken. Sofern eine gütliche Einigung über den Erwerb Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1447

6 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main der erforderlichen Grundstücke mit der Stadt Kelsterbach nicht zu erreichen sei, werde man ein entsprechendes Enteignungsverfahren beantragen müssen. Es wird vorgetragen, die Auswirkungen der Anflüge auf den laufenden Betrieb von Ticona, z. B. durch Hindernisbegrenzungsmaßnahmen, sei im Planfeststellungsantrag nicht dargestellt. Dies gelte erst recht für etwaige Maßnahmen zur Vermeidung oder Begrenzungen solcher Maßnahmen. Die Fraport AG erwidert, sie habe in ihrer Planfeststellungsunterlage, Planteil B.2.1, die Hindernissituation umfassend untersucht. Damit werde der Nachweis erbracht, dass, wie schon oben dargestellt, die Frage der Eignung des Geländes gemäß 6 Abs. 2 Satz 3 LuftVG unter dem Aspekt der Hindernisfreiheit positiv zu beantworten sei. Es wird angemerkt, dass auf dem Ticona-Gelände Hindernisse (39, 44) vorhanden seien, für die die Kürzung/Verlegung geplant seien. Es sei zu prüfen, ob die Hindernisse 39 und 44 (Schornstein und Fackel) ortsgebunden seien oder verlegt werden könnten. Für die Hindernisse 3, 15, 16 und 20 seien Ausnahmegenehmigungen erforderlich. Für die Hindernisse 15, 16 und 20 sei eine Entfernung oder ein Ersetzen vorgesehen. Es bleibe fraglich, wie dass bei einem Silo möglich sei. Andernfalls bliebe eine Durchdringung zwischen 2,5 und 9 m Höhe. Weitere Hindernisnummern werden genannt. Ergänzend ist im Erörterungstermin am vorgetragen worden, dass bisher nicht geprüft worden sei, ob eine Verlegung bzw. Einkürzung technisch möglich und immissionsschutzrechtlich möglich und zulässig sei. Die Fraport AG vertritt die Auffassung, eine Beurteilung der konkret in Betracht kommenden Maßnahmen habe innerhalb des Planfeststellungsverfahrens noch nicht zu erfolgen. Dies geschehe vielmehr anhand des dann für die neue Landebahn geltenden Bauschutzbereichs. Auf dieser Grundlage müsse die Luftfahrtbehörde nach Konsultation der DFS dann im Wege der Luftaufsicht die notwendigen Verfügungen gemäß 16 bzw. 16a LuftVG erlassen. Es wird vorgetragen, dass die nach Errichtung der neuen Landebahn geltenden Hindernisfreigrenzen erhebliche Einschränkungen für Kranarbeiten im Werk Kelsterbach der Ticona nach sich zögen. Notwendige Kranarbeiten wären bei laufendem Betrieb nicht möglich bzw. bedürften einer flugbetrieblichen Ausnahmegenehmigung, da die Höhe der Kräne die dann geltenden Hindernisfreiheitsgrenzen deutlich durchstießen. Es wird dargestellt, dass. Die Fraport AG erwidert, für den Fall, dass Kräne an den die Hindernisfreiflächen durchdringenden Objekten (9b-3 - Schornstein/am Gebäude 41, 9b-15 und 9b-16 - Silos am P205 und 9b-20 - Lager P215 u. Aufbauten, siehe Erläuterungsbericht zum Planteil B1.2, Tabelle 2-1, Seite 42-43) aufgestellt werden sollten, sei es richtig, dass dann auch die Kräne einer Ausnahmegenehmigung bedürften. Wie der Einwender darstelle, handele es sich bei den Kränen jedoch nicht um permanente Objekte, sondern um zeitweilige Hindernisse (nach ICAO, Annex 14, temporary obstac- Seite 1448 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

7 les). Für diese gelte die BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 Zeitweilige Hindernisse in den Hindernisfreiräumen von Instrumentenbahnen an Flugplätzen, die eine Ausnahmegenehmigung möglich mache. Die Stadt Kelsterbach bezweifelt, dass es eine Rechtsgrundlage dafür gebe, auf der Basis eines Planfeststellungsbeschlusses die außerhalb des künftigen Flughafenzauns stehenden Hindernisse zu beseitigen oder zu verändern. So sei es z. B. nicht ohne Weiteres möglich, eine planfestgestellte Eisenbahnanlage zu verändern, unabhängig davon, ob eisenbahnbetrieblich eine Kürzung der Oberleitungsmaste ohne Veränderung der Trassierungsparameter möglich sei. Eine schlichte Einigung zwischen der Fraport AG und dem zuständigen Eisenbahninfrastrukturunternehmen reiche dazu nicht aus, denn eine Eisenbahninfrastruktur könne nur durch eine fachplanerische Entscheidung gemäß 18 AEG geändert werden. Auch die außerhalb des künftigen Flughafenzauns auf privaten Liegenschaften befindlichen Hindernisse (Betriebsgelände der Firma Ticona) könnten nicht durch einen Planfeststellungsbeschluss nach dem Luftverkehrsgesetz in Anspruch genommen werden. Die Fraport AG erwidert, der Einwand sei unzutreffend. Sie habe im Planteil B.2.1 der Antragsunterlagen die Hindernissituation umfassend untersucht und die Unterlagen nach 40, 41 LuftVZO vorgelegt (siehe auch Antragsteil A1, Kap. III). Diese Prüfung habe ergeben, dass keine Hindernisse verbleiben, deren Vereinbarkeit unter dem Aspekt der flugbetrieblichen Sicherheit mit dem Neubau der Landebahn Nordwest nicht durch entsprechende Maßnahmen nach 16 bzw. 16a LuftVG hergestellt werden könnte. Eine darüber hinausgehende Beurteilung der konkret in Betracht kommenden Maßnahmen müsse nicht bereits innerhalb des Planfeststellungsverfahrens erfolgen. Dies geschehe vielmehr anhand des dann für die neue Landebahn geltenden Bauschutzbereichs. Auf dieser Grundlage könne die Luftfahrtbehörde nach Konsultation der DFS dann im Wege der Luftaufsicht die notwendigen Verfügungen gemäß 16 bzw. 16a LuftVG erlassen. Dies gelte auch für Maßnahmen an den Masten der Firma118, die insoweit keine nach 18 AEG planfeststellungspflichtige Änderung darstellten. Die Fraport AG verweist hierzu auch auf die Stellungnahme der Firma118 vom , in welcher die technische Machbarkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen ausdrücklich bestätigt werde. Im Erörterungstermin hat die Fraport AG ergänzt, auch ein möglicher technischer und baulicher Eingriff in Gewerbebetriebe wäre Folge der Planfeststellung und sei somit nicht gesondert genehmigungsbedürftig. Die Firma069 trägt vor, dass das Tanklager Raunheim von Einkürzungen und Gebäudebeseitigungen nicht betroffen sei. Aber insbesondere in Bezug auf zusätzliche Unfallrisiken infolge irregulärer Anflugbedingungen sei ein Interesse an der Einhaltung aller Regelanforderungen der Hindernisfreiheit nach ICAO-Kriterien vorhanden. Da ein Konzept zu deren Einhaltung nicht vorliege, sei dieses nachzuholen. Dem entgegnet die Fraport AG, es sei festzustellen, dass auch der vom Einwender genannte ICAO, Annex 14, die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung offen halte, ohne dass durch diese Ausnahme die Sicherheit beeinträchtigt bzw. das Unfallrisiko erhöht werde. Dort sei unter niedergelegt: Existing objects above an approach surface, a transitional surface,... should as far as practicable be removed except when,... after aero- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1449

8 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main nautical study it is determined that the object would not adversely affect the safety or significant affect the regularity of operations of aeroplanes. Dies zeige, wie schon oben dargelegt, dass auch zum Erhalt einer Ausnahmegenehmigung laut ICAO eine flugbetriebliche Untersuchung bzw. Hindernisbewertung durchzuführen sei. Als Ergebnis dieser Untersuchungen finde sich in den Planfeststellungsunterlagen im Planteil B1.2 eine ausführliche Darstellung und Bewertung der Hindernisse im Einzelnen. Dabei würden die 17 Hindernisse der vorhandenen Hindernissituation einzeln bewertet und teilweise als zu entfernen oder zu kürzen eingestuft. Es verblieben lediglich 4 Hindernisse, für die eine Ausnahmegenehmigung notwendig sei. Für diese Hindernisse zeigten alle Untersuchungen, dass sie keinen Einfluss auf die Sicherheit der Anflüge hätten. Von daher gehe man weiterhin davon aus, dass diese Hindernisse ausnahmegenehmigungsfähig seien, zumal ihr keine Erkenntnisse vorlägen, dass das BMVBW eine solche ausschließe. Es wird vorgetragen, dass die Errichtung der Landebahn Nordwest die geplante Überbauung des Fernbahnhofs (Baugenehmigung der vom liegt vor) nicht einschränken dürfe. Dies beziehe sich insbesondere auf die vorgesehene Gebäudehöhe (Baugenehmigung: ü. NN), das Maß der Bebauung und die voraussichtliche Art der Nutzung ( ). Sollten sich Nutzungseinschränkungen ergeben, seien die geplanten Flughafenanlagen ausreichend weit nach Norden zu verschieben, wobei sich Konflikte mit den Bahnstrecken 3520 und 3683 nicht verschärfen dürften. Alternativ sei eine entsprechende Entschädigung der Firma081 vorzusehen. Nach Darstellung der Fraport AG stellt das Airrail Center kein Hindernis gemäß BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 dar. Es werde aber seitens der Fraport AG eingeräumt, dass das Gebäude (die geplante Überbauung) den Bauschutzbereich durchdringe und dass daher die Luftfahrtbehörde die Bauhöhe von über NN genehmigen müsse. Die Firma081 verlangt, dass die geplante Überbauung mit einer Höhe von m ü. NN bei der Planung des Flughafenausbaus von der Fraport AG zugrunde gelegt werde und das dabei auch Zustände wie Kranstellungen zu berücksichtigen seien, wie sie für Erstellung, Umbauten wie auch Instandsetzungen üblicherweise erforderlich würden. Dieser Anspruch gründe auf Verträge u. a. direkt zwischen der Firma081 und der Fraport AG, zum Teil bereits aus dem Jahre 1997, in denen eine derartige Überbauung vereinbart worden sei sowie auf der rechtswirksamen und der Fraport AG bekannten Baugenehmigung der. Für den Fall, dass Beschränkungen in Art, Maß und Nutzung der Überbauung oder gar ein nicht auflösbarer Konflikt der Ausbaupläne der Fraport AG mit der Überbauung zu wirtschaftlichen Nachteilen für die Firma081 durch führen sollte, beansprucht die Firma081 gegenüber der Fraport AG den vollständigen finanziellen Ausgleich. Dem hält die Fraport AG entgegen, bei der Planung der Landebahn Nordwest seien die Planungen der Überbauung des Fernbahnhofs (Airrail Center) berücksichtigt worden. Die laut Baugenehmigung des Airrail Centers zulässige Bauhöhe von m ü. NN stelle kein Hindernis laut BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 dar (vgl. Planteil B1.2 der Planfeststellungsunterlage, S. 28). Diesbezüglich sei sowohl eine Abstimmung mit der DFS herbeigeführt als auch ein Radargutachten im Planfeststellungsverfahren erstellt worden. Nutzungseinschränkungen ergäben sich daraus nicht. Seite 1450 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

9 Es wird vorgetragen, dass in den Unterlagen (B1.2, S. 27, Tab. 1-1) die Frankfurter Innenstadt und der Henninger Turm aufgeführt seien, jedoch in der Bewertung ab S. 55, Tab. 3-2, als Hindernisse fehlten. Die Fraport AG erwidert, bei der Beurteilung der Hindernissituation in der Umgebung von Flughäfen werde unterschieden zwischen dem Bauschutzbereich nach 12 LuftVG (in B1.2 behandelt unter Kapitel 1 ab S. 23 ff.) und den Hindernisbegrenzungsflächen gemäß BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 (in B1.2 behandelt unter Kapitel 2 ab S. 45 ff.). Die genannten Objekte durchdrängen zwar den Bauschutzbereich, was eine Zustimmung der Luftfahrtbehörde und ggf. eine Kennzeichnung der Objekte notwendig mache, sie stellten allerdings keine Hindernisse im Sinne der BMVBW Hindernisrichtlinie 2001 dar und müssten deshalb nicht in der vertieften Einzelhindernisbetrachtung auf S. 55 bewertet werden. Die Aussage von der Fraport AG ist als solche zutreffend, aber verkürzt. Durch die Landebahn Nordwest bedingt, entsteht ein veränderter Bauschutzbereich, den die Fraport AG auch in den Unterlagen dargestellt hat. Bei den Objekten, die den Bauschutzbereich durchdringen, müsste vor Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses geklärt sein, ob sie eine Kennzeichnung zur Sicherheit des Luftverkehrs nach 16a LuftVG erforderlich machen. Für eine Beurteilung dieses Sachverhalts müsste die DFS um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten werden. Der Planfeststellungsbeschluss selbst müsste dann mit einer Auflage versehen werden, die die Objekte im neuen Bauschutzbereich auflistet, die mit einer Kennzeichnung versehen werden. Zur Schaffung der Hindernisfreiheit sind für alle näher untersuchten Varianten Maßnahmen erforderlich. Bei der Variante Nordwest sind davon u. a. Produktionseinrichtungen der Firma Ticona betroffen. Für diese Variante werden nach Angaben der Fraport AG (vgl. S. 80) für mehrere Hindernisse Ausnahmegenehmigungen von den Anforderungen des BMVBW bezüglich der Hindernisfreiheit für Start- und Landebahnen mit Instrumentenflugbetrieb angestrebt, deren Notwendigkeit damit begründet wird, dass eine Kürzung der Hindernisse aufgrund ihrer Lage und Funktion nicht möglich bzw. eine noch weitergehende Kürzung wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Hindernisse nicht zu vertreten sei (vgl. Planteil B1.2, S. 63 f.). Wie inzwischen bekannt, hat das BMVBW mit Schreiben vom jedoch dargelegt, dass die genannten Hindernisse mit einer möglichen Ausnahme nicht toleriert werden. Die zur Erreichung der Hindernisfreiheit für die Variante Nordwest geplanten Maßnahmen sind bezüglich der durch das BMVBW nicht tolerierten Hindernisse so zu überarbeiten, dass sie den Anforderungen des BMVBW entsprechen. In erster Linie kommt hierbei eine Kürzung oder Verlegung der Anlage in Betracht. In diesem Zusammenhang müsste geprüft werden, ob eine auf den genannten Wegen geschaffene Hindernisfreiheit noch die Funktionsfähigkeit der Anlage gewährleisten kann. Rechtlich stellt sich die Frage, wie die Maßnahme dann durchgesetzt werden könnte, sollte eine Kürzung oder Verlegung der Anlage deren Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen. Ob 16 LuftVG Anwendung findet, bedarf einer ausführlichen rechtlichen Würdigung. In der Kommentarliteratur besteht zunächst eine unterschiedliche Auffassung darüber, unter welchen Voraussetzungen 16 LuftVG überhaupt zum Zuge kommt. Nach der einen Meinung (Gimulla/Schmid, Luftverkehrsgesetz, 16 Rn. 1) kann die Luftfahrtbehörde Maßnahmen nach 16 nur in Bezug auf solche Objekte treffen, die schon vor dem Inkrafttreten des ÄndG vom bestanden haben oder die später ohne Zustimmung bzw. Genehmigung der Luftfahrtbehörde errichtet worden sind. Nach anderer Auffassung (Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, 16 Rn. 4) ist Sinn und Zweck der Vorschrift, diese gerade auch auf rechtmäßig errichtete Bauwerke und andere Luftfahrthindernisse, für die eine Zustimmung bzw. Genehmigung der Luftfahrtbehörde vorliegt, anzuwenden. Da- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1451

10 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main nach können sich wandelnde Anforderungen an die Sicherheit der Luftfahrt oder an den Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren der Luftfahrt im Laufe der Zeit zu anderen, nämlich niedrigeren zulässigen Höhen i. S. des 16 Abs. 1 Satz 1 LuftVG führen. Allerdings schränkt sich diese Auffassung wieder selbst ein, indem sie ausführt, dass bei dem Erlass eines Duldungsbescheides in diesen Fällen die Grundsätze von Treu und Glauben und des Vertrauensschutzes zu beachten sind. Die geänderten Anforderungen müssen sich nach Erteilung der luftrechtlichen Zustimmung ergeben haben. Im Ergebnis ist danach eine Prüfung erforderlich, ob es eine Rechtfertigung für die Anwendung des 16 LuftVG gibt, wenn eine Vorhabensträgerin sehenden Auges eine Planung vornimmt, die gravierend in bestehende Rechte einer Anlage nach dem BImSchG eingreift. Zudem stellt sich die Frage, ob eine Duldungsverfügung bei einer solchen Anlage überhaupt möglich ist, weil ja Kürzung und Verlagerung besonderer verwaltungsrechtlicher Verfahren bedürfen. Soweit ersichtlich, ist diese Frage bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. Bei der Variante Nordost sind von Maßnahmen zur Herstellung der Hindernisfreiheit zwei Bürogebäude betroffen. Für diese Variante wird mehrfach darauf hingewiesen, dass die betroffenen Bürogebäude möglicherweise komplett verlagert werden müssen (u. a. S. 105 der Konfigurationsanalyse). Bei einer unterstellten eingriffsminimierenden Kürzung der Hindernisse werden vergleichsweise hohe Kosten von 36,1 Mio. Euro angesetzt (S. 105). Für die Variante Nordwest hingegen werden - abgesehen von den im Zusammenhang mit den angestrebten Ausnahmegenehmigungen erfolgten Ausführungen - keine näheren Aussagen zu möglichen Auswirkungen der Kürzungen auf die Produktionseinrichtungen getroffen und vergleichsweise niedrige Kosten zur Schaffung der Hindernisfreiheit von 14,6 Mio. Euro angesetzt (S. 103). Dieser Kostenansatz ist im Hinblick auf die bestehende Hindernissituation allein im Zusammenhang mit der Firma Ticona nicht nachvollziehbar. Es sind nähere Angaben zur technischen Realisierbarkeit aller geplanten Maßnahmen erforderlich, insbesondere im Bereich der Firma Ticona. Die unterstellten Kosten der Maßnahmen sind zu überarbeiten und näher zu erläutern. Es ist weiter darzustellen, ob und in welchem Maße und mit welchem zeitlichen Vorlauf es der Firma057 weiterhin möglich sein wird, die zur Anlagenwartung erforderlichen Mobilkräne unter Flugbetrieb aufzustellen und einzusetzen bzw. welche bislang nicht bestehenden Einschränkungen sie bei einem Kraneinsatz unter Flugbetrieb zu erwarten hätte. Insoweit wird auch auf das Schreiben des HMWVL vom Anlage unter II 2 d - an die Fraport AG Bezug genommen Bauschutzbereich Es wird vorgetragen, dass eine wirkungsbezogene Betrachtung fehle, die den Luftverkehrbehörden zur Hindernisüberwachung in den Bauschutzbereichen einen Genehmigungsvorbehalt einräume, der auch für bereits bestehende Anlagen greife. Ausnahmen seien nur nach Entscheidung der Luftverkehrsbehörde und insbesondere für bestehende Gebäude im Einzelfall möglich. Seien Auswirkungen für den Flugverkehr zu erwarten, sei mit einer Zustimmung der Baugenehmigung nicht zu rechnen. Bei der Realisierung der beantragten Landebahn Nordwest käme es auf dem Gelände des Tanklagers Raunheim und auf weiteren bebauten und unbebauten Gewerbe- und Industrieflächen zum Wegfall bisheriger Regelzulässigkeiten für bauliche Anlagen. Somit sei mit Beschränkungen der Bebaubarkeit hinsichtlich der zulässigen Bauhöhe zu rechnen. Die direkten Auswirkungen seien als raumstrukturelle und eigentumsbezogene Konflikte sowohl in den Variantenvergleich der Konfigurationsanalyse als auch in die detaillierte Maßnahmenplanung und Auswirkungsbetrachtung einzubeziehen. Im Erörterungstermin am ist das oben stehende Argument mit Blick auf das Ticona-Gelände, das Gewerbegebiet Taubengrund und das Baugebiet Mönchhof sinngemäß vorgetragen worden. Seite 1452 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

11 Die Fraport AG erwidert hierauf, der Bauschutzbereich diene der Sicherheit der Luftfahrt und dem Schutz der Allgemeinheit in der Form, dass die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde, die Errichtung von Objekten im Bereich des Bauschutzbereichs nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen dürfe. Bei bestehenden Objekten, die in den Bauschutzbereich hineinragten, könne die Behörde die Abtragung der Objekte oder die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen für die Luftfahrt (Kennzeichnung der Objekte) anordnen, wenn diese die Sicherheit des Flugbetriebes gefährdeten. Diese Einschätzung werde von der DFS durchgeführt ( 18 und 31 Abs. 3 LuftVG). Solche Gefährdungen seien z. B. Störungen von Flugsicherungseinrichtungen ( 18a LuftVG) oder Nichteinhaltung der Hindernisfreiheit nach BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 ( 18b LuftVG). Durch das Tanklager seien solche Gefährdungen nicht gegeben und von daher sei nicht mit dem vom Einwender genannten Wegfall der bisherigen Regelzulässigkeiten für bauliche Anlagen oder Beeinträchtigung zukünftiger Bauvorhaben zu rechnen. In der Konfigurationsanalyse werde der Alternativenvergleich auch hinsichtlich des Bauschutzbereichs durchgeführt. Dazu würden die Pläne A3.1-7, A3.2-7 und A3.3-7 in die Planfeststellungsunterlagen eingestellt und diese in A3 beschrieben (vgl. S. 132 ff.). Es wird vorgetragen, hinsichtlich des erweiterten Bauschutzbereichs seien auch Grundstücke der Stadt Kelsterbach betroffen. Der erweiterte Bauschutzbereich umfasse ha Siedlungsfläche (siehe A3, Kap ). Die innerhalb dieser Fläche liegenden Grundstücke seien wegen des erweiterten Bauschutzbereichs nicht mehr entsprechend den bauleitplanerischen Regelungen der 30 ff. BauGB und den landesrechtlichen Vorschriften des Bauordnungsrechts bebaubar und nutzbar. Sinngemäß befürchtet auch die Stadt Flörsheim am Main, dass durch die Bauschutzbereiche und Siedlungsbeschränkungsbereiche im Planungsfall das gesamte Gemeindegebiet von Flörsheim sowie Teile von Hattersheim und Hochheim unter einen erweiterten Siedlungsbeschränkungsbereich fielen und für eine Ausweisung weiterer Wohngebiete nicht mehr zur Verfügung ständen. Die Bauschutzbereiche überdeckten einen Teil der gewerblichen Bauflächen im Westen von Eddersheim. An drei Beispielen werde gezeigt, dass die Bauhöhe auf diesen Grundstücken beschränkt werde und damit die Planungshoheit der Kommune beschnitten werde. Es wird die Meinung vertreten, das Interesse der Eigentümer an der uneingeschränkten Nutzung dieser Gebäude wiege unter Berücksichtigung ihres besonderen Schutzes durch Artikel 14 des Grundgesetzes schwerer als das Interesse der Fraport AG an der Realisierung dieses auch aus Sicherheitsgründen ungeeigneten Standorts. Die Fraport AG erwidert, dass der Einwender keinen Anspruch auf eine planungsrechtlich gleich bleibende Gebietsausweisung habe, sondern er planungsrechtlich der Fortschreibung der Landesentwicklungs-, Regional-, und Flächennutzungspläne der Landesregierung unterliege. Die Landeshauptstadt Wiesbaden trägt vor, dass lediglich der äußere Rand der Bauschutzbereiche auf dem Wiesbadener Stadtgebiet liege. Es sei zu prüfen, ob der Bauschutzbereich reduziert werden könne. Damit wäre das Stadtgebiet nicht betroffen. Künftige städtebauliche Entwicklungen sollten durch die Hindernisbegrenzungsflächen nicht eingeschränkt werden. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1453

12 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Weiterhin sollten mittel- bis langfristige Entwicklungspotentiale in Wiesbaden für die Siedlungsentwicklung realisierbar sein, um dem prognostizierten Beschäftigungszuwachs für die Region in Form eines angemessenen Wohn- und Arbeitsangebots Rechnung zu tragen. Eine Grundlage dafür sei die Minimierung der Nutzungseinschränkungen (Bauhöhen etc.) infolge des Landebahnbetriebes. Auch hier erwidert die Fraport AG sinngemäß wie oben dargestellt. Die Firma103 trägt vor, dass die Höhenbeschränkungen die bauliche Entwicklungsfähigkeit von Grundstücken beeinträchtige. Die Änderung des Verwaltungsgebäudes im Bauschutzbereich sei nahezu ausgeschlossen, weil das Gelände nach 12 Abs. 2 und 3 LuftVG bauordnungsrechtlich grundsätzlich unbebaubar sei. Auch der Bestand sei gefährdet, da etwaige Ausnahmegenehmigungen durch die Hindernisfreiheitsvorschriften infrage gestellt werden könnten. Generell sei die Nutzung und Nutzbarkeit des Gebäudes erheblich gefährdet. Außerdem wird vorgetragen, dass Einschränkungen und Verluste vorhandener und geplanter Gewerbe- und Mischgebietsflächen in Kauf genommen würden. Die Fraport AG erwidert, der Bauschutzbereich bedeute in keiner Weise die Unbebaubarkeit von Gelände in diesem Bereich. Generelle Bau- oder Nutzungsverbote aufgrund des erweiterten Bauschutzbereichs, wie vom Einwender befürchtet, gebe es nicht. Es wird vorgetragen, dass die obere Bauschutzbereichsbegrenzung der neuen Landebahn Nordwest durch die Kamine und der Firma055) mit 52 m Höhe durchdrungen würden. Die zur Flugsicherung notwendigen Maßnahmen (Verlegung, Kürzung, Befeuerung) und die damit verbundenen Kosten seien zzt. noch nicht zu benennen, da diese erst durch behördliche Verfügung im Rahmen der Planfeststellung festgelegt werden würden. Zudem seien durch die Bauschutzbereiche der neuen Landebahn Nordwest und der damit verbundenen Höhenbeschränkungen künftiger Bauten (ca. 70 m im Südwesten und ca. 100 m im Zentrum des Industrieparks Höchst) erhebliche technische Mehraufwendungen (z. B. Teilung von Kolonnen) und damit ein Kostenmehraufwand sowohl bei Investitionen als auch bei Betriebs- und Wartungskosten zu erwarten. Chemietypische Einrichtungen (z. B. Destillationskolonnen, Fackelanlagen) könnten eine Höhe von 70 m überschreiten. Die Fraport AG erwidert, der Industriepark Höchst liege bereits heute teilweise im Bauschutzbereich des bestehenden Start- und Landebahnsystems. Bisher sei es dadurch nicht zu Einschränkungen für den Industriepark für Bestand und für Erweiterungen gekommen. Dies begründe sich darin, dass der Bauschutzbereich lediglich der Bauhöhenüberwachung diene. Die Ausweisung eines Bauschutzbereichs bedeute nicht, dass keinerlei Objekte diese Flächensysteme durchdringen dürften. Vielmehr diene der Bauschutzbereich der Hindernisüberwachung, in der Form, dass die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde, die Errichtung von Bauwerken im Bereich des Bauschutzbereichs nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen dürfe. Diese Luftfahrtbehörde prüfe bzw. lasse dann ggf. prüfen, ob die Sicherheit der Luftfahrt oder der Schutz der Allgemeinheit gefährdet sei. Dies werde beispielsweise anhand der Hindernisrichtlinie durch die DFS bewertet. Sei die Sicherheit nicht gefährdet und der Schutz der Allgemeinheit gegeben, könne die Behörde vorsorglich für besonders hohe Gebäude, wie hier der Seite 1454 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

13 Fall, Sicherungsmaßnahmen anordnen. Diese stellten sich als Kennzeichnung der Objekte (Befeuerung oder Markierung) dar. Neben den fachplanungsrechtlichen Anforderungen habe der Gesetzgeber auch verschiedene Entschädigungstatbestände geschaffen oder Kostentragungspflichten normiert, welche ggf. dem Grunde nach Prüfungsgegenstand eines Planfeststellungsverfahrens sein könnten (z. B. 28 Abs. 3 LuftVG i. V. m. den Enteignungsgesetzen der Länder oder Geldentschädigung gemäß 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG). Hinsichtlich der vorgenannten Bauwerke sei davon auszugehen, dass eine Entscheidung zu der Kostentragepflicht innerhalb des Genehmigungsverfahrens getroffen werde. Von wird vorgebracht, durch die Bauhöhenbeschränkung der neuen Landebahn Nordwest seien schwerwiegende Nutzungseinschränkungen für die Ethylenverdichterstation und ihre Fackel zu erwarten. Es sei mit der Forderung nach einer Verlegung/Kürzung der für den ordentlichen Betrieb der Ethylenverdichterstation in räumlicher Nähe erforderlichen Fackelanlage zu rechnen. Dem hält die Fraport AG entgegen, aus Gründen der Hindernisfreiheit werde lediglich die Verlegung der Fackel als eines der höchsten Gebäude auf dem Ticona-Betriebsgelände mit einer starken Durchdringung der Anflugfläche nach BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 und nicht darüber hinaus auch der Ethylenverdichterstation beschrieben. Der Ethylenverdichter stelle kein Hindernis im Sinne der Hindernisrichtlinie dar. Die technische Ausgestaltung der Maßnahmen könne erst nach einem Planfeststellungsbeschluss diskutiert und festgelegt werden, da erst mit diesem ggf. das Erfordernis des Rückbaus festgelegt werde. Sollte sich in der Diskussion um die technische Ausgestaltung herausstellen, dass zum ordnungsgemäßen Betrieb der Fackel auch die verlegt werden müsse, falle dies ebenfalls unter die o. g. Verfügungen. Es wird vorgebracht, dass zzt. von ein neues Vorhaben ( ) in Planung sei, dessen Kamin nach derzeitigen Planungsstand mit einer Höhe von m ü. NN ( m ü. GND) die obere Übergangsfläche des Bauschutzbereichs ebenfalls durchdringen werde. Die zur Flugsicherung notwendigen Maßnahmen (Verlegung, Kürzung, Befeuerung) und die damit verbundenen Kosten seien zzt. noch nicht zu benennen, da diese erst durch behördliche Verfügung im Rahmen der Planfeststellung festgelegt werden würden. Die Fraport AG erwidert, die Richtlinie über die Hindernisfreiheit für Start- und Landebahnen mit Instrumentenflugbetrieb des BMVBW in der Fassung vom 02. November 2001 unterscheide zwischen primären und sekundären Hindernisfreiflächen. Das auf geplante neue Vorhaben (mit m ü. NN) befinde sich nicht im Bereich der primären Hindernisfreiflächen (Streifen, Randzone, seitliche Übergangsfläche und Anflugfläche) gemäß Hindernisrichtlinie, sondern in der oberen Übergangsfläche einer sekundären Hindernisfreifläche. In diese sollten keine Bauwerke hineinragen, die die sichere Durchführung des Flugbetriebes gefährden könnten (BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001, Abschnitt 3.3). Eine Stellungnahme der DFS aus dem Jahre 2002 erläutere diese Aussage: Die Schornsteine durchdrängen lediglich sekundäre Flächen (Quelle: Schreiben der DFS an die Fraport AG vom , Hindernisse ). Die DFS bewerte die Objekte auf dem Gelände der in Bezug auf die Landebahn Nordwest als nicht relevant für ILS-Anflüge, wie sie auf der Landebahn Nordwest ausschließlich stattfinden würden. Allerdings kündige die DFS die Notwendigkeit der Kennzeichnung der Objekte (Befeuerung Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1455

14 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main oder Markierung) und die Veröffentlichung dieser Objekte als markante Gebäude in den Luftfahrtkarten an. Es wird vorgetragen, dass der Mönchwaldsee mit seiner spitzen Seite 5 m in den Bauschutzbereich gemäß 12 LuftVG (B1.2, S. 32) rage. Eine Risikobetrachtung erfolge im Gutachten aus dieser Tatsache nicht. Es wird gefordert, der Mönchwaldsee sei im Bauschutzbereich durch eine geeignete Schutzmaßnahme vor einer unmittelbaren Beeinträchtigung im Havariefall zu schützen. Dem hält die Fraport AG entgegen, der Mönchwaldsee befinde sich wie ausgeführt teilweise im Bauschutzbereich. Die Ausweisung eines Bauschutzbereichs bedeute allerdings nicht, dass keinerlei Objekte diese Flächensysteme durchdringen dürften oder dass im Falle einer Durchdringung eine Risikobetrachtung notwendig wäre. Vielmehr diene der Bauschutzbereich der Hindernisüberwachung. Bei bestehenden Objekten, die in den Bauschutzbereich hineinragten, könne die Luftfahrtbehörde die Abtragung der Objekte oder die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen für die Luftfahrt (Kennzeichnung der Objekte) anordnen, wenn diese die Sicherheit des Flugbetriebes gefährdeten. Diese Einschätzung werde von der DFS durchgeführt ( 18 und 31 Abs. 3 LuftVG). Der Mönchwaldsee befinde sich ca. 200 m nördlich der geplanten Landebahn Nordwest und liege in der laut BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 definierten inneren Randzone. Über die Anforderungen dieser Zone sage die Hindernisrichtlinie Folgendes aus: 3.1 Streifen, Endsicherheitsfläche (RESA und Randzone) Bei Präzisionslandebahnen sollten jedoch grundsätzlich in dem 450 m vor den Enden der Bahn und bis 225 m seitlich der Bahnachse reichenden inneren Teil der Randzone keine aufragenden Hindernisse errichtet werden. Der Mönchwaldsee stelle als eine Vertiefung (-5 m) ein negatives Hindernis im Sinne der Hindernisrichtlinie dar. Er befinde sich allerdings nicht im Streifen oder der Endsicherheitsfläche, in denen Vertiefungen nicht zulässig sind, sondern in der inneren Randzone, in der lediglich aufragende Hindernisse nicht errichtet werden sollten. Von daher sei die Vertiefung mit der Richtlinie vereinbar und nicht zu beanstanden. Im Erörterungstermin am ist ergänzend vorgetragen worden, ausgehend von der in o. g. Argument angesprochenen Situation, dass der Mönchwaldsee sowie der 2,50 m hohe Zaun mehrere Meter in die freizuhaltende Zone hineingreifen würden, stehe diese Situation im Widerspruch zu der ICAO-Vorschrift zur Herstellung einer ebenen Freifläche mit vorgegebenem Abstand von der Landebahn-Mittelachse. Falls dies als Ausnahmeregelung zur BMVBW-Hindernisrichtlinie 2001 jedoch genehmigungsfähig wäre, könnte man doch den Zaun auf ganzer Länge näher an die Landebahn rücken, um so die Rodungsfläche zu verkleinern. Darauf hat die Fraport AG erwidert, die angesprochene freizuhaltenden Fläche nach ICAO-Vorschrift mit einem Abstand von 225 m von der Mittelache sei eine Flugbetriebsfläche, auf der lediglich flugbetriebliche Einrichtungen erlaubt seien und die nach außen durch den Zaun begrenzt werde. Diese Fläche habe aber nichts mit der Hindernisfreifläche außerhalb des Zauns zu tun, die durch die Hindernisbegrenzungslinie ab einer Entfernung von 150 m von der Bahnachse mit einer Steigung von 1:7 ansteige und auf der unterhalb der Hindernisfreiheitslinie Einrichtungen erlaubt seien. Ergänzend wird ausgeführt, der Zaunabstand von 250 m von der Bahnachse ergebe sich aufgrund der ansonsten auftretenden wetterbedingten Einschränkungen. Seite 1456 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

15 Unter Gesichtspunkten des Bauschutzbereichs und der Hindernissituation werden beim Mönchwaldsee keine Probleme gesehen, wenn entsprechend dem Gutachten Name verfahren wird (Anhang A 13, Ziff. 1) und die den Mönchwaldsee umgebenden Bäume einer Höhenbegrenzung so unterzogen werden, dass sie der Richtlinie entsprechen. Allerdings könnte der Mönchwaldsee unter dem Gesichtspunkt Vogelschlagrisiko Relevanz besitzen, was unter dem nachfolgenden Punkt behandelt wird Vogelschlag Allgemeines/Methodik Es wird vorgetragen, dass es im Gutachten G7 an detaillierten und überschaubaren, auf den Flughafen Frankfurt Main bezogenen Vogelschlagstatistiken fehle. Es seien nur Durchschnitts-, Mittel- und Prozentwerte genannt, es sei aber eine Raum-Zeit-bezogene Vogelschlagstatistik notwendig. Diese fehle im Gutachten und somit seien keine Schlussfolgerungen und Prognosen für den Planungsfall möglich. Das Fehlen dieser Statistik sei schon von der Planfeststellungsbehörde bemängelt worden. Da diese Daten fehlten, ließe sich kein Zusammenhang zwischen Vogelaufkommen (Vogelflug), Flugbetrieb (Starts, Landungen, Anzahl pro Stunde), Raum (Ost, West, Betriebsrichtungen 25/07, Flughöhe, Flughafenbereich und Umgebung), Zeit (Uhrzeit, Datum, Jahres- und Tagesphänologie) und Wetter herstellen. Weiterhin komme es in den Statistiken des Gutachtens zu Unregelmäßigkeiten und Unvollständigkeiten. Es würden im Gutachten nicht alle Vogelschläge erfasst, dies hätte in der Methodik klargestellt werde müssen. Die Fraport AG hält dem entgegen, das für die Erstellung des Vogelschlaggutachtens erforderliche Datenmaterial liege aus einen Erhebungszeitraum von über 30 Jahren vor und entspreche den für ein Vogelschlaggutachten allgemein üblichen Anforderungen. Die im Gutachten G7 (S. 37, 49, 88 und 96) vorgelegten Statistiken basierten auf Datenkollektiven der Deutschen Lufthansa, die in dieser Form in allen Gutachten zum Vogelschlag Verwendung fänden. Diese Daten bildeten gleichzeitig die Grundlage für die jährlich der ICAO zu meldenden Vogelschläge. Die angeblich fehlenden Angaben seien in jeder Vogelschlagmeldung enthalten. Vielen Vogelschlagschäden ließen sich auch im Nachhinein vielen der in der Einwendung genannten Parameter nicht zuordnen, da sie als Vogelschlag während des Fluges nicht wahrgenommen würden. Die einzelnen Vogelschlagmeldungen würden im vorliegenden Gutachten nicht dargestellt, sondern es werde eine Auswertung dieser Daten vorgenommen. Ergänzungen meteorologischer Daten erfolgten dabei mit Hilfe des Deutschen Wetterdienstes oder einer militärischen Dienststelle. Die Vogelschlagstatistik der DLH werde außerordentlich sorgfältig geführt. Aufgrund der hohen Flugbewegungsanteile der DLH am Gesamtaufkommen am Flughafen Frankfurt Main seien diese Zahlen repräsentativ für die hiesigen Verhältnisse. Wegen der nahezu gleichen Biotopstruktur im Bereich der künftigen Landebahn Nordwest (innerhalb des Zauns) seien die Ergebnisse von Vogelschlaguntersuchungen vom existierenden Flughafengelände auf diesen Bereich übertragbar. Für den Außenbereich ließen sie sich mit gewissen Einschränkungen ebenso übertragen (vgl. G7, S. 89). Diese Einschränkungen trügen durchaus der Tatsache Rechnung, dass das Umfeld des heutigen Flughafens ähnlich aber nicht identisch sei. Im Umfeld des heutigen Flughafens kämen durchaus Feuchtbiotope und Wasservögel vor (vgl. S. 132, 133, 135 ff.). Dargestellt werde im Vogelschlaggutachten, S. 90 ff., dass die Vogelschläge im Umgebungsraum des Flughafens Frankfurt Main mitunter deutlichen Schwankungen unterlägen, was die jährliche Variabilität dieses Phänomens nochmals unterstreiche. Hierzu gehöre auch die Tatsache, dass eine Kollision unter Umständen nicht als solche wahrgenommen Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1457

16 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main und registriert werde. Dies bedeute nicht, dass die Datengrundlagen zur Vogelschlagstatistik unvollständig seien. Den Ausführungen der Fraport AG kann nicht in vollem Umfang gefolgt werden. Das Gutachten G7 arbeitet mit Daten, die z. T. aktualisierungsbedürftig erscheinen. So wurden z. B. Vogelzugbeobachtungen mittels Radar im Pfälzer Wald aus den Jahren 1987 bis 1992 ausgewertet. Gesamtflugbewegungen, Vogelschläge und Vogelschlagraten innerhalb des Flughafens Frankfurt Main aus den Jahren , am Flughafen registrierte Vogelarten bis zum Jahr Es ist ohne nähere Begründungen nicht nachvollziehbar, warum diesbezüglich keine aktuelleren Daten genutzt wurden bzw. genutzt werden konnten. Die Fraport AG hat dies darzulegen und das Gutachten ggf. unter diesem Aspekt zu ergänzen. Das Gutachten G7 stellt, wenn auch nur bis zum Jahr 2000, die Vogelschläge an anderen deutschen Flughäfen dar. Der Aussagewert der dort genannten Zahlen bleibt jedoch unklar, weil nicht dargelegt wurde, inwieweit die genannten Flughäfen im Hinblick auf das Vogelschlagrisiko mit dem Frankfurter Flughafen vergleichbar sind. Weiterhin trifft das Gutachten G7 im Gegensatz zum Gutachten Name keine qualifizierte Gesamtaussage darüber, wie sich das Vogelschlagrisiko im Planungsfall gegenüber dem Ist-Fall und dem Prognosenullfall verhält. Zudem ist die Aussage näher zu begründen, wonach die ökologischen Randbedingungen im Bereich der Landebahn Nordwest ähnlich seien wie in der Ist-Situation. Ob eine derartige Ähnlichkeit vorhanden ist, ist nach den Ausführungen des Gutachters Name023 kritisch zu hinterfragen. Schließlich beziehen sich die Ausführungen des Gutachtens G7 nur auf die Variante Nordwest. Um eine vollständige Abwägung der unterschiedlichen Varianten gegeneinander unter Einbeziehung des Vogelschlagrisikos durchführen zu können, sind vergleichende Betrachtungen auch für die Varianten Nordost und Süd anzustellen. Insoweit wird auf meinen Bericht vom an das HMWVL und das Schreiben des HMWVL vom an die Fraport AG verwiesen. Die Stadt Raunheim trägt vor, dass sich im Umfeld der bisherigen Bahnen sehr viel Wald befinde. Im Gegensatz dazu sei die neue Landebahn Nordwest von viel Freiland umgeben. Möwen seien Freilandvögel, es könne ein schneller Zuzug erfolgen. Dies sei im Vogelschlaggutachten nicht ausreichend untersucht worden. Die Fraport AG hält dem entgegen, die neue Landebahn Nordwest sei gleichfalls von Wald umgeben. Die Problematik des Zuzuges von Möwen bestehe primär für den Grünlandbereich um die Flugbetriebsfläche herum. Hier werde durch eine entsprechende Bewirtschaftung der Flächen (u. a. Langgraswirtschaft) die Attraktivität für Vögel erheblich reduziert. Für einen Zuzug von Möwen gebe es daher keine Hinweise. Die geplante Landebahn grenzt im Gegensatz zur bestehenden Flughafenanlage direkt an unbewaldete Flächen in der Nähe des Mainufers. Dies lässt laut dem Gutachter Name023 die Besiedlung des Flughafengeländes durch zusätzliche Vogelarten wie z. B. Möwen befürchten, die weltweit für einen Großteil der Vogelschläge verantwortlich seien. Von der Fraport AG ist eine qualifizierte Einschätzung nachzureichen. Insoweit wird auf meinen Bericht vom an das HMWVL und das Schreiben des HMWVL vom an die Fraport AG Bezug genommen. Seite 1458 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

17 Es wird aus einer Untersuchung des Deutschen Ausschusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr (DAVVL) vorgetragen, der Untersuchungen zum Vogelschlag im Umfeld von Flughäfen für die Jahre 1998 bis 2002 durchgeführt hat. Es wird ausgeführt, dass sich nach den Untersuchungen des DAVVL ca. 50 % aller Vogelschläge innerhalb des unmittelbaren Flughafenbereichs ereignet hätten. So seien insbesondere die Flugphasen Endanflug und Anfangssteigflug gefährdet, da hier ca. 18 % der registrierten Vogelschläge stattgefunden hätten. Insbesondere sei der Landeanflug gefährdeter, da das vogelschlagrelevante Höhenband von ft länger als beim Steigflug durchflogen würde. Weiterhin ließen die Statistiken des DAVVL und der ICAO erkennen, dass bei Vögeln, die in Schwärmen auftreten, ein hohes Risiko bestünde. Ebenso sei ein hohes Risiko durch Vögel, die aufgrund von Gewicht und Größe hohe Schäden an Flugzeugen verursachen könnten, zu erwarten. So liege die geplante Landebahn Nordwest in der Nähe des Mains und in der Nähe des Mönchwaldsees. Der Main diene als Leitlinie des Vogelzuges, der Mönchwaldsee stehe als EU-Vogelschutzgebiet unter besonderem Schutz und diene Wasservögeln als Lebensraum. Insbesondere Lachmöwen machten den größten Teil der Vogelflugbewegungen im Untersuchungsraum am Main aus, Krähen seien eine weitere bedeutsame Vogelgruppe. So komme es vor allem im Winter zu täglichen Pendelflügen von Vogelschwärmen mit Flughöhen zwischen 60 und 300 m. Die Anzahl der vorkommenden Vögel am Main und die Anzahl der Vogelflugbewegungen übersteige das Aufkommen von Vögeln in der Umgebung. Innerhalb des Flughafens seien Maßnahmen zur Vergrämung und Vertreibung möglich. Diese seien jedoch für den Nahbereich des Flughafens und nicht für die weitere Umgebung durchführbar. So müssten sich Maßnahmen zur Verringerung des Vogelschlagsrisikos auf ein Radar-Beobachtungsprogramm außerhalb des Flughafens erstrecken. Es sei derzeit nicht möglich durch Vergrämungsmaßnahmen das Vogelschlagsrisiko bei Betrieb der Landebahn Nordwest auf ein sicherheitstolerables Maß zu minimieren. Aufgrund der Nähe der geplanten Landebahn Nordwest zu Lebensräumen von Vögeln sei der Flugbetrieb im Vergleich zum jetzigen Betrieb mit einem deutlich höheren Vogelschlagrisiko verbunden. Auch ein Radar gestütztes Monitoring löse dieses Vogelschlagrisiko nicht befriedigend, der gewählte Standort der Bahn sei daher fehlerhaft gewählt. Die Fraport AG erwidert, das Vogelschlaggutachten komme zu dem Ergebnis, dass für den Betrieb der neuen Landebahn Anflüge aus Westen höhere Vogelschlagrisiken aufwiesen als Anflüge aus Osten (G7, S. 149). Dies gelte unter Berücksichtigung der verschiedenen Vogel-Zugtypen für alle Zeiten des Jahres. Eine Erhöhung des Risikopotentials durch die neue Landebahn habe aber im Ergebnis der Untersuchungen zum Vogelschlag (vgl. G7, Anlage 9, Anlagen 10.1 und 10.2) nicht festgestellt werden können. Verschiedene Einwender tragen vor, dass Mittelwerte nicht zur Bewertung der Flugsicherheit und des Vogelschlagrisikos taugten. So baue das Gutachten G7 auf einer unzulässigen Mittelung von flugsicherheitsrelevanten Werten auf, die unter diesen Voraussetzungen gewonnenen Schlussfolgerungen, Bewertungen und Prognosen seien falsch. Die Angaben zu Vogelvorkommen und Vogelmengen seien ausschließlich Durchschnitts- und Mittelwerte, sie gäben keinen Aufschluss über flugsicherheitsrelevante Einzelereignisse. Gerade diese Einzelereignisse seien aber entscheidend für die Bewertung von Vogelschlagrisiken. Insbesondere dann, wenn derartige Einzelereignisse aufgrund von ökologischen und artbiologischen Gegebenheiten regelmäßig aufträten. So habe die Aussage, Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1459

18 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main dass 300 Möwen die Anfluglinien kreuzten, in Bezug auf die Flugsicherheit mehr Relevanz, als ein Mittelwert aus 10 Stunden, in denen keine Möwe erfasst worden sei. Die Kartierungen der ARGE Baader-Bosch hätten Vogelflugbewegungen über zwei Jahre protokolliert. Die Protokolle zeigten jedoch keine minutengenaue Darstellung der Vogelflugbewegung, sie seien nur eingeschränkt brauchbar. Dem hält die Fraport AG entgegen, bei der Erfassungsmethodik und der Darstellung der Ergebnisse (G7, S. 28 ff.), die bei der Beobachtung der jahreszeitlichen Vorkommensmuster der flugsicherheitsrelevanten Arten Anwendung fänden, handele es sich um eine anerkannte und in Deutschland gängige Methode der Erfassung von Vogelbeständen im Freiland. Die Ergebnisse seien graphisch und numerisch in Kap dargestellt und entsprechend bewertet worden. In den Unterlagen in den Anlagen 10.1 und 10.2 zu G7 (ARGE Baader-Bosch) seien jeweils in Kapitel 1 die Zielstellung und der Bezug der Untersuchungen dargestellt. Die entscheidungserheblichen Angaben seien im Rahmen dieser Untersuchungen ermittelt worden. Die Darstellung der ermittelten Daten sei zur Beurteilung des Sachverhalts vollständig und ausreichend. Ereignisse mit flugsicherheitsrelevantem Charakter seien beschrieben worden (z. B. Anlage 10.1, S. 27 ff.). Einige Einwender bemängeln, dass die Methodik zur Berechnung der Indizes zur Flugsicherheitsrelevanz von Vogelarten falsch sei. Sie basiere auf nicht nachvollziehbaren, nicht messbaren und unqualifizierten Parametern. So rangierten nicht die Tauben, sondern Möwen in der Vogelschlagstatistik ganz oben, sie stellten national und international die vogelschlag- und flugsicherheitsrelevanteste Vogelgruppe dar. Dem hält die Fraport AG entgegen, die Berechnung der Flugsicherheitsrelevanz sei korrekt. Die der Berechnung zugrunde liegende Vogelschlagstatistik basiere auf den Zahlen der DLH. Sie werde außerordentlich sorgfältig geführt. Aufgrund der hohen Flugbewegungsanteile der DLH am Gesamtflugaufkommen am Flughafen Frankfurt Main sei sie eine hervorragende Datengrundlage. An der Erstellung des Bewertungssystems sei auch die Staatliche Vogelschutzwarte Frankfurt beteiligt gewesen. Der Umgebungsraum werde umfassend seit nahezu 30 Jahren untersucht und die Entwicklung fortlaufend beobachtet. Die Parameter seien nachvollziehbar und auf der Grundlage umfangreicher Erfahrungen zum Vogelschlag ausgewählt und skaliert worden. Anwendung finde das hier vorgestellte Verfahren zur Bewertung von Vogelarten nach ihrer Flugsicherheitsrelevanz am Flughafen Frankfurt Main. Die Bedeutung von Möwen gelte für eine nationale bzw. internationale Betrachtung, aber nicht im vorliegenden Fall. Wenn auch die DLH einen großen Anteil an Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen hat, so kann gleichwohl festgestellt werden, dass die Berechnungen zur Vogelschlagstatistik auf einseitig gelieferten Zahlen beruhen. Ob die Hochrechnung auf den DLH-Anteil ein repräsentatives Ergebnis für die gesamte Statistik darstellt, darf zumindest angezweifelt werden. Die DLH mit ihren Piloten ist möglicherweise mit dem Frankfurter Flughafen mehr vertraut als sonstige Piloten anderer Fluggesellschaften. Dies könnte auch Auswirkungen auf den Umgang mit Vogelschlag haben. Nur: Diese Zweifel müssen hingenommen werden, da sie für die Vergangenheit nicht mehr ausgeräumt werden können. Es wird vorgetragen, dass im Gutachten G16.1 (S. 75) falsche Annahmen zum Vogelschlagrisiko getroffen würden. So werde mit Verweis auf das Vogelschlaggutachten aus- Seite 1460 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

19 geführt, dass der Flughafen Frankfurt Main ein unterdurchschnittliches Risiko aufweise. Dies sei jedoch unzutreffend, da das Flusssystem Rhein-Main ein international bedeutsames Rast- und Überwinterungsgebiet sei. Es solle deshalb die spezifische Gefährdung durch Vogelschlag detailliert analysiert und bewertet werden. Die Fraport AG erwidert, der Flughafen Frankfurt Main weise im Vergleich mit anderen deutschen Verkehrsflughäfen ein unterdurchschnittliches Vogelschlagrisiko auf. Die Lage im Rhein-Main-Gebiet und dessen Vogelpopulationen einschließlich der Zugvögel hätten kein erhöhtes Vogelschlagrisiko zur Folge. Im Vogelschlaggutachten G7 sei der Umgebungsraum sowie die Bedeutung des Rhein-Main-Raumes für die Überwinterung verschiedener Vogelarten bei der Bewertung des Vogelschlagrisikos einbezogen worden. Eine Erhöhung des Risikopotentials durch die neue Landebahn habe im Ergebnis der Untersuchungen zum Vogelschlag (vgl. G7 mit Anlagen 9, 10.1 und 10.2) nicht festgestellt werden können. Es wird vorgetragen, dass die Begrifflichkeiten Vogelschlagrelevanz und Vogelschlagrisiko auf nicht nachvollziehbaren, quantitativen Parametern beruhten. So seien im Gutachten G7 bezüglich der Begriffe keine zuverlässigen Aussagen getroffen. Weiterhin sei die Anwendung der Begriffe Vogelschlagrelevanz, Vogelschlagrisiko, Flugsicherheitsrelevanz und Flugsicherheitsrisiko subjektiv. Die Anwendung der Begriffe sei nicht nachvollziehbar und unwissenschaftlich. Dem hält die Fraport AG entgegen, die Begriffspaare Vogelschlagrisiko/Vogelschlagrelevanz (d. h. die Häufigkeit/Wahrscheinlichkeit, mit der einzelne Vogelarten an Vogelschlägen beteiligt waren) und Flugsicherheit/Flugsicherheitsrelevanz (d. h. das Gefahrenpotential, das einer Vogelart oder einem Biotop in Bezug auf den Luftverkehr innewohnt) würden im Gutachten G7 in Kap. 1.1 sowie in Anlage 2 erklärt. Die quantitativen Angaben zum Vogelschlagrisiko entstammten der über viele Jahrzehnte durchgeführten Registrierung und Auswertung von Vogelschlägen und besäßen dadurch eine gesicherte empirische Grundlage. Eine subjektive Bewertung oder Verwendung in Bezug auf einzelne Vogelarten sei somit weitgehend ausgeschlossen. Ebenso entstamme die Kenntnis zur Flugsicherheitsrelevanz von Vogelarten und Biotopen der Praxis der Vogelschlagbeobachtung und -bewertung mit Einstufung der Schadenshöhe und des Gefahrenpotentials. Die Gründe für die Gebietseinstufungen würden im Vogelschlaggutachten bei jedem Gebiet dargestellt. Mehrere Einwender tragen vor, dass das Gutachten G7 inhaltlich voller Widersprüche sei. Das Gutachten stelle keine Korrelation zwischen Vogelzahlen und der Anzahl von Vogelschlägen fest. Es sei nicht nachvollziehbar, dass einerseits keine Korrelationen zwischen quantitativen Parametern festzustellen seien, andererseits aber Bewertungen ohne quantitative Angaben zur Flugsicherheitsrelevanz und Vogelschlagrisiko getroffen würden. Die Fraport AG erwidert, aus ihrer Sicht sei das Gutachten G7 inhaltlich nicht voller Widersprüche und auch das von den Einwendern genannte Beispiel unterstreiche dies: Wenn keine Korrelationen vorlägen (inhaltlich korrekter und quantifizierbarer Zusammenhang), dann könnten auch keine quantitativen Angaben gemacht werden. Grundsätzlich gelte, dass keine Korrelation zwischen der Anzahl an Vögeln und dem Ausmaß an Vogelschlägen im Umfeld des Flughafens vorliege. Aufgrund einer Vielzahl verschiedener Einflussgrößen komme es zu sehr großen Streuungen. Lediglich in Einzelfällen, Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1461

20 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main in denen bestimmte Einflussfaktoren deutlich überwögen, lasse sich eine Beziehung erkennen. Mit den in Anlage 11 zum Gutachten G7 durchgeführten Arbeiten sei der Versuch unternommen worden, für einen festgelegten Zeitraum die Aktivität der Vögel dem Ausmaß an Vogelschlägen im gleichen Zeitraum gegenüber zu stellen. Wie auf S. 119 in G7 dargestellt, sei die Zahl an registrierten Vogelschlägen im gleichen Zeitraum sehr gering. Eine Korrelation hätte lediglich für die Brutzeit festgestellt werden können. Hierin liege kein Widerspruch. Es sei vielmehr ein Vorteil der vorliegenden Untersuchung, diesen Sachverhalt anhand einer detaillierten Untersuchung dargestellt zu haben. Entsprechende Arbeiten zum Phänomen des Vogelschlags seien vergleichsweise selten zu finden. Es wird vorgetragen, dass das Gutachten G7 auf unbegründeten und unwissenschaftlichen Annahmen beruhe. Zudem beurteile es auch falsch. Es ignoriere die Situation Vorort sowie die Erkenntnisse aus Ornithologie und Vogelschlagmanagement. So lägen z. B. zum Lernverhalten von Vögeln keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, das Gutachten spekuliere in diesem Fall. Weiterhin seien Kleinvogelschwärme (Stare, Schwalben, Drosseln) flugsicherheitsrelevant und kämen am Main viel häufiger vor, als innerhalb des bestehenden Flughafens. Auch verneine das Gutachten die Flugsicherheitsrelevanz von Austauschbewegungen zwischen dem Main und den südlich, nördlich und westlich gelegenen Gewässern. Dies sei falsch, Vogelschlagexperten warnten schon 1982 ausdrücklich vor den Pendelbewegungen zwischen Main und einer kleinen Wildtiertränke im Raunheimer Wald. Dies stelle eine erhebliche Gefährdung für die Sicherheit im Luftverkehr dar. Weiterhin arbeite das Gutachten mit den Begriffen feuchtlandgebunden und wassergebunden, diese seien nicht näher definiert. Die Aussage, das Gutachten G7 beruhe auf unbegründeten und unwissenschaftlichen Annahmen und beurteile falsch, weist die Fraport AG zurück. Die Situation Vorort sei nicht ignoriert worden. Der Umgebungsraum werde umfassend seit nahezu 30 Jahren untersucht und die Entwicklung fortlaufend beobachtet. Die Parameter seien nachvollziehbar und auf der Grundlage umfangreicher Erfahrungen zum Vogelschlag ausgewählt und skaliert worden. Anwendung finde das hier vorgestellte Verfahren zur Bewertung von Vogelarten nach ihrer Flugsicherheitsrelevanz am Flughafen Frankfurt Main. Grundsätzlich lägen umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen zum Lernverhalten von Vögeln vor. Im speziellen Fall des Verhaltens gegenüber der potentiellen Gefahr eines Flugzeuges stütze sich die Bewertung auf Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Flugbetrieb sowie der Bird Control. Der hohe Anteil von Jungvögeln an Vogelschlägen unterstreiche diese Beobachtung. Da Vögel auch unter natürlichen Bedingungen Gefahren aus dem Luftraum ausgesetzt seien (Greifvögel), sei eine Lernfähigkeit artabhängig gegeben. Die grundsätzliche Bedeutung von Kleinvogelschwärmen für die Flugsicherheit stehe außer Frage und werde im Gutachten G7 auch entsprechend behandelt. Stare und Drosseln würden jedoch nicht zu den Kleinvögeln gezählt (G7, Tab. 2-5). Schwalben und Segler stellten kurzfristig - in Abhängigkeit von den ökologischen Bedingungen in der nahen Umgebung und dem Zustand des Grünlandes auf dem Flughafengelände sowie unter ganz speziellen meteorologischen Bedingungen (vgl. G7, Abschnitt ) - eine erhöhte Vogelschlaggefahr dar, die kurzfristig durch flugbetriebliche Regelungen seitens der Flugsicherung in den Griff zu bekommen sei. Es sei bekannt, dass Stare in größerer Anzahl zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Bedingungen durch das Maintal zögen und dabei auch das Flughafengelände tangierten. Austauschbewegungen zwischen dem Maintal und den umliegenden Gewässern würden nicht bestritten, seien jedoch im Bereich der Eddersheimer Schleuse in südliche, nördliche Seite 1462 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

21 und westliche Richtung hinsichtlich der Flugsicherheitssituation in der Regel nicht umfangreich und durch die zumeist geringe Flughöhe unkritisch (vgl. G7, Anlage 10.1). Der Einspruch gegen die zitierte Wildtränke beruhe darauf, dass Anfang der 80er-Jahre dem damaligen Vogelschlagbeauftragten des Flughafens Frankfurt Main eine Information vorgelegen hätte, nach der im Raunheimer Wald ca. 50 Amphibienbiotope angelegt werden sollten. Dagegen sei Einspruch eingelegt worden, da die Gefahr einer Verstärkung von Pendelzugbewegungen gesehen worden sei. Die Wildtränke existiere 2005 noch, sei aber nicht mehr relevant (G7, S. 137). Die im Zuge der vorsorgenden Gefährdungsabschätzung befürchteten Auswirkungen hätten sich nicht bestätigt. Beide Begriffe feuchtlandgebunden und wassergebunden seien allgemeinverständlich und durchaus gebräuchlich. Im englischen Sprachgebrauch gebe es z. B. die wetland species. Diese Begriffe bezeichneten Vogelarten, die bevorzugt Feuchtgrünland und/oder Wasserflächen aufsuchten. Eine Erklärung sei wie bei den Begriffen Brutvogel oder Zugvogel als entbehrlich anzusehen. Möwen seien in der Regel national wie international am häufigsten an Vogelschlägen beteiligt; am Flughafen Frankfurt Main jedoch nur zu 1 % (G7, S. 43) bzw. im Umfeld des Flughafens nur zu 2 % (G7, S. 95). Es wird ausgeführt, dass keine Untersuchungen zu Vogelschlagrisiken bei Dunkelheit und in der Nacht vorlägen. Ein Großteil des Vogelzuges erfolge jedoch nachts; weiterhin seien viele flugsicherheitsrelevante Vogelarten dämmerungs- und nachtaktiv (Enten, Rallenvögel, Möwen). Vogelschlagstatistiken belegten die große Relevanz von Vogelzügen während der Dunkelheit. Die Fraport AG erwidert, auf den nächtlichen Vogelzug werde im Gutachten G7 verschiedentlich eingegangen (z. B. S. 116). Auch die nachts erfolgenden Vogelschläge würden dargestellt (S. 41 und 93). Radarbeobachtungen hätten bereits zu einer besseren Kenntnis des großräumigen nächtlichen Vogelzuges geführt (S. 116). Die Aufzeichnung der regionalen und kleinräumigen Züge im Bereich des Frankfurter Flughafens bei Nacht seien durch die ASR-Radarbeobachtungen möglich und flössen in die Bewertung mit ein (S. 117 ff.). Von verschiedenen Kommunen wird das Gutachten von Dipl. Biologe Name023 zum Vogelflug am Main bei Kelsterbach und im Bereich der geplanten Landebahn Nordwest am Flughafen Frankfurt (FRA) (Name ) zum Bestandteil der jeweiligen Stellungnahme bzw. Einwendung gemacht. Ziel der Studie von Name023 sei es, die flugsicherheitsrelevanten Vogelflugbewegungen und Vogelvorkommen im Bereich der geplanten Landebahn Nordwest im Kelsterbacher Wald zu erfassen. So sei es für die Beurteilung der potentiellen Vogelschlaggefahr wichtig zu erfassen, welche Vögel, wie häufig und zu welchen Zeiten diese Pendelrouten nutzten. Weiterhin seien auch die ökologischen Rahmenbedingungen wichtig und welche Veränderungen der Ist-Situationen zu erwarten seien. Im Rahmen der Studie von Name023 sei schwerpunktmäßig der Bereich der Anfluglinie bei Betriebsrichtung 07 und der eigentliche Bereich der geplanten Landebahn im Zeitraum von Dezember 2002 bis Ende Januar 2005 untersucht worden. Als Untersuchungsraum seien der Umgebungsraum Frankfurt, der Main bei Stromkilometer 14,4, die Heidelandschaft im Bereich der Anfluglinien auf das Parallelbahnsystem und der Mönchwaldsee ausgewählt worden. Untersucht seien ausschließlich flugsicherheitsrelevante Vogelarten. Dies seien Vogelarten, die aufgrund von Körpermasse, Flugverhalten Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1463

22 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main und Schwarmbildung eine Gefährdung der Flugsicherheit darstellten. Untersucht worden seien Möwen (Lachmöwen, Silbermöwen, Mittelmeermöwen, Sturmmöwen), Krähen, Kormorane, Graureiher, Tauben, Elstern, Enten, Gänse, Höckerschwan, Greifvögel, Stare, Kranich, Weißstorch, Drosseln, Schwalben, Segler und diverse andere Arten. Verschiedene Einwender beziehen sich hierauf und tragen ergänzend vor, dass der Umgebungsraum im Gutachten G7 nur ungenügend bewertet sei. So spreche das Gutachten von bedingter oder keiner Flugsicherheitsrelevanz und verkenne die entscheidende Bedeutung des Umgebungsraumes bei der Analyse und Prognose des Vogelschlagrisikos. Bereits im bestehenden Betrieb ereigneten sich 60 % der Vogelschläge im Höhenband zwischen ft. In diesem Höhenband verlaufe auch die geplante Anfluglinie der Landebahn Nordwest aus Westen über Hochheim bis Eddersheim. Das Gutachten zeige diesen Zusammenhang nicht auf und ignoriere die Erfahrungen mit erhöhten Vogelschlagrisiken im Bereich von Flüssen. Der flugsicherheitsrelevante Kreuzungsraum Anfluglinie 07/Vogelzugleitlinie am Main bei Stromkilometer 14,4 sei nicht detailliert untersucht und bewertet worden. Auf die Tatsache, dass in diesem Luftraum in einer Höhe von ca. 120 m regelmäßig Vögel flögen, gehe das Gutachten nicht ein. Für eine adäquate Beurteilung müssten quantitative Angaben zu Vogelflugbewegungen mit den im Planungsfall prognostizierten Flugbewegungen in Zusammenhang gebracht werden. Dies ließe das Gutachten unberücksichtigt, die Prognosen für das Vogelschlagrisiko im Planungsfall seien unbrauchbar. Die Fraport AG führt aus, das Gutachten Name sei ihr bekannt. Es handele sich um eine ornithologische Untersuchung zum Verhalten der Avifauna, insbesondere im Anflugbereich West der neuen Landebahn. Adäquate Untersuchungen habe sie im Vogelschlaggutachten G7 mit den Anlagen 10.1 und 10.2 vorgelegt. Eine Erhöhung des Risikopotentials durch die neue Landebahn habe im Ergebnis der Untersuchungen zum Vogelschlag (vgl. G7, Anlage 9, Anlagen 10.1 und 10.2) nicht festgestellt werden können. Die Betrachtung des Umgebungsraumes des Flughafens Frankfurt Main im Gutachten G7 reiche für die Belange des Vogelschlags vollkommen aus. Die maßgeblichen und zur Einschätzung der Vogelschlaggefahr erforderlichen Erhebungsergebnisse seien analysiert worden, insbesondere auch im Anflugbereich über dem Main. Der Umstand, dass das Vogelschlag-Höhenband von ft durchflogen werde, ergebe sich für den gesamten Flughafen. In den Kapiteln und werde auf den Umgebungsraum sowie die Anflüge zur neuen Landebahn mit den jeweiligen Ergebnissen eingegangen. Die von der Fraport AG genannten Fundstellen im Gutachten G7 werden der Einwendung nicht gerecht, weil sie zu pauschal sind und den Besonderheiten beim Landeanflug am Main nicht Rechnung tragen. Das Gutachten G7 betrachtet offensichtlich nicht den für die Beurteilung der Überflugsituation im Bereich der geplanten Anfluggrundlinie auf die Landebahn Nordwest bei Betriebsrichtung 07 relevanten Stromkilometer 14,4, sondern den Bereich der weiter Main aufwärts gelegenen Eddersheimer Schleuse. Im Erörterungstermin am hat die Fraport AG ausgeführt, dieser Stromkilometer und die Eddersheimer Schleuse seien synonym zu betrachten. Diese Aussage erscheint aufgrund der Entfernung zwischen beiden Orten (ca. 350 m) und den baulichen Besonderheiten in der Nähe des Stromkilometers 14,4 (Brückenbauwerke der A 3 und der Schnellfahrtstrecke der DB AG) nicht nachvollziehbar. Die Brückenbauwerke bedingen gemäß den Aussagen des Gutachters Name023 in seinem Gutachten Vogelflug am Main bei Kelsterbach und im Bereich der geplanten Landebahn am Flughafen Frankfurt (FRA) (Name ) größere Flughöhen der Vögel, so dass sich bereits ein größerer Teil des Vogelfluggeschehens in einer Höhe abspiele, die der geplanten Überflughöhe über den Main im Anflug auf die Landebahn Nordwest (120 m) entspräche. Dagegen beträgt die Überflughöhe über dem Seite 1464 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

23 Main im Ist-Fall und im Prognosenullfall etwa 500 m. Beim Anflug auf die bestehenden Parallelbahnen ist nach Aussage von Herrn Name023 im Erörterungstermin in einer Flughöhe von 120 m nur mit einer um den Faktor 68 geringeren Anzahl an Vogelflugbewegungen zu rechnen. Die jetzige Überflugsituation im Bereich des Mains erscheint somit unter Vogelschlaggesichtspunkten nicht mit dem Planfall vergleichbar. Darüber hinaus weist Herr Name023 auf beobachtete Trupp- und Schwarmbildungen am Stromkilometer 14,4 hin, die mehrere Hundert Vögel umfassen könnten. Solche Ereignisse seien besonders flugsicherheitsrelevant, da im Falle einer Kollision mit einem Strahlflugzeug ein Leistungsverlust an mehreren Triebwerken möglich sei. Im Gegensatz zum Gutachten Name , welches derartige Maximalwerte im Vogelfluggeschehen berücksichtigt, arbeitet das Gutachten G7 mit Mittelwerten. Die fehlende Berücksichtigung von Trupp- und Schwarmbewegungen erscheint ohne nähere Begründungen nicht plausibel. Aus meiner Sicht sind zur Überflugsituation am Main im Anflug auf die geplante Landebahn Nordwest nähere Betrachtungen erforderlich. Es fehlt zudem eine Bezugnahme auf die im Planfall doch erheblich gestiegenen Flugbewegungen, die zusätzlich zu den geringeren Überflughöhen über den Main auch möglicherweise eine zusätzliche Flugsicherheitsrelevanz erzeugen. Es ist darzulegen, ob die Fraport AG unter Berücksichtigung der dann höheren Flugbewegungszahlen bei ihrer Behauptung bleibt, der Flughafen Frankfurt Main habe nur ein unterdurchschnittliches Vogelschlagrisiko. Zu sämtlichen angesprochenen Fragestellungen sind ergänzende Erläuterungen nachzuliefern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Schreiben des HMWVL vom unter Anlage 4 an die Fraport AG sowie auf meinen Bericht vom an das HMWVL und das Schreiben des HMWVL vom an die Fraport AG. In Bezug auf das Gutachten G7 (S. 119) wird ausgeführt, dass der Vergleich der Untersuchung am Westkopf des Parallelbahnsystems mit der Situation am Main bei km 14,4 aufgrund der Verschiedenartigkeit der Lebensräume keinen Sinn mache. Innerhalb des Flughafens befinde sich kein Fluss und so könne man nicht das heutige Vogelaufkommen innerhalb des Flughafens (Ist-Zustand) mit dem Vogelaufkommen außerhalb des Flughafens im Planfall vergleichen. Vergleichen ließen sich nur Räume, die in Bezug zu den Anfluggrundlinien gleiche Bedingungen aufwiesen. Auch ließen sich die Vogelschlagsituationen innerhalb und außerhalb von Flughäfen nicht miteinander vergleichen. Dem Umgebungsraum komme eine wesentlich größere Bedeutung zu, dieser beeinflusse das Vogelaufkommen innerhalb des Flughafens. Als Beispiel eines adäquaten Vergleichs von Vogellebensräumen werden das Naturschutzgebiet Heidelandschaft (Parallelbahnsystem) und der Main bei Stromkilometer 14,4 genannt. Die Fraport AG erwidert, es sei unstrittig, dass es deutliche Unterschiede zwischen der Avifauna des Flughafengeländes und des Umlandes gebe. Allerdings ereigneten sich in Frankfurt außerhalb des eingezäunten Flughafengeländes bisher weit weniger Vogelschläge in dem durch die Richtlinie des BMV (G7, Anlage 1) angesprochenen Raumes als innerhalb des Flughafens. Die Quintessenz der Beobachtungen mit den entsprechenden Auswertungen im Westkopfbereich liege darin, dass allein ein hohes Vogelaufkommen nicht zwangsläufig zu hohen Vogelschlagzahlen führen müsse und dass die Vögel eine gewisse Gewöhnung an die Situation zeigten. Ansonsten seien die Verhältnisse auf Gehölzbereiche in enger Nachbarschaft zur neuen Landebahn übertragbar, aber nicht auf den Bereich der Eddersheimer Schleuse, einem durchweg anderen avifaunistischen Lebensraum. Schließlich erfolge die Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1465

24 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Einschätzung der Flugsicherheitsrelevanz im Bereich der Eddersheimer Schleuse insbesondere auf Grundlage der Ergebnisse der Anlagen 10.1 und 10.2 des Gutachtens G7 und würden durch die Ergebnisse der Untersuchung aus Anlage 11 des Gutachtens G7 ergänzt. Eine mögliche von Pendelflügen vom Mönchwaldsee herrührende zusätzliche Vogelschlaggefahr sei im Vogelschlaggutachten bewertet worden. Wegen der nahezu gleichen Biotopstruktur im Bereich der künftigen Landebahn Nordwest (innerhalb des Zauns) seien die Ergebnisse von Vogelschlaguntersuchungen vom derzeit bestehenden Flughafengelände auf diesen Bereich übertragbar. Die von Einwendern zitierte Fundstelle im Gutachten bezieht sich nicht auf den Stromkilometer 14,4, sondern auf die Eddersheimer Schleuse. Im Übrigen kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Es ist von der Fraport AG eine nähere Begründung zu der im Gutachten G7 z. B. auf S. 145 getroffenen und wegen der andersartigen Lage der Bahn zum Main zunächst nicht plausibel erscheinenden Aussage zu geben, wonach die ökologischen Randbedingungen der geplanten Bahn ähnlich lägen wie im Bestand. Insoweit wird auf das Schreiben des HMWVL an die Fraport AG vom unter Anlage 4.4 Bezug genommen. Es wird vorgetragen, dass die Aussage, nach dem Bau der Landebahn Nordwest sei das Vogelschlagrisiko mit der Ist-Situation vergleichbar und alle im Raumordungsverfahren betrachteten Varianten wiesen vergleichbare niedrige Risiken auf, sei angesichts der Zähldaten der Anlagen 10.1 und 10.2 nicht haltbar. Die Fraport AG erwidert, in den Anlagen 10.1 und 10.2 zum Gutachten G7 seien die täglichen Aktivitätsmuster der Avifauna entlang des Mains im Bereich der Schleuse Eddersheim dargestellt. Diese Untersuchungen seien eine der Bewertungsgrundlagen zur Einschätzung von Vogelschlagrisiken in diesem Bereich. Das Verhalten der Tiere und ihre Anzahl führten zu einer Einstufung der Eddersheimer Schleuse als bedingt flugsicherheitsrelevant. Die Eddersheimer Schleuse sei schon im Raumordnungsverfahren als bedingt flugsicherheitsrelevant angesprochen worden. Anders bewertet sei lediglich das IBA-Gebiet Untermain. Grund für die neue Bewertung seien einmal die Radar-Vogelzugbeobachtungen im Gutachten Ruhe 2001/2002 sowie die Beobachtungen von Henning (s. Anlage 10 zu G7). Im Zuge der Ausweisung des gesamten Untermains zum IBA-Gebiet seien im Rahmen der angestrebten Schutz- und Erhaltungsziele landschaftspflegerische Maßnahmen durchgeführt worden, die auch zu Änderungen in der Zusammensetzung der Avifauna führen könnten. Daraus hätte sich die Bewertung bedingt flugsicherheitsrelevant ergeben. In die Bewertung flössen nicht nur Angaben zur Avifauna, sondern die gesamte Naturausstattung der Gebiete, insbesondere die Biotopstruktur und -ausstattung mit ein. Es wird vorgetragen, dass für das Gutachten G7 (Anlagen 10.1 und 10.2) umfangreiche Untersuchungen vorgenommen worden seien. So seien aber keine täglichen Aktivitätsmuster, sondern nur nach Monaten zusammengefasste Daten dargestellt worden, obwohl in den Erfassungszeiträumen eine minutengenaue Dokumentation erfolgt sei. Mittels Tagesaktivitätsmustern hätte besser herausgearbeitet werden können, welche Arten typische Aktivitätsmuster besäßen und ob und wie häufig aufgrund der Frequenz und der Individuenstärken der Trupps in den entsprechenden Höhenbändern bei bestimmten Witterungssituationen Vogelschlagrisiken aufträten. Seite 1466 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

25 Die Fraport AG erwidert, in den Anlagen 10.1 und 10.2 zum Gutachten G7 seien jeweils in Kapitel 1 die Zielstellung und der Bezug der Untersuchungen dargestellt. Die entscheidungserheblichen Angaben seien im Rahmen dieser Untersuchungen ermittelt worden. Die Darstellung der ermittelten Daten sei zur Beurteilung des Sachverhalts vollständig und ausreichend. Ereignisse mit flugsicherheitsrelevantem Charakter seien beschrieben worden (z. B. G7, Anlage 10.1, S. 27 ff.). Die zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse sei zur besseren Übersichtlichkeit vorgenommen worden (Anlage 10.1, S. 15). In Kap. 4 der Anlage 10.1 seien beispielsweise besonders markante Tagesaktivitäten der Möwen aufgeführt worden. Es wird vorgetragen, dass es zur Abschätzung des Vogelschlagrisikos notwendig sei, zu ermitteln, ob und in welcher Häufigkeit es Zeiträume gebe, in der Vögel in nahezu ausschließlich flugsicherheitsrelevanten Höhen flögen. So sei aus den Anlagen 10.1 und 10.2 zu entnehmen, dass bei winterlichen Hochdrucklagen und Ostwind Lachmöwen das Höhenband von > 100 m nutzten und regelmäßig im Kreuzungsbereich über dem Main in der Thermik kreisten. Dies sei bedeutend, da diese Wetterlagen mit dem geplanten Landeanflug von Westen einhergingen. So sei bei Ostwind und fehlender Hausmüllanlieferung auf den Deponien mit bis zu Lachmöwen zu rechnen. Die Fraport AG hält dem entgegen, die Methodik zur Ermittlung der Flugsicherheitsrelevanz sei im Gutachten G7 auf S. 28 ff. dargestellt. Parameter wie Häufigkeit in der Region oder Verweildauer im Luftraum seien Parameter zur Abschätzung der Flugsicherheitsrelevanz. In den Anlagen 10.1 und 10.2 zum Vogelschlaggutachten werde das witterungsabhängige Verhalten der Lachmöwen im Bereich der Eddersheimer Schleuse dargestellt. Die Flugsicherheitsrelevanz des Bereichs des Eddersheimer Schleuse, des künftigen NSG Staustufe bei Eddersheim und Mönchwaldsee bei Kelsterbach und des IBA-Gebiets Untermain seien im Vogelschlaggutachten G7 ausführlich diskutiert worden (S. 124 ff.). Es wird vorgetragen, dass es sinnvoll gewesen wäre, Vergleichs- oder Synchronzählungen in entsprechender Höhe und Entfernung zum Parallelbahnsystem bzw. den Varianten durchzuführen. Mit Hilfe derartiger Zählungen wären direkte Vergleiche des potentiellen Vogelschlagrisikos zwischen der Ist-Situation und dem Landeanflug aller drei im Raumordnungsverfahren betrachteten Varianten möglich gewesen. Bereits eine einfache Multiplikation der neu eingeführten Flugsicherheitsrelevanzklassen mit den festgestellten Individuenhäufigkeiten im Bereich des jeweiligen Umgebungsraumes der einzelnen Varianten hätte einen Variantenvergleich und einen relativen Vergleich des Vogelschlagrisikos mit der Ist-Situation ermöglicht. Die Fraport AG führt hierzu aus, im Raumordnungsverfahren sei bereits die Vereinbarkeit des Ausbauvorhabens mit den Erfordernissen der Raumordnung bei Betrachtung verschiedener Maßgaben geprüft und als Ergebnis die Variante Nordwest als vorrangig ermittelt worden. In der Konfigurationsanalyse seien in einem zweistufigen Bewertungsverfahren die sich aufdrängenden Varianten anhand von Bedarfskriterien, und die anschließend näher betrachteten Alternativen anhand von Auswirkungskriterien geprüft worden. Die Fraport AG stelle in der Konfigurationsanalyse abschließend fest: Unter Würdigung aller in dieser Konfigurationsanalyse behandelten Gesichtspunkte stellt sich die Alternative Nordwest als vorzugswürdig dar. (A3, S. 197). Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1467

26 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Eine Erhöhung des Risikopotentials durch die neue Landebahn Nordwest habe im Ergebnis der Untersuchungen zum Vogelschlag (vgl. Gutachten G7, Anlage 9, Anlagen 10.1 und 10.2) nicht festgestellt werden können. Einige Einwender tragen vor, im Gutachten Name werde ausgeführt, dass die Flugzeuge im Landeanflug auf das bestehende Parallelbahnsystem die Heidelandschaft im Bereich der Kiesgrube Mitteldorf überflögen. Dieser Raum sei vergleichbar mit dem Untersuchungsraum bei Stromkilometer 14,4. Trotzdem seien Vogelflugbewegungen am Main um etwa 68-mal häufiger als im Untersuchungsraum Heide. Hoch signifikant seien die Unterschiede bei der Betrachtung der Vogelflugbewegungen in > 100 m Höhe. Hier seien die Vogelflüge am Main mehr als tausendfach häufiger als im Bereich Heide. Auch existierten große Unterschiede im Artenspektrum. So kämen im Lebensraum Heide keine Möwen vor, das gleiche gelte für Krähen. Somit berge der Untersuchungsraum Main bei Stromkilometer 14,4 ein vielfach höheres Vogelschlagrisiko als der im Vergleich untersuchte Raum Heidelandschaft. Die Fraport AG hält dem entgegen, allein hohe Individuenzahlen belegten noch kein hohes Vogelschlagrisiko (vgl. G7, S. 118 ff.). Es wird ausgeführt, dass es laut Fraport AG im Jahr 2000 zu 275 Vogelschlagereignissen gekommen sei. Gerade Tauben, Kormorane und Graureiher flögen in den Höhen der landenden Flugzeuge und stellten eine ernst zu nehmende Gefahr für landende Flugzeuge dar. Die Fraport AG führt hierzu aus, für das Jahr 2000 betrage die Zahl der Vogelschläge am Flughafen Frankfurt Main 147 (G7, Tab. 2-1). Graureiher und Ringeltauben besäßen am Flughafen Frankfurt Main eine hohe Flugsicherheitsrelevanz, Kormorane eine mittlere. Mit Hilfe des Vogelschlaggutachtens G7 werde die Vogelschlaggefahr für die neue Landebahn eingeschätzt. Die Fraport AG selbst habe ein hohes Interesse an einer umfassenden und sachgerechten Darstellung dieser Gefährdung mit entsprechender Bewertung. Unter Bezugnahme auf das Gutachten Name wird vorgetragen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Vogelschlags proportional zur Zahl der Vögel im Flugweg eines Luftfahrzeugs steige. So variiere die Gefahr beträchtlich in Raum und Zeit. Gebiete, Höhenbänder und Zeiten mit hoher Vogelflugdichte sollten möglichst vom Luftverkehr gemieden werden. So genüge es für eine Beurteilung der Flugsicherheitssituation nicht, lediglich die Gesamtzahl der Vogelschläge oder die Anzahl pro Flugbewegungen (Vogelschlagrate) als Maßstab zu verwenden. Es sei zwingend erforderlich, das tatsächliche und das prognostizierte Vogelfluggeschehen bestimmter flugsicherheitsrelevanter Vogelarten zu ermitteln. Diese Ergebnisse müssten mit der zu erwartenden Zahl an Flugbewegungen von Luftfahrzeugen in Beziehung gesetzt und bewertet werden. So sei auch von Bedeutung, welche Arten und wie viele Vögel an den Vogelschlägen an einem Flughafen beteiligt seien. So verursache die Vogelgruppe Möwen weltweit einen Großteil aller Vogelschläge, auch einen Großteil an gravierenden Schäden. Überall dort wo Möwen vorkämen, bestehe nachweislich ein speziell von Möwen ausgehendes Vogelschlag- und Flugsicherheitsrisiko. Seite 1468 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

27 Die Fraport AG erwidert, im Gutachten G7 werde ausführlich die Flugsicherheitsrelevanz bestimmter Vogelarten - insbesondere ihr Verhalten - und Biotope ermittelt, dargestellt und bewertet. Dabei sei es von erheblicher Bedeutung, welche Vögel auf welche Art und Weise an Vogelschlägen beteiligt seien. Die Lachmöwe werde im Vogelschlaggutachten als hoch flugsicherheitsrelevant eingestuft. Der Verweis auf die weltweite Bedeutung von Möwen bei Vogelschlägen werde der Bewertung der Situation im konkreten Fall der neuen Landebahn nicht gerecht. Aus diesem Grund seien im Rahmen des Vogelschlaggutachtens avifaunistische Untersuchungen im Bereich der Eddersheimer Schleuse durchgeführt worden (vgl. G7 mit den Anlagen 10.1 und 10.2). Es wird vorgetragen, dass es Neugründungen und Erweiterungen der bestehenden Graureiher- und Kormorankolonien gäbe. Dies finde im Vogelschlaggutachten keine Berücksichtigung, obwohl beide Arten als Brutvögel ihre Populationsdichte im östlichen Untermaingebiet erhöht hätten. Die dem Vogelschlaggutachten zugrunde gelegten Daten seien nicht mehr aktuell. Die Fraport AG äußert hierzu, das IBA-Gebiet Untermain sei im Rahmen des Vogelschlaggutachtens hinsichtlich seiner Bedeutung für die Flugsicherheit betrachtet worden. Soweit Brutvögel des östlichen Untermaingebiets im Gutachten nicht aufgeführt worden seien, hätten sie keine Bedeutung bei der Bewertung der Flugsicherheit. Insbesondere von der Stadt Offenbach am Main wird vorgetragen, im Scoping-Termin sei gefordert worden, dass das Vogelschlagrisiko für den Bereich des östlichen Untermains, der Dietesheimer Basaltseen, des NSG und des Wildparks Alte Fasanerie bei Klein-Auheim sowie der Rodauwiesen zwischen Hausen und Weiskirchen zu untersuchen sei. Zumindest die ersten drei Areale würden als vogelschlagrelevant eingestuft werden. Die Fraport AG hält dem entgegen, die Vogelschlagrelevanz des Untermains sei im Gutachten G7 ausführlich diskutiert worden (vgl. S. 115 ff., S. 124 ff.). Bedeutsam für die potentielle Vogelschlaggefahr sei hier insbesondere der westliche Untermain. Im Vogelschlaggutachten seien neben dem IBA-Gebiet Untermain das NSG Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben untersucht und bewertet worden. Dieser Bereich sei in Verbindung mit dem IBA-Gebiet Untermain als bedingt flugsicherheitsrelevant bewertet worden (möglicherweise Trittsteinfunktion für den großräumigen Vogelzug). Die anderen genannten Gebiete seien im vorliegenden Fall der neuen Landebahn Nordwest nicht relevant. Es wird vorgetragen, dass das Vogelschlagrisiko bei vermehrten Starts auf der Startbahn 18 West übersehen worden sei. Dieses resultiere aus den großen Krähenschwärmen, die die Deponie Büttelborn als Sammelort nutzten. Die Fraport AG führt hierzu aus, die Registrierung und Vermeidung von Vogelschlägen am Flughafen Frankfurt Main umfasse auch die Vogelschlagsituation an der Startbahn 18 West. Die Ergebnisse in diesem Bereich seien Bestandteil der Vogelschlagstatistik des Flughafens Frankfurt Main (vgl. G7, Kap. 2.1). Das Vogelschlagrisiko im Bereich der Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1469

28 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Startbahn 18 West werde im Rahmen der vorhandenen, regelmäßigen Überwachungstätigkeit seitens des Flughafens (Bird Control) aufgenommen und bewertet. Von der Stadt Kelsterbach wird vorgetragen, dass nach der Landschaftspflegerischen Begleitplanung am nördlichen Rand des Mönchwaldsees ein Amphibiengewässer angelegt werden solle. Dies widerspräche den Aussagen der Gutachter (G7), die forderten, dass im Umfeld des Frankfurter Flughafens keine weiteren Gewässer angelegt werden dürften, da sich das Vogelschlagrisiko drastisch erhöhen würde. Auch sei das Gutachten G7 unvollständig, weil es die LBP-Planung (Amphibiengewässer) nicht bearbeite und in die Prüfung der Flugsicherheitsrelevanz einbezogen habe. Dem entgegnet die Fraport AG, der ca m 2 große Amphibientümpel sei nicht flugsicherheitsrelevant, da er von hoch aufwachsenden Gehölzen umgeben sei. Im Erörterungstermin am ist ergänzend in diesem Zusammenhang auf die m² große Tränke im Raunheimer Wald zum Vergleich verwiesen worden, die nach dem Dafürhalten der Fraport AG vogelschlagrelevant gewesen sei. Die Fraport AG hat hierauf erwidert, man sehe beim Amphibiengewässer kein Vogelschlagproblem, weil es nur 0,15 ha groß und in den umliegenden Waldbestand integriert sei, sodass es das Vogelschlagrisiko nicht erhöhe. Das Gewässer sei auch keine Beeinträchtigung des VS-Gebiets, da es in einem Bereich angelegt werden solle, wo heute standortfremde Roteichen stünden. Es sei aus Naturschutzsicht eine positive Maßnahme. Einzelne Vögel könnten dort rasten, was kein Problem für den Vogelschlag sei. Von verschiedener Seite wird vorgetragen, die Schließung von Mülldeponien würde zu einer weiteren Erhöhung der Vogelzahl am Main beitragen. Dem hält die Fraport AG entgegen, die Auswirkungen der Deponieschließungen bewirke eine Verteilung der Möwen und Krähen in der Region. Die Tiere suchten neue Nahrungsquellen. Da Ersatz für die geschlossenen Deponien aber nicht vorhanden sei, seien die Tiere zur Abwanderung gezwungen. Die Behauptung der Fraport AG und die im Gutachten G7 beschriebene Situation der Deponien im Hinblick auf das Vogelschlagrisiko sind zu überarbeiten. Es ist zu erläutern, welche Änderungen des Vogelschlagrisikos sich aufgrund der neuen Situation ergeben, nachdem die Deponien geschlossen sind, beispielsweise im Hinblick auf eine hierdurch steigende Flugsicherheitsrelevanz anderer Orte. Insoweit wird auf meinen Bericht vom an das HMWVL und das Schreiben des HMWVL vom an die Fraport AG Bezug genommen Ticona Es wird vorgetragen, die Auswirkungen von Vogelschlag und Überflughöhe auf das Werk der Ticona könnten nicht eingeschätzt werden. Die Fraport AG erwidert, die Bedeutung des Vogelschlags und die damit verbundenen Auswirkungen würden im Gutachten G7 umfänglich und für das Planfeststellungsverfahren ausreichend dargestellt. Seite 1470 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

29 Heute (Referenzjahr 2000) würden bei der Fläche der Ticona speziell die Produktionsanlagen im südlichen Bereich durch Abflugverkehr vom bestehenden Bahnsystem bei Betriebsrichtung 25 (die zu ca. dreiviertel eines Jahres vorherrscht) überflogen. Flugzeuge befänden sich bei diesem Überflug in einer Höhe von zwischen 300 m und m. Im Ausbaufall (Referenzjahr 2015) würden bei der Fläche der Ticona speziell die Produktionsanlagen im südlichen Bereich durch sehr viel weniger Abflugverkehr vom bestehenden Bahnsystem bei Betriebsrichtung 25 überflogen, denn am typischen Spitzentag fänden nur noch 16 dieser Überflüge statt. Es wird vorgetragen, dass große und schwere Vögel den Mönchwaldsee über die neue Schneise verließen, da sie bei ihrem Start vom See den leichtesten Weg nähmen. Bei ihrem Flug in Richtung Westen zum Main flögen sie dann unmittelbar den Flugzeugen entgegen, wenn diese das Ticona-Werk passierten. Damit würde eine Entwicklung eingeleitet, die aus Gründen des Vogelschlagrisikos nicht erfolgen dürfe. Die Absturzrisiken auf das Werksgelände der Ticona und das Vogelschlagrisiko seien nur getrennt voneinander betrachtet worden. Es fehle aber bisher die Ermittlung eines Gesamtrisikos. Befürchtet wird, dass sich durch das extrem hohe Vogelschlagsrisiko der Nordwestvariante ein noch viel größeres Absturzrisiko auf den Betrieb der Ticona ergäbe. Im Erörterungstermin am ist ergänzend vorgetragen worden, man könne sich ein Szenario vorstellen, in dem ein Flugzeug nach einer Kollision mit Vögeln einen Schaden im Werk der Ticona verursache. Es komme somit zu einer Summierung von Schadensursachen. Man habe nicht nur das Nebeneinander von Störfallbetrieben, sondern auch eine Verstärkung des Risikos durch den Vogelflug. Es werde deshalb ein Gutachten beantragt, welches dieses Problem bearbeite. Hierauf erwidert die Fraport AG, wie auf den Abbildungen auf den Seiten 35 ff. des Gutachtens G2, Teil VIII, anhand von Längsschnitten zweifelsfrei dargestellt sei, bleibe ein geschlossener Gehölzsaum um den Mönchwaldsee erhalten, so dass nicht mit einer Erhöhung des Vogelschlagrisikos zu rechnen sei. Die Rodungsmaßnahmen auf der Landebahn Nordwest führten aus ihrer Sicht auch nicht zu einem bevorzugten Flug der Wasservögel nach Süden, da die Tiere primär in Richtung ihres Zieles nach Norden und Nordwesten abfliegen würden. Dies sei in der Regel der Main. Die vom Einwender konstruierte regelhafte Gefährdungssituation sei nicht gegeben. Die Risikoermittlung im Gutachten G16.1 beziehe sich auf das gesamtheitliche vom Flugverkehr induzierte Risiko (s. G16.1, Kap. 5.5, S. 73). Somit würden eine Vielzahl von Kriterien/Einflussfaktoren auf das externe Risiko im Rahmen der Modellierung der Unfallfolgen betrachtet, z. B. Flugzeuggewicht, Topographiemerkmale, Abhängigkeit von gefährdenden Anlagen, Störfallsimulation, Demographie und z. B. auch Vogelschlag. Die Fraport AG hat im Erörterungstermin vorgetragen, dass die Folgen eines durch Vogelschlag bedingten Absturzes nicht zutreffend dargestellt würden. Die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes während des Landeanfluges sei gering, da die Maschinen mit gedrosseltem Schub flögen und somit ein Vogelschlag in ein Triebwerk eine wesentlich geringere Absturzwahrscheinlichkeit hätte. Bei einem Vogelschlag in einer derartigen Situation würde die Landung in der Regel zu Ende geführt. Die Aussage, dass hiermit ein erhöhtes Absturzrisiko für das Ticona-Gelände bestehe, sei falsch. Auch Ticona habe ausgeführt, dass sie einen Absturz auf ihr Gelände für sehr unwahrscheinlich halte. Auch blieben die Auswirkungen eines Absturzes über dem Ticona-Gelände auf das Gelände selbst beschränkt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1471

30 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Es ist in der Tat so, dass westlich der geplanten Landebahn Nordwest im bisherigen Verfahren das Vogelschlagrisiko sowie die Anlagen der Firma Ticona bezüglich des Absturzrisikos und der von den Anlagen ausgehenden Gefahren für den Luftverkehr jeweils separat einer Sicherheitsanalyse unterzogen wurden. Nicht untersucht wurden die möglicherweise zu besorgenden besonderen Folgen von Vogelschlagereignissen und dadurch ausgelöste Luftzwischenfälle für die Sicherheit im Bereich der Anlagen des Ticona-Werks. Ebenso fehlt eine Untersuchung der Kumulation des Vogelschlagrisikos mit der (für sich genommen womöglich tolerablen) Hindernissituation sowie sonstigen Vorgängen auf dem Ticona-Gelände. Aus meiner Sicht sind hierzu ergänzende Betrachtungen erforderlich. Insoweit wird auf meinen Bericht vom an das HMWVL und das Schreiben des HMWVL vom an die Fraport AG Bezug genommen Eddersheimer Schleuse Es wird vorgetragen, es sei zu prüfen, in welchem Ausmaß der Betrieb der geplanten Landebahn angesichts des sehr knappen Landeanfluges über die Autobahn und der ICE-Strecke unmittelbar im Bereich der vogelschlaggefährdeten Eddersheimer Schleuse zusätzliche Gefahren für Leib und Leben heraufbeschwöre. Die Fraport AG erwidert, der Anflug auf die neue Landebahn aus westlicher Richtung erfolge entsprechend den gültigen Sicherheitsvorgaben (z. B. hinsichtlich der Hindernisfreiheit). Die potentielle Gefährdung durch Vogelschlag sei im Gutachten G7 dargestellt, die Flugsicherheitsrelevanz bewertet. Eine Erhöhung des Risikopotentials durch die neue Landebahn habe im Ergebnis der Untersuchungen zum Vogelschlag (vgl. G7, Anlage 9, Anlagen 10.1 und 10.2) nicht festgestellt werden können. Von den Städten Mühlheim am Main und Raunheim wird vorgetragen, dass das Vogelschlaggutachten zwar auf den Ort der Eddersheimer Schleuse abstelle, nicht aber die Anflugwege der Vögel beachte. Dem hält die Fraport AG entgegen, das Vogelschlaggutachten G7 habe sich in den Anlagen 10.1 und 10.2 sehr ausführlich mit den Anflugwegen im Bereich der Eddersheimer Schleuse auseinandergesetzt. Neben der Anzahl an Flugbewegungen und der Flughöhe der Tiere sei auch die Flugrichtung registriert und bewertet worden. Es wird vorgetragen, dass sich bei Eddersheim ein sehr hohes Vogelaufkommen befinde. Das Vogelschlagrisiko sei dort sehr viel höher als auf dem bisherigen Gebiet des Flughafens. Die Fraport AG erwidert, in der Tat werde auch im Vogelschlaggutachten der Bereich der Mainquerung durch den Anflug von Westen bei der Eddersheimer Schleuse als bedingt flugsicherheitsrelevant eingestuft. Man habe in diesem Bereich detaillierte Untersuchungen zum Flugverhalten der Avifauna durchführen lassen (vgl. G7, Anlagen 10.1 und 10.2), deren Ergebnisse in das Vogelschlaggutachten eingeflossen seien und zu der vorgenannten Einstufung geführt hätten. Seite 1472 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

31 Es wird vorgetragen, dass es deutliche Unterschiede zwischen dem Bereich an der Eddersheimer Schleuse und dem Bereich des Westkopfes vor dem Parallelbahnsystem gebe. Im Bereich des Westkopfes überwögen die kleineren und leichteren Vögel, größere Vögel hätten einen geringeren Anteil. Im Gegensatz dazu dominierten an der Eddersheimer Schleuse die großen und schweren Vogelarten. So komme die Lachmöwe mit einem hohen Vogelschlagrisiko im Bereich des Westkopfes nicht vor. Schon deshalb sei die Behauptung unrichtig, dass die Verhältnisse an beiden Orten gleichwertig wären. Dem hält die Fraport AG entgegen, die Verhältnisse an den beiden Orten seien nicht gleichwertig und dies werde auch nicht behauptet. Erkenntnisse, die am Westkopf des Parallelbahnsystems zum Verhalten der Vögel in Verbindung mit Luftfahrzeugen gemacht würden, könnten nach ihrer Auffassung aber sehr wohl herangezogen werden, um mögliche Vogelschläge und eine daraus abzuleitende Flugsicherheitsrelevanz für den Bereich der Eddersheimer Schleuse abzuschätzen Mönchwaldsee Verschiedene Einwender tragen vor, dass bei der Ermittlung des Vogelschlagrisikos lediglich die Ist-Situation bewertet worden sei. So werde im Vogelschlaggutachten G7 ausgeführt, dass im Bereich der geplanten Landebahn Nordwest die Flächen grünlandwirtschaftlich gepflegt würden. Durch die Abholzung der Waldflächen würde sich die Landschaft stark ändern, in Richtung Main ergäbe sich eine freie Fläche. Dies könne Auswirkungen auf den Vogelzug haben, so dass es zu vermehrten Pendelflügen zwischen dem Main und dem Mönchwaldsee kommen könne. Daraus ergäbe sich ein erhöhtes Vogelschlagrisiko, welches im Gutachten G7 nicht untersucht worden sei. Es wird gefordert, dass die veränderten Landschaftsfaktoren, die sich bei Realisierung der Landebahn ergäben, zu untersuchen seien. Weiterhin sei zu überprüfen, ob es zu einem verstärkten Vogelzug zwischen Main und Mönchwaldsee komme. Die Fraport AG erwidert, im Vogelschlaggutachten seien u. a. auf den Seiten 100 ff. sowie S. 133 bis 135 Angaben zu Nahrungsgebieten bzw. zum Mönchwaldsee und der Eddersheimer Schleuse enthalten. Speziell in G7, Anlage 10.1, sei das Vogelzuggeschehen im Bereich der Eddersheimer Schleuse betrachtet worden, auch unter dem Aspekt der Nahrungsflüge (z. B. S. 27/28, S. 36/37). Weiterhin wird auf die detaillierten Angaben im Gutachten G2, Teil VIII, verwiesen. Auf S. 149/150 des Vogelschlaggutachtens werde auf die Besonderheiten im Umgebungsraum der neuen Landebahn Nordwest hingewiesen. Hierbei spielten die Gewässer(bereiche) Mönchwaldsee und Eddersheimer Schleuse mit ihren Auswirkungen auf die Flugsicherheitsrelevanz eine wesentliche Rolle. Wie auf den Abbildungen auf den Seiten 35 ff. des Gutachtens G2, Teil VIII, anhand von Längsschnitten zweifelsfrei dargestellt sei, bleibe ein geschlossener Gehölzsaum um den Mönchwaldsee erhalten, so dass nicht mit einer Erhöhung des Vogelschlagrisikos zu rechnen sei. Die Wasservögel des Sees orientierten sich bei ihren Flügen vorrangig in Richtung Untermain. Pendelflüge zur Kiesgrube Dr. Bauer (Raunheimer Waldsee) seien nach den bisherigen Erfahrungen aber nicht auszuschließen; das gelte auch für alle anderen Richtungen. Bei Pendelflügen über die neue Landebahn nach Süden seien sie potentiell der Gefahr einer Kollision mit Flugzeugen ausgesetzt. Bei Landungen von Flugzeugen aus östlicher Richtung (ca. 75 % aller Anflüge) bestehe auf der neuen Landebahn keine Vogelschlaggefahr, da sich die Flugzeuge im Bereich südlich des Mönchwaldsees im langsamen Rollen befänden bzw. abbögen. Bei Landungen aus westlicher Richtung befänden sich die Flugzeuge südlich des Mönchwaldsees am Aufsetzpunkt bzw. hätten bereits aufgesetzt. In diesem Fall sei die Vogelschlaggefahr gering, da die Tiere die Flugzeuge überflögen und ihnen ausweichen könnten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1473

32 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Von einer dramatischen Erhöhung des Vogelschlagrisikos könne daher nicht gesprochen werden. Im Vogelschlaggutachten werde gefordert, einzelne Uferabschnitte im Gewässer (Mönchwaldsee) sowie der Kiesgrube Dr. Bauer ruhig zu stellen. Dazu bedarf es aus Sicht der Fraport AG keiner zusätzlichen Maßnahmen, da die Bereiche ohnehin nicht zugänglich seien. Ein Zwang zur vollständigen Absperrung des Mönchwaldsees bestehe deshalb nicht und lasse sich auch aus dem Vogelschlaggutachten nicht ableiten Es sei mithin vollkommen ausreichend, wenn der gegenwärtige Zustand erhalten bleibe und keine weiteren Zugänge möglich seien bzw. gestattet würden. Im Erörterungstermin ist hierzu ergänzend zur Situation am Mönchwaldsee vorgetragen worden, durch den Anschnitt könnten Flugzeuge, die aus Richtung Osten kämen, mit Vögeln, die von dem See nach Süden wegflögen, kollidieren. Die Argumentation, der Wald würde nicht von Vögeln überflogen, sei nicht einleuchtend, da der Mönchwaldsee zurzeit auch von Wald umgeben sei und dieser trotzdem von Vögeln besucht werde. Aus Sicherheitsgründen sei der Mönchwaldsee komplett zu umzäunen und nicht, wie in den Empfehlungen des Gutachtens G7 ausgeführt, teilweise zu umzäunen. Der Gutachter Name023 hat auf eigene Vogelzählungen hingewiesen, die belegen, dass es am Mönchwaldsee an einzelnen Tagen zu einem hohen Vogelaufkommen kommen könne. Die Fraport AG hat hierzu ausgeführt, aufgrund der langjährigen Beobachtungen des Mönchwaldsees und seines Vogelbestandes gehe man davon aus, dass die dortigen geringen Vogelbestände kein Problem für den Flugbetrieb darstellten. Die Rodungsmaßnahmen für die Landebahn Nordwest führten nicht zu einem bevorzugten Flug der Wasservögel nach Süden, da die Tiere primär in Richtung Norden und Nordwesten zum Main hin abflögen. Außerdem bleibe der Ufergehölzstreifen an der Südseite des Mönchwaldsees, also in der Böschung selbst, erhalten, sodass keine Öffnung in der Form entstehe, dass die Vögel hier zum Ausfliegen verleitet würden. Der Mönchwaldsee sei insbesondere in Verbindung mit dem IBA-Gebiet Untermain als flugsicherheitsrelevant eingestuft worden und werde regelmäßig 14-tägig bestreift. Zu der Gefahr, dass Flugzeuge mit Vögeln kollidieren könnten, die nach Süden wegflögen, wird ausgeführt, diese müssten zunächst die Bäume am Ufersaum und den Zaun ü- berwinden und hätten im Bereich der geplanten Landebahn eine Höhe von mehr als 5-10 m erreicht und seien somit keine Gefahr für landende Flugzeuge. Wegen des geschlossenen Saumes fänden überhaupt keine Abflüge von Vögeln statt. Bei dieser Konstellation bzw. bei dieser Gestaltung des Waldsaumes stelle der Mönchwaldsee für die landenden Flugzeuge auf der Landebahn Nordwest kein Risiko dar, das in irgendeiner Form bedenklich wäre. Einzelne Überflüge von Vögeln seien dabei zwar nicht auszuschließen, es sei jedoch keine Quelle, aus der eine regelmäßige Gefahr resultiere. Der BUND führt bezogen auf den Mönchwaldsee im Vogelschutzgebiet Untermainschleusen an, die Fraport AG habe die tatsächliche Problemkonstellation nicht erfasst, denn die Verträglichkeitsprüfung unterstelle ein aus Sicherheitsgründen und infolge der zunehmenden Eutrophierung des Sees unrealistisches Szenario. Angesichts von regelmäßig > 500 (in Spitzenzeiten > 1.000) Wasservögeln bestehe eine potentielle Gefahr für die Sicherheit der Luftfahrt, wenn diese Bestände aufflögen. Da niemand ausschließen könne, dass die Vögel trotz bestehender Verbote aufgescheucht würden, müsse der See den Sicherheitseinrichtungen des Flughafens unterworfen werden (z. B. Flughafenzaun). Dies folgere auch aus dem Vogelschlaggutachten (vgl. G7, S. 138 und S. 158). Eine partielle Seite 1474 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

33 Sperrung sei aber bei dem ca. 7 ha großen See nicht möglich, woraus sich der Zwang zur vollständigen Absperrung ableite. Die Bevölkerung dürfe keinen direkten Zugang zum See mehr haben, damit das Risikopotential der bestehenden Planung nicht erhöht werde. Der Mönchwaldsee werde durch ein zunehmendes Nahrungsangebot infolge Eutrophierung und Rodungen am Süd- und Ostufer ein attraktiverer Lebensraum für Wasservögel. Arten, die sich mit den Folgen des Luftverkehrs arrangieren, würden zunehmen. Die Gesamtzahl werde die heutigen Durchschnittszahlen rastender Wasservögel voraussichtlich übersteigen, weil der Ausfall der empfindlicher reagierenden Arten weit überkompensiert werde. Dies vergrößere wiederum die potentielle Vogelschlaggefahr. Der Flughafenzaun und die Perimeterroad müssten außen um den See herum geführt werden. Jede andere Planung sei unverantwortlich. Die Fraport AG hält dem entgegen, der Einwand gehe fehl. Wie auf den Abbildungen auf den Seiten 35 ff. des Gutachtens G2, Teil VIII, anhand von Längsschnitten zweifelsfrei dargestellt sei, bleibe ein geschlossener Gehölzsaum um den Mönchwaldsee erhalten, so dass nicht mit einer Erhöhung des Vogelschlagrisikos zu rechnen sei. Bezüglich der Vergrämungsmaßnahmen werde im Gutachten G2, Teil VIII, im Kapitel 3.2 auf der Seite 38 beschrieben, dass zusätzliche Vergrämungsmaßnahmen nicht vorgesehen seien, entsprechende Geräte aber vorzuhalten seien. Aufgrund der Verbote der LSG-Verordnung dürfe das Seeufer ohnehin nicht betreten werden. Eine Eutrophierung des Mönchwaldsees und daraus abzuleitende Beeinträchtigungen würden nicht erwartet (vgl. G6 und G1, Teil III, Kap , S. 26). Die Aussage zur Eutrophierung widerspricht den Ausführungen in dem Gutachten G7 unter Kap auf Seite 133, wo von einem langsam eutrophierenden Gewässer die Rede ist. Weil eine Eutrophierung die Anzahl der Vögel und damit möglicherweise Auswirkungen auf das Vogelschlagrisiko hat, ist von der Fraport AG eine Klarstellung zu fordern. Es wird vorgetragen, dass für die Bodenzählungen von Wasservögeln an Gewässern im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main nur Monatsmittel angegeben worden seien, obwohl wöchentliche Zählungen stattgefunden hätten. Für die Beurteilung des Vogelschlagrisikos wären Maximalzahlen von Interesse gewesen. So seien gerade in den Wintermonaten bei Zufrieren von Stillgewässern auch Nullbestände in den Mittelwert eingeflossen. Für den Mönchwaldsee sei bekannt, dass im Winter regelmäßig mehr als Wasservögel (G7 = 642 Tiere im Januar) aufträten, da der See sehr spät zufriere. Es sei fragwürdig angesichts der Zahlen bei dem See von einem relativ geringen Besatz zu sprechen, zumal der See nach der Fertigstellung der Landebahn Nordwest für Wasservögel noch attraktiver werde. Die Fraport AG erwidert, die Beurteilung des Vogelschlagrisikos im Gutachten G7 sei in der Art und Weise, wie es für die Ermittlung und Bewertung der Vogelschlaggefahr üblich und erforderlich sei, erfolgt. Die Datenerfassung zum Vogelaufkommen und der zugehörigen Vogelschlagrelevanz sei zur Einschätzung eines Gebiets im Vogelschlaggutachten vollkommen ausreichend. Nicht nur Zeiten mit hohem, sondern auch die Situationen mit geringem Vogelbesatz seien zu berücksichtigen. Der Mönchwaldsee werde nach Fertigstellung der Landebahn Nordwest - wie schon ausgeführt - für die Avifauna nicht attraktiver werden. Hierfür lägen keine Hinweise vor. Der Ufergehölzstreifen an der Südseite des Mönchwaldsees bleibe erhalten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1475

34 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Auf die Bedeutung des Mönchwaldsees für Rastvögel im Winter sei im Vogelschlaggutachten ausdrücklich hingewiesen worden (G7, S. 133). Dies komme auch in der monatlichen Verteilung der Wasservögel des Mönchwaldsees (G7, Abb. 3-5) gut zum Ausdruck. Die Situation an der Südspitze des Mönchwaldsees, der direkt an den Zaun der Landebahn Nordwest grenzt, ist nicht eindeutig beschrieben. Da die Ufervegetation in diesem Bereich nur auf einem in der Höhe gegenüber dem bestehenden Zustand niedrigeren Niveau angelegt werden kann, ermöglicht dies nach Ansicht des Gutachters Name023 direkte An- und Abflüge von Vögeln in den Bereich der Landebahn Nordwest. Durch die Fraport AG ist daher klarzustellen, wie die Ufervegetation im Bereich der neuen Landebahn aussehen und welche Höhe diese erreichen soll. Dabei ist darzustellen, mit welchen Einflügen von Vögeln gerechnet werden muss, wie diese Einflüge unter Beachtung der Hindernissituation reduziert werden können und welche Folgen für das Vogelschlagrisiko sich hieraus ergeben. Zur Vergleichbarkeit sind die Ist-Situation, der Prognosenullfall und der Planfall gegenüber zu stellen. Im Übrigen wird Bezug genommen auf das Schreiben des HMWVL an die Fraport AG vom unter Anlage 4.5 sowie auf mein Schreiben vom an das HMWVL Auswirkungen auf den Flugbetrieb, Navigations- und Radaranlagen Die folgenden Erläuterungen kommen von der Deutschen Flugsicherung GmbH. Sie trägt vor, dass für einen unabhängigen Radaranflug nach ICAO bei heutiger Radartechnologie ein Mindestabstand von m gefordert werde. Daher sei ein unabhängiger Radaranflug nur zur bestehenden Südbahn möglich. Zur Nordbahn sei der Abstand nur m und für einen unabhängigen Betrieb nicht ausreichend. Dem entgegnet die Fraport AG, bei einem gegebenen Achsabstand von m seien unabhängige Parallelanflüge zwischen den Bahnen 07N/25N und 07L/25R möglich. Von einer Kapazitätseinschränkung bei Ausfall der heutigen Südbahn 07R/25L sei nicht auszugehen. Die Anforderungen und Verfahren für unabhängige Anflüge auf parallele Pisten seien in den ICAO-Dokumenten ICAO Doc ATM/501; Procedures for Air Navigation Services Air Traffic Management (PANS ATM) (ICAO, 2001) und ICAO Doc AN/941; Manual on Simultaneous Operations on Parallel or Near-Parallel Instrument Runways (SOIP) (ICAO, 2004) geregelt. Der Achsabstand zwischen der geplanten Landebahn Nordwest (07N/25N) und der nördlichen Parallelbahn 07L/25R betrage m. Aus ICAO Doc. 4444, Kap , Arriving aircraft gehe hervor, dass unabhängige parallele Anflüge auf Pisten mit einem Achsabstand von mindestens m möglich seien, wenn gewisse Voraussetzungen hinsichtlich der Radartechnik gegeben seien: Grundsätzlich unabhängig seien parallele Anflüge, wenn der Mindestabstand der S/L-Bahnen größer oder gleich m betrage und eine Radaranlage mit mindestens 0,03 Grad Azimuthgenauigkeit und einer Update-Rate von 5 Sekunden oder schlechter zur Verfügung stehe. Parallele Anflüge auf Bahnen mit einem Abstand zwischen m und m könnten grundsätzlich unabhängig erfolgen, wenn eine SSR-Anlage (Sekundärradar) zur Verfügung stehe, mit einer Azimuthgenauigkeit zwischen 0,03 und 0,06 Grad und einer Update-Rate zwischen 5 und 2,5 Sekunden und wenn festgestellt werde, dass die Betriebssicherheit nicht nachteilig beeinflusst werde (Aeronautical Study). Parallele Anflüge auf Bahnen mit einem Abstand zwischen und m seien unabhängig möglich, wenn eine SSR-Anlage zur Verfügung stehe mit einer Azimuthge- Seite 1476 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

35 nauigkeit von mindestens 0,06 Grad und einer Update-Rate von höchstens 2,5 Sekunden. Am Standort Frankfurt seien mit dem ASR Nord und dem ASR Süd zwei Radaranlagen vorhanden, die die technischen Voraussetzungen für unabhängige parallele Anflüge bei einem Bahnabstand von mindestens m erfüllten. Der Nachweis für die sichere Durchführung der unabhängigen Landungen in Frankfurt bei einem gegebenen Achsabstand von m sei durch eine Aeronautical Study der DFS zu führen. Des Weiteren gingen aus ICAO Doc. 9643, Kap und Anhang A des Dokuments, die Systemanforderungen für ein sog. PRM System (Precision RWY Monitoring) als Voraussetzung für die Durchführung unabhängiger Parallelanflüge hervor, die durch das geplante PAM am Standort Frankfurt ebenfalls erfüllt werden sollten. Vorausgesetzt, dass ein PAM bis zur Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest im Regelbetrieb verfügbar sei, entfalle die Notwendigkeit einer Aeronautical Study als Voraussetzung für unabhängige Landungen bei einem Bahnabstand von m. Weiter wird vorgetragen, dass für den Fall, dass der zweite Gleitwegsender zum bestimmenden Hindernis werde, die Anfliegbarkeit der Landebahn Nordwest sich verschlechterte (z. B. Verlust der Allwetterflugbetriebsstufe CAT III). Dies sei bei der Standortwahl zu berücksichtigen. Die Fraport AG erwidert, aus Gründen der Sicherstellung der Betriebsfähigkeit der Landebahn bei Systemausfall bzw. Rückstufung des notwendigen Instrumentenlandesystems sei eine Doppelung von ILS-Komponenten (Gleitweg (GP)- und Landekurssendeanlage (LLZ) vorgesehen. Das Standortkonzept der primären und gedoppelten ILS-Anlagen (GP und LLZ) sei mittlerweile mit der DFS abgestimmt. Nach Auffassung der Fraport AG seien die gedoppelten Anlagen als Navigationsanlagen gemäß ICAO, Annex 14, Kap , anzusehen und könnten als flugbetrieblich relevante Anlagen auch im Bereich des Streifens in unmittelbarer Nachbarschaft zu den originären ILS-Sendeanlagen der Landebahn Nordwest verortet werden. Von einem Verlust der CAT II/III-Fähigkeit sei nicht auszugehen. Es wird vorgetragen, es fehle ein Standortkonzept für einen zweiten Kurzwegsender (LLZ). Der Standort hinter der Hauptantenne reiche nicht aus, um die gedoppelte Anlage inklusive Nahfeldmonitor und Messkreis zu installieren. Mehrkosten aufgrund des gedoppelten ILS-Systems seien nicht vom Einwender zu tragen. Dem hält die Fraport AG entgegen, im Zusammenhang mit der Beantragung der Landebahn Nordwest als reine Präzisionslandebahn (precision rwy only) sei aus Gründen der Sicherstellung der Betriebsfähigkeit der Landebahn bei Systemausfall/Rückstufung des Instrumentenlandesystems eine Doppelung von ILS-Komponenten [Gleitweg (GP)- und Landekurssendeanlage (LLZ)] vorgesehen. Das Standortkonzept der primären und gedoppelten ILS-Anlagen (GP und LLZ) sei mittlerweile mit der DFS abgestimmt. Nach diesem Konzept sei der Flächenbedarf innerhalb der in den Planfeststellungsunterlagen eingetragenen Grenzen ausreichend. Im Erörterungstermin am ist ergänzend ausgeführt worden, es sei inzwischen zweifelhaft, ob das doppelte ILS-System apparatetechnisch errichtet werden könne, da es schon schwierig sei, den Gleitwegsendemast so zu positionieren, dass er nicht zum bestimmenden Hindernis werde. Vor diesem Hintergrund müsse die bisherige Argumentati- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1477

36 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main on zur Sicherheit der Anflüge infrage gestellt werden. Wenn das doppelte ILS nicht installiert würde, könne es möglicherweise wesentliche Probleme mit der Hindernisfreiheit geben, da sich die Anfliegbarkeit mit dem Verlust der für das Betriebskonzept wesentlichen Allwetterbetriebsstufe CAT III sehr verschlechtern würde. Die Deutsche Flugsicherung GmbH hat in diesem Termin zum Verlust der Wetterflugbetriebsstufe CAT III ausgeführt, die ICAO habe dargelegt, dass für die Berücksichtigung der Hindernisberechnung bestimmte Anlagen wie Anemometer, Sichtweitenentfernungsmessanlagen sowie der Gleitwegsendemast ausgenommen werden könnten. Der hier vorgesehene zweite Gleitwegssendemast werde von den ICAO-Unterlagen nicht adressiert, da es eine Ausnahmesituation sei, ein zweites ILS zu positionieren. Vor diesem Hintergrund stelle sich für die DFS die Frage an die Genehmigungsbehörde, ob dieser zweite Gleitwegsendemast aus der Hindernisberechnung herausgenommen werde. Zum Standortkonzept des Landekurssenders wird dargelegt, die DFS vertrete in der Zwischenzeit die Meinung, dass es hier nur ein Standortkonzept gebe, durch das eine redundante Auslegung des ILS erlaubt sei. Es handelt sich in der Tat hier um die Frage, ob der zweite Gleitwegsendemast aus der Hindernisberechnung herausgenommen werden kann. Diese Frage hat das HMWVL zu entscheiden. Die Deutsche Flugsicherung GmbH trägt weiter vor, dass aufgrund der Auslegung der Nachenteisungsfläche DP B East für Flugzeuge bis Code letter E das Windfeld in der Umgebung der Windmesseinrichtung des Windschleppen-Warnsystems (Ultraschallanemometer) messbar beeinflusst werde. Daraus ergebe sich, dass eine Nutzung des Windschleppen-Warnsystems bei gleichzeitigem Betrieb der Enteisungsanlage nicht möglich sei. Darauf antwortet die Fraport AG, dass sie beabsichtige, mögliche Auswirkungen des Betriebes der Enteisungsfläche Ost auf das Windschleppen-Warnsystem, untersuchen zu lassen. In Abhängigkeit vom Untersuchungsergebnis werde die Fraport AG, in Abstimmung mit der DFS, geeignete Maßnahmen ergreifen, um Verfälschungen der Messergebnisse auszuschließen. Es wird weiter vorgetragen, dass in den Planfeststellungsunterlagen (Standorte DFS-Anlagen, B1 Kap. 3-3) nur die neuen Platzsendestellen eingetragen seien. Es fehlten die vorhandenen DFS-Funkeinrichtungen, die zwar offensichtlich durch den Ausbau nicht berührt seien, deren Bestand aber auch in Zukunft gesichert sein müsse. Verschiedene Einrichtungen werden aufgezählt. Die Fraport AG erwidert, die von der DFS in der Stellungnahme erwähnten notwendigen Kommunikationsanlagen seien berücksichtigt und würden auch zukünftig mit der DFS abgestimmt. Die Deutsche Flugsicherung GmbH strebt an, dass für beide ASR-Anlagen Schwelleneinsicht auf alle 6 Landebahnschwellen gewährleistet sei. Seite 1478 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

37 Die Fraport AG führt hierzu aus, im Gutachten G17.2 seien die Landehilfen (ILS) und Radarsysteme (u. a. ASR) hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit nach Realisierung der geplanten bzw. im Planfeststellungsantrag beantragten Maßnahmen untersucht worden. Die betrieblichen Anforderungen der DFS an die Schwelleneinsicht durch die ASR-Anlagen würden erfüllt. Es wird weiter vorgebracht, die in der Plangenehmigung der CCT-Halle erfolgte Auflage zur Verlegung/Erhöhung der Radaranlage Frankfurt Süd sei in den Planfeststellungsunterlagen nicht dargestellt. Der Standort werde, in Abstimmung zwischen der Fraport AG und der DFS, innerhalb des Flughafenzauns festgelegt. Die Fraport AG führt aus, gemäß Abstimmung zwischen DFS und ihr werde die ASR Süd unabhängig vom Planfeststellungsverfahren an den festgelegten Standort auf dem Flughafengelände verlegt. Damit werde der in der Plangenehmigung für die CCT-Halle erfolgten Auflage bez. der ASR Süd Rechnung getragen. Im Erörterungstermin am ist ausgeführt worden, mit Bezug auf die Errichtung einer neuen ASR-Anlage im Norden, die nach den Planfeststellungsunterlagen das gesamte Flughafengelände abdecke, werde die Frage aufgeworfen, ob die ASR-8-Anlage im Süden aus betrieblichen Gründen vom Netz gehen könne, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Funktion der Anlage durch neue Hochbauten in der Umgebung (z. B. CCT-2-Halle) gestört werden könne. Hierauf hat die Fraport AG geantwortet, die ASR-Anlage im Norden müsse allein aus Hindernisgründen, die durch die neue Landebahn Nordwest entstünden, verlegt werden. Auch zukünftig werde es aus Redundanzgründen zwei Anlagen geben. Der Standort der neuen ASR Nord sei von der DFS geprüft. Es wird vorgetragen, dass die Gesamtfläche der ASR Nord falsch angegeben sei und tatsächlich 800 m² betrage. Die Fraport AG erwidert, die für die Hochbauten der Betriebsanlage ASR Nord vorgesehene Fläche umfasse gemäß Planteil B m²; weitere Flächen für Außenbereiche wie Zufahrten, Kfz-Stellplätze etc. würden auf den angrenzenden internen Verkehrsflächen im Zuge der fortzuführenden Planung in Abstimmung mit der DFS sicherzustellen sein. Die Firma117 trägt vor, dass die Errichtung der Anflugbefeuerung standortgleich mit dem Oberleitungstragmast Nr. 19/10a (Strecke 3520 Mainz-Frankfurt) sei. Da sich die Verlegung weiterer Maststandorte ergeben könnte, sei man an der Planung zu beteiligen. Außerdem seien die Kosten für Anpassungsmaßnahmen durch die Fraport AG zu übernehmen. Die Anflugbefeuerung könne durch ein Signalbrückenbauwerk ohne Berührung mit Firma117-Gelände erreicht werden. Die Fraport AG führt aus, bei den weiterführenden Planungen müsse die Firma117 als Betreiberin des Oberleitungsmastes beteiligt werden. Im Ergebnis werde eine für die Be- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1479

38 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main troffenen akzeptable Planung abgestimmt und realisiert. Für die Aufteilung der Kosten werde eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Es stellt sich die Frage, ob die Kostentragungspflicht im Planfeststellungsbeschluss geregelt werden muss. Es wird vorgetragen, dass durch die Errichtung der Anflugbefeuerungsanlage im Bereich KEL 06 in einer Entfernung von nur 65 m eines Bürogebäudes eine Beeinträchtigung entstünde. Durch die Lichtblitzaktivitäten werde eine ungestörte Ausübung von Bürotätigkeiten in der der Anflugbefeuerungsanlage zugewandten Seite nicht mehr möglich. Dem entgegnet die Fraport AG, die Anflugbefeuerung werde mit Hilfe nach oben gerichteter Anflugfeuer auf Masten errichtet. Entsprechend der geplanten Platzierungen und der Abstrahlcharakteristik der Anflugfeuer entsprechend ICAO, Annex 14, sei mit einer Blendung nicht zu rechnen, so dass von einer Störung des Bürobetriebes nicht auszugehen sei. Ein Einwender fordert, für die Landebahnbeleuchtung seien zwei Notstromgeneratoren vorzusehen. Deren Funktionsfähigkeit sei jeden Monat mittels halbstündigen Probelaufs zu testen und zu dokumentieren. Gleiches gelte für die Schaltanlage vor und hinter den Generatoren sowie für die Kraftstoffzufuhr zu den Generatoren. Die Fraport AG führt hierzu aus, die Landebahnbeleuchtung, also die Anflugbefeuerung, werde von zwei räumlich voneinander getrennten Versorgungsstationen aus versorgt. Diese Versorgungsstationen seien auch mit speziellen Notstromgeneratoren, die die Stromversorgung äußerst schnell übernehmen könnten, ausgerüstet. Somit sei die Forderung aus Satz 1 bereits in der Planung berücksichtigt. Die angesprochenen Notstromanlagen würden bei ihr entsprechend den jeweils gültigen Vorschriften geprüft und gewartet. Zurzeit würden z. B. Notstromanlagen einem einstündigen monatlichen Probelauf (entsprechend VDE 0108) unterzogen. Sie werde auch beim späteren Betrieb der Landebahn entsprechend der dann jeweils gültigen Vorschriften ihre Notstromanlagen prüfen und warten. Es wird vorgetragen, dass das ILS reflexionsempfindlich sei. Es stelle sich die Frage, inwieweit das ILS durch die Reflexion fahrender Züge auf der ICE-Strecke, die direkt unter der Anfluggrundlinie verlaufe, gestört werden könnte. Auch stelle sich die Frage nach der Antennenwirkung der Fahrleitung sowie der aktiven Störung durch fahrende Züge. Die minimale Entfernung zwischen Flugzeug und Zug betrage ca. 75 m; dies müsse man in Relation zum Landekurssender setzen, der sich in einer Entfernung von ca. 4 km befände. Selbst wenn die Stromrichter ausreichend entstört wären, gäbe es immer noch das Problem der Funkenbildung zwischen Stromabnehmer und Fahrleitung. Bei einem ICE 3 9 könne sich das Problem verschärfen, da hier Trafos, Stromrichter und Maschinen auf die Wagen verteilt seien, darüber hinaus verfüge dieser Zug über spezielle Wirbelstrombremsen. Auch könne es durch andere Triebfahrzeuge der Bahn zu Störungen kommen, insbesondere auch beim Einsatz von ausländischen Modellen. Bei Lok bespannten Reisezügen er- 9 ICE der 3. Generation Seite 1480 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

39 gäbe sich ein zusätzliches Störpotential durch die wenig entstörten Zugsammelschienen. Bei einem Güterverkehr auf der Neubaustrecke nach Mannheim kämen auch Triebfahrzeuge mit Schaltwerksteuerung und Kollektormaschinen zum Einsatz; dies bedinge eine systematische Erfassung der von allen Triebfahrzeugen und Zugtypen ausgehenden Störemissionen im relevanten Frequenzbereich. Auch seien kritische Störemissionen der Bahn an der Westseite der Landebahn Nordwest zu erwarten, da hier häufig ältere Fahrzeuge mit Anschnittsteuerung führen. Deren Antriebsysteme seien als Störsender bekannt. Unabhängig von der Entstörung der Bahnfahrzeuge trete die Problematik der Funkenbildung zwischen Fahrdraht und Stromabnehmer auf. Dabei träten hochfrequente Störungen auf, die geeignet seien, Funkempfänger (ILS) zu beeinträchtigen. Die Fraport AG erwidert, es würden zwei Punkte angesprochen: 1. Störungen des ILS durch Reflexionen an den fahrenden Zügen; 2. Störungen durch die Störstrahlung der Züge durch die Aggregate und durch die Funkenbildung an den Fahrleitungen. Zu 1. Es sei im Prinzip richtig, dass das ILS durch Reflexionen des eigenen ILS-Signals gestört werden könne. Diese Reflexionen müssten jedoch eine bestimmte Mindeststärke haben und müssten in Raumbereichen auftreten, wo diese Reflexionen relevante Störeffekte herrufen könnten. Dies sei z. B. besonders dann der Fall, wenn die landenden Flugzeuge im Falle der operationellen Betriebsstufe CAT III ( Blindlandung ) auf der Landebahn ausrollten. Die fahrenden Züge könnten jedoch durch die Gleisführung und durch die geometrische Konstellation in keiner Weise derartige sicherheitsrelevante Reflexionen hervorrufen, die mit der notwendigen Stärke auf der Landebahn oder auch auf dem Gleitweg aufträten. Befinde sich das landende Flugzeug noch in der Luft, sei das ILS bereits wesentlich unempfindlicher, weil das direkte gewünschte Nutz-Signal dann wesentlich stärker empfangen werde. Die am Boden fahrenden niedrigen Züge könnten auch dort in keiner Weise DDM-Störungen durch Reflexionen hervorrufen. Die angesprochenen Fahrleitungen könnten dabei ebenfalls als Reflektoren oder Streukörper aufgefasst werden. In der gegebenen Entfernung und tief am Boden ergäben sich in keiner Weise in dem Szenario der Landebahn Nordwest relevante Reflexionen und Effekte durch die Bahnlinien mit der gegebenen Streckenführung, die potentiell sicherheitsrelevant sein könnten, weder im Westen noch im Osten der Landebahn Nordwest. Zu 2. Im Weiteren werde vermutet, dass es zur aktiven Störung der Flugzeuge durch die elektromagnetischen Störstrahlungen der Züge (z. B. Stromrichter) und durch die Funkenbildung an den Stromabnehmern zu ILS-Störungen kommen könne. Das ILS arbeite bei sehr hohen hochfrequenztechnischen Frequenzen (Trägerfrequenzen Marker 75 MHz, Landekurs ca. 110 MHz, Gleitweg ca. 330 MHz). Die für die Landung im Empfänger generierte Führungsgröße sei das DDM (Differenz der Modulationsgrade 90 Hz und 150 Hz). Es könne also nur dann eine DDM-Störung auftreten, wenn auf den genannten Trägerfrequenzen (Localizer, Gleitweg) ein Störungssignal ausreichender Amplitude generiert werde, das zudem noch mit den genannten Modulationsfrequenzen 90 Hz und/oder 150 Hz amplitudenmoduliert werde. In Deutschland arbeite die Bahn mit Wechselstrom der Frequenz Hz. Durch das Schalten und durch die Funkenbildung an den Stromabnehmern werde in der Tat ein Störspektrum erzeugt, dessen Amplitude jedoch mit größer werdender Frequenz sehr schnell abklinge. Zum einen seien die Spektralanteile dann bei der hochfrequenztechnischen ILS-Frequenz bereits sehr klein, so dass von daher schon keine Systemstörungen zu erwarten seien. Zum anderen aber seien insbesondere die Störspektren durch die Funkenbildung und das Schalten als eher statistisch anzusehen, so dass es zu keiner andauernden DDM-Bildung im ILS-Empfänger kommen könne, selbst wenn die Amplitude groß Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1481

40 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main genug wäre. Es sei auch nicht vorstellbar und völlig undenkbar, dass diese Störsignale mit den notwendigen Modulationsfrequenzen amplitudenmoduliert dauerhaft beaufschlagt seien. Insgesamt könne es deshalb nicht zu den unterstellten Störungen und einer eventuellen Gefährdung der landenden Flugzeuge kommen. Diese Tatsache werde bestätigt durch reale Installationen von Bahnverbindungen an vielen Flughäfen in der Welt. Praktisch jeder moderne Großflughafen werde heute durch ein elektrifiziertes Zugsystem angebunden und habe meist eine Vielzahl von ILS-Systemen. Es sei an den Flughafen Brüssel zu erinnern, wo eine Bahnverbindung relativ nahe hinter einer Landekursantenne die Landebahnmittellinie kreuze. Es führen dort auch Fernzüge wie die des französischen Hochgeschwindigkeitszuges TGV (Thalys). Die Art und Technologie der Züge ändere nichts an dieser grundsätzlichen Beurteilung. Zusammengefasst werde festgestellt, dass es von den beiden Einwänden bzw. Einwandsgruppen in keiner Weise zu sicherheitsrelevanten Störungen des ILS-Systems im Bereich der Landebahn Nordwest oder allgemein am Flughafen Frankfurt Main kommen könne. Es wird vorgetragen, dass nicht untersucht worden sei, welche EMV-Störungen vom Werk der Ticona ausgingen. So sei das Störpotential des Werkes auf die Luftfahrt größer als die Gefahr von Störungen des Werkes durch die Luftfahrt. Die Fraport AG hält dem entgegen, als Grundlage zum Gutachten G17.1 seien messtechnische Voruntersuchungen signifikanter Störgrößen an verschiedenen Orten des Flughafens durchgeführt worden. Nach Auswertung mit bekannten Störgrößen (Störquellen) ergäben sich keine nachweisbaren Störungen der am Flughafen Frankfurt Main betriebenen Anlagen. Auch seien von Betreibern technischer Anlagen am Flughafen sowie den Luftverkehrsgesellschaften keine Störungen durch Dritte bekannt. Im Erörterungstermin am ist ergänzend ausgeführt worden, man könne nicht einschätzen, welche Auswirkungen die Werksanlagen der Ticona auf Radaranlagen möglicherweise hätten. Es könne passieren, dass nicht nur bestehende Anlagen bis auf die Hindernisfreiheitsgrenze einzukürzen seien, sondern sogar Anlagen in ihrem Bestand gefährdet seien, weil sie durch die Duldungsverordnung nach 18a Luftverkehrsgesetz bedroht seien. Insgesamt könne die Betroffenheit der Ticona in dieser Frage in den Planfeststellungsunterlagen nicht erkannt werden. Diese erfüllten die Anstoßfunktion nicht und man könne keine substantiierte Einwendung erheben. Es wird nachgefragt, ob geprüft sei, welche Auswirkungen von der bestehenden Ticona-Anlage in ihrer Gesamtheit auf die neue Radaranlage für die Landebahn Nordwest ausgehe. Es wird weiter gefragt, ob die stählernen Kolonnen der Ticona Auswirkungen auf die Radaranlagen hätten und dadurch der Bestand der Anlage infrage gestellt sei. Weiterhin sei eine graphische Darstellung der ILS-Keule und des ILS-Schutzbereichs hilfreich. Die Deutsche Flugsicherung GmbH hat sich hierzu wie folgt geäußert: Die Anlagen für den Luftverkehr arbeiteten in geschützten Frequenzbereichen und dürften nur in diesen Anlagen Verwendung finden. Ein Sender, der auf der gleichen Frequenz betrieben werde, sei illegal. Man gehe davon aus, dass es bei der Ticona keine Sender gebe, die die Frequenzen der DFS störten. Bei Bauwerken, die in den Bereich der Radaranlagen hineinragten, könne es zu Abschattungen kommen. Hinsichtlich der Bauwerke der Ticona im Ist-Zustand sei die Abschattung kein Problem. Seite 1482 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

41 Die Situation beim ILS sei ähnlich der beim Radar. Störungen des ILS könnten von hohen Gebäuden ausgehen. Der Frequenzbereich des ILS sei anders als beim Radar und auch geschützt und für den Luftverkehr reserviert. Das geplante ILS werde störungsfrei arbeiten, da die Gebäude der Ticona nicht so hoch seien, dass sie in die Strahlungskeule des ILS hineinragten. Auch seien störende Frequenzen nicht gegeben, die seien bereits bei den regelmäßigen Flugvermessungen festgestellt worden. Weiterhin hätten die ILS-Anlagen Schutzzonen, die sich im 100-Meter-Bereich und über die Landebahn erstreckten. Die Fraport AG hat unter Bezugnahme auf das Gutachten G17.2 (S. 39) ausgeführt, dass für die Lande- und Radarsysteme elektrisch relevante Einzelpunkte zu untersuchen und zu bewerten seien. Im Umfeld des Flughafens habe man einzelne Punkte untersucht und alle Objekte (Bestand und Ausbau) hinsichtlich der Verträglichkeit gegenüber Radar und ILS geprüft. Für die Ticona seien in der Bestandssituation keine Störungen durch das ASR8 Nord bekannt. Mit der Verlegung des ASR8 Nord in den westlichen Bereich des Flughafens seien auch keine Störungen zu erwarten, da das neue Radar Nord wesentlich höher aufgebaut werde und eine Mindestentfernung von 2,4 km zum Werk habe. Gleiches gelte für das ASR Süd. Auch für das ILS gehe man davon aus, dass es keine Beeinträchtigungen geben werde. Wenn die Ticona entsprechende Ausstrahlungen hätte, dann merkte man sie bereits heute auf den Anlagen der DFS. Man habe im genannten Gutachten nur diejenigen Gebäude vertieft untersucht, bei denen man davon ausgehen könne, dass eine Relevanz vorhanden sei. Da dies bei den Anlagen der Ticona nicht der Fall sei, habe man diese auch nicht vertieft untersucht. Man gehe jedoch davon aus, dass sich an der Situation im Planfall nichts ändern werde Vom Luftverkehr ausgehende Gefahren Absturzrisiko Externes Risiko Allgemeines externes Risiko durch Flugzeugabstürze In den zum externen Risiko vorgetragenen Einwendungen artikuliert sich die Befürchtung der Einwender, die im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main wohnen oder arbeiten, dass sich aus Über- oder Vorbeiflügen an Wohngebieten und Gewerbegebieten in relativ niedriger Höhe ein deutlich erhöhtes Absturzrisiko ergibt. Die geringe Überflughöhe und die hohe Zahl an Flugbewegungen würden - auch wegen der Gefahr von Kollisionen - als Bedrohung empfunden. Viele sehen dadurch ihre Lebensqualität beeinträchtigt. Für den Ausbaufall befürchte man noch mehr Flugbewegungen über dicht bebautem Gebiet und ein Ansteigen des Absturzrisikos. Es sei mit einer bis zu 100 %igen Steigerung der bisherigen Flugbewegungszahl zu rechnen. In diesem Zusammenhang wird auch die Eignung des Geländes für die Landebahn Nordwest kritisiert. Für die im Einwirkungsbereich des Flughafens Frankfurt Main lebenden Einwender entstünde durch das erhöhte Absturzrisiko eine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit. Vor allem in den im Umfeld der geplanten Landebahn Nordwest liegenden Kommunen Raunheim, Kelsterbach, Flörsheim am Main, Hochheim am Main, Eddersheim, Hattersheim am Main und Okriftel aber auch in den übrigen im direkten Umfeld des Flughafens Frankfurt Main liegenden Kommunen sei mit einer deutlichen Erhöhung des Absturzrisikos zu Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1483

42 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main rechnen. Auch für weitere Orte werde durch die besondere Lage im Bereich von Flugrouten oder der Kreuzung von Flugrouten mit einer Erhöhung des Risikos aus dem Luftverkehr gerechnet (Stadt Hanau, Kommunen im westlichen Main-Kinzig-Kreis, im Taunus, in Kreis Mainz-Bingen, Kreis Groß-Gerau, Kreis Darmstadt-Dieburg und im Landkreis Offenbach). Insbesondere wird durch Abstürze auf Gebäude und Einrichtungen, in denen sich viele Personen oder besonders schutzbedürftige Personen aufhalten, ein besonders hohes und daher nicht mehr akzeptables Risiko befürchtet. Als Beispiele führen die Städte Kelsterbach, Raunheim, Hattersheim am Main, Flörsheim am Main, Hochheim am Main und Mainz Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten und Bürogebäude aber auch Sportstadien an. Nach Ansicht der Fraport AG ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Flugzeug abstürzt, sehr gering. Die Wahrscheinlichkeiten würden im Gutachten G16.1 als Einzelrisiko ausgewiesen. Das Gutachten G16.1 komme zu dem Ergebnis, dass von Einzelrisikowerten größer als 10-4 /a in allen drei betrachteten Szenarien 10 weder Anwohner noch Arbeitnehmer betroffen seien. Von Einzelrisikowerten größer als 10-5 /a seien in allen drei betrachteten Szenarien keine Anwohner betroffen. Das Gutachten G16.4 zur Risikobewertung mache deutlich, dass das durch den Luftverkehr am Flughafen Frankfurt Main induzierte Risiko (auch für Wohngebiete) akzeptabel sei. Auch mit dem Ausbau bleibe gemäß Gutachten G16.4 das Risiko auf einem akzeptabel niedrigen Niveau. Die Behauptung, die Flugbewegungen würden sich langfristig um etwa 100 % steigern, wird von der Fraport AG zurückgewiesen. Gemäß Prognose nehme die Anzahl der Bewegungen von in 2000 auf in also um 43 % - zu. Zur Erhöhung der Absturzrate durch Kollisionen aufgrund des engen Luftraumes führt die Fraport AG aus, dass auch in Zukunft die einzuhaltenden Sicherheitsabstände zwischen den Luftfahrzeugen nicht unterschritten würden. Die Gefahr einer Kollision sei durch die gesetzlichen Abstandsregelungen für Luftfahrzeuge minimiert. Von Herrn RA Name024 ist im Rahmen der Erörterung vorgetragen worden, dass in Bezug auf das Absturzrisiko das Gebiet Taubengrund der Stadt Kelsterbach besonders berücksichtigt werden müsse. Wenn man einen Absturz auf dieses Gewerbegebiet betrachte, dann müsse man bedenken, dass dieses Gebiet nicht nur gewerblich genutzt werde, sondern dass dort auch Menschen wohnten. Von der Fraport AG wird im Gutachten G16.1 unter Zugrundelegung von Absturzraten aus G16.2 das externe Risiko für das Umfeld des Frankfurter Flughafens für den Ist-Fall, den Prognosenullfall und den Planfall ausgewiesen 11. Von Einzelrisikowerten über 10-5 /a sind lediglich gewerblich genutzte Flächen (Ticona, Taubengrund) betroffen 12. In G16.1 erfolgt auch eine Darstellung des Gruppenrisikos für die Wohnbevölkerung bzw. für die Arbeitsplatzdemographie. Im Rahmen einer Betrachtung des Gruppenrisikos erfolgt eine Berücksichtigung von Treffern auf Orte mit einer hohen Anzahl (Dichte) an Personen (Einkaufszentren, Krankenhäuser, Schulen, öffentliche Gebäude etc.). Zugrunde gelegt werden 10 Ist-Fall 2000, Prognosenullfall 2015 und Planfall s. Karten , , Auf die im Folgenden geäußerte Kritik insbesondere an der aus G16.2 übernommenen Absturzrate und einer möglichen Erhöhung der Einzelrisikowerte bei Berechnung mit höheren Absturzraten wird hingewiesen. Seite 1484 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

43 Demographiedaten, die die Bevölkerungsdichte im jeweiligen Rasterelement charakterisieren 13. Eine Zunahme der Flugbewegungen bedingt auch eine Zunahme des absturzbedingten Risikos aus dem Flugverkehr. Die Fraport AG unterbreitet in G16.4 zur Referenzierung des externen Risikos Vorschläge für akzeptable Einzelrisikowerte, die auf in Großbritannien und in den Niederlanden 14 angewandten Modellen beruhen. Für die Beurteilung des Gruppenrisikos im Zusammenhang mit Ereignissen aus dem Luftverkehr am Flughafen Frankfurt Main wird ein Bewertungsvorschlag unterbreitet, der auf einem in Großbritannien für große Häfen und Industriekomplexe entwickelten Akzeptanzmodell basiert. Entsprechende gesetzliche Regelungen oder Modelle auf Basis gesellschaftlicher Konsensbildung bestehen in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Sie sind Ausfluss der Risikokultur des jeweiligen Ursprungslandes. Von verschiedenen Einwendern wird vorgetragen, die Unfallgefahr sei beim Start und vor allem beim Landeanflug besonders hoch. So ergebe sich gerade im direkten Umfeld der Lande- bzw. Startbahnen ein besonders hohes Risiko. Die Fraport AG bestätigt, dass das Absturzrisiko in den Flugphasen Anflug und Abflug relativ gesehen zu anderen Flugphasen höher sei. Das Risikopotential bzw. die Unfallwahrscheinlichkeit von Landeanflügen sei in den Risikogutachten G16.1 bis G16.4 berücksichtigt. Der bei der Landung und beim Start erhöhten Unfallwahrscheinlichkeit wird in den Risikogutachten durch den Ansatz von im Vergleich zum Reiseflug erhöhten Absturzraten Rechnung getragen. Oliva & Co. berücksichtigt im Gutachten G16.2 nach Selektion der mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen und Selektion der Ereignisse an diesen Flughäfen in einem bestimmten Zeitraum Flugunfälle außerhalb des Flughafenzauns und innerhalb einer Entfernung von 20 km von der Lande- bzw. Startschwelle für die Berechnung der Absturzraten für Starts bzw. Landungen. Dieser Abstand von 20 km ist durchaus geeignet, um alle im direkten Zusammenhang mit Start- oder Landevorgängen verbundenen Absturzereignisse zu erfassen 15. Von einigen Einwendern wird vorgetragen, das Risiko eines Absturzes steige mit der Zunahme der Anzahl an besonders großen Flugzeugen. Insbesondere die Inbetriebnahme des Airbus A380 und die großen Kerosinmengen, die der A380 mit sich führe, würden als risikoerhöhend angesehen. Die Fraport AG führt hierzu aus, der Einsatz des Airbus A380 am Flughafen Frankfurt Main stehe in keinem Zusammenhang mit dem Ausbauvorhaben. Der pauschalen Aussage, dass durch die Inbetriebnahme des A380 das Risiko eines Absturzes steige, sei zu wider- 13 Zur Ermittlung des externen Risikos erfolgt eine Einteilung des Untersuchungsraumes in Rasterelemente von 200 x 200 m Kantenlänge. 14 für den Flughafen Amsterdam Schiphol 15 auf die Problematik der Außerachtlassung von Flugunfällen auf dem Flughafengelände für die Berechnung der Absturzrate wird verwiesen (siehe auch Kapitel B ). Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1485

44 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main sprechen. Abstürze von Großraummaschinen seien bei den Berechnungen zum externen Risiko ebenso berücksichtigt wie Flugzeuge anderer Kategorien. Auch bei einem Ausbau des Flughafens Frankfurt Main und bei einem Einsatz des Airbus A380 auf den bestehenden Bahnen bleibe das Risiko auf einem akzeptabel niedrigen Niveau. Der Airbus A380 ist im Planfall und im Prognosenullfall bei der Bestimmung des externen Risikos berücksichtigt. Der Anteil des Airbus A380 an der Gesamtzahl der Flugbewegungen wird aufgrund der begrenzten Anzahl an Maschinen gering sein. Absturzraten für bestimmte Flugzeugtypen werden aus mit diesem Fluggerät in der Vergangenheit stattgefundenen Ereignissen bestimmt. Der A380 befindet sich zurzeit noch in der Erprobungsphase. Alle Modelle zur Berechnung der Absturzraten nehmen auch unter Berücksichtigung des zunehmenden Anteils an Großraumflugzeugen im Planfall geringe Absturzraten an. Im Falle einer Havarie eines Großraumflugzeuges ist durch die Größe (Spannweite, Gewicht) und die größeren Kerosinmengen mit einem größeren Primärschadensgebiet als bei einem kleineren Flugzeug zu rechnen. Soweit der Anteil an Flugbewegungen mit großen Flugzeugen (A340, A380, B747) deutlich zunimmt, ergibt sich eine größere mittlere Primärschadensfläche. Es wird ausgeführt, die zukünftigen Zustände am Flughafen Frankfurt Main seien denen am alten Flughafen Kai Tak in Hongkong vergleichbar. Dieser Flughafen sei geschlossen worden, weil auch die mit dem Landeanflug verbundenen Flugabsturzrisiken nicht mehr tragbar gewesen seien. Die Fraport AG erwidert, der Landeanflug auf den Flughafen Kai Tak - insbesondere auf die Landebahn RWY 13 - könne in keiner Weise mit Anflügen auf die Landebahn Nordwest verglichen werde. Dies ergebe sich allein schon aus den geographischen Verhältnissen. Kai Tak liege inmitten einer Bergkette ( Lion Rock Hill ), wohingegen sich der Flughafen Frankfurt Main in vergleichbar flachem Gelände befinde. Auf dem Flughafen Kai Tak habe die Erforderlichkeit bestanden, gekrümmte Anflüge nach Sicht bzw. einem speziellen, außergewöhnlichen Instrumentenanflugverfahren durchzuführen. Im Gegensatz dazu würden die Anflüge auf die Landebahn Nordwest bereits in weiter Entfernung vom Flughafen Frankfurt Main (ca. 20 km) auf die gerade Anfluggrundlinie geführt. Nach den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen sind keine gekrümmten Anflüge vorgesehen. Es ergeben sich daher auch keine besonderen Risiken aus diesen Anflügen. Eine Vergleichbarkeit mit dem inzwischen stillgelegten Flughafen Kai Tak in Hongkong ist nicht gegeben. Einige Einwender führen an, Flugrouten seien in der Vergangenheit ohne größeres Verfahren geändert worden. Infolgedessen würden Gebiete überflogen, die vorher nicht betroffen gewesen seien. Die Wohnungen der Einwender lägen zwar derzeit nicht auf einer der eingezeichneten Flugrouten, es wird aber befürchtet, dass sie durch Änderung der Flugrouten und durch die steigende Zahl an Flugbewegungen infolge des Flughafenausbaus unter einer Flugroute zu liegen kämen und dann von einem erhöhten Absturzrisiko betroffen seien. Seite 1486 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

45 Die Fraport AG erläutert hierzu, dass die Festlegung und Änderung der Flugrouten nicht durch die Fraport AG erfolge. Dies sei originäre Aufgabe der Deutschen Flugsicherung GmbH. Die Flugstreckenbeschreibungen des Planfalls 2015 seien von der DFS (Stand November 2002) vorgegeben worden und der Fraport AG zur Verfügung gestellt worden. Eine Planfeststellung von Flugrouten erfolge grundsätzlich nicht. Gemäß 27 a LuftVO würden die Flugverfahren einschließlich der Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte vom Luftfahrtbundesamt durch Rechtsverordnung festgelegt. Das Absturzrisiko und somit das Einzelrisiko an einem bestimmten Ort im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main ist abhängig von der Anzahl der Flugbewegungen über diesem Ort oder im Umfeld dieses Orts 16. Die Anzahl der Flugbewegungen wird von der Lage der Flugrouten und deren Belegung bestimmt. Durch eine Verlagerung von Flugrouten oder eine Änderung der Belegung von Flugrouten kann sich ortsbezogen auch das Absturzrisiko und somit das Einzelrisiko ändern. Im extremen Fall können durch neue Flugrouten bisher wenig risikobelastete Gebiete eine deutliche Risikoerhöhung erfahren. Von verschiedenen Einwendern wird die Monetarisierung des Risikos in G16.4 angegriffen. Zum einen wird eine Reduzierung von Todesopfern auf ein monetäres Äquivalent zur Bewertung des volkswirtschaftlichen Interesses des Projekts als zynisch und nicht durchführbar angesehen. Zum anderen werden die dargelegten Berechnungen konkret hinterfragt und bezweifelt, ob der volkswirtschaftliche Nutzen im Planfall Nordwest eine Steigerung des statistischen Erwartungswertes der Todesopfer um bis zu 540 % rechtfertige. Die Fraport AG legt hierzu dar, im Gutachten G16.4 werde der Zusammenhang zwischen volkswirtschaftlichen Aktivitäten und den damit einhergehenden Risiken erläutert. Durch die Bewertung des Gruppenrisikos solle der Nutzen des Projekts für die Gesellschaft gegen das individuelle Risiko durch eine Gefährdung für die einzelne betroffene Person darstellt und abgewogen werden. Dies geschehe auf Basis des kollektiven Gesamtrisikos für die Gesellschaft. Zugleich hätten risikobehaftete Aktivitäten jedoch in der Regel auch weitere, positive Eigenschaften, welche ebenfalls im Interesse der Gesellschaft lägen. Im Falle eines großen Flughafens Frankfurt Main handele es sich dabei im Wesentlichen um die Bereitstellung von Verkehrsinfrastruktur und um verschiedene volkswirtschaftliche Vorteile wie z. B. Steuereinnahmen oder Schaffung von Arbeitsplätzen. Folglich sei die Gesellschaft als Ganzes sowohl Träger des Gruppenrisikos als auch Empfänger eines Teils des Nutzens aus dieser Aktivität. Eine absolute Beschränkung des Gruppenrisikos ist nach Ansicht der Fraport AG nicht zielführend und berücksichtige nicht den volkswirtschaftlichen Nutzen eines Projekts. Vielmehr sei es sinnvoll, nicht die absolute Größe des Gruppenrisikos zu beschränken, sondern das relative Verhältnis aus Zuwachs an Risiko zum Zuwachs an volkswirtschaftlichem Nutzen. Eine explizite Form dieses Abwägungsprozesses bestehe in einer Kosten-Nutzen-Analyse (cost benefit analysis), in der die Vor- und Nachteile der betrachteten Aktivität aus gesellschaftlicher Sicht gegenübergestellt würden. Eine Einschränkung erfahre das Kostenmodell durch eine absolute Begrenzung des akzeptablen Einzelrisikos. Dieses Einzelrisiko, das jedem Einzelnen einen ausreichenden 16 Soweit keine Ausweitung des Primärschadensgebiets durch Sekundärschadensfolgen (z. B. infolge eines Treffers einer Störfallanlage) erfolgt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1487

46 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Schutz seines Lebens garantiere, werde nicht relativ beschränkt, sondern mittels eines absoluten oberen Grenzwertes. Die relative Betrachtung betreffe somit ausschließlich das Gruppenrisiko. Für den Planfall Nordwest 2015 werde im Gutachten G16.4 dabei eine maximale rechnerische Steigerung des statistischen Erwartungswertes der jährlichen Todesopfer von 0,015 auf 0,097 (kumulatives Gesamtrisiko, G16.4, S. 241, Tab. 7-3). Die Steigerung betrage zwar 540 %, erscheine jedoch nur deshalb so hoch, da sie von einem niedrigen Basisniveau im Ist-Fall ausgehe. Das monetarisierte Kollektivrisiko werde nun dem Zuwachs an volkswirtschaftlichen Nutzen gegenübergestellt. So werde aufgezeigt, dass zur Steigerung des statistischen Erwartungswertes eine Erhöhung des resultierenden monetarisierten Kollektivrisikos von nicht mehr als 1,2 Mio. Euro pro Jahr gehöre (G16.4, S. 241, Tab. 7-4). Angesichts des zu erwartenden Zugewinns an volkswirtschaftlichem Nutzen des Ausbaus, der mit Sicherheit um mehrere Größenordnungen über der Erhöhung des resultierenden monetarisierten Kollektivrisikos liege, sei das Ergebnis einer ausführlichen Kosten-Nutzen-Analyse klar absehbar. Derartige Berechnungen auf der Basis von Todesfallrisiken finden in begrenztem Umfang im Bereich des Versicherungswesens Anwendung. Hier werden zur Ermittlung der Versicherungssummen die Risiken teilweise vertraglich oder durch entsprechende Regelungen monetarisiert. Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Risikovorsorge gestaltet sich die Monetarisierung von Todesrisiken schwieriger und ist bezüglich ihrer Anwendbarkeit zu hinterfragen. Entsprechende Modelle kommen daher in der Bundesrepublik Deutschland nicht zur Anwendung. Außer Frage steht, dass der volkswirtschaftliche Nutzen eines Projekts gegen die damit verbundenen Risiken abzuwägen ist. Dies geschieht in unserer Gesellschaft implizit durch die Schaffung von Regeln, die auch besonders risikobehaftete Aktivitäten - jedoch unter besonderen Bedingungen und Auflagen - zulassen. Als Beispiele können hier Gesetze und Verordnungen zum Umgang mit gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz, Störfall-Verordnung etc.) angeführt werden. Ziel aller Regelungen zur Begrenzung der Risiken bestimmter Aktivitäten ist die Gewährleistung eines bestimmten - wenn auch nicht probabilistisch, sondern deterministisch definierten - gesellschaftlich akzeptierten Sicherheitsniveaus. Auch bei nahezu allen ausländischen Akzeptanzmodellen für Gruppenrisiken werden untere und obere Akzeptanzkurven festgelegt. In der Regel ist nur im Übergangsbereich zwischen den unteren und oberen Akzeptanzlinien 17 eine Abwägung wirtschaftlicher Interessen vorgesehen. Im öffentlich-rechtlichen Risikomanagement ist daher - allein schon zur Sicherstellung, dass ein bestimmter Teil der Bevölkerung nicht übermäßig mit Risiken beaufschlagt wird - eine absolute Grenze für das Gruppenrisiko erforderlich, die auch nicht durch volkswirtschaftlichen Nutzen aufgehoben werden kann. Festlegungen dieser Akzeptanzgrenze auf probabilistischer Grundlage bestehen in Deutschland bisher nicht. Es wird ausgeführt, dass in anderen europäischen Metropolen (München, Athen, Paris, London) die Flughäfen unter Berücksichtigung der Gefahren durch den Flugbetrieb für die Bevölkerung weit außerhalb der Innenstädte errichtet worden seien. In Frankfurt am Main werde der Flughafen Frankfurt Main ins Stadtgebiet gebaut. 17 Dieser Bereich wird beispielsweise als ALARP-Bereich ( as low as reasonable possible ) bezeichnet. Seite 1488 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

47 Die Fraport AG erwidert hierzu, der Flughafen Frankfurt Main liege nicht nur außerhalb des Stadtgebiets Frankfurt am Main, im Vergleich zu anderen Flughäfen liege er auch in weiter Entfernung zur nächsten Wohnbebauung. Auch im Ausbaufall würde die Entfernung zur nächsten Wohnbebauung über m betragen. Im Vergleich dazu lägen in Düsseldorf, Hamburg, Paris-Orly, Zürich, London-Heathrow die Enden mindestens einer Start- bzw. Landebahn in einer Entfernung von unter m zur nächsten Wohnbebauung. Vom Bund für Umwelt und Naturschutz Landesverband Hessen wird ausgeführt, dass es im Falle eines Flugzeugabsturzes zu erheblichen ökologischen Schäden im angrenzenden FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald kommen könne. Diese Auswirkungen seien durch die Fraport AG nicht beachtet worden. So könne ein Unfall einen Waldbrand auslösen, zur Verschmutzung des Bodens führen und Auswirkungen auf den Mönchwaldsee haben. Die Fraport AG erwidert, ökologische Schäden seien in der UVS in Zusammenhang mit den Schutzgütern Boden und Wasser berücksichtigt worden (schutzgutspezifische Darstellungen in Teil III zu G1). Aus der Sicht der Fraport AG biete die Risikobewertung mit der Berücksichtigung von Todesfällen (G16.1) eine ausreichende Abwägungsgrundlage auch für ökologische Schäden, da das Risiko für das höchste Rechtsgut menschliches Leben als akzeptabel einzuordnen sei. Entsprechendes gelte dann auch für andere Schadensfolgen. Es wird vorgetragen, dass zu prüfen sei, in welchem Ausmaß die geplante Landebahn Nordwest angesichts des knappen Anfluges über die Autobahn zusätzliche Gefahren für Leib und Leben erzeuge. Die Fraport AG antwortet hierauf, dass das externe Risiko im Rahmen der Gutachten G16.1 bis G16.4 ermittelt und bewertet würde. Der Anflug von Westen über die A 3 zur Landebahn Nordwest sei hierbei berücksichtigt. Gutachten G16.4 verdeutliche, dass das durch den Luftverkehr induzierte Risiko auch im Falle des Ausbaus auf akzeptablem Niveau liege. Der Fraport AG seien im direkten Flughafenumfeld keine Unfallhäufungen bekannt, die auf flugbetriebliche Abläufe zurückzuführen wären, obwohl im Umfeld Straßen- und Verkehrsanlagen heute schon im vergleichbaren Abstand überfolgen würden. Einige Kommunen im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main (z. B. Neu-Isenburg) bezweifeln die Angaben der Fraport AG, dass die Unfallwahrscheinlichkeit in diesen Bereichen auch nach dem Ausbau konstant bleibe, obwohl die Zahl der Unfälle in den letzten 11 Jahren leicht gestiegen sei. Die Fraport AG erwidert, sie könne die Aussage, dass die Zahl der Unfälle in den letzten 11 Jahren angestiegen sei, nicht nachvollziehen. Die Parameter dieser Aussage seien nicht bekannt. Tatsache sei, dass im Mittel die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes im gewerblichen Luftverkehr über die Jahre gesunken sei. Bezüglich der Unfallwahrscheinlichkeit über Neu-Isenburg bleibe festzuhalten, dass sich das Luftverkehrsaufkommen bei Neu-Isenburg Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1489

48 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main nur unwesentlich ändere und damit bei sinkender Unfallrate zumindest kein signifikanter Anstieg wenn nicht sogar eine leichte Reduzierung des Risikos im Planfall 2015 gegenüber dem Ist-Fall 2000 zu erwarten sei. Alle vorliegenden Gutachten nehmen für das Prognosejahr 2015 eine niedrigere Absturzrate als im Ist-Fall 2000 an. Begründet wird dies mit der zunehmenden Sicherheit der Luftfahrzeuge (zunehmender Anteil an Flugzeugen der 3. Generation). Somit sinkt die Unfallwahrscheinlichkeit je Flugbewegung. Bei gleich bleibender Zahl von Flugbewegungen im zu betrachtenden Gebiet ergibt sich hieraus eine Reduzierung des Risikos aus dem Luftverkehr. Es wird vorgetragen, dass es zur Verringerung der Absturzfolgen möglich sei, die Nutzung der geplanten Landebahn Nordwest auf kleinere Flugzeuge (z. B. A321) zu beschränken. Auch könne man Einschränkungen für Notlandungen vorsehen. Ferner seien für die Bahnstrecken Maßnahmen vorzusehen, die ein Abbremsen von Zügen im Absturzfall ermöglichten. Die Fraport AG führt hierzu aus, die Risikoermittlung und -bewertung in den Gutachten G16.1 bis G16.4 verdeutliche, dass das durch den Luftverkehr induzierte Risiko auch im Falle des Ausbaus und auch für die Umgebung der Landebahn Nordwest auf akzeptablem Niveau liege. Bezüglich der Notlandungen sei zu sagen, dass das bestehende Bahnsystem aufgrund der längeren Pisten bevorzugt werde, soweit situationsbedingt die Möglichkeit hierzu bestehe. Bezüglich der Maßnahmen für die Bahnstrecken, die ein Abbremsen von Zügen im Absturzfall ermöglichen, wird auf den sog. Bahnerlass verwiesen. Dort werde geregelt, wie in einem Schadensfall auf einer Bahnstrecke zu verfahren sei. Unter Ziffer 5 Alarmierungsplanung und Alarmierung werde dort ausgeführt, die Notfallleitstelle veranlasse erforderlichenfalls den Nothalt von auf die Schadensstelle zufahrenden Zügen und das Abschalten der Fahrstromleitungen. Manche Einwender bringen vor, dass Flugzeugentführungen und terroristische Anschläge mittels Flugzeugen für sie eine Bedrohung darstellen würden. Durch die Erhöhung der Flugbewegungen komme es zu einer erhöhten Gefährdung durch terroristische Anschläge. Auch der Abschuss von Linienmaschinen bei terroristischem Hintergrund durch die Bundeswehr stelle eine Gefahr dar. Nach neueren Erkenntnissen könnten Chemieanlagen zukünftig Ziele terroristischer Anschläge werden. Im Falle eines Anschlages auf die Ticona gäbe es nur eine Vorwarnzeit von wenigen Sekunden. Aus Sicht der Fraport AG besteht zwischen der Erhöhung der Flugbewegungen und einer erhöhten Gefährdung durch terroristische Anschläge kein Zusammenhang. Die von den Einwendern vorgetragenen Bedrohungen und Gefahren existierten bereits heute und seien unabhängig vom Ausbau. Es wird erläutert, die Bevölkerung sei einem Flugzeugabsturz völlig hilflos ausgeliefert. Es fehle eine Informationsschrift für Haushalte über das Verhalten bei Flugzeugabstürzen. Seite 1490 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

49 Ebenso werde die Bevölkerung nicht über das richtige Verhalten im Katastrophenfall aufgeklärt. Nach Ansicht der Fraport AG richtet sich dieser Einwand an die Katastrophenschutzbehörden. Aufgrund der unterschiedlichen Szenarien (Rutschen des Flugzeuges, Trümmerwurf, Kerosinbrand, Explosion), die sich bei einem Absturzereignis entwickeln können, ist es nicht möglich, eindeutige Verhaltenmaßregeln zu geben, wie es etwa in der Umgebung von Chemieanlagen mit definierten Gefahren möglich ist. Die Informationen wären so allgemein zu halten, dass eine Informationsbroschüre für die Allgemeinheit wenig sinnvoll ist. Von verschiedenen Einwendern wird ausgeführt, dass die Versorgung von Verletzten bei einem Flugunfall nicht gewährleistet sei. Im Katastrophenfall würden innerhalb kürzester Zeit mehrere tausend medizinische Kräfte benötigt. Es sei nicht ersichtlich, wie im Falle eines Großunfalls eine Vielzahl von Rettungs-, Lösch- und sonstigen Einsatzfahrzeugen ihre Einsatzorte in vertretbar kurzer Zeit erreichen sollen. Vorbereitende infrastrukturelle Maßnahmen seien bereitzustellen (z. B. schnell aktivierbare Verkehrsregelungsanlagen). Die Stadt Kelsterbach trägt vor, dass sie als zuständige Gefahrenabwehrbehörde nicht in der Lage sei, das erhöhte Schadensrisiko, welches durch die geplante Landebahn Nordwest entstehe, zu bewältigen. Die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Kelsterbach habe hierfür weder das Personal noch die Ausrüstung. Es werde für den Planfall eine angemessene Ausrüstung der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Kelsterbach gefordert. Dies sei der Fraport AG aufzugeben und im Planfeststellungsbeschluss zu regeln. Weiterhin werde eine ausreichende Zuwegung zum Stadtgebiet zwischen der Landebahn Nordwest und der Eisenbahnstrecke gefordert, damit ein Eingreifen im Katastrophenfall möglich werde. Aus diesem Grund werde eine Rettungszufahrt vom Stadtgebiet zur geplanten Landebahn Nordwest als asphaltierte Straße mit einer Auslegung auf 16-t--Achslast mit Anschluss an das öffentliche Wegenetz, jederzeitiger Zutritt des Brand- und Katastrophenschutzbeauftragten der Stadt Kelsterbach zum Bereich der Landebahn und Ausstattung der Landebahn mit einer Druckleitung für Löschwasser oder ersatzweise mit unterirdischen Löschwassertanks mit einem Volumen von Litern gefordert. Die Fraport AG verweist darauf, dass die Einsatzplanungen bei Großschadensereignissen außerhalb des Flughafengeländes berücksichtigen, dass derartige Ereignisse nicht nur durch einzelne Ortsfeuerwehren zu bewältigen seien, sondern das Hessische Brand- und Hilfeleistungsgesetz in solchen Fällen das Zusammenwirken benachbarter Städte und Landkreise zur Schadensbekämpfung vorsehe. Entsprechend 4 Abs. 2 HBKG seien durch den Landkreis Alarmpläne und Einsatzpläne für die Gewährung nachbarlicher Hilfeleistung innerhalb und über die Grenzen des Kreisgebiets hinaus aufzustellen und mit den benachbarten Landkreisen oder kreisfreien Städten abzustimmen. Im Rahmen dieser nachbarlichen Hilfeleistung kann die Werkfeuerwehr der Fraport AG auch außerhalb des eigentlichen Flughafengebiets eingesetzt werden. Die Bereitstellung und Belegung von Betten zur Versorgung von Schwerstbrandverletzten werde bundesweit koordiniert und über die Berufsfeuerwehr Hamburg vermittelt. Die Fraport AG sehe aufgrund des Vorhabens keine Notwendigkeit für erhöhte Aufwendungen für die Feuerwehrausstattung der Stadt Kelsterbach, da bereits im heute stattfindenden Flugbetrieb vergleichbare Großschadensszenarien bewältigt werden müssten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1491

50 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Hierfür sollten von Seiten der Stadt Kelsterbach hinreichend Vorkehrungen getroffen worden sein. Die Werkfeuerwehr der Fraport AG sei gemäß Anerkennungsbescheid meiner Behörde für den Flughafenbrandschutz zuständig. Die Medizinischen Dienste des Flughafens Frankfurt Main gewährleisteten die notwendige medizinische Erstversorgung bei Notfällen. In der BA-NOT für den Verkehrsflughafen Frankfurt Main seien alle Notfälle und teilweise besonderen Vorkommnisse aufgenommen, für die ein koordinierter Einsatz mehrerer Fachdienste erforderlich sei. Bei Notfällen am Flughafen Frankfurt Main arbeiteten die Brandschutz-, Rettungs- und Sicherheitsdienste (Notdienste) der Fraport AG eng mit den entsprechenden Diensten anderer am Flughafen Frankfurt Main ansässiger Behörden, Organisationen und Firmen zusammen. Soweit im Rahmen der BA-NOT Verfahren und Absprachen aufgenommen seien, die externe Stellen beträfen, bezögen sich diese auf gegenseitige Vereinbarungen für deren Einhaltung die entsprechenden Stellen in eigener Verantwortung zuständig seien. Darüber hinaus könne die Einbindung weiterer Behörden und Organisationen auf Basis gesetzlicher Bestimmungen bzw. getroffener Vereinbarungen erforderlich werden. Die Trägerschaft der Rettungsdienste sei im hessischen Rettungsdienstgesetz geregelt. Träger des Rettungsdienstes seien nach 4 die Landkreise bzw. kreisfreien Städte. Belange der Stadt Kelsterbach seien daher nicht berührt, zumal eine Zunahme der Einsatzereignisse für den regulären Rettungsdienst nicht zu erwarten sei, da im Betriebsgelände eine Versorgung durch den betrieblichen Rettungsdienst der Fraport AG erfolge. Die Fraport AG weist daher die Forderung der Stadt Kelsterbach zurück. Die geordnete Einfahrt von externen Rettungskräften auf das Gelände der Landebahn Nordwest erfolge über die Aufstellfläche an der Feuerwache 4 (s. Erläuterungsbericht B1.1, Kap , S. 97). Die Feuerwache 4 und die Feuerwehrübungsfläche würden an das öffentliche Straßennetz angeschlossen (s. Erläuterungsbericht B2, Kap , S. 49). Weitere Zu- und Ausfahrten (sogenannte Crash-Tore) könnten nur auf Weisung der Einsatzleitung der Werkfeuerwehr (s. 41 HBKG) geöffnet werden. Diese bänden an geeignete Waldwege an und stellten weitere Verbindungen zum öffentlichen Straßennetz dar. Diese Wege seien in den Plänen B und B dargestellt. Im Erläuterungsbericht B2, Kap. 3.3 auf Seite 86 ff., seien auch die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Rettungs- und Betriebswegen zu Anlagen der Deutschen Bahn AG beschrieben, mit denen dem heutigen Zustand entsprechende Eingriffszeiten gewährleistet würden. Die Zuwegungen zu diesen Toren vom öffentlichen Straßennetz aus entsprächen den Erfordernissen der DIN und müssten nicht zwangsläufig asphaltiert werden. Die Zuwegung von Norden, über die Trasse der dann ehemaligen K 152, erfülle die von der Stadt Kelsterbach geforderten Eigenschaften (möglicher Begegnungsverkehr, asphaltierter Unterbau mit einer Tragfähigkeit für Fahrzeuge von 16 t). Zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und sicheren Flugbetriebes sei es nicht erforderlich, dem Brand- und Katastrophenschutzbeauftragten der Stadt Kelsterbach jederzeit Zutritt zu den Flugbetriebsflächen zu ermöglichen ( 29 d LuftVG). Zur Löschwasserversorgung führt die Fraport AG aus, in der Fahrzeughalle der neuen Feuerwache 4 seien zur Befüllung der Tanklöschfahrzeuge Zapfstellen mit einer Abgabemenge von 800 l/min vorgesehen. Weiterhin sei für die Befüllung der Tanklöschfahrzeuge im Außenbereich der Feuerwache 4 eine Zapfstelle mit freiem Auslauf mit einer Abgabemenge von l/min vorgesehen. Die geplanten Zapfstellen würden über das Brauchwassernetz des Südbereichs versorgt. Die erforderlichen Wassermengen könnten bereitgestellt werden. Bei gleichzeitiger Nutzung beider Zapfstellen würde die Zapfstelle in der Seite 1492 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

51 Halle über das Trinkwassernetz gespeist. Der gemäß DVGW-Arbeitsblatt W405 Bereitstellung von Löschwasser durch die öffentliche Trinkwasserversorgung erforderliche Mindestdruck für die Feuerlöschversorgung von 1,5 bar werde an beiden Zapfstellen gewährleistet. Weiterhin würde ein Tankanhänger mit Liter Löschwasser bereitgehalten. Da die im Bereich der geplanten Landebahn Nordwest im Flughafenbrandschutz eingesetzten Großflughafen-Löschfahrzeuge die nach ICAO geforderten Löschmittelmengen bereithielten, sei eine zusätzliche Löschwasserleitung an der Landebahn einsatztaktisch nicht notwendig. Die vorgeschlagenen Notfallregelungen zur Verkehrssteuerung würden entsprechend der Notwendigkeit und den Erfordernissen mit den jeweils zuständigen Straßenverkehrsbehörden abgestimmt. Soweit es sich um einen Unfall außerhalb des Flughafengeländes handelt, greift das HBKG. Innerhalb des Flughafengeländes ist die Werkfeuerwehr der Fraport AG zuständig, die den Regelungen nach ICAO (Einsatzzeiten, Löschmengen etc.) unterliegt. Anhand der einschlägigen Gesetze ist von den Katastrophenschutzbehörden zu prüfen, ob die Zuwegung zur Landebahn Nordwest im Katastrophenfall ausreichend ist. Weiterhin wird vorgebracht, dass ein Unfall über dem vollbesetzten Frankfurter Waldstadion schlimmste Ausmaße nach sich ziehen würde. Um derartige Auswirkungen zu vermeiden, werde bei Veranstaltungen im Waldstadion ein Flugverbot bzw. Landeverbot auf der Landebahn Nordwest gefordert. Die Fraport AG verweist darauf, die Wahrscheinlichkeit, von einem Flugzeugabsturz betroffen zu sein, werde im Gutachten G16.1 als Einzelrisiko ausgewiesen. Im Bereich des Waldstadions liege die Wahrscheinlichkeit, von einem Flugunfall betroffen zu sein, im Planfall und im Ist-Fall nicht höher als einmal in Jahren. Gemäß der Referenzierung der Risikowerte im Gutachten G16.4 sei dieses Einzelrisiko akzeptabel. Das Einzelrisiko bezieht sich auf eine Aufenthaltsdauer von 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr am entsprechenden Ort. Bei nicht dauerhaftem Aufenthalt ergibt sich ein geringeres persönliches Risiko. Bei einem Absturzereignis auf Orte mit hoher Personendichte kann sich jedoch ein hohes Gruppenrisiko ergeben. Hierbei ist jedoch auch die Eintrittswahrscheinlichkeit und somit die Nutzungsdauer des Veranstaltungsorts zu berücksichtigen Bedeutung von Unfällen in der Vergangenheit Von verschiedenen Einwendern wird konkret auf historische Flugzeugabstürze Bezug genommen. Hierbei werden auch Unfälle in der Umgebung des Flughafens Frankfurt Main aufgeführt (z. B. Absturz einer DC6 der KLM im Jahr 1952). Die Vergangenheit hätte gezeigt, dass Bewohner im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main besonders hohen Gefährdungen ausgesetzt seien. Aus der Übertragung der Verortung bestimmter Flugzeugabstürze auf die geplante Landebahn Nordwest könne auf eine Ungeeignetheit des Geländes geschlossen werden. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1493

52 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Mit Verweis auf Vorfälle in München und Chicago, bei denen Flugzeuge über die Landebahn hinaus gerutscht sind, wird bemängelt, dass derartige Unfälle 18 in Frankfurt Main nicht untersucht würden. Von einigen Einwendern wird auch auf Notlandungen verwiesen (z. B. Hapag Lloyd bei Wien), die übertragen auf die Landebahn Nordwest im Bereich der Ticona oder in dicht bebautem Gebiet stattgefunden hätten. Zur Geeignetheit der Landebahn Nordwest führt die Fraport AG aus, dass im Rahmen der Mediation und des Raumordnungsverfahrens eine Alternativenprüfung vorgenommen worden sei, die zum Resultat hätte, dass die Erweiterung des bestehenden Flughafens Frankfurt Main um die Landebahn Nordwest die beste Lösung sei. Ferner sei der Konfigurationsanalyse zu entnehmen, dass in der Gesamtbetrachtung die drei Alternativen Landebahn Nordwest, Landebahn Nordost und Start- und Landebahn Süd in der Risikobetrachtung weitgehend gleichwertig seien, insbesondere deshalb, weil in der relativen Betrachtung dem Gruppenrisiko die maßgebliche Bedeutung zukomme. Bei der Modellierung der Unfallstreuung beinhalte die Datenbasis in G16.1 durchaus Flugereignisse, die zu Flugunfällen durch Landing Overrun von der Bahn führten (Kap , Tab. 5-3). Somit seien bei der Berechnung des externen Risikos auch derartige Szenarien durch die Ermittlung von Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen der Kategorie Landing Overrun berücksichtigt worden. Zur Ermittlung der Absturzrate und der Absturzverteilung werden historische Unfallereignisse herangezogen. Die Herleitung erfolgt induktiv auf Basis statistischer Methoden. Bei der Ermittlung der Verteilungsfunktionen für die Absturzverteilung sollten dabei alle relevanten Ereignisse mit ihrer Verortung berücksichtigt werden. Ein direkter Übertrag eines bestimmten Absturzereignisses an einem anderen Flughafen auf den Flughafen Frankfurt Main zur Ermittlung der Absturzverteilung ist aus statistischer Sicht nicht sinnvoll. Ziel ist die Modellierung der Trefferwahrscheinlichkeiten für die Bereiche im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main. Es sollte daher geprüft werden, welche historischen Absturzereignisse an anderen Flughäfen mit und ohne Todesfolgen bei der Ermittlung der Absturzrate und der Absturzverteilung heranzuziehen sind Eingangsparameter zur Modellierung des externen Risikos Absturzrate Allgemeines Von zahlreichen Kommunen und weiteren Einwendern wird gefordert, dass für die Bestimmung der Wahrscheinlichkeit, mit der ein ziviles Luftfahrzeug verunglückt, nur der weltweite Vergleichsmaßstab heranzuziehen sei. Alle bekannten Unfälle seien in die Berechungen einzubeziehen. Die Risikowerte des Gutachtens G16.2 für die Unfallrate am Flughafen Frankfurt Main seien ca. 19-mal niedriger als die gegenwärtige allgemeine Unfallrate in der Zivilluftfahrt. Nach Angaben der Firma Boeing liege die weltweite Wahrscheinlichkeit, mit der ein Flugzeug verunglücke, statistisch bei einem Unfall pro 1 Mio. Starts und Landungen. Die Unfallprognosen des Gutachters Oliva & Co. seien zu optimistisch, da nur eine stark eingeschränkte Anzahl von 11 Ereignissen in 10 Jahren betrachtet wurde. 18 Overrun-Ereignisse Seite 1494 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

53 Stattdessen solle die globale Unfallwahrscheinlichkeit zugrunde gelegt werden, da in Frankfurt Main Piloten und Flugzeuge aller Nationen starteten und landeten. Eine Besserstellung des Frankfurter Flughafens gegenüber der weltweiten Unfallrate um ein Vielfaches sei nicht nachvollziehbar und unbegründet. Grundsätzlich wird die Übernahme der in G16.2 berechneten Unfallwahrscheinlichkeit in die Berechnungen zum Einzelrisiko und zum Gruppenrisiko in G16.1 bzw. G16.3 bemängelt. Die Zugrundelegung der von Oliva & Co. wesentlich niedriger angesetzten Absturzrate führe in den darauf aufbauenden Gutachten G16.1 und G16.3 zu deutlich unterschätzten Einzelrisikowerten für die Wohnbevölkerung. Die Fraport AG vertritt die Ansicht, die spezifische Absturzrate für den Flughafen Frankfurt Main könne nicht aus den vorliegenden Datenquellen (z. B. Boeing) übernommen werden, da hier auch Flughäfen Berücksichtigung fänden, die nicht mit Frankfurt Main vergleichbar seien. Aus diesem Grund sei eine induktive Herleitung der spezifischen Absturzrate auf Basis einer Auswahl von vergleichbaren Flughäfen erforderlich. Dies werde im G16.2 durchgeführt. Herr Dr. Name025 hat beim Erörterungstermin darauf hingewiesen, dass der TÜV Pfalz in einem für das HMWVL erstellten Gutachten im Gegensatz zu Oliva & Co. (G16.2) eine doppelt so hohe Absturzrate ermittelt habe. Herr Name026 (GfL) hat im Erörterungstermin für die Fraport AG ausgeführt, dass die Werte der Boeing-Statistik mit denen des Gutachtens G16.2 nicht vergleichbar seien. Weiterhin sei die Statistik von Boeing auch deshalb mit Werten in G16.2 nicht vergleichbar, da die Vergleichbarkeit der Flughäfen nicht berücksichtigt worden sei, sondern die Ergebnisse sämtlicher amerikanischer Flughäfen eingeflossen seien. Zum Einwand, im Gutachten G16.2 sei eine deutlich geringere Absturzrate ermittelt worden als von anderen Gutachtern, hat die Fraport AG die Auffassung vertreten, dass die Unterschiede der von den verschiedenen Unternehmen erstellten Teilmodelle die Berechnung des externen Risikos nicht infrage stellten. Bei den Abweichungen um die Faktoren 2 und 6 müssten die zugrunde liegenden Randbedingungen und Definitionen beachtet werden. Diese könnten bei den entsprechenden Modellen des NLR, Oliva & Co. und der GfL unterschiedlich sein. Es sei üblich, dass die Teilmodelle zu geringfügig anderen Ergebnissen kämen und dass es eine entsprechende Variationsbreite gebe. Die Endergebnisse des externen Risikos 19 lägen bei allen drei genannten Unternehmen recht eng beieinander und seien auch durch den TÜV Pfalz bestätigt worden. Im Gutachten G16.2 wurde die Bestimmung der Absturzrate in vier Schritten durchgeführt: 1. Auswahl der zu Frankfurt Main ähnlichen Flughäfen durch eine hierarchische Cluster-Analyse aus einer Grundmenge von Flughäfen 2. Auswahl der an diesen Flughäfen aufgetretenen Flugunfälle nach bestimmten Auswahlkriterien 3. Differenzierung der Flugunfälle nach Start- und Landeunfällen 4. Ermittlung der Flugbewegungszahlen an den ausgewählten Flughäfen. In den einschlägigen Datenbanken werden verschiedene Absturzraten angegeben. Diese beziehen sich meist auf eine weltweite Auswertung der Absturzereignisse und werden für verschiedene Flugzeugtypen bzw. Flugzeugklassen (Generationen, Antriebssysteme) oder 19 Hier ist die Ausweisung der Einzelrisikozonen um den Flughafen Frankfurt Main gemeint. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1495

54 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Flugphasen ausgewiesen. Die Firma Boeing gibt in ihrem Jahresbericht 2003 weltweit für Passagierflüge im Zehnjahresmittel (1993 bis 2003) eine Unfallrate von 0,96 auf eine Million Flugbewegungen an. Diese Unfallrate beinhaltet alle dokumentierten Unfälle im Zeitraum ohne die Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen am zu betrachtenden Flughafen. Zur Ermittlung der Unfallrate für einen bestimmten Flughafen bzw. für eine bestimmte Flugsituation ist die Berücksichtigung flughafenspezifischer Gegebenheiten erforderlich. Bei der Bestimmung der für einen Flughafen spezifischen Absturzrate ist daher zu beachten, dass Flughäfen in Schwellenländern und Entwicklungsländern, die regelmäßig eine signifikant erhöhte Absturzrate aufweisen, weder von der technischen Ausstattung noch vom Flugsicherheitsmanagement mit Frankfurt Main zu vergleichen sind. Der Ansatz von allgemeinen Absturzraten beispielsweise aus dem Boeing-Jahresbericht würde zu einer deutlichen Überschätzung des Risikos am Flughafen Frankfurt Main führen. Neben der geopolitischen Lage und der technischen Ausstattung haben noch weitere Faktoren wie Verkehrsaufkommen und topographische Lage einen Einfluss auf die spezifische Absturzrate. Dies führt zu einer deutlichen Einschränkung der relevanten Absturzereignisse. Maßgeblich ist, aus der Gesamtheit aller Absturzereignisse diejenigen herauszufiltern, die für den zu betrachtenden Flughafen und die zu betrachtende Situation statistisch repräsentativ sind. Vergleicht man die in G16.2 ermittelte Absturzrate mit den bei anderen Berechnungsmodellen erhaltenen Zahlenwerten, so ist festzustellen dass Oliva & Co. sowohl für den Ist-Fall als auch für den Planfall die geringsten Absturzraten ansetzt. In der folgenden Tabelle werden die von Oliva & Co., im Gutachten TÜV Pfalz 2006 und von dem NLR ermittelten Absturzraten gegenübergestellt. Auch im Vergleich zur NATS (G16.4, Anhang 3) rechnet Oliva & Co. mit etwas niedrigeren Absturzraten 20. Oliva & Co. (G16.2) TÜV Pfalz 2006 NLR (G16.4) Ist-Fall Planfall Landung 6,27 x 10-8 Landung 5,62 x 10-8 Landung/ 1,05 x 10-8 Landung/ 0,937 x 10-8 Overrun Overrun Start 4,18 x 10-8 Start 3,75 x 10-8 gesamt 5,75 x 10-8 gesamt 5,15 x 10-8 Landung 1,2 x 10-7 bis Landung 1,1 x ,0 x 10-7 Start 0,5 x 10-7 bis Start 0,45 x ,4 x 10-7 (je nach Generation) (nur 3. Generation) Landung/ 1,24 x 10-7 bis Landung/ 0,769 x 10-7 bis Undershoot 7,53 x 10-7 Undershoot 4,67 x 10-7 Start/ 0,46 x 10-7 bis (Berücksichtigung von Präzisionsanflug, Overshoot 1,26 x 10-7 je nach Generation) (je nach Generation) 20 Die Absturzraten, die im Gutachten der NATS zur Ermittlung der externen Risikozonen zugrunde gelegt werden, werden dort nicht explizit angegeben und können nur aus den Zahlen für Flugbewegungen und zu erwartenden Absturzereignissen abgeleitet werden. Aus diesem Grund erfolgt keine Aufführung in der Tabelle. Seite 1496 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

55 Es wird kritisiert, dass im Gutachten G16.2 bei der Selektion der dem Flughafen Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen ein mathematisch-logisches Verfahren angewandt werde, das vom Gutachter selbst konstruiert sei. Die dabei angewandte Ähnlichkeitsphilosophie werde erstmals vorgestellt, es habe dazu noch keine Diskussion in der Fachwelt gegeben. Kein anderer Großflughafen sei bisher nach diesem Verfahren geplant worden. So stelle dieses Auswahlverfahren eine nicht näher verifizierbare Einzelmeinung dar. Die Fraport AG weist darauf hin, dass alle Gutachter, die sich mit der Bestimmung der Luftfahrzeugunfallrate befassen, die Ansicht teilten, dass die Unfalldaten von mehreren Flughäfen herangezogen werden müssten, um eine statistisch solide Ermittlung der Unfallrate vornehmen zu können. Auch seien sich alle Gutachten (z. B. NLR) einig, dass es sich bei der Auswahl der Flughäfen um vergleichbare, ähnliche Flughäfen handeln müsse. Der gewählte Ansatz werde also von der Fachwelt geteilt, er sei intersubjektiv nachvollziehbar. Das statistische Verfahren ermögliche Objektivität und entspreche den internationalen Standards der modernen Statistik. Zur Ermittlung der Absturzrate muss eine Auswahl von vergleichbaren oder ähnlichen Flughäfen getroffen werden. Entscheidend ist die Frage, wie weit die Grundmenge der Flughäfen eingegrenzt werden muss und aufgrund welcher Kriterien die Auswahl erfolgt. Im Gegensatz zu den meisten Methoden, die auf einer qualifizierten Expertenauswahl beruhen, führt Oliva & Co. eine Cluster-Analyse auf Basis bestimmter Selektionskriterien durch. Nach Ansicht einiger Einwender stellt sich die Frage, ob bei der Bestimmung der Absturzrate aus 11 Ereignissen und bei der Errechnung der Unfallstreuung aus 179 Ereignissen mit zweierlei Maß gerechnet werde. Die Fraport AG bestätigt, dass unterschiedliche Ereigniszahlen zur Bestimmung der Absturzrate (AR) und Absturzverteilung (AL) herangezogen würden. Die unterschiedlichen Modelle seien voneinander unabhängig. Eine Eingrenzung auf für den Flughafen Frankfurt Main relevante Ereignisse ist erforderlich. Vom mathematisch-statistischen Standpunkt kann die Absturzrate als unabhängig von der Absturzverteilung angesehen werden. Absturzrate und Absturzverteilung können daher aus unterschiedlichen Referenzmengen bestimmt werden, soweit diese Referenzmengen miteinander kompatibel sind und sich nicht widersprechen. Pragmatischer Hintergrund der unterschiedlichen Größe der Referenzmengen ist, dass die im Gutachten G16.2 betrachtete Anzahl von nur 11 Ereignissen zu gering ist, um eine dreidimensionale Verteilung aus zwei übereinander gefalteten zweidimensionalen Funktionen zu generieren. Ein Einwender hält die Absturzrate, die vom NLR im Gutachten G16.4 ermittelt worden ist, für plausibler als die, die von der GfL im Raumordnungsverfahren ermittelt worden war. Allerdings berücksichtige die Klassifizierung nach Flugzeuggenerationen nicht, dass aus verschiedenen Gründen mit zunehmenden Flugzeugalter die Absturzhäufigkeit ansteige. Somit sei zu erwarten, dass die Absturzhäufigkeit auch für Flugzeuge der 3. Generation ansteige. Der generelle Anstieg der Absturzhäufigkeit mit zunehmendem Alter der Flugzeuge sei auch aus den Graphiken des TÜV Pfalz zu erkennen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1497

56 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Fragwürdig sei auch die Klassifizierung der Flughäfen nach Größe. Es sei zu hinterfragen, ob tatsächlich eine Korrelation zwischen der Auswahl der Flughäfen und der Absturzhäufigkeit bestehe. Auch sei auffällig, dass mehrere größere europäische Flughäfen, an denen sich in den letzten Jahren Unfälle ereignet hätten, nicht aufgeführt worden seien. Die Fraport AG erläutert, dass das Gutachten des NLR aus Gründen der Risikobewertung angefertigt worden sei. Es diene dem Nachweis der Plausibilität des gegenüber dem Raumordnungsverfahren deutlich detailgetreueren Gutachtens der GfL zum externen Risiko. Von Oliva & Co. wird in G16.2 eine im Vergleich zum NLR geringere Absturzrate angegeben. Die nach der Methode des NLR ermittelte Absturzrate für Landungen liegt je nach Flugzeuggeneration im Ist-Fall etwa zweimal (3. Generation) bis etwa zehnmal (1. Generation) höher. Im Planfall wird generationenabhängig eine etwas höhere bis wiederum zehnmal höhere Absturzrate für Landungen angegeben. Auch von anderen Gutachtern wie dem TÜV Pfalz werden höhere Absturzraten angesetzt. Auch wenn die Methode von Oliva & Co. anwendbar sein mag und in sich geschlossen ist, muss hinterfragt werden, ob eine derart starke Einschränkung der Vergleichsflughäfen aufgrund von Kriterien, die durch das Flugverkehrsaufkommen bestimmt werden, sinnvoll und berechtigt ist. Mit einer höheren Absturzrate würden sich auch höhere Risikowerte sowohl für das Einzelrisiko als auch für das Gruppenrisiko ergeben, da die Absturzrate multipliziert mit der Flugbewegungszahl die bedingte absolute Absturzwahrscheinlichkeit im Untersuchungsraum bestimmt. Von einzelnen Einwendern wird kritisiert, dass im Gutachten G16.1 für die Berechnungen des Risikos aus dem Flugverkehr im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main der Mittelwert der Unfallwahrscheinlichkeiten für Starts und Landungen aus G herangezogen worden sei. Im Planfall interessiere jedoch vor allem die Unfallwahrscheinlichkeit bei Landungen. Diese sei nach Aussagen des Gutachtens um 75 % höher als bei Starts. Nach Ansicht der Fraport AG wird im Gutachten G16.1 nicht nur das externe Risiko für die Landungen auf der geplanten Landebahn Nordwest bestimmt, sondern das externe Risiko für das gesamte Flughafensystem im Ist-Fall, im Prognosenullfall und im Planfall. Dazu würden in G16.2 (S. 77) Unfallraten für Abflüge und Anflüge ausgewiesen, und diese fänden Eingang in G16.1. Selbstverständlich werde dabei berücksichtigt, dass für die Landebahn Nordwest lediglich die Unfallrate für Anflüge relevant sei. Aus dem Gutachten G16.1 selbst ist nicht erkennbar, ob mit unterschiedlichen Absturzraten für Start und Landung oder mit den Gesamtwerten aus G16.2 gerechnet wird. Im entsprechenden Kapitel wird nur die Gesamtabsturzrate angeführt. Soweit mit der Gesamtrate gerechnet wird, ergibt sich insbesondere für die Landebahn Nordwest eine Unterschätzung des externen Risikos, da die Absturzrate für Landungen deutlich höher liegt. 21 G16.2 gibt Absturzraten für Start-, Landevorgänge und für Overruns an. Die einzelnen Absturzraten werden auch als Mittelwert angegeben. Seite 1498 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

57 Es wird vorgetragen, die von Oliva & Co. ermittelten Absturzraten für Landungen und Starts seien nicht zu mitteln, sondern zur Berechnung der Absturzhäufigkeit zu addieren, woraus sich ein Wert von 1,15 x 10-7 ergebe. Nach Aussage der Fraport AG würden keine Mittelwerte gebildet. Die Unfallraten würden auf Seite 77 des Gutachtens G16.2 in der Einheit pro Flugbewegung ausgewiesen. Für An- bzw. Abflüge würden diese anschließend in der Einheit pro Landung bzw. pro Start ausgewiesen. Eine Addition von Unfallraten mit unterschiedlicher Einheit, also eine Addition der Unfallrate pro Start und der Unfallrate pro Landung, ist unzulässig. Unfallraten bei An- und Abflügen verhalten sich zur gesamten Unfallrate nicht wie die Addition von zwei gleichnamigen Brüchen. Die von Oliva & Co. ermittelte Absturzrate ist bei Landungen höher als bei Starts. Diese Tendenz wird auch durch andere Untersuchungen (z. B. TÜV Pfalz) bestätigt. Eine einfache Summenbildung aus Start und Landungen zur Ermittlung der Gesamtabsturzrate ist statistisch nicht richtig, da es sich um unterschiedliche Bezugsgrößen handelt. Für Startbewegungen gilt die Absturzrate für Starts, für Landebewegungen gilt die Absturzrate für Landungen. Eine Addition würde eine doppelte Berücksichtigung des Absturzrisikos zur Folge haben. Es kann daher ein Mittelwert bzw. gewichteter Mittelwert gebildet werden. Von einigen Einwendern wird vorgetragen, dass im Gutachten G16.2 die Analyse fehle, ob und wie die Unfallraten durch Einzelkriterien wie Art, Anzahl, Länge, Lage der Bahnen, Topographie, meteorologische Standortbedingungen oder Umgebungsbedingungen am Standort Frankfurt Main beeinflusst werden. Es solle in einer erneuten Untersuchung geklärt werden, wie die Unfallhäufigkeit durch besondere Eigenschaften des Standorts Frankfurt Main beeinflusst wird. Die Fraport AG erläutert, dass die Unfallrate aus historischen Daten zu Luftfahrzeugunfällen auf induktivem Weg ermittelt worden sei. Wenn man die Unfallrate einzig und allein anhand der Gegebenheiten eines Flughafens (Frankfurt Main) berechnen würde, wäre die Datengrundlage aus statistischer Sicht zu unsicher, weil dann Einzelheiten so stark dominierten, dass man die induktiv erarbeitete Gesetzmäßigkeit als wenig stabil und verzerrt bezeichnen müsste. Es sei daher nötig, Daten aus mehreren ähnlichen Flughäfen heranzuziehen, damit eine statistische Ermittlung der Unfallrate und deren Prüfung auf Gültigkeit vorgenommen werden könne. Die angesprochenen Kriterien können bei der Berechnung der Absturzrate nur indirekt beispielsweise als Selektionskriterien für die Auswahl von Vergleichsflughäfen herangezogen werden. Je mehr Kriterien bei der Auswahl herangezogen werden, umso stärker wird die Gruppe der Vergleichsflughäfen und damit die Datenbasis auf Kosten der Aussagekraft und Verwendbarkeit der erhaltenen Ergebnisse eingeschränkt. Die Ableitung der Absturzrate erfolgt aus historischen Ereignissen. Statistisch abgesicherte Untersuchungen zu den Einflüssen der genannten Kriterien sind nicht bekannt. Ein Einwender verlangt, dass auch Abstürze bei Positionierungsflügen berücksichtigt werden müssten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1499

58 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Im Erörterungstermin ist ergänzt worden, in der Boeing-Studie oder den BAM-Forschungsberichten 231 und 260 (Konersmann) sei dokumentiert, dass die Absturzwahrscheinlichkeit bei Fracht- und Positionierungsflügen doppelt so hoch sei als bei Passagierflügen. Die Fraport AG erwidert hierauf, dass sich die Luftfahrzeugunfallrate in G16.2 auf den kommerziellen Zivilluftverkehr beziehe. Sowohl die Unfallereignisse als auch die Anzahl der Flugbewegungen müssten sich auf dieses Kriterium beziehen. In den untersuchten Flughäfen bilde der kommerzielle Zivilluftverkehr fast ausschließlich die Grundlage der Luftfahrzeugunfallrate. Dieser bilde annähernd 100 % des Frankfurter Verkehrsaufkommens ab. Der Einbezug der Positionierungsflüge würde eine inkonsequente Erweiterung der Definition und eine Veränderung der ursprünglichen Fragestellung bedeuten. Es wird kritisiert, dass es im Gutachten G16.2 zu einem Wechsel von der absoluten Unfallwahrscheinlichkeit zu einer relativen Betrachtungsweise (Anzahl der Unfälle in Abhängigkeit vom Verkehrspotential) komme. Übertrüge man hingegen die relativen Werte auf absolute Werte, würde deutlich, dass mit zunehmendem Luftverkehr auch die absolute Wahrscheinlichkeit für einen Unfall steige. Die Fraport AG räumt ein, dass durch die Erhöhung der Kapazität am Flughafen Frankfurt Main sich unweigerlich auch das Risiko pro Zeiteinheit erhöhe. Dieser Sachverhalt sei auch bereits in der Mediation festgestellt worden. Als Ausschlusskriterium für den Ausbau dürfe laut der Arbeitsgruppe Flugsicherung und Navigation dieser Sachverhalt nicht gelten (siehe Ergebnispapier V11c, , Mediation Flughafen Frankfurt, S. 2). Auch mit dem Ausbau bleibe gemäß Gutachten G16.4 das Risiko auf einem akzeptabel niedrigen Niveau. Die absolute Absturzwahrscheinlichkeit in einem bestimmten Gebiet ergibt sich aus der relativen systembedingten Versagenswahrscheinlichkeit Absturzrate (Abstürze je Flugbewegung) und der Anzahl der Flugbewegungen in diesem Gebiet. Sie steigt mit zunehmenden Flugbewegungszahlen. Es wird gerügt, dass bei der Ermittlung der Absturzrate Bewegungen von Kleinflugzeugen und Militär herausgerechnet worden seien. Die Fraport AG führt an, dass sich die Luftfahrzeugunfallrate auf den kommerziellen Verkehr der Zivilluftfahrt beziehe. Auch der Flughafen Frankfurt Main werde demnächst nur noch Zivilluftverkehr abwickeln. Die Air Base werde Ende 2005 geschlossen. Die Absturzraten beziehen sich nur auf zivile Luftfahrzeuge. Da der Anteil militärischer Flüge gering ist, wird hierin keine unzulässige Einschränkung der Datenbasis gesehen. Es wird vorgetragen, dass bei der Unfallart Landing Overrun angenommen werden müsse, es gäbe eine negative Korrelation zwischen Landebahnlänge und Unfallhäufigkeit. Dieser Zusammenhang sei in den Gutachten nicht untersucht worden. Seite 1500 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

59 Die Fraport AG bestreitet, dass eine derartige Korrelation bestehe. Es existierten vorgeschriebene Berechnungsverfahren für das Flugzeuglandegewicht in Abhängigkeit der verfügbaren Landebahnlänge, so dass in jedem Fall eine sichere Landung gewährleisten werden könne. Insofern führten kürzere Landebahnlängen auch nicht automatisch zu einer höheren Unfallwahrscheinlichkeit. Für die jeweilige Bahnlänge sind nur Flugzeuge zugelassen, die dort sicher landen können. Dennoch ist bei der Landebahn Nordwest die Unfallart Landing Overrun vor allem bei Anflügen aus dem Osten einer genaueren Betrachtung zu unterziehen, da direkt am Ende des Sicherheitsbereichs das Gelände der Ticona beginnt. Overrun-Ereignisse, die an anderen Flughäfen noch innerhalb des Flughafengeländes stattfanden, könnten hier zu einem externen Schaden führen, der durch das Vorhandensein von Einrichtungen mit gefährlichen Stoffen (Ergasleitung, Ethylenpipeline) verstärkt werden kann. Auch vor diesem Hintergrund ist die ausschließliche Einbeziehung von Flugunfällen außerhalb des Flughafenfeldes in G16.2 in die Berechnung der Absturzraten zu überprüfen. Die Unfallrate für die Unfallart Landing Overrun wird von Oliva & Co. nur auf Basis eines Ereignisses (G16.2, S. 78) berechnet. Das mag zwar statistisch möglich sein, ist jedoch bezüglich der Aussagekraft und Verwertbarkeit zu hinterfragen. Auch hieran zeigt sich, dass die Auswahl der Referenzflughäfen statistisch zwar stabil und nachvollziehbar ist jedoch zu einer zu starken Einschränkung bei der Datenbasis aufgrund zu eng gewählter Varianzen führt. Im Rahmen der Erörterung ist kritisiert worden, dass die Unfallart Veer-off (Flugzeug kommt neben der Landebahn auf) nicht untersucht worden sei. Das Abkommen von der Landebahn Nordwest sei insbesondere für die ICE-Strecke und die parallel verlaufende Autobahn relevant. Nach der im Gutachten G16.2 gewählten Methode muss diese Absturzart berücksichtigt sein, wenn sie außerhalb des Flughafengeländes stattfindet. Interne Unfälle werden nach den Ausführungen von Oliva & Co. grundsätzlich nicht berücksichtigt. Auch bei der Modellierung der Absturzverteilung in G16.1 muss diese Unfallart grundsätzlich berücksichtigt werden. Ob dies geschehen ist und - wenn ja - welche einzelnen Ereignisse berücksichtigt wurden, geht aus G16.1 nicht hervor Auswahl der Vergleichsflughäfen durch eine Cluster-Analyse Von einigen Einwendern wird die Auswahl der mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen durch eine Cluster-Analyse in G16.2 kritisiert. Im Gutachten G16.2 sei eine fehlerhafte Auswahl der Referenzflughäfen erfolgt. So seien die gewählten Kriterien - Zeitraum, Flugbewegungszahl, Passagierzahl und Frachtvolumen - ungeeignet, um Flughäfen unter flugsicherheitstechnischen Aspekten zu vergleichen, da sie keinen Bezug zur Flugsicherheit aufwiesen. Es handele sich vielmehr um ökonomische Kenngrößen. Die Vergleichsgruppenbildung für ähnliche Flughäfen sei anhand der herangezogenen Kriterien willkürlich und sachfremd, da Flughäfen mit vollkommen verschiedenen Parametern verglichen worden seien. Auch die Gewichtung der drei Kriterien sei unklar. Die Flughafenauswahl beruhe nicht auf internationalen Standards wie beispielsweise denjenigen des NLR. Die Kriterien des NLR seien zur Auswahl der Referenzflughäfen geeignet und würden in der Anlage 1 zum Gutachten G16.4 (NLR, Analysis of third party risk) darge- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1501

60 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main legt. Insgesamt wichen Oliva & Co bei 2/3 der Flughäfen von der Liste der Vergleichsflughäfen des NLR ab. Dies führe dazu, dass 46 der mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen in flugtechnischer Sicht nicht dem Flughafen Frankfurt Main ähnlich seien. Es wird deshalb gefordert, dass einer erneuten Untersuchung zur Luftfahrzeugunfallrate flugsicherheitstechnisch vergleichbare Referenzflughäfen zugrunde gelegt werden. Zu den Auswahlkriterien führt die Fraport AG aus, dass von den zwei gebräuchlichen Ansätzen zur Auswahl einer Gruppe ähnlicher Flughäfen nicht die subjektive Expertenlösung, sondern die objektive statistisch-induktive Lösung gewählt werde. Hier werde das Auswahlkriterium einmal zu Beginn der Auswahl von Flughäfen festgelegt und anhand einer Formel und Entscheidungswerten definiert. Hierfür werde die Cluster-Analyse verwendet, in der die formalen Entscheidungskriterien und Entscheidungsabläufe mathematisch definiert würden. Das Selektionskriterium ähnlich werde durch ein Abstands- bzw. Varianzmaß innerhalb eines mehrdimensionalen Raumes definiert. Als Dimensionen fänden die Kriterien Flugbewegung pro Jahr, Frachtaufkommen pro Jahr und Passagieranzahl pro Jahr für den Zeitraum von 1997 bis 2001 Berücksichtigung. Die drei genannten Dimensionen bildeten die für die vorliegende Fragestellung relevanten Vergleichsmaßstäbe der Flughäfen der Welt. Wenn es um den Bezug zum Flughafen Frankfurt Main gehe, der ein Hub nicht nur für Passagiere, sondern auch für Fracht sei, könne auf keine der drei Dimensionen verzichtet werden, da jede für sich einen statistisch unabhängigen Aspekt des Verkehrsaufkommens beschreibe. Weil es überdies um den Vergleich mit einem Verkehrs-Hub von weltweiter Bedeutung gehe, stelle die permanente Erbringung der Verkehrsleistung ein zentrales Kriterium dar. Deswegen müsse ein potentiell vergleichbarer Flughafen in der Betrachtungszeit 1997 bis 2001 in jedem Jahr und für jede Dimension zu den 500 größten Flughäfen der Welt zählen. Daraus ergebe sich die Zahl von 280 Flughäfen als Ausgangsgröße. Dadurch werde erreicht, dass alle potentiell ähnlichen Flughäfen auch aufgenommen worden sind. Die Kriterien seien nicht gewichtet worden. Es sei eine Hauptkomponentenanalyse durchgeführt worden. Innerhalb der Hauptkomponentenanalyse sei keine Gewichtung der einzelnen Variablen vorgenommen worden. Im Gutachten G16.2 werde die relative Häufigkeit von Luftfahrzeugunfällen am Flughafen Frankfurt Main bestimmt. Eine solche Unfallrate könne methodisch nur auf induktivem Weg bestimmt werden, d. h. sie könne nicht von einer anderen Größe abgeleitet, sondern nur aufgrund der Erfahrung berechnet werden. Hierfür müsse ein Erfahrungsraum bestimmt werden, dessen Elemente einander im statistischen Sinne hinreichend ähnlich sind. Von diesen Flughäfen würden aus unterschiedlichen Datenbanken die Gesamtflugbewegungszahlen und die Unfallzahlen ermittelt und so die relative Häufigkeit von Luftfahrzeugunfällen bestimmt. Auch die statistische Datenbasis der Boeing würde dabei in der Datenanalyse in G16.2 verwendet, da diese genaue Angaben über Unfallraten, Unfallursachen, Luftfahrzeugtypen und Flugphasen mache. Zur von Boeing ermittelten allgemeinen Unfallrate wird ausgeführt, dass darin auch Unfälle enthalten seien, die für die Untersuchungen zum externen Risiko am Flughafen Frankfurt Main irrelevant seien (z. B. Bergunfälle, Unfälle auf dem Flughafengelände, Unfälle im Reiseflug, Unfälle aufgrund fehlender Navigationseinrichtungen an Flughäfen mit geringem Verkehrsaufkommen). Nach Ansicht der Fraport AG würde die geforderte Bestimmung der Ähnlichkeit zwischen Flughäfen unter flugsicherheitstechnischen Aspekten eine statistische Regel verletzen, weil die Unabhängigkeit der Rechnung nicht garantiert würde. Der Begriff Ähnlichkeit Seite 1502 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

61 müsse hier als kontextuelle Eigenschaft in einer Gruppe von Flughäfen verstanden werden, in der die flugsicherheitstechnischen Aspekte nahezu flächendeckend verteilt sind. Zur Abweichung der Flughafenauswahl in G16.2 von der Auswahl im NLR-Gutachten wird ausgeführt, dass die beiden verwendeten Flughafenlisten zu 2/3 miteinander übereinstimmten und nicht zu 2/3 voneinander abwichen. Es bestehe also eine hohe Übereinstimmung zwischen beiden Listen. Bei der Überprüfung der Stabilität der Unfallrate seien zudem alle vom NLR verwendeten Flughäfen mitberücksichtigt worden seien (vgl. G16.2, Kapitel 5). Die Vorgehensweise des NLR entspreche zudem nicht einem internationalen Standard, weil ein solcher nicht bestehe. Die Gutachten G16.1 und G16.2 zur Bestimmung des externen Risikos basierten auf einer Methodik, die nachvollziehbar und begründet sei, sich auf wissenschaftlich abgeleitete Modelle stütze und auf konservativen Annahmen basiere. Im Erörterungstermin hat Herr Dr. Name027 (Firma138) für die Firma057 bemängelt, die sicherheitsrelevanten Gegebenheiten am Frankfurter Flughafen, insbesondere die spezifische Situation im Zusammenhang mit Ticona (Optical Illusions, Hindernisse im Anflug) seien bei der Cluster-Bildung nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die von den Gutachtern gewählten Cluster-Faktoren seien nicht ausreichend, um das Risiko des Standorts zu charakterisieren. Besonders deutlich werde dies bei der Berechnung der Unfallrate für Landing Overrun, wo die Statistik nur auf einem einzigen Fall beruhe. Stabilitätsuntersuchungen könne man hier nicht mehr durchführen. Weiterhin ist von der Firma057 ausgeführt worden, dass vom NLR Absturzraten genannt würden, die beim Undershoot um einen Faktor 2 und beim Landing Overrun um den Faktor 6 höher seien. Gerade das Landing Overrun sei bei der Nordwestvariante für die Firma057 von sicherheitstechnischer Bedeutung. Dies belege die statistische Unsauberkeit des Gutachtens G16.2. Eine Erhöhung um den Faktor 6 könne nicht als geringfügig bezeichnet werden. Auch Herr Name028 hat im Erörterungstermin für die Stadt Offenbach am Main und andere kritisiert, durch die gewählten Kriterien werde bei der Cluster-Analyse eine unzulässige Eingrenzung der mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen auf vorwiegend nordamerikanische Flughäfen mit hohen Verkehrszahlen und wenigen Absturzereignissen erreicht, so dass sich zwangsläufig eine sehr geringe Absturzrate ergeben müsse. Insbesondere an nordamerikanischen Flughäfen sei der Anteil der allgemeinen Luftfahrt hoch. Daher ergäben sich zwar hohe Flugbewegungszahlen, die Unfälle mit diesen Flugzeugkategorien würden aber mit der Begründung, dass sie atypisch für die Frankfurter Verhältnisse seien, von der Betrachtung ausgeschlossen. Zudem sei schon fraglich, ob diese Flughäfen nach den im Gutachten G16.2 selbst gewählten Parametern überhaupt mit Frankfurt Main vergleichbar seien. So seien beispielsweise die Zahlen für das Frachtaufkommen zu hinterfragen, da an nordamerikanischen Flughäfen Teile des Frachtaufkommens nicht geflogen würden sondern per Truck transportiert würden. Zum Vortrag der Vertreter der Firma057 hat die Fraport AG im Erörterungstermin erwidert, dass die in G16.2 dargestellten statistischen Verfahren die Ähnlichkeit mit dem Flughafen Frankfurt Main berücksichtigten. Die ähnliche Anzahl von Flugbewegungen, Passagieren und Frachtaufkommen (Dimensionen der Cluster-Analyse) sei messbar. Die von der Firma138 vorgeschlagenen Kriterien wie Vogelschlag, Irritationen, Optical Illusions und Hindernisse, hätten demgegenüber keine Sicherheitsrelevanz. Die dargestellten Dimensionen stellten für die vorliegende Fragestellung relevante Vergleichsmaßstäbe für die Flughäfen der Welt dar. Auf keine der drei Dimensionen könne verzichtet werden, weil jede für sich einen statistischen unabhängigen Aspekt des Verkehrsaufkommens be- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1503

62 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main schreibe. Nur über diese Kriterien sei eine statistisch sichere Ermittlung der Flugzeugunfallrate möglich. Bei Methoden wie denen der NATS, des NLR oder der BAM wird die Auswahl der zu vergleichenden Flughäfen und damit der heranzuziehenden Absturzereignisse durch eine qualifizierte Expertenauswahl getroffen. Oliva & Co. trifft in G16.2 die Entscheidung über die mit Frankfurt Main zu vergleichenden Flughäfen auf Basis einer Cluster-Analyse. Die Cluster-Analyse ist eine mathematisch-statistische Methode, mit der aus einer Grundgesamtheit von Elementen nach bestimmten Eigenschaften der einzelnen Elemente solche ausgewählt werden, die bezüglich der Selektionskriterien ähnlich sind. Die Elemente dürfen hinsichtlich der Selektionsattribute nur eine bestimmte Varianz (Abweichung) aufweisen. Die Festlegung der Selektionskriterien und die Festlegung der zulässigen Varianzen innerhalb der Selektionskriterien bestimmen Auswahl und Anzahl der ähnlichen E- lemente. Die Selektionskriterien von Oliva & Co. sind: Passagieraufkommen, Frachtaufkommen und Flugbewegungszahlen. Im vom HMWVL beauftragten Teilgutachten 2 (Methodenvergleich) über die qualitätssichernde Bewertung des Gutachtens des RWTÜV zur Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv Höchst in Kelsterbach (TÜV Pfalz 2003/2) wurde vom TÜV Pfalz eine Gegenüberstellung der Methoden der GfL/Oliva & Co. aus den Planfeststellungsunterlagen mit international angewandten Methoden wie denjenigen des NLR, der NATS, des DOE oder der BAM durchgeführt. Im Gutachten über die qualitätssichernde Überprüfung des Gutachtens G16.1 Externes Risiko für den Flughafen Frankfurt Main der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GfL) vorgelegt durch den Antragsteller Fraport AG im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau des Flughafens Frankfurt Main (TÜV Pfalz 2005b) wird vom TÜV Pfalz im Auftrag des HMWVL eine Bewertung der Anwendbarkeit der Methodik der GfL/Oliva & Co. zur Ermittlung der Absturzrate und der Absturzverteilung am Flughafen Frankfurt Main durchgeführt. Dieser Gutachtenentwurf stellt die einzige vorliegende Expertenaussage zur Methodik von GfL/Oliva & Co. dar und ist deshalb heranzuziehen. Vor Durchführung der Cluster-Analyse wurde von Oliva & Co. eine Vorauswahl nach einem Vollständigkeitskriterium für die selektionsrelevante Datenbasis durchgeführt. Aus einer unbestimmten Grundgesamtheit an Flughäfen vermutlich 500 wurden die Flughäfen ausgewählt, für die eine vollständige Datenbasis vorliegt. Zur weiteren Selektion verblieben 280 Flughäfen, die das Vollständigkeitskriterium erfüllen. Die ausgewählten Flughäfen werden von Oliva & Co. jedoch nicht dokumentiert. Diese Selektion betrifft in der Regel kleine Flughäfen, die auch bezüglich der Ausstattung mit Frankfurt Main nicht vergleichbar sind. Nach den Ausführungen im qualitätssichernden Gutachten TÜV Pfalz 2005b wurden auch 16 Flughäfen mit über Flugbewegungen aufgrund des Vollständigkeitskriteriums aus der Cluster-Analyse genommen. Bei 11 der 16 unberücksichtigten Flughäfen mit hohen Flugbewegungszahlen waren keine Angaben zum Kriterium Frachtverkehr vorhanden, wodurch das Kriterium Frachtaufkommen eine wesentliche Einschränkung bei der Auswahl der Referenzmenge darstellt. Seite 1504 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

63 Da jedoch die Kriterien Passagieraufkommen und Frachtaufkommen vom Kriterium Flugbewegungen abhängige Größen sind, kann eine unzulässige Einschränkung der Auswahl der für die Cluster-Analyse herangezogenen Grundmenge an Elementen resultieren. Nach TÜV Pfalz 2005b ist eine Einschränkung aufgrund eines von anderen Kriterien abhängigen und daher statistisch verzichtbaren Auswahlkriteriums nicht begründbar. Zur Folge hätte dies, dass ohne das Kriterium Frachtaufkommen eine größere Anzahl von Flughäfen (nach TÜV Pfalz 2005a 334 Flughäfen) in die Cluster-Analyse eingehen müsste. Diese Auswahlmenge führt nach TÜV Pfalz 2005b zu einer Anzahl von 186 mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen. Der Zeitraum für die Ermittlung der ähnlichen Flughäfen ( ) wird auch vom TÜV Pfalz für ausreichend gehalten. Die Auswahl erweist sich auch unter Einbeziehung vorangegangener Jahre sowie der folgenden Jahre 2002 und 2003 als stabil und kann damit auch als Grundlage für die Extrapolation für den Planfall 2015 dienen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Methode von Oliva & Co. zur Ermittlung der Absturzrate auf einer sehr eingeschränkten Datenbasis beruht. Bei der Auswahl der in die Cluster-Analyse eingehenden Flughäfen ist zunächst das Vollständigkeitskriterium von Oliva & Co. insbesondere hinsichtlich eines bezüglich des Frachtaufkommens vollständigen Datensatzes angreifbar. Auch die Cluster-Bildung auf Basis dreier eng miteinander verbundener statistisch nicht unabhängiger Selektionskriterien führt zu einer zu starken Eingrenzung der vergleichbaren Flughäfen. Gerade die Berechnung der Unfallrate für den Landing Overrun auf Grundlage nur eines einzigen Ereignisses zeigt, dass die Auswahl der Referenzflughäfen statistisch zwar stabil und nachvollziehbar sein mag, aber zu einer zu starken Einschränkung bei der Datenbasis aufgrund zu eng gewählter Varianzen führt. Hier wird die Datenbasis derart eingeschränkt, dass die Aussagekraft und Verwendbarkeit der erhaltenen Ergebnisse zu hinterfragen sind. Die Nichtberücksichtigung von Unfällen mit Kleinflugzeugen bei gleichzeitiger Auswahl nordamerikanischer Flughäfen mit hohem Anteil an Flugbewegungen dieser Luftfahrzeuge macht die Auswahl der Flughäfen angreifbar. Gerade aufgrund der eingeschränkten Datenbasis ist die Ausweisung eines Vertrauensbereichs für die Absturzrate und die Offenlegung weiterer Daten unerlässlich. Aufgrund der starken Einschränkung der Datenbasis zur Ermittlung der Absturzrate und der Angreifbarkeit des Verfahrens von Oliva & Co. in G16.2 erscheint die Modellierung der Absturzwahrscheinlichkeit im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main auf Grundlage von allgemein anerkannten Absturzraten erforderlich. Um eine geschlossene und einheitliche Betrachtung zu gewährleisten, sollten hier die vom TÜV Pfalz ermittelten Absturzraten zugrunde gelegt werden, da die immissionsschutzrechtliche Überwachungsbehörde bereits auf Basis der Gutachten des TÜV Pfalz Anordnungen zu sicherheitstechnischen Untersuchungen erlassen hat und auch die Argumentation im Änderungsverfahren zum LEP im Umweltbericht auf die Gutachten des TÜV Pfalz (TÜV Pfalz 2003/1 und 2006) abstellt. Ein Einwender beschäftigt sich sehr detailliert mit der Auswahl der Flughäfen (Cluster-Analyse) in G16.2. Grundsätzlich gebe es einen Konflikt zwischen dem Ziel, mög- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1505

64 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main lichst viele Ereignisse auszuwerten, und dem Ziel der höchstmöglichen Vergleichbarkeit. Oliva & Co. habe zu wenige Ereignisse ausgewählt und darüber hinaus unplausible Vergleichskriterien gewählt. Grundsätzlich fehlerhaft sei, vergleichbare Flughäfen vor allem über die Größe zu definieren. Damit würden plausible Faktoren wie Anteil von Flügen aus Drittwelt- und Ostblockländern, Witterungsbedingungen und Frachtfluganteil (Frachtflugzeuge hätten eine höhere Unfallhäufigkeit) vernachlässigt; auch stelle sich die Frage nach einer möglichen höheren Unfallhäufigkeit an Flughäfen mit Wartungsbasis. In den USA, wo sich die Mehrzahl der ausgewählten Flughäfen befinde, sei der Anteil der stark absturzgefährdeten Flugzeuge aus Ländern der Dritten Welt oder des früheren Ostblocks geringer, auch könne man von überwiegend besseren Witterungsbedingungen als in Frankfurt am Main ausgehen. Letztlich seien womöglich andere Faktoren für die bei größeren Flughäfen statistisch niedrigere Unfallrate entscheidend als das Verkehrsaufkommen. Der Zusammenhang könne etwa dadurch entstehen, dass bei großen Flughäfen der Zaun oft weiter vom Landebahnkopf entfernt sei als bei kleinen und damit an großen Flughäfen solche Abstürze, die sich bei einem kleinen Flughafen außerhalb des Zauns ereignet hätten und deshalb statistisch erfasst worden wären, aufgrund der (fragwürdigen) Einschränkung, lediglich Abstürze außerhalb des Flughafengeländes zu betrachten, unberücksichtigt blieben. Und letztlich stelle sich die Frage, ob bei Großflughäfen nicht häufiger das Gelände so sei, dass Abstürze glimpflich verliefen. Zweifelhaft sei es auch, dass die Zahl der Start- und Landebahnen im Gegensatz zum Vorhandensein eines ILS nicht als Vergleichskriterium herangezogen worden ist. Zusammenfassend wird infrage gestellt, warum genau 46 Flughäfen ausgewählt worden seien. Der 47. Flughafen wäre Zürich gewesen, wo es in den letzten Jahren mehrere Abstürze gegeben habe. Die Unfallrate bei anderen als den mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen sei deutlich größer. Es wäre eigentlich für jeden Einzelfall zu prüfen, ob die registrierten Unfälle auch in Frankfurt Main hätten passieren können. Nicht zu berücksichtigen seien hier vor allem Nichtpräzisionsanflüge sowie kontrolliertes Fliegen in einen Berg, da dies in Frankfurt am Main unwahrscheinlich sei. Die Abstürze an anderen Flughäfen seien nicht dokumentiert. Außerdem ist der Einwender der Auffassung, es sei falsch, lediglich Unfälle mit Todesfolge zu betrachten. Im Gutachten G16.1, Seite 50, werde auch die kumulierte Unfallhäufigkeit genannt, nämlich in Frankfurt Main ein Unfall mit Todesfolge in 30 Jahren. Dies würde korrelieren mit etwa einem Unfall mit Todesfolge bei Verkehrsflugzeugen in Deutschland in 10 Jahren es habe jedoch mehr Unfälle gegeben. Und hinzu kämen die Unfälle, bei denen es lediglich aufgrund glücklicher Umstände keine Toten gab (1999 Air-India in Frankfurt Main, 2004 Austrian Airlines in München). Auch diese Zahl zeige die offenkundige Unterschätzung des Risikos. Ein weiteres Indiz für fehlerhafte Berechnungsmethodik sei, dass andere Gutachter (z. B. NATS und NLR) zu weitaus höheren Absturzrisiken gekommen seien als die Gutachter der Fraport AG. Die Fraport AG weist den Einwand, der Gutachter des Gutachtens G16.2 habe zu wenige Ereignisse ausgewählt und darüber hinaus unplausible Vergleichskriterien gewählt, zurück. Seite 1506 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

65 Die Fraport AG hält die vorgeschlagenen alternativen Kriterien für nicht angemessen, um systematisch und kontrolliert Flughäfen auszuwählen, die dem Flughafen Frankfurt Main möglichst ähnlich seien. Das vorgeschlagene Kriterium Ausrüstung mit ILS würde weit mehr Flughäfen einbeziehen, die dem Flughafen Frankfurt Main unähnlich seien. Das Kriterium Topographie könne sich nur auf den Bereich der An- und Abflüge beziehen. Diese Räume seien normiert und deshalb im oben genannten Sinne kein Kriterium für die Auswahl möglichst ähnlicher Flughafen. Dasselbe gelte auch für die vorgeschlagenen Kriterien Flugzeugtypen und Herkunftsländer, die nur vordergründig als echte Maßstäbe für Ähnlichkeit gelten könnten. Die Auswahl der Flughäfen werde nicht nach subjektiven Kriterien durchgeführt, sondern erfolge konsequenterweise aufgrund der festgelegten Methode und den statistischen Auswahlkriterien mit dem Ziel, anhand eines festgelegten Algorithmus systematisch und ohne subjektive Entscheidungen zu einem Resultat zu gelangen. Zur Zahl der Start- und Landebahnen als Vergleichskriterium führt die Fraport AG an, dass die Variationsbreite der Anzahl der Start- und Landebahnen ein Hinweis darauf sei, dass in der homogenen Gruppe der 46 Flughäfen nicht einfach nach einem einzigen Muster abgewickelt werde. Die Zahl von 46 vergleichbaren Flughäfen habe sich ergeben, weil die restlichen Flughäfen nach den Cluster-Kriterien als unähnlich gälten und damit unberücksichtigt bleiben könnten. Die Flughäfen seien nach den Vergleichsmaßstäben ausgewählt worden und nicht nach dem Kriterium der Anzahl der Luftfahrzeugunfälle. Zu den Berechnungen der NATS und des NLR wird ausgeführt, dass die NATS und das NLR die Absturzwahrscheinlichkeit spezifisch für den Flughafen Frankfurt Main bestimmt hätten. Ihre Berechnungen dienten der Plausibilitätsprüfung der Unfallverteilung, die jedoch von einer anderen Datenbasis ausgegangen sei. Ferner gelte es auch zu bedenken, dass das NLR z. B. auch Flugunfälle ohne Todesfolge berücksichtige, d. h. die Unfallrate werde dort anders definiert. Diese Unterschiede würden durch andere Parameter wie größere Auswirkungsradien wieder aufgefangen und führen am Ende zu vergleichbaren Ergebnissen (siehe G16.4, Anhänge 1 und 3). Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass der TÜV Pfalz sich ebenfalls mit der Methodik der Gutachten G16.1 und G16.2 befasst und diese als angemessen qualifiziert bezeichnet hat. Vorangestellt sei, dass der TÜV Pfalz in seinem qualitätssichernden Gutachten zu G16.1, G16.2 und G16.3 einzelne Aspekte kritisiert, aber die Methode von GfL/Oliva & Co. zur Bestimmung der Absturzrate und Absturzwahrscheinlichkeit als anwendbar zur Beschreibung der konkreten Verhältnisse am Flughafen Frankfurt Main bezeichnet hat. Über die Richtigkeit der Ergebnisse macht der TÜV Pfalz (TÜV Pfalz 2005b) keine Aussage, weil die Daten und Berechnungsgrundlagen nicht offen gelegt worden seien. Als Vergleichsflughäfen werden vor allem nordamerikanische Flughäfen ausgewählt. Dies beruht auf dem hohen Verkehrsaufkommen in dieser Region. Auch bei anderen Gutachten (z. B. TÜV Pfalz 2006, Kapitel 11) werden hauptsächlich nordamerikanische Flughäfen als vergleichbar mit Frankfurt Main angesehen. Dies stellt grundsätzlich keinen Mangel dar, soweit die Auswahl nicht zu stark eingeengt ist und repräsentativ ist. Durch die von Oliva & Co. durchgeführte Selektierung aufgrund risikofremder und statistisch abhängiger Kriterien wird jedoch eine zu starke Eingrenzung der Vergleichsflughäfen durchgeführt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1507

66 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Durch die statistisch nicht unabhängigen Größen Passagieraufkommen, Frachtaufkommen und Flugbewegungen erfolgt eine unzulässige Einschränkung der zur Ermittlung der Absturzrate herangezogenen Flughäfen. Der Faktor Verkehrsaufkommen wird hier dreifach gewichtet. Die systembezogene Versagenswahrscheinlichkeit, die neben optimalen oder suboptimalen Bedingungen am Flughafen auch noch durch Zustand des Flugzeuges (Wartung, Herkunft, Alter, Fluglinie), Ausbildungsstand der Besatzung und menschliches Versagen bei der Bedienung geprägt wird, erscheint bei einer derart stark eingeengten Ereignisauswahl unterrepräsentiert. Eine Ausweitung der Datenbasis wie beispielsweise beim TÜV Pfalz, beim NLR und der NATS führt zu geringfügig bis deutlich höheren Absturzraten. Die Städte Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main und andere tragen vor, dass die Vergleichbarkeit von Flughäfen eine Stichtagsbetrachtung sei. So könne es eine Vergleichbarkeit der 46 Flughäfen über den gesamten 10-Jahres-Zeitraum nicht geben, da an allen Flughäfen Veränderungen einträten. Auch räume der Gutachter ein, dass es in den 10 Jahren 5 Abgänge und 13 Neuzugänge bei der Vergleichsgruppe gegeben habe. Aus dieser Vergleichsmenge lasse sich weder eine Zuordnung von Unfällen noch eine Prognose für 2015 ableiten. Aus Sicht der Fraport AG bestimmt das Gutachten G16.2 die Ähnlichkeit von Flughäfen mit dem Flughafen Frankfurt Main aufgrund einer statistisch-induktiven Methode. Auf dem Weg der Bestimmung von Ähnlichkeiten und Unterschieden werde damit eine Gesetzmäßigkeit, ein Muster bestimmt. Der Ansatz gehe also weit über die Stichtagsbetrachtung hinaus, weil grundlegende Gesetzmäßigkeiten gesucht würden. Das schließt nicht aus, dass über die Zeit hinweg Flughäfen hinzukämen oder wegfielen, weil sie dem Muster nicht mehr entsprechen. Ein Wegfallen bzw. Hinzukommen sei kein Gegenargument, um die Robustheit des Musters anzuzweifeln. Bei der Cluster-Analyse werden die Selektionskriterien und zulässigen Varianzen festgelegt. Das Modell ist somit zeitlich stabil. Bei den Flughäfen kann es jedoch - wie Oliva & Co. selbst feststellt - zu Veränderungen kommen, die dazu führen, dass ein Flughafen nicht mehr die Bedingungen erfüllt und aus der Menge der ähnlichen Flughäfen herausfällt. Auf der anderen Seite können Flughäfen, die die Kriterien erfüllen, hinzukommen. Die Gruppe der ähnlichen Flughäfen ist zeitabhängig und somit variabel. Im Hinblick auf eine im Zuge der Aktualisierung der Luftverkehrsprognose erforderliche Überarbeitung der Risikogutachten ist auch zu prüfen, ob sich gerade vor dem Hintergrund sich stark entwickelnder Regionen wie Südostasien und einer Angleichung der Standards im Luftverkehr die Gruppe der vergleichbaren Flughäfen geändert hat. Dem TÜV Pfalz zufolge wäre eine Aktualisierung der Untersuchung unter Einbeziehung neuerer Daten (Jahre 2002 bis 2004) im Hinblick auf die Zeitspanne der Extrapolation angebracht. Es wird vorgetragen, dass das Gutachten G16.2 (S. 74) für einen erweiterten Zeitraum (zwischen 1977 und 2002) 21 relevante Unfälle nenne. Zur Ermittlung der Absturzrate erfolge jedoch eine Einschränkung des Zeitraumes auf die Jahre 1992 bis 2001 mit Seite 1508 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

67 11 Flugunfällen 22. Es wird bemängelt, dass das Gutachten G16.2 (S. 74) keine näheren Angaben zu den 21 betrachteten Unfällen (Datum, Airline, Maschinentyp, Ort) enthalte. Weiterhin stelle sich die Frage, ob die Unfallursachen der genannten relevanten Unfälle in einer Beziehung zu den Auswahlkriterien der Cluster-Analyse stehen. Die Cluster-Kriterien, die zur Auswahl der 46 Vergleichsflughäfen führten, seien unwesentlich für die Berechnung der für Frankfurt Main anzusetzenden Absturzrate. So zeige die auch im Gutachten G16.2 zitierte Boeing-Unfallstatistik, dass 2/3 der relevanten Unfälle primär der Flugzeugbesatzung zuzuordnen seien. Nur etwa 3 % würden den Flughäfen zugeordnet. Die durchgeführte Einschränkung der Flughäfen durch die Cluster-Analyse sei nicht nachvollziehbar. Die Fraport AG gibt zu bedenken, dass die Zeitreihe ( ) nicht zur Bestimmung der Luftfahrzeugunfallrate diene, sondern dazu verwendet werde, um eine statistische Ü- berprüfung der Unfallraten auf deren statistische Stabilität durchzuführen. Die Unfallrate müsse aus historischen Daten zu Luftfahrzeugunfällen auf sogenanntem induktivem Weg ermittelt werden. Ziel sei die Herleitung einer spezifischen Unfallrate für den zu betrachtenden Flughafen. Würde man die Unfallrate einzig und allein anhand der Gegebenheiten dieses einen Flughafens (Frankfurt Main) berechnen, hätte man aus statistischer Sicht gesehen eine zu unsichere Datengrundlage. Somit müssten, wie in G16.2 geschehen, Daten aus mehreren ähnlichen Flughäfen herangezogen werden, damit eine statistisch robuste Schätzung der Unfallrate vorgenommen werden könne. Der genannte Zeitraum wird von Oliva & Co. nur für die statistische Absicherung herangezogen. Durch verschiedene Entwicklungen im Luftverkehr hat sich über die letzten drei Jahrzehnte eine sinkende Absturzrate eingestellt. Daher ist es berechtigt und sinnvoll, nur Jahre der letzten Dekade und aktuellere Daten (z. B bis 2001) zur Ermittlung der Absturzrate heranzuziehen. Faktoren wie menschliches Versagen spielen bei allen Flughäfen eine Rolle. Sie werden also auch bei den ausgewählten zu Frankfurt Main ähnlichen Flughäfen berücksichtigt. Hinweise auf einen besonders großen Einfluss des Faktors menschliches Versagen beim Flughafen Frankfurt Main bestehen nicht. Zu kritisieren an G16.2 ist die starke Reduzierung der Anzahl der zu Frankfurt Main ähnlichen Flughäfen aufgrund sachfremder und statistisch abhängiger Selektionskriterien sowie die starke Eingrenzung der zu berücksichtigenden Ereignisse. Von wenigen Einwendern wird kritisiert, dass die in G16.2 ausgewählten Flughäfen keine identische Unfallrate aufwiesen. Wenn die Theorie gültig wäre, müssten beispielsweise die Flughäfen Charlotte Douglas International und Frankfurt Main exakt übereinstimmende Luftfahrtunfallraten haben. Dies sei aber nach Ausführungen des Gutachters Oliva & Co. auf einem Schweizer Luftfahrtkongress im März 2004 nicht der Fall. Für den Ist-Fall habe der Gutachter dort eine Flugunfallwahrscheinlichkeit für den Flughafen Charlotte Douglas International von 1,238 x 10-7 für Landungen angegeben. Laut Gutachten G16.2 ergebe sich für Frankfurt Main eine halb so hohe Flugunfallwahrscheinlichkeit für Landungen von 6,27 x Die Eingrenzung auf 11 Ereignisse an den 46 mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen ergibt sich nicht nur durch die Wahl des Zeitraumes sondern vor allem durch eine Selektion der Unfälle nach externen und internen Ereignissen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1509

68 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Fraport AG erwidert ähnlich seien sich Flughäfen dann, wenn sie sich innerhalb eines definierten Raumes befinden, also dessen Grenzen nicht überschritten. Im Gutachten G16.2 seien die Kriterien zur Bestimmung dieser Grenze mit Hilfe der varianzanalytischen Methode festgelegt worden. Die Flughäfen sind nicht identisch, sondern unterscheiden sich im Rahmen festgelegter Grenzen. Der Parameter Absturzrate ist nicht Selektionskriterium bei der von Oliva & Co. durchgeführten Cluster-Analyse. Der Flughafen Frankfurt Main und der Flughafen Charlotte Douglas International sind bezüglich der von Oliva & Co. angesetzten Cluster-Kriterien ähnlich. Im Varianzbereich der Cluster-Kriterien um den Flughafen Charlotte Douglas International können auch andere Flughäfen liegen als die 46 zu Frankfurt Main vergleichbaren. Eine Validierung durch einen Vergleich der Unfallraten an den Cluster-Flughäfen ist nicht vorgenommen worden. Zur Validierung wurde die Sensitivität im zeitlichen Kontext (Wahl anderer Bezugszeiträume) und durch Hinzunahme weiterer Cluster-Flughäfen ermittelt Selektion der Unfälle a) Ausschluss von Unfällen auf dem Flughafengelände Ein Einwender geht sehr konkret auf die Selektierung der Flugunfälle ein. Ein systematischer Fehler liege vor, da bei der Ermittlung der Verteilungsfunktion Abstürze auf die gesamte Fläche im Untersuchungsraum berücksichtigt würden (also auch zwischen Zaun und Landebahn), bei der Ermittlung der Absturzrate aber Abstürze auf Flughafenflächen nicht. Die Ausführung der Funktion Absturzrate x Absturzverteilung führe jedoch zu einer Absturzrate größer 0 auch auf dem Flughafengelände (zwischen Zaun und Landebahnschwelle). Das heiße unter anderem, dass hier bei Anwendung einer Absturzrate, die ausschließlich externes Risiko beschreiben solle, auch internes Risiko entstünde und das externe Risiko entsprechend vermindert erscheine. Da der Wert der Verteilungsfunktion unmittelbar vor der Landeschwelle am höchsten sei, dürfte der dadurch entstehende Fehler erheblich sein. Darüber hinaus sei der Zaun nicht immer gleich weit von der Landebahnschwelle entfernt und auch aus diesem Grund ein ungeeignetes Ausschlusskriterium. Der Einwender konkretisiert weiter, für die Ermittlung der relevanten Absturzrate seien im Gutachten G Abstürze mit Todesfällen herangezogen worden, nämlich 16 innerhalb des jeweiligen Flughafengeländes und 14 außerhalb, von denen sich 3 in einer Entfernung von mehr als 20 km ereigneten. Für die Ermittlung der Absturzrate seien aber dann nur die 11 Abstürze herangezogen worden, die außerhalb des Flughafengeländes und innerhalb der 20-km-Zone erfolgten. Hier habe man für die Wahl der Bestimmung der Absturzrate und der Absturzverteilung zwei grundsätzlich unterschiedliche, zueinander inkonsistente Ausschlusskriterien gewählt. Korrekt wäre es, auch für die Berechnung der Absturzrate alle Abstürze heranzuziehen. Bei der Ausführung der Funktion Absturzrate x Absturzverteilung erfolge dann erwartungsgemäß eine Verortung eines Teils der Abstürze auf dem Betriebsgelände. Diese würden nicht dem externen Risiko zugeschlagen. Die Fraport AG erklärt, dass sowohl bei der Ermittlung der Luftfahrzeugunfallrate (Accident Ratio) in G16.2 wie auch bei der Ermittlung der Absturzverteilung (Accident Location) in G16.1 vom gleichen Ansatz ausgegangen worden sei. Erfasst würden die Flugunfälle vor bzw. hinter den Enden der jeweiligen Start- und/oder Landebahnen (Departure End of Runway). Insofern sei die Verknüpfung von Accident Ratio und Accident Location korrekt und beziehe sich geographisch auf den gleichen Bereich. Die Bereiche zwischen Bahn- Seite 1510 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

69 schwelle und Flughafenzaun seien weiterhin dem internen Risiko zuzuordnen. Die Bereiche außerhalb des Flughafenzauns seien dem externen Risiko zuzuordnen, wie dies im Gutachten G16.1 auch geschehen sei. Im Rahmen des Erörterungstermins ist von Herrn Name028 für die Stadt Offenbach am Main und andere ausgeführt worden, dass an der Begrifflichkeit Unfälle innerhalb des Betriebsgeländes Kritik geübt werden müsse. Es sei unklar, was unter dem Begriff Betriebsgelände zu verstehen sei. So sei nicht nachvollziehbar, ob mit dem Begriff Betriebsgelände das Gelände innerhalb des Sicherheitszauns oder der gesamte Betriebsbereich des Flughafens Frankfurt Main gemeint sei. Herr Dr. Name027 (Firma138) hat im Erörterungstermin für die Firma057 kritisiert, dass im Gutachten G16.2 Unfälle im Bereich der Start- und Landebahnen ausgeschlossen worden seien, es aber unklar sei, wie dieser Bereich definiert sei und ob dabei die Sicherheitsfläche vor und hinter der Bahn mit einbezogen werde. Insgesamt hätten alle Unfälle berücksichtigt werden müssen, die bis an die Landebahn Nordwest herangingen. Dies sei notwendig, um die Statistik im Bereich bis zur Schwelle der Start- und Landebahnen auswerten zu können. Ergänzend haben Herr Dr. Name029 und Herr Dr. Name027 für die Firma057 ausgeführt, die Modellierung mit einer externen Absturzrate müsse dazu führen, dass man auf dem Flughafengelände eine Zone ohne Unfallrisiko erhalte. Man könne nicht aus Unfallraten, die sich auf Ereignisse außerhalb des Geländes bezögen, das Risiko innerhalb des Geländes errechnen. Im Gutachten G16.2 seien alle Unfälle ausgeschlossen worden, die sich auf dem Flughafengelände ereigneten. So seien Undershoot- und Overrun-Unfälle, die zwischen der Schwelle und dem Flughafenzaun passierten, nicht berücksichtigt worden. Für diese Punkte würden jedoch externe Risiken berechnet. Im Erörterungstermin hat Herr Name026 (GfL) für die Fraport AG ergänzt, dass es keine Inkonsistenz zwischen der Modellierung der AR und der AL gebe. Die Datenbasis für die Berechung der AR und AL seien unterschiedlich, da andere Anforderungen daran gestellt würden. Dies werde in den Gutachten auch so beschrieben. Für die Ermittlung der AL in G16.1 sei es wichtig gewesen, verortbare Unfälle zu finden, aus denen die x- und y-koordinaten bezogen auf die Start- und Landebahn eindeutig nachgewiesen werden konnten. Im Gutachten G16.2 seien 30 auf Frankfurt Main übertragbare Unfälle mit Todesfolge herangezogen worden. 16 der 30 Unfälle seien ausgeschlossen worden, da sich die Unfälle zwischen den entsprechenden Schwellen (Departure End of Runway) zugetragen hätten. Alle Unfälle, die außerhalb der Schwellen stattgefunden hätten, seien sowohl bei der Ermittlung der AR als auch der AL berücksichtigt worden. Es sei kein Unfall ausgeschlossen worden, der sich zwischen dem Departure End of Runway und dem Zaun zugetragen habe. Zur Nichtberücksichtigung von Unfällen auf dem Flughafengelände hat Herr Name026 geantwortet, dass sich die Unfallstreuung auf einen sehr engen Bereich um die Start- und Landebahnen konzentriere. Die Flugunfälle im Bereich der Start- und Landebahnen hätten keinen Einfluss auf das externe Risiko. Die an den durch die Cluster-Analyse ausgewählten 46 mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen im Betrachtungszeitraum ( ) aufgetretenen Absturzereignisse sind von Oliva & Co. im Gutachten G16.2 selektiert worden. Die Selektion erfolgt nach den Kriterien: Unfälle außerhalb des Flughafens (externes Risiko), Unfälle innerhalb des Untersuchungsraumes (40 km x 40 km), Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1511

70 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Unfälle mit mindestens einem Toten und Unfälle ohne Beteiligung von Kolbenmotorflugzeugen. Von 30 Unfällen an den 46 Flughäfen im Betrachtungszeitraum verbleiben dann noch 11 Ereignisse (7 Landeunfälle und 4 Startunfälle). 16 Unfälle werden nicht zur Berechnung der Absturzrate herangezogen, da sie auf dem Flughafenfeld stattgefunden haben 23, 3 ereigneten sich außerhalb des Untersuchungsraumes von 40 km x 40 km. Bezüglich der Abgrenzung zwischen internen und externen Unfällen besteht ein Widerspruch zwischen den Ausführungen im Gutachten G16.2 und den Aussagen der GfL im Erörterungstermin. Im Gutachten G16.2 wird ausgeführt: Für die Betrachtung von Luftfahrtunfällen unter dem Gesichtspunkt der Schäden für Dritte sind lediglich jene Unfälle von Interesse, die sich außerhalb des Betriebsgeländes abspielen. Deshalb fließen jene Luftfahrtunfälle, die innerhalb des Betriebsgeländes stattfinden, nicht in die Bestimmung der Luftfahrzeugunfallrate ein (G16.2, S. 72). Auf Seite 74 wird bei der Übersicht über die herangezogenen Unfälle ebenfalls der Begriff Flughafenfeld verwendet. Aufgrund dieser Textstellen ist davon auszugehen, dass alle Unfälle innerhalb des Flughafenzauns unberücksichtigt geblieben sind und nicht nur solche, die sich innerhalb der Schwellen oder des Sicherheitsbereichs um die Landebahn ereignet haben. Es ist daher eine Konkretisierung erforderlich, was in diesem Gutachten unter Flughafenfeld oder Betriebsgelände bzw. Dritte zu verstehen ist. Abgesehen davon, dass Absturzereignisse innerhalb des Flughafengeländes auch Auswirkungen außerhalb haben können (Primärschadensfläche) und daher genauere Untersuchungen bzw. Angaben zu den außer Betracht gelassenen internen Ereignissen erforderlich sind, handelt es sich bei Begriff Flughafenfeld nicht um einen definierten oder regulativ festgelegten Bereich um die Start- und Landebahnen. Als einziges Kriterium für die Abgrenzung des Flughafenfeldes kann der Flughafenzaun herangezogen werden. Ein Flughafenzaun als solcher ist zwar aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben, Festlegungen zur Lage des Flughafenzauns um das Bahnsystem gibt es nicht. Erforderlich ist beispielsweise die Berücksichtigung von Sicherheitsflächen, die einen minimal zulässigen Bereich um die Bahn definieren. Werden vom Flughafenzaun aus verschiedenen Gründen größere Bereiche um das Bahnsystem (Serviceflächen, Freiflächen für eventuelle Bahnverlängerung, Parkflächen etc.) eingeschlossen, werden alle Ereignisse, die diese Flächen betreffen, modellbedingt ausgeblendet. Die Lage des jeweiligen Flughafenzauns definiert, ob ein Ereignis für die Absturzrate berücksichtigt wird oder nicht. Gerade im Hinblick auf die beengte Lage der Landebahn Nordwest zwischen dem Ticona-Gelände und dem Gebiet Taubengrund könnten dort viele der als interne Ereignisse ausgeschlossenen Abstürze zum externen Risiko beitragen. Die Absturzrate wird bei der hohen Zahl von durch dieses Kriterium ausgeschlossenen Ereignissen (16 von 30) entscheidend von der Lage des Flughafenzauns mitbestimmt. Zur Überprüfung der durch dieses Kriterium ausgeschlossenen Ereignisse sollte eine Auflistung mit Verortung des Absturzorts erfolgen. Die Absturzrate und die Anzahl der Flugbewegungen auf einer Route bestimmen die absolute Absturzhäufigkeit im Zusammenhang mit dieser Flugroute. Damit wird - vereinfacht ausgedrückt - das Volumen unter der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion entlang der Flugroute ( longitudinal ) und um die Flugroute ( lateral ) bestimmt. Die Abbildungen 5-1, 5-2, 5-3, 5-4 und 5-5 in G16.1 lassen vermuten, dass die Absturzverteilung ( Accident Location ) ab dem Bahnende modelliert wird. Die Berechnungen der Absturzrate und der Absturzverteilung erfolgen aus unterschiedlichen Datensätzen. Während bei der Absturzrate keine Abstürze innerhalb des Flughafengeländes berücksichtigt werden, ist aufgrund 23 Diese Unfälle werden im Folgenden als interne Unfälle bezeichnet. Seite 1512 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

71 der oben angeführten Abbildungen in G16.1 davon auszugehen, dass bei der Ermittlung der Absturzverteilung auch Ereignisse auf dem Flughafen Frankfurt Main zwischen Bahnende und Zaun einbezogen werden. Die stochastische Unabhängigkeit der Variablen Absturzverteilung und Absturzrate lässt grundsätzlich eine Ermittlung aus unterschiedlichen Datensätzen zu. Es stellt sich jedoch die Frage, ob durch Annahme einer ausschließlich auf externen Unfällen basierenden Absturzrate durch die Verteilung der Absturzhäufigkeit bei Ermittlung der Absturzverteilung auch auf interne Bereiche ein Fehler resultiert, der zu einer Unterschätzung des externen Risikos führt. Soweit die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung nicht am Flughafenzaun beginnt sondern bereits innerhalb des Zauns, wären auch die internen Absturzereignisse zur Ermittlung der Absturzrate heranzuziehen, da sonst ein erheblicher Risikoanteil ausgeblendet wird. Nach meiner Ansicht stellt die Modellierung der internen Absturzverteilung zwischen Landebahn Nordwest und Flughafenzaun mit einer nur für den externen Bereich berechneten Absturzrate einen systematischen Fehler dar. Absturzverteilung und Absturzrate beziehen sich hier nicht auf geographisch gleiche Bereiche. Zur Ermittlung der internen Absturzverteilung wäre die interne Absturzrate aus den bei Oliva & Co. unberücksichtigt gebliebenen Ereignissen auf dem Flughafenfeld heranzuziehen. Konsequenterweise dürfte die Modellierung der externen Absturzverteilung erst am Flughafenzaun beginnen. Soweit die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung nicht am Flughafenzaun beginnt, sondern bereits innerhalb, sind auch die internen Absturzereignisse zur Ermittlung der Absturzrate heranzuziehen, da sonst ein erheblicher Risikoanteil ausgeblendet wird. Durch die Ausblendung des Anteils interner Ereignisse bei der Bestimmung der Absturzrate und die Verteilung der aus dieser externen Absturzrate bedingten Wahrscheinlichkeit durch die Absturzverteilung auf externes und internes Risiko erfolgt eine unzulässige Reduzierung des externen Risikos. Eine weitere Konsequenz wäre die Erforderlichkeit, für die Berechnung des internen Risikos (z. B. zwischen Bahnschwelle und Flughafenzaun) eine abweichende interne Absturzrate anzusetzen. Am Flughafenzaun ergäbe sich dann ein spontaner Sprung von der internen auf die externe Absturzrate. Auch dies wäre im Hinblick auf eine fehlende Festlegung der Lage des Flughafenzauns nicht nachvollziehbar. Die Nichtberücksichtigung von Flugunfällen außerhalb eines 40-km-x-40-km-Bereichs um den Flughafen Frankfurt Main im Zentrum ist nach meiner Ansicht zulässig. Das ausgewählte Untersuchungsgebiet ist auch nach TÜV Pfalz 2005b mit 40 km x 40 km um den Flughafen Frankfurt Main ausreichend groß gewählt, um alle mit dem Flughafenbetrieb in Zusammenhang stehenden Ereignisse - insbesondere Start- und Landeunfälle - zu erfassen. Bezüglich der Auswahl der relevanten Absturzereignisse ist die Eingrenzung auf Ereignisse außerhalb des Flughafenumfeldes bei der Ermittlung der Absturzrate zu hinterfragen, da es sich beim Flughafenumfeld nicht um einen definiert abgrenzbaren Bereich handelt und große Unterschiede zwischen den Flughäfen bestehen. Eine Ausblendung des internen Risikos mit der Argumentation, auf dem Flughafengelände befänden sich keine unbeteiligten Dritten, erscheint nicht haltbar. Die Stadt Kelsterbach hat im Rahmen des Erörterungstermins Bezug nehmend auf einen Unfall in Toronto auf das besondere Risiko bei Overrun-Ereignissen hingewiesen, das sich aus der Nähe der Ticona zum Ende der Landebahn Nordwest ergebe. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1513

72 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Von der Fraport AG ist hierzu ausgeführt worden, dass Landungen, die über die Bahn hinausschießen und auf dem Flughafen Frankfurt Main zum Stillstand kommen, ebenso wie andere Flugunfälle auf dem Flughafengelände definitionsgemäß für das externe Risiko nicht relevant seien. Zur Nichtberücksichtigung von Ereignissen auf dem Flughafenfeld wird auf die bereits gemachten Ausführungen verwiesen. Ein pauschaler Ausschluss aufgrund eines bei jedem Flughafen unterschiedlichen Kriteriums (Lage des Flughafenzauns) mit der Begründung, es handele sich um internes Risiko ohne betroffene Dritte, ist nicht nachvollziehbar. Es sind vielmehr alle Ereignisse außerhalb der Bahn zu berücksichtigen, auch solche, die sich zwischen Bahnende und Flughafenzaun ereignet haben. Andernfalls würden auch Unfälle ausgeschlossen, die sich zwar am konkreten Ort noch innerhalb des Zauns ereignet haben, sich aber am Flughafen Frankfurt Main aufgrund der beengten Lage der Landebahn Nordwest bereits außerhalb des Zauns in den Bereichen Taubengrund oder Ticona ereignet hätten. b) Unfälle ohne Todesfolgen Einige Einwender und Beteiligte kritisieren, dass im Gutachten G16.2 nur Unfälle mit Todesfällen betrachtet worden seien, so dass eine zu niedrige Unfallrate errechnet worden sei. Unfälle ohne Todesfolge - etwa Ereignisse, bei denen ein landendes Flugzeug über die Landebahn hinausschießt - seien ohne Analyse aus der Menge ausgeschlossen worden. Ob ein Unfall tödliche Folgen hat, hänge aber auch davon ab, ob der Bereich vor und hinter der Landebahn bebaut oder ob das Gelände eben oder stark strukturiert ist. Auch Unfälle, die konkret an einem anderen Flughafen keine tödlichen Folgen hatten, könnten wegen der Lage des hier zu betrachtenden Flughafens Frankfurt Main relevant sein. Eine Betrachtung nur von Unfällen mit Todesfolge sei auch deshalb unrichtig, weil die Störfall-Verordnung den Begriff ernste Gefahr nicht nur als Lebensgefahr, sondern auch als Gesundheitsgefahr und besondere Gefahr für die Umwelt definiere. Im Erörterungstermin haben Vertreter der Firma057 diese Überlegungen dahingehend konkretisiert, dass ein Unfall, der an einem anderen Flughafen auf einer grünen Wiese stattfand und daher keine Todesopfer forderte, in Frankfurt Main durchaus zu Todesfolgen führen könnte, wenn der Ort des Unfalls - relativ zur Lage der Landebahn Nordwest - auf dem Gelände der Chemieanlage der Ticona liege. Es müsse daher geprüft werden, ob die an anderen Flughäfen aufgetretenen Unfälle aufgrund der Koordinaten in Frankfurt Main zu Todesfällen führen könnten. Auch der TÜV Pfalz und die Störfallkommission verträten hinsichtlich der Unfälle ohne Todesfolge eine andere Meinung als die Fraport AG. Bei der geplanten Landebahn Nordwest müsse ein Pilot im Notfall 24 in beiden Richtungen über geschlossene Siedlungsgebiete fliegen. Flächen, über denen man ein Flugzeug mit teilweise verbleibender Steuerungsfähigkeit risikominimierend oder kontrolliert abstürzen lassen könne, seien nicht vorhanden. Herr Name030 hat ergänzend berichtet, dass aufgrund von Treibstoffmangel ein Airbus der Hapag Lloyd ca. 500 m vor der Landebahn in Wien aufgeschlagen sei. Anschließend sei das Flugzeug noch ca. 600 m über den Boden gerutscht. Dieser Unfall würde in den im Gutachten G16.2 angestellten Betrachtungen nicht berücksichtigt, da das Flugzeug noch 24 beim Durchstartvorgang Seite 1514 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

73 innerhalb des Flughafenzauns zum Stehen gekommen sei. Ein derartiger Unfall auf der geplanten Landebahn Nordwest in Frankfurt Main hätte zu vielen Toten geführt. hat ergänzt, dass gerade dieser Unfall Konsequenzen für die Ticona habe, da die Verortung übertragen auf die Landebahn Nordwest auf dem Ticona-Gelände läge. Die Fraport AG hat im Rahmen des Erörterungstermins hierzu vorgetragen, dass für die Bestimmung des externen Risikos Unfälle, die nicht tödlich sind, nicht relevant seien. Die Irrelevanz begründe sich vor allem aus der Bestimmung von Todesfallrisiken, die bei Ereignissen ohne Todesfolge definitionsgemäß nicht vorlägen. Infolgedessen sei sicherzustellen, dass nur jene Unfälle als empirische Grundlage herangezogen werden, die nachweislich den Tod von Menschen zur Folge hatten. Es müsste deshalb nachweisbar sein, dass Flugunfälle, die an einem anderen Flughafen keine Todesopfer forderten, am Flughafen Frankfurt Main Todesfolgen gehabt hätten. Aus den Unfallberichten sei ableitbar, dass für die Kategorie der Unfälle ohne Todesfolge der Aufsetzimpuls sehr gering war, was auf eine verbleibende Steuerungsfähigkeit der havarierenden Luftfahrzeuge schließen lasse. Die Flugspurbeschreibungen bestätigten überdies, dass es in allen Fällen ein klares Bestreben der Cockpitbesatzung gewesen sei, im Rahmen der Möglichkeiten das für eine Notlandung günstigste Gelände zu wählen. Insofern dürfe keine graphische Übertragung von empirischen Unfallorten auf den Untersuchungsraum vorgenommen werden. Eine Risikobewertung mit ausschließlicher Berücksichtigung von Unfällen mit Todesfolgen genüge als Grundlage für die Abwägung, da sie sich am höchsten Rechtsgut menschliches Leben orientiere. Unfälle ohne Todesopfer sind in die Berechnung der Absturzrate mit einzubeziehen, soweit der Unfallort übertragen auf den Flughafen Frankfurt Main im bebauten Gelände liegt oder sich ein Unfall darauf auswirken würde 25. Zu berücksichtigen sind alle Unfälle ohne Todesfolge, die dieses Kriterium erfüllen, unabhängig vom Aufsetzimpuls oder einer möglichen vorhergehenden Einflussnahme der Cockpitbesatzung auf die Havariestelle. Aufgrund der Nähe der Landebahn Nordwest zu den Anlagen der Ticona und zum Gewerbegebiet Taubengrund dürfte eine kontrollierte Notlandung in diesen Bereichen unmöglich sein. Damit schränken sich die Reaktionsmöglichkeiten der Besatzung deutlich ein. Gerade in Bezug auf Störfallanlagen ist es fraglich, ob Unfälle ohne Todesfolge bei den an den Vergleichsflughäfen stattgefundenen Ereignissen unberücksichtigt bleiben können. Es ist zu prüfen, ob die nicht berücksichtigten Havarien ohne Todesfolge (meist Notlandungen oder Landing Overrun) im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main ebenso glimpflich verlaufen wären oder dort beispielsweise durch eine vorliegende Bebauung am Ort des Ereignisses zu Todesopfern führen würde. Bei einer konservativen Vorgehensweise braucht nicht nachgewiesen zu werden, ob ein bestimmter Unfall ohne Todesfolgen in Frankfurt Main Todesopfer hervorgerufen hätte. Es sind grundsätzlich alle Unfälle ohne Todesfolgen zu berücksichtigen, bei denen der Nachweis eines glimpflichen Ausgangs übertragen auf Frankfurt Main nicht mit Sicherheit erbracht werden kann. Auch ein niedriger Aufsetzimpuls kann in bebautem Gebiet oder gar in Anlagen mit gefährlichen Stoffen zum Absturz mit Todesfolgen führen. Auch wenn die Besatzung wirklich versucht, eine geeignete Stelle für die Notlandung zu finden, bleibt jedoch unklar, ob der Versuch übertragen auf Frankfurt Main und die hier vorliegende dichte Bebauung erfolgreich wäre. Von daher sollte die Verortung in Bezug auf die Flugroute als einzig sicher bekanntes Faktum zugrunde gelegt werden. Annahmen zu möglichen glimpflichen Unfallabläufen aufgrund glücklicher Umstände sind rein spekulativ. 25 unter Berücksichtigung der Primärschadensflächen Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1515

74 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main In den Gutachten TÜV Pfalz 2005a (Shell in Raunheim) und TÜV Pfalz 2006 (Ticona Ist-Fall) werden Unfälle ohne Todesopfer einbezogen, soweit diese übertragen auf Frankfurt Main in bebautem Bereich liegen. Eine grundsätzliche Nichtberücksichtigung von Unfällen ohne Todesfolgen bei der Absturzrate widerspricht nach Ansicht des TÜV der Definition der Absturzrate als Versagenswahrscheinlichkeit des Systems Flugzeug. c) Unfälle mit Kleinflugzeugen Weiterhin wird ausgeführt, in G16.2 seien zur Berechnung der Unfallwahrscheinlichkeit bestimmte Unfälle an den Vergleichsflughäfen nicht gezählt worden. Beispielweise blieben Unfälle von Flugzeugen mit Kolbentriebwerken oder von Flugzeugen unter 5,7 t unberücksichtigt. Die diesen Flugzeugtypen zuzuordnenden Flugbewegungen seien jedoch bei der Ermittlung der Gesamtbewegungen im Betrachtungszeitraum an den ausgewählten Flughäfen berücksichtigt worden. Weiterhin seien Vergleichsflughäfen herangezogen worden, bei denen die ausgeklammerten Flüge besonders häufig stattfänden. Dies alles diene dazu, besonders niedrige Unfallwahrscheinlichkeiten zu errechnen. Nach Ansicht eines Einwenders sei die Einteilung nach Gewichtsklassen zwar plausibel; allerdings dürften in diesen Fällen Flugbewegungen der ausgeschlossenen Klassen nicht im Nenner der Formel der Absturzrate stehen. Angemessen sei auch, sich auf einen begrenzten Zeitraum in der jüngeren Vergangenheit zu beschränken. Die Nichtberücksichtigung von Flugzeugen mit Kolbenmotoren und anderen Kleinflugzeugen unter 5,7 t betrifft in erster Linie den nicht kommerziellen Flugbetrieb. Unfälle mit kleineren Flugzeugen unter 5,7 t werden unter bestimmten Bedingungen (Antriebsarten Turboprop oder Jet bzw. Einsätze bei Taxi- oder Businessflügen) berücksichtigt. Es kann kritisiert werden, dass die Unfälle mit solchen Flugzeugen zwar bei der Bestimmung der für die Absturzrate relevanten Ereignisse ausgeschlossen werden, die Flugbewegung dieser Flugzeuge jedoch bei der Ermittlung der Gesamtflugbewegungen an den mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen einbezogen werden. Bezogen auf die Gesamtzahl der Flugbewegungen spielen die Flugbewegungszahlen der kleineren, nicht kommerziell genutzten Flugzeuge allerdings eine untergeordnete Rolle 26. Der sich ergebende Fehler ist gering. Berechtigt ist jedoch die Frage, ob einige zur Bestimmung der Absturzrate herangezogene amerikanische Flughäfen, die einen hohen Anteil von Bewegungen mit Kleinflugzeugen haben, noch dem Flughafen Frankfurt Main ähnlich sind Ermittlung der Absturzrate für den Planfall 2015 Unter Bezugnahme auf das Gutachten G16.2 (Abb. 4-12, S. 82) führen einige Einwender aus, dass die auf der Luftfahrzeugunfallrate basierende Trendermittlung, wonach die Entwicklung der Unfallraten bis 2015 konstant rückläufig sei, nicht belastbar sei. Nicht beachtet würden vor allem gegenläufige Tendenzen wie z. B. das Auftreten größerer Schadensrisiken durch größere Maschinen und eine dichtere Besiedlung oder fehlende Dienst- und Ruhezeiten der Besatzungen. Es solle die Übertragbarkeit des weltweiten Trends in die Zukunft und auf die Verhältnisse des Flughafens Frankfurt Main geprüft werden. Aus Sicht der Fraport AG müssen die genannten Einflussgrößen Erhöhung des Flugzeuggewichts und Besiedlungsdichte bei der Ermittlung des externen Risikos nicht im Gutachten G16.2, sondern im Gutachten G16.1 berücksichtigt werden. Die beiden Größen hätten durchaus erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse. Schwerere Flugzeuge würden basierend auf dem Datenerfassungssystem berücksichtigt (z. B. der A380 für den 26 Die Absturzrate errechnet sich aus der Division der Anzahl der Ereignisse durch die Anzahl der Flugbewegungen. Seite 1516 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

75 Prognosenullfall 2015 und den Planfall 2015). Zudem würden in den verschiedenen Szenarien unterschiedliche Demographiedaten hinterlegt. Im Erörterungstermin ist von der Firma057 ergänzend vorgetragen worden, dass sich die Abnahme einer sich mit der Zeit verringernden Absturzrate auf eine andere Grundgesamtheit als die geclusterte Absturzrate beziehe. Man verknüpfe hier unzulässigerweise Erkenntnisse über die allgemeine im Vergleich zu Oliva & Co. relativ hohe Absturzrate mit der durch die Cluster-Analyse bedingten sehr niedrigen Absturzrate. Es könne sein, dass die Flughäfen, die berücksichtigt worden seinen, bereits einen hohen Sicherheitsstandard hätten, so dass keine Abnahme der Absturzrate mehr zu erwarten sei, wohingegen das Absinken der allgemeinen Absturzrate daraus resultiere, dass die Situation an verschiedenen Flughäfen momentan unsicher sei, aber nachgebessert werde, wodurch das Risiko gesenkt werde. Auch fehle die Berücksichtigung der Absturzrate bei Durchstartvorgängen. Die Fraport AG hat hierzu die Ansicht vertreten, dass die Entwicklung der Accident Ratio (AR) nur eine Reduzierung um etwa 10 % ausmache und daher fast vernachlässigbar sei. Die Empirie belege, dass die Absturzrate im Zivilluftverkehr einen sinkenden Trend aufweise. Weiterhin sei auch im Plan- und Prognosenullfall bei erhöhtem Verkehrsaufkommen von einer geringeren Wahrscheinlichkeit eines Flugunfalls auszugehen. Statistisch unsicher wäre es, einen solchen Trend auf der Basis der 46 Vergleichsflughäfen ableiten zu wollen. Für eine Prognoseberechnung sei eine Zeitspanne von mindestens 15 Jahren zu verwenden. Diese könne nicht aus der Gruppe der 46 Flughäfen ausgewählt werden, weil zu Beginn der Zeitspanne mit einer ganz anderen Zusammensetzung der mit Frankfurt Main ähnlichen Flughäfen zu rechnen sei. Hinsichtlich der Kategorie Abstürze nach Durchstart ist ausgeführt worden, dass es grundsätzlich zwei Ausprägungen für einen Landing Overrun gebe. In einem Fall setze das Flugzeug auf der Landebahn auf und verunfalle hinter dem Ende der Landebahn. Im anderen Fall gelinge es dem Flugzeug noch, wieder abzuheben, um jedoch danach unmittelbar zu verunglücken. Beide Kategorien seien in den Gutachten bei der Auswahl der Ereignisse berücksichtigt worden. Die Absturzrate der drei Flugzeuggenerationen unterscheidet sich signifikant. Die zweite Generation weist eine im Vergleich zur ersten Generation niedrigere Unfallrate auf. Die Unfallrate der dritten Generation liegt nochmals niedriger. Allein aufgrund der Tatsache, dass am Flughafen Frankfurt Main im Ist-Fall noch ein nennenswerter Anteil an Flugzeugen der ersten Generation und vor allem der zweiten Generation vertreten ist, während der Flugzeugmix im Planfall von der dritten Generation bestimmt wird, ist grundsätzlich mit einer sinkenden Absturzrate zu rechnen. Bezüglich der von Oliva & Co. durchgeführten Trendanalyse ist jedoch zu hinterfragen, ob sich allgemeine Trends auf die sehr eng begrenzte Auswahl der 46 mit Frankfurt Main vergleichbaren Flughäfen übertragen lassen oder ob hier ein Sicherheitsgewinn aufgrund des bereits hohen realisierten Standards einen geringeren Einfluss auf die Absturzrate haben wird. Die Einflüsse veränderter Arbeitsbedingungen der Besatzungen auf die induktiv ermittelte Größe Absturzrate sind schwierig zu beurteilen. Soweit ein Einfluss besteht, müsste sich dies in einer höheren Anzahl von Absturzereignissen niederschlagen. Derartige Tendenzen sind jedoch bisher nicht festzustellen Die Aspekte Primärschadensgebiet und Demographie werden nicht bei der Absturzrate, sondern bei der Risikomodellierung berücksichtigt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1517

76 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Primärschadensgebiet und Mortalität Die Firma057 und weitere Einwender bemängeln die im Gutachten G16.1 vorgenommene Berechnung der Mortalität im Unfallfolgengebiet. Es falle bereits auf, dass in der Fassung der ausgelegten Planfeststellungsunterlagen ( Weißfassung ) die Mortalität im Unfallfolgengebiet gegenüber dem ursprünglichen Gutachten G16.1 vom ( Grünfassung ) von 100 % auf 60 % heruntergerechnet worden und damit die Anzahl der betroffenen Personen deutlich verringert worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, ob dieser Ansatz mit dem Ansatz zur Bestimmung der primären Schadensfläche aus Unfalldaten bei der Risikoermittlung übereinstimme. Diese Annahme stehe im Widerspruch zur bestehenden Gutachterpraxis und zum Gutachten des TÜV Pfalz. Dieser fordere angesichts der Lage des Betriebsgeländes der Ticona die Berücksichtigung einer Mortalität von 100 %. Die Annahmen der GfL könnten nicht als konservativ angesehen werden. Auch andere Einwender sehen in der Annahme einer Mortalitätsrate von 60 % im Zusammenhang mit absturzbedingten Ereignissen bei Ticona eine Unterschätzung des Einzelrisikos und des Gruppenrisikos. Hierzu trage auch die Überschätzung der Flucht- und Schutzmöglichkeiten für das Anlagenpersonal bei. Unter Bezugnahme auf das Gutachten G16.1 (S. 58) wird von einigen Einwendern vorgetragen, dass die Definition der Kernfläche des Unfallfolgengebiets fehlerhaft sei. So werde die Kernfläche des Unfallfolgengebiets über die Größe der Kerosinlache definiert, wobei nicht klar zum Ausdruck komme, welche Kerosinmenge der Betrachtung zugrunde gelegt worden sei. Weiterhin solle auch für unbebautes Gebiet eine Kerosinlache berechnet werden. Unklar bliebe, ob die angegebenen 50 t Kerosin nur eine Beispielangabe sei, oder die Maximalmenge für die Berechnungen im Gutachten sei. Die Fraport AG erwidert hierzu, dass nach empirischen Daten aus Unfallberichten prinzipiell von einer gewissen Überlebenswahrscheinlichkeit für Personen innerhalb des Primärschadensgebiets ausgegangen werden könne. Eine Mortalität von 100 % im Primärschadensgebiet führe folglich zu einer Überschätzung von Einzel- und Gruppenrisiko. Aus diesem Grund sei ein statistisch belegbarer Wert für die Mortalität anzusetzen. Als verlässliches, konservatives Ergebnis dieser Untersuchungen sei der in G16.1 angewandte und in G16.2 statistisch abgesicherte Wert von 60 % anzusehen. Der Wert von 60 % leite sich aus der Modellannahme her, dass das an Bord befindliche Kerosin die maximal mögliche Lachenfläche ausbilde und dass die Mortalität innerhalb dieser Kernfläche (vgl. G16.1, S. 59) mit 100 % unterstellt werde. Innerhalb des verbleibenden Kreissegmentes würde jene Mortalität angenommen, die sich empirisch seit 1982 für Personen an Bord von Luftfahrzeugen gezeigt habe. Der Wert liege bei 47 %. Aufgrund der wesentlich besseren Schutzmöglichkeiten der Personen am Boden im Vergleich zu den Passagieren an Bord der Luftfahrzeuge sei dieser Ansatz für Betroffene am Boden als konservativ zu bezeichnen. So ergebe sich eine mittlere Mortalität von 60 % im Primärschadensgebiet. Nach Ansicht der Fraport AG wird die auf S. 58 im Gutachten G16.1 eingeführte Kernfläche von der Kerosinmenge geprägt und sei somit grundsätzlich von der Flugzeugklasse und von der Betriebsphase Start oder Landung abhängig. Im Gutachten G16.1 finde sich eine Beispielrechnung für eine Kerosinmasse von 50 t. Die Kernflächen für andere Kerosinmassen ließen sich mit Hilfe der Ausführungen auf Seite 58 des Gutachtens G16.1 errechnen. Die Berechnung der Kerosinlache erfolge für das Topographiemerkmal bebautes Gebiet aufgrund der Tatsache, dass sich hierbei die maximale Lachenfläche ergebe. Die Berechnung der Kerosinlache für das Topographiemerkmal unbebautes Gebiet Seite 1518 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

77 würde aufgrund von Versickerungseffekten zu einer Verkleinerung der Kerosinlache führen. Das Primärschadensgebiet erfahre bei Ticona durch das Methanol-Tanklager, beim Tanklager der Shell in Raunheim und bei der Ethylenverdichterstation der Firma055 eine Ausweitung durch Sekundärschäden. Für das Betriebsgelände der Ticona und des DEA-Tanklagers würden die anlagenbedingten Sekundärschadensgebiete so dimensioniert, dass sich in diesen Gebieten ebenfalls eine Mortalität von 60 % ergebe. Für das Methanol- und das DEA-Tanklager würde die Mortalität im Sekundärschadensgebiet mit Hilfe von Probit-Analysen bestimmt. Diese lieferten Wahrscheinlichkeiten für den Tod von Personen durch Verbrennungen. Um die Komplexität der Modellierung nicht unnötig zu steigern, würden die anlagenspezifischen Sekundärschadensgebiete so dimensioniert, dass sich die Mortalität für das Sekundärschadensgebiet analog dem Primärschadensgebiet zu 60 % ergebe. Für die Ethylenverdichterstation würde aufgrund des Umstandes, dass in diesem Fall von einer 100 %igen Mortalität auszugehen sei, das Unfallfolgengebiet entsprechend vergrößert, um auch hier eine Mortalität innerhalb des Sekundärschadensgebiets von 60 % sicherzustellen. Aus den Detailprüfungen hätten sich im Übrigen keine Erkenntnisse ergeben, die für eine über 60 % liegende Mortalität im Sekundärschadensgebiet bei der pauschalisierten Betrachtung der modellierten sonstigen gefährdenden Anlagen nach 12. BImSchV sprechen. Die Fraport AG betrachtet es nicht als zielführend, eine Mortalität für unbebaute Gebiete auszuweisen, da per Definition dort keine Personen lebten und auch sonst kein andauernder Aufenthalt angenommen werden könne. Im Erörterungstermin hat Herr Dr. Name025 auf die seiner Ansicht nach fehlerhafte Definition der Kernfläche des Unfallfolgengebiets hingewiesen. Die GfL habe versucht, ein tatsächliches Absturzgewicht zu ermitteln. Zum einen seien in Abbildung 5-7 im Gutachten G16.1 nur wenige Unfälle von Flugzeugen mit einem Gewicht von über 50 t aufgeführt, obwohl die meisten Flugzeuge, die in Frankfurt Main landeten, ein höheres Gewicht hätten. Zum anderen beruhe die Abbildung auf einem maximalen Startgewicht, weshalb für die Ermittlung der Auswirkungsfläche nicht einfach das Startgewicht durch das tatsächliche Absturzgewicht ersetzt werden dürfe. Für die Fraport AG hat Herr Name026 (GfL) im Rahmen des Erörterungstermins ergänzt, der Wert von 60 % sei durchaus konservativ und gelte zunächst für das flugzeugunfallbedingte Schadensgebiet. Unter Berücksichtigung einer Kernfläche, die sich am austretenden Kerosin orientiere, und eines Kreissegmentes ergebe sich eine mittlere Mortalität von 60 %, die daraus resultiere, dass die Mortalität von 100 % im Kern auf annähernd 0 % am Rand des Kreises abnehme. Würde man als Primärschadensgebiet die Fläche mit einer Mortalitätsrate von 100 % bestimmen, fiele dieses entsprechend kleiner aus. Herr Name031 (TÜV Hessen) hat für die Fraport AG ergänzt, dass man das Sekundärschadensgebiet unterschätze, wenn eine Mortalität in der Primärschadensfläche von 100 % angenommen werde. Dann würde auf der einen Seite das Individualrisiko durch den Flugverkehr überschätzt, auf der anderen Seite das Chemierisiko durch störfallrelevante Sekundärereignisse unterschätzt. Im qualitätssichernden Gutachten des TÜV Pfalz zu den im Rahmen der Planfeststellungsunterlagen vorgelegten Gutachten G16.1, G16.2 und G16.3 wird auch das zur Bestimmung der Mortalität im Primärschadensgebiet angewandte Modell geprüft (TÜV Pfalz 2005b, S. 74 ff.). Die Einteilung des Unfallfolgengebiets in eine Kernzone, in der durch direkten Treffer oder Kerosinbrand eine Mortalität von 100 % vorliegt, und eine Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1519

78 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Randzone, in der durch Brandauswirkungen, Explosionsauswirkungen und Trümmerflug eine geringere Mortalität vorliegt, wird für plausibel gehalten. Der Ansatz einer 100 %igen Mortalität im gesamten Unfallfolgengebiet führt zu einer deutlichen Überschätzung. Die Annahme einer durchschnittlichen Mortalität von 47 % im Kreissegment um die Kernfläche beruht auf internationalen Untersuchungen (NTSB) und wird vom TÜV Pfalz bestätigt. Zusammenfassend stellt der TÜV Pfalz fest, dass die Methode zur Ermittlung der Mortalität in G16.1 bzw. G16.2 auf einem richtigen methodischen Ansatz beruht. Den Gesamtwert von 60 % im Primärschadensgebiet hält auch der TÜV Pfalz für konservativ. In G16.1 wird beispielhaft die Berechnung der Kernfläche für eine Kerosinmenge von 50 t 27 durchgeführt. Für die einzelnen Lärmklassen werden die modellierten Startgewichte (im Gutachten G16.1 als TOW bezeichnet) und Landegewichte (LW) abgegeben (G16.1, Tabelle 5-6). Eine Angabe der jeweiligen zugrunde gelegten Treibstoffmengen fehlt. Es kann nicht nachvollzogen werden, ob dies den repräsentativen Mittelwert für den Flughafen Frankfurt Main darstellt. Ebenso ist nicht nachvollziehbar, wie Kernfläche und Kreissegment miteinander korrelieren. Maßgeblich für die Berechnung des allgemeinen externen Risikos sind die Primärschadensflächen und die Mortalität innerhalb dieser Unfallfolgengebiete. Mortalität und Primärschadensgebiet korrelieren miteinander. Die Annahme einer Mortalität von 60 % setzt ein hinreichend großes über die Kernfläche hinausgehendes Primärschadensgebiet voraus. Die Ermittlung des Primärschadensgebiets erfolgt durch die GfL unter Berücksichtigung der Geländebeschaffenheit auf Grundlage des Flugzeuggewichts (G16.1, Tabelle 5-4). Über eine geländeabhängige spezifische Fläche wird die Primärschadensfläche für das modellierte Startgewicht und das modellierte Landegewicht berechnet. Für das TOW wird vereinfachend das maximale Startgewicht MTOW angesetzt (G16.1, S. 63). Beim Landegewicht wird eine geringere Kerosinmenge berücksichtigt. Hierdurch ergeben sich deutlich niedrigere Landegewichte (G16.1, Tabelle 5-6) und geringere Primärschadensradien bei Landeunfällen. Eine vergleichbare Methode des NLR aus dem Jahr 1993 geht von spezifischen Unfallfolgeflächen je Gewichtseinheit aus, setzt jedoch das maximale Startgewicht MTOW als Flugzeuggewicht an. Da jedoch die vom NLR aufgestellte und von der GfL verwendete Korrelation zwischen Flugzeuggewicht und Unfallfolgengebiet im Vergleich zu anderen Modellen (BAM, NATS) - insbesondere für schwerere Flugzeuge - die größten Primärschadensgebiete ausweist, kann die Methode auch bei Berücksichtigung geringerer Landegewichte als konservativ bezeichnet werden. Auch die Einteilung der Flugzeuge in Lärmklassen mit entsprechenden repräsentativen Gewichten ist eine angesichts der Streuung der Daten für Unfallfolgengebiete eine zulässige Vereinfachung. Das Gutachten G16.1 ist daher nur bezüglich der Ausführungen zur Ermittlung der Mortalität und der Primärschadensflächen zu ergänzen. Es ist nachvollziehbar darzulegen, wie die für die Risikoermittlung zugrunde gelegten Parameter ermittelt worden sind. Ausgehend vom Flugzeugmix und der Verteilung der Flugzeuge auf die unterschiedlichen Lärmklassen ist darzustellen, wie die repräsentativen durchschnittlichen Startgewichte und Landegewichte bzw. Primärschadensflächen errechnet worden sind. Es ist darzulegen, welche Lande- bzw. Startgewichte zur Ermittlung der mittleren primären Unfallfolgefläche herangezogen werden. Es ist darzulegen, welche Treibstoffmengen bei Starts bzw. Landungen für die jeweiligen Lärmklassen angenommen werden. Für die jeweiligen Lärm- 27 entsprechend einer Kerosinlache von ca. 62 m 2 Seite 1520 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

79 klassen sollen die Kernfläche und das gesamte Primärschadensgebiet oder die Korrelation des Kerngebiets mit dem Flugzeuggewicht angegeben werden. Zwischen der Mortalität im Primärschadensgebiet und in Sekundärschadensgebieten ist zu unterscheiden. In G16.3 wird für das schadensbestimmende Brandereignis im Methanol-Tanklager nicht von einer Mortalität von 60 % durch das Sekundärereignis ausgegangen. Durch die Annahme konzentrischer Schadensgebiete für das Primärereignis und für das Sekundärereignis werden 60 % der sich in diesem Bereich befindlichen Personen durch das Primärereignis getötet. Für das Sekundärereignis Störfall verbleibt somit selbst ohne die Berücksichtigung von Fluchtmöglichkeiten nur noch eine Mortalität von maximal 40 %. Diese wird dann durch Flucht- und Schutzmöglichkeiten nochmals auf 20 % halbiert. Die Annahmen des TÜV Hessen gelten nur für den Ausnahmefall, dass die kreisförmige Primärschadensfläche und die Sekundärschadensfläche den gleichen Mittelpunkt haben und nahezu deckungsgleich sowie annähernd gleich groß sind. Den Berechnungen des TÜV Hessen wurde zudem stark vereinfachend eine Gleichverteilung der Personen im betroffenen Gebiet zugrunde gelegt, die faktisch nicht gegeben ist. Durch die Annahme einer hohen Mortalität aus dem Primärereignis im Sekundärschadensgebiet erfolgt eine Unterschätzung des störfallbedingten Gruppenrisikos. Auf die Ausführungen in Kapitel wird verwiesen. Eine pauschale Übertragung der für die Unfallfolgefläche eines Flugzeugabsturzes ermittelten Mortalität auf andere Ereignisse (wie beispielsweise Ereignisse in Tanklagern oder chemischen Anlagen) ist nicht möglich, da sich die Szenarien unterscheiden. Für die jeweiligen Sekundärschadensgebiete sind szenarienabhängige Abschätzungen zur Anzahl der Betroffenen durchzuführen. Die Größe des Flugzeuges bestimmt hier zunächst nur die primäre Schadensfläche, innerhalb der eine zerstörende Einwirkung auf die innerhalb dieser Fläche gelegenen Anlagenteile unterstellt werden kann. Bei einem konservativen Ansatz kann von einer 100 %igen Zerstörung aller innerhalb der Primärschadensfläche befindlichen Anlagenteile ausgegangen werden. Hierauf aufbauend sind alle Gefahrenpotentiale aus Sekundärereignissen zu ermitteln, die dann weitere Schadensradien mit von der Mortalität aus dem Primärereignis abweichenden Auswirkungen bedingen. Hiervon ausgenommen ist die pauschale Betrachtung weniger relevanter Betriebsbereiche in G16.1, für die ein Radius mit 500 m mit einer Mortalität von 60 % angenommen wurde. Diese Annahme kann unter der Prämisse, dass für diese Anlagen keine störfallrechtliche Bewertung der umgebungsbedingten Gefahrenquelle Luftverkehr erforderlich ist, für die Ermittlung des allgemeinen externen Risikos als hinreichend konservativ angesehen werden. Ein Einwender trägt vor, dass die Berechnung des Risikos fehlerhaft sei, da das Landegewicht mit nur 50 % der maximalen Nutzlast angenommen worden sei. Das Landegewicht sei durchschnittlich höher und angesichts der besseren Auslastung der Flugzeuge werde es noch steigen. Die Fraport AG erläutert, die Modellierung der Unfallfolgengebiete erfolge im Gutachten keinesfalls gemittelt, sondern typenspezifisch gewichtsabhängig nach Start- bzw. Landegewicht der in Frankfurt Main operierenden Luftfahrzeuge. Es würde detailliert der Anteil der jeweiligen Flugzeugklasse am Gesamtverkehr berücksichtigt. Die Zusammenhänge seien in den Kapiteln bis des Gutachtens G16.1 beschrieben. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1521

80 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Entgegen der Aussage des Einwenders setze sich das Landegewicht aus dem Betriebsleergewicht eines Luftfahrzeugs, der beförderten Nutzlast und der Streckenreservekraftstoffmenge (Contingency Fuel) zusammen. Neben dem Betriebsleergewicht und der Streckenreservekraftstoffmenge würden 50 % der maximalen Nutzlast an Bord des Luftfahrzeugs unterstellt. Die im Rahmen der Modellierung des Unfallfolgengebiets eines Flugzeugabsturzes getroffenen Annahmen zu Start- und Landegewichten können insbesondere im Hinblick auf die angesetzten spezifischen Schadensflächen als hinreichend konservativ bezeichnet werden. Verglichen mit anderen Berechnungsmodellen ergeben sich vergleichbare oder größere Primärschadensgebiete. In den entsprechenden Kapiteln in G16.1 wird zwar die Modellierung der Start- und Landegewichte und die Abhängigkeit des Unfallfolgengebiets vom Flugzeuggewicht erläutert, die für Frankfurt Main konkret durchgeführten Berechnungen des repräsentativen Primärschadensgebiets können allerdings nicht nachvollzogen werden. Hier wird - wie bereits oben ausgeführt - eine Ergänzung für erforderlich gehalten Absturzverteilung Bezüglich der Modellierung der Absturzverteilung durch die GfL im Gutachten G16.1 wird von einigen Einwendern bemängelt, dass nur ein geringer Teil (179) der insgesamt bekannten Flugunfälle herangezogen werde. Kritik wird auch an den Auswahlkriterien geübt, die zu eng gefasst seien und insbesondere Unfälle ohne Todesopfer nur unzureichend berücksichtigten. Die Methodik sei insgesamt in G16.1 nicht ausreichend dargestellt. Die Benutzung einer nur auf externen Flugunfällen beruhenden Absturzrate für die Modellierung der Absturzverteilung einschließlich des Bereichs zwischen Bahnende und Flughafenzaun führe zu falschen Ergebnissen. Der Einfluss der Annahme, dass auf der Landebahn Nordwest nur Präzisionsanflüge stattfinden sollen, werde bez. der Streuung der Absturzereignisse überschätzt. Die Firma057 und andere Einwender fordern eine Offenlegung der Parameter für die der Absturzverteilung zugrunde liegenden Verteilungsfunktionen, damit deren Plausibilität überprüft werden könne. Ebenso würden die ausgewählten Flugunfälle nicht angegeben. Die Fraport AG bezieht sich auf die Modellierung der Absturzverteilung im Gutachten G16.1. Wie dort auf Seite 51 ausgeführt werde, würden die Datensätze selektiert, die hinsichtlich Art und Ausrüstung des Flugplatzes, des eingesetzten Fluggeräts sowie der Topographie dem zu untersuchenden Flughafen Frankfurt Main möglichst nahe kommen. Aus statistischer Sicht könne die Datengrundlage der 179 Flugunfälle als qualitativ hochwertig und quantitativ als hinreichend genau bezeichnet werden. Die Beschränkung der Landebahn Nordwest auf Präzisionsanflüge habe der GfL zufolge nur einen geringen Einfluss auf das Streuungsverhalten. Dies werde auch von anderen internationalen Experten bestätigt (vgl. G16.4, Anlage 1, S. 75, und G16.4, Anlage 3, S. 16). Eine Offenlegung der Ereignisse und der Parameter der Verteilungsfunktionen lehnt die Fraport AG ab. Im Erörterungstermin haben Herr Dr. Name027 und Herr Dr. Name032 (Firma138) für die Firma057 ergänzend ausgeführt, dass von Modellfunktionen, einer Weibull- und einer Laplace-Verteilung, gesprochen werde. Die Datenbasis sei aber unbekannt und die sich daraus ergebende Symmetrie der Darstellung sei ungewöhnlich. Anhand von eigenen Berechnungen könne man die in den Unterlagen 28 dargestellten Konturen nicht nachvollziehen. Insgesamt sei zu vermuten, dass ein systematischer Fehler vorliege. Eine Verspie- 28 Gutachten G16.1 Seite 1522 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

81 gelung um die Anfluggrundlinie führe automatisch zu einer Erhöhung der errechneten Absturzwahrscheinlichkeit. Die Kurve aus den Planfeststellungsunterlagen (G16.1, S. 54) sei nicht kompatibel zu den Berechnungen der Firma138. Die von der Firma138 berechnete größere Streuung an der Bahnschwelle ergebe sich aus den Daten, die auch den Gutachten in den Planfeststellungsunterlagen zugrunde gelegt worden seien. Eigene Berechnungen hätten eine sehr schmale laterale Verteilung ergeben, bei der der Schwerpunkt unter der Flugroute liege. Dies sei im Hinblick auf die Berechnung der Trefferwahrscheinlichkeit für Ticona von entscheidendem Einfluss. Für die Fraport AG hat Herr Name026 (GfL) im Erörterungstermin erläutert, dass die Ermittlung der Absturzverteilung mittels der Best-Fit-Methode erfolgt sei. Die Streuung entspreche der lateralen Abweichung vom geplanten Flugweg. Da deren Eintritt stochastisch sei, sei auch aus flugbetrieblicher Sicht kein Anlass gegeben, eine unsymmetrische Verteilung anzunehmen. Hinsichtlich der Graphiken der Firma138 ist angemerkt worden, dass die graphische Verteilung impliziere, dass der Ort der größten Streuung der Unfälle genau an der Landebahnschwelle liege. Dies entspreche nicht den aufgezeichneten Daten. Die maximale Streuung liege danach weiter von der Schwelle entfernt. Die Parameter habe man dem TÜV Pfalz und der Störfallkommission zur Verfügung gestellt. Sie würden hier nicht freigegeben. Auf die Darstellungen der Streuung der Absturzverteilung ist erwidert worden, dass die Firma138 vermutlich eine andere Datenbasis zugrunde gelegt habe. Die von der Firma138 präsentierten Ergebnisse seien nicht nachvollziehbar. Bezüglich der Verspiegelung um die Grundlinie ist erläutert worden, dass dies zu einer statistischen Absicherung der räumlichen Verteilung der Unfälle führe. Dies habe mit der Accident Ratio nichts zu tun. In verschiedenen Unfalldatenbanken werden mehrere Tausend Flugzeugunfälle beschrieben. Viele Unfälle können bereits aufgrund unvollständiger Angaben oder Beschreibungen nicht berücksichtigt werde. Um die aktuelle oder künftige Situation an einem bestimmten Flughafen wie Frankfurt Main zu beschreiben, ist eine Selektion der Ereignisse erforderlich. Hierbei sind beispielsweise die Art des Fluggeräts, die technische Ausstattung des Flughafens oder die topographische Lage zu beachten, um eine Vergleichbarkeit mit Frankfurt Main zu gewährleisten. Wichtig ist eine Selektion auf Basis definierter Kriterien. Im qualitätssichernden Gutachten TÜV Pfalz 2005b zu den mit den Planfeststellungsverfahren vorgelegten Gutachten G16.1 bis G16.3 wird die Methode der GfL zur Ermittlung der Absturzverteilung bewertet. Die GfL hat die Absturzverteilung in drei Schritten ermittelt: Auswahl von Flugunfällen nach definierten Kriterien, Festlegung der analytischen Verteilungsfunktionen aus den empirischen Absturzkoordinaten und Projektion der Absturzverteilung auf das Bahnsystem in Frankfurt Main. Aufgrund der Auswahlkriterien sind nach Schritt 1 Flugunfälle an Flughäfen berücksichtigt worden, die nach Art und Ausrüstung dem Flughafen Frankfurt Main ähnlich sind (z. B. Vorhandenseins eines ILS). Das eingesetzte Fluggerät und die Topographie müssen ebenfalls vergleichbar sein. Weiterhin sind Flugunfälle der Kategorie Landing Undershoot (Landung), Landing Overrun und Take-Off (Abflug) berücksichtigt worden, für die eine gesicherte Verortung gegeben ist. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1523

82 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Absturzdaten sind aus verschiedenen Quellen entnommen worden (ICAO, NTSB, ASN und ACI). Nach Ansicht des TÜV Pfalz stellen diese Datenquellen eine sehr vollständige und hochwertige Datenbasis dar. Die Datenbasis, also die 179 für die Ermittlung der Absturzrate herangezogenen Flugunfälle, wird in G16.1 nicht offen gelegt. Es geht somit nicht hervor, welche Flugunfälle herangezogen werden. Bestimmte ausgewählte Unfälle ohne Todesfolgen sind von der GfL zur Modellierung der Absturzverteilung herangezogen worden, ohne dass hierfür Auswahlkriterien in G16.1 genannt werden oder gar die ausgewählten Unfälle ohne Todesfolgen konkret aufgeführt werden. Der Einfluss einer Nichtberücksichtigung von bestimmten Unfällen ohne Todesfolgen auf die Absturzverteilung ist jedoch gering. Zu bemängeln ist vor allem die nicht vorhandene Beschreibung der Auswahlkriterien für Unfälle mit Todesfolgen. Im Sinne einer konsequenten und konservativen Vorgehensweise sind nach meiner Ansicht analog den vom TÜV Pfalz durchgeführten Betrachtungen (TÜV Pfalz 2005a und TÜV Pfalz 2006) alle Unfälle ohne Todesfolgen einzubeziehen, die bei einer Übertragung auf Frankfurt Main in bebauten Gebieten verortet wären. Absturzverteilung und Absturzrate werden auf Grundlage verschiedener Referenzmengen von Flugunfällen bestimmt. Dies ist statistisch zulässig, solange sich die Eigenschaften dieser Referenzmengen nicht widersprechen. Die Erforderlichkeit ergibt sich aus der geringen Zahl der zur Berechnung der Absturzereignisse herangezogenen Ereignisse. Mit 4 Ereignissen für Landeunfälle und 7 Ereignissen für Startunfälle lassen sich Verteilungsfunktionen nur unzureichend ermitteln. Zur Anpassung der statistischen Verteilungsfunktionen an die empirisch ermittelten Absturzorte sind von der GfL verschiedene Annahmen getroffen worden. Diese Annahmen bestehen beispielsweise in einer symmetrischen Verteilung der Absturzorte um die Anfluggrundlinie sowie einer Weibull-Funktion für die longitudinale Verteilung und einer Laplace-Funktion für die laterale Verteilung. Auch sind die Absturzpunkte zur Stützung der statistischen Berechnungen um die Grundlinie (Ideale Fluglinie) gespiegelt worden. Diese Annahme ist statistisch zulässig. Da die Absturzrate und die Anzahl der Flugbewegungen die absolute (bedingte) Absturzwahrscheinlichkeit und damit das Volumen unter der dreidimensionalen Verteilungsfunktion (Normierung auf die bedingte Wahrscheinlichkeit) wiedergeben, werden hierdurch weder die Absturzverteilung überhöht noch die absolute Absturzwahrscheinlichkeit beeinflusst. Gemäß TÜV Pfalz 2005b sind die Annahmen sachgerecht und zulässig bzw. entsprechen wie die Annahme der zweidimensionalen Verteilungsfunktionen der Datengrundlage. Die von der GfL angewandte Methode zur Beschreibung der Absturzverteilung ist somit sachgerecht und ermöglicht eine angemessene Beschreibung der Absturzverteilung am Frankfurter Flughafen. Alternative Methoden wie die des DOE oder der BAM sind nicht geeignet, die konkrete Situation zu beschreiben. Die Kritikpunkte an der Ermittlung der Absturzverteilung sind daher nicht methodischer Art, sondern betreffen Eingangsparameter und die Dokumentation der Methode in G16.1. Nach meiner Ansicht ist G16.1 daher um folgende Punkte zu ergänzen: Seite 1524 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

83 Die als Referenzmenge selektierten 179 Flugunfälle sind unter Angabe des jeweiligen Flughafens und der Verortung in Bezug auf die Lage der Bahn zu benennen. Die Auswahlkriterien für Unfälle ohne Todesfolgen sind darzulegen. Die Parameter der Weibull-Funktion für die longitudinale Verteilung und die Parameter der Laplace-Funktion für die laterale Verteilung sind zu benennen, damit ein Vergleich mit anderen Gutachten durchgeführt werden kann. Das Gutachten sollte um eine Darstellung der Trefferwahrscheinlichkeit im Untersuchungsgebiet ergänzt werden. Für die Bereiche, in denen das Tanklager der VTG in Ginsheim-Gustavsburg, die Anlage der Firma058 auf dem Opelgelände in Rüsselsheim und das Tanklager der Firma084 in Flörsheim am Main liegen, ist eine detaillierte Darstellung erforderlich. Aus dem Gutachten selbst geht nicht hervor, ob mit einer durchschnittlichen Absturzrate aus G16.2 oder mit den Unfallraten für Starts und Landungen gerechnet wurde. Dies ist klarzustellen. Bei den Abbildungen 5-2, 5-3, 5-4 und 5-5 ist klarzustellen, ob es sich um die tatsächlich zugrunde liegenden Verteilungen oder um Beispiele ohne direkten Bezug handelt. Die Methode der Übertragung der Verteilungsfunktionen auf den konkreten Routenverlauf am Flughafen Frankfurt Main ist ausführlicher darzulegen. Das interne Risiko ist auszuweisen (Trefferwahrscheinlichkeit, Einzelrisiko, Gruppenrisiko). Das Absturzrisiko für den externen Bereich 29 und den internen Bereich 30 ist mit der Absturzrate für den externen Bereich aus G16.2 berechnet worden. Da definitionsgemäß das interne Risiko nicht betrachtet wird, ist der interne Anteil des Risikos ausgeblendet worden. Dies stellt einen systematischen Fehler, dar, da hierdurch externe Risikoanteile zu internen Risikoanteilen umgewandelt werden, die dann nicht weiter betrachtet werden. Folge ist eine Unterschätzung des externen Risikos. Konsequenterweise dürfte die longitudinale Verteilungsfunktion erst am Flughafenzaun beginnen und nicht wie in den Abbildungen 5-2, 5-3, 5-4 und 5-5 dargestellt an der Bahnschwelle. Für den internen Bereich sind dann auf einer internen Absturzrate beruhende unterschiedliche bedingte Wahrscheinlichkeiten zugrunde zu legen. Vereinzelt wird bemängelt, dass das Gutachten G16.1 allein auf das Datenmaterial der Firma Boeing abstelle. Es sei fraglich, ob dies das einzige Datenmaterial sei; die Gutachter hätten nicht dargelegt, warum die Unfallstatistik der Firma Boeing repräsentativ sei. Die Fraport AG erläutert, die Firma Boeing publiziere eine statistische Zusammenfassung der Luftfahrzeugunfälle des weltweiten kommerziellen Luftverkehrs. Die Daten stammten aus den Flugunfallberichten der staatlichen Luftfahrtbehörden. Wo keine solchen Berichte zugänglich seien, würden Angaben von Luftverkehrsunternehmen, Flugzeugherstellern und weiterer privater Informationsquellen verwendet. Die statistische Datenbasis der Boeing sei vor allem deshalb als Grundlage interessant, weil sie genaue Angaben über Unfallraten, Unfallursachen, Luftfahrzeugtypen und Flugphasen mache. Insbesondere infolge der von Boeing verwendeten Datenquellen bestünden keine statistisch signifikanten Unterschiede zu anderen Datengrundlagen wie beispielsweise die Worldwide Aircraft Accident Summary, Aviation Safety Net oder des NLR. Die durchschnittliche Anzahl der erfassten Unfälle in der Zeit zwischen 1992 und 2001 liege bei Boeing bei 39. Die untere Grenze 29 außerhalb des Flughafenzauns 30 Flughafengelände innerhalb des Flughafenzauns Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1525

84 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main bilde das NLR mit 33, WAAS umfasst 42 und ASN zähle 46. Diese Angaben lägen im Streubereich der jährlichen Schwankungen. Die Angaben der Boeing lägen im mittleren Bereich des Streubereichs. Boeing sei eine verlässliche Quelle, die insbesondere aufgrund ihrer Differenziertheit sehr informativ sei. Nach den Angaben in den Gutachten G16.1 werden Absturzdaten nicht nur aus den Jahresberichten der Fa. Boeing entnommen. Als weitere Datenquellen werden von der GfL und Oliva & Co. ICAO, NTSB, ASN und ACI herangezogen. Nach Ansicht des TÜV Pfalz 2005b stellen diese Datenquellen eine sehr vollständige, hochwertige Datenbasis dar. Ein Einwender führt an, dass die Datenbasis zur Ermittlung der lateralen Verteilungsfunktion ungenügend sei. Dies habe auch das NLR erkannt. In Unfalldatenbanken werde offenbar häufig für die y-koordinate 0 m eingetragen, wenn keine Daten vorlägen. Wenn nun der Wert 0 für die Bestimmung der Verteilungsfunktion verwendet werde, habe dies eine systematische Unterschätzung des Risikos seitlich der Flugrouten zur Folge. Dies sei für die Ticona von entscheidender Bedeutung. Aus Vorsorgegründen solle daher für die Ermittlung der seitlichen Verteilung eine Funktion genutzt werden, bei der nur Werte ungleich 0 verwendet würden. Die Fraport AG betont, sie habe die im Teilmodell Accident Location verwendeten 179 Datensätze umfassend geprüft und durch mehrere Quellen abgesichert. Somit seien keine Datensätze enthalten, bei denen keine bzw. unzureichende Informationen über die seitliche Lage des Absturzorts existieren. Das Problem tritt grundsätzlich bei der Modellierung der lateralen Absturzverteilung auf. Da bei vielen Daten der y-wert unbekannt ist und mit 0 angegeben wird, ließe sich vermuten, die Absturzereignisse lägen vor allem auf der Anfluggrundlinie. Deshalb ist eine genaue Auswertung der Unfallberichte unerlässlich, um zweifelhafte Ortsangaben auszuschließen. Nach Angaben der GfL ist dies in G16.1 bei der Ermittlung der lateralen Absturzverteilung durchgeführt worden. Die herangezogenen 179 Flugunfälle und deren Verortung werden jedoch nicht aufgeführt, die Behauptung der GfL lässt sich daher nicht überprüfen. Ein weiteres Problem stellt sich beim Übertrag der errechneten Absturzverteilung auf die Flugrouten, da nicht bekannt ist, ob sich das Flugzeug zum Zeitpunkt des Absturzes noch auf der Route befunden hat oder diese bereits verlassen oder aufgrund von Problemen diese nie beflogen hat. Die Absturzereignisse können hier nicht sicher den jeweiligen Routen zugeordnet werden. Einige Modelle berücksichtigen diese Problematik durch einen routenunabhängigen Anteil bei der Absturzverteilung, der sich ausschließlich auf die Lage des Orts relativ zur Lande- oder Startbahn bezieht. Für die Berechnung des flugbetrieblichen Risikos von störfallrelevanten Betriebsbereichen ist gerade im Planfall aufgrund des Vorbeifluges an Ticona und Shell in Raunheim die laterale Verteilung entscheidend. Je breiter die laterale Verteilung angesetzt ist, umso höher ist die Trefferwahrscheinlichkeit. Die von der GfL angesetzte laterale Verteilung für Landungen scheint etwas enger zu sein als beispielsweise beim TÜV Pfalz. Der Einfluss macht sich vor allem im äußeren Bereich der lateralen Verteilung (ab ca m seitlich der Anflugrundlinie) bemerkbar, ist also für die näher an dieser Linie liegenden störfallrelevanten Anlagen der Ticona geringer. Entscheidend für die Unterschätzung der Eintrittswahr- Seite 1526 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

85 scheinlichkeiten für absturzinduzierte Störfallereignisse bei Ticona ist die Nichtberücksichtigung angemessener Einwirkungsbereiche in G Ermittlung und Darstellung der Risikowerte in G16.1 Es wird kritisiert, dass das Risiko für Bahnreisende im Gutachten G16.1 nicht ermittelt worden sei. Sicherheitsuntersuchungen für die Bahnstrecken im Nahbereich des Flughafens Frankfurt Main (Raunheim-Kelsterbach, ICE-Neubaustrecke Köln-Rhein/Main, Riedbahn und Kelsterbach-Flughafen-Regionalbahnhof) seien nicht durchgeführt worden, obwohl sie allesamt in der Risikozone > 10-5 verliefen. Aus Sicht der Fraport AG wird das externe Risiko im Rahmen der Gutachten G16.1 bis G16.4 ermittelt und bewertet. Für den gesamten Untersuchungsraum 40 km x 40 km - also auch für alle Bahnstrecken - würden dazu Einzelrisikowerte berechnet. Einzelrisikowerte würden nach Definition so ausgewiesen, dass von einem ständigen Aufenthalt an dem jeweiligen Ort ausgegangen werde. Damit seien die Einzelrisikowerte auf einer bestimmten Bahnstrecke für die Bahnreisenden überschätzt, denn Bahnreisende halten sich nicht ständig an einem Ort auf. Die Einzelrisikowerte könnten dem Gutachten G16.1 und den dazugehörigen Plänen entnommen werden. Die Einzelrisikowerte im Bereich von Bahnstrecken können aus den Risikokarten G bis G für den Ist-Fall, für den Prognosenullfall und für den Planfall entnommen werden. Die Einzelrisikowerte werden ortsbezogen ausgewiesen und setzen einen ununterbrochenen Aufenthalt von 24 h am Tag an 365 Tagen im Jahr am Bezugsort voraus. Das individuelle absturzbedingte Todesfallrisiko eines Bahnreisenden ist aufgrund der geringen Aufenthaltswahrscheinlichkeit geringer als die angegebenen Einzelrisiken. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich irgendein Bahnreisender an dem Bezugsort aufhält, ist wiederum deutlich höher als das individuelle Risiko des einzelnen Reisenden. Für das Airrail Center Frankfurt wird das Einzelrisiko in der Abbildung 6-31 für den Planfall ausgewiesen. Es beträgt 1,8 x 10-6 bis 1,2 x Es wird vorgetragen, durch die Überdeckung der Darstellung der Absturzhäufigkeit durch Flugroutenverläufe, Flughafenflächen und Verkehrswege sei das tatsächliche Risiko aus den Darstellungen in den Planfeststellungsunterlagen nicht zu erkennen. Die Fraport AG verweist darauf, dass das Einzelrisiko auf DIN-A0-Plänen dargestellt werde, die zusammen mit den Gutachten ausgelegt wurden. Auf diesen Plänen sei die Größenordnung des Einzelrisikos für jedes Rasterelement gut zu erkennen. Die Darstellung des Einzelrisikos in den Karten zu G16.1 genügt, um das Einzelrisiko für bestimmte Flächen erkennen zu können. Es wird vorgetragen, dass bei einem Absturz auf das Opelwerk in Rüsselsheim innerhalb einer 200-m-x-200-m-Fläche mit mehr als 1 bis 10 Toten gerechnet werden müsse. Aus Sicht der Fraport AG wird die Anzahl der Beschäftigten im Opelwerk in den Risikogutachten berücksichtigt. Die Wahrscheinlichkeit in diesem Bereich von einem Flugzeugabsturz betroffen zu sein, werde im Gutachten G16.1 als Einzelrisiko ausgewiesen. Im Bereich Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1527

86 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main des Opelwerkes in Rüsselsheim liege das Einzelrisiko heute und im Ausbaufall bei < 10-6, d. h. ein Absturz in 1 Mio. Jahre. Hier wird auf das Gruppenrisiko abgehoben. In der Abbildung 6-35 zum Gruppenrisiko werden unter Berücksichtigung der Arbeitsplatzdemographie - allerdings mit geringer Wahrscheinlichkeit - Szenarien mit über Todesfällen ausgewiesen. Im Rahmen der Erstellung der FN-Kurve wurden nach Aussage der Fraport AG auch die Absturzrisiken auf Bereiche des Opelgeländes unter Berücksichtigung der Trefferwahrscheinlichkeit und der Demographie betrachtet. Eine Einzelausweisung des Gruppenrisikos für Opel erfolgte nicht und ist auch nicht notwendig. Vereinzelt wird gefordert, es müsse berücksichtigt werden, dass jedes Gebäude, das über seine Umgebung hinausrage, aufgrund des meist schrägen Absturzverlaufs zu einer Erhöhung des Risikos an dieser Stelle und zu einer Verminderung im Absturzschatten führten. Die Fraport AG erwidert, dass bei der Modellierung der Unfallfolgen (Accident Consequence) in Gutachten G16.1 ausführlich die Untersuchungen zu den Folgen eines Flugzeugunfalls als eine Datengrundlage zur Bestimmung des externen Risikos beschrieben würden. Darin werde ersichtlich, dass die Unfallfolgen von dem Flugzeuggewicht und der Geländebeschaffenheit abhingen. Ferner finde auch Beachtung, dass das Gelände die Folgen eines Flugzeugabsturzes beeinflusst. Der Gutachter unterscheide dabei zwischen freiem Gelände, bebautem Gelände und Wald bzw. Wasser. Damit seien die Einwendungen implizit berücksichtigt worden. Eine Berücksichtigung des Einflusses hoher Gebäude auf die Absturzwahrscheinlichkeit in ihrem Umfeld würde eine Detailuntersuchung für jedes Gebäude erforderlich machen. Die Betrachtung gilt zudem nur für den definierten Fall direkter Treffer des Gebäudes. Bei der Ermittlung des allgemeinen externen Risikos würde eine solche Detailbetrachtung den Rahmen sprengen. Angesicht der bereits bestehenden Modellungenauigkeit ergäben sich keine weitergehenden Erkenntnisse. Anders stellt sich der Fall bei störfallrelevanten Betriebsbereichen im Bereich eines ausgewiesenen erhöhten Absturzrisikos dar. Hier sind Untersuchungen zu den Einwirkungsbereichen auf dem Anlagengelände oder in dessen Umfeld erforderlich. Die Einwirkungsbereiche werden stark beeinflusst vom Gelände und der Bebauung. In seinen Gutachten zum Planfall und Ist-Fall hat der TÜV Pfalz (2003/1 und 2006) detaillierte Untersuchungen zu den Einwirkungsbereichen durchgeführt. In G16.1/G16.3 werden keine angemessenen Einwirkungsbereiche für störfallrelevante Anlagen berücksichtigt. Verschiedene Einwender bemängeln, das Untersuchungsgebiet sei zu eng bemessen und würde nicht alle Risiken des Flugverkehrs im Zusammenhang mit dem Flughafen Frankfurt Main erfassen, da insbesondere der Beginn der Anflugrouten (Eindrehpunkte) und wichtige Kreuzungen von Flugrouten außerhalb lägen. Im Erörterungstermin ist vorgetragen worden, dass die Festlegung des Untersuchungsraumes auf eine Größe von 40 km x 40 km in Gutachten G16.1 nicht begründet werde. Das Untersuchungsgebiet sei so eng begrenzt, dass Hanau mit seinen Atomanlagen außerhalb dieses Untersuchungsgebiets liege. Üblich sei die Wahl eines kreisförmigen Untersuchungsgebiets um den Flughafen. Lege man nun einen Kreis mit dem Radius der Seite 1528 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

87 halben Diagonale des Untersuchungsraumes (28,3 km) um den Mittelpunkt, so sei Hanau in dem dann entstehenden Untersuchungsraum enthalten. Weiterhin ist bei der Erörterung gefordert worden, es müssten alle Flugphasen, die vor Beginn des eigentlichen Reisefluges lägen bzw. nach diesem stattfänden, erfasst werden, da von diesen Phasen spezifische Gefährdungen ausgingen. In die Risikodarstellung müssten auch die spezifischen räumlichen Gefahren für den Flugverkehr (Vogelschlag, Optical Illusions), die räumlichen Gegebenheiten, die zu einer Schadenspotenzierung führten (Dominoeffekte, Tanklager Gustavsburg u. a.) sowie die räumliche Schutzbedürftigkeit von Krankenhäusern, Schulen u. a. einfließen. Die Fraport AG hat ausgeführt, das Kriterium für die Abgrenzung des Untersuchungsraumes basiere auf dem Einzelrisiko. Dieses solle den Wert von 1 x 10-7 nicht überschreiten. An den Kanten des Bereichs sei das Risiko immer kleiner als Dieses Risiko werde als nicht weiter erörterungswürdig befunden. Die Wahl des Untersuchungsraumes habe ich für ausreichend gehalten, um das mit dem Flughafen Frankfurt Main verbundene Risiko darzustellen. Der Untersuchungsraum umfasst das angesprochene Tanklager in Ginsheim-Gustavsburg genauso wie vogelschlagrelevante Bereiche entlang der Anfluggrundlinie am Main. Die nicht hinreichend detaillierte Berücksichtigung des Tanklagers, des Vogelschlagrisikos oder von Dominoeffekten bei störfallrelevanten Betriebsbereichen beruht nicht auf der Wahl des Untersuchungsraumes. Im Erörterungstermin hat Herr Rechtsanwalt Name022 anhand einer Abbildung vorgetragen, dass bei einer Projektion der Absturzrisiken anderer Flughäfen auf das Gelände und den Anflugsektor der geplanten Landebahn Nordwest eine deutliche Ballung am südlichen Rand des Gebiets Taubengrund festzustellen sei. Der einfache Übertrag der Verortung von Absturzereignissen anderer Flughäfen auf den zu betrachtenden Flughafen Frankfurt Main zur Ermittlung einer spezifischen Absturzverteilung ist die einfachste, jedoch auch die am wenigsten geeignete induktive Methode. Im Grunde beruhen alle Methoden zur Bestimmung der Absturzverteilung auf einem Übertrag historischer Absturzverortungen auf den zu betrachtenden Flughafen. Ziel ist jedoch die Modellierung von Funktionen, die die Absturzverteilung repräsentieren und eine statistische Voraussage für bestimmte Orte zulassen. Auch nach diesem Modell wird für das Gebiet Taubengrund ein erhöhtes Risiko ausgewiesen Besondere Risikoaspekte Von einigen Einwendern und Beteiligten wird gerügt, die im Gutachten G16.1 (S. 75) mit Verweis auf das Vogelschlaggutachten getroffene Annahme, dass der Flughafen Frankfurt Main ein unterdurchschnittliches Vogelschlagrisiko aufweise, sei falsch, da das Flusssystem Rhein-Main ein international bedeutsames Rast- und Überwinterungsgebiet sei. Daher hätte das Vogelschlagrisiko auch als Kriterium bei der Auswahl von Vergleichsflughäfen berücksichtigt werden müssen. Außerdem wird bemängelt, dass die Absturzrisiken auf das Werksgelände der Ticona und das Vogelschlagrisiko nur getrennt voneinander betrachtet worden seien. Durch das erheblich erhöhte Vogelschlagrisiko im Bereich des Mains beim Anflug aus Betriebsrichtung 07 auf die Landebahn Nordwest könne sich ein erhöhtes Absturzrisiko auf das Ge- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1529

88 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main lände der Ticona ergeben. Dies sei bei der Ermittlung des Gesamtrisikos zu berücksichtigen. Im Erörterungstermin ist ergänzt worden, eine weitere Erhöhung des Risikos könne sich aus dem Zusammenwirken des erhöhten Vogelschlagrisikos und der eigentlich unzulässigen und nur mit Ausnahmegenehmigung zulässigen Hindernissituation ergeben. Dies sei aber nicht berücksichtigt worden. Nach Ansicht der Fraport AG bezieht sich die Risikoermittlung in Gutachten G16.1 auf das gesamtheitliche vom Flugverkehr induzierte Risiko (s. G16.1, Kap. 5.5, S. 73). Somit würden eine Vielzahl von Kriterien und Einflussfaktoren auf das externe Risiko im Rahmen der Modellierung der Unfallfolgen betrachtet, zu denen auch Vogelschlag gehöre. Der Flughafen Frankfurt Main weise im Vergleich zu anderen Flughäfen ein unterdurchschnittliches Vogelschlagrisiko auf. Die Fraport AG hat im Erörterungstermin ergänzt, die Wahrscheinlichkeit eines vogelschlagbedingten Absturzes während des Landeanfluges sei gering, da die Maschinen mit gedrosseltem Schub flögen und somit ein Vogelschlag in ein Triebwerk eine wesentlich geringere Absturzwahrscheinlichkeit zur Folge hätte. Bei einem Vogelschlag würde die Landung in der Regel zu Ende geführt. Ein erhöhtes Absturzrisiko für das Ticona-Gelände ergebe sich daher nicht. Auch Ticona habe ausgeführt, dass sie einen Absturz auf ihr Gelände für sehr unwahrscheinlich halte. Auch blieben die Auswirkungen eines Absturzes über dem Ticona-Gelände auf das Gelände selbst beschränkt. Im Gutachten zum Ist-Fall führt der TÜV Pfalz (TÜV Pfalz 2006) aus, eine Auswertung zeige, dass von 417 Flugunfällen bei der Flugphase Start im Auswertezeitraum von insgesamt 5 Unfälle auf die Ursache Vogelschlag zurückzuführen sind. Für Landeunfälle oder Overruns bei Landungen liegen keine Daten über Ereignisse mit Vogelschlag vor. Vogelschlag macht nur einen geringen Anteil an der Gesamtheit der Flugunfälle aus. In G16.1 wird auf Grundlage des vorliegenden Vogelschlag-Gutachtens G7 davon ausgegangen, dass der Flughafen Frankfurt Main ein unterdurchschnittliches Vogelschlagrisiko aufweist. Diese Erkenntnis wird mit geringen Einschränkungen auf die Landebahn Nordwest übertragen. Eine Rechtfertigung für eine gesonderte Modellierung der Gefährdung durch Vogelschlag sehen die Gutachter nicht. Die in G16.1 getroffenen Aussagen gelten daher auch nur für den Fall, dass bei der Landebahn Nordwest kein erhöhtes Vogelschlagrisiko vorliegt. Sollten sich im Zuge der von mir für erforderlich gehaltenen Überarbeitung des Vogelschlag-Gutachtens Anhaltspunkte für ein erhöhtes Vogelschlagrisiko vor allem beim Anflug aus Betriebsrichtung 07 ergeben, ist eine Prüfung des Einflusses von Vogelschlag auf das Risiko - insbesondere für die Anlagen der Ticona GmbH - erforderlich. Der Einfluss des Vogelschlags ist dann in die Modellierung des externen Risikos einzustellen. Auch wenn Flugunfälle durch Vogelschlag relativ selten vorkommen und selbst bei einem Treffer des Flugzeuges durch einen Vogel oder mehrere Vögel eine sichere Landung möglich ist, können dennoch Beeinträchtigungen des Flugzeuges durch Vogelschlag nicht ausgeschlossen werden. So sind durch Vogelschlag bedingte Abweichungen von der Anfluggrundlinie 31 oder vom Sinkweg denkbar, die bis zum Aufsetzen wieder korrigiert wer- 31 beispielsweise durch Ausfall eines Triebwerkes, Treffer der Steuereinrichtungen oder bei Sichtbeeinträchtigung durch Vogelschlag Seite 1530 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

89 den können. Soweit derartige Ereignisse Flugzeuge betreffen, die sich über freiem Gelände befinden, resultieren hieraus keine weiteren Gefährdungen. Im Bereich der Ticona, welcher sich wenige hundert Meter nach der durch Vogelschlag besonders betroffenen Querung des Mains befindet, können jedoch aufgrund der Nähe der Ticona-Anlagen zur Anfluggrundlinie auch geringfügige Abweichungen zu einer Kollision mit den Anlagen der Ticona führen. Einen besonderen zusätzlichen Aspekt würde die beabsichtigte Zulassung der Durchdringung der Hindernisfreiflächen im Bereich Ticona darstellen. Es wird vorgetragen, im Gutachten G16.1 (S. 74) seien Gefahrguttransporte mit Luftfahrzeugen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Man könne davon ausgehen, dass die möglichen Unfallfolgen größer seien als bei Passagiermaschinen. Es müsse untersucht werden, inwieweit Gefahrguttransporte zu einer Vergrößerung des Unfallfolgengebiets führen können. Die Fraport AG führt hierzu aus, dass sich - wie in G16.1, S. 74, ausgeführt - aufgrund der sehr geringen Anzahl von Flugunfällen im Zusammenhang mit dem Transport gefährlicher Güter keine statistisch sicheren Aussagen zu einem möglicherweise vergrößerten primären Unfallfolgengebiet treffen ließen. Für den Transport von Gefahrgut gelten die einschlägigen Vorschriften aus dem Luftverkehr. Aufgrund der wenigen Unfälle mit Gefahrgütern beladener Flugzeuge können keine Aussagen getroffen werden. Es wird ausgeführt, dass es zu einem Absturz eines Flugzeuges, welches mit Munition beladen sei, kommen könne. Die Fraport AG verweist darauf, dass unplanmäßige Regierungsflüge, Flüge der Bundeswehr oder der NATO mit munitionsbeladenen Flugzeugen auf dem Flughafen Frankfurt Main selten, schwer prognostizierbar und unabhängig vom Ausbau des Flughafens Frankfurt Main seien. Es wird vorgetragen, durch den Transport radioaktiver Stoffe in Flugzeugen entstehe beim Absturz ein zusätzliches Gefahrenmoment, da diese Stoffe freigesetzt werden und über eine große Fläche verteilt werden könnten. Auch dieses Risiko steige mit dem Anstieg der Flugbewegungen und müsse bei der Ermittlung des mit dem Ausbau verbundenen Risikos berücksichtigt werden. Die Umweltabteilungen meiner Behörde als zuständige Fachbehörde führen aus, dass das Risiko der Freisetzung von radioaktiven Stoffen, die sich als Fracht im Flugzeug befinden, proportional zum Absturzrisiko des Flugzeuges steige. Nach Aussage des Luftfahrtbundesamts seien die Gefahren durch radioaktive Stoffe im Flugzeug durch die internationalen Gefahrgutvorschriften der ICAO berücksichtigt. Diese lege Grenzwerte für jedes Gefahrgut fest. Diese Regeln gälten auch für die Bundesrepublik Deutschland. Die Fraport AG erwidert, Analysen zum Transport gefährlicher Güter an Bord von Luftfahrzeugen ergäben, dass die Unfallwahrscheinlichkeit bezogen auf Europa die gleiche Grö- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1531

90 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main ßenordnung aufweise wie bei Passagierflügen. Die Einhaltung der Gefahrgutvorschriften der ICAO liege in der Verantwortung der Transportunternehmen (Luftverkehrsgesellschaften) und stehe in keinem Zusammenhang mit dem Flughafenausbau Sonstiges Viele Einwender tragen vor, dass das in den Planfeststellungsunterlagen dargestellte Risiko erheblich von den Angaben im Raumordnungsverfahren abweiche. Die Risikozone für ein Einzelrisiko von < 10-5 sei gegenüber dem Raumordnungsverfahren von 68,2 km² auf 2,5 km² verringert worden. Eine tatsächliche Erhöhung der Sicherheit werde bezweifelt. In diesem Zusammenhang wird auch bemängelt, dass die Unfallrate nicht wie im Raumordnungsverfahren von der GfL selbst berechnet, sondern aus dem Gutachten G16.2 übernommen worden sei. Von verschiedenen Einwendern wird auf die Routenbelegung im Planungsfall abgehoben. Die Risikoberechnungen insbesondere für Ticona werden angezweifelt, da sie eine Belegung der nach Nordwest führenden Abflugrouten mit nur ca. 1,6 % aller Abflüge annähmen. Dies werde mit der Freihaltung des Luftraumes für Durchstartvorgänge auf der Landebahn Nordwest bei Betriebsrichtung 25 begründet. Im Raumordnungsverfahren seien noch 5,6 % nach Nordwesten abdrehende Abflüge zugrunde gelegt worden. Für eine stärkere Belegung werde ein höheres Risiko für die Ticona befürchtet. Die Fraport AG führt aus, die Reduzierung der Fläche der Risikozone im Planfeststellungsverfahren gegenüber dem Raumordnungsverfahren ergebe sich aus der Verfeinerung der Eingangsparameter gegenüber den relativ groben und überschlägigen Untersuchungen des Themas Risiko im Raumordnungsverfahren. Im Raumordungsverfahren sei im Gutachten G13 das externe Risiko anhand einer allgemeingültigen, insgesamt aber konservativen Methode im Rahmen eines Variantenvergleichs bestimmt worden. Im Gutachten G16.1 des Planfeststellungsverfahrens stünden hingegen die Absolutwerte für Einzel- und Gruppenrisiko im Mittelpunkt der Betrachtung. Zur Änderung von Flugrouten und ihrer Belegung verweist die Fraport AG auf das Gutachten G18. Im Erörterungstermin hat die Fraport AG ergänzend erläutert, sie sei der Meinung gewesen, es müsse unabhängig vom Gutachten der GfL die für Frankfurt Main spezifische Unfallrate bestimmt werden. Man habe im Vergleich von G13 zu G16.1 eine Änderung der Unfallrate, eine Änderung der Mortalität und eine Änderung der Routenbelegung (Anteil der Nordabflüge bei Betriebsrichtung 25) durchgeführt. Dementsprechend ergäben sich andere Einzelrisikowerte. Zwischen den Verfahren von Oliva & Co. und der GfL bestehe zwar ein methodischer Unterschied, beide berücksichtigten jedoch mit Frankfurt Main vergleichbare Flughäfen. Eine Änderung der Risikoparameter gegenüber dem Raumordnungsverfahren ist durchaus zulässig, soweit sie sachlich begründet ist. Für die Landesplanerische Beurteilung genügte - vor allem im Hinblick auf den Vergleich von Varianten - eine relative Beurteilung anhand hinreichend genauer Modelle. Im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens ist die Planung zu konkretisieren. Hier liegt der Fokus auf der Darstellung des absoluten Risikos. Die Reduzierung des Risikos im Planfeststellungsantrag gegenüber dem Raumordnungsverfahren beruht auf der Annahme einer geringeren Absturzrate durch Oliva & Co. und deren Übernahme in G16.1. Weiterhin wird die Mortalität im Primärschadensgebiet von 100 % auf 60 % reduziert. Unter dem Risikoaspekt ist bei der Änderung der Flugrouten oder deren Belegung auch eine Änderung der Absturzverteilung zu erwarten. Bei einer stärkeren Belegung der Ab- Seite 1532 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

91 flugrouten nach Nordwesten bei Betriebsrichtung 25 ergäbe sich eine höhere Absturzwahrscheinlichkeit auf das Ticona-Gelände. Die absolute Absturzwahrscheinlichkeit in einem bestimmten Gebiet ist proportional zur Anzahl der Flugbewegungen. Von einigen Einwendern wird ausgeführt, dass im Gutachten G16.1und in den Anhängen zu G16.4 (NLR, NATS) für das Bezugsjahr 2000 unterschiedliche Zahlen von Starts und Landungen angegeben würden. So seien nach G16.1 (Tab. 4-6) 31 Flugzeuge mehr gestartet als gelandet. Dies zeige, dass von falschen Zahlen ausgegangen werde. Im Erörterungstermin ist ergänzend vorgetragen worden, dass die Planfeststellungsunterlagen hinsichtlich des Flugverkehrsaufkommens außerordentlich inkonsistent seien. So habe das NLR in seinem Gutachten Starts (ohne die Startbahn 18 West) und die GfL Starts zugrunde gelegt. Im B11, Kapitel 11, werde von einer nochmals deutlich höheren Zahl ausgegangen. Die Fraport AG verweist darauf, dass im Gutachten G16.1 in der Fußnote zu den Tabellen 4-4 bis 4-6 erläutert werde, dass sich die unterschiedliche Anzahl von Starts und Landungen durch rundungsbedingte Abweichungen ergebe. Im Rahmen der Erörterung hat die Fraport AG ergänzt, es handele sich bei den angesprochenen Differenzen nicht um Inkonsistenzen der Planfeststellungsunterlagen. Der geringe Unterschied in den Daten der Gutachten des NLR und der GfL beruhe darauf, dass die GfL auf Basis der auf ein Jahr hochgerechneten Datenerfassungssysteme gerechnet habe, das NLR jedoch auf der Basis der auf ein Jahr hochgerechneten Tagesflugpläne. Die Differenzen seien Rundungsabweichungen und nicht signifikant. Dies zeige sich auch in den Risikokonturen. Das DES sei im Hinblick auf die Fluglärmbetrachtungen erstellt worden und basiere entsprechend der hierfür geltenden Anforderungen auf den Flugbewegungen der sechs verkehrsreichsten Monate. Dies entspreche etwa 52 % des Jahresverkehrs. Dieses DES sei im Planteil B11, Kapitel 11, dargestellt. Dort seien die Belegungen für die einzelnen Bahnen separat ausgewiesen, einschließlich der Startbahn 18 West. Man habe somit zwei vollkommen unterschiedliche Datengrundlagen. Die angesprochenen Unstimmigkeiten hätten keine Auswirkungen auf die Gutachten. Je nach Datenbasis ergeben sich geringfügige Abweichungen. Die Abweichungen sind im Hinblick auf die Genauigkeit der Berechnungsmodelle nicht signifikant. Von daher mag eine gewisse Inkonsistenz vorliegen, die jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die ermittelte Absturzverteilung hat. Einige Beteiligte zitieren aus der vom HMdIS für den Katastrophenschutz erstellten Gefährdungsanalyse für den Katastrophenschutz in Hessen aus dem Jahr 2000, wonach sich schwere Unfälle mit Luftfahrzeugen meist in Zusammenhang mit Start- und Landevorgängen ereigneten. So stelle der Absturz eines vollgetankten Großflugzeuges ein enormes Gefahrenpotential dar. Zusätzliche Gefahren ergäben sich durch die Fracht (Gefahrstoffe, radioaktive Stoffe). Großschadenslagen seien zwar äußerst selten, aber jederzeit möglich. Die Fraport AG zitiert aus dem Konzept des HMdIS zum Katastrophenschutz in Hessen vom August Als einer der Schwerpunkte für lang anhaltende und großräumige Einsätze zur Katastrophenabwehr müsse derzeit in Hessen auch der Absturz eines Großflug- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1533

92 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main zeuges gelten. Wenn auch die Wahrscheinlichkeit derartiger Schadenereignisse eher als gering eingeschätzt werden könne, so müsse dennoch durch eine landesweit wirkungsvolle Planung von Vorsorgemaßnahmen sichergestellt sein, dass im Fall einer Katastrophe schnell, sachgerecht und gut organisiert alle notwendigen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren und insbesondere zur Menschenrettung getroffen werden könnten. Die entsprechende Passage des HMdIS-Berichts enthält nur eine Identifizierung möglicher Katastrophenfälle, auf die sich der Katastrophenschutz einstellen muss. Hierzu wird auch der Absturz eines Großraumflugzeuges, unter Umständen mit kritischer Ladung, gezählt. Erkenntnisse, die über die vorliegenden Gutachten zu den Risiken des Luftverkehrs hinausgehen, können aus diesen allgemeinen Ausführungen nicht gewonnen werden. Einzelne Kommunen bemängeln, dass sich alle vorgelegten Risikogutachten auf den gesamten Flughafen Frankfurt Main bezögen und das mit der Landebahn Nordwest verbundene Risiko nicht ausgewiesen werde. Die Fraport AG erwidert, die eingereichten und ausgelegten Gutachten betrachteten den gesamten Flughafen. Eine isolierte Betrachtung der Landebahn Nordwest sei irreführend, da mit der Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main um eine Landebahn das Nutzungskonzept des bestehenden Bahnsystems deutlich verändert werde. Diese Änderung bedinge auch Unterschiede bei den Risiken im bestehenden Bahnsystem, welche ausgewiesen werden müssten. Im Übrigen sei die Situation der Landebahn Nordwest mit Hilfe der Hot-Spot-Betrachtungen im Gutachten G16.1 besonders gewürdigt worden. Durch die Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main um eine Landebahn wird auch die Nutzung des bereits vorhandenen Bahnsystems verändert. Dadurch ergibt sich eine vom Ist-Fall abweichende Belegung der Bahnen und der Flugrouten. Die Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens erfolgt durch einen Vergleich der Situation, die sich nach einer Realisierung des Vorhabens ergäbe, mit der Situation ohne Realisierung des Vorhabens. Eine isolierte Betrachtung des gerade mit der Landebahn Nordwest verbundenen Risikos ist daher weder sinnvoll noch sachlich geboten. Aus den vorgelegten Karten G bis G sind - bei aller Kritik an der Berechnungsmethode - die mit den jeweiligen Bahnsystemen verbundenen Bereiche mit erhöhtem Einzelrisiko hinreichend erkennbar. Von vielen Kommunen und Einzeleinwendern wird angeführt, dass das Sicherheitsgutachten (G16.1) nur auf Unfälle und Havarien mit Todesfolge abstelle und Sach- bzw. Umweltschäden unberücksichtigt lasse. So betrachte das Gutachten G16.1 nur Todesfallrisiken. Gebiete mit Sachschäden könnten erheblich von den modellierten Gebieten mit Personenschäden abweichen. Es fehle somit an einer ganzheitlichen Betrachtung des Schadenspotentials (Personen-, Sach- und Umweltschäden). Die mögliche Zahl der Verletzten als Folge eines Absturzereignisses könne die Anzahl an Todesopfern übersteigen. Die Fraport AG bestätigt, dass im Rahmen der Risikoermittlung in den Planfeststellungsunterlagen ausschließlich der Schadensparameter Personenschaden mit Todesfolge betrachtet worden sei, insbesondere weil sich diese Herangehensweise im Einklang auch mit ausländischen Standards befinde. Gesundheitsbeeinträchtigungen, Sach- oder Umweltschäden würden hingegen nicht berücksichtigt, weil es für diese weder in der nationalen noch in der internationalen Gesetzgebung Grenzwerte und Standards gebe. Seite 1534 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

93 Im Zusammenhang mit dem allgemeinen externen Risiko ist eine Ausweisung des Gruppenrisikos für Verletzte schwierig und vor dem Hintergrund fehlender Bewertungsmaßstäbe nicht zwingend erforderlich. Zur Beurteilung des mit dem Ausbau verbundenen flugbetrieblichen Risikos für störfallrelevante Betriebsbereiche ist eine Ermittlung des Risikos in Bezug auf Verletzte erforderlich, da die Störfall-Verordnung auch auf erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen abhebt. Dasselbe gilt für nachhaltige Sach- oder Umweltschäden, soweit diese eine ernste Gefahr im Sinne von 2 Nr. 4 der Störfall-Verordnung darstellen. Als methodische Mängel werden von zahlreichen Einwendern auch die Festlegung des Untersuchungsraumes auf 40 km x 40 km um den Flughafen Frankfurt Main und die Rasterbildung mit einer Rastergröße von 200 m x 200 m angesehen. Weiterhin wird von zahlreichen Kommunen und einigen anderen Einwendern vorgetragen, dass eine Untersuchung der kritischen Punkte im Verlauf von Flugrouten fehle. Gerade an diesen Punkten bestehe die höchste Kollisionsgefahr während der Start- und Landephase beispielsweise aufgrund der geringen Abstände der Flugzeuge. Auch Eindrehpunkte und Kreuzungen von Flugrouten zählten zu den kritischen Punkten mit einem erhöhten Absturz bzw. Kollisionsrisiko. Von den Kommunen Büttelborn, Mörfelden-Walldorf, Trebur, Nauheim und Groß-Gerau wird vorgetragen, dass sich die Gemeindegebiete bereits jetzt teilweise an einem kritischen Punkt südlich der Startbahn 18 West befänden. So würden die Auswirkungen der Erhöhung der Flugbewegungen vor allem durch die Südumfliegung der Nordabflüge im Westbetrieb nicht untersucht, obwohl das Gutachten G18 (S. 31) Probleme durch die komplexe Routenstruktur südlich und südwestlich des Flughafens Frankfurt Main aufzeige. Für Worfelden und die Brunnenanlage des Wasserwerkes Gerauer Land bestehe aufgrund der Schnittstelle von Abflugroute, Warteschleife und Gegenanflügen ein besonderes Risiko, das aber nicht ermittelt worden sei. Insgesamt bestehe hinsichtlich der Flugrouten und des dadurch hervorgerufenen Risikos ein Untersuchungsdefizit. Die Fraport AG verweist darauf, dass die Realisierbarkeit der geplanten Flugrouten von der DFS (s. A3, Anlage 3) geprüft worden sei. Bei der Routenbelegung halte man sich an die Staffelungsvorgaben und berücksichtige Simulationsergebnisse, Studien und Empfehlungen der DFS. Daher könne davon ausgegangen werden, dass die Flugroutenbelegung die Anforderungen an einen sicheren Flugbetrieb grundsätzlich gewährleiste. Der Verlauf der Flugrouten und somit auch die Entfernung von Routen zueinander würden im Gutachten G16.1 zum externen Risiko berücksichtigt. Die Risiken, welche durch einzelne Routen induziert werden, würden überlagert. Somit wiesen Bereiche, in denen Flugrouten nah beieinander liegen, ein vergleichsweise höheres Risiko auf. Für das Gebiet um Worfelden und die Brunnenanlage des Wasserwerkes Gerauer Land werde im Gutachten G16.1 ein Einzelrisikowert von 10-7 (ein Absturz alle Jahre) ausgewiesen. Vereinzelt wird gefordert, dass bei der Berechnung des Einzelrisikos ein Worst-Case-Szenario berücksichtigt werden müsse. Ein Durchschnittswert zur Berechnung Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1535

94 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main des Einzelrisikos sei nicht zulässig. Dies sei aber im Fall Ticona geschehen, da die Berechnung der Risikokontur mit einem abgeschwächten Risikowert aus einer benachbarten Zelle erfolgt sei. Die Fraport AG führt hierzu aus, das externe Risiko werde anhand von Einzelrisikowerten bestimmt und bewertet. Einzelrisikowerte würden nach Definition so ausgewiesen, dass von einem ständigen Aufenthalt an dem jeweiligen Ort ausgegangen wird. Damit werde für jeden Ort im Untersuchungsraum, an dem sich eine Person aufhalten könnte, das Worst-Case-Szenario berechnet. Zur Darstellung der Risikokonturen würden im Gutachten G16.1 keine Durchschnittwerte angenommen. Die Berechnungen hierfür würden in einem verfeinerten Raster der Dimension 25 m x 25 m zur Vermeidung einer sprunghaften Darstellung durchgeführt. Die Darstellung erfolge jedoch mit einem 200-m-x-200-m-Raster. Im Gutachten werde dazu ausgeführt (vgl. S. 80 und S. 102), dass zusätzlich zu Kap im unmittelbaren Flughafennahbereich für Einzelrisikowerte von 10-5 zur differenzierten Risikobeurteilung eine entsprechende Isolinie berechnet werde. Es wird vorgetragen, dass die Untersuchungen im Gutachten G16.1 auf zahlreichen Modellbildungen basierten, deren Auswirkungen auf die Bewertung nicht überschaubar seien. Deswegen ergäben sich nur mittlere Größen der Unfallfolgengebiete. Zur Beurteilung seien Angaben zu Streubreiten nötig. Bei Aussagen zu Mittelwerten seien auch Angaben zur Varianz erforderlich. Nach Darstellung der Fraport AG würden die Unfallfolgengebiete im Gutachten nicht gemittelt, sondern gewichtsabhängig nach Start- bzw. Landegewicht der in Frankfurt Main operierenden Luftfahrzeuge modelliert. Es werde detailliert der Anteil der jeweiligen Flugzeugtypen - eingeteilt in Lärmklassen - am Gesamtverkehr berücksichtigt. Diese Zusammenhänge seien in Kapitel bis des Gutachtens G16.1 beschrieben. Hier könnten auch die geforderten Streubreiten der Unfallauswirkungen abgelesen werden. Die Ermittlung der Absturzrate, der Absturzverteilung, des Primärschadensgebiets, der Mortalität und schließlich der Risikowerte erfolgen auf Grundlage bestimmter Modelle, so dass eine direkte Ableitung aus Ereignissen im Zusammenhang mit dem Flughafen Frankfurt Main nicht möglich ist. Im Gutachten G16.1 erfolgt lediglich eine relativ allgemein gehaltene Darstellung der zur Modellierung des externen Risikos angewandten Modelle. Zur besseren Nachvollziehbarkeit müssten weitere Angaben zu den für die Modellierung der Absturzverteilung herangezogenen Flugunfällen, zu den Parametern der Verteilungsfunktionen und zur konkreten Ermittlung des angesetzten durchschnittlichen Primärschadensgebiets gemacht werden. Die Angabe von Vertrauensbereichen bei Eingangsparametern wie der Absturzrate ist ebenfalls erforderlich Bewertung des allgemeinen externen Risikos Kritik an G16.4 Viele Kommunen kritisieren, es fehle in den Gutachten G16.1 bis G16.3 an einer objektiven Risikoanalyse. Im Gutachten G16.4 folge die Risikobewertung Grenzkriterien, die der Gutachter oder die Fraport AG selbst vorgebe. Die angegebenen Werte seien ungenau. Zudem seien sie, wenn sie wirklich nur der Orientierung dienten, als Entscheidungsgrundlage ungeeignet. Seite 1536 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

95 Andere mahnen an, dass nicht derjenige, der ein Risiko zu verantworten habe, bestimmen dürfe, ob es akzeptierbar sei. Die Fraport AG erwidert, es sei zwischen Risikoanalyse und Risikobewertung zu unterscheiden. Die Risikoanalyse behandele ausschließlich die quantitative Ermittlung der vorhandenen bzw. erwarteten Risiken, während eine Aussage über deren Tragbarkeit Gegenstand der Risikobewertung im Gutachten G16.4 sei. Die wesentliche Vorgehensweise einer Risikobewertung bestehe darin, dass die vorhandenen bzw. erwarteten Risiken mit noch als akzeptabel geltenden bzw. zulässigen Risiken verglichen werden und auf dieser Basis eine Aussage über die Tragbarkeit der Gesamtrisikosituation getroffen wird. In G16.4 seien eine Reihe von Risikobewertungskonzepten vorgestellt worden, die im In- und Ausland verwendet werden, und auf dieser Grundlage sei ein eigener Vorschlag für tragbare Risiken erarbeitet worden. Die Bewertungskriterien seien nicht durch den Gutachter oder die Fraport AG selbst vorgegeben worden. Die Fraport AG zitiert hierzu G16.4, Kapitel 5, in dem erläutert wird, dass die Kriterien für die Bewertung danach ausgewählt worden seien, dass sie in irgendeiner Form offiziellen Charakter haben und auch tatsächlich angewendet werden. In Deutschland gebe es aber weder allgemein noch speziell für den Flughafen Frankfurt Main verbindliche Regeln, die derartige zulässige Risiken quantitativ definierten. Daher müssten Regelungen aus anderen europäischen Ländern, in denen ein mit Deutschland vergleichbares Sicherheitsniveau herrsche, in den Blick genommen werden. Solche verbindliche Regelungen gebe es in den Niederlanden für den Flughafen Schiphol und in Großbritannien für eine größere Anzahl von Flughäfen. Doch auch wenn es in Deutschland (noch) keine Regelungen darüber gebe, welches Risiko noch unfreiwillig zugemutet werden darf, könne davon ausgegangen werden, dass das bestehende, durch gesetzliche Leitlinien, technische Normen, die Genehmigungspraxis der Verwaltungsbehörden und in Gerichtsurteilen konturierte Sicherheitsniveau weitgehend akzeptiert sei. Die Tauglichkeit vorgesehener Risikobewertungskriterien müsse sich an der bestehenden Sicherheitssituation in Deutschland messen lassen. Allerdings stelle das Gutachten G16.4 selbst klar (S. 216), dass es den gesellschaftlichen bzw. politischen Abwägungsprozess zur Entwicklung quantitativer Risikobewertungskriterien nicht vorwegnehmen oder ersetzen wolle. Ebenso sei im Gutachten (S. 93) eingeräumt worden, dass die unausweichlichen Unschärfen bei der Festlegung der Bezugsgruppen eine übertriebene Genauigkeit nicht angemessen erscheinen ließen. Einige Kommunen warnen, dass mit den im Gutachten G16.4 herangezogenen Bewertungskriterien das in Deutschland geltende hohe Sicherheitsniveau entschärft würde. Die Fraport AG erläutert hierzu, in Kapitel 2 des Gutachtens würden die prinzipiellen Unterschiede zwischen den in Deutschland bisher vorwiegend üblichen deterministisch geprägten Sicherheitsvorschriften und den wahrscheinlichkeitstheoretisch geprägten Risikobetrachtungen erläutert. Dort werde als Grundproblem der deterministisch geprägten Sicherheitsvorschriften aufgezeigt, dass teilweise eine Einordnung der Maßstäbe dieser Sicherheitsgedanken in ein übergeordnetes Konzept fehle. Die bisherige überwiegend deterministische Haltung in Deutschland mache einen quantitativen Vergleich der vorgeschlagenen Kriterien nahezu unmöglich. Ein solcher Vergleich setze eine umfangreiche Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1537

96 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Erfassung einer größeren, repräsentativen Zahl verschiedener risikobehafteter Aktivitäten voraus. Dem in G16.4 vorgenommenem Vergleich mit Regelungen in anderen Ländern liege die realistische Hypothese zugrunde, dass das bestehende (deterministisch festgelegte) Sicherheitsniveau in Deutschland im Wesentlichen mit dem (quantitativ festgelegten) in den Vergleichsländern übereinstimme. Sie werde gestützt durch die beiden quantitativen Bewertungskonzepte aus Deutschland, die in G16.4 ebenfalls vorgestellt würden. Einige Einwender erklären, das vom Flughafen Frankfurt Main ausgehende Risiko könne nicht durch den Vergleich mit anderen individuellen Todesrisiken, die mit bestimmten beruflichen Tätigkeiten oder der Nutzung anderer Verkehrsmittel verbunden seien, relativiert werden. Ein Vergleich sei unzulässig, da die betroffenen Personen in keinem Bezug zum Flughafen Frankfurt Main stünden, das vom Flughafen Frankfurt Main ausgehende Risiko nicht freiwillig übernähmen und es - anders als in den Vergleichsfällen - auch nicht durch eigenes Verhalten beeinflussen könnten. Es sei generell nicht zulässig, dass subjektive Risikoeinschätzungen eingebracht werden. Die Risikobewertung habe anhand von objektiven Maßstäben zu erfolgen. Die Fraport AG entgegnet, dass keineswegs eine Relativierung vorgenommen werde. Die angegebenen Werte sollten lediglich die Größenordnung der Risiken beziffern und damit der quantitativen Einordnung von Risiken dienen, um die externen Risiken des Flughafens Frankfurt Main bezüglich ihrer Größenordnung besser in Relation zu allgemeinen Alltagsrisiken setzen zu können. Die Vorschläge zu geeigneten Bewertungskriterien für den Flughafen Frankfurt Main in Kapitel 7.1 hingegen stützten sich nicht auf die Alltagsrisiken aus Kapitel 4, sondern auf die allgemeinen Grundsätze aus Kapitel 3 sowie den Vergleich internationaler Regeln aus Kapitel 5, wo ausschließlich externe Risiken - d. h. für Personen ohne Bezug zur Risikoquelle - behandelt würden. Bereits in Kapitel 3.4 des Gutachtens G16.4 werde auf die grundlegenden Aspekte bei der Bewertung von Risiken eingegangen und ausgeführt, dass u. a. auch der Grad der Freiwilligkeit bei der Risikoübernahme einen Einfluss habe. Als eine der Tätigkeiten, bei denen wegen des erwarteten Nutzens Risiken freiwillig eingegangen werden, werde der Straßenverkehr benannt. Im Gutachten selbst werde vorgeschlagen, die Anforderungen an völlig unfreiwillig eingegangene Risiken (sollten) strenger sein als an Risiken, die weitgehend freiwillig eingegangen werden. Zu der Kritik, dass subjektive Risikoeinschätzungen eingebracht worden seien, erwidert die Fraport AG, im Gutachten selbst (S. 89) werde die Auffassung vertreten und zur Grundlage des weiteren Vorgehens gemacht, dass sich die administrative Risikobewertung primär an der objektiven (risikoneutralen) Risikosituation orientieren solle und nicht an subjektiven Aspekten der Risikowahrnehmung. Begründen lasse sich dies damit, dass nur die objektive Risikobewertung zu einem optimalen Schutz der Bevölkerung führe. Aus diesem Grund enthalte das in Kapitel 7 vorgeschlagene Konzept zur Bewertung des Gruppenrisikos auch keinen Risikoaversionsansatz, da dieser die objektive Risikosituation verfälschen würde. Die Firma057 kritisiert, die Ergebnisse des Gutachtens G16.4 seien fragwürdig. Zum einen bliebe der im Gutachten selbst postulierte Zusammenhang zwischen Berechnungsmethode und Bewertungskriterien außer Acht. Denn zulässig sei es nur, entweder realitätsnahe Seite 1538 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

97 (also weniger konservative) Berechnungsmethoden mit Bewertungskriterien zu kombinieren, die eine entsprechende Sicherheitsmarge berücksichtigten, also restriktiver seien, oder weniger restriktive Kriterien zu verwenden, aber dann eine konservative Berechnung vorzunehmen. Die in den Gutachten G16.1 bis G16.3 und im Antragsteil A3, Anlage 2, ausgearbeitete Berechnungsmethode passe insofern nicht zu der in G16.4 vorgeschlagenen Heranziehung ausländischer Kriterien. Zum anderen führe die Heranziehung der englischen Grenzkurve für Häfen als Bewertungskriterium für das dargestellte Gruppenrisiko im Ergebnis dazu, dass ein um Größenordnungen höheres Risiko toleriert werde als nach der Schweizer Störfall-Verordnung. Dies bedeute, dass bei einem Flugzeugunfall akzeptiert werde, dass alle Jahre ein Unfall mit 100 Toten eintrete, bei einer Chemiefabrik dürfe sich dieser Unfall nur alle Jahre ereignen. Die Fraport AG entgegnet, der Vergleich zwischen den Grenz-FN-Kurven der Schweizer Störfall-Verordnung und für große britische Häfen lasse sich nicht an einem einzigen Wertepaar festmachen, da beide Kurven unterschiedliche Steigungen hätten. Betrachte man z. B. Unfälle mit 10 Todesopfern, so seien diese gemäß Schweizer Störfall-Verordnung auf ein Ereignis in Jahren zu begrenzen, nach dem Kriterium für große britische Häfen auf ein Ereignis in 100 Jahren. In diesem Fall würde sich das Verhältnis zwischen den beiden Kriterien von auf reduzieren. Zudem werde das Kriterium der Schweizer Störfall-Verordnung nicht auf ganze Chemiefabriken angewendet, sondern auf einzelne Betriebsteile innerhalb dieser Fabriken. Dies habe zur Folge, dass auch nach der Schweizer Störfall-Verordnung - je nach Größe der Fabrik, d. h. der Anzahl der Betriebsteile - ein nicht unerheblich höheres Risiko für die Gesamtfabrik zulässig sei. Außerdem könne es als durchaus angemessen angesehen werden, einer größeren Aktivität - wie einem großen, internationalen Hafen oder Flughafen - ein höheres zulässiges Gruppenrisiko zuzugestehen als einem einzelnen Betriebsteil einer Chemiefabrik. Denn bei der Gruppenrisikobewertung sei der Nutzen einer Aktivität zu berücksichtigen (siehe hierzu G16.4, Kapitel 3.4.5). Diese Berücksichtigung des Nutzens sei bei Verwendung von Grenz-FN-Kurven nur bedingt möglich, weil der für sie vorgesehene Anwendungsrahmen in der Regel nicht so klar umrissen werden könne, dass der bei ihrer Definition angenommene Nutzen eindeutig festliegt. So könne der Nutzen eines Betriebsteils, der nach der Schweizer Störfall-Verordnung beurteilt wird, nicht unerheblich variieren, was eigentlich auch ein entsprechend variierendes Gruppenrisikolimit rechtfertigen würde. Der Zusammenhang zwischen Nutzen und zulässigem Gruppenrisiko lasse sich durch die in G16.4 als ergänzendes Kriterium vorgeschlagene Kosten-Nutzen-Analyse expliziter und somit präziser berücksichtigen. Im Erörterungstermin hat die Fraport AG zugestanden, dass es einen gewissen Zusammenhang zwischen den Bewertungskriterien und dem Analyseverfahren gebe. Bei der Risikobewertung müsse man das verwendete Risikoanalyseverfahren berücksichtigen. Insofern wäre es wünschenswert, wenn die angewandten Risikoanalyseverfahren auch passende Kriterien für das Gruppenrisiko hätten. Selbst in den Niederlanden und Großbritannien gebe es kein explizites Gruppenrisikokriterium, es werde dort ausschließlich das individuelle Risiko bewertet. Dasselbe gelte für die Risikoanalysen des NLR und der NATS. In Gutachten G16.4 habe man trotzdem das Gruppenrisiko betrachtet, habe es bewertet und dafür entsprechende Kriterien formuliert. Ein Bewertungskriterium müsse sich auf das tatsächliche Risiko beziehen. Deshalb sollte die Risikoanalyse auch versuchen, das tatsächliche Risiko möglichst gut abzubilden. Wenn die Risikoanalyse dem Best-Estimate-Prinzip entspreche, seien die Bewertungskriterien nicht mehr zwingend vom Risikoanalyseverfah- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1539

98 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main ren abhängig, sondern definierten das angestrebte objektive Sicherheitsniveau. Die Grenz-FN-Kurven stellten insofern ein absolutes Kriterium dar. Mehrere Kommunen und andere Einwender kritisieren, dass das Gutachten G16.4 die Trefferwahrscheinlichkeit als solche nicht direkt bewerte. Die Fraport AG erwidert, in G16.4 werde auf der Seite 61 ausgeführt und begründet, dass die Trefferwahrscheinlichkeit kein (End-)Ergebnis einer Risikoanalyse sei, sondern grundsätzlich ein Zwischenschritt. Denn das zu betrachtende Risiko umfasse prinzipiell die beiden Größen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß, die Trefferwahrscheinlichkeit lasse aber noch keine Aussage über das damit verbundene Schadensausmaß zu. Erst das aus der Trefferwahrscheinlichkeit resultierende Einzel- und Gruppenrisiko sei einer Risikobewertung zugänglich. Mehrere Kommunen und andere Einwender kritisieren, dass in G16.4 eine Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen werde. Sie vertreten die Auffassung, die Risikobewertung sei nicht ohne Weiteres ökonomisierbar, Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit seien keiner betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analyse zugänglich. Die Fraport AG verweist darauf, dass in Kapitel des Gutachtens G16.4 ausführlich erläutert werde, dass es bei den beschriebenen Kosten-Nutzen-Analysen nicht darum gehe, den Wert von Menschenleben zu definieren oder das Leben durch Geld aufzuwiegen. Zugleich seien aber die verfügbaren wirtschaftlichen Mittel zur Rettung von Menschenleben prinzipiell beschränkt und sollten daher möglichst effizient eingesetzt werden. Auch sei eine große Zahl beruflicher und technischer Aktivitäten, die aus wirtschaftlichen Gründen betrieben würden, unausweichlich mit gewissen Risiken verbunden. Ziel der vorgeschlagenen Kosten-Nutzen-Analysen sei es, jene Aktivitäten zu identifizieren, die ein noch angemessenes Verhältnis zwischen (wirtschaftlichem) Nutzen auf der einen Seite und Risiken auf der anderen Seite aufwiesen. Hierdurch ließen sich Aktivitäten identifizieren, die eine günstige Risiko-Nutzen-Relation aufwiesen, und schließlich jene Aktivitäten auswählen, die zur Erlangung bestimmter wirtschaftlicher Ziele die geringsten Risiken hervorriefen. Eine konsequente Anwendung dieser Prinzipien in einer Gesellschaft würde somit zur Minimierung des Gesamtrisikos führen. Aufgrund dieser Zusammenhänge würden entsprechende Kosten-Nutzen-Analysen auch für entsprechende Fragestellungen herangezogen. Sie gehörten zum Repertoire der Bewertungsinstrumente der britischen HSE (vgl. G16.4, Kapitel ) und seien auch in Deutschland bereits mehrfach angewandt worden, etwa im Bundesverkehrswegeplan (vgl. Kapitel ), bei der Sanierung der Uranminen in Sachsen und Thüringen (vgl. Kapitel ) sowie für Sicherheitsstudien der Bahn (vgl. Kapitel ). Auch in den Niederlanden werde im Zusammenhang mit der Gruppenrisikobewertung bei Störfallanlagen eine Abwägung zwischen Kosten und Nutzen verlangt (vgl. Kapitel ). In welcher Form diese stattzufinden hat - qualitativ oder konkret quantitativ, etwa mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse -, werde nicht festgelegt. Wichtig bei der Anwendung von Kosten-Nutzen-Analysen sei immer die Kombination mit einer absoluten Beschränkung des Einzelrisikos (i. d. R. mittels Grenzwerten). Dadurch werde schließlich gewährleistet, dass jede einzelne Person einen angemessenen Schutz ihres Menschenlebens erhält. Insbesondere gebe es keine finanzielle Obergrenze, ab derer dieser Schutz nicht mehr sicherzustellen wäre. Hieran werde auch erkennbar, dass Seite 1540 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

99 durch die Kosten-Nutzen-Analyse eben nicht Menschenleben gegen Geld eingetauscht würden. Zusammenfassend sei zu sagen, dass die Kosten-Nutzen-Analyse als Mittel der Gruppenrisikobetrachtung neben der absoluten Beschränkung des Einzelrisikos durch Grenzwerte nur die zweite Komponente in einem Gesamtkonzept sei, das gewährleisten solle, dass sowohl jeder Einzelne einen ausreichenden Schutz seines Lebens genieße und zugleich durch einen effizienten Mitteleinsatz das Gesamtrisiko aller möglichst gering gehalten werde. Viele Kommunen tragen vor, durch den Vergleich von Risikowerten im Gutachten G16.4 solle verschleiert werden, dass sich durch das beantragte Vorhaben das Gruppenrisiko in der Region über das bestehende Risiko hinaus erhöhe. Die Fraport AG erwidert, in Kapitel des Gutachtens werde eine Bewertung des vom Flughafen Frankfurt Main hervorgerufenen Gesamtgruppenrisikos vorgenommen, die ausdrücklich auch einen Vergleich zwischen der Ist-Situation und dem Planfall 2015 enthalte. In Tabelle 7-3 würden die statistischen Erwartungswerte der jährlichen Todesopfer für die beiden Situationen gegenübergestellt und darüber hinaus die daraus resultierende Zunahme der Erwartungswerte (also die Risikoerhöhung ) explizit ausgewiesen. Ein Einwender nimmt Bezug darauf, dass zur Beurteilung des Risikos die Akzeptanzlinie der Canvey-Studie eingebracht worden sei. Die Studie sehe zur Minimierung von Risiken unterhalb der Akzeptanzlinie das ALARP-Prinzip vor. Wenn die Fraport AG außerhalb der Störfallanlagen keine Maßnahmen zur Risikominimierung vorsehe, gehe sie offenbar davon aus, dass unterhalb der Akzeptanzlinie der Canvey-Studie keinerlei Maßnahmen zu treffen seien. Dies weise auf eine Fehlinterpretation dieses Konzepts hin. Die FN-Kurven der Canvey-Studie seien überdies in der Wissenschaft umstritten. Auch habe sich die britische Arbeitsschutzbehörde HSE als Trägerin der Canvey-Studie mittlerweile partiell von der publizierten FN-Kurve distanziert. Die Diskussion gehe inzwischen in eine weniger quantitative als qualitative Richtung, auch sinke mittlerweile die gesellschaftliche Risikotoleranz. Dies zeige, dass angesichts des Alters der Canvey-Studie die Akzeptanzlinie nicht mehr angewendet werden solle. Die Fraport AG erwidert, das ALARP-Prinzip sehe vor, dass auf Basis von Kosten-Nutzen-Betrachtungen abzuwägen sei, ob eine risikomindernde Maßnahme angemessen sei. Diese Zusammenhänge würden im Gutachten G16.4 ausführlich beschrieben und auch angewendet, um verschiedene risikomindernde Maßnahmen hinsichtlich ihrer Angemessenheit zu beurteilen. Von einer Distanzierung der HSE von den genannten Kriterien sei der Fraport AG nichts bekannt. Die in G16.4, Kapitel , angegebenen Quellen stellten nach wie vor die aktuellen veröffentlichten Maßstäbe der HSE dar. Prinzipiell könne natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass es Wissenschaftler gebe, die Vorbehalte gegenüber der sogenannten Canvey-Kurve haben. Auch die Behauptung, die HSE würde mittlerweile weniger quantitative Kriterien verwenden und stattdessen vermehrt auf qualitative Maßstäbe setzen, weist die Fraport AG zurück. Die HSE verfolge in ihrer Beurteilungspraxis das Prinzip des angemessenen Aufwands ( Proportionality ), d. h. die Instrumente zur Risikoanalyse und -bewertung sollten Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1541

100 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main hinsichtlich ihres Aufwands auf die jeweilige Fragestellung bzw. die Größe des Risikos abgestimmt sein. Hiermit solle vermieden werden, dass für kleinere Aktivitäten mit sehr beschränktem Risiko umfangreiche Risikoanalysen erforderlich werden, die letztendlich hinsichtlich des Aufwands und der Kosten in keinem Verhältnis zur betrachteten Situation stehen. Auch die Auffassung, dass die Akzeptanzlinie aufgrund des Alters der Canvey-Studie nicht mehr herangezogen werden sollte, wird von der Fraport AG zurückgewiesen. Die sogenannte Canvey-Kurve ohne Risikoaversion sei nicht in den eigentlichen Canvey-Studien eingeführt worden, sondern erst später in anderen Studien und Leitlinien in Anlehnung an die Ergebnisse der Canvey-Studien definiert worden. Die (unterstellte) Abnahme der Risikotoleranz in der Gesellschaft beruhe im Wesentlichen darauf, dass der technische Fortschritt teilweise höhere Sicherheit zu vertretbarem Aufwand ermögliche. Dieses Phänomen werde jedoch durch das ALARP-Prinzip in dem zugrunde liegenden Gesamtkonzept berücksichtigt. Die Canvey-Kurve stelle nur eine Komponente dieses Konzepts dar und sei als oberes Limit gedacht. Einige Kommunen und andere Einwender sind der Auffassung, es werde nicht überzeugend begründet, warum im Gutachten G16.4 das britische Konzept dem geänderten niederländischen Konzept vorgezogen werde. Die Fraport AG erklärt, im Kapitel 7 des Gutachtens werde ein eigenes Bewertungskonzept für das externe Risiko am Flughafen Frankfurt Main erarbeitet und vorgeschlagen. Weder das britische noch das niederländische Bewertungskonzept würden einfach übernommen, sondern nur zur Orientierung verwendet. Im Gutachten (Kapitel 5.1.3, S. 121 ff.) würden die Bewertungskriterien vergleichend diskutiert und vor allem zwei Gründe herausgearbeitet, die eine größere Nähe des eigenen Vorschlags eines Bewertungskonzepts zum britischen rechtfertigten: 1. Die niederländischen Regeln gälten streng genommen lediglich für den Flughafen Schiphol (für andere niederländische Flughäfen seien bis dato keine Vorschriften zum externen Risiko mittels quantitativer Bewertungskriterien erlassen worden), während die britischen Anforderungen an 29 Flughäfen verwendet würden und somit eine größere Allgemeingültigkeit besäßen. 2. Die formulierten Kriterien (z. B. Grenzwerte für das maximal zulässige Einzelrisiko) seien bei den niederländischen Regeln in der Vergangenheit mehrfach an die Erfordernisse von Schiphol angepasst worden, um dessen weitere Entwicklung nicht zu gefährden. Die britischen Regeln seien hingegen seit ihrer Entwicklung nicht verändert worden und würden wesentlich konsequenter umgesetzt. Einige Kommunen und andere Einwender beziehen sich auf den Hinweis auf S. 110 des Gutachtens G16.4, dass das NLR sein Risikokonzept 1999 überarbeitet habe und sich dabei geringere Risiken ergeben hätten. Es sei nicht nachvollziehbar, wie bei einer erneuten Untersuchung solche eklatanten Unterschiede auftreten könnten. Auch sei nicht erläutert, wie das NLR zu seinem neuen Ergebnis gekommen sei, deshalb werde eine kritische Ü- berprüfung gefordert. Die Fraport AG erwidert, die Änderung der Methode des NLR sei von der niederländischen Gesetzgebung akzeptiert worden, und die Grenzwerte seien angepasst worden. Seite 1542 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

101 Einige Kommunen und andere Einwender nehmen auf die im Gutachten G16.4 (S. 126) enthaltene Darstellung der Bedeutung einer Kosten-Nutzen-Analyse als eines von mehreren Gruppenrisikokriterien Bezug. Es müsse geprüft werden, ob das Verhältnis des Nutzens zum Kollektivrisiko noch ein positives Verhältnis für das Rhein-Main-Gebiet aufweise, dies werde in den Planfeststellungsunterlagen nicht belegt. Die Fraport AG weist darauf hin, dass die Betrachtung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses beim Vorschlag für ein Konzept zur Bewertung des gesamten Gruppenrisikos (S. 225 ff. des Gutachtens) in qualitativer Form bei der Definition respektive der Auswahl der maßgebenden Grenz-FN-Kurven mit einfließe. Der Nachweis eines gesamtwirtschaftlichen Nutzens sei keine Voraussetzung für die Zulassung des Vorhabens, zumal es privatrechtlich finanziert werde. Einige Kommunen und andere Einwender kritisieren die im Gutachten G16.4 (S. 240) enthaltene Formulierung, dass es bei einem Verzicht auf die geplante Landebahn zu einer Reduktion des monetarisierten Kollektivrisikos käme. Richtig sei vielmehr, dass sich das monetarisierte Kollektivrisiko bei Verzicht auf die Maßnahme nicht erhöhe. Die Fraport AG weist darauf hin, dass der Vergleichsmaßstab bei der Betrachtung möglicher risikomindernder Maßnahmen an dieser Stelle des Gutachtens nicht der Ist-Zustand, sondern der Planfall 2015 sei. Ausgehend von diesem Zustand ergibt sich dann bei Verzicht auf den Ausbau eine Reduzierung des monetarisierten Kollektivrisikos. Sieht man den Verzicht auf die Landebahn Nordwest vom Standpunkt des Ist-Zustandes (der nicht Inhalt des Kapitels ist) wird freilich das monetarisierte Kollektivrisiko gegenüber dem Ist-Zustand nicht erhöht. Einige Kommunen und andere Einwender nehmen auf die im Gutachten G16.4 enthaltene Tabelle 7-3 (S. 240) Bezug. Demnach steige der statistische Erwartungswert der jährlichen Todesopfer mit Berücksichtigung des temporären Aufenthalts am Arbeitsplatz von 0,012 auf 0,043 und ohne Berücksichtigung des temporären Aufenthalts von 0,015 auf 0,097 an. Dies bedeute eine Zunahme des statistischen Erwartungswertes der jährlichen Todesopfer im Planfall 2015 gegenüber der Ist-Situation um 258 bis 540 %. Die Fraport AG bestätigt diese Rechnung. Sie weist darauf hin, dass die absolute Steigerung des statistischen Erwartungswertes um 0,081 nur sehr gering sei. Dies werde durch eine Umrechnung des statistischen Erwartungswertes in resultierende monetarisierte Kollektivrisiken deutlich, die selbst ohne Berücksichtigung des temporären Aufenthalts am Arbeitsplatz nicht mehr als 1,2 Mio. Euro pro Jahr betrage (G16.4, Tab. 7-4, S. 241). Der zu erwartende Zugewinn an volkswirtschaftlichem Nutzen des Ausbaus liege sicherlich um mehrere Größenordnungen über der Erhöhung des resultierenden monetarisierten Kollektivrisikos, so dass das Ergebnis einer ausführlichen Kosten-Nutzen-Analyse klar absehbar sei. Einige Kommunen und andere Einwender halten die im Gutachten G16.4 (S. 240 f.) dargestellte Berechnung, dass sich im ungünstigsten Fall (Tab. 7-4) ein jährliches monetari- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1543

102 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main siertes Kollektivrisiko von rund 1,2 Mio. Euro ergäbe, für falsch. Die errechneten Werte zeigten lediglich den Anstieg des jährlichen monetarisierten Kollektivrisikos im Planfall um 1,2 Mio. Euro. Im Vergleich dazu läge das derzeitige monetarisierte Kollektivrisiko nach dieser Rechnung bei 0,18 Mio. Euro. Daher sei auch das auf S. 241 des Gutachtens dargestellte Zwischenergebnis falsch, dass der Verzicht auf die geplante Landebahn empfehlenswert wäre, wenn der volkswirtschaftliche Nutzen der Bahn nicht höher als 1,2 Mio. Euro läge, es aber klar sei, dass der volkswirtschaftliche Nutzen der Bahn deutlich höher liege. Die Fraport AG weist diesen Vorwurf zurück. Im Gutachten werde einleitend zur Ermittlung des jährlichen monetarisierten Kollektivrisikos auf S. 240 ausdrücklich dargestellt, dass es sich hier um die Ermittlung der Zunahme des jährlichen monetarisierten Gesamtkollektivrisikos für den Planfall handele. Ziel der Untersuchung sei die Ermittlung des monetarisierten Kollektivrisikos der Landebahn Nordwest, das der Zunahme des Gesamtkollektivrisikos im Planfall entspreche. Rein rechnerisch ergebe sich für die Ist-Situation ein jährliches monetarisiertes Gesamtrisiko von 0,015 x 15 Mio. Euro = 0,225 Mio. Euro. Für den Planfall ergäben sich dementsprechend 0,097 x 15 Mio. Euro = 1,455 Mio. Euro (jeweils ohne Berücksichtigung des temporären Aufenthalts am Arbeitsplatz und unter Berücksichtigung des höchsten Ansatzes für die Grenzkosten zur Vermeidung eines statistischen Todesfalls). Der Anstieg des jährlichen monetarisierten Gesamtrisikos ergebe sich dann zu: 0,081 x 15 Mio. Euro = 1,215 Mio. Euro (rund 1,2 Mio. Euro). Die Städte Flörsheim am Main und Hattersheim am Main sowie andere Einwender bemängeln die im Gutachten G16.4 enthaltene Feststellung, dass nur ein kleiner Bereich des Betriebsgeländes der Ticona im Planfall 2015 innerhalb der Kontur liege, weshalb es keinen Grund gebe, den Fortbestand der Ticona auch bei Vorhandensein der geplanten Landebahn Nordwest infrage zu stellen. Auch diese Einschätzung beruhe nur auf dem von der Fraport AG vorgeschlagenen Richtwert von 10-4 ; nach dem niederländischen Risikokonzept mit einem Richtwert von 10-5 wäre das Vorhaben hingegen unzulässig. Falsch sei es auch, wenn im Gutachten für die Risikobetrachtung das Einzelrisiko in der Zelle zugrunde gelegt würde, die an die innerhalb der Kontur liegende Zelle angrenze. Bei der Betrachtung des Einzelrisikos sei immer das Worst-Case-Szenario zu betrachten. Die Fraport AG erwidert, für den Vergleich des vorhandenen Einzelrisikos mit dem oberen Grenzwert sei durchaus der höchste Wert des vorhandenen Einzelrisikos verwendet worden, nämlich der Wert von 1,8 x 10-5 /Jahr, der nur in einer sehr kleinen Ecke des Ticona-Geländes auftrete (siehe Kapitel , S. 245). Der für den Vergleich herangezogene obere Grenzwert von 10-4 /Jahr resultiere aus dem im Gutachten erarbeiteten eigenen Vorschlag für das tragbare Einzelrisiko. Selbst wenn man die niederländischen Einzelrisikokriterien übernähme, wäre der Fortbestand der Ticona im Planfall 2015 nicht infrage zu stellen. Auch bei formaler Anwendung der niederländischen Regeln spräche nichts gegen den Fortbestand, weil es sich bei der Ticona um einen bestehenden Betrieb handele. Im Planfall 2015 ergäbe sich bei unmittelbarer Anwendung dieser Regeln lediglich die Konsequenz, dass im nordöstlichen Bereich, wo das Einzelrisiko größer als 10-6 /Jahr sei, kein Neubau stattfinden dürfte (vgl. S. 194 des Gutachtens). Seite 1544 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

103 Berufung auf internationale Regelungen Ein Einwender vertritt die Meinung, dass bei Anwendung der in Großbritannien geltenden Regeln die bestehenden Verkehrswege im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main nach dem Bau der geplanten Landebahn Nordwest in einer Zone lägen, in der ein Neubau von Verkehrswegen nicht mehr zulässig sei. Es gelte somit auch der Umkehrschluss, dass vorhandene Verkehrswege nach Bau der Landebahn Nordwest bei einer Ausdehnung des Flughafengeländes verlegt werden müssten. Die Fraport AG entgegnet, die Auffassung, der Neubau von Verkehrswegen sei in britischen Public Safety Zones prinzipiell nicht zulässig, decke sich nicht mit dem DfT-Circular 1/02, in dem die Anforderungen für Public Safety Zones niedergeschrieben seien. Zwar heiße es dort: The Secretary of State does not consider it necessary to remove existing transport infrastructure from within Public Safety Zones. But new transport infrastructure such as railway stations, bus stations and park and ride schemes should not be permitted within Public Safety Zones, as they would result in a concentration of people for long periods of the day. (deutsch: Der Minister erachtet es nicht für erforderlich, bestehende Verkehrsinfrastruktur aus den Public Safety Zones zu entfernen. Neue Verkehrsinfrastruktur wie Bahnhöfe, Busstationen und Park-and-ride-Plätze sollten jedoch nicht innerhalb von Public Safety Zones gestattet werden, da sie zu Personenkonzentrationen während langer Teile eines Tages führen würden. ). Dies gelte in dieser Form jedoch nur für die genannten (oder vergleichbare) Fälle, welche zur Ansammlung (wartender) Personen führten. Hinsichtlich des Neubaus von Straßen (mit fließendem Verkehr) heiße es im DfT-Circular 1/02: The planning of new transport links requires careful consideration. Although people passing along a transport route are likely to be within the Public Safety Zone for only a very small part of the day, the average density of occupation within the Zone may be significant, and as high as that for fixed development. Individual schemes should therefore be considered on their merits. Proposals for major roads and motorways should be carefully assessed in terms of the average density of people that might be expected to be exposed to risk. Careful attention should also be given to the location of major road junctions and to related features such as traffic lights and roundabouts which may lead to an increase in the number of stationary vehicles within a Zone. Low-intensity transport infrastructure, such as minor or local roads, can be permitted within Public Safety Zones. (deutsch: Die Planung neuer Transportverbindungen erfordert sorgfältige Überlegung. Obwohl sich Personen, die sich entlang einer Transportstrecke bewegen, wahrscheinlich nur einen kurzen Teil des Tages innerhalb einer Public Safety Zone befinden, mag die durchschnittliche Anwesenheitsdichte in der Zone erheblich sein, und genauso groß wie bei einer feststehenden Entwicklung (Gebäude). Individuelle Projekte sollten daher auf Basis ihrer Vorzüge beurteilt werden. Vorhaben für größere Straßen und Autobahnen sollten sorgfältig eingeschätzt werden in Bezug auf die durchschnittliche Dichte von Personen, die dem Risiko erwartungsgemäß ausgesetzt sind. Sorgfältige Beachtung sollte auch der Anordnung größerer Kreuzungspunkte gewidmet werden sowie zugehöriger Anlagen wie Ampeln und Kreisverkehren, die zur Zunahme der Zahl stehender Fahrzeuge in einer Zone führen können. Verkehrsinfrastruktur mit geringer Intensität, wie kleinere oder lokale Straßen, kann innerhalb von Public Safety Zones zugelassen werden. ). Diese Anforderungen seien im Kapitel des Gutachten G16.4 zutreffend zusammengefasst worden. Es werde zwar durchaus darauf hingewiesen, beim Neubau - insbesondere großer - Straßen sorgfältig die Auswirkungen auf das Risikopotential zu bedenken. Ein generelles Verbot werde diesbezüglich jedoch nicht ausgesprochen. Vielmehr solle die letztendliche Entscheidung auf Basis einer Abwägung unter Berücksich- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1545

104 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main tigung aller Vor- und Nachteile erfolgen. Kleinere Straßenneubeuten würden sogar als tendenziell unkritisch angesehen. Selbst für jene Objekte, die gemäß DfT-Circular 1/02 innerhalb einer Public Safety Zone nicht neu gebaut werden dürfen, sei aber der gezogene Umkehrschluss, dass entsprechende bestehende Objekte im Falle einer neuen Landebahn zu entfernen seien, nicht durch das DfT-Circular 1/02 gedeckt. Hinsichtlich des Umgangs mit Flughafenerweiterungen heiße es dort: Third party individual risk contours around airports will be remodeled at intervals of about seven years, based on forecasts about the numbers and types of aircraft movements fifteen years ahead. It is likely that this will lead to the redefinition of the Public Safety Zones, though the changes will not necessarily be significant. In the meantime the contours will be remodeled in the event that a significant expansion of an airport is approved which has not already been assumed in the modeled risk contours. In addition the Public Safety Zones will need to be redefined if a runway is extended or if a landing threshold is moved. Für den Fall signifikanter Flughafenerweiterungen sei somit zwar eine Neuberechnung der Risikokonturen vorgesehen, für die neuen (erweiterten) Konturen gälten jedoch keine anderen Anforderungen als für die bereits bestehenden Konturen. Dies bedeute, dass bereits existierende Verkehrsinfrastruktur auch in den neuen Zonen der Public Safety Zones weiter bestehen könne. Zusammenfassend sei daher zu sagen, dass nach britischen Maßstäben die bestehende Infrastruktur nicht aus den Gebieten innerhalb der neuen Public Safety Zone zu entfernen wären. Neue Verkehrsinfrastruktur wäre höchstwahrscheinlich möglich, sofern es sich um kleinere Straßen handele. Im Falle großer Vorhaben, wie z. B. einer neuen mehrspurigen Autobahn, müsste eine sorgfältige Abwägung durchgeführt werden, um abzuklären, ob die Vorteile der neuen Straße den Zuwachs an Risiko rechtfertigen. Lediglich Einrichtungen, die zu einer größeren Ansammlung wartender Personen führen würden (Bahnhöfe, Park-and-ride-Plätze etc.), wären im Sinne des DfT-Circulars 1/02 als Neuentwicklungen unzulässig. Dies gälte jedoch in der heutigen Situation für das bestehende Bahnsystem gleichermaßen Absturzrisiken für Störfallanlagen und Anlagen mit gefährlichen Stoffen Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf Störfallanlagen in G16.3 Von der Firma057 wird unter Bezugnahme auf das Gutachten G16.3 kritisiert, dass es zum Teil auf den Ergebnissen des Gutachtens G16.1 aufbaue, aber nicht nachvollziehbar sei, ob die Ergebnisse beider Gutachten kompatibel seien. So betrachte der TÜV Hessen in G16.3 im Gegensatz zum G16.1 konkrete Störfälle, ohne jedoch die Sekundärschadensflächen auszuweisen und das Gruppenrisiko hierfür zu ermitteln. Auf diesen Betrachtungen aufbauend komme der TÜV Hessen aufgrund seiner Einschätzung der Flucht- und Schutzmöglichkeiten zu einer unrealistisch geringen Zahl von 15 betroffenen Beschäftigten bei einem Störfall auf dem Ticona-Gelände. Dies stehe im Widerspruch zu den Erkenntnissen der SFK und der Gutachten des RWTÜV und des TÜV Pfalz. Die Fraport AG bestätigt, dass das Gutachten G16.3 zum Teil auf dem Gutachten G16.1 aufbaue. Konkret würden aus G16.1 die Eintrittsfrequenzen für ein flugbetriebliches Primärereignis im Betriebsbereich Kelsterbach der Ticona GmbH für die Ist-Situation sowie Seite 1546 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

105 für den Planungsfall (jeweilige Rasterzellen von 200 m x 200 m) und das mittlere Unfallfolgengebiet eines flugbetrieblichen Primärereignisses übernommen. Aus G16.3 seien in G16.1 die Sekundär-Störfallradien für die relevanten Störfallszenarien für die Ethylenverdichterstation der Firma055, die Ticona-Anlagen und das Tanklager der Shell in Raunheim übernommen worden. Insofern seien G16.3 und G16.1 nachvollziehbar kompatibel, da in G16.3 keine weiteren Daten aus G16.1 verwendet würden. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Aufgabenstellung könnten die Gutachten G16.1 und G16.3 auch gar nicht vergleichbar sein. In G16.3 werde ausschließlich das Risiko durch störfallrelevante Sekundärereignisse betrachtet, um insbesondere die dafür geltenden Gruppenrisikokriterien der Schweiz, der Niederlande und Großbritanniens anwenden zu können. Das Gutachten G16.1 habe hingegen das Gesamtrisiko aus Primär- und eventuellen Sekundärereignissen zum Inhalt, um Einzelrisikokriterien heranziehen zu können. Im Anhang I von G16.3 seien alle Sekundärschadensgebiete für die konkreten Störfallabläufe zeichnerisch ausgewiesen. Die Behauptung, dass in G16.3 pauschaliert von 15 betroffenen Beschäftigten bei einem Störfall auf dem Ticona-Gelände gesprochen werde, treffe nicht zu. G16.3 berücksichtige vielmehr auch Schadensszenarien mit mehr als 15 Beschäftigten (z. B. die Freisetzung der kompletten Menge an Bortrifluorid). Demnach würden auch Szenarien in G16.3 betrachtet, die in der Ist-Situation bis zu insgesamt knapp 60 Opfer unter den Beschäftigten fordern würden. Davon sei jedoch etwa die Hälfe als Opfer infolge der Schadenswirkung von störfallrelevanten Sekundärereignissen zu beklagen. Die genannten Zahlen stünden tatsächlich im Widerspruch zu denen der Störfallkommission, die in ihrem Votum von deutlich mehr als 100 Toten alleine auf dem Betriebsgelände der Ticona spreche. Dennoch basiere die Schadensermittlung in G16.3 auf einer Methodik, die nachvollziehbar und begründet sei, sich auf naturwissenschaftlich abgeleiteten Modellen stütze und auf konservativen Annahmen basiere. Ein Widerspruch zwischen G16.3 und den Gutachten des RWTÜV und des TÜV Pfalz sei hingegen nicht erkennbar. Der RWTÜV führe in seinem Gutachten generell keine Opferzahlen an; es seien allenfalls qualitative Einschätzungen zu finden. Analoges gelte für das Gutachten des TÜV Pfalz, das insbesondere die Aufgabe gehabt habe, das RWTÜV-Gutachten einer qualitätssichernden Bewertung zu unterziehen; eine Quantifizierung des Schadensausmaßes sei auch hier kein Gutachtensgegenstand gewesen. Zur Beurteilung des allgemeinen externen Risikos aus einer Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main und zur Beurteilung des Risikos für Störfallanlagen können durchaus unterschiedliche Modelle angewandt werden. Daher stellt sich weniger die Frage nach der Kompatibilität der Ergebnisse der Gutachten G16.1 und G16.3 als nach der Verwendbarkeit der jeweils vom anderen Modell übernommenen Parameter. Die in G16.3 aus G16.1 übernommenen Trefferwahrscheinlichkeiten für die jeweilige Rasterzelle, in der sich das störfallrelevante Anlagenteil befindet, können nicht zur Ermittlung der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Störfalls herangezogen werden, da der Einfluss von Treffern auf Nachbarzellen nicht berücksichtigt wird. Außer durch einen direkten Treffer der zu betrachtenden Anlage können Störfälle auch etwa durch Rutschen des Flugzeuges oder durch Trümmerflug ausgelöst werden. Zur Berechnung der Eintrittswahrscheinlichkeit ist die Integration über alle Trefferflächen im Einwirkungsbereich erforderlich, die zu einer Aktivierung des stofflichen Gefährdungspotentials führen können. In G16.1 erfolgt daher eine deutliche Unterschätzung der Störfalleintrittswahrscheinlichkeiten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1547

106 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Im Gegenzug werden die vom TÜV Hessen in G16.3 für die störfallrelevanten Betriebsbereiche des Tanklagers Raunheim und der Ticona GmbH berechneten Gefährdungsradien (z. B. Brand Methanol-Tanklager 115 m, Brand Shell-Tanklager 275 m) in das Berechnungsprogramm von G16.1 implementiert. Durch die vom TÜV Hessen zugrunde gelegten geringen Gefährdungsradien, die unter anderem eine hohe Fluchtfähigkeit der Personen im Gefährdungsbereich berücksichtigen und bei Ticona nur auf isolierte Ereignisse und nicht auf die mögliche Zerstörung des gesamten Produktionsanlagen abstellen, ergibt sich eine deutliche Unterschätzung des Beitrags von absturzinduzierten Unfällen bei Ticona oder Shell in Raunheim zum externen Risiko. Für die erforderliche störfallrechtliche Beurteilung der flugbetrieblichen Gefährdung der Betriebsbereiche der Ticona GmbH und der Firma084 in Raunheim sind weder G16.1 noch G16.3 geeignet. Die Methoden in G16.3 mögen nachvollziehbar und naturwissenschaftlich abgeleitet sein. Die Annahmen indes können nicht als konservativ bezeichnet werden. Dies trifft vor allem auf die Schutz- und Fluchtmöglichkeiten zu. Hierbei wird der Einfluss von Wärmestrahlung, Rauchgasen und der begrenzten Freisetzung toxischer Stoffe im Bereich der Produktionsanlagen unterschätzt. Zum anderen wird von einer zu langsamen Schadenspropagation und einem zu eng begrenzten Primärschaden bzw. Sekundärschaden ausgegangen. Die Einschätzung der SFK beruht auf dem qualitätssichernden Gutachten des TÜV Pfalz zum Gutachten des RWTÜV. Das Gutachten zur Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv durch die bauliche Erweiterung des Flughafens Frankfurt (RWTÜV 2003) wurde vom HMWVL zur Untersuchung des Planfalls in Auftrag gegeben. Es enthält Aussagen zur Eintrittswahrscheinlichkeit eines Flugzeugabsturzes auf die Ticona, zu den Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes auf relevante Anlagenteile und zu den normalbetrieblichen Auswirkungen. Darüber hinaus wurden grundsätzliche Untersuchungen zu möglichen Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen eines Absturzes durchgeführt. Im Teil-Gutachten 1 über die qualitätssichernde Bewertung des Gutachtens des RWTÜV zur Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv in Kelsterbach (TÜV Pfalz 2003/1) wird vom TÜV Pfalz im Auftrag des HMWVL eine Qualitätssicherung des Gutachtens RWTÜV 2003 durchgeführt. Darüber hinaus werden vom TÜV Pfalz eigene Auswirkungsberechnungen durchgeführt. Im Teil-Gutachten 2 (TÜV Pfalz 2003/2) werden unterschiedliche Methoden zur Risikoermittlung im Zusammenhang mit dem Flugverkehr dargestellt und verglichen. Beide Gutachten (TÜV Pfalz 2003/1 und RWTÜV 2003) schließen eine absturzbedingte Zerstörung der Produktionsanlagen der Ticona durch Schadenspropagation nicht aus. Der RWTÜV geht von einer akuten Lebensbedrohung der im Bereich der Produktionsanlagen befindlichen Mitarbeiter aus. Abschätzungen der von den Auswirkungen hervorgerufenen Todesopfer werden von beiden Gutachten nicht durchgeführt. Beide Gutachten beschreiben somit deutlich über G16.3 hinausgehende Auswirkungen. Unter Bezugnahme auf das Gutachten G16.3 wird von verschiedenen Kommunen und vom Landkreis Groß-Gerau vorgetragen, dass nicht ersichtlich sei, ob und wie das Gutachten RWTÜV 2003 einbezogen wurde. Seite 1548 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

107 Die Fraport AG erläutert, dass die vom RWTÜV identifizierten störfallrelevanten Sekundärereignisse im Gutachten G16.3 untersucht würden. Das RWTÜV-Gutachten werde im Literatur- und Quellenverzeichnis aufgeführt. Querverweise und Zitate erfolgten an diversen Stellen des Gutachtens G16.3. G16.3 greift für die Auswahl der störfallrelevanten Ereignisse auf das Gutachten RWTÜV 2003 zurück. Im Zusammenhang mit dem Werksgelände der Ticona werden daher vom TÜV Hessen betrachtet: die Zerstörung einer bzw. zweier Bortrifluorid-Kugeln, ein Methanol-Brand bzw. eine Explosion im Tanklager 84/85, ein Brand bzw. eine Explosion in der Ethylenverdichterstation der Firma055 und der Brand von PPS unter Bildung von Schwefeldioxid im Lager P205. Von mehreren Kommunen wird kritisiert, die Abbildung von Einzelrisiken als Mittelwert in Tabelle 2-1 des Gutachtens G16.3 (S. 31) sei nicht aussagekräftig. Auch hier müsse die Varianz angegeben werden. Außerdem seien Aussagen zu den in den Randbereichen des jeweiligen Streuungskorridors auftretenden Werten erforderlich. Zudem seien Einzelrisikowerte abhängig vom persönlichen Umfeld und Verhalten. Das gesamte Einzelrisiko einer Person setze sich aus der Summe vieler Teilrisiken zusammen und liege deutlich höher als die in der Tabelle angegeben Teilrisiken. Die Fraport AG weist darauf hin, die in der Tabelle aufgeführten Werte seien nicht im Rahmen der Gutachten errechnet worden, sondern beruhten auf allgemein zugänglichen Quellen. Sie seien nur aus Vergleichsgründen herangezogen worden. Eine Angabe der Varianz dieser Werte oder eine Diskussion eventueller Randbereiche sei weder möglich noch zielführend. Bei den angegebenen allgemeinen Risiken des täglichen Lebens handelt es sich lediglich um Anhaltspunkte. Die Werte werden zu keinem Vergleich mit den in G16.3 ermittelten Werten herangezogen und dienen nur zur Orientierung. Natürlich setzt sich das individuelle Risiko jeder Person aus verschiedenen persönlichen Einzelrisiken aus Beruf und Umfeld zusammen. Von einigen Einwendern wird unter Bezugnahme auf das Gutachten G16.3 (Kap , S. 36) vorgetragen, dass das Unfallfolgengebiet fehlerhaft modelliert worden sei. So komme das Gutachten unter Anwendung der Mittelwerte aus dem Gutachten G16.1 zu einem mittleren Unfallfolgenradius von 86 m für startende und landende Flugzeuge in bebautem Gebiet. Außerdem werde im Gutachten nur der Absturz eines mittelgroßen Flugzeuges betrachtet (siehe G16.3, S. 35). Das Unfallfolgengebiet sei entsprechend der einzelnen Unfallszenarien zu modellieren und zu betrachten. Der BUND Hessen fordert, es müsse dargelegt werden, welche Bandbreiten der Unfallauswirkungen durch die Großraumflugzeuge (A380, A340, B747) entstünden. Für diese Fälle müssten Einzelfallbetrachtungen durchgeführt werden. Die Fraport AG erläutert, warum mit einem mittleren Unfallfolgengebiet gerechnet werde. Beim maximalen Unfallfolgengebiet eines flugbetrieblichen Primärereignisses rückten viele störfallrelevante Sekundärereignisse mit Todesfolgen in den Hintergrund. Das be- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1549

108 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main deute, dass der Primärschaden das Schadensgebiet der Sekundärereignisse überdecke. Bereits durch ein mittelschweres Primärereignis könnten erhebliche Sekundärereignisse in einem Betriebsbereich ausgelöst werden. Bei Primärereignissen mit kleinem Unfallfolgengebiet (z. B. Absturz eines Sportflugzeuges) sei hingegen von einer funktionierenden A- larm- und Gefahrenabwehrorganisation im Betriebsbereich auszugehen, so dass hierdurch in der Regel die Schadenswirkung von Sekundärereignissen deutlich begrenzt werden könnten. Im Gutachten G16.1 werde auf Basis der statistischen Auswertung der am Flughafen Frankfurt Main startenden und landenden Flugzeugtypen ein mittlerer Unfallfolgenradius von 86 m für den Planungsfall ausgewiesen. Herr Dr. Name027 (Firma138) hat im Erörterungstermin für die Firma057 ergänzend ausgeführt, dass man bei der Risikoermittlung der primären Schadensfläche im Gutachten G16.1 widersprüchliche Angaben finde. Einmal sei es die Funktion des MTOW, dann sei es eine Funktion des Geländes. Im Gutachten G16.3 werde für den Planfall ein Mittelwert mit einem Radius von 86 m angegeben. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die mittlere Schadensfläche ermittelt werde und was der Berechnung zugrunde gelegt worden sei. Auch werde nicht dargestellt, in welcher Weise Unfalldaten in die primäre Schadensfläche eingingen. Insgesamt sei unklar, wie groß die primäre Schadensfläche tatsächlich sei und welche belastbaren Daten zugrunde lägen. Für die Fraport AG hat Herr Name026 (GfL) erwidert, dass eine Funktion des MTOW und des Geländes gegeben sei. In Gutachten G16.1 sei die primäre Schadensfläche als sowohl vom Flugzeugtyp als auch von der Geländetopographie abhängig betrachtet worden. Die Formel zur Berechung der primären Schadensfläche basiere auf der empirischen Auswertung von 71 Flugunfällen. In diesen Datensätzen seien die entsprechenden Daten zum Unfallfolgengebiet verlässlich und vollständig dargestellt. Herr Name031 (TÜV Hessen) hat bestätigt, dass in G16.3 mit einem Mittelwert für das Primärschadensereignis gerechnet worden sei. Hierbei würden 86 m zugrunde gelegt, da ein großes Primärereignis die Sekundärereignisse überdeckte. Wenn auf die sicherheitsrelevanten Bereiche der Ticona ein großes Flugzeug stürzen würde, dann läge das gesamte Notfallmanagement der Ticona brach. Für kleine Ereignisse gehe man davon aus, dass die Gefahrenabwehr- und Alarmmaßnahmen noch einigermaßen funktionieren würden. Die Größe bzw. das Gewicht des abstürzenden Flugzeuges bestimmt die Primärschadensfläche. Für eine Worst-Case-Betrachtung im Hinblick auf die Primärschadensflächen müsste vom größten Flugzeug ausgegangen werden. Für einen Airbus A340 ergeben beispielsweise deutliche höhere Primärschadensradien als 86 m. Für statistische Betrachtungen ist es zulässig, mit Durchschnittswerten zu rechnen. Wichtig ist, dass der Durchschnittswert für den Flugzeugmix repräsentativ ist. Die Herleitung der in G16.1 angegeben Primärschadensradien (80 m im Ist-Fall und 86 m im Planfall) ist nicht nachvollziehbar und sollte anhand des entsprechenden Flugzeugmixes erläutert werden. Relevanter ist die Nichtberücksichtigung von Einwirkungsbereichen zur Berechnung der Eintrittswahrscheinlichkeiten von Störfallen bei Ticona und Shell in Raunheim. Durch die Berücksichtigung der Einwirkungsbereiche und einer entsprechenden Integration der Absturzwahrscheinlichkeiten im Bereich dieser Einwirkungsflächen ergibt sich eine im Vergleich zum direkten Treffer deutlich erhöhte Eintrittswahrscheinlichkeit bei vergleichbarem Ausmaß. G16.3 sollte u. a. aus diesem Grund der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden. Seite 1550 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

109 Es wird vorgetragen, dass die Untersuchung zur Kerosinmenge im Gutachten G16.3 (Kap , S. 36) unzureichend sei. So stelle die im Flugzeug mitgeführte Kraftstoffmenge (bis zu 180 t) die störfallrelevante Menge dar. Es müsse deshalb klargestellt werden, welche Treibstoffmenge bei den Untersuchungen jeweils angesetzt worden seien. Die Fraport AG verweist darauf, dass im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ausschließlich die Störfälle bzw. Schadensereignisse betrachtet würden, die über die Folgen des flugbetrieblichen Primärereignisses hinausgehen und durch die gefährlichen Stoffe im Betriebsbereich bzw. in der Anlage verursacht würden. Darum sei es sinnvoller bzw. entspreche es eher einer Worst-Case-Betrachtung, von einem mittelschweren Primärereignis auszugehen, als die maximal mitzuführende Treibstoffmenge bzw. das maximale Flugzeuggewicht anzunehmen. In diesem Fall wären die Primärschäden maximal und die hier eigentlich zu betrachtenden Sekundärschäden träten in den Hintergrund bzw. wären bereits von den Primärschäden überdeckt. Die Treibstoffmenge wird indirekt über das Primärschadensgebiet berücksichtigt. Die durch den Brand bzw. die Explosion von Kerosin hervorgerufenen Schäden werden durch eine Mortalität von 60 % im Primärschadensgebiet berücksichtigt. Es wird kritisiert, dass im Gutachten G16.3 (Kap , S. 37) die Mortalitätsrate im Unfallfolgengebiet durch Sekundärschäden fehlerhaft bestimmt worden sei. So sei die Festlegung, dass in der Regel 20 % der Personen im Unfallfolgengebiet durch Sekundärschäden ums Leben kämen, eine bloße Annahme des Gutachters. Auch sei die Annahme, dass für das Anlagenpersonal relativ hohe Überlebenschancen bestünden, insbesondere weil es gesund und fluchtfähig sei, wenig glaubhaft. Herr Dr. Name027 hat für die Firma057 im Rahmen der Erörterung unter Bezugnahme auf die in G16.3 angenommene Sterblichkeit (Mortalität) im Sekundärschadensgebiet ausgeführt, dass die Letalität willkürlich festgelegt worden sei. Insbesondere hat er die Annahme bezweifelt, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitarbeiter der Ticona zu Tode kommt, sei um die Hälfte niedriger als bei einem unbeteiligten Bürger, der am gleichen Ort der gleichen Belastung ausgesetzt sei. Die hierfür gegebene Begründung, dass der Mitarbeiter belehrt worden sei und weglaufen könne, sei nicht nachvollziehbar. Dies führe dazu, dass das Risiko durch einen Flugzeugabsturz für das Anlagenpersonal deutlich unterschätzt würde. Auch sei unklar, wie die Mortalität mit der Größe der sekundären Schadensfläche zusammenhänge. Es müsse berücksichtigt werden, dass sich die primäre und sekundäre Schadensfläche addieren könnten. Es müsse bei den Sekundärschadensgebieten zwischen denjenigen, die gleichzeitig zu den primären Schadensgebieten gehörten und solchen, die diesen nicht zuzurechnen seien, unterschieden werden. Auch die Mortalität in den sekundären Schadensgebieten, die nicht zu den primären Schadensflächen gehörten, müsse ermittelt werden. Nach den Ausführungen in G16.3 scheine es in allen Fällen, außer dem Methanol-Brand und der Freisetzung von Bortrifluorid, keine Mortalität zu geben. Die Fraport AG erläutert, dass 60 % der Personen bereits durch das Primärereignis zu Tode kämen. Für die das Primärereignis überlebenden 40 % werde eine Mortalität von 50 % angenommen. Somit ergebe sich im Unfallfolgengebiet durch Sekundärschäden eine Mortalitätsrate von 20 %. Dies beruhe auf begründeten Annahmen des Gutachters in G16.3 zu den Flucht- und Schutzmöglichkeiten, insbesondere weil das Anlagenpersonal im allgemeinen gesund und somit fluchtfähig sei, das Anlagenpersonal in den anlagentypischen Gefahren bzw. in das Verhalten im Gefahrenfalle unterwiesen sei und Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1551

110 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main der Großteil des Anlagenpersonals sich in brandschutztechnisch abgekoppelten Räumen befände, wo keine gefährlichen Stoffe in störfallrelevanten Mengen vorhanden seien. In begründeten Fällen, z. B. im Ausbreitungsgebiet freigesetzter toxischer Gase, werde die Mortalität für die Überlebenden der Primärfolgen innerhalb des Unfallfolgengebiets auf 100 % erhöht. Im Erörterungstermin hat Herr Name031 (TÜV Hessen) ergänzt, dass man grundsätzlich keine sekundären Schadensflächen hinsichtlich Schäden an Menschen außerhalb des Primärfolgengebiets angenommen habe. Man müsse hinsichtlich des Primärereignisses auch bei sicherheitsrelevanten Anlagenteilen der Ticona berücksichtigen, dass es gewisse Flucht- und Schutzmöglichkeiten für das Anlagenpersonal gebe. Lediglich für den Fall, dass das Methanol-Tanklager oder das Bortrifluorid-Lager durch ein Primärereignis getroffen würden, habe man Schäden außerhalb des Primärfolgengebiets unterstellt. Ticona müsse als Störfallanlage hinsichtlich brandschutztechnischer Maßnahmen höhere Standards erfüllen. So müssten Gebäude aus nicht brennbaren Materialien gebaut werden und immer zwei Fluchtmöglichkeiten bestehen. Auch gebe es in den nicht vom primären Schadensereignis betroffenen Anlagenteil genügend Zeit und Fluchtwege für das Anlagenpersonal. Es werde in diesen Bereichen zwar auch eine Schadensausweitung geben, diese erfolge aber nicht über Explosionen, sondern primär über Brandübertragung. Die Annahme einer Mortalität von 20 % im Unfallfolgengebiet durch Sekundärereignisse ist nicht konservativ. Zum einen wird vom Sonderfall konzentrischer und einander nahezu vollständig überdeckender Auswirkungsradien für Primär- und Sekundärschadensgebiet ausgegangen. Zum anderen werden die Dynamik der Schadensausbreitung unterschätzt und Flucht- und Schutzmöglichkeiten überschätzt. In bestimmten vom Primärereignis nicht betroffenen Bereichen der Sekundärschadensgebiete müsse szenarienabhängig mit einer Mortalität von bis zu 100 % gerechnet werden. Verschiedene Kommunen und der Kreis Groß-Gerau führen unter Bezugnahme auf das Gutachten G16.3 (Kap , S. 59) an, dass das Risiko an der Bahnstrecke Wiesbaden-Frankfurt falsch bewertet worden sei. So sehe die Planung für das geplante Gewerbegebiet Mönchhof mit ca Beschäftigten eine S-Bahn-Haltestelle vor. Das Gutachten gehe von einer Vorbeifahrt von Zügen am Ticona-Gelände aus. Der geplante S-Bahn-Haltepunkt führe zu einer längeren Aufenthaltszeit am Standort. Dies sei im Gutachten zu berücksichtigen und gelte auch für die Betrachtung bei Freisetzung toxischer Stoffe. Nach Darstellung der Fraport AG ist im Bebauungsplan Mönchhof lediglich eine Fläche als Option für eine Haltestelle vermerkt. Diese befinde sich wegen der vorgesehenen Verlegung der B 43 und der S-Bahn-Trasse am Rande des Bebauungsgebiets, also westlich des Geländes der Ticona in größerem Abstand als die heutige Trasse. Die Realisierung einer solchen S-Bahn-Haltestelle sei offen. Dennoch wäre diese Haltestelle im Gutachten G16.3 berücksichtigt worden, wenn sie im Auswirkungsbereich läge. Bei der Freisetzung toxischer Stoffe sei die S-Bahn-Station durch die konservative Demographie von Beschäftigten berücksichtigt. Bei der Untersuchung des Ethylenverdichters (im Szenario Feuerstahl und im Szenario Gaswolkenexplosion) sei festgestellt worden, dass die Optionsfläche für eine Haltestelle nicht innerhalb der Auswirkungsbereiche liege. Deshalb werde die S-Bahn-Strecke im heutigen Verlauf - als worst case - berücksichtigt. Seite 1552 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

111 Nach der Verbunkerung von Bortrifluorid bestehen bei Ticona keine relevanten Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls außerhalb des Werksgeländes. Soweit die S-Bahn-Strecke nicht im Auswirkungsbereich der Ethylenverdichterstation oder eines Brandes im Tanklager Raunheim liegen wird, bestehen somit für die Haltestelle auf dem Caltex-Gelände im Absturzfall keine Gefährdungen durch störfallrelevante Anlagen oder Anlagen mit gefährlichen Stoffen. Es wird bemängelt, dass im Gutachten G16.3 (Kap , S. 78) der zugrunde liegende Grenzwert für die zulässige Wärmestrahlungsdosis nicht angegeben worden sei. Die Fraport AG erklärt, dass die Ermittlung der Personenschäden in den relevanten Gefährdungsbereichen nach Green Book über eine Probit-Analyse erfolge, welche die Wahrscheinlichkeiten für den Tod durch Verbrennungen liefere. Maßgeblich für die Wahrscheinlichkeitsrechnungen sei die Wärmestrahlungsdosis. Die Formel zur Bestimmung der Wärmestrahlungsdosis sei angegeben und beschrieben und damit nachvollziehbar. In G16.3 werden vom TÜV Hessen Wahrscheinlichkeitsrechnungen zum Tod durch Wärmestrahlung durchgeführt. Die Berechnungen beruhen auf Probit-Analysen und geben die Gefährdungsradien an, in denen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit mit dem Tod der Betroffenen zu rechnen ist. Hierbei werden die Expositionszeit und die Strahlungsstärke berücksichtigt. Bei der Expositionszeit werde jedoch von guten Schutz- und Fluchtmöglichkeiten ausgegangen, so dass nur ein sehr kurzer Expositionszeitraum angesetzt wird, was zu einer Einschränkung der Gefährdungsbereiche führt. Aus G16.3 selbst ist die Berechnung nicht nachvollziehbar. Verschiedene Einwender halten die im Gutachten G16.3 (Kap , S. 41) getroffenen Annahmen zu Luftwechselraten in Kraftfahrzeugen für unrealistisch. So werde dort unterstellt, bei schnell fahrenden Kraftfahrzeugen sei die Schutzwirkung gegenüber toxischen Gasen gering, im stehenden Fahrzeug könne jedoch die Lüftung ausgeschaltet werden und deshalb sei dort eine Schutzwirkung wie bei Häusern gegeben. Diese Annahme sei wirklichkeitsfremd, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass Personen unter dem Eindruck eines Flugzeugabsturzes in ihren Fahrzeugen verbleiben würden. Die Fraport AG gesteht zu, dass das Verhalten der Verkehrsteilnehmer auf der A 3 unter dem Eindruck eines flugbetrieblichen Primärereignisses am Standort Kelsterbach tatsächlich schwierig vorherzusagen sei. Es sei zwar sehr wahrscheinlich, dass bei einem lang andauernden Stau viele Fahrzeuginsassen die Fahrzeuge verlassen würden. Dennoch werde dies in G16.3 nicht unterstellt, da es eine bestimmte Zeit zur Ausbildung eines Staus benötige, die Gaswolke jedoch nur kurze Zeit nach dem Austritt eine Fahrspur gefährde (2-4 Minuten). Somit möge die Annahme, dass die Insassen ihre Fahrzeuge während des Vorbeiziehens einer Bortrifluorid-Wolke nicht verlassen, mit einer Unsicherheit behaftet sein, sie werde jedoch nicht als lebensfremd erachtet. Vielmehr wäre die Annahme, dass im Anschluss an ein flugbetriebliches Primärereignis die Fahrzeuginsassen ihre Fahrzeuge auf allen 10 Fahrspuren unmittelbar anhielten und sofort ausstiegen, realitätsfremd. Konservativ werde die Annahme des Verbleibens in den Fahrzeugen dadurch, dass während des Vorbeiziehens einer BF 3-Wolke unter allen Umständen ein verdichteter Vollstau auf 10 Spuren betrachtet werde. Dies komme auch in dem relativ hohen, in G16.3 ermittelten Schadensausmaß auf der A 3 von 5 bis 30 Personenopfern zum Ausdruck. An keiner Stelle in G16.3 werde unterstellt, dass die Fahrzeuginsassen die Lüftung rechtzeitig abschielten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1553

112 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main In der Schadensermittlung werde davon ausgegangen, dass zweimal pro Stunde ein Luftwechsel stattfinde. Die FN-Kurve sei überdies aufgrund ihrer logarithmischen Struktur relativ unempfindlich für solche Unsicherheiten. Beispielsweise würde eine Verdopplung des in G16.3 ermittelten Schadensausmaßes auf der A 3 zu einer FN-Kurve führen, die zwar näher an die schweizerische Akzeptanzlinie bzw. niederländische Orientierungslinie heranrücke, jedoch sich immer noch unterhalb dieser bewege. Gründe für eine Überarbeitung sehe man nicht. Im Erörterungstermin hat Herr Name033 für den Kreis Groß-Gerau hierzu ergänzt, dass mittlerweile zu beobachten sei, dass Fahrzeuge nach einem Unfall bereits auf der A 3 und der B 43 den Einsatzfahrzeugen entgegen kämen. Es sei unrealistisch anzunehmen, dass die Personen in einem Havariefall in ihren Pkws verblieben. Diese warteten nicht, sondern stiegen aus und entfernten sich vom Ort. Gleiches gelte für den ICE. Es seien Fälle bekannt, dass Personen nach einem Halt des ICE ausgestiegen seien, obwohl das Begleitpersonal versucht habe, sie daran zu hindern. Somit gebe es keine Schutzhülle durch den Pkw oder den ICE. Die Fahrzeuginsassen würden nicht in den Fahrzeugen verbleiben und warten bis eine Wolke käme. Für die Fraport AG hat Herr Name031 (TÜV Hessen) im Erörterungstermin noch ergänzt, bei einem Brandfall des Tanklagers Raunheim müsse davon ausgegangen werden, dass die Gefahr offensichtlich sei. Wenn ein Fahrzeuginsasse merke, dass die Wärmestrahlung unerträglich werde, würde er aussteigen und versuchen zu fliehen. Bei dem Bortrifluorid-Szenario sei die Gefahr tückischer. Man gehe davon aus, dass hier nicht abgewartet werde, bis die Wolke aufsteige. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Panikreaktionen aufträten. Man könne jedoch erwarten, dass im Fall der Freisetzung von Bortrifluorid ein Teil der Personen im Fahrzeug verharre und dort abwarte, bis die Wolke vorbeigezogen sei. Es gehe hier nur um einige Minuten, denn die Wolke habe nur eine geringe Aufenthaltsdauer auf dem betroffenen Abschnitt der B 43 und der A 3. Nach Durchführung der Sicherungsmaßnahmen für Bortrifluorid gegen einen Flugzeugabsturz ist nicht mehr mit relevanten toxischen Auswirkungen außerhalb des Betriebsgeländes zu rechnen. Dies gilt auch für die umliegenden Verkehrswege wie die A 3. Die Frage der Schutzwirkung von Fahrzeugen stellt sich somit nicht mehr im Zusammenhang mit der Einwirkung toxischer Gase und der Luftwechselrate, sondern nur bezüglich der Auswirkungen eines absturzinduzierten Großbrandes im Tanklager Raunheim. Auswirkungen auf die A 3 in Form einer kritischen Wärmestrahlung können nicht ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Umweltabteilungen meiner Behörde nicht mit einem Verbleiben der Insassen in den Fahrzeugen zu rechnen. Angesichts der sich abspielenden Szenarien (mehrere hundert Meter hohe Flammen, Rauchsäulen, Explosionen etc.) werden die Betroffenen die Fahrzeuge verlassen. In einem solchen Fall ist die Schutzwirkung der Fahrzeuge durch Hitzeentwicklung oder gar Brandübertragung infrage gestellt. Die Firma069 als hat als des Tanklagers Raunheim eine Einwendung erhoben und fordert darin, dass den sicherheitsbezogenen Untersuchungen flugbetrieblicher Auswirkungen methodisch tragfähige Risikoanalysen zugrunde zu legen seien. Auch bei den nicht konservativen Annahmen des Gutachtens G16.3 ergäben sich Gruppenrisiken, die internationalen Grenzwerten für den Bestand nicht entsprächen. Seite 1554 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

113 Die Fraport AG verweist darauf, dass eine Bewertung des Störfallrisikos durch einen Flugzeugunfall und dessen Auswirkungen im Gutachten G16.3 in die Planfeststellungsunterlagen eingestellt worden sei. Die Bewertung erfolge mangels deutscher Gesetzgebung nach internationalen Richtlinien. Das Gutachten des TÜV Pfalz zum Tanklager Raunheim sei nicht öffentlich und liege der Fraport AG nicht vor. Von daher sei eine vergleichende Betrachtung in den einzelnen Annahmen und Methoden in den beiden Gutachten nicht möglich. Die Widersprüche zwischen G16.3 und dem Gutachten des TÜV Pfalz (TÜV Pfalz 2005a) bezüglich des Tanklagers Raunheim sind - nicht zuletzt durch die Stellungnahme der Umweltabteilungen meiner Behörde - aufgeklärt. Von den Kommunen Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main wird vorgetragen, dass die Betrachtung eines Störfalls durch einen Flugzeugabsturz, der nur einen Teil des Werksgeländes umfasse, fehlerhaft sei. So betreffe dies laut Gutachten G16.3 beim Ticona-Gelände einen ca m² großen Bereich. Es werde verkannt, dass ein Absturz eines Flugzeuges auf das Ticona-Gelände zu einer Kettenreaktion führe und einen Totalschaden des Produktionsbereichs zur Folge habe. Die Fraport AG weist den Einwand, dass ein Absturz zum Totalverlust führen würde, zurück. Die verschiedenen Schadensszenarien (inkl. Dominoeffekte) seien in G16.3 detailliert dargestellt. Selbst der TÜV Hessen schließt einen Totalverlust der Produktionsanlagen der Ticona nicht aus, allerdings bei langsamer, nicht personenschadensrelevanter Schadenspropagation. Im Rahmen des Erörterungstermins hat die Firma057 den methodischen Ansatz zum Übertrag der vom TÜV Hessen in G16.3 ermittelten Auswirkungsellipsen für Bortrifluorid auf kreisförmige Auswirkungsradien in G16.1 kritisiert. Die Diskussion über das richtige Modell zur Berücksichtigung der Auswirkungen toxischer Stoffe bei der Risikoermittlung ist nach der absturzsicheren Verbunkerung von Bortrifluorid für das vorliegende Verfahren nicht mehr von Interesse. Mit relevanten Auswirkungen toxischer Stoffe außerhalb des Werksgeländes ist nicht mehr zu rechnen. Mehrere Kommunen bemängeln, dass das Einzelrisiko zur Bewertung von Sekundärereignissen nicht ermittelt worden sei. Daher sei nicht geklärt, mit welcher Wahrscheinlichkeit es zu einem Störfall durch einen Flugzeugabsturz kommen könne. Es sei lediglich der Inakzeptanzwert des Gruppenrisikos bei Sekundärschäden betrachtet worden. Von der Fraport AG wird entgegnet, für die Berechnung des externen Risikos würde immer angenommen, dass bei einem Absturz auf eine störfallrelevante Anlage auch Sekundärschäden aufträten, sofern diese über das Primärschadensgebiet hinaus reichten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Sekundärereignissen komme sei somit in den Gutachten Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1555

114 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main dargestellt. Sie sei gleich der Wahrscheinlichkeit, dass ein Flugzeugabsturz das jeweilige Gebiet betreffe. In G16.3 werden für verschiedene absturzbedingte Störfallszenarien im Zusammenhang mit dem Tanklager Raunheim und der Ticona GmbH Eintrittswahrscheinlichkeiten angegeben. Eine durch den Flugbetrieb bedingte Störfalleintrittswahrscheinlichkeit wie in den Gutachten des TÜV Pfalz wird nicht angegeben. Die Einzelrisikowerte in G16.1 schließen auch das absturzbedingte Risiko durch Sekundärereignisse bei Störfallanlagen ein. Für die Ticona GmbH und für das Tanklager der Shell in Raunheim werden die vom TÜV Hessen in G16.3 bestimmten Auswirkungsradien berücksichtigt. Für weitere Störfallanlagen im Untersuchungsraum werden pauschale Auswirkungsradien von 500 m angesetzt. Die pauschalen Auswirkungsradien werden außer für die detailliert zu betrachtenden Anlagen als hinreichend konservativ angesehen. Die für die Ticona GmbH und für Shell angenommen Auswirkungsradien in G16.3 werden als nicht konservativ angesehen. Von der Firma057 und den Kommunen Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main wird kritisiert, in den Gutachten G16.1 bzw. G16.3 sei das Ist-Fall-Risiko künstlich hochgerechnet worden, indem eine Verbunkerung der Bortrifluorid-Behälter nur für den Prognosenullfall und den Planungsfall, nicht jedoch für den Ist-Fall angenommen werde. Im Erörterungstermin hat die Firma057 darauf hingewiesen, dass die Verbunkerung inzwischen erfolgt sei und die Aussagen zum Risiko im Ist-Fall nun ungültig seien. Die Fraport AG weist die Kritik zurück. Auf S. 68 des Gutachtens G16.1 werde darauf hingewiesen, dass Bortrifluorid in den Szenarien Prognosenullfall und Planungsfall als verbunkert angenommen werde und dass dementsprechend in diesen Szenarien nicht mit der Freisetzung toxischer Gase zu rechnen sei. Die Ist-Situation beschreibe das real existierende Risiko im Jahr Zum damaligen Zeitpunkt seien die BF 3-Behälter nicht verbunkert gewesen. Eine Beschreibung der Ist-Situation 2000 dürfe daher eine Verbunkerung nicht unterstellen. Die Argumentation, im Jahr 2000 habe noch keine Verbunkerung bestanden und könne deshalb bei einer Betrachtung des zu dieser Zeit bestanden habenden Risikos nicht berücksichtigt werden, ist nachvollziehbar. Maßgeblich ist der Vergleich zwischen Planfall und Prognosenullfall; hier hat die Fraport AG die Verbunkerung der BF 3-Behälter richtigerweise berücksichtigt. Die Nichtberücksichtigung im Ist-Fall kann jedoch dazu führen, dass flugbetriebliche Einflüsse durch andere Einflüsse überdeckt werden, soweit man den Planfall mit dem Ist-Fall vergleicht. Bei einer Überarbeitung der Risikogutachten im Zusammenhang mit der Anpassung der Luftverkehrsprognose sollte im Ist-Fall die Verbunkerung berücksichtigt werden. Alternativ kann der Ist-Fall jeweils mit und ohne Verbunkerung dargestellt werden. Meine Umweltabteilungen als Fachbehörde sowie einige Einwender bemängeln, dass im Gutachten G16.3 nur das Todesfallrisiko, nicht jedoch das Risiko von Verletzungen betrachtet worden sei. Seite 1556 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

115 Herr Name031 hat im Erörterungstermin hierzu für die Fraport AG vorgetragen, dass man bei der Risikoermittlung in G16.3 nur den Schadensparameter Todesfolge betrachtet habe, da dieser Parameter einfach abgrenzbar sei. Kriterien dafür seien auch im Ausland konkreter anwendbar. Der Parameter Verletzung sei schwerer abgrenzbar. Kriterien für die Risikoermittlung und -bewertung im Zusammenhang mit Verletzten und Umwelt- oder Sachschäden gibt es zumindest in der Schweiz. Verletzte sind bei der Ermittlung des Risikos in G16.3 für Ticona oder Shell nicht berücksichtigt worden. Die Störfall-Verordnung hebt aber auch auf Verletzte, Umwelt- und Sachschäden ab. Bei der erforderlichen störfallrechtlichen Beurteilung für Ticona oder Shell sind nach meiner Ansicht daher auch diese Schadensparameter zu berücksichtigen Ticona GmbH in Kelsterbach Lage der Ticona GmbH in Bezug auf die Anflugroute Von verschiedenen Einwendern wird auf die unmittelbare Nähe der Ticona zur Anfluggrundlinie hingewiesen. Das Betriebsgelände der Ticona mit seinen störfallrechtlich relevanten Anlagen liege im Anflugsektor und werde in ca. 60 m Höhe überflogen. Zwei Methanol-Behälter auf dem Ticona-Gelände würden sogar direkt überflogen. Die geplante Nähe einer Landebahn zu einer Störfallanlage stelle eine weltweit einmalige Konstellation dar. Hieraus ergäben sich auch im Hinblick auf die besondere Anflugsituation (geplante Ausnahmen von der Hindernisfreiheit, Irritation der Piloten etc.) erhebliche Absturz- und Störfallrisiken. Weitere Untersuchungen und ein Vergleich der Anflugsituation mit anderen Verkehrsflughäfen seien erforderlich. Die Fraport AG verweist darauf, dass beim Anflug aus Betriebsrichtung 07 auf die geplante Landebahn Nordwest die Produktionsanlagen im Süden der Ticona nicht überflogen würden. Überflogen werde lediglich der nördlichste Teil des Geländes, in dem sich das Pförtnerhaus befinde. Bei Betriebsrichtung 25 würden im Ausbaufall 2015 die Produktionsanlagen im Süden der Ticona wesentlich seltener bei Starts vom bestehenden Bahnsystem überflogen als im Ist-Fall. Nach den von der Fraport AG vorgelegten Gutachten bliebe das Risiko daher auch im Planfall auf einem akzeptabel niedrigen Niveau. Auch stelle die Lage einer Störfallanlage in der Nähe von Flughäfen keine weltweit einmalige Situation dar. An zahlreichen anderen Flughäfen (Wien, Paris-Orly, Maastricht, Barcelona) befänden sich zweckmäßigerweise Tanklager auf dem Gelände und Industrieanlagen in der Umgebung. Eine Betrachtung vergleichbarer Konstellationen sei nicht zielführend und liefere zudem keine Aussage über die Akzeptabilität. Die vorliegende Situation sei aus sich heraus zu bewerten. Auf die Referenzierung des Risikos in G16.4 wird verwiesen. Im Erörterungstermin hat die Firma057 die Anflugsituation durch eine Video-Einspielung anschaulich dargestellt. Beim Landeanflug aus Betriebsrichtung 07 auf die Landebahn Nordwest findet im normalen Flugbetrieb kein Überflug über sicherheitsrelevante Anlagenteile der Ticona - wie etwa Tanklager oder Produktionsanlagen - statt. Die Anfluggrundlinie verläuft seitlich versetzt ca. 400 bis 600 m von den Produktionsanlagen der Ticona entfernt. Lediglich das Pförtnerhaus im Nordosten des Betriebsgeländes wird in einer Höhe von ca. 60 m direkt überflogen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1557

116 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Auch ohne direkten Überflug resultiert jedoch seitlich der Anfluggrundlinie insbesondere beim unmittelbaren Landeanflug ein Absturzrisiko aus der lateralen Absturzverteilung. Beispielhaft sei hier die Abbildung Anlage aus Anlage 12 des Gutachtens TÜV Pfalz 2006 angeführt, die die örtliche Verteilung der vom TÜV Pfalz ausgewerteten Landeunfälle wiedergibt. Bei Betriebsrichtung 25 ist im Planfall ein im Vergleich zum Ist-Fall deutlich reduzierter Überflug bzw. Vorbeiflug durch die von den bestehenden Parallelbahnen startenden Flugzeuge in die Risikobetrachtungen eingestellt. Das aus diesen Startvorgängen resultierende Absturzrisiko ist abhängig von der Belegung der entsprechenden Flugrouten. Falls die Anzahl der Abflüge bei Betriebsrichtung 25 auf diesen Routen deutlich höher liegen sollte als im Betriebsszenario für den Planfall prognostiziert 32, ist aufgrund des hohen Risikobeitrags von Direktüberflügen oder Vorbeiflügen beim Start auch mit einem signifikant höheren, nämlich proportional ansteigenden Risikoanteil durch Startvorgänge zu rechnen. Das Gesamtrisiko aus Starts und Landungen für Ticona und Shell in Raunheim wird in diesem Fall erhöht. Eine weitergehende vergleichende Untersuchung ähnlicher Konstellationen zwischen Industrieanlagen und Landebahnen an anderen Verkehrsflughäfen ist nicht erforderlich, da ohne Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten des Luftverkehrs und der jeweiligen Anlagen bestenfalls allgemeine Erkenntnisse gewonnen werden können, während im vorliegenden Fall jedoch durch die Gutachten RWTÜV 2003 und TÜV Pfalz 2003/1 bereits weitergehende sehr detaillierte und verwertbare Einzelfallbetrachtungen vorliegen Einfluss der Flugrouten auf das Störfalleintrittsrisiko Die Umweltabteilungen meiner Behörde führen in der fachbehördlichen Stellungnahme aus, ein wesentlicher Faktor für die Störfalleintrittswahrscheinlichkeit sei die Trefferwahrscheinlichkeit im Bereich der zu betrachtenden Anlage. Die Trefferwahrscheinlichkeit werde von der Absturzrate und der Absturzverteilung bestimmt. Hierbei würden die Flugrouten und ihre Belegung im Bereich der Anlage eine entscheidende Rolle spielen. Im Ist-Fall werde die Trefferwahrscheinlichkeit durch Richtung Nordwesten startende Flugzeuge bestimmt. Untersuchungen im Rahmen des Gutachtens zum Ist-Fall bei Ticona (TÜV Pfalz 2006) hätten einen deutlichen Einfluss der Lage der Flugrouten auf die Störfalleintrittswahrscheinlichkeit aufgezeigt. Bei einer stufenweisen Verschwenkung der von den Bahnen 25R und 25L ausgehenden nach Nordwesten abdrehenden Startrouten vom Ticona-Gelände weg nach Süden ergebe sich eine deutliche Verringerung der Trefferwahrscheinlichkeit und der Störfalleintrittswahrscheinlichkeit. Bei einer Verlagerung der Abflüge auf Südrouten würde die Störfalleintrittshäufigkeit nur noch 6 % des bisherigen Wertes bei nordwestlichen Abflugrouten betragen. Im Prognosenullfall werde für Ticona bei einer Erhöhung des Flugaufkommens am Flughafen Frankfurt Main durch Veränderung der Flugrouten und deren Belegung das Störfallrisiko um den Faktor 2,2 vermindert. Im Planungsfall werde im Gegensatz dazu die Absturzwahrscheinlichkeit durch Landungen auf der geplanten Landebahn Nordwest bestimmt. Der Landeanflug werde aus flugtechnischen Gründen auf einer Route durchgeführt, die über eine längere Strecke vor dem Aufsetzen einer gedachten Verlängerung der Landebahn entspreche (Bahnnormale). Eine Verschwenkung der Anflugroute auf 07N sei im Bereich Ticona und Shell in Raunheim nicht mehr möglich. Somit entfalle im Planungsfall die Option, durch Änderung von Flugrouten die Trefferwahrscheinlichkeit zu verringern. 32 Im Planfall wird von einem Anteil von etwa 1,6 % aller Abflüge ausgegangen. Seite 1558 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

117 Die Firma057 fordert, bei der Betrachtung des Absturzrisikos von einer risikominimierten Ist-Situation auszugehen. Noch bis zum Jahr 1991 seien die Abflüge westlich um das Betriebsgelände herumgeführt worden; dies sei auch nun möglich und zur Risikominderung - auch nach Auffassung der SFK - geboten. Auch die von der Fraport AG für den Prognosenullfall und den Planfall 2015 angenommene überwiegende Nutzung der südabdrehenden Routen von der Startbahn 25R müsse bereits im Ist-Fall berücksichtigt werden. Auch für den Ist-Fall dürfe daher nicht von einer überwiegenden Nutzung der über das Gelände führenden nordwestlichen Abflugrouten ausgegangen werden. Nach Ansicht der Fraport AG zeige die heutige Praxis der Flugroutenfestlegung, dass in erster Priorität der Forderung aus dem LuftVG nach einer Sicherstellung der sicheren Durchführung des Luftverkehrs und der geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs nachgekommen werde. Als direkt folgende Priorität werde der Forderung nach Vermeidung von Beeinträchtigungen der Bevölkerung durch Fluglärm Rechnung getragen. Hinsichtlich der Abwehr von Gefahren durch die Luftfahrt sei es nach 26 LuftVG und 11 LuftVO möglich, Luftsperrgebiete und Flugbeschränkungen auszusprechen. Dies müsse dann in der Flugroutenfestlegung Berücksichtigung finden. Diese Luftsperrgebiete (Restricted Areas) beschränkten sich allerdings bisher lediglich auf die Freihaltung von Schutzräumen z. B. über militärisch genutzten Gebieten oder für die Gebiete für die durch mögliche terroristische Angriffe eine konkrete Gefahr bestehe. Die Ausweisung eines Luftsperrgebiets über einer Chemieanlage und der damit verbundenen notwendigen Berücksichtigung bei der Flugroutenfestlegung falle nicht unter die Abwehr konkreter Gefahren und sei auch noch nie diesbezüglich angewendet worden. Aus der bisherigen Nichtberücksichtigung der Störfallanlagen bei der Flugroutenfestlegung werde offensichtlich, dass eine Flugroute über einer Störfallanlage kein derartiges Risiko bedeute, dass eine solche Berücksichtigung gerechtfertigt wäre. Für eine Flugroutenverlegung allein aufgrund der Lage einer Störfallanlage gebe es keine gesetzliche Grundlage. Das Gutachten TÜV Pfalz 2006 zeigt auf, dass durch eine vollständige Verlagerung der Abflugrouten für die Betriebsrichtung 25 nach Süden im Ist-Fall eine deutliche Verringerung der Störfalleintrittswahrscheinlichkeit für Ticona resultiert. Während im Ist-Fall im Hinblick auf eine Verringerung der Störfalleintrittswahrscheinlichkeit bei Ticona aus sicherheitstechnischer Sicht theoretisch - ohne an dieser Stelle kapazitive Effekte zu berücksichtigen - durch eine Verlagerung von Flugrouten vom betroffenen Bereich weg möglich ist, besteht diese Möglichkeit im Planfall bei Realisierung der Landebahn Nordwest nicht mehr Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls Von verschiedenen Einwendern wird darauf hingewiesen, dass bei der Ticona GmbH brennbare und giftige Stoffe verwendet und gelagert würden. Bei einem Absturz auf die Anlagen der Ticona sei mit einer Freisetzung von giftigen Stoffen, mit Explosionen oder Brandereignissen zu rechnen, die weit über das Betriebsgelände bis in die umliegenden Gemeinden oder auf die umliegenden Verkehrswege hinausreichen könnten. Bei einer Freisetzung von Bortrifluorid würden Todesopfer und Verletzte auch außerhalb des Werksgeländes hervorgerufen. Mit letalen Folgen wäre hier noch in über 2 km Entfernung zu rechnen. Schutz- und Fluchtmöglichkeiten bestünden dann für die Bewohner der benachbarten Gemeinden nicht. Die toxischen Auswirkungen einer Freisetzung von Formaldehyd oder Methanol würden in den vorgelegten Gutachten überhaupt nicht betrachtet. Bei der Betrachtung der Auswirkungen toxischer Stoffe müssten aber alle giftigen Gase berücksichtigt werden. Ein großes Gefährdungspotential bestehe auch darin, dass auf dem Ticona-Gelände große Mengen an gefährlichen Stoffen in oberirdischen Leitungen transportiert würden. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1559

118 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Auch auf die Folgen für die Beschäftigten auf dem Betriebsgelände der Ticona GmbH wird hingewiesen. Dort hielten sich tagsüber ca Personen und während der Nachtschicht sowie am Wochenende ca Mitarbeiter im Produktionsbereich auf. Für alle sich auf dem Betriebsgelände aufhaltenden Personen entstehe eine Gefahr aus einem absturzinduzierten Störfall. So seien ca. 300 Personen innerhalb der Produktionsanlagen durch Flammenwirkung, Wärmestrahlung und Rauchgase akut lebensbedrohend gefährdet. Allein 100 Tote seien im Bereich der Produktionsanlagen durch Hitzeeinwirkung zu erwarten. Auch Auswirkungen durch toxische Gase auf das Verwaltungsgebäude seien zu befürchten. Auf die Gutachten des RWTÜV und TÜV Pfalz werde verwiesen. Die Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls würden in den Gutachten G16.1 und G16.3 aufgrund wenig konservativer Annahmen unterschätzt. Die Planfeststellungsunterlagen stünden zudem im Widerspruch zu den Gutachten des RWTÜV und des TÜV Pfalz. Eine Beurteilung des Risikos habe daher auf den konservativen Auswirkungsbetrachtungen des RWTÜV oder des TÜV Pfalz zu erfolgen. Insbesondere seien vom TÜV Hessen in G16.3 Sekundärereignisse, die zu einer Schadensausweitung führten, nicht hinreichend berücksichtigt und die Fluchtmöglichkeiten der betroffenen Mitarbeiter überschätzt worden. Bei einem Absturzszenario aufgrund von Hitzeeinwirkungen und der Freisetzung von toxischen Stoffen könne eine geordnete Flucht nicht angenommen werden. Gegenmaßnahmen zur Einleitung von Brandbekämpfungsmaßnahmen oder zur Verhinderung der Freisetzung von gefährlichen Stoffen seien zudem aufgrund der Zerstörung der Infrastruktur durch den Absturz selbst oder der entstehenden Hitzeabstrahlung nicht ergreifbar. Die Annahme einer absturzsicheren Verbunkerung für Bortrifluorid führe zu einer deutlichen Unterschätzung des Risikos vor allem für die Beschäftigen auf dem Werksgelände, aber auch für die Bevölkerung der umliegenden Gemeinden. Insgesamt ergibt sich nach Ansicht der Einwender ein zu hohes Risiko sowohl für die Beschäftigten der Ticona als auch für die Anwohner. Im Erörterungstermin ist ergänzt worden, die Störfallkommission komme zu dem Ergebnis, dass bei einem absturzinduzierten Totalverlust der Produktionsanlagen mit über 100 Todesopfern gerechnet werden müsse. Die Umweltabteilungen meiner Behörde als für Ticona zuständige immissionsschutzrechtliche Fachbehörde weisen darauf hin, dass in G16.1 bei der Ermittlung des externen Risikos basierend auf G16.3 für das von Ticona ausgehende Risiko die Auswirkungsradien für Bortrifluorid und für den Brand von Methanol im Tanklager 84/85 eingestellt worden seien. Im Prognosenullfall und im Planfall werde von einer Verbunkerung von BF 3 ausgegangen, so dass die Auswirkungen toxischer Stoffe hier keine Berücksichtigung mehr fänden. Im Ist-Fall würde keine Verbunkerung angenommen und mit den Auswirkungen toxischer Stoffe gerechnet. Dies schränke die Vergleichbarkeit der Risikowerte ein, da sich die flugverkehrsbedingten Einflüsse durch den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main mit diesem Effekt überlagerten. Für die im Planfall maßgeblichen Auswirkungen werde ein Auswirkungsradius von 115 m angenommen, der sich durch die Wärmestrahlung bei einem Brandereignis durch Methanol im Tanklager 84/85 ergäbe. Demnach werde für die Ticona im Vergleich zu den pauschal betrachteten Anlagen, für die ein Auswirkungsradius von 500 m angesetzt werde, ein wesentlich geringerer Radius angenommen. Der TÜV Pfalz gehe in seiner Betrachtung von einem kritischen Auswirkungsradius von 210 m aus. Seite 1560 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

119 Mögliche Dominoeffekte in den Produktionsanlagen und im Tanklager 84/85, die eine deutliche Ausweitung der Sekundärschadensfläche zur Folge hätten, seien mit Verweis auf eine allmähliche Schadensausbreitung nicht berücksichtigt worden. Die Annahme eines Sekundärschadensgebiets mit einem Radius von 115 m erscheine nicht konservativ, da sowohl der RWTÜV als auch der TÜV Pfalz erheblich größere Auswirkungsradien für Brände beschrieben hätten. Zum Gutachten G16.3 vertreten meine Umweltabteilungen die Auffassung, die Berechnungen des TÜV Hessen basierten auf wenig konservativen Annahmen insbesondere bei der Auswahl der Szenarien, der Schadensausweitung und der Bestimmung der Anzahl der betroffenen Personen. Auch werde die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Störfalls insbesondere bei der Ticona deutlich unterschätzt, da ein zu kleines Absturzareal als Voraussetzung für den Eintritt eines Störfalls angenommen worden sei. Die aus RWTÜV 2003 übernommene Auswahl der relevanten Anlagenteile sei nicht als Grundlage für eine probabilistische Berechnung der Störfallrisiken geeignet. Im RWTÜV-Gutachten diene die getroffene Auswahl dazu abzuschätzen, ob bei einer Zerstörung der jeweiligen Anlagenteile mit dem größten Schadenspotential noch Gegenmaßnahmen und eine Brandbekämpfung möglich wären. Im Gegensatz hierzu sei Ziel der Untersuchungen des TÜV Hessen die Berechnung des bei einem flugbetrieblichen Ereignis bei Ticona hervorgerufenen Gesamtsrisikos. Für eine konservative Ermittlung der Todesopfer müssten aber Szenarien angenommen werden, bei denen ein wesentlich größerer Bereich der Anlage zerstört würde als vom TÜV Hessen in G16.3 angenommen. Dies gelte insbesondere für die Brandszenarien, da weitere Brandereignisse mit vergleichbaren oder größeren Auswirkungsradien nicht auszuschließen seien. Durch die Eingrenzung auf den Methanol-Brand unterschätze der TÜV Hessen die Sekundärschadensfläche bereits unabhängig von seinen Überlegungen zu Dominoeffekten. Das Gutachten sei in dieser Hinsicht nicht konservativ. Auch der RWTÜV gehe davon aus, dass durch eine permanente Schadensausweitung mit dem Totalverlust der gesamten Anlage zu rechnen sei. Die vom TÜV Hessen angenommene Schutzwirkung der Gebäude sei nicht gegeben, da eine effektive Brandbekämpfung nahezu unmöglich sei und mit einer mehr oder weniger schnellen Schadensausweitung gerechnet werden müsse. Auch müsse man davon ausgehen, dass Personen in einem Gebäude blieben und abwarteten. Die Überlegungen zu Fluchtmöglichkeiten und der Schutzwirkung von Gebäuden in G16.3 seien rein spekulativ, so dass konservativ in Bereichen mit kritischer Wärmestrahlung vom Tod der Betroffenen auszugehen sei. Schließlich sei die Annahme, dass sich Dominoeffekte auf dem Werksgelände der Ticona nur allmählich entwickelten, nicht nachvollziehbar. Durch die Zerstörung der Auffangräume von Tanklagern und Produktionsanlagen sei vielmehr von einer direkten Brandeinwirkung auf benachbarte Anlagenteile auszugehen. Auch durch das Primärereignis selbst könnten verschiedene Anlagenteile derart beschädigt sein, dass sich ein Brand sehr schnell über eine große Fläche ausbreite. Die Annahme einer allmählichen Schadensausbreitung sei nicht konservativ. Im Rahmen der Stellungnahme haben die Umweltabteilungen meiner Behörde auf der Grundlage des Gutachtens des TÜV Pfalz zum Ist-Fall (TÜV Pfalz 2006) eigene Auswirkungsbetrachtungen für die Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls bei Ticona durchgeführt. Das Ist-Fall-Gutachten sei herangezogen worden, da im Laufe der Erstellung dieses Gutachtens neue Erkenntnisse zur baulichen Ausführung von Gebäuden, zur Menge austretender Stoffe aus Rohrleitungen und zum Brandverhalten des Kunststoffes Fortron gewonnen worden seien, die keinen entsprechenden Eingang in das Gutachten Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1561

120 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main zum Planfall (TÜV Pfalz 2003/1) gefunden hätten. Die aus einem absturzinduzierten Ereignis resultierenden Auswirkungsradien für die Freisetzung toxischer Stoffe, für Explosionen und für Brandereignisse seien in beiden Fällen identisch. Es ergäben sich lediglich aufgrund der kinetischen Energie des abstürzenden Flugzeuges andere Einwirkungsbereiche und bedingt durch eine andere Luftverkehrssituation andere Störfalleintrittswahrscheinlichkeiten. Sowohl der TÜV Pfalz als auch der RWTÜV gingen in ihren Gutachten zu Ticona davon aus, dass sich bei der Freisetzung hochentzündlicher Gase und der Freisetzung von leichtentzündlichen oder entzündlichen Flüssigkeiten durch Brand, Explosion oder Trümmerflug eine Schadenspropagation im Bereich der Produktionsanlagen der Ticona ergeben könne. Durch die Bauweise der Anlagen 33 und die geringen Abstände der Anlagenteile untereinander mit relevantem Stoffinhalt müsse im Brandfall mit einem Übergreifen eines Feuers auf benachbarte Anlagenbereiche gerechnet werden. Da in einem solchen Fall die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Löscheinrichtungen nicht mehr gewährleistet sei und Brandbekämpfungsmaßnahmen durch die Werkfeuerwehr oder eine herbeigerufene Feuerwehr nicht mehr sichergestellt werden könnten, resultiere ein Brandereignis, das auf die gesamten Produktionsanlagen und den Tanklagerbereich 84 bzw. 85 übergreifen könne. Im ungünstigsten Fall erfolge eine Aktivierung des gesamten in diesem Bereich befindlichen Störfallpotentials an entzündlichen und leichtentzündlichen Stoffen. Ein Totalverlust der Produktionsanlagen im südwestlichen Betriebsgelände könne als Folge eines Flugzeugabsturzes im Einwirkungsbereich auf die Produktionsanlagen nicht ausgeschlossen werden. Im Folgenden beurteilen meine Umweltabteilungen die jeweiligen Schadensereignisse. Die Freisetzung toxischer Stoffe wird anhand von ERPG-Werten beurteilt. In dem Bereich, in dem der ERPG-3-Wert überschritten werde, ist mit dem Tod von Menschen, die sich dort aufhalten, zu rechnen. In dem Bereich zwischen ERPG-3-Wert und ERPG-2-Wert ist von einer irreversiblen Schädigung der exponierten Personen auszugehen. Zur Beurteilung der Auswirkungen toxischer Stoffe nach der Störfall-Verordnung werde der ERPG-2-Wert herangezogen. Dabei sei zu beachten, dass sich die ERPG-Werte immer auf eine einstündige Einwirkungsdauer beziehen. Für die Ermittlungen meiner Umweltabteilungen werden die vom TÜV Pfalz berechneten und als konservativ angesehenen Auswirkungsradien für toxische Stoffe, Explosionen und Brandereignissen zugrunde gelegt. Die Relevanz der jeweiligen Szenarien wird beurteilt und die Anzahl der Todesopfer für die ungünstigsten Szenarien abgeschätzt. Die vom Primärereignis Flugzeugabsturz direkt geforderten Todesopfer werden unter Berücksichtigung einer Mortalitätsrate von 60 % 34 im Primärschadensgebiet abgeschätzt und von der Gesamtzahl der Todesopfer abgezogen, damit nur die Folgen eines absturzinduzierten Störfalls verblieben. Die Abschätzungen werden anhand einer von Ticona übermittelten Realverteilung der Beschäftigten in den jeweiligen Gebäuden und Einrichtungen der Produktionsanlagen für den Tagbetrieb, den Nacht- und den Wochenendbetrieb sowie für verschiedene Absturzszenarien durchgeführt. Eine Gefahr durch toxische Stoffe könne vor allem durch die Freisetzung von Bortrifluorid im Bereich der Polymerisationsanlage und durch Formaldehyd im Bereich der Formox- und der Trioxan-Anlage ausgehen. Auch könne eine Freisetzung von SO 2 beim Brand des Kunststoffes Fortron entstehen. Für die Freisetzung von Bortrifluorid vertreten meine Umweltabteilungen die Ansicht, dass sich nach Durchführung der Verbunkerungsmaßnahmen für Bortrifluorid das Freisetzungsszenario auf den Austritt auf maximal ca. 300 g Bortrifluorid durch einen Rohrlei- 33 weitgehend Freianlagen 34 analog G16.1 und G16.3 Seite 1562 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

121 tungsabriss beschränke. Der ERPG-2-Wert werde in einer Entfernung von ca. 55 m, der ERPG-3-Wert in einer Entfernung von 35 m vom Freisetzungsort unterschritten. Unabhängig vom Ort des Rohrleitungsabrisses im Verlauf der Rohrleitungstrecke blieben die Auswirkungen auf den Bereich um die Rohrleitungen innerhalb der Produktionsanlage beschränkt. Weitaus schwerwiegendere Auswirkungen würden durch den Brand der kompletten Menge an brennbaren Stoffen in den Produktionsanlagen hervorgerufen. Im Tanklager 84 würden ca kg wässrige Formaldehydlösung gelagert. Bei Zerstörung des Tanks käme es zur Ausbreitung einer Lache und Abdampfen von Formaldehyd. Der ERPG-2-Wert wäre bei diesem Szenario in einer Entfernung von ca. 112 m, der ERPG-3-Wert ab einer Entfernung von ca. 60 m unterschritten. Bei einer Freisetzung wäre der nördliche Bereich der Produktionsanlagen betroffen. Im benachbarten Tanklager 84 und 85 sei die größte Menge an brennbaren Stoffen lokalisiert, ein Brand in diesen Lagern hätte schwerwiegendere Auswirkungen als die Freisetzung von Formaldehyd. Für die Freisetzung von Schwefeldioxid bei einem Brand der Lagerhalle P205 mit dem schwefelhaltigen Kunststoff Fortron blieben auch bei einem direkten Treffer durch die geringe Freisetzungsrate von SO 2 die Auswirkungen auf das Gebäude selbst beschränkt. Die Freisetzung von brandbedingten Rauchgasen wie CO und NO x werde aufgrund der starken thermischen Überhöhung nicht betrachtet. Zusammenfassend wird festgestellt, die Gefahr von irreversiblen Gesundheitsschäden durch Freisetzung toxischer Stoffe bleibe auf den Produktionsbereich begrenzt. Im Bereich des Verwaltungsgebäudes R300 und außerhalb des Betriebsgeländes würden ERPG-2-Werte nicht überschritten. Bei Explosionsereignissen würden zur Beurteilung schädigender Wirkungen von Explosionsüberdrücken Werte von 200 mbar für bauliche Einrichtungen und 300 mbar für Personen als kritisch eingeschätzt. Zündfähige Gemische könnten in allen Anlagenteilen entstehen, in denen sich Lösungsmittel befinden. Die Radien, in denen ein kritischer Explosionsüberdruck auftrete, seien aufgrund des geringen Verdämmungsgrades relativ klein. Explosionsereignisse durch zündfähige Lösungsmittelgemische führten also verglichen mit entsprechenden Brandereignissen zu geringeren Auswirkungen. Die Betrachtung der Brandereignisse für die jeweiligen Anlagenteile sei daher abdeckend. Explosionsereignisse könnten jedoch zur Schadenspropagation beitragen, da durch die Bauweise der Anlagen benachbarte Behälter, Reaktoren oder Rohrleitungen durch Explosionsüberdruck geschädigt würden. Für die Auswirkungen von Wärmestrahlung auf Personen stellen meine Umweltabteilungen fest, dass bei einer Wärmestrahlung > 10 kw/m 2 mit dem Tod der Betroffenen nach ca. 40 Sekunden zu rechnen sei. Mit schwerwiegenden Verletzungen sei bereits nach wenigen Sekunden zu rechnen, wodurch Fluchtmöglichkeiten stark eingeschränkt würden. Als kritische Wärmestrahlung zur Berücksichtigung von Verletzten werde eine Wärmestrahlung von 5 kw/m 2 herangezogen, da hier abhängig von der Expositionszeit der Person Verbrennungen unterschiedlichen Ausmaßes aufträten. Von Fluchtmöglichkeiten sei hier noch auszugehen. Als kritische Wärmestrahlung für bauliche Einrichtungen werde eine Bestrahlungsstärke von 8 kw/m 2 unter Bezugnahme auf die Veröffentlichungen des Umweltbundesamts herangezogen. Ab diesem Wert sei eine Feuerübertragung auf benachbarte Bauwerke wahrscheinlich. Die Umweltabteilungen meiner Behörde sehen im Brand von Methanol aus dem Methanol-Lagertank B730.0, dem Brand von Triethylamin aus dem Lagertank B761.0, dem Brand von Methanol-Gemischen in der Formaldehyd-Anlage II und dem Brand von Methanol-Triethylamin-Gemischen in den Produktionsanlagen die abdeckenden Szenarien für Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1563

122 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main die Auswirkungen absturzinduzierter Brandereignisse. Hierbei träten für Personen kritische Wärmestrahlungen innerhalb von Auswirkungsradien von 140 bis 210 m auf. Brände von aus Rohrleitungen austretenden Stoffen (Methanol, Erdgas) wiesen deutlich geringere Auswirkungsradien auf, könnten jedoch zur Schadensausweitung beitragen. Nach Ermittlungen meiner Umweltabteilungen befinden sich im Bereich der Produktionsanlagen für den Zeitraum der maximalen Schichtstärke 377 Personen. Im Kernbereich der Produktionsanlagen, in dem sich 254 Mitarbeiter aufhielten, sei mit einem Übergreifen des Brandes auf alle dort befindlichen Gebäude und mit dem Verlust dieser Einrichtungen zu rechnen. Selbst wenn man berücksichtige, dass die Entwicklung des Störfallszenarios eine gewisse Zeit benötigt, bestünden wegen Vergiftungserscheinungen aus der Freisetzung toxischer Stoffe und durch Brandgase im Bereich der Produktionsanlagen kaum Fluchtmöglichkeiten. Hinzu komme die starke mechanische Zerstörung durch Trümmerwurf und eine Hitzestrahlung außerhalb der betroffenen Gebäude, die in kürzester Zeit zu Verbrennungen und dem Brand der Kleidung führe. Von zumindest eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten sei bei nur teilweise von einer kritischen Wärmestrahlung für bauliche Einrichtungen betroffenen Verwaltungsgebäuden und Sozialgebäuden im Umfeld der Produktionsanlagen auszugehen. Hier bestünden abhängig vom sich entwickelnden Brandszenario, von der rechtzeitigen Alarmierung und dem Zustand der Fluchtwege gute bis eingeschränkte Fluchtmöglichkeiten für die 123 hier beschäftigten Mitarbeiter. Im ungünstigsten Fall sei bei einem Treffer mit Einwirkung auf die Produktionsanlagen oder den Tankbereich 84/85 tagsüber von ca. 315 Todesopfern auszugehen. Mitarbeiter im Kernbereich der Produktionsanlage, die nicht den Tod erleiden, würden zumindest schwer verletzt. Bei einem Treffer nachts oder am Wochenende sei mit maximal ca. 76 Toten zu rechnen. Weiterhin sei zwischen dem durch das abstürzende Flugzeug verursachten primären Unfallfolgengebiet und dem sekundären Unfallfolgengebiet zu unterscheiden. So könne z. B. beim Absturz eines Flugzeuges des Typs Airbus A von einer Primärschadensfläche mit einem Radius von ca. 110 m ausgegangen werden. Im Vergleich zur Primärschadensfläche läge die Sekundärschadensfläche des relevantesten Einzelereignisses (Brand Triethylamin-Tank) um den Faktor 3,5 höher. Hinzu käme eine Ausweitung der Sekundärschadensfläche durch Störfallpropagation. Zur Ermittlung der Opfer eines absturzbedingten Störfalls müsse die Anzahl der Opfer durch die direkten Auswirkungen des Flugzeugabsturzes im Primärschadensgebiet von der Gesamtzahl der Todesopfer abgezogen werden. Bei Annahme einer Mortalität von 60 % 35 könnten je nach Ort des Treffers im Einwirkungsbereich der Produktionsanlagen aus einem Primärereignis tagsüber bei maximaler Schichtstärke 4 bis 108 Todesopfer, nachts oder an Wochenenden mit stark reduzierter Schichtstärke 0 bis 46 Todesopfer aus dem Primärereignis resultieren. Im ungünstigsten Fall könnten daher bei einem absturzbedingten Störfall bei maximaler Schichtstärke tagsüber ca. 208 bis 250 Todesopfer und nachts oder an Wochenenden ca. 30 bis 76 Todesopfer auf dem Ticona-Gelände hervorgerufen werden. Meine Umweltabteilungen führen weiter aus, dass sowohl bei Explosionen als auch bei der Wärmestrahlung durch Brände die relevanten Auswirkungsradien auf die Produktionsanlagen und deren Umfeld beschränkt blieben. Mit gravierenden Auswirkungen über den Bereich der Produktionsanlagen der Ticona hinaus auf das Verwaltungsgebäu- 35 entsprechend G16.1 bzw. G16.3 Seite 1564 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

123 de R300 mit etwa 300 Arbeitsplätzen sowie auf die Umgebung des Werksgeländes mit wichtigen Verkehrswegen sei nicht zu rechnen. Die Fraport AG verweist auf die zum absturzbedingten Risiko im Gutachten G16.3 durchgeführte Einzelbetrachtung zur Ticona GmbH und die Betrachtung des externen Risikos in G16.1. Der Einwand, ein Absturz würde zum Totalverlust der Produktionsanlagen der Ticona führen, wird zurückgewiesen. Die Gutachten der GfL zur Bestimmung des Externen Risikos (G16.1) und des TÜV Hessen zur Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf störfallrelevante Betriebsbereiche (G16.3) basierten auf naturwissenschaftlich abgeleiteten Modellen und stützten sich auf konservative Annahmen. In G16.3 würden die verschiedenen Schadensszenarien detailliert dargestellt. Auf Grundlage von G16.3 würden in G16.1 die relevanten Störfallszenarien in die Ermittlung des externen Risikos eingestellt. Auch Sekundärereignisse, Dominoeffekte und meteorologische Bedingungen seien berücksichtigt worden. Der Vorwurf, es würde eine nicht konservative Betrachtung der absturzbedingten Risiken in G16.3 oder G16.1 durchgeführt oder gar das Risiko systematisch heruntergerechnet, sei weder begründet noch nachvollziehbar. Für die Auswirkungen toxischer Gase sei die Freisetzung von Bortrifluorid abdeckend, da es sich hier um ein sehr giftiges Gas handele und Formaldehyd oder Methanol bei einem flugbetrieblichen Primärereignis zum großen Teil mit verbrannt würden und daher nur wenig toxische Auswirkungen nach sich ziehen könnten. Zudem stelle die Formaldehyd-Anlage mit Ausnahme des Methanol-Lagertanks keine Anlage im Sinne der Störfall-Verordnung dar. Das Formaldehyd, das in der Trioxan-Anlage gelagert werde, unterliege der Störfall-Verordnung; dessen Freisetzung sei zwar nicht als störfallrelevantes Sekundärereignis, aber als Dominoeffekt untersucht worden. Es sei von einer funktionierenden Alarm- und Gefahrenabwehrorganisation auszugehen. Ein Großteil der Personen finde daher Zeit zur Flucht und Schutzsuche. Beim Anlagenpersonal handele es sich zudem in der Regel um gesunde, mit den Gefahren einer Chemieanlage vertraute und in Verhaltensweisen für derartige Situationen geschulte und unterwiesene Personen. Fluchtwege müssten gemäß Arbeitsstättenverordnung in geeigneter Form vorhanden sein. Gefährdungen für die Wohnbevölkerung seien auch für den unwahrscheinlichen Fall eines Absturzes eines Flugzeuges auf dem Gelände der Ticona und einen daraus resultierenden Störfall lediglich bei einer spontanen Freisetzung der kompletten BF 3-Menge und einer ungünstigen Ausbreitungssituation denkbar. Das BF 3 sei jedoch inzwischen verbunkert, daher bestehe eine Gefährdung der Wohnbevölkerung nicht mehr. Eine Berücksichtigung der Verbunkerung in G16.3 bzw. zur Ermittlung des externen Risikos in G16.1 sei daher plausibel. Für die Rohrleitungen auf dem Werksgelände der Ticona gälten die vom TÜV Hessen in G16.3 durchgeführten qualitativen Betrachtungen, nach denen potentielle Sekundärfolgen durch Rohrfernleitungen mit gefährlichen Stoffen von den Schadensfolgen des flugbetrieblichen Primärereignisses abgedeckt sind. Zusammenfassend weist die Fraport AG die Kritik an den im Rahmen des Planfeststellungsantrags vorgelegten Gutachten zurück und stellt fest, dass - wie in G16.3 ausgeführt - sowohl nach den schweizerischen als auch nach den niederländischen Akzeptanz- bzw. Orientierungskriterien für das Gruppenrisiko durch Störfallanlagen der Betrieb der bestehenden Ticona-Anlagen (auch nach der im Planungsfall unterstellten Erweiterung der Anlagen) und der Flughafenbetrieb mit und ohne Landebahn Nordwest verein- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1565

124 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main bar seien. Gemäß Gutachten G16.4 bleibe das Risikoniveau mit dem Ausbau des Flughafens Frankfurt Main auf einem akzeptabel niedrigen Niveau. Zu den Betrachtungen der Umweltabteilungen meiner Behörde führt die Fraport AG vertiefend aus, dass der in G16.3 angenommene Radius von 115 m keinen Gefährdungsradius darstelle, außerhalb dessen eine Gefährdung ausgeschlossen werden könne. Dieser Radius bilde die 1-%-Letalitätsgrenze bei Anwendung des Probit-Modells ab. Dabei werde insbesondere berücksichtigt, dass das Anlagenpersonal zur Flucht und zur Schutzsuche fähig sei. Im Gutachten RWTÜV 2003 würden hingegen Gefährdungsradien ausgewiesen, außerhalb derer die Wärmestrahlung so gering sei, dass nicht mehr mit einer Gefährdung (von leichten Verbrennungen über schwere Verbrennungen bis hin zur Todesfolge) zu rechnen sei. Der Unterschied in den Radien sei also nicht auf mangelnden Konservatismus zurückzuführen, sondern ergebe sich aus der Zielsetzung der Gutachten und der zugrunde gelegten Risikodefinition. Auch wenn das RWTÜV-Gutachten eine andere Zielrichtung als das Gutachten G16.3 haben möge, seien die darin entwickelten Szenarien für das Gefahrenpotential der Ticona-Anlagen repräsentativ. Im RWTÜV-Gutachten würden mögliche Auswirkungen von Sekundärereignissen betrachtet, in G16.3 werde das Risiko auf Basis des Risikoparameters Todesopfer quantifiziert. Die Fraport AG weist darauf hin, dass das Gutachten des TÜV Pfalz nicht offen gelegt sei, weshalb sie eine systematische Diskussion der unterschiedlichen Ergebnisse nicht durchführen könne. Die von meinen Umweltabteilungen vertretene Auffassung, dass bei einer konservativen Betrachtung von einer schnellen Schadensausbreitung durch Dominoeffekte mit stark eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten auszugehen sei, weist die Fraport AG als unbegründet zurück. Im Anhang IV zu G16.3 würden Dominoeffekte für die störfallrelevanten Ticona-Anlagen systematisch untersucht und auch begründet, warum die Schadenspropagation allmählich geschehe. Die Fraport AG hebt hervor, dass der mögliche Verlust des störfallrelevanten Ticona-Anlagenkomplexes weder in G16.1 noch in G16.3 ausgeschlossen werde. Dies sei aber nicht gleichbedeutend mit dem Tod aller Menschen, die sich zurzeit des Primärereignisses im Produktionskomplex aufhielten. Aufgrund der Analysen im Anhang IV zu G16.3 sei davon auszugehen, dass die Dominowirkung allmählich erfolge und dem Großteil des Anlagenpersonals in den Anlagen, die nicht vom flugbetrieblichen Primärereignis oder störfallrelevanten Sekundärereignissen innerhalb des Unfallfolgengebiets betroffen seien, ausreichend Zeit zur Flucht und Schutzsuche zur Verfügung stehe. Störfallrelevante Tertiär- und weitere Folgeereignisse hätten deshalb keinen Einfluss auf das Todesfallrisiko. Wiederholt betont die Fraport AG die Konservativität ihrer Annahmen und Berechnungen in G16.3. Alle Annahmen im Rahmen der Ermittlung der Schäden durch störfallrelevante Sekundärereignisse in G16.3 beruhten auf etablierten und nachvollziehbaren Quellen. In Zweifelsfällen seien sie immer zur sicheren Seite, d. h. konservativ, getroffen worden. So sei gerade im Zusammenhang mit den Schutz- und Fluchtmöglichkeiten ein erhöhter Anteil von Personen im Freien aufgrund von Brandereignissen und eine verlangsamte Fluchtgeschwindigkeit und erhöhte Reaktionszeit des Anlagenpersonals bei einer BF 3-Einwirkung angenommen worden. Der Tatsache, dass vom Primärereignis betroffene Personen nur eingeschränkt oder gar nicht fluchtfähig seien, werde in G16.3 durch die Annahme einer Fluchtfähigkeit von 50 % Seite 1566 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

125 Rechnung getragen. Für den Fall der BF 3-Freisetzung werde in Ausbreitungsrichtung sogar eine 100 %ige Mortalität der Personen im Unfallfolgengebiet angenommen. Auch müsse zwischen unmittelbaren Sekundärereignissen und Tertiär- bzw. weiteren Folgeereignissen unterschieden werden. Gerade weil damit zu rechnen sei, dass Personen nicht in einem der Gebäude blieben und abwarteten, bis der Brand heranrückt, bestehe für das Anlagenpersonal die Möglichkeit, sich vor den Folgen von störfallrelevanten Tertiär- und weiteren Folgeereignissen in Sicherheit zu bringen. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass es im richtigen Verhalten im Gefahrenfall und in den anlagentypischen Gefahren unterwiesen sei. Zu den von meinen Umweltabteilungen durchgeführten Auswirkungsbetrachtungen entgegnet die Fraport AG, dass in der einschlägigen Literatur auch höhere Grenzwerte für die Brandübertragung auf bauliche Einrichtungen als 8 kw/m 2 angegeben würden. Beispielsweise gebe der HSE-Bericht (HSE-crr-183) für bauliche Einrichtungen einen Grenzwert von 12,5 kw/m 2 für die Beurteilung einer Dominowirkung an. Im niederländischen Leitfaden Purple Book (CPR E18) würde sogar ein Grenzwert von 35 kw/m 2 für die Brandübertragung auf Gebäude bei einer Bestrahlungsdauer von 20 s angesetzt. Es stehe außer Frage, dass im Unfallfolgengebiet eine beträchtliche Schadenswirkung zu erwarten sei. Diesem Umstand trage die in G16.3 angenommene hohe Mortalität Rechnung. Insbesondere bei einer BF 3-Freisetzung würden in G16.3 dem Anlagenpersonal in Ausbreitungsrichtung keine Überlebenschancen im Unfallfolgengebiet eingeräumt. Hingegen bestünden in Bereichen, die nicht direkt vom flugbetrieblichen Primärereignis oder störfallrelevanten Sekundärereignissen betroffen seien, durchaus Flucht- und Schutzmöglichkeiten für das Anlagenpersonal. Dies sei zum einen begründet durch die Ausführung der Anlagen und Gebäude nach der HBO, die zwei unabhängige Fluchtwege vorschreibe. Zum anderen befinde sich der Großteil der Mitarbeiter in den Kopfbauten, die brandschutztechnisch von den Anlagenteilen mit gefährlichen Stoffen abgekoppelt seien. Nach dem niederländischen Purple Book bestehe für Menschen bei einem Brand erst dann keine Fluchtchance mehr, wenn die Wärmestrahlung einen Wert von 35 kw/m 2 ü- berschreite. Bei Werten kleiner 35 kw/m 2 nehme die Sterbewahrscheinlichkeit im Freien unter Berücksichtigung der Flucht gemäß einem Probit-Ansatz ab, wobei sie maximal 14 % betrage. In Gebäuden außerhalb der 35-kW/m 2 -Zone würde eine Sterbewahrscheinlichkeit von 0 % angenommen. Schließlich weist die Fraport AG noch darauf hin, dass Sach- und Folgeschäden nicht Gegenstand der Gutachten G16.1 und G16.3 seien; relevant in diesen Gutachten sei das Risiko mit dem Schadensparameter Personenschäden mit Todesfolge. Herr Name031 (TÜV Hessen) hat für die Fraport AG im Erörterungstermin bestätigt, dass man, sofern nicht das Methanol-Tanklager und die Bortrifluorid-Kugeln getroffen würden, keine sekundären Schadensflächen außerhalb des Primärfolgengebiets hinsichtlich Schäden an Menschen angenommen habe. Zu den möglichen Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls hat die Fraport AG im Erörterungstermin auf ihr Gutachten G16.3 verwiesen und nochmals hervorgehoben, dass im Störfall keine Wirkungen außerhalb des Werksbereichs aufträten. Insofern wäre auch Eddersheim im Schadensfall nicht betroffen. Bei der Beurteilung der Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls bei der Ticona GmbH bestehen erhebliche Differenzen, die auch im Verlauf der Erörterung nicht ausgeräumt werden konnten. Während unstrittig ist, dass bei einem Flugzeugabsturz mit Ein- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1567

126 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main wirkung auf Anlagenteile bei Ticona mit gefährlichem Stoffinhalt ein Störfall ausgelöst werden kann, der bis zum Totalverlust des Produktionsbereichs führen kann, wird die Anzahl der bei einem absturzinduzierten Ereignis zu erwartenden Todesopfer auf dem Ticona-Gelände unterschiedlich bewertet. Zur Ermittlung der mit einem Absturzereignis auf Ticona verbundenen Szenarien liegen vier Gutachten vor. Von der Fraport AG ist als Teil der Planfeststellungsunterlagen das Gutachten G16.3 des TÜV Hessen vorgelegt worden. Basierend auf diesem Gutachten ist das mit der Ticona verbundene externe Risiko in die Risikobetrachtung in G16.1 eingestellt worden. Im Auftrag des HMWVL hat der RWTÜV zur Vorbereitung der Änderung des LEP Hessen ein Gutachten zur Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv durch die bauliche Erweiterung des Flughafens Frankfurt (RWTÜV 2003) vorgelegt. Hierzu hat das HMWVL ein Gutachten zur qualitätssichernden Bewertung des RWTÜV-Gutachtens beim TÜV Pfalz in Auftrag gegeben (TÜV Pfalz 2003/1 bzw. TÜV Pfalz 2003/2). Schließlich liegt ein von meiner Behörde als Grundlage für die Tätigkeit als zuständige Immissionsschutzbehörde beauftragtes Gutachten des TÜV Pfalz über die Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen im Ist-Fall sowie ausgewählte Szenarien vor (TÜV Pfalz 2006). Das RWTÜV-Gutachten beschäftigt sich mit der Absturzproblematik und normalflugbetrieblichen Auswirkungen im Planfall. Das qualitätssichernde Gutachten des TÜV Pfalz bewertet die im RWTÜV-Gutachten getroffenen Aussagen, enthält aber auch eigene Auswirkungsbetrachtungen zu den absturzbedingten Szenarien im Planfall sowie zu den normalflugbetrieblichen Auswirkungen im Planfall. Das Gutachten des TÜV Pfalz zum Ist-Fall bewertet die aktuelle Situation auf Basis des Bezugsjahres 2000 sowie den Prognosenullfall ohne Ausbau des Flughafens Frankfurt Main. Zwischen dem Gutachten G16.3 und den Gutachten des TÜV Pfalz zu den flugbetrieblichen Auswirkungen auf Ticona bestehen in der Abschätzung der Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls große Diskrepanzen. Aus diesen Unterschieden begründet sich die von den Umweltabteilungen meiner Behörde wesentlich höher angenommene Anzahl an Todesopfern. Auch in der Methode zur Berechnung der Eintrittswahrscheinlichkeit unterscheiden sich die Gutachten grundlegend. Zunächst ist die Einstufung der Anlagenteile nach ihrer Relevanz bezüglich der Störfall-Verordnung in G16.3 (Tabelle 3-2, S. 54) nicht nachvollziehbar. Die gesamte Anlage zur Herstellung von Hostaform mit den Teilanlagen Formaldehyd-Anlage (I und II), Trioxan-Anlage, Polymerisation und Granulierung stellt einen Betriebsbereich dar, der insgesamt den erweiterten Pflichten der Störfall-Verordnung unterliegt. Der Betriebsbereich umfasst - anders als in G16.3 (Tabelle 3-2) dargestellt - alle Einrichtungen inklusive der Lagerbereiche der o. g. Teilbereiche und der Apparate zur Aufbereitung der Zwischenprodukte, Produkte, Nebenprodukte und Abwässer innerhalb der Anlage. Es erfolgt auch keine einzelne Einstufung der Anlagenteile in Grundpflichten oder erweiterte Pflichten. Die Darstellung in G16.3 (S. 55), die dritte Bortrifluorid-Kugel sei im bestimmungsgemäßen Betrieb leer und diene nur dazu, im Revisionsfall das BF 3 einer anderen Kugel aufzunehmen, ist falsch. Vielmehr kommen drei Kugeln mit je ca. 500 kg bei einer Begrenzung der Gesamtmenge auf kg zum Einsatz. Während die Umweltabteilungen meiner Behörde bei der Schadensermittlung von einem den gesamten Produktionsbereich und dessen Umfeld umfassenden Ereignis ausgehen, fokussiert der TÜV Hessen seine Schadensbetrachtung auf einzelne Sekundärereignisse. Die Auswahl der möglichen Sekundärereignisse in G16.3 gründet sich auf das Gutachten Seite 1568 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

127 RWTÜV Die Zielrichtung des RWTÜV war jedoch die Ermittlung möglicher auswirkungsbegrenzender Maßnahmen. Der RWTÜV ist daher in seinem Gutachten vom unteren Ende der Skala der möglichen Schadensszenarien ausgegangen. Die primäre Schadensfläche für einen Absturz wurde dabei auf die Ausmaße des Flugzeuges festgesetzt. Für einen Airbus A ergibt sich somit ein minimales Unfallfolgengebiet von ca m 2 (64 m x 75 m). Effekte wie beispielsweise ein Rutschen des Flugzeuges und Trümmerwurf sind nicht berücksichtigt worden. Für die Zielrichtung des RWTÜV ist diese Annahme plausibel, da sich durch die geringe Primärschadensfläche Einzelereignisse ableiten lassen und die Durchführbarkeit von Maßnahmen untersucht werden kann. Die Annahmen sind jedoch nicht auf die Ermittlung des sich aus einem Absturz mit Einwirkung auf die Störfallanlagen bei Ticona ergebenden Gesamtrisikos und des daraus resultierenden Schadens übertragbar. In den vorliegenden Gutachten des TÜV Pfalz werden für den Absturz eines Airbus A Primärschadenflächen von ca m 2 bis ca m 2 beschrieben. Es ist daher davon auszugehen, dass nicht nur ein einzelner Tank, sondern der gesamte Tankbereich oder noch größere Bereiche der Anlage von einem Primärereignis direkt betroffen sind. Der TÜV Hessen setzt in G16.3 für das Primärschadensgebiet einen mittleren Unfallfolgeradius von 86 m (entsprechend ca m 2 ) an. Für seine Ermittlung der Sekundärschadensereignisse berücksichtigt er nur einen direkten Treffer der Rasterzelle, in der sich das zu betrachtende Anlagenteil befindet. Innerhalb der Rasterzelle von 200 m x 200 m ( m 2 ) unterteilt er nochmals nach direkten Treffern (50 %) und Trümmerflug (50 %), für die er jeweils unterschiedliche Sekundärereignisse annimmt. Schadensrelevante Dominoeffekte berücksichtigt der TÜV Hessen nur zwischen einem Lachenbrand von Methanol im Tanklager 84/85 und einer Freisetzung von Bortrifluorid. Der Fokus des TÜV Hessen liegt auf der Betrachtung von Einzelereignissen bei den hinsichtlich des Hold-Up gefährlicher Stoffe relevantesten Anlagenteilen. Systematische Untersuchungen weiterer möglicher Einzelszenarien, die vor allem im Planfall nach Verbunkerung von BF 3 das Schadensausmaß mitbestimmen könnten, werden nicht durchgeführt. So muss beispielsweise auch bei einer absturzinduzierten Aktivierung des Schadenspotentiales in den Produktionsanlagen selbst - obwohl vom Hold-Up her weniger relevant als das Tanklager 84/85 - wegen der höheren Anzahl der dort befindlichen Mitarbeiter mit einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl von Todesopfern gerechnet werden. Dies gilt insbesondere, da bei Lachenbränden der tatsächliche Inhalt an brennbaren Stoffen nur bedingt für die Lachengröße relevant ist. Vom TÜV Pfalz werden für einen Brand in den Produktionsanlagen (Trioxan-Anlage, Polymerisationsanlage) Auswirkungsradien für eine für Personen kritische Wärmestrahlung ausgewiesen, die denen eines Brandes im Methanol-Tanklager entsprechen. Entscheidend ist hierfür nicht der Hold-Up, sondern die Lachengröße. Anders als bei einem Brand im Tanklager befinden sich bei einem Brand in den Produktionsanlagen die Kopfbauten der Produktionskomplexe und die Werkstätten, in denen sich die meisten Personen im Produktionsbereich aufhalten, direkt am Rand der Lache und somit im Bereich der größten im Zusammenhang mit diesem Ereignis auftretenden Bestrahlungsstärke oder gar im Bereich einer direkten Unterfeuerung. Im Gegensatz zum TÜV Hessen beschreibt der TÜV Pfalz detailliert die Auswirkungen für alle relevanten Freisetzungsszenarien toxischer Stoffe sowie für alle relevanten Brandereignisse auf dem Werksgelände der Ticona. Vor allem unter der Prämisse, dass Dominoeffekte weitestgehend keine Rolle für personenrelevante Schadensszenarien spielen, ist eine genaue Analyse der jeweiligen Einzelszenarien und der damit verbundenen Opferzahlen erforderlich. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1569

128 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Auch ist die inhomogene Verteilung der Mitarbeiter auf dem Gelände der Ticona gerade bei einer Einzelfallbetrachtung zu berücksichtigen. In den Freianlagen des Produktionsbereichs halten sich nur wenige Mitarbeiter zu Kontroll-, Reparatur- oder Wartungsarbeiten auf. Die Arbeitsplätze befinden sich vor allem in den Kopfbauten der Trioxan-Anlage, in der Granulierung sowie in den Werkstätten. Eine belastbare Abschätzung des Gruppenrisikos kann nur auf Basis der realen Verteilung der Dauerarbeitsplätze durchgeführt werden. Die Annahme einer Gleichverteilung im Produktionsbereich insbesondere bei der Betrachtung von Einzelereignissen als risikobestimmende Szenarien kann sowohl für das Primärereignis als auch für die Sekundärereignisse nur zu pauschalen Aussagen führen. So befinden sich gerade im Bereich des Tanklagers 84/85 auch bei voller Schichtstärke nur sehr wenige Beschäftige, so dass sowohl durch das Primärereignis als auch durch das Sekundärereignis Methanol-Brand nach dem vom TÜV Hessen angenommenen kritischen Auswirkungen nur wenige Personen betroffen sind. Eine detaillierte Betrachtung unter Berücksichtigung der Realverteilung der Beschäftigten ist zur Ermittlung der Schadensszenarien unumgänglich. Grundlegende Unterschiede, die auch zur Diskrepanz zwischen der vom TÜV Hessen in G16.3 und der von den Umweltabteilungen meiner Behörde ermittelten Anzahl der Todesopfer eines absturzinduzierten Störfalls bei Ticona führen, ist die Beurteilung der Schadenspropagation (Dominoeffekte), der Flucht- und Schutzmöglichkeiten für die Beschäftigten im vom Störfall betroffenen Bereich und der Durchführbarkeit bzw. Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen wie Brandbekämpfung. Alle Gutachter gehen in den vorliegenden Gutachten von einer Schadensausweitung aus, die zu einem Totalverlust der Produktionsanlagen führen kann. Entscheidend für den Parameter Personenschaden ist die Dynamik, mit der eine Schadensausbreitung stattfindet. Der RWTÜV ist bei einem Absturz mit Einwirkung auf den Produktionsbereich der Ticona von schwerwiegenden Effekten auf die Anlagen und Gebäude durch Brand, Explosion, Wärmestrahlung und Trümmerflug ausgegangen. Für den zentralen Bereich der Lager und Produktionsanlagen hat er mit einer permanenten Schadensausweitung infolge Lachenausbreitung und Wärmestrahlung sowie schwer behinderter Brandbekämpfung gerechnet. Ein Totalverlust wird nicht ausgeschlossen. Nur in günstigen Fällen hinsichtlich Lage des Ausgangsereignisses und Trümmerflug ist eine Eingrenzung des Schadensereignisses möglich. Der RWTÜV kommt zu dem Schluss, dass im Falle eines Brandes im Produktionsbereich bzw. in den Tanklagern 84, 84N und 85 (Tanklager 84/85) Personen, die sich in den Geb. 53, 57, 58 und 59 und ggf. auch in angrenzenden Gebäuden aufhalten, durch Flammeneinwirkung, Wärmestrahlung und Rauchgase akut lebensbedrohend gefährdet sind. Der TÜV Pfalz hat in seinen Gutachten zum Ist-Fall und zum Planfall detaillierte Berechnungen zu möglichen Dominoeffekten innerhalb von Produktionsanlagen durchgeführt. Als Ergebnis dieser Betrachtungen zum Dominoeffekt weist er verschiedene Einwirkungsflächen von Absturzereignissen auf dem Ticona-Gelände und auch außerhalb des Werksgeländes aus. Hierbei differenziert er die Einwirkungsflächen mit Einwirkungen auf Anlagenteile mit gefährlichem Stoffinhalt nochmals danach, ob sie Dominoeffekte auslösen können. Diese Einwirkungsflächen werden unter Berücksichtigung der kinetischen Energie des abstürzenden Flugzeuges für verschiedene Absturzereignisse (Landung, Overrun, Durchstart) ausgewiesen. Bei einem Flugzeugabsturz im Einwirkungsbereich der Produktionsanlagen ist auch nach Ansicht des TÜV Pfalz mit einem Totalverlust der Produktionsanlagen zu rechnen. Ebenfalls wird davon ausgegangen, dass durch starke mechanische Zerstörung die Bedienbarkeit der Löscheinrichtungen nicht mehr sichergestellt ist. Seite 1570 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

129 Ausgehend von den vom RWTÜV betrachteten Einzelereignissen kommt der TÜV Hessen zu dem Schluss, dass auch Dominoeffekte innerhalb des Werksgeländes durch ausgelaufene Flüssigkeiten, Wärmestrahlung, Explosionen und Trümmerflug auftreten können. Er vertritt aber die Ansicht, dass diese Dominoeffekte nur allmählich auftreten und daher den Beschäftigten Zeit zur Schutzsuche oder zur Flucht lassen und Gegenmaßnahmen wie beispielsweise Brandbekämpfungsmaßnahmen möglich sind. Die Fraport AG hat wiederholt auf die Analyse der Dominoeffekte in Anhang IV zu G16.3 verwiesen. Die dort angeführte Bewertungsmatrix zu Dominoeffekten geht davon aus, dass auch bei einem Treffer auf die Produktionsanlagen durch das Primärereignis oder durch Sekundärereignisse die Struktur der Anlagen nicht nachhaltig geschädigt wird. So wird außer beim direkt betroffenen Anlagenteil bei allen anderen benachbarten Anlagenteilen - auch innerhalb des Sekundärschadensradius - von intakten Fluchtwegen, funktionierenden Sicherheitseinrichtungen und unbeschädigten Auffangräumen ausgegangen. Meine Umweltabteilungen gehen von einer starken strukturellen Schädigung der Anlagen durch das Primärereignis und durch die Sekundärereignisse aus. Durch die Bauart der Anlage und die enge Nachbarschaft von Anlagenteilen mit gefährlichem Stoffinhalt wird von einer rasch fortschreitenden Schadenspropagation ausgegangen, die den gesamten Produktionsbereich umfasst. Sowohl das Gutachten des RWTÜV als auch die Gutachten des TÜV Pfalz können dahingehend interpretiert werden, dass eine relativ schnelle Schadensausweitung durch Dominoeffekte nicht ausgeschlossen werden kann. Nur in günstigen Fällen kann beispielsweise bei einem peripheren Treffer davon ausgegangen werden, dass die in der Anlage vorhandenen Maßnahmen zur Begrenzung bzw. Verhinderung von Störfallen wirksam bleiben. Bereits durch den Absturz selbst muss mit einer starken mechanischen Einwirkung durch Rutschen des Flugzeuges und Trümmerflug gerechnet werden. Lachenbrände als Sekundärereignisse führen teilweise zur direkten Unterfeuerung weiterer Anlagenteile mit gefährlichem Stoffinhalt. Weitere kritische Anlagenteile befinden sich direkt am Rand brennender Lachen. Vor diesem Hintergrund ist eine Diskussion, ob eine für Dominoeffekte relevante Brandübertragung bei einer Bestrahlungsstärke von 8 kw/m 2 oder 12,5 kw/m 2 eintreten wird, irrelevant, da diese Werte im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Lachenbrände ohnehin überschritten werden und der Unterschied nur für die Betrachtungen am Rande der Auswirkungsbereiche mit großem Abstand zu den Brandherden Bedeutung erlangt. Natürlich lassen sich für eine beliebig kurze Einwirkungszeit auch höhere Bestrahlungsstärken angeben (z. B. 35 kw/m 2 für 20 s). Hinzu kommt, dass die kritischen Auswirkungsradien der relevantesten einzelnen Brandereignisse bereits große Teile des Produktionsbereichs abdecken. Die vom TÜV Hessen durchgeführte Berechnung der Todesopfer beruht auf Modellen, die eine hohe Fluchtfähigkeit unterstellen. Die Annahme des TÜV Hessen, dass das Betriebspersonal der Ticona gesund und in besonderem Maße zur Flucht fähig ist, kann insbesondere bei einem Absturzszenario nicht nachvollzogen werden. Ohne den Mitarbeitern der Ticona Unsportlichkeit unterstellen zu wollen, sind die angegebenen Fluchtgeschwindigkeiten von 4 m/s - entsprechend einer Zeit von 25 s auf 100 m - unter den im Falle eines absturzbedingten Störfalls herrschenden Gegebenheiten (mechanische Zerstörung, Blockierung der Fluchtwege, Desorientierung durch verschiedene Ereignisse, Hitze, Freisetzung giftiger Stoffe, Rauchentwicklung, Panik etc.) wenig realistisch und können nur für die Flucht vor einem einzelnen isolierten und gut lokalisierbaren Ereignis gelten. Der Einfluss von Folgeereignissen wird unterschätzt. Von stark eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten ist daher auszugehen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1571

130 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Selbst wenn man in den für Personen kritischen Auswirkungsradien von Lachenbränden die vom TÜV Hessen angenommene Fluchtfähigkeit von 50 % zugrunde legt, sind unter Berücksichtigung der Ausführungen der Umweltabteilungen bei einem Absturz tagsüber 104 bis 125 Todesopfer zu befürchten. Durch die inzwischen abgeschlossene absturzsichere Verbunkerung der drei Behälter für Bortrifluorid bleiben die relevanten Auswirkungen einer Freisetzung auf den unmittelbaren Bereich um die Rohrleitungen vom Bunker zur Polymerisationsanlage beschränkt. Eine weitere Diskussion der Folgen einer Freisetzung auch im Hinblick auf Unterschiede in den Gutachten ist daher nicht mehr erforderlich. Nach Durchführung der Sicherungsmaßnahmen für Bortrifluorid verbleiben die Brandauswirkungen als abdeckende Szenarien. Vom TÜV Hessen wird diesbezüglich nur der Brand von Methanol im Tanklager 84/85 als relevantes Ereignis betrachtet. Zur Bestimmung der Gefährdungsbereiche werden die Auswirkungsradien des RWTÜV angesetzt. Wie ausgeführt, können nach der Vorgehensweise des TÜV Hessen von vornherein höchstens 20 % der sich im Gefahrenbereich aufhaltenden Personen einem Störfall zum Opfer fallen, da durch Gleichsetzung von Primärschadensgebiet und Sekundärschadensgebiet 60 % der Personen im Schadensgebiet dem Primärereignis zum Opfer fallen und von den Überlebenden 50 % fliehen können. Alle Fälle, bei denen sich Primärschadensgebiet und Sekundärschadensgebiet nicht oder nur teilweise überdecken, bleiben unberücksichtigt. Zu den Brandgasen ist anzumerken, dass durch die starke thermische Überhöhung zunächst ein Aufsteigen der Rauchwolke zu erwarten ist. Hierdurch besteht die Möglichkeit der Information und Warnung der umliegenden Bevölkerung. Die Gutachten des TÜV Pfalz zum Planfall (TÜV Pfalz 2003/1) und Ist-Fall (TÜV Pfalz 2006) sind als maßgeblich für die Beurteilung der Auswirkungen eines absturzbedingten Störfalls bei Ticona einzustufen. Diese enthalten detaillierte anlagenbezogene Betrachtungen von Dominoeffekten, beschreiben die Einwirkungsbereiche innerhalb der Anlage und im Umfeld und führen Auswirkungsbetrachtungen für alle relevanten Einzelereignisse auf Basis konservativer Modelle durch. Das RWTÜV-Gutachten enthält zwar auch konservative Auswirkungsbetrachtungen für bestimmte Einzelereignisse, die als plausibel angesehen werden können, es konzentriert sich jedoch weniger auf eine systematische Analyse der Dominoeffekte. Das Gutachten G16.3 beschränkt sich auf die Betrachtung einiger weniger Einzelereignisse, ohne eine systematische Analyse der Auswahl dieser Einzelereignisse darzulegen. Verschiedene Annahmen zum Primärschadensgebiet, zu Dominoeffekten und zu Fluchtmöglichkeiten sind hier nicht hinreichend konservativ. Abschließend ist daher festzustellen, dass das Gutachten G16.3 nicht geeignet ist, das Risiko eines absturzbedingten Ereignisses bei Ticona zu beurteilen. Durch die dargelegten Annahmen des TÜV Hessen kommt es sowohl zu einer Unterschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit als auch zu einer deutlichen Unterschätzung der auswirkungsbedingten Opferzahlen und somit des Gruppenrisikos. Für die erforderliche störfallrechtliche Beurteilung des flugbetrieblichen Risikos bei Ticona kann das Gutachten G16.3 nicht herangezogen werden. Dies gilt insbesondere, da der TÜV Hessen in G16.3 explizit hervorhebt (S. 25), dass es sich hierbei nicht um eine Sicherheitsbetrachtung nach der Störfall-Verordnung handelt. Eine Überarbeitung des Gutachtens sowie der hierauf beruhenden Teile des Gutachtens G16.1 wäre erforderlich, wenn nicht mit den Gutachten des TÜV Pfalz und der Stellungnahme meiner Umweltabteilungen als immissionsschutzrechtliche Fachbehörde die für eine störfallrechtliche Beurteilung hinreichenden Unterlagen vorlägen. Seite 1572 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

131 Eintrittswahrscheinlichkeit eines absturzinduzierten Störfalls Die Umweltabteilungen meiner Behörde vertreten in der Stellungnahme als immissionsschutzrechtliche Fachbehörde die Auffassung, dass bei der Bestimmung der Eintrittsfrequenz der Sekundärschadensereignisse im Gutachten G16.3 ein grundlegender methodischer Fehler begangen werde, indem lediglich die Absturzwahrscheinlichkeit für die Rasterzelle von 200 m x200 m, in der sich das betrachtete Anlagenteil befindet, in die Berechnung einbezogen werde. Tatsächlich führten jedoch auch Flugzeugabstürze auf benachbarten Rasterzellen zu einer Freisetzung von Stoffen in dieser Zelle. Die Bereiche, in denen ein Absturz einen Störfall auslösen kann, seien in den Gutachten des TÜV Pfalz dargestellt. Die Fraport AG erwidert, dass prinzipiell alle Primärereignisse auf den störfallrelevanten Produktionskomplex der Ticona (Zelle C4 und Zelle D4 in Kap. 9 in G16.1) in der Gruppenrisikoermittlung in G16.3 berücksichtigt würden. Das unmittelbare Wirksamwerden der Schadenspotentiale der Bortrifluorid-Freisetzung und des Brandes im Methanol-Tanklager 84/85 als störfallrelevante Sekundärereignisse sei jedoch nur durch den direkten Treffer der Zelle D4 denkbar. Eine Schadensübertragung aus Nachbarzellen (z. B. von C4 auf D4) sei grundsätzlich auch möglich, jedoch würden die BF 3-Freisetzung und der Methanol-Brand im Tanklager 84/85 dann Tertiär- oder Folgeereignisse darstellen. Aufgrund der Analyse im Anhang IV in G16.3 sei davon auszugehen, dass die Dominowirkung allmählich erfolgen würde. Im Weiteren hebt die Fraport AG auf die Flucht- und Schutzmöglichkeiten des Anlagenpersonals ab. Die in der Stellungnahme der Umweltabteilungen geübte Kritik trifft zu. Die in G16.3 getroffene Annahme, dass nur ein direkter Treffer der Rasterzelle mit dem entsprechenden Anlagenteil zu einem Sekundärereignis führen kann, ist nicht nachvollziehbar. Noch weitergehend wird in G16.3 sogar davon ausgegangen, dass bei einem Primärschadensradius von 86 m innerhalb einer Rasterzelle von 200 m x 200 m noch nach direktem Treffer (50 %) und Trümmerflug (50 %) zu unterscheiden sei, wobei für den Treffer durch Trümmerflug begrenzte Schadensszenarien angenommen werden. Hierdurch wird die Trefferwahrscheinlichkeit auf eine Rasterzelle zur Ermittlung der Eintrittswahrscheinlichkeit nochmals halbiert. Die Annahmen in G16.3 zur Eintrittswahrscheinlichkeit setzen ein direktes Herabfallen des Flugzeuges wie ein Stein vom Himmel voraus. Die kinetische Energie eines Flugzeuges oder seiner Teile beim Aufprall bleibt unberücksichtigt. Verschiedene Absturzereignisse zeigen, dass durch die kinetische Energie ein Rutschen des Flugzeuges selbst in bebautem Gebiet und eine teilweise kilometerweite Streuung der Wrackteile beim Aufprall zu erwarten sind. Eine Einwirkung aus Nachbarzellen ist daher je nach Richtung der kinetischen Energie beim Absturz mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Die Trefferwahrscheinlichkeit ergäbe sich daher durch eine Kumulation oder Integration aller Unfallfolgengebiete mit Einwirkung auf das betreffende Anlagenteil. Die Trefferwahrscheinlichkeit und damit die Eintrittswahrscheinlichkeit werden daher im Gutachten G16.3 unabhängig von einer Schadensausbreitung durch Sekundärereignisse unterschätzt. Bei Annahme einer kreisförmigen Primärschadensfläche ( Consequence Area ) handelt es sich zudem um eine vereinfachende Modellierung, die zur Darstellung des allgemeinen Risikos unter Berücksichtigung einer bestimmten Mortalität und Demographie erforderlich ist. Mit diesen Modellierungen lassen sich mit hinreichender Genauigkeit die bei einem Absturz auf einen bestimmten Punkt zu beklagenden Todesopfer abschätzen. Im Zusammenhang mit einer Detailuntersuchung der absturzbedingten Risiken für eine Störfallanla- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1573

132 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main ge ist die Zugrundelegung einer kreisförmigen Primärschadensfläche nicht hinreichend. Hier sind weitere Parameter wie das Rutschen des Flugzeuges und die Streuung des Trümmerwurfes einzubeziehen. Gerade auf den ebenen, nur leicht bebauten Flächen innerhalb großer Werkskomplexe können sich Rutschlängen von mehreren hundert Metern ergeben. Aus der kinetischen Richtung des Absturzes resultieren hier Ellipsen als Einwirkungsbereiche, die von der Fläche her weit über die kreisförmige Primärschadensflächen hinausgehen. In seinem Gutachten identifiziert der TÜV Pfalz die Einwirkungsbereiche innerhalb und außerhalb des Werksgeländes der Ticona, die im Falle eines Treffers zu Rückwirkungen auf die Anlage führen. Auch nach Art und Ausmaß der Einwirkung bei einem Treffer bestimmter Areale wird differenziert. So werden Areale ausgewiesen, bei denen grundsätzlich überhaupt mit Einwirkungen auf Anlagenteile mit gefährlichem Stoffinhalt zu rechnen ist. Bei einem Treffer auf bestimmte Areale ist zwar mit Einwirkungen auf Anlagenteile mit gefährlichem Stoffinhalt zu rechnen, die Auslösung von Dominoeffekten wird jedoch ausgeschlossen. Schließlich werden solche Areale ausgewiesen, bei denen im Falle eines Absturzes Anlagenteile unmittelbar auf dem Werksgelände betroffen sind, die aufgrund ihres Stoffinhalts zu einer Schadensausweitung beitragen können. Die Einwirkungsbereiche werden sowohl für den Landeanflug als auch für Startvorgänge bzw. Durchstartvorgänge getrennt ausgewiesen. Grundlage für die Festlegung der Einwirkungsbereiche ist eine detaillierte Modellierung der Absturzszenarien und Dominoeffekte anhand eines Dominorasters unter Berücksichtigung der Bodenbeschaffenheit, der Bebauung und des Stoffpotentials der jeweiligen Rasterzellen. Grundlage ist auch eine detaillierte Analyse des Flugzeugmixes auf den relevanten Routen zur Berücksichtigung der relevanten Primärschadensflächen (kinetische Energie, Rutschlängen, Trümmerwurf, Kerosinbrand). Eine vergleichbare anlagenspezifische Betrachtung, wie sie für eine störfallrechtliche Betrachtung der umgebungsbedingten Gefahrenquelle Flugverkehr bei einer derart exponierten Anlage erforderlich ist, wird bei der Ermittlung der Trefferwahrscheinlichkeiten in G16.3 nicht durchgeführt. Zur Ermittlung der Störfalleintrittswahrscheinlichkeiten sind daher die Gutachten des TÜV Pfalz heranzuziehen. Zur Häufigkeit eines absturzinduzierten Störfalls bei der Ticona GmbH wird von einigen Einwendern vorgetragen, dass der RWTÜV im Zusammenhang mit der Absturzwahrscheinlichkeit auf das Ticona-Gelände eine Wahrscheinlichkeit von einem Absturz in 600 Jahren ermittelt habe. Auch die NATS käme zu relativ hohen Absturzwahrscheinlichkeiten. Von der GfL seien im Gutachten G16.1 deutlich geringere Werte für die Absturzwahrscheinlichkeit angenommen worden. Von einigen Einwendern wird darüber hinaus gefordert, das mit dem Flugbetrieb für Ticona verbundene Risiko auch hinsichtlich der Auswirkungen nach dem Gutachten des RWTÜV zu beurteilen. Die Umweltabteilungen meiner Behörde erläutern in der Stellungnahme als immissionsschutzrechtliche Fachbehörde, dass der RWTÜV Berechnungen zur Absturzwahrscheinlichkeit nach dem DOE-Standard für das Ticona-Gelände durchgeführt habe. Die Werte für die Absturzwahrscheinlichkeit lägen im Planfall bei 1,9 x 10-3 bis 2,0 x 10-3 (ein Ereignis in ca. 500 Jahren). Es werde davon ausgegangen, dass die Berechnungen des RWTÜV zu einer Überschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit führten, die unter anderem auf der Annahme beruhe, dass jeder Absturz auf das Werksgelände in letzter Konsequenz zu ei- Seite 1574 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

133 nem Störfall führe. Im RWTÜV-Gutachten sei daher eine Trefferwahrscheinlichkeit und keine Störfalleintrittswahrscheinlichkeit angegeben. Ein Totalverlust der Produktionsanlagen durch permanente Schadensausweitung infolge von Hitzeinwirkung, Explosionsüberdruck und Trümmerflug werde vom RWTÜV nicht ausgeschlossen. Die Brandbekämpfungsmöglichkeiten schätzte der Gutachter als stark eingeschränkt ein. Im Falle eines Brandes im Produktionsbereich seien die sich im Bereich und im Umfeld der Produktion befindlichen Personen (Gebäude 53, 57, 58, 59 und angrenzende Gebäude) durch Flammeneinwirkung, Wärmestrahlung und Rauchgas akut lebensbedrohend gefährdet. Da jedoch auf Basis dieser streng konservativen Annahmen keine werksinternen und werksexternen Maßnahmen abgeleitet werden könnten, würden vom RWTÜV Einzelereignisse bezogen auf die minimale Primärschadensfläche eines Absturzes betrachtet. Hierzu entgegnet die Fraport AG, dass das RWTÜV-Gutachten nur bedingt zur Beurteilung der Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit zwischen dem bestehenden Anlagenbetrieb der Firmen Ticona und Firma055 und der geplanten Landebahn Nordwest geeignet sei. In G16.3 würde eine vertiefte Untersuchung durchgeführt, die auch die vom RWTÜV identifizierten Störfallszenarien beinhalte. Sowohl GfL als auch NATS berechneten keine Absturzwahrscheinlichkeiten sondern Einzelrisikowerte. Die Ergebnisse der GfL zum Einzelrisiko würden durch die Berechnungen der NATS gestützt. Die vom RWTÜV angewandte Methode zur Berechnung der Absturzwahrscheinlichkeit führt zu einer Überschätzung, da für die Berechnung ein Raster mit einer Square mile (Kantenlänge eine Meile) zugrunde gelegt wurde und alle Flugbewegungen über dem Sqare-Mile-Segment, in welchem das Ticona-Gelände liegt, berücksichtigt werden. In die Berechnung werden daher auch Flächen einbezogen, bei denen im Falle eines Treffers keine relevante Einwirkung auf die Anlagen der Ticona oder der Firma055 ausgehen. Weiterhin beruht die Überschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit durch den RWTÜV auf der Annahme, dass jeder Absturz auf das Anlagengelände in letzter Konsequenz zu einem Störfall führt. Bei einer differenzierten Betrachtung, wie vom TÜV Pfalz durchgeführt, wird jedoch deutlich, dass nur Abstürze auf bestimmte Bereiche des Werksgeländes zu störfallauslösenden Folgeereignissen führen. Für die Beurteilung der Störfalleintrittswahrscheinlichkeit für die Ticona ist das Gutachten des RWTÜV nicht geeignet. GfL und NATS berechnen ebenfalls keine Störfalleintrittswahrscheinlichkeiten, sondern Trefferwahrscheinlichkeiten zur Bestimmung des Einzelrisikos. Der TÜV Pfalz hält in seinem qualitätssichernden Gutachten (TÜV Pfalz 2005b) das Gutachten des RWTÜV zwar auch für nur bedingt geeignet, die Vereinbarkeit der geplanten Landebahn Nordwest mit dem Betrieb der Ticona zu beurteilen, begründet dies jedoch sehr differenziert. Als einen Grund führt er die Überschätzung des Absturzrisikos und des Störfalleintrittsrisikos an. Die vom RWTÜV angegebenen Auswirkungsradien für Explosions- und Brandereignisse werden vom TÜV Pfalz als plausibel angesehen. Im Übrigen beruhen auch die Auswirkungsbetrachtungen des TÜV Hessen in G16.3 auf den Auswirkungsradien des RWTÜV. Ein weiterer Aufklärungsbedarf ist hier nicht gegeben, da mit dem Gutachten des TÜV Pfalz zum Planfall detaillierte Betrachtungen zur Störfalleintrittswahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung der tatsächlichen Einwirkungsflächen und zu den Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls bei der Ticona vorliegen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1575

134 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Einfluss von Notlandungen und Landing Overrun auf die Anlage der Ticona GmbH Ein besonderes Risiko für die Ticona GmbH besteht nach Ansicht einiger Einwender durch Fehlanflüge und Notlandungen im Zusammenhang mit der Landebahn Nordwest bei Westbetrieb. Faktoren wie die Hindernissituation oder die Irritationen der Piloten durch die Beleuchtung der Ticona würden dieses Risiko noch erhöhen. Bei Westbetrieb müsse auch mit dem Überrollen der Landebahn Nordwest sowie mit Durchstartvorgängen infolge von Fehlanflügen gerechnet werden. Die Fraport AG verweist auf die Ausstattung der Landebahn Nordwest mit dem Instrumentenlandesystem, welches auch bei eingeschränkten Sichtverhältnissen einen Anflug mit höchster Genauigkeit anhand eines Gleitpfades bis hin zum Aufsetzpunkt ermögliche. Alle Anflüge auf die Landebahn Nordwest würden mit Hilfe dieses Präzisionsanflugverfahrens und mit dafür zugelassenem Fluggerät und zugelassenen Piloten durchgeführt. Szenarien wie Fehlanflüge oder Notlandungen seien nicht auszuschließen, stellten aber keine Gefahr für die Anlagen der Ticona dar, da diesbezüglich genaue Prozeduren und Verfahren vorgeschrieben würden. Für den Fall eines Unfalls durch ein Überrollen des Landebahnendes (Overrun) sei die Freihaltung der sogenannten Runway End Safety Area vorgesehen. Es sei davon auszugehen, dass das Flugzeug innerhalb der Runway End Safety Area bzw. innerhalb des Flughafengeländes, in jedem Fall außerhalb des Ticona-Geländes, stehen bleibe, und dieser Fall somit kein Sicherheitsrisiko für Ticona darstelle. Absturzrate und Absturzverteilung werden aus Analysen von Flugunfällen bestimmt. Ereignisse wie Notlandungen oder Landing Overrun können Einfluss auf die Trefferwahrscheinlichkeit im Bereich des Betriebsgeländes der Ticona haben. Soweit es sich hierbei um Ereignisse mit Todesfolge handelt, werden diese in G16.2 bei der Bestimmung der Absturzrate und in G16.2 bei der Ermittlung der Absturzverteilung berücksichtigt. Unfälle, die dort, wo sie sich ereigneten, keine Todesopfer forderten, könnten jedoch übertragen auf das Umfeld des Flughafens Frankfurt Main und insbesondere auf die Landebahn Nordwest aufgrund der Nähe der Ticona oder der Bebauung auch zu Todesopfern oder zu Störfallen führen. Bei der Bestimmung der Absturzrate im Gutachten G16.2 ist das Vorhandensein eines Instrumentenlandesystems als Indikator in die Auswahl der Vergleichsflughäfen eingeführt worden. Nach G16.1 bedeutet dies eine schwerpunktmäßige Durchführung von Präzisionsanflügen. Ob in den für die Berechnung der Absturzrate ausgewählten 11 Ereignissen Notlandungen oder Overrun-Ereignisse enthalten sind, geht aus dem Gutachten nicht hervor. In die Bestimmung der Absturzverteilung im Gutachten G16.1 sind ausgewählte Ereignisse ohne Todesfolgen zur Absicherung der Datengrundlage herangezogen worden. Das Gutachten benennt allerdings weder die Auswahlkriterien für die Unfälle ohne Todesfolge, noch enthält es eine Auflistung der ausgewählten Ereignisse. Die Unfallart Landing Overrun ist berücksichtigt worden. Der TÜV Pfalz hat in seinen Gutachten zu den flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Ticona bei der Berechnung der Absturzverteilung grundsätzlich auch alle auswertbaren Unfälle ohne Todesfolgen berücksichtigt, so dass hier der Beitrag dieser Unfallart zum Absturzrisiko berücksichtigt wird. Das Gutachten G16.1 ist zu ergänzen. Zur besseren Vergleichbarkeit mit anderen Gutachten sollten die für die Auswahl der Ereignisse zugrunde gelegten Daten und die Kriterien Seite 1576 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

135 für die Auswahl der 179 zur Bestimmung der Absturzverteilung herangezogenen Ereignisse offen gelegt werden. Zumindest die Auswahlkriterien für die Ereignisse ohne Todesfolgen sollten dargelegt werden Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls Einige Einwender fordern unter Berufung auf das Gutachten des RWTÜV, es müssten Maßnahmen gegen die Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls insbesondere im Hinblick auf den möglichen Übertritt von Gefahrstoffen in den Main getroffen werden. Die Fraport AG erwidert, der TÜV Pfalz habe im qualitätssichernden Gutachten das RWTÜV-Gutachten als nur bedingt geeignet angesehen, die Frage der Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit des bestehenden Anlagenbetriebes der Firmen Ticona/Infraserv mit der geplanten Landebahn Nordwest schlüssig zu beantworten. Im Gutachten G16.3 würden in Kap im Rahmen der Alarm- und Gefahrenabwehrorganisation bei einem Großbrandereignis die Maßnahmen betrachtet, die stationäre und mobile Ölsperren umfassten, um ein Übergreifen von Kraftstofflachen in den Main zu verhindern. Die Ticona besitzt eine Abwasseraufbereitungsanlage, in der alle anfallenden Abwässer sowie die Entwässerung der Produktionsanlagen zusammengeführt werden. Diese Kläranlage umfasst auch Auffangräume für die Löschwasserrückhaltung. Die Funktionsfähigkeit sowohl der Kanalisation als auch der Kläranlage bei einem absturzinduzierten Störfall kann nicht als sichergestellt angenommen werden. Bedingt durch die große Entfernung des Ticona-Geländes zum Main ist ein direkter Eintrag auslaufender wassergefährdender Stoffe oder von Löschwasser in den Main nicht wahrscheinlich. Als Eintragsweg bleibt eine Einleitung über die Kläranlage in den Main. Hier ist im Katastrophenfall eine schnelle und verlässliche Trennung der Kläranlage vom Vorfluter erforderlich. Es ist daher zu prüfen, wie eine Trennung auch bei einem Absturz auf die Ticona sichergestellt werden kann Anpassung von Alarm- und Gefahrenabwehrplänen Es wird vorgetragen, dass der Alarm- und Gefahrenabwehrplan der Ticona nicht auf einen Flugzeugabsturz ausgerichtet sei. Im Alarm- und Gefahrenabwehrplan der Ticona von 2002 ist das Ereignis Flugzeugabsturz grundsätzlich berücksichtigt, jedoch nicht die nach Vorliegen der Gutachten angenommenen immensen Auswirkungen eines derartigen Ereignisses. Der Alarm- und Gefahrenabwehrplan der Ticona ist von den Katastrophenschutzbehörden unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus TÜV Pfalz 2006 anzupassen Tanklager der Shell in Raunheim ( DEA-Tanklager ) Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls Mehrere Einwender verweisen darauf, dass das DEA-Tanklager aufgrund der Menge der gelagerten Kraftstoffe unter die StörfallVO falle. Heute liege das Tanklager m von der Schwelle der nördlichen Parallelbahn entfernt, die Entfernung zur Schwelle der Landebahn Nordwest betrage zukünftig noch ca m. Dann sei der Luftverkehr als umgebungsbedingte Gefahrenquelle nach Nr der Vollzugshilfe zur StörfallVO zu betrachten, was bisher nicht erforderlich gewesen sei. Im Planfall liege die Anlagengrenze des Tanklagers nur noch ca. 361 m von der Anfluggrundlinie entfernt, die Überflughöhe der landenden Flugzeuge betrüge dann noch ca. 130 m. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1577

136 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Von verschiedenen Einwendern wird bemängelt, dass das DEA-Tanklager im Gutachten G16.1 (Abb. 9-2, Seite 143) unzureichend untersucht worden sei, da die Betrachtung des von Tankschiffen im Hafenbecken ausgehenden Risikos fehle. Das Hafenbecken sei zwar in G16.3 erwähnt, würde jedoch nicht weiter als sicherheitsrelevant betrachtet, da es nicht unter die StörfallVO falle. Das Hafenbecken und die angrenzenden Planquadrate B2 und B3 (Abb. 9-2) sollten in das Untersuchungsgebiet aufgenommen werden. Weiterhin wird unter Bezug auf das Gutachten des TÜV Pfalz zum Tanklager in Raunheim befürchtet, dass ein Flugzeugabsturz auf das Tanklager Störfallfolgen habe, die über die Werksgrenze hinausgingen. Die Firma084 beruft sich auf eine ihr vorliegende Entwurfsfassung des Gutachtens des TÜV Pfalz, aus der hervorgehe, dass sich beim Betrieb der geplanten Landebahn Nordwest eine Erhöhung der Störfallhäufigkeit ergebe. Dabei dominiere die Störfallhäufigkeit bei der Landung. Im Fall eines Absturzes auf das Tanklager gehe das Gutachten des TÜV Pfalz von einem Totalschaden und erheblichen Auswirkungen auch außerhalb des Tanklagers aus. Die Gefährdung gehe vor allem von einem Brand aus. Ein erhöhtes Risiko werde auch in den Planfeststellungsunterlagen dargestellt. Das Gutachten G16.3 enthalte aber nur eine unzureichende Schadensfolgenbetrachtung für das Tanklager. So sei bei den zu betrachtenden Absturzsituationen davon auszugehen, dass mehrere Lagerbehälter unmittelbar zerstört würden, andere teilweise beschädigt. Auch sei mit einer Freisetzung von Kraftstoff in die Auffangräume zu rechnen, ggf. sogar mit einem Überlaufen der Auffangräume. Die Auffangräume dürften bei einem Absturz beschädigt werden, so dass mit einem Eindringen von Kraftstoff in das Erdreich gerechnet werden müsse. Auszuschließen sei auch nicht, dass ein Teil des ausgelaufenen Kraftstoffes in den Main gelangen könne. Es sei nicht akzeptabel, dass Sach- und Umweltschäden nicht näher betrachtet würden. Eine relevante Gefährdung werde in G16.3 außerhalb des Tanklagers für die A 3 und die B 43 erwartet. Es sei jedoch zweifelhaft, ob bei einem derartigen Ereignis, wie es in G16.3 dargestellt werde, wirklich nur maximal 19 Tote auf der A 3 zu beklagen seien. Diese Annahme sei u. a. deshalb fragwürdig, weil für die Autobahn nur Pkw, aber keine Busse und auch keine Lkw mit brennbaren Stoffen angenommen und die ICE-Strecke nicht in die Betrachtung mit einbezogen worden seien. Insgesamt ergebe sich auf der Basis des schweizer Modells hinsichtlich des Gruppenrisikos, dass die beantragte Landebahn Nordwest mit dem Tanklager Raunheim nicht vereinbar sei. Aufgrund der mit dem Ausbau des Flughafens Frankfurt Main verbundenen erheblichen Anzahl an Landeüberflügen sei es zweifelhaft, ob die Schutzmaßnahmen zur Risikominimierung überhaupt möglich seien. Es sei damit zu rechnen, dass im Hinblick auf die neue Situation im Anflugsektor die zuständige Genehmigungsbehörde den Bestand der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen überprüfen und infrage stellen würde. Die Umweltabteilungen meiner Behörde tragen in der Stellungnahme für das Tanklager der Shell in Raunheim vor, dass für das Tanklager im Gutachten G16.1 basierend auf G16.3 ein Störfallradius von 275 m angenommen werde, während der TÜV Pfalz auf der Basis konservativer Modelle Auswirkungsradien für kritische Wärmestrahlung von bis zu 625 m beschreibe. In unmittelbarer Nähe des Tanklagers befänden sich wichtige Verkehrswege. Bei einer streng konservativen Betrachtungsweise sei bei einem Brand im Tanklager mit erheblichen Auswirkungen auf die umliegenden Verkehrswege und einer hohen Zahl an Todesopfern zu rechnen. Bei einem absturzbedingten Großbrand im Tanklager sei davon auszugehen, dass über einen Streckenabschnitt von 1 km auf der A 3 mit Seite 1578 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

137 einer für Personen kritischen Wärmestrahlung zu rechnen sei. Durch die hohe Bestrahlungsstärke müsse auch mit einer Brandübertragung auf Fahrzeuge auf den Verkehrswegen gerechnet werden. Nach Ansicht meiner Umweltabteilungen würden im Gutachten G16.3 auch die Fluchtmöglichkeiten auf den Verkehrswegen bei einem absturzinduzierten Störfall überschätzt. So sei es nicht wahrscheinlich, dass die Autoinsassen im Staufall angesichts eines heranrückenden Großbrandes im Fahrzeug verblieben und die weitere Entwicklung abwarteten. Auch hier sei davon auszugehen, dass keine Schutzwirkung durch die Fahrzeuge gegeben sei und nur sehr eingeschränkte Fluchtmöglichkeiten bestünden. Die unter konservativen Annahmen auftretenden Auswirkungen auf die umliegenden Verkehrswege und dort hervorgerufenen Todesopfer seien bei der Ermittlung des Einzelrisikos und des Gruppenrisikos zu berücksichtigen. Die Umweltabteilungen beurteilen in der Stellungnahme die Auswirkungen eines absturzbedingten Störfalls im Tanklager Raunheim auf der Basis des Gutachtens des TÜV Pfalz. Das Gefahrenpotential des Shell-Tanklagers in Raunheim werde im Wesentlichen durch die Lagerung von großen Mengen an hoch entzündlichen, leicht entzündlichen und brennbaren Kohlenwasserstoffen geprägt. Als wesentliche Gefahrenquellen werden die Freisetzung und der Brand von entzündlichen Flüssigkeiten, die Explosion von Treibstoff-Luft-Gemischen und die Freisetzung von toxischen Rauchgasen angegeben. Hieraus ergäben sich Auswirkungen durch den Explosionsüberdruck und durch die von Lachenbränden hervorgerufene Wärmestrahlung. Bei einem Absturz eines Flugzeuges auf oder in bestimmten Bereichen außerhalb des Tanklagers müsse nach Ansicht des TÜV Pfalz auch bei einem begrenzten Primärereignis mit Dominoeffekten gerechnet werden, die zu einem Totalverlust des Tanklagers bzw. von im Hafen liegenden Schiffen führen könnten. Die Funktionsfähigkeit von Gegenmaßnahmen (Löschsystem, Wasserwerfer, Löschen und Kühlung von Tanks durch Feuerwehr) sei bei einem derartigen Szenario zumindest stark eingeschränkt. Explosionen von Tanks oder Hitzeeinwirkung durch Lachenbrände bzw. direkte Unterfeuerung führten zur Zerstörung von weiteren Tanks im Umfeld, so dass eine schnelle Freisetzung von Stoffen auch aus vom Primärereignis unbeschädigten Tanks erfolgen könne. Bei einem Treffer im Hafenbereich sei mit einer mechanischen Zerstörung zumindest eines der dort liegenden Tankschiffe zu rechnen. Der Inhalt des Tankschiffes von maximal ca m 3 Treibstoff würde in das Hafenbecken freigesetzt und hätte einen Lachenbrand zur Folge, der sich zumindest auf die gesamte Fläche des Hafens ausbreite. Soweit weitere Schiffe (maximal 6 Schiffe) im Hafen lägen, könnten auch diese zerstört und der Inhalt freigesetzt werden. Für einen absturzbedingten Störfall im Bereich der Tankfelder gehe der TÜV Pfalz davon aus, dass bei der Bauweise der Tanktassen die Rückhaltefunktion weitgehend erhalten bliebe. Somit orientiere sich die Größe der Lachenfläche an der Größe der Tanktasse (bis zu m²). Bei einem Ereignis im Hafenbecken sei von einer Fläche in der Größenordnung bis m² auszugehen. Bei einem Brand im Bereich der TKW-Beladung sei von einer Lachenfläche von m 2 auszugehen. Als Hauptgefahr sind nach Ansicht der Umweltabteilungen meiner Behörde Brandauswirkungen gefolgt von Explosionsauswirkungen zu betrachten. Explosionsereignisse entstünden, wenn sich in Lagertanks, Rohrleitungen, Tanklastwagen oder Tankschiffen befindliche Treibstoffdämpfe mit Luft vermischten und gezündet würden. Ausgehend von einem kritischen Explosionsüberdruck von 200 mbar lägen Bereiche der Ab- und Auffahrt der A 3 zur B 43, die B 43 und der Main innerhalb des Einwirkungsbereichs. Schäden an Kraftfahrzeugen und Personen könnten nicht ausgeschlossen werden. Da jedoch nur kurze Abschnitte der A 3 oder der Abfahrt der A 3 zur B 43 betroffen Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1579

138 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main seien und zudem nur eine kurze Einwirkungszeit anzunehmen sei, seien nur wenige Kfz direkt betroffen. Es könne jedoch zu Schäden an den Verkehrseinrichtungen oder Fahrzeugen kommen, die zu einer Blockierung der Verkehrwege führten. Explosionen trügen auch entscheidend zur Schadensausbreitung innerhalb der Anlage bei. Die Umweltabteilungen stellen der Abschätzung der Auswirkungen eines absturzinduzierten Brandes eine Betrachtung der Unterschiede zwischen den vorliegenden Fassungen des Gutachtens des TÜV Pfalz zum Tanklager in Raunheim voran. In der als Revision 0 bezeichneten Fassung sei mit dem AGA-Modell gerechnet worden, welches als das konservativste Modell angesehen werde. Mit der bei den Umweltabteilungen erst kurz vor Ende der Frist zur Stellungnahme eingegangenen, als Revision A bezeichneten Endfassung des Gutachtens habe der TÜV Pfalz in die Auswirkungsmodelle für Wärmestrahlung einen Abstrahlungsfaktor η zur Berücksichtigung der abschirmenden Effekte von Rußentwicklung eingeführt und stelle Berechnungen mit einem hohen Abschirmungsgrad (η = 0,06) den Berechnungen ohne abschirmende Wirkung der Rußentwicklung (η = 1) gegenüber. Zudem werde in der Revision A das Thomas-Modell propagiert, da dieses die Auswirkungen der Wärmeinwirkungen außerhalb des Betriebsbereichs über größere Entfernungen besser beschreibe. Eine Aussage, welches Modell im Hinblick auf eine fundierte konservative Betrachtung anzuwenden sei, konnte nach Darstellung der Umweltabteilungen zum Zeitpunkt der Stellungnahme nicht erfolgen. Die Umweltabteilungen weisen darauf hin, dass ihre Ausführungen zu den Auswirkungen unter dem Vorbehalt neuer Erkenntnisse zu den Abschirmfaktoren stünden und die Anzahl der zu berücksichtigenden Todesopfer stark von den angewandten Berechnungsmodellen abhänge. So ergäben sich nach dem AGA-Modell bezogen auf die Auswirkungsradien der für Personen kritischen Wärmestrahlung von 10 kw/m 2 mit dem Abstrahlungsfaktor 1 Auswirkungsradien, die größere Bereiche der A 3, der B 43, der ICE-Trasse, der S-Bahn-Linie und des Mains überdeckten. Auch nach dem Thomas-Modell unter Berücksichtigung des Abstrahlungsfaktors 1 ergäben sich außerhalb des Betriebsgeländes Auswirkungen auf die oben genannten Strecken; die von kritischer Wärmestrahlung betroffenen Bereiche seien aber kürzer und somit sinke die Anzahl der Todesopfer. Bei Annahme eines Abstrahlungsfaktors von 0,06 wären selbst beim AGA-Modell nur das Betriebsgelände und ein kurzer Abschnitt der B 43 südlich des Tanklagers betroffen, wodurch die tödlichen Folgen der Hitzentwicklung weitestgehend auf das Betriebsgelände beschränkt blieben. Die Auswirkungsbetrachtungen der Fachabteilungen meiner Behörde für das Shell-Tanklager in Raunheim beruhen auf dem konservativen AGA-Modell mit einem Abstrahlungsfaktor von 1 und orientieren sich an der Revision 0 des Gutachtens des TÜV Pfalz. Die Auswirkungsbetrachtungen stellten das größte potentielle Schadensausmaß dar. Der Schadensfläche des Primärereignisses von m² stünden Flächen von m² gegenüber, die von einer für Personen kritischen Wärmestrahlung betroffen wären. Es sei mit dem Tod aller 20 auf dem Betriebsgelände befindlichen Beschäftigten zu rechnen. Hierbei müssten je nach Ort des Absturzes 0 bis 12 Todesopfer dem Primärereignis zugerechnet werden. Aus einem absturzbedingten Störfall würden somit 8 bis 20 Todesopfer auf dem Werksgelände resultieren. Die Fachabteilungen meiner Behörde haben auf der Grundlage der vom TÜV Pfalz errechneten Auswirkungsradien die Auswirkungen auf Verkehrswege im Umfeld des Tanklagers für die bei verschiedenen Brandszenarien berechneten Bestrahlungsstärken ermittelt. Als flächenmäßig abdeckende Ereignisse hinsichtlich der Auswirkungen auf die nord- Seite 1580 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

139 östlich des Betriebsgeländes gelegenen Verkehrswege (A 3, Abfahrt/Auffahrt B 43 auf A 3 und B 43) könnten die Lachenbrände in zwei oder mehreren Tanktassen angesehen werden. Für den Bereich südwestlich des Betriebsgeländes seien die Auswirkungen eines Brandes im Hafen maßgeblich. Bereits ab einer Bestrahlungsstärke von 4,5 kw/m 2 gebe es kritische Auswirkungen auf öffentliche Verkehrswege. Bei den auftretenden Wärmestrahlungen sei mit Beschädigung der Verkehrseinrichtungen (Erweichen des Asphalts, Verbiegen von Leitplanken und Schienen, Zerstörung von Oberleitungen etc.) zu rechnen. Bei einem Flugzeugabsturz auf das Tanklager gehe man von einer vollständigen Zerstörung der Anlage aus, die Flammenhöhe des Brandes betrage m. Durch Rauchentwicklung und Zerstörung der Fahrbahn müsse davon ausgegangen werden, dass es auf der A 3 und der B 43 zu Staus komme. Bei der auftretenden Wärmeentwicklung sei mit der Zerstörung von Fahrzeugen zu rechnen. Nach den Abschätzungen läge auf der A 3 eine Strecke von ca. 1,1 km im Bereich der Anschlussstelle Raunheim und der Autobahnbrücke über den Main und auf der B 43 ein Abschnitt von ca. 1,6 km im Bereich einer für Personen in kurzer Zeit tödlichen Wärmestrahlung von 10 kw/m 2. Die Anzahl der Betroffenen sei abhängig von der Verkehrsdichte auf der A 3 und der B 43. Fluchtmöglichkeiten bestünden höchstens am Rand der ausgewiesenen Bereiche. Hitze, Verbrennungen, A- tembeschwerden und Desorientierung führten zu Einschränkungen bei den Fluchtmöglichkeiten. Erschwerend komme hinzu, dass die A 3 in diesem Bereich als Hochstraße oder auf einer Brücke verlaufe, wodurch die Flucht - abgesehen von einem riskanten Sprung von der Brücke in den Main - nur entlang der Trasse möglich sei. Auch für Personen auf der B 43 bestünden nur eingeschränkte Fluchtmöglichkeiten. Die Möglichkeit, den Störfall unbeschadet im Fahrzeug zu überleben, sei gering, da bereits bei 8 kw/m 2 mit einer Brandübertragung auf die Fahrzeuge zu rechnen sei. Viele Personen würden die Fahrzeuge fluchtartig verlassen und sich beim Öffnen von Fenstern und Türen aus der zunächst abschirmenden Wirkung der Fahrzeuge begeben. Im ungünstigsten Fall sei mit dem Tod aller sich im Auswirkungsradius für eine Wärmestrahlung von mehr als 10 kw/m 2 befindenden Personen zu rechnen. Es müsse daher auf den Straßen im Umfeld des Tanklagers von ca. 180 (bei schnell fließendem Verkehr) bis ca. 900 Todesopfern (bei Stau) ausgegangen werden. Parallel der A 3 verlaufe die ICE-Strecke, südlich des Geländes und der B 43 verlaufe die S-Bahn-Strecke Frankfurt-Wiesbaden. Von einer für Personen kritischen Wärmestrahlung von 10 W/m 2 sei ein Streckenabschnitt von ca. 1,1 km auf der ICE-Strecke und von ca. 1,4 km auf der S-Bahn-Strecke betroffen. Durch die auftretende maximale Wärmestrahlung sei an beiden Bahnstrecken mit Beschädigungen an den Gleisanlagen zu rechnen, diese würden sie unpassierbar machen. Käme ein herannahender Zug vor der Schadensstelle zum Stehen, wären keine zusätzlichen Opfer zu erwarten. Meine Umweltabteilungen halten es jedoch nicht für ausgeschlossen, dass ein Zug durch Notbremsung, Entgleisen, Abriss der Oberleitungen oder durch ein Signal im Gefahrenbereich zum Stehen komme. In diesem Fall würden sich die Fahrgäste im Bereich der kritischen Wärmestrahlung befinden. Je nach Besetzung des Zuges könnten mehrere hundert Personen betroffen sein. Auch der Main liege in einem Streckenabschnitt von 1,3 km Länge in dem Bereich der für Personen kritischen Wärmestrahlung. Soweit sich kein Ausflugsschiff im Bereich befände, wäre die Anzahl der Betroffenen gering. Es bestünde jedoch die Gefahr von Havarien. Die Radien der kritischen Wärmestrahlung für Personen und bauliche Einrichtungen würden bis an das Gewerbegebiet im östlichen Raunheim reichen. Auch hier könnten Gebäude beschädigt werden und es sei mit zusätzlichen Opfern zu rechnen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1581

140 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Bei einem Treffer der im Hafen liegenden Schiffe sei mit einer Zerstörung aller (maximal sechs) Schiffe zu rechnen, es entstünde ein Lachenbrand. Rückhalteeinrichtungen wären nicht mehr funktionsfähig. Die brennende Lache würde sich auf dem Main ausbreiten. Bei maximal m 3 wassergefährdenden Stoffen je Schiff könnten sich maximal m 3 im Main ausbreiten. Dies hätte einen großen ökologischen Schaden und auch Auswirkungen auf die Trinkwassergewinnung zur Folge. Auch sei eine Verunreinigung des Mains durch Löschwasser anzunehmen, da Löschwasserrückhalteeinrichtungen nicht mehr funktionsfähig sein dürften. Ein durch einen Flugzeugabsturz bedingter Totalschaden der Produktionsanlagen hätte einen immensen Sachschaden zur Folge. Eine Reparatur oder Wiederherstellung der Anlage sei nach einem derartigen Störfall nicht mehr möglich. Abriss und Entsorgung sowie Dekontamination des Bodens kämen zu den Kosten ebenso hinzu wie der wirtschaftliche Schaden durch den Produktionsausfall. Neben dem Verlust des Tanklagers würden erhebliche Sachschäden an den umliegenden Verkehrswegen entstehen. Die Infrastruktur im Umfeld der Anlage könne auf absehbare Zeit nicht genutzt werden. Die Vertreter des Landkreises Groß-Gerau haben im Erörterungstermin ergänzend vorgetragen, dass bei einem absturzbedingten Großbrand im Tanklager Raunheim die Katastrophenschutzkräfte des Kreises überfordert wären und erhebliche Außenwirkungen auf die umliegenden Verkehrswege befürchtet werden müssten. Schutz- und Fluchtmöglichkeiten sehe man kaum. Die Fraport AG trägt vor, dass das Tanklager Raunheim wegen des Abstandes von unter m von der Landebahn Nordwest als Störfallanlage im Gutachten G16.3 betrachtet worden sei und die Ergebnisse in die Ermittlung des externen Risikos in G16.1 eingestellt worden seien. Im Gutachten G16.3 seien unterschiedliche Störfallszenarien auf Grundlage der in G16.1 ausgewiesenen Wahrscheinlichkeiten untersucht worden. Die Einzelfallbetrachtung für den Betriebsbereich des Tanklagers Raunheim komme zum Ergebnis, dass sowohl in der Ist-Situation als auch im mit einem Risikoanstieg verbundenen Planungsfall die schweizerischen und niederländischen Akzeptanz- bzw. Orientierungskriterien für das Gruppenrisiko durch Störfallanlagen/-betriebe eingehalten würden. Nach schweizerischem Ansatz seien risikomindernde Maßnahmen zu erwägen, da insbesondere im Planungsfall das Risiko im Übergangsbereich der FN-Kurve liege. Beispielsweise sei hier eine Schutzmauer/Schutzwand entlang des südlichen Teils der A 3 zum Schutz gegen Strahlungseinwirkung als risikomindernde Maßnahme denkbar (G16.3, S. 105 f.). Der Betrieb des Tanklagers Raunheim sei mit dem Flughafenbetrieb jetzt und im Planfall vereinbar. Zum Hafen des Tanklagers beruft sich die Fraport AG darauf, dass ihr die gefährdenden Anlagen nach der Störfall-Verordnung im Untersuchungsraum von meiner Behörde benannt worden seien (G16.1, S. 160). Tankschiffe seien danach nicht als störfallrelevante Anlagen ausgewiesen. Ein Tankschiff sei kein stationäres Anlagenteil des Tanklagers Raunheim und falle nicht in den Anwendungsbereich der StörfallVO. Aus diesem Grund seien Tankschiffe in G16.3 nicht berücksichtigt worden. Zu der Gefährdung von Verkehrswegen wird angeführt, dass konservative Annahmen für die Bestimmung der Gefährdung von Personen auf der A 3 getroffen worden seien. So sei auf dieser Autobahn ein Stau in beide Richtungen unterstellt worden. Zur Berechnung der Personenschäden sei die Autobahn in Sektoren mit unterschiedlichem Abstand zu den brennenden Auffangräumen eingeteilt, konservativ für jeden Sektor die höchstmögliche Bestrahlungsstärke angesetzt und keine Schutzwirkung der Kraftfahrzeuge berücksichtigt worden. Seite 1582 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

141 Für Busse sei nur eine geringe Aufenthaltswahrscheinlichkeit auf der A 3 im relevanten Teilbereich anzunehmen. Konkrete Angaben hierzu und zu der Anzahl der Personen in den Bussen könnten nicht gemacht werden. Die Annahmen der Fraport AG seien jedoch derart konservativ, dass sie auch den Fall des Aufenthalts eines Busses im Gefahrenbereich abdeckten. Ein außerplanmäßiges Halten des ICE sei zwar denkbar, jedoch hält die Fraport AG den Einfluss eines solchen Szenarios auf das Gruppenrisiko für vernachlässigbar, insbesondere weil die Eintrittsfrequenz dieses Szenarios um mehr als eine Größenordnung niedriger liege als bei einer stationären Einrichtung. Zudem liege die ICE-Trasse auf der dem Tanklager abgewandten Seite der A 3 und würde hierdurch geschützt. Zu den Ausführungen der Umweltabteilungen meiner Behörde verweist die Fraport AG darauf, dass ihr die Gutachten des TÜV Pfalz aus dem Jahr 2005 nicht vorlägen und daher eine systematische Diskussion der unterschiedlichen Ergebnisse nicht durchgeführt werden könne. Der in G16.2 verwendete Radius von 275 m für die Störfallfolgen im Tanklager Raunheim stelle keinen Gefährdungsradius dar, außerhalb dessen eine Gefährdung ausgeschlossen werden könne. Vielmehr bilde dieser Radius die 1-%-Letalitätsgrenze bei Anwendung des Probit-Modells nach niederländischer Methodik (Purple Book, Green Book) ab. Dabei werde insbesondere berücksichtigt, dass die gefährdeten Menschen (Verkehrsteilnehmer) zur Flucht und zur Schutzsuche fähig seien. In G16.3 werde der Vollbrand im Tanklager Raunheim und somit der Totalverlust des Tanklagers als worst case unterstellt. Bezüglich der Explosionsgefahren führt die Fraport AG aus, dass bei einem flugbetrieblichen Primärereignis eine hohe Entzündungs- bzw. Brandwahrscheinlichkeit bestehe. Ausgelaufener Kraftstoff entzünde sich sofort, da unmittelbar als Folgen des Absturzes Zündquellen wie Funken beim Aufschlag, Reibungswärme und Hitze der Triebwerke gegeben seien. Zudem würde sich aufgrund der großen freigesetzten Mengen sehr schnell ein Großbrand entwickeln. Die Ausbildung großer, zusammenhängender explosionsfähiger Kraftstoffdampf-Luft-Gemische werde durch die zügige Entzündung verhindert. Somit seien Gaswolkenexplosionen mit risikobedeutsamen Explosionsdrücken nicht zu erwarten. Die Flachbodentanks im Tanklager verfügten bauartbedingt über eine Sollbruchstelle am Dacheckring, die bei einem unzulässigen Überdruck ein Lösen der Dachhaut ermögliche. Dadurch würde ein Aufreißen des Tanks verhindert und eine gefahrlose Druckentlastung nach oben gewährleistet. Somit wäre auch bei Explosionen innerhalb von leeren Tanks weder mit risikobedeutsamen Explosionsdruckwellen im Umfeld der Tanks noch mit einer Schadenspropagation auf benachbarte Tanks zu rechnen. Aus diesem Grund und aus den Erfahrungen mit bisher aufgetretenen Explosionsereignissen in Flachbodentanks in Mineralöltanklagern sei die Annahme abwegig, dass auf den umliegenden Verkehrswegen kritische Explosionsüberdrücke (> 100 mbar) auftreten könnten. Zum Brand von brennbaren Flüssigkeiten räumt die Fraport AG ein, dass das AGA-Modell zwar das konservativste Modell sein möge, es sei jedoch für Brände von Mineralölprodukten mit relativ hohem Molekulargewicht, wie z. B. Benzin, Kerosin oder Diesel, ungeeignet. Das AGA-Modell beruhe auf Lachenbränden mit tiefkalt verflüssigtem Erdgas (LNG). LNG-Brände und Kerosinbrände seien aber in Bezug auf Wärmestrahlung, Abbrandrate und Rußentwicklung grundlegend verschieden. So sei die bei LNG-Bränden auftretende Wärmestrahlung an der Flammenoberfläche (Surface Emissive Power, SEP) nahezu eine Größenordnung höher als bei Lachenbränden von Mineralölprodukten. Während bei LNG-Bränden SEP-Werte von 150 bis 220 kw/m 2 experimentell bestimmt worden seien, Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1583

142 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main erhalte man nach der empirischen Gleichung von Mudan bei Mineralölprodukten und einem vergleichbaren Lachendurchmesser eine SEP von 31 kw/m 2. Dies habe sich auch durch Experimente mit dem Turbinentreibstoff JP-4 bestätigt. Zudem sei die Abbrandrate von LNG-Bränden gegenüber Kerosinbränden in etwa doppelt so hoch. Dies bedeutete, dass LNG-Brände wegen der Proportionalität zur Abbrandrate auch deutlich größere Flammenhöhen aufwiesen. Während LNG-Brände weitgehend ohne Rußentwicklung verliefen, sei die Rußentwicklung bei Kerosinbränden - insbesondere bei großen Lachendurchmessern - enorm. Durch Fotografien werde dokumentiert, dass bis zu 80 % der Flammen vom Ruß abgedeckt würden. Es sei also weder angebracht, die Flammenlängen mit dem AGA-Modell zu bestimmen, noch Auswirkungsradien mit einem Abstrahlungsfaktor von 1 (keine Abschirmung durch Rußentwicklung) zu ermitteln, zumal es genau zugeschnittene Modelle für Poolbrände mit Mineralölprodukten gebe. Vor diesem Hintergrund sei die Schadensermittlung in G16.3 weiterhin als eine naturwissenschaftlich fundiertere und realitätsnähere Abbildung des Sekundärereignisses Vollbrand im Tanklager Raunheim zu erachten. Zu den vom TÜV Pfalz ermittelten, teilweise vierstelligen Bestrahlungsstärken in kw/m 2 (Tabelle ) vertritt die Fraport AG die Auffassung, sie seien aufgrund physikalischer Gegebenheiten nicht realistisch. Die Wärmestrahlung in einer Entfernung X (Bestrahlungsstärke) vom Flammen- bzw. Lachenrand berechne sich nach der Formel SEP x F(x) x ta(x). Dabei seien die Einstrahlzahl F(x) und der Transmissionskoeffizient ta(x) definitionsgemäß kleiner oder gleich 1, so dass an einem Ort X die Wärmestrahlung nie größer sein könne als die Wärmestrahlung an der Flammenoberfläche (SEP). Die mittlere SEP für Mineralölprodukte betrage deutlich weniger als 200 kw/m 2 ; bei Lachendurchmessern größer 25 m liege die mittlere SEP unterhalb von 100 kw/m 2. Insgesamt seien alle Werte in der Tabelle für eine Schadensbeurteilung ungeeignet. Da die abgeleitete Betroffenheit von Verkehrswegen, Bahnlinien und Schiffsverkehr auf diesen Werten beruhten, gälten die dargelegten Zweifel auch für die von meiner Behörde insofern gezogenen Schlussfolgerungen. Bezüglich der Einschätzungen der Auswirkungen eines durch einen Flugzeugabsturz ausgelösten Störfalls im Tanklager der Firma084 in Raunheim bestehen deutliche Differenzen, die auch im Verlauf des Anhörungsverfahrens nicht ausgeräumt werden konnten. Die Spanne der bei einem derartigen Ereignis zu erwartenden Todesopfer reicht von 19 (in G16.3) bis 900 (in der Stellungnahme Umweltabteilungen meiner Behörde). Zum Sachverhalt liegen zwei Gutachten vor: Das Gutachten G16.3 des TÜV Hessen, welches mit den Planfeststellungsunterlagen eingereicht worden ist, und das vom HMWVL in Auftrag gegebene und von meinen Umweltabteilungen für Ihre fachbehördliche Stellungnahme herangezogene Gutachten zur Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen am Flughafen Frankfurt Main auf das Shell-Tanklager in Raunheim sowie möglicher Wechselwirkungen mit dem Betriebsgelände Fa. Ticona/Infraserv in Kelsterbach des TÜV Pfalz (TÜV Pfalz 2005a). Die Revision 0 des Gutachtens vom September 2004 war Grundlage der Stellungnahme der Umweltabteilungen. Mit der Revision A vom März 2005 liegt zwischenzeitlich die Endfassung des Gutachtens vor. Die Revisionen unterscheiden sich redaktionell sowie in der Darstellung der Auswirkungsradien für Lachenbrände durch zusätzliche Darstellungen der Auswirkungsradien kritischer Wärmestrahlung für verschiedene Modelle und verschiedene Abschirmungskoeffizienten für Rußentwicklung in der Revision A/Endfassung. Während vom TÜV Pfalz der Hafenbereich detailliert betrachtet wird und die Umweltabteilungen hierauf gestützt Auswirkungen durch Wärmestrahlung bei einem Brand im Hafen- Seite 1584 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

143 becken bis in das östliche Gewerbegebiet von Raunheim für möglich halten, fehlt in G16.3 (abgesehen von einem Hinweis auf das Vorhandensein eines Hafens) eine Betrachtung des Hafens. Wenn ein Brand im Hafenbecken für die Berechnung der möglichen Anzahl an Todesopfern aufgrund seiner von der A 3 abgewandten Seite des Werksgeländes auch eine geringere Rolle spielt, sind doch die möglichen Umweltauswirkungen und Gewässerverunreinigungen zu betrachten. Beim Hafen selbst und den Verladeeinrichtungen handelt es sich um Anlagenteile des Betriebsbereichs, die auch im Sicherheitsbericht der Betreiberin betrachtet werden. Auch wenn die im Hafen liegenden Schiffe als nicht stationäre Einrichtungen angesehen werden können, sind die an den Verladeeinrichtungen angedockten Schiffe ebenfalls als Nebeneinrichtungen dem Betriebsbereich zuzurechnen. Unstrittig ist, dass bei einem Flugzeugabsturz mit Einwirkung auf die Tankfelder mit dem Totalverlust der Anlage zu rechnen ist und die Hauptgefahr in den Auswirkungen eines sich entwickelnden Großbrandes besteht. Auch die Funktionsfähigkeit von Löscheinrichtungen sowie Maßnahmen zum Schutz des Übergreifens auf weitere Tanks werden in allen Gutachten und in der Stellungnahme meiner Umweltabteilungen infrage gestellt. Während Explosionsereignisse nach Aussage der Fraport AG wenig zur Schadenspropagation beitragen und keine Auswirkungen auf umliegende Verkehrswege haben, gehe ich in Anlehnung an den TÜV Pfalz von einer Schadensausweitung durch Explosionen und von zumindest kurzzeitigen aber untergeordneten Auswirkungen auf direkt entlang der Werksgrenze verlaufende Verkehrswege aus. Die bei einem absturzinduzierten Brand entstehenden Auswirkungen durch Hitzestrahlung werden auf Basis unterschiedlicher Modelle berechnet und unterschiedlich bewertet. Der TÜV Pfalz beschreibt die Auswirkungen der Wärmestrahlung mit drei Modellen, die alle auf der Flammenlänge basieren. Hierbei liefert das AGA-Modell die konservativsten Auswirkungsradien, gefolgt vom Moorhouse-Modell und dem Thomas-Modell. Die Anhängigkeit der Bestrahlungsstärke von der Entfernung zum Brandherd wird ausgehend vom Lachenmittelpunkt über eine abklingende e-funktion beschrieben. Der TÜV Hessen berechnet über die Gleichung von Mudan die Strahlungsstärke SEP an der Flammenoberfläche. Die Gleichung von Mudan wurde aus Versuchsergebnissen mit verschiedenen Kraftstoffen abgeleitet. Nach Mudan errechnet sich, unabhängig vom verbrennenden Stoff, für große Lachen eine durchschnittliche SEP von 20 kw/m 2, da hier bereits ungünstige Verbrennungsverhältnisse angenommen werden. Die abstandsabhängigen Bestrahlungsstärken werden ausgehend von einer zylinderförmigen Flamme als Flächenstrahler mit dem Lachendurchmesser bestimmt. Bei allen Formeln handelt es sich um empirische Gleichungen. Nach den vom TÜV Pfalz angewandten Modellen, die alle mit der Abbrandrate auch stoffspezifische Eigenschaften berücksichtigen, ergeben sich am Rand der Lache bzw. Flamme ohne Berücksichtigung der abschirmenden Wirkung durch Ruß (η = 1) wesentlich höhere Abstrahlungswerte als nach Mudan. Während der TÜV Hessen davon ausgeht, dass bereits nach 105 m bis 150 m Entfernung vom Flammenrand keine Gefährdung öffentlicher Straßen mehr besteht (Wärmestrahlung < 4,7 kw/m 2 ), werden vom TÜV Pfalz für die Betrachtungen mit η = 1 wesentlich größere Auswirkungsradien (bei Anwendung des Thomas-Modells ca. 180 m bis 450 m je nach Brandszenario) für eine vergleichbare Wärmestrahlung beschrieben. Entscheidenden Einfluss auf die Abschätzung der Auswirkungen von Lachenbränden auf umliegende Verkehrswege hat die Berücksichtigung einer abschirmenden Wirkung von Rußpartikeln. Hierdurch kann die an der Flammenoberfläche auftretende Bestrahlungsstärke deutlich reduziert werden. Unter Versuchsbedingungen wurde beim Brand von Kerosinlachen eine sehr hohe Abschirmung durch Rußentwicklung festgestellt, die einem geringen Abstrahlungsfaktor (η = 0,03 bis η = 0,06) entspricht. Der TÜV Pfalz stellt die Ergebnisse für die konservative Berechnung mit η = 1 und die Ergebnisse mit hoher Ab- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1585

144 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main schirmung η = 0,06 gegenüber. Aus dieser Darstellung wird deutlich, dass sich durch die Wahl des Modells und eines hinreichend kleinen Abschirmkoeffizienten η die Auswirkungen von Lachenbränden auf die betroffenen Lachenflächen selbst beschränken lassen. In diesem Falle wären auch keine Bereiche außerhalb der Tankfelder selbst von den Auswirkungen betroffen. Fraglich ist jedoch, ob sich für die erforderliche störfallrechtliche Beurteilung experimentelle Ergebnisse auf eine konservative Auswirkungsbetrachtung übertragen lassen. Bei dem sich durch einen Absturz entwickelnden Großbrand im Tanklager wird es sich nicht wie in den Versuchen um ein statisches Ereignis sondern - zumindest zu Beginn - um ein hochdynamisches Ereignis handeln. Ausgehend von einem oder mehreren Primärbereichen wird sich der Brand ausweiten. Zur Anfangsdynamik können ebenfalls die an Bord eines Flugzeuges befindlichen Sauerstoffbehälter beitragen. Durch Zerstörung weiterer Tanks und Zündung des ausgetretenen Kraftstoffes kommt es zur permanenten Ausweitung der Brandfläche. Ebenso können Explosionen, Deflagrationen und weitere Effekte zur Dynamik des Brandes beitragen. Auch kann ein Pulsieren des Brandes mit stark schwankender Wärmeabstrahlung nicht ausgeschlossen werden. Entscheidend ist der Abtransport entstehender Rußpartikel durch thermische Effekte. Aus diesem Grund kann die Annahme einer hohen Abschirmung durch Rußentwicklung zumindest im Anfangsstadium des Ereignisses als nicht konservativ betrachtet werden. Folglich ist mit dem TÜV Pfalz ein Faktor von η = 1 als konservativ zu betrachten. Mit fortschreitender Zeit ist mit einem statischen Brand zu rechnen, der aufgrund Sauerstoffmangels eine hohe Rußentwicklung mit entsprechender Abschirmung aufweist. Mit dem Gutachten des TÜV Pfalz liegt eine Beschreibung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf das Tanklager der Shell in Raunheim vor, die als hinreichend konservativ und detailliert angesehen werden kann. Neben einer anlagenspezifischen Ermittlung der Einwirkungsbereiche eines Flugzeugabsturzes und einer detaillierten Berechnung der Dominoeffekte werden Auswirkungsbetrachtungen auf Basis konservativer Modelle durchgeführt. Hierbei werden die einzelnen Brandereignisse unter Berücksichtigung der Lachenflächen und der beteiligten Stoffe detailliert beschrieben. Einen entsprechenden Detaillierungsgrad weist das Gutachten G16.3 nicht auf. Für die Beurteilung des mit einem Flugzeugabsturz auf das Tanklager in Raunheim verbundenen Risikos ist das Gutachten des TÜV Pfalz heranzuziehen. Das von den Fachabteilungen meiner Behörde für die Auswirkungsbetrachtungen gewählte AGA-Modell beschreibt von allen Modellen (zumal bei η = 1) die konservativsten Einwirkungen von Wärmestrahlung auf die Umgebung des Tanklagers. Die Abschätzung der Anzahl der Todesopfer auf den umliegenden Verkehrswegen beschreibt daher den ungünstigsten Fall. In Revision A seines Gutachtens bevorzugt der TÜV Pfalz das Thomas-Modell zur Ermittlung der Auswirkungsradien außerhalb des Betriebsgeländes. Auch wenn das Thomas-Modell mit dem konservativen Ansatz η = 1 zugrunde gelegt wird, kann eine Gefährdung von Personen außerhalb des Werksgeländes insbesondere auf den direkt benachbarten Verkehrswegen nicht ausgeschlossen werden. Die von einer kritischen Wärmestrahlung von 10 kw/m 2 für Personen betroffenen Streckenabschnitte der A 3 würden sich im Vergleich zum AGA-Modell in erster Näherung etwa halbieren, wobei sich auch die Anzahl an Todesopfern proportional hierzu verringern dürfte. Die ermittelte Anzahl von Todesopfern läge dennoch deutlich über der in G16.3 beschriebenen Anzahl. Die vom TÜV Hessen in G16.3 durchgeführte Abschätzung der Todesopfer beruht auf Probit-Analysen zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit für den Tod durch Verbrennungen, in der die Bestrahlungsstärke und die effektive Expositionszeit Berücksichtigung finden. Bei der Expositionszeit wird die Flucht der betroffenen Personen nach einer Reakti- Seite 1586 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

145 onszeit von 5 s mit einer Geschwindigkeit von 4 m/s (25 s für 100 m) berücksichtigt. Die relativ guten Fluchtmöglichkeiten werden mit der abschirmenden Wirkung von Kraftfahrzeugen begründet. Damit werden die gleichen Fluchtgeschwindigkeiten für Personen auf der A 3 angenommen wie für die besonders fluchtfähigen Mitarbeiter der Ticona. Die Umweltabteilungen meiner Behörde gehen von nicht vorhandenen bis stark eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten aus. Die in G16.3 getroffenen Annahmen zu den Fluchtmöglichkeiten sind nicht konservativ. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich hier bei den Betroffenen - anders als auf dem Ticona-Gelände - nicht um Personen handelt, die mit den Gefahren vertraut sind. Es ist daher von sehr eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten auszugehen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Gutachten G16.3 für eine störfallrechtliche Beurteilung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf das Tanklager der Shell in Raunheim nicht anwendbar ist. Zum einen werden die mit dem Hafenbereich verbundenen Gefahren in G16.3 nicht betrachtet. Zum anderen beruht G16.3, was die Bestimmung der Auswirkungsradien und die Annahme von Fluchtmöglichkeiten auf den umliegenden Verkehrswegen betrifft, auf nicht konservativen Annahmen. Mit dem Gutachten TÜV Pfalz 2005a liegt bereits eine wesentlich anlagenspezifischere und detaillierte Ermittlung der Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls vor. Es ist daher für die weiteren Betrachtungen heranzuziehen. Für den Fall eines derartigen Ereignisses ist mit dem Totalverlust des Hafens oder des Lagerkomplexes im Nordosten des Geländes sowie mit dem Tod aller Betriebsangehörigen zu rechnen. Die von meinen Umweltabteilungen ermittelten Todesopferzahlen auf den umliegenden Verkehrswegen sind als ungünstigste Abschätzung auf Basis konservativer Modelle anzusehen. Erhebliche Auswirkungen mit Todesopfern auf den umliegenden Verkehrswegen sind auch bei Anwendung anderer hinreichend konservativer Modelle zu erwarten. Soweit eine probabilistische Bewertung des Risikos vorgenommen werden soll, ist besonders im Zusammenhang mit den Verkehrswegen eine Ermittlung der Eintrittsfrequenzen der jeweiligen Schadensszenarien erforderlich. Bei der Ermittlung des Einzelrisikos und des Gruppenrisikos auf Basis konservativer Methoden sind die Todesopfer auf den umliegenden Verkehrswegen zu berücksichtigen. In die erforderliche störfallrechtliche Betrachtung sind auch Verletzte, Umwelt- und Sachschäden einzubeziehen. In 2 definiert die Störfall-Verordnung ausdrücklich auch schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie die Schädigung der Umwelt oder von Sachgütern als ernste Gefahr Eintrittswahrscheinlichkeit eines absturzinduzierten Störfalls Die Umweltabteilungen meiner Behörde nehmen als immissionsschutzrechtliche Fachbehörde auch zur Eintrittswahrscheinlichkeit für einen absturzbedingten Störfall beim Tanklager Raunheim Stellung. Diese werde vom TÜV Hessen in G16.3 aus dem Gutachten G16.1 übernommen. Der TÜV Hessen lege seinen Betrachtungen die Absturzwahrscheinlichkeit auf die vier Rasterzellen zugrunde, in denen sich Lagertanks ganz oder teilweise befänden. Die so ermittelten Störfalleintrittswahrscheinlichkeiten liegen nach Einschätzung meiner Umweltabteilungen aber zu niedrig. Tatsächlich führten auch Flugzeugabstürze auf benachbarte Rasterzellen zu einer Freisetzung von Stoffen in dem Tanklager. Die Bereiche in denen ein Absturz einen Störfall auslösen könne, seien im Gutachten TÜV Pfalz 2005a dargestellt. Die kumulierte Absturzwahrscheinlichkeit für die vier Rasterzellen, die den Bereich des Tanklagers umfassen, wird in G16.3 für den Ist-Fall mit 1,3 x 10-6, für den Prognosenullfall mit 1,1 x 10-6 und für den Planfall mit 9,0 x 10-6 angegeben. Mit der Begründung, dass Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1587

146 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main nachts kein gruppenrisikorelevanter Personenschaden zu befürchten sei, setzt der TÜV Hessen die Eintrittsfrequenz für ein flugbetriebliches Sekundärereignis auf 2/3 der Eintrittsfrequenz eines flugbetrieblichen Primärereignisses fest. Ausgehend von dieser Eintrittswahrscheinlichkeit modelliert der TÜV Hessen in G16.3 die Eintrittsfrequenz unterschiedlicher Störfallszenarien und Auswirkungsszenarien, die schließlich zum FN-Diagramm für das Gruppenrisiko auf S. 103 des Gutachtens führen. Interpretiert man das FN-Diagramm, so werden alle betrachteten Auswirkungsszenarien für den Ist-Fall im Bereich einer Eintrittsfrequenz von ca. 1 x 10-7 bis 0,5 x 10-6 und für den Planfall in einem Bereich von etwa 1,2 x 10-6 bis ca. 0,75 x 10-5 erwartet. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten liegen im Planfall nahezu um eine Größenordnung höher. Auswirkungsseitig werden in beiden Fällen maximal 19 Todesopfer erwartet. Der TÜV Pfalz gibt in seinem Gutachten zum Tanklager für den Ist-Fall einen Erwartungswert für die Störfallhäufigkeit im Ist-Fall von 5,671 x 10-6, für den Prognosenullfall von 1,12 x 10-5 und für den Planfall von 9,686 x 10-6 an. Die Störfalleintrittswahrscheinlichkeit im Planfall liegt hier nicht einmal doppelt so hoch als im Ist-Fall. Für alle Eintrittswahrscheinlichkeiten werden vom TÜV Pfalz Vertrauensbereiche ausgewiesen. Der TÜV Pfalz identifiziert in seinem Gutachten die Einwirkungsbereiche auf dem Werksgelände und außerhalb des Werksgeländes, die im Falle eines Treffers zu Rückwirkungen auf die Anlage führen. Dabei differenziert er nach Tankbereich und Hafenbereich. Auch nach Art und Ausmaß der Einwirkung bei einem Treffer bestimmter Areale wird differenziert. So werden Areale ausgewiesen, bei denen grundsätzlich überhaupt mit Einwirkungen auf das Tanklager der Shell in Raunheim zu rechnen ist. Bei einem Treffer auf andere Areale ist mit Einwirkungen auf Anlagenteile mit gefährlichem Stoffinhalt zu rechnen, die Auslösung von Dominoeffekten wird jedoch ausgeschlossen. Schließlich werden die Areale ausgewiesen, bei denen im Falle eines Absturzes Anlagenteile unmittelbar auf dem Werksgelände betroffen sind, die aufgrund ihres Stoffinhalts zu einer Schadensausweitung beitragen können. Die Einwirkungsbereiche werden für den Landeanflug und für Startvorgänge getrennt ausgewiesen. Grundlage für die Festlegung der Einwirkungsbereiche ist eine detaillierte Modellierung der Absturzszenarien und Dominoeffekte anhand eines Dominorasters unter Berücksichtigung der Bodenbeschaffenheit, der Bebauung und des Stoffpotentials der jeweiligen Rasterzellen. Grundlage ist auch eine detaillierte Analyse des Flugzeugmixes auf den relevanten Routen zur Berücksichtigung der relevanten Primärschadensflächen (kinetische Energie, Rutschlängen, Trümmerwurf, Kerosinbrand). Auch wenn die Eintrittswahrscheinlichkeiten im Gutachten des TÜV Hessen und die Störfallhäufigkeit im Gutachten des TÜV Pfalz in etwa dieselbe Größenordnung aufweisen, bin ich der Auffassung, dass zur erforderlichen störfallrechtlichen Beurteilung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf das Tanklager die vom TÜV Pfalz berechneten Werte für die Störfalleintrittsfrequenz heranzuziehen sind. Dies begründet sich vor allem mit der anlagenspezifischen und detaillierten Betrachtung des TÜV Pfalz bezüglich der Trefferwahrscheinlichkeiten und der Einwirkungsbereiche sowie der Herleitung der Störfalleintrittswahrscheinlichkeit und Berücksichtigung aller anlagenspezifischer und flugbetrieblicher Gegebenheiten. Eine vergleichbare anlagenspezifische Betrachtung, wie sie für eine störfallrechtliche Beurteilung der umgebungsbedingten Gefahrenquelle Flugverkehr bei einer derart exponierten Anlage unabdingbar ist, wird bei der Ermittlung der Trefferwahrscheinlichkeiten in G16.1 nicht durchgeführt. Hier werden zufällig festgelegte Rasterelemente mit den sicherheitsrelevanten Teilen des Betriebsgeländes ausgewählt und die Trefferwahrscheinlichkeiten dieser Raster kumuliert. Die ausgewählten Flächen berücksichtigen nicht alle sicherheitsrelevanten Anlagenteile. Ebenso bleiben Flächen, in denen sich zwar keine si- Seite 1588 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

147 cherheitsrelevanten Anlagenteile befinden, die jedoch dennoch zu einem Störfall beitragen können, gänzlich unberücksichtigt. Erforderlich ist jedoch eine Integration über die möglichen Trefferflächen, die Einwirkungsflächen für die Auslösung eines Störfalls darstellen. Es wird auch mit wenig spezifischen pauschalen Mittelwerten für die Primärschadenflächen gerechnet. So bleiben bei dieser Betrachtung spezifische Effekte wie Rutschlängen, die auf Betonflächen oder Asphaltflächen ohne massive Bebauung mehrere hundert Meter betragen können, oder Trümmerwurf unberücksichtigt. Auch für das Tanklager wird (vgl. Ticona Kapitel ) gefordert, bei der Betrachtung der Ist-Situation von einer Risikominimierung durch die Nutzung anderer Flugrouten oder die Festlegung neuer Routen auszugehen. Die Fraport AG verweist auch hier darauf, dass die Abflugrouten von der DFS vorgegeben worden seien und sich grundsätzlich an den bestehenden Routen orientierten. Zudem sei im Gutachten G16.4 nachgewiesen, dass sowohl für den Planfall 2015 als auch für den Ist-Fall mit der vorausgesetzten Flugroutenstruktur das durch den Flugverkehr induzierte Risiko akzeptabel sei Weitere störfallrelevante Anlagen im Untersuchungsraum Auswahl relevanter Anlagen Die Umweltabteilungen meiner Behörde weisen in der Stellungnahme als immissionsschutzrechtliche Fachbehörde darauf hin, dass gemäß Ziffer lit. b) der Vollzugshilfe des BMU zur Störfall-Verordnung vom März 2004 der Flugverkehr als umgebungsbedingte Gefahrenquelle nur außer Acht gelassen werden dürfe, wenn der Betriebsbereich mehr als 4 km von der Landebahn Nordwest entfernt läge. Bei besonderen gefahrerhöhenden Umständen könne diese Distanz zur Disposition stehen. Die 2. StörfallVwV sei durch das Inkrafttreten der neuen StörfallVO vom außer Kraft gesetzt worden. Die Vollzugshilfe und die 2. StörfallVwV seien zwar rechtlich nicht bindend und könnten nicht unmittelbar angewendet, aber durchaus als Erkenntnisquelle herangezogen werden. In dem vorliegenden Fall werde der 4-km-Ansatz durch die vorhandene Gefahrenlage konterkariert. So seien die Flugphasen Start und Landung durch deutlich erhöhte Absturzraten gekennzeichnet. Beide Flugphasen erstreckten sich über eine deutlich längere Strecke als die genannten 4 km. Deshalb sei das Abstandskriterium kritisch zu überprüfen. Die Untersuchungen des TÜV Pfalz zu Ticona und dem Tanklager Raunheim hätten ergeben, dass der Flugverkehr auch in Entfernungen von über 4 km eine relevante Gefahrenquelle darstellen könne. Auch spiele unabhängig von der Entfernung die Trefferfläche eine Rolle. So beinhalteten größere Betriebsbereiche auch größere Flächen, in denen ein Treffer zu einem Störfall führen könne. Aus dieser Vergrößerung der Einwirkungsflächen könne auch bei geringerer flächenbezogener Absturzwahrscheinlichkeit eine hohe Störfalleintrittswahrscheinlichkeit resultieren. Dies zeige insbesondere das Beispiel des Tanklagers Raunheim. Im Ist-Fall liege das Tanklager ca. 4,5 km vom bestehenden Bahnsystem 25R/L entfernt. Im Planfall bestehe eine Entfernung von ca. 2,3 km zur geplanten Landebahn Nordwest. Damit hätte der Luftverkehr nach der 2. StörfallVwV nur im Planungsfall als Gefahrenquelle unbedingt berücksichtigt werden müssen. Für beide Fälle ergäben sich jedoch, obwohl die Entfernung zur Landebahn Nordwest im Planfall deutlich verkürzt wird, aufgrund der Lage der Flugrouten für den Ist-Fall und für den Planfall Störfalleintrittswahrscheinlichkeiten in der gleichen Größenordnung. Die Beurteilung nach einem pauschalen Ausscheidungskriterium wie nach der 2. StörfallVwV sei daher nicht mehr sachgerecht, da Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1589

148 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Erkenntnisse über eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Flugzeugabsturzes als externe Gefahrenquelle vorlägen. Die Umweltabteilungen meiner Behörde stellen fest, dass der Begriff Risiko als eine Verknüpfung zwischen der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses und dessen Schadensausmaßes definiert sei. Als Kriterium für die Auswahl der detailliert zu betrachtenden Betriebsbereiche solle auf der Grundlage der Darstellung des Einzelrisikos im Gutachten G16.1 zunächst die Absturzwahrscheinlichkeit im Gebiet dieser Betriebsbereiche betrachtet werden. Da das Einzelrisiko als Maß für die Trefferwahrscheinlichkeit betrachtet werden könne, sei anzunehmen, dass in Gebieten mit erhöhtem Einzelrisikowert auch eine erhöhte Absturzwahrscheinlichkeit bestehe. Eine genauere Betrachtung auf Basis der von GfL ermittelten Trefferwahrscheinlichkeit für störfallrelevante Betriebsbereiche im Untersuchungsraum sei im Gründruck des Gutachtens G16.3 vom TÜV Hessen durchgeführt worden. Als zweiter Faktor für die Risikoermittlung müsse für alle störfallrelevanten Betriebsbereiche und Anlagen, für die sich im Zusammenhang mit dem Flugverkehr des Flughafens Frankfurt Main eine erhöhte Trefferwahrscheinlichkeit ergebe, das mit einem Ereignis verbundene Schadensausmaß bestimmt werden. Hierbei sei bei einem Flugzeugabsturz bei einer ersten Abschätzung von einer vollständigen Zerstörung von Behältern, Reaktoren und Rohrleitungen unter Freisetzung des gesamten Inhalts auszugehen. Auch könnten Folgeszenarien für die Freisetzung toxischer, entzündlicher und brennbarer Stoffe abgeleitet werden. Dabei sei die erste qualitative Auswirkungsbetrachtung auf Personenschäden (Tote und Verletzte) abzustellen. Eine plausible Vorgehensweise auf Grundlage einer Entscheidungsmatrix sei im Gründruck des Gutachtens G16.3 enthalten gewesen. Auf der Grundlage der Berechnungen im Gutachten G16.1 und unter der Berücksichtigung der Detailangaben aus dem Gründruck des Gutachtens G16.3 schlagen die Umweltabteilungen meiner Behörde für die Betrachtung der Störfallanlagen folgendes Vorgehen vor: Für Betriebsbereiche und Anlagen im Bereich einer Eintrittswahrscheinlichkeit > /a für das Primärereignis sei zur weiteren Beurteilung eine Abschätzung des Schadensausmaßes erforderlich. Bei Betriebsbereichen und Anlagen mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit < /a für das Primärereignis sei die Gefahrenquelle Flugzeugabsturz für die Anlagen vernünftigerweise auszuschließen; die Anlagen müssten nicht weiter betrachtet zu werden. Auf der Basis dieser Auswahlkriterien ergäben sich neun relevante Betriebsbereiche bzw. Störfallanlagen, für die vertiefte Betrachtungen bezüglich der potentiellen Auswirkungen eines absturzinduzierten Störfalls durchzuführen seien: Ticona in Kelsterbach, das Tanklager der Shell in Raunheim ( DEA-Tanklager ), das Tanklager der Shell in Flörsheim am Main, das Tanklager der HBG auf dem Flughafengelände, das Tanklager der VTG in Ginsheim-Gustavsburg 36, die PU-Schäumanlage der Firma058 auf dem Opel-Gelände in Rüsselsheim, das Flüssiggaslager der Firma080 in Rüsselsheim, die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein in Neu-Isenburg und Firma053 in Neu-Isenburg. Für die Ticona und Shell in Raunheim könne aufgrund der vorliegenden Unterlagen eine Auswirkungsbetrachtung durchgeführt werden, für Shell in Flörsheim, HBG-Tanklager, 36 das Tanklager in Ginsheim-Gustavsburg wird inzwischen von der Firma betrieben Seite 1590 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

149 VTG-Tanklager, Firma058 (PU-Schäumanlage), Firma080 (Flüssiggaslager), Bundesmonopolverwaltung für Branntwein und Firma053 könne aufgrund fehlender Gutachten nur eine grobe Risikoabschätzung vorgenommen werden. Die Fraport AG verweist zu den von meinen Umweltabteilungen geforderten weitergehenden Untersuchungen auf die 2. Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung. Diese besage, dass Flugzeuge als Gefahrenquellen außer Betracht bleiben könnten, wenn eine Störfallanlage außerhalb des Anflugsektors oder innerhalb des Anflugsektors mehr als m vom Beginn der Landebahn Nordwest entfernt liegt. Lediglich besondere gefahrenerhöhende Umstände könnten dazu führen, dass der Flugverkehr auch für Anlagen, die sich außerhalb des in Ziffer lit. b) der Vollzugshilfe zur StörfallVO beschriebenen Bereichs befinden, als umgebungsbezogene Gefahrenquelle betrachtet werden müsse. Solche Umstände könnten am Flughafen Frankfurt Main nicht identifiziert werden. Auch die im Gutachten G16.1 ausgeführte erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit bei Start und Landung sei bei Erstellung der genannten Verordnungen bekannt gewesen, so dass man davon ausgehen müsse, dass dies bei Festlegung des Abstandes von 4 km entsprechend gewürdigt wurde. Anlass, davon abzugehen, bestehe deshalb nicht. Daher würden ausschließlich die beiden Störfallanlagen Ticona/Infraserv und das Shell-Tanklager in Raunheim detailliert untersucht. Die Ausweitung der Detailanalysen auf weitere Störfallanlagen im Untersuchungsraum sei entbehrlich, da die Anlagenbetreiber ihrerseits den Luftverkehr nicht als externe Gefahrenquelle zu berücksichtigen hätten. Nach derzeitiger Rechtslage sei davon auszugehen, dass das von den Störfallanlagen ausgehende Risiko nicht maßgeblich durch den Luftverkehr beeinflusst werde. Es treffe nicht zu, dass das Tanklager Raunheim im Szenario Ist-Situation 2000 nicht berücksichtigt worden sei. Modellseitig führe jeder Flugunfall, der sich an der Stelle einer Störfallanlage ereignete, zu einem Störfall. Die Bestimmung des Schadensausmaßes erfolge hierbei zum Teil detailliert (für Ticona/Infraserv und das Shell-Tanklager in Raunheim), zum anderen Teil pauschalisiert (Sekundärschadensgebiet: Radius 500 m, Mortalität 60 %). Der pauschalisierte Ansatz eines kreisförmigen Sekundärschadensgebiets für die Störfallanlagen im Untersuchungsraum basiere, wie in G16.1 ausgeführt werde, auf den Störfallarten Brand und Explosion. Die Analyse von Störfallen habe ergeben, dass dieser Ansatz konservativ sei und auch bei Auslösung durch Flugunfälle angewendet werden könne. Ich empfehle eine sicherheitstechnische Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die genannten Anlagen. Denn die Gefahr eines Flugzeugabsturzes ist möglicherweise bestimmend für den Umfang der immissionsschutz- und störfallrechtlichen Pflichten der Betreiber dieser Anlagen. Denn alle genannten Anlagen unterliegen der Störfall-Verordnung, so dass ihre Betreiber verpflichtet sind, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle zu verhindern ( 3 Abs. 1 der StörfallVO) sowie darüber hinaus vorbeugend Maßnahmen zu treffen, um die Auswirkungen von Störfällen so gering wie möglich zu halten ( 3 Abs. 3 der StörfallVO). Bei der Ermittlung der Pflichten sind gemäß 3 Abs. 2 der StörfallVO nicht nur betriebliche, sondern auch umgebungsbedingte Gefahrenquellen einzubeziehen. Zur Anwendung der StörfallVO hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im März 2004 eine Vollzugshilfe herausgegeben, die inhaltlich in weiten Teilen den bis dahin geltenden Verwaltungsvorschriften zur StörfallVO entspricht. Nach Ziffer 3 dieser Vollzugshilfe ist zunächst im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsbetrachtung zwischen vernünftigerweise auszuschließenden und vernünftigerweise nicht auszuschließenden Gefahrenquellen zu unterscheiden. Gegen Störfälle, die durch die letztgenannten Gefahrenquellen hervorgerufen werden, sind Vermeidungsmaßnahmen erforderlich. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1591

150 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Pflicht, die Auswirkungen von Störfällen zu beschränken, erstreckt sich indes auch auf vernünftigerweise auszuschließende Gefahrenquellen, es sei denn, dass sie jenseits der Erfahrung und Berechenbarkeit liegen ( exzeptionelle Störfälle ). Der Luftverkehr könnte als umgebungsbedingte Gefahrenquelle also schon dann für den Umfang der störfallrechtlichen Auswirkungsbegrenzungspflicht eine Rolle spielen, wenn er als Gefahrenquelle für die konkret zu betrachtende Anlage nicht jenseits der Erfahrung und Berechenbarkeit liegt; erst recht spielt er eine Rolle, wenn er als Gefahrenquelle nicht vernünftigerweise auszuschließen ist. Eine Regelung dazu, welche Gefahrenquellen als vernünftigerweise auszuschließen anzusehen sind, enthält Ziffer der Vollzugshilfe. Sie gibt vor, an die Auslegung des Begriffs vernünftigerweise ist ein strenger Maßstab anzulegen. Vernünftigerweise ist ein Ereignis nicht schon dann ausgeschlossen, wenn es nur selten eintritt. Dabei ist insbesondere die praktische Erfahrung von Bedeutung. Hierfür können im Einzelfall maßgeblich sein: der allgemeine wissenschaftliche Kenntnisstand, Erfahrungen, die in Anlagen dieser oder vergleichbarer Art gewonnen wurden oder Rechnungen, Abschätzungen oder Übertragungen von Erkenntnissen. Ziffer lit. b) der Vollzugshilfe präzisiert dies insofern, als der Verkehr durch Flugzeuge als umgebungsbedingte Gefahrenquelle nur dann außer Betracht bleiben darf, wenn sich eine Anlage bei Flughäfen außerhalb der Sicherheitsflächen und des Anflugsektors ( 12 Abs. 1 Nr. 2 und 5 LuftVG) oder innerhalb des Anflugsektors, aber mehr als 4 km vom Beginn der Landebahn entfernt befindet, es sei denn, dass besondere gefahrerhöhende Umstände vorliegen. Die genannten Anlagen befinden sich zwar nicht innerhalb des in der Vollzugshilfe beschriebenen räumlichen Bereichs. Die Vollzugshilfe schreibt indes lediglich vor, dass der Verkehr durch Flugzeuge als umgebungsbedingte Gefahrenquelle bei solchen Anlagen in Betracht gezogen werden muss, die sich innerhalb des dort genannten Bereichs befinden. Dafür, dass er bei Anlagen, die sich außerhalb dieses Bereichs befinden, schlichtweg nicht in Betracht gezogen werden dürfte, gibt die Vollzugshilfe nichts her. Kenntnisse darüber, dass andere deutsche Immissionsschutzbehörden bei Anlagen außerhalb des so definierten Bereichs eine Betrachtung des Luftverkehrs als externe Gefahrenquelle verlangt hätten, liegen mir zwar nicht vor. Die vertiefte Auseinandersetzung mit der Problematik in diesem Verfahren lässt es allerdings geboten erscheinen, einzelfallbezogene Betrachtungen anzustellen. Der von den Umweltabteilungen meiner Behörde vorgenommene überschlägige Vergleich der Eintrittswahrscheinlichkeit und des möglichen Schadensausmaßes eines vom Luftverkehr ausgelösten Störfalls (vgl. S. 68 ff. der Anlage 4 zur Stellungnahme der genannten Abteilungen zum Planfeststellungsverfahren) zeigt, dass das von diesen beiden Faktoren bestimmte luftverkehrsbedingte Risiko in diesen Anlagen in einer dem Risiko für die innerhalb des in der Vollzugshilfe beschriebenen Bereichs gelegenen Anlagen der Firmen Ticona und Shell in Raunheim vergleichbaren Größenordnung liegt. Dies macht deutlich, dass dem Flugverkehr als Gefahrenquelle auch bei diesen Anlagen eine Relevanz zukommt, die es verbietet, diese Gefahrenquelle von vornherein als vernünftigerweise auszuschließen anzusehen. Die zitierten allgemeinen Regelungen aus der Vollzugshilfe lassen erkennen, dass dem Grad der Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines durch die zu betrachtende Gefahrenquelle hervorgerufenen Störfalls bei der Beurteilung eine wichtige Bedeutung zukommt. Die von den Umweltabteilungen meiner Behörde vorgenommene vergleichende Betrachtung des Absturzrisikos an den konkret zu beurteilenden Standorten der Anlagen zeigt, dass der Luftverkehr als Gefahrenquelle für diese Anlagen ebenso bedeutsam ist wie für die Anlagen, für die die Vollzugshilfe bereits aufgrund ihrer räumlichen Lage eine Berücksichtigung vorschreibt. Der Luftverkehr kann wegen dieser Vergleichbarkeit nicht als vernünftigerweise auszuschließende Gefahrenquelle betrachtet werden. Seite 1592 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

151 Hinzu kommt, dass weder die 2. StörfallVwV noch die Vollzugshilfe überhaupt ein apodiktisches Abstandskriterium enthalten, das eine Betrachtung des Flugverkehrs als umgebungsbedingte Gefahrenquelle für Anlagen, die in größerer Entfernung zu den Start- bzw. Landebahnen liegen, oder für Anlagen außerhalb des Anflugsektors grundsätzlich ausschließt. Beide Regelungen enthalten den Verweis auf besondere gefahrerhöhende Umstände, die eine Berücksichtigung des Flugverkehrs auch bei größeren Entfernungen erforderlich machen können. Strittig ist jedoch, wann von besonderen gefahrerhöhenden Umständen auszugehen ist. Die beispielhafte Nennung von Luftfahrthindernissen in der Nähe von Flugplätzen als gefahrerhöhender Umstand wird von der Fraport AG dahingehend interpretiert, dass hierfür grundsätzlich auf die Beeinträchtigung der Sicherheit des Luftverkehrs durch die störfallrechtlich zu betrachtenden Anlagen bzw. im Umfeld der Anlagen abgehoben wird und nicht auf das bei vollständiger Herstellung der Bedingungen für einen sicheren Luftverkehr verbleibende Restrisiko eines Absturzes. Als Indiz wird hierfür zumeist die Orientierung der Regelung in der Vollzugshilfe an Festlegungen aus dem Luftverkehrsgesetz (Anflugsektor) angeführt, welches in erster Linie die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs regelt. Fraglich ist jedoch, ob allein wegen eines in der Vollzugshilfe enthaltenen Regelbeispiels für einen besonderen gefahrerhöhenden Umstand das gesamte weitere inzwischen erkennbare Spektrum an gefahrerhöhenden Momenten außer Acht bleiben kann. Zumindest bedarf es einer kritischen Hinterfragung des Regelbeispiels. Es ist nicht offensichtlich erkennbar, wie sich eine zulässige Abweichung von der Hindernisfreiheit gerade für eine Störfallanlage gefahrerhöhend auswirken sollte. Ein Durchdringen der luftverkehrsrechtlich geforderten Hindernisfreiheit ist nur zulässig, wenn die Sicherheit des Flugverkehrs trotz des Hindernisses - ggf. durch die Vorgabe bestimmter An- oder Abflugverfahren - gewährleistet werden kann. Ansonsten ist das Hindernis zu kürzen oder zu beseitigen. Eine besondere Gefahr aus einer durch das Luftfahrthindernis hervorgerufenen erhöhten Absturzwahrscheinlichkeit als umgebungsbedingte Gefahrenquelle für eine Störfallanlage kann somit schwerlich hergeleitet werden. Nach meiner Ansicht bezieht sich der Begriff der gefahrerhöhenden Umstände auch auf das Absturzrisiko. Die Untersuchungen des RWTÜV und des TÜV Pfalz haben gezeigt, dass bei Wirksamwerden der umgebungsbedingten Gefahrenquelle Flugzeugabsturz je nach Art des betroffenen Betriebsbereichs erhebliche Störfallauswirkungen zu besorgen sind. Durch den TÜV Pfalz wurde eine starke Abhängigkeit der Trefferwahrscheinlichkeit von den Flugrouten im Umfeld des Betriebsbereichs und deren Belegung nachgewiesen. Schließlich wurde für das Tanklager der Shell in Raunheim trotz unterschiedlicher Entfernungen vom Bahnsystem eine vergleichbare Störfalleintrittswahrscheinlichkeit im Ist- und im Planfall unabhängig vom Abstand zu den Bahnen nachgewiesen. Aus diesen Indizien kann geschlossen werden, dass das flugbetriebliche Risiko für Störfallanlagen im Umfeld eines Flughafens von der Lage und Belegung der Flugrouten mit Einwirkung auf die Anlage und von der Art der Anlage und dem damit verbundenen möglichen Schadensausmaß abhängt. Der Abstand zum Bahnsystem ist hierbei lediglich einer von mehreren Faktoren, die für die Trefferwahrscheinlichkeit eine Rolle spielen. Zu beachten ist auch, dass für Starts und Landungen eine erhöhte Absturzwahrscheinlichkeit zu erwarten ist und damit mit größerer Entfernung auch die Absturzwahrscheinlichkeit je Flugbewegung sinkt. Ein Rückzug auf das Abstandskriterium als alleiniges Indiz für die Berücksichtigung des Flugverkehrs als umgebungsbedingte Gefahrenquelle erschiene angesichts der vorliegenden Erkenntnisse rechtlich überaus problematisch. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Vollzugshilfe nicht um eine verbindliche Rechtsnorm handelt. Soweit mir bekannt ist, ist die hier streitige Rechtsfrage bislang noch nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen gewesen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1593

152 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Für die im Umfeld des Flughafen Frankfurt Main befindlichen Störfallanlagen haben meine Umweltabteilungen angelehnt an den Gründruck des Gutachtens G16.3 unter Beachtung der Parameter Trefferwahrscheinlichkeit und Schadensausmaß eines absturzinduzierten Störfalls eine Abschätzung der Relevanz der Betriebsbereiche durchgeführt. Die von den Umweltabteilungen als erstes Auswahlkriterium angesetzte Eintrittswahrscheinlichkeit für das Primärereignis von /a kann als sehr konservativ angesehen werden. Sie ist auch im Hinblick auf eine Kumulation der Trefferflächen in Einwirkungsbereichen auf größere Störfallanlagen (Industriepark Höchst) hinreichend niedrig angesetzt. Da als weiteres Kriterium das mögliche Schadensausmaß herangezogen wird, erfolgt auch eine weitere Eingrenzung bei Betriebsbereichen mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von über /a. Die Umweltabteilungen haben aufgezeigt, dass auch jenseits des Abstandskriteriums Möglichkeiten für eine nachvollziehbare und begründete Auswahl der detailliert zu untersuchenden Betriebsbereiche bestehen. Die von den Umweltabteilungen durchgeführten Betrachtungen zur Auswahl der detailliert zu untersuchenden Betriebsbereiche lege ich meinen Einschätzungen im Folgenden zugrunde Störfallrelevante Anlagen mit einem erhöhten flugbetrieblichen Risiko Einige Einwender und Beteiligte, darunter die Städte Flörsheim am Main, Hattersheim am Main, Hochheim am Main und Mainz, tragen vor, dass ein Gefahrenpotential durch die Tanklager in Flörsheim am Main und in Ginsheim-Gustavsburg bestehe, welches in den Planfeststellungsunterlagen nicht ausreichend untersucht worden sei. Die Umweltabteilungen meiner Behörde fordern auf der Grundlage der oben dargestellten Argumentation, dass für den Betriebsbereich der Shell in Flörsheim am Main, den Betriebsbereich der Firma058 in Rüsselsheim, den Betriebsbereich der VTG in Ginsheim-Gustavsburg sowie für den Betriebsbereich der HBG auf dem Flughafengelände weitergehende Untersuchungen zum Luftverkehr als externer Gefahrenquelle durchgeführt werden. Für die Flüssiggasanlage der Firma080 sowie der Firma053 und die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein bestehe nach der durchgeführten Abschätzung kein Erfordernis für eine detaillierte Untersuchung. In der Stellungnahme erläutern die Umweltabteilungen meiner Behörde, das Shell-Tanklager in Flörsheim am Main habe eine Gesamtlagerkapazität von m³. Der Gesamt-Hold-Up an umweltgefährlichen Mineralölprodukten betrage ca t. Das Tanklager bestehe aus verschiedenen Tankfeldern mit 27 Lagertanks bis zu einer Größe von m 3, einer Füllstation für Tanklastwagen, einer Füllstation für Kesselwagen, einem Hafen und hauptsächlich oberirdisch verlegten Rohrleitungen. Es würden Heizöl EL, Dieselkraftstoff, Jet A-1, Ottokraftstoffe und Avgas Flugbenzin umgeschlagen. In direkter Nachbarschaft zum Tanklager befänden sich der Main, Bahnanlagen, ein Tenniszentrum, der städtische Bauhof und eine Kartonagenfabrik. Am anderen Ufer des Mains und nordwestlich des Tanklagers befänden sich Wohngebiete. Zwischen dem Tanklager der Shell AG in Raunheim und dem Tanklager in Flörsheim am Main bestünden vergleichbare Bedingungen bezüglich der Art und dem Brandverhalten der gelagerten Mineralölprodukte. Die für einen Lachenbrand entscheidenden Flächen der Tanktassen seien vergleichbar. Der Hafen weise mit ca m 2 in Flörsheim am Main eine größere Fläche als der Hafen des Tanklagers Raunheim ( m 2 ) auf. Die auf der Grundlage des Gründrucks des Gutachtens G16.3 ermittelten Eintrittswahrscheinlichkeiten eines Flugzeugabsturzes auf das Tanklager Flörsheim betrügen im Ist-Fall 5,4 x 10-7 und im Planfall 3,5 x Seite 1594 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

153 Abschätzungen der kritischen Auswirkungen eines absturzbedingten Störfalls in Analogie zum Tanklager Raunheim auf Basis der vom TÜV Pfalz (TÜV Pfalz 2005a) nach dem AGA-Modell und dem Thomas-Modell mit Abschirmungsfaktor η = 1 berechneten Auswirkungsradien ergäben, dass im Falle eines absturzinduzierten Großbrandes im Tanklager Flörsheim erhebliche Auswirkungen auf die umliegenden Objekte und auch auf Wohngebiete nicht ausgeschlossen werden könnten. Eine detaillierte Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf das Shell-Tanklager in Flörsheim am Main analog der Begutachtung des Tanklagers Raunheim sei angesichts der zu Raunheim vergleichbaren Trefferwahrscheinlichkeit und des potentiellen Schadensausmaßes erforderlich, sofern die vorstehende Analogiebetrachtung als nicht ausreichend angesehen würden. Meine Umweltabteilungen stellen in der Stellungnahme fest, dass auch das Tanklager der Hydrantenbetriebsgesellschaft auf dem Flughafengelände einen eigenen Betriebsbereich darstelle, der den erweiterten Pflichten der Störfall-Verordnung unterliege. Die Gesamtkapazität der 10 vorhandenen Tanks betrage m³. Im direkten Umfeld des HBG-Tanklagers lägen Parkpositionen für Flugzeuge, Wartungshallen für Flugzeuge und Cargo-Gebäude. Im Ist-Fall seien aufgrund der Lage des Lagers zum Parallelbahnsystem nach dem Gutachten G16.1 keine erhöhten Einzelrisiken ausgewiesen. Im Planungsfall liege das Tanklager ca. 800 m südlich und ca m östlich des östlichen Endes der Landebahn Nordwest. Ein Übertrag der Einzelrisikokonturen aus Plan G auf das von der Fraport AG von der Risikobetrachtung ausgenommene Flughafengelände zeige, dass das Tanklager in einem Bereich zwischen 10-7 und 10-6 für das Einzelrisiko liegen würde. Damit weise es vergleichbare Einzelrisikowerte wie das Gelände des Tanklagers Raunheim auf. Entsprechend dürfte auch eine vergleichbare Trefferwahrscheinlichkeit vorliegen. Bei einem Absturz mit Einwirkungen auf das Tanklager könne aufgrund der engen Anordnung der Tanks ein Vollbrand auf der gesamten Tankfeldfläche von ca m 2 nicht ausgeschlossen werden. Auch eine Zerstörung der Rückhaltefunktionen und eine größere Ausbreitung der Lache seien möglich. Eine Ausbreitung des Brandes durch das Bersten von Rohrleitungen, die vom Tanklager in verschiedene Bereiche des Flughafens Frankfurt Main führten, könne ebenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Unter Berücksichtigung der in TÜV Pfalz 2005a für das Tanklager in Raunheim dargestellten Auswirkungsradien vergleichbarer Lachenbrände könne bei einem absturzinduzierten Brand des HBG-Tanklagers eine Gefährdung umliegender Flächen und Gebäude und der Tod oder die Verletzung von Personen in diesen Bereichen nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der Erhöhung der Trefferwahrscheinlichkeit im Planungsfall halten meine Umweltabteilungen eine detaillierte Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen für erforderlich, falls die in der Stellungnahme durchgeführte Analogiebetrachtung als nicht ausreichend angesehen wird. Nach den Recherchen der Umweltabteilungen besteht das Tanklager Gustavsburg aus 27 Tanks für Mineralölprodukte mit einem Volumen von 500 m 3 bis m 3, einem Hafen mit Schiffsanleger, einer TKW-Befüllstation, einer Kesselwagen-Befüllstation und einer Übergabestation der Firma096 (Pipeline). Gelagert und umgeschlagen würden Dieselkraftstoff, Ottokraftstoffe, Jet A-1 und Heizöl EL. Das Lager liege im Bereich der Mainspitze. In unmittelbarer Nähe zum Tanklager verlaufe die stark frequentierte Bahn-Trasse Mainz-Frankfurt. Östlich und nordöstlich grenze ein Industriegebiet an das Tanklager an. Die nächste Wohnbebauung befände sich in ca. 500 bis 900 m Entfernung. Im Ist-Fall stelle der Flugverkehr bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit für das Primärereignis von < keine relevante Gefahrenquelle dar. Für den Planungsfall wird eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 7,4 x 10-8 angegeben. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1595

154 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die für Flörsheim am Main gewonnenen Erkenntnisse könnten dann auf das Tanklager Gustavsburg übertragen werden. Aufgrund der im Vergleich zum Tanklager Flörsheim niedrigeren Eintrittswahrscheinlichkeit für das Primärereignis und des größeren Abstandes zu umliegenden Objekten mit einer höheren Personendichte könne die Betrachtung des VTG-Tanklagers bis zum Vorliegen der Ergebnisse für das Tanklager Flörsheim zurückgestellt werden. Im Erörterungstermin hat der Bevollmächtigte der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg und anderer ergänzend ausgeführt, dass sich das Tanklager der VTG in einer Entfernung von 500 m zur Wohnbebauung befinde. In größerer Entfernung zu dem Tanklager befänden sich außerdem ein Kindergarten und Schulen. Für das Tanklager Gustavsburg trete eine deutliche Risikoerhöhung im Ausbaufalle ein, die in unmittelbarer Nähe zu den genannten schutzwürdigen Nutzungen nicht zumutbar sei. Die Firma058 betreibe auf dem Werksgelände von Opel in Rüsselsheim eine Anlage zur Herstellung von Polyurethanschaumteilen für Autositze. In der Anlage kämen im Wesentlichen die Isocyanate Toluylendiisocyanat (TDI) und Diphenylmethandiisocyanat (MDI) sowie Polyole zum Einsatz. Im Fall von TDI handele es sich um eine als sehr giftig eingestufte Flüssigkeit. TDI besitze einen sehr niedrigen Dampfdruck. Die ca. 48 t TDI befänden sich hauptsächlich im Tanklager in einem massiven Gebäude. Im Gutachten G16.1 werde die Anlage der Firma058 unter Opel aufgeführt und in der Mitte des Werksgeländes verortet. Es handele sich aber um einen eigenständigen Betriebsbereich nach der Störfall-Verordnung, der lediglich seinen Standort auf dem Werksgelände der Fa. Opel besitze. Die Trefferwahrscheinlichkeiten lägen gemäß dem Gründruck des Gutachtens G16.3 im Ist- und im Planfall mit 3,2 x 10-8 und 4,3 x 10-8 etwa gleich hoch. Aufgrund der falschen Verortung des Betriebsbereichs sei von etwas höheren Werten auszugehen. In der Plan G liege die Anlage im Bereich eines Einzelrisikos zwischen 10-6 und Der TÜV Hessen gehe in einer groben Einschätzung des Gefährdungspotentials davon aus, dass TDI im Falle eines Flugzeugabsturzes vollständig verbrenne und es durch die Brandgase aufgrund der thermischen Überhöhung nicht zu lebensbedrohenden Konzentrationen am Boden komme. Dies widerspreche den Darstellungen im Gutachten G16.3, in dem der Kerosinbrand als sehr unvollständige Verbrennung mit starker Rußbildung beschrieben werde. Es werde auch nicht betrachtet, ob TDI als Folge eines Absturzes unverbrannt freigesetzt werden könne. Andererseits habe die kleine Fläche der Anlage eine relativ kleine Störfalleintrittswahrscheinlichkeit zur Folge. Eine Aussage über das mit einem Flugzeugabsturz auf den Betriebsbereich der Firma058 verbundene Risiko lasse sich auf Grundlage der vorliegenden Untersuchungen nicht treffen. Sowohl Eintrittswahrscheinlichkeit als auch Auswirkungen eines absturzbedingten Störfalls des Ereignisses könne man nur mit Hilfe weitergehender Untersuchungen ermitteln. Die Fraport AG meint, die Betriebsbereiche der Shell in Flörsheim am Main, der HBG, der VTG und der Firma058 lägen in dem Bereich, in dem nach der 2. Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung Flugzeuge als Gefahrenquellen außer Betracht bleiben könnten. Eine Detailuntersuchung sei nicht erforderlich. Zum HBG-Tanklager vertritt die Fraport AG die Auffassung, dass das interne Risiko des Luftverkehrs keine direkten Auswirkungen auf die Umgebung des Flughafens Frankfurt Main habe und daher nicht im direkten Zusammenhang mit dem Ausbauvorhaben stehe. Betrachtet werde daher nur die Konsequenz, die sich durch das interne Risiko für die Umgebung ergebe. Ergänzend führt die Fraport AG aus, dass zwar die maximale Lagermenge im Kerosinlager t betrage, aber im Normalfall nur ca t ausgenutzt wür- Seite 1596 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

155 den. Zum Vergleich betrage die Lagermenge des DEA-Tanklagers t (G16.3, S. 91). Insofern könnten beide Anlagen in der Größenordnung und im resultierenden Gefährdungspotential durchaus miteinander verglichen werden. Für das DEA-Tanklager würde in der Detailbetrachtung gemäß G16.3 ein Störfallradius von 275 m ausgewiesen und in G16.1 modelliert. Dementsprechend handele es sich beim pauschalen Ansatz von 500 m für das Kerosinlager um eine konservativ überschätzende Annahme. Für das TDI-Tanklager der Firma058 wird auf die vollständige Verbrennung von TDI in CO und HCN verwiesen. Es würden zudem im Vergleich mit dem Tanklager in Raunheim wesentlich geringere Brandlachen entstehen. Ich empfehle eine sicherheitstechnische Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die genannten Anlagen. Ich verweise hierzu auf die oben gemachten Ausführungen. Hinzu kommt, dass sich für die genannten Anlagen die Trefferwahrscheinlichkeit bereits beim Vergleich zwischen Ist- und Planfall merklich erhöht; der maßgebliche Vergleich zwischen Prognosenullfall und Planungsfall dürfte noch deutlicher ausfallen. Auch für jene Anlagen muss also beurteilt werden können, inwieweit die Veränderungen der vom Luftverkehr hervorgerufenen Gefahren durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben störfallrechtlich relevant sind. In der Stellungnahme haben meine Umweltabteilungen auch Betriebsbereiche identifiziert, für die aufgrund der geringen Trefferwahrscheinlichkeit der Flugverkehr als umgebungsbedingte Gefahrenquelle vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann oder bei denen beim Wirksamwerden der Gefahrenquelle mit einem das Primärereignis nicht übertreffenden Schaden zu rechnen ist. Für diese Fälle halten die Umweltabteilungen eine detaillierte störfallrechtliche Betrachtung nicht für erforderlich und eine pauschale Betrachtung im Hinblick auf das - nicht störfallrechtlich relevante - externe Risiko für hinreichend. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ich am eine Anordnung nach 29 a BImSchG erlassen habe, die die Betreiberin des Tanklagers in Raunheim zu einer sicherheitstechnischen Prüfung des Betriebsbereichs bezüglich der Gefährdung durch einen Flugzeugabsturz im Ist-Fall verpflichtet. Obwohl die Anlage mehr als 4 km vom bestehenden Bahnsystem entfernt liegt und sich somit nach der Vollzugshilfe außerhalb des Abstandskriteriums befindet, kommt meine Abteilung Umwelt Darmstadt im Anhörungsentwurf der Anordnung zu dem Schluss, dass der Flugbetrieb eine relevante Gefahrenquelle darstellt, wodurch eine sicherheitstechnische Überprüfung des Betriebsbereichs hinsichtlich dieser Gefahrenquelle geboten ist. Die als Teil der Planfeststellungsunterlagen vorgelegte Betrachtung des externen Risikos unter Berücksichtigung pauschaler Auswirkungsradien und ohne anlagenspezifische Berücksichtigung der Auswirkungen und Einwirkungsbereiche bei der Ermittlung der Eintrittswahrscheinlichkeiten ist nicht ausreichend. Eine Differenzierung nach externem Risiko und internem Risiko des Flughafens Frankfurt Main ist aus störfallrechtlichen Gesichtspunkten nicht durchführbar. Daher sollten für die Betriebsbereiche des Tanklagers der HBG auf dem Flughafengelände, des Tanklagers der Firma084 in Flörsheim am Main, des Tanklagers der VTG (jetzt Tanquid) in Ginsheim-Gustavsburg und der Firma058 in Rüsselsheim weitere Untersuchungen vorgelegt wird en. Die Gutachten sollten sich an den bereits vorliegenden Gutachten des TÜV Pfalz zum Planfall und zum Ist-Fall (Revision B) orientieren und mit der Fachbehörde (zuständige Umweltabteilungen meiner Behörde) abgestimmt werden. Für Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1597

156 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main eine detaillierte Beschreibung des erforderlichen Untersuchungsbedarfs verweise ich auf mein Schreiben an das HMWVL vom Störfallrelevante Anlagen ohne erhöhtes flugbetriebliches Risiko Die Stadt Darmstadt vertritt die Auffassung, dass es ein erhöhtes Risiko durch Flugzeugabstürze auf das Chemiewerk der Firma051 gäbe. Die Auswirkungen eines solchen Unfalls, insbesondere eines Absturzes auf das Hochregallager, seien verheerend und für die Bürger der Stadt Darmstadt unannehmbar. Aus diesem Grund müsse der Störfallbetrieb Merck mit der Lagerung von hochgiftigen Chemikalien berücksichtigt werden. Die Fraport AG führt an, dass die Störfallanlage der Firma051 in den Berechnungen des Gutachtens G16.1 als gefährdende Anlage Nr. 30 (Tab. 12-1) berücksichtigt worden sei. Das Gutachten mache deutlich, dass dieses Gebiet weitab von relevanten Risiken liege. Das Risiko, von einem Absturz betroffen zu sein, liege für diese Anlage niedriger als 10-7 /a (d. h. weniger als ein Absturz in 10 Millionen Jahren). Der Betriebsbereich der Firma051 in Darmstadt liegt in einem Bereich, in dem im Gründruck des Gutachtens G16.3 die Eintrittswahrscheinlichkeit für ein Primärereignis unter /a angegeben wird. Aufgrund dieser geringen Trefferwahrscheinlichkeit (auch unter Berücksichtigung einer Kumulation von Trefferflächen durch größere Einwirkungsbereiche auf kritische Anlagen) ist davon auszugehen, dass der Luftverkehr als Gefahrenquelle vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann. Die pauschale Betrachtung in G16.1 ist somit hinreichend zur Beurteilung des mit Merck verbundenen flugbetrieblichen Risikos. Von benachbarten Städten und Gemeinden wird gefordert, dass die als Folge eines Flugzeugabsturzes verursachte Freisetzung von gefährlichen Stoffen im Industriepark Höchst zu untersuchen sei. Es wird befürchtet, dass es durch Sekundärereignisse als Folge eines Flugzeugabsturzes auf oder in der Nähe von gefährlichen Anlagen zu großräumigen Bränden, Explosionen oder Verseuchungen der Luft käme. Diese Auswirkungen könnten auch die Gemeindegebiete der Einwender beeinträchtigen. Konkret wird vorgetragen, dass die Firma164 im Industriepark Höchst eine Schwefelsäureanlage betreibe. In dieser Anlage würden Stoffe im Sinne der 12. BImSchV gehandhabt. Der Betreiber habe daher im Rahmen seiner störfallrechtlichen Pflichten auch umgebungsbedingte Gefahrenquellen zu berücksichtigen. Die Fraport AG erwidert hierzu, dass der Industriepark Höchst in der Untersuchung über das Externe Risiko (G16.1) unter Berücksichtigung eines weit reichenden Auswirkungsradius bei einem unwahrscheinlichen Flugzeugunfall und einem daraus resultierenden Störfall/Chemieunfall betrachtet worden sei. Kapitel 12 in G16.1 sei zu entnehmen, dass diese Anlagen in den Berechnungen durchaus berücksichtigt seien. Sie seien explizit in Tab unter Nr aufgeführt. Die Modellierung entspreche dem konservativen Pauschalansatz. Im Übrigen verweist die Fraport AG auf die Vollzugshilfe und die Lage des Industrieparks außerhalb des dort festgelegten Bereichs zur Berücksichtigung des Flugverkehrs als umgebungsbedingte Gefahrenquelle. Auch für den Industriepark Höchst mit verschiedenen Betriebsbereichen wird im Gründruck zu G16.3 eine Eintrittswahrscheinlichkeit für das Primärereignis von unter /a ausgewiesen. Diese Eintrittswahrscheinlichkeit ist auch unter Berücksichtigung der Einwirkungsbereiche und der Modellunsicherheiten bei der Bestimmung der Trefferrate Seite 1598 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

157 als hinreichend gering anzusehen, dass die umgebungsbedingte Gefahrenquelle Flugverkehr vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann. Die pauschale Betrachtung in G16.1 ist somit hinreichend zur Beurteilung des mit dem Industriepark Höchst verbundenen flugbetrieblichen Risikos. Es wird eingewendet, dass aufgrund der fehlenden Betrachtung des Level of Safety das Eindrehen der Flugzeuge im Bereich Offenbach und dem östlichen Main-Kinzig-Kreis unberücksichtigt bliebe. Da unterhalb des Eindrehbereichs zahlreiche Störfallanlagen lägen, bestünden erhebliche Risiken für Gesundheit und Leben. Nach Ansicht der Fraport AG fokussiert sich die Berechnung des Level of Safety auf das Risiko, das Teilnehmer am System Luftverkehr eingehen. Aus dem Vergleich der ermittelten externen Risikowerte für die Ist-Situation (Plan G16.1-1) mit den Werten für den Planfall 2015 (Plan G16.1-3) gehe keine Erhöhung des externen Risikos für die erwähnten Bereiche Offenbach und Main-Kinzig-Kreis hervor. Der statistische Erwartungswert entspreche mit 10-7 der gegenwärtigen Situation. Der Main-Kinzig-Kreis liegt teilweise innerhalb, teilweise außerhalb des Untersuchungsraumes. Mit einem dem Flughafen Frankfurt Main zuzurechnen signifikant erhöhten Absturzrisiko auf Störfallanlagen ist aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse nicht zu rechnen, so dass die umgebungsbedingte Gefahrenquelle Flugverkehr nicht zu betrachten ist. Der Magistrat der Stadt Offenbach am Main verweist darauf, dass sich auch in Offenbach am Main und angrenzenden Gebieten Störfallanlagen befänden, die direkt unter der Anfluggrundlinie der geplanten Landebahn Nordwest sowie des westlichen Eindrehbereichs lägen. Die Umweltabteilungen meiner Behörde führen aus, dass bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit des Primärereignisses < /a keine Anhaltspunkte für eine erhöhte Trefferwahrscheinlichkeit abgeleitet werden könnten und der Luftverkehr als umgebungsbedingte Gefahrenquelle für die Anlagen daher vernünftigerweise ausgeschlossen werden könne. Für Anlagen mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit des Primärereignisses über /a sei eine abschätzende Betrachtung des potentiellen Schadensausmaßes durchzuführen. Im Stadtgebiet Offenbach am Main und im Landkreis Offenbach betrachten meine Umweltabteilungen daher als relevante Betriebsbereiche die Firma053 und die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein in Neu-Isenburg. Die Firma053 betreibe einen Betriebsbereich, auf dem maximal 50 t Acetylen, 30 t Propan und 40 t Sauerstoff gelagert würden. Bei der Anlage der Bundesmonopolverwaltung handele es sich um eine Störfallanlage im Sinne des Anhangs VII zur StörfallVO. Die Trefferwahrscheinlichkeit liege bei 3,3 x 10-9 /a und sei somit im Vergleich zum Tanklager Flörsheim um zwei Größenordnungen geringer. Zudem sei im Absturzfall eine wesentliche Ausweitung der Primärschadensfläche nicht zu erwarten, so dass im Ergebnis keine spezifische Untersuchung erforderlich sei. Die Fraport AG erwidert auch hierzu, dass die Störfallanlagen in der Untersuchung über das externe Risiko (G16.1, Kapitel 12) betrachtet würden. Die Anlagen seien explizit in Tabelle 12-1 unter den Nummern 9, 10, 11, 12 und 14 aufgeführt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1599

158 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die in der Stellungnahme meiner Umweltabteilungen dargestellte Auffassung trifft zu. Die pauschale Betrachtung der Störfallanlagen im Stadtgebiet Offenbach am Main und im Landkreis Offenbach in den Planfeststellungsunterlagen ist ausreichend. Bei einem Teil der Anlagen ist die Eintrittswahrscheinlichkeit derart gering, dass die Gefahrenquelle Flugverkehr vernünftigerweise auszuschließen ist. Bei den Anlagen, die eine signifikant erhöhte Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen, sind keine über das Primärereignis hinausgehende Sekundärfolgen zu erwarten. Die Gemeinde Schwabenheim trägt vor, dass das Chemiewerk Boehringer Ingelheim im Falle eines Absturzes ein erhöhtes Risiko darstelle. Hierauf entgegnet die Fraport AG, dass das Gutachten G16.1 deutlich mache, dass das Gelände des Chemiewerkes Boehringer Ingelheim weitab von relevanten Risiken liege. Das Risiko, von einem Absturz betroffen zu sein, sinke ausgehend von der Schwelle deutlich ab. In diesem Gebiet liege das Risiko, heute oder im Ausbaufall von einem Absturz betroffen zu sein, niedriger als Die Anlage der Fa. Boehringer Ingelheim liegt aufgrund ihrer Entfernung zum Flughafen Frankfurt Main im Bereich von Absturzwahrscheinlichkeiten, bei denen der Eintritt eines absturzinduzierten Ereignisses vernünftigerweise auszuschließen ist. Hinweise auf ein signifikantes Risiko aufgrund flugbetrieblicher Ereignisse im Zusammenhang mit dem Ausbauvorhaben liegen nicht vor. Es besteht kein weiterer Aufklärungsbedarf Sonstige Anlagen Ethylenverdichterstation der Firma055 Von verschiedenen Einwendern wird darauf hingewiesen, dass sich auf dem Betriebsgelände der Ticona eine Ethylenverdichterstation der Firma055 befinde. Aufgrund von im Planfall 2015 vorgesehenen jährlichen Überflügen werde ein erhebliches Risiko für die Ethylenverdichterstation befürchtet. Es wird bezweifelt, ob der Gefährdungsbereich für einen Brand an der Verdichterstation im Gutachten G16.3 richtig bestimmt worden sei. Es werde dargestellt, dass bei einem Brand der Ethylenverdichterstation ein Gefährdungsbereich von 170 m entstehe. Beim Bruch einer Erdgasleitung in Belgien seien relevante Auswirkungen aber bis in 500 m Entfernung beschrieben worden. Nach Untersuchungen des RWTÜV sei im Falle eines Brandes an der Ethylenverdichterstation während der Normalarbeitszeit anzunehmen, dass ca. 45 Personen durch Explosionseinwirkung und Wärmestrahlung betroffen seien. Bei einer Freisetzung von Ethylen aus der Verdichterstation sei zudem nicht auszuschließen, dass dieses durch einen vorbeifahrenden Zug gezündet werde, so dass der Zug entgleisen und Fahrgäste lebensbedrohend gefährdet werden könnten. Die Schadensbetrachtung müsse auf das zukünftige Gewerbegebiet Mönchhof jenseits der Bahnlinie, die B 43 und das Verwaltungsgebäude der Ticona (350 m) ausgedehnt werden. Die Firma055 führt als Betreiberin der Ethylenverdichterstation aus, dass der TÜV Hessen im Gutachten G16.3 zwar den Betrieb der Ethylenverdichterstation nach internationalen Kriterien als mit dem Betrieb der Landebahn Nordwest vereinbar angesehen habe, aber dennoch zusätzliche Brandschutzmaßnahmen zum Schutz der S-Bahn-Trasse (Schutzwall oder Wand) für erforderlich halte. Die Firma055 macht geltend, der Betrieb der Ethylenverdichterstation werde eingeschränkt, da die Aussage des Gutachtens nur gültig sei, Seite 1600 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

159 wenn sich das Gefahrenpotential der Anlage nicht durch andere gefährliche Stoffe oder durch Erhöhung der Stoffmengen erhöhe. Hieraus ergebe sich eine schwerwiegende Einschränkung der Nutzbarkeit der Einrichtung und des Geländes für zukünftige Erweiterungen oder Änderungen der Art der Nutzung. Die Fraport AG verweist darauf, dass die Ethylenverdichterstation zwar nicht der Störfall- VO unterliege, aber, weil sie ein gewisses Risikopotential aufweise, im Rahmen der Risikoermittlung dennoch berücksichtigt werde. Im Gutachten G16.3 werde festgestellt, dass sowohl nach britischen als auch nach schweizerischen und niederländischen Orientierungs- und Akzeptanzkriterien für das Gruppen- und das Einzelrisiko durch Störfallanlagen/-betriebe der Betrieb der bestehenden Ethylenverdichterstation sowie der Flughafenbetrieb mit und ohne Landebahn Nordwest vereinbar seien. Sowohl vorbeifahrende Züge, das zukünftige Gewerbegebiet Mönchhof als auch das Verwaltungsgebäude der Ticona seien in der Untersuchung berücksichtigt worden. Die Schadensereignisse an der Ethylenverdichterstation und an der Erdgasleitung in Belgien seien nicht vergleichbar. In der Risikountersuchung zur Ethylenpipeline bzw. zur Ethylenverdichterstation in G16.3 werde nachvollziehbar dargelegt, dass bei einem flugbetrieblichen Primärereignis eine verzögerte Zündung sehr unwahrscheinlich sei und der Verdämmungsgrad im Umfeld der Ethylenpipeline und der Ethylenverdichterstation gering sei. Zu den Ausführungen der Betreiberin der Ethylenverdichterstation erwidert die Fraport AG, dass eine signifikante (Gruppen-)Risikoerhöhung durch die Ethylenverdichterstation insbesondere bei grundlegenden Änderungen des Nutzungszwecks beispielsweise beim Verdichten toxischer Gase sowie bei einer wesentlichen Erhöhung der Personendichte im Umfeld der Anlage eintreten könne. Ob diese Erhöhung tatsächlich signifikant wäre und zu einem inakzeptablen Risiko führen würde, bedürfe einer konkreten Einzelfallbetrachtung vor der Realisierung. Die Ethylenverdichterstation stellt wegen 3 Abs. 5 a BImSchG in Verbindung mit Art. 4 lit. d der Seveso-II-Richtlinie keinen Betriebsbereich dar und unterliegt daher nicht der Störfall-Verordnung. Bei der Ermittlung des externen Risikos spielt die Anlage aufgrund ihrer exponierten Lage zur Landebahn Nordwest und des in ihr vorhandenen stofflichen Gefährdungspotentials dennoch eine Rolle. Aus diesem Grund sind auch in den Gutachten des RWTÜV (RWTÜV 2003) und des TÜV Pfalz (TÜV Pfalz 2003/1 und 2006) Betrachtungen zu den Auswirkungen eines absturzinduzierten Ereignisses und zur Eintrittswahrscheinlichkeit durchgeführt worden. In TÜV Pfalz 2006 werden für einen Absturz mit Einwirkung auf die Ethylenverdichterstation die potentiellen Auswirkungen auf der Basis konservativer Modelle beschreiben. Für ein Explosionsereignis mit freigesetztem Ethylen ergeben sich für Personen kritische Auswirkungen (300 mbar Explosionsüberdruck) in einem Radius von bis zu 104 m. Bei einem Freistrahlbrand im Falle eines Abrisses der Ethylenleitungen ergeben sich für Personen kritische Auswirkungen (Bestrahlungsstärke 10 kw/m 2 ) in einem Radius von 249 m. Ohne ungehinderten Freistrahl reduziert sich der Auswirkungsradius auf 120 m. Die Flammenlängen bei einem Freistrahl werden mit ca. 139 m angenommen. Unter Zugrundelegung dieser Radien ist eine Auswirkung auf die umliegenden Bereiche auf dem Ticona-Gelände (Pförtnerhaus) sowie auf die Bahnlinie Mainz-Frankfurt und die B 43 nicht auszuschließen. Das Verwaltungsgebäude R300 der Ticona ist von kritischen Auswirkungen eines Ereignisses an der Ethylenverdichterstation direkt nicht betroffen. Bei einem Treffer der Ethylenpipeline zwischen der Verdichterstation und der nordöstlichen Werksgrenze wäre jedoch im Falle eines gerichteten Freistrahlbrandes auch das Gebäude R300 mit etwa 300 Beschäftigten betroffen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1601

160 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Der TÜV Hessen beschreibt in G16.3 ebenfalls eine Gaswolkenexplosion bzw. einen Gaswolkenbrand und einen Freistrahlbrand als mögliche Auswirkungsszenarien. Je nach Ausströmrate nimmt er bei einem vereinigtem Jet aus dem Abriss zweier Leitungen Flammenlängen von bis zu 169 m an, die nach 120 Sekunden aufgrund des fallenden Leitungsdrucks auf 47 m abnehmen. Auf dem Werksgelände selbst nimmt der TÜV Hessen nur eine geringe Personendichte im betroffenen Bereich an, weshalb der Schaden auf dem Werksgelände zu vernachlässigen ist. Über das Primärereignis hinausgehende Schadensfolgen sieht er für die S-Bahn-Strecke Mainz-Frankfurt. Für den Fall einer Freisetzung von Ethylen mit Ausbildung einer explosionsfähigen Gaswolke wird eine Zündung durch einen vorbeifahrenden Zug nicht ausgeschlossen, soweit die Gaswolke die Bahnstrecke erreicht. Als Folge wird ein Entgleisen des Zuges mit einer Mortalität von 20 % unter den Passagieren angenommen. Für einen Freistrahlbrand ist nach G16.3 die Richtung des Freistrahls für die Schadensszenarien maßgeblich. Auch bei einer Betroffenheit der Bahnlinie geht der Gutachter aufgrund der kurzen Einwirkungszeit nicht von einem Versagen oder Inbrandgeraten des Zuges aus, wenn dieser in den Freistrahl gerät. In diesem Fall wird eine Mortalität von 10 % angesetzt. Insgesamt rechnet der TÜV Hessen im ungünstigsten Fall (Gaswolkenexplosion mit Zugentgleisung) mit maximal 80 Todesopfern. Die Eintrittswahrscheinlichkeit des Primärereignisses gibt der TÜV Hessen im Ist-Fall mit 3,2 x 10-7 und im Planfall mit 3,8 x 10-7 an. Die jeweiligen Schadensszenarien weisen wesentlich niedrigere Eintrittswahrscheinlichkeiten auf, da in sie neben der Eintrittswahrscheinlichkeit des Primärereignisses u. a. auch die Wahrscheinlichkeit der Vorbeifahrt eines Zuges sowie der Richtung des Freistrahls auf die Bahnlinie eingehen. Alle in der FN-Kurve (G16.3, S. 69) zur Ethylenverdichterstation aufgeführten Szenarien liegen daher mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit deutlich unter Der TÜV Pfalz gibt unter Berücksichtigung der Einwirkungsbereiche eine Eintrittswahrscheinlichkeit für ein absturzinduziertes Ereignis bei der Ethylenverdichterstation mit einem Erwartungswert im Planfall von 6,327 x 10-5 an. Der TÜV Pfalz geht also von einer um nahezu zwei Größenordnungen höheren Eintrittswahrscheinlichkeit aus. Verglichen mit dem Ist-Fall liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit im Planfall um den Faktor 13,6 höher. Unter Zugrundelegung der Eintrittswahrscheinlichkeiten des TÜV Pfalz ergeben sich für die Szenarien des TÜV Hessen auch um etwa zwei Größenordnungen höhere Eintrittswahrscheinlichkeiten und damit ein deutlich höheres Risiko. Die Abschätzung der bei einer Betroffenheit der S-Bahn-Linie auftretenden Schäden und Todesopfern hängt von zahlreichen Faktoren ab. Entscheidend ist, wie lange sich der Zug im Gefahrenbereich aufhält. Bei einem zügigen Durchfahren des Gefahrenbereichs ergeben sich im Falle eines Brandes nur sehr kurze Einwirkungszeiten. Wesentlich größere Auswirkungen sind zu befürchten, wenn der Zug durch Entgleisen oder durch Notbremsung im Gefahrenbereich zum Stehen kommt. Hier wären die Waggons und die Passagiere deutlich länger kritischen Bestrahlungsstärken ausgesetzt. Folge wäre eine höhere Anzahl an Todesopfern. Die Zündung einer freigesetzten Gaswolke durch den Zug oder im Moment der Vorbeifahrt des Zuges erscheint möglich, dürfte jedoch aufgrund der zahlreichen, auch bei einem indirekten Treffer durch Trümmerflug vorhandenen Zündquellen als relativ unwahrscheinlich einzustufen sein. Dieser Fall wird vom TÜV Hessen mit einer entsprechend geringen Wahrscheinlichkeit betrachtet. Entsprechend den Ausführungen in der Stellungnahme der Umweltabteilungen meiner Behörde zu den Auswirkungen eines Großbrandes im Tanklager Raunheim dürfte bei einem Ereignis im Zusammenhang mit der Ethylenverdichterstation durch Explosion oder Brand von einer Blockierung der Bahnlinie durch Trümmer oder Abriss der Oberleitung auszugehen sein. Auch die Einleitung einer Notbremsung durch den Zugführer kann nicht Seite 1602 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

161 ausgeschlossen werden. Es besteht also eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein auf dem Streckenabschnitt entlang der Ticona befindlicher Zug im Gefahrenbereich zum Stehen kommt. Hinzu kommt, dass der TÜV Hessen innerhalb des Werksgeländes dem Sekundärereignis keine Todesopfer zurechnet. Auch bei einer kurzen Dauer der Szenarien (Explosion oder Brand) ist im Umfeld der Ethylenverdichterstation durch die Lage in der Nähe der Pforte mit einer nicht zu vernachlässigenden ständigen Personenfrequenz zu rechnen. Weiterhin wäre auch die Firma082 im Gebäude direkt neben der Ethylenverdichterstation betroffen. Durch die dem Sekundärereignis zuzurechnenden Todesopfer auf dem Betriebsgelände ergibt sich eine Erhöhung des in G16.3 dargestellten Risikos. Die vom TÜV Hessen in G16.3 propagierte Vereinbarkeit mit den niederländischen oder schweizerischen Akzeptanzkriterien für Gruppenrisiken aus Störfallanlagen besteht unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ausführungen nicht mehr. Auf die Problematik der Übertragung ausländischer Risikobewertungsmodelle wird in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich verwiesen. Soweit keine Verlagerung der Ethylenverdichterstation erwogen wird, sind zumindest wirksame Schutzmaßnahmen für die umliegenden Verkehrswege zu prüfen. Auch im Zusammenhang mit der Gefährdung des Verwaltungsgebäudes R300 durch ein absturzinduziertes Ereignis bei der besonders exponierten Ethylenrohrleitung im nordöstlichen Bereich des Betriebsgeländes, zu der parallel auch die Erdgasversorgung des Werksgeländes verläuft, sind Maßnahmen zu prüfen. Relevante Auswirkungen bei einem absturzinduzierten Ereignis bei der Ethylenverdichterstation oder im Zusammenhang mit der Ethylenpipeline auf dem Ticona-Gelände auf umliegende Wohngebiete in Flörsheim am Main, Eddersheim, Raunheim oder Kelsterbach sind nicht zu erwarten. Von einigen Einwendern wird vorgetragen, dass Flugzeuge beim Landeanflug durch den Umkehrschub große Mengen an unverbrannten Kohlenwasserstoffen freisetzten. Beim Überfug über das Ticona-Gelände könnten Kohlenwasserstoffe aus der Fackel gezündet werden und dies könne zu einer Explosion mit weit reichenden Folgen führen. Die Fraport AG entgegnet, dass die angebliche Gefahr durch Umkehrschub nicht gegeben sei, da der Umkehrschub im Landeanflug nicht genutzt werde. Dies geschehe erst nach der Landung zur Verstärkung der Bremswirkung. Weiterhin fänden beim Landeanflug auf die Landebahn Nordwest keine Überflüge über die Fackel statt. Lediglich das Pförtnerhaus werde überflogen. Wegen der starken Durchdringung der freizuhaltenden Flächen nach der Hindernisrichtlinie des BMVBW und des Irritationspotentials werde die Verlegung der Fackel diskutiert. Die Notfackel dient der sicheren Ableitung mit unmittelbarer Verbrennung von hochentzündlichem Ethylen, wenn an der Verdichterstation eine Störung vorliegt. Die Fackel ist daher nur sehr selten in Betrieb. Zur Vermeidung der Bildung explosionsfähiger Gaswolken erfolgt eine sofortige Verbrennung. Die Bildung einer zündfähigen Atmosphäre um die Fackel ist daher nicht zu erwarten. Im regelmäßigen Anflugbetrieb aus Betriebsrichtung 07 wird die Fackel nicht überflogen. Sie stellt vielmehr ein Hindernis dar, das zur Herstellung der Hindernisfreiheit beseitigt werden muss. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1603

162 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Sonstige Anlagen mit gefährlichem Stoffinhalt Von einigen Einwendern wird der Ansatz im Gutachten G16.1 (S. 64 f.) kritisiert, nur solche Anlagen für das Unfallfolgenmodell als relevant zu berücksichtigen, die die Mengenschwellen der Störfall-Verordnung überschreiten. Im Unfallfolgenmodell müssten alle Folgen von Unfällen berücksichtigt werden. Aus der Störfall-Verordnung lasse sich nicht ableiten, dass Anlagen unterhalb der Mengenschwelle keine Auswirkungen außerhalb des Betriebsgeländes verursachten. So sei auch die im Gutachten G16.1 genannte Ethylenverdichterstation ein Beispiel für mögliche Auswirkungen außerhalb des Betriebsgeländes. Gefordert werde, das Unfallfolgenmodell durch ein neues, fachlich einwandfreies Modell zu ersetzen und alle nicht unerheblichen Folgen zu berücksichtigen. Aus Sicht der Fraport AG weist das gewählte Modell keine fachlichen Mängel auf, da von Anlagen unterhalb der Mengenschwellen keine das Betriebsgelände überschreitenden Auswirkungen ausgingen. Anlagen unterliegen der Störfall-Verordnung, wenn sie ein bestimmtes stoffliches Gefährdungspotential aufweisen. So führt die Störfall-Verordnung in Beachtung der von einem Stoff ausgehenden Gefährdung für verschiedene Stoffe unterschiedlich hohe Mengenschwellen aus. Bei Anlagen, die die in der Störfall-Verordnung genannten Mengenschwellen unterschreiten, bestehen nur in einigen Ausnahmefällen Anhaltspunkte dafür, dass ein Sekundärereignis den Primärschadensradius deutlich überschreitet und zu einer erheblichen Gefährdung führt. Im Erörterungstermin ist von dargelegt worden, die Firma083 betreibe in direkter Nachbarschaft zur Pforte der Ticona angrenzend an den nordöstlichen Bereich des Werksgeländes der Ticona einen Speditionshof für Gefahrguttransporte. Das Grundstück stehe im Eigentum der. Dort befänden sich in erster Linie Lkw mit Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Argon. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass sich auch andere Gefahrstoffe dort befinden. Die Überflughöhe betrage im Planfall nur 56 m. Um ein Gefahrgutlager im rechtlichen Sinne handele es sich zwar nicht, ungeachtet dessen führten Verweilzeiten, beispielsweise bei einem Fahrerwechsel oder aus betrieblichen Anlässen dazu, dass sich diese Gefahrguttransporte auch beladen zum Teil längere Zeit an dieser Stelle befänden. Untersuchungen zur Gefährdung durch die Nutzung der Abstellfläche der Firma083 für Gefahrguttransporte - insbesondere Wasserstoff und Sauerstoff - liegen bisher nicht vor. Die Anlage unterliegt nicht der Störfall-Verordnung. Eine Gefährdung der im nordöstlichen Bereich des Werksgeländes der Ticona befindlichen Personen und Einrichtungen bei einem absturzinduzierten Ereignis im Zusammenhang mit einem dort abgestellten Gefahrguttransport kann nicht ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu einem Gefahrguttransport auf der Straße ist hier von einer längeren Verweildauer der Gefahrguttransporte auszugehen. Durch die besonders exponierte Lage der Fläche im unmittelbaren Einflugbereich ist eine detaillierte Untersuchung der möglichen Gefährdungen bei einem Absturz auf die Abstellfläche und die dort geparkten Lkw mit Gefahrstoffen erforderlich. Angesichts der relativ geringen Kosten sollte eine Verlagerung der Anlage geprüft werden. Es wird ausgeführt, dass es in den umliegenden Ortschaften Tankstellen gebe, die bei einem Flugzeugabsturz ebenfalls betroffen wären. Seite 1604 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

163 Die Fraport AG führt aus, bei der Untersuchung des externen Risikos für das gesamte Umfeld des Flughafens Frankfurt Main seien in den Gutachten G16.1 bis G16.4 in einem Untersuchungsbereich von 40 km x 40 km um den Flughafenbezugspunkt auch Tankstellen berücksichtigt worden. Diese stellten keine Störfallanlagen dar. Die externen Risikowerte in G16.1 wiesen auch Bereiche aus, in denen die Tankstellen verortet seien. Von der Fraport AG wird keine explizite Betrachtung von Tankstellen und ihres Beitrags zum externen Risiko - weder quantitativ noch qualitativ - vorgenommen. Richtig ist, dass in den Bereichen, für die das Einzelrisiko in G16.1 ausgewiesen ist, natürlich auch zahlreiche Tankstellen liegen. Bei Tankstellen handelt es sich um Anlagen, die regelmäßig nicht der Störfall-Verordnung unterliegen. Die hier gehandhabten Mengen an Kraftstoffen weisen in der Regel kein über das Primärereignis hinausgehendes Gefährdungspotential auf. Der Magistrat der Stadt Dietzenbach trägt vor, dass in den Planfeststellungsunterlagen die im Bereich der Stadt Dietzenbach liegenden Anlagen, die nach den Angaben des Brandschutzes ein erhöhtes Gefährdungspotential aufwiesen, zu berücksichtigen seien. Dies gelte für das ( l Heizöl), das ( kg Druckgaspackungen), die (radioaktive Stoffe) sowie das und das der ( kg bzw kg Säuren und Laugen). Die Fraport AG entgegnet, die im Planfeststellungsverfahren zu untersuchenden gefährdenden Anlagen nach Störfall-Verordnung im Untersuchungsraum seien ihr von meiner Behörde benannt worden. Die von der Stadt Dietzenbach aufgeführten Anlagen seien darin nicht enthalten und unterlägen demnach nicht der Störfall-Verordnung. Das externe Risiko, im Bereich Dietzenbach von einem Flugunfall betroffen zu sein, sei < 10-7 und könne als äußerst gering eingeschätzt werden. Bei den genannten Anlagen handelt es sich nicht um Betriebsbereiche, die der Störfall-Verordnung unterliegen. Anhaltspunkte für eine über den Primärschaden hinausgehende Gefährdung bestehen nicht. Bezüglich Anlagen, in denen radioaktive Stoffe gehandhabt werden, wird auf die Ausführungen in Kapitel verwiesen. Die Stadt Kelsterbach weist darauf hin, dass im Gewerbegebiet Taubengrund Transportunternehmen ansässig seien, die Gefahrguttransporte durchführten. Zeitweise werde im Gewerbegebiet auch Gefahrgut gelagert. Einige Unternehmen transportierten auch radioaktives Material. Die Fraport AG verweist darauf, dass ihr die gefährdenden Anlagen nach Störfall-Verordnung von meiner Behörde benannt worden seien. Lager mit radioaktivem Material seien darin nicht enthalten. Bezüglich des Transportes von Gefahrguten wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Bezüglich der Lagerung ist anzumerken, dass störfallrelevante Betriebsbereiche im Gewerbegebiet Taubengrund nicht bekannt sind. Für nicht störfallrelevante Betriebe gelten die obigen Ausführungen. Betriebe, die mit radioaktiven Stoffen umgehen, unterliegen der Strahlenschutzverordnung. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1605

164 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Rohrleitungen außerhalb von Betriebsbereichen Verschiedene Kommunen (Hofheim am Taunus, Rüsselsheim, Bischofsheim, Ginsheim-Gustavsburg, Flörsheim am Main, Raunheim, Hattersheim am Main, Hochheim am Main und Mainz) sowie der Kreisausschuss des Landkreises Groß-Gerau vertreten die Auffassung, dass das von Rohrleitungen oder Pipelines hervorgerufene Risiko bei der Ermittlung des externen Risikos im Gutachten G16.1 unzureichend berücksichtigt worden sei. Art und Umfang vorhandener Rohrfernleitungen im Nahbereich des Flughafens Frankfurt Main und in den Anflugsektoren müssten aufgezeigt werden. Die Auswirkungsbereiche seien zu ermitteln und in die Risikobetrachtung einzustellen. Ferner sei eine Aussage darüber zu treffen, in welchem Umfang Rohrleitungen baulich geschützt oder verlegt werden müssten. Dabei müssten auch Erkenntnisse aus bekannten Unfällen an Rohrfernleitungen berücksichtigt werden. So seien bei einem Bruch einer Erdgasleitung in Belgien relevante Auswirkungen bis in 500 m Entfernung aufgetreten. Bemängelt wird auch die Darstellung der Rohrleitungen in G16.3 (Abb. 10-1, Seite 178). Diese sei zu ungenau und umfasse nicht den gesamten Bereich, der durch den Flugverkehr eine erhöhte Gefährdung erfahre. Es sei zudem fraglich, ob alle Rohrleitungen erfasst worden seien. Die qualitative Risikobewertung im Anhang V des Gutachtens G16.3 sei zu ergänzen. Hierzu seien die genauen Schadensradien bei einem Totalversagen der Rohrfernleitungen insbesondere für Erdgas und Ethylen darzulegen. Eventuelle Auswirkungen auf benachbarte Wohngebiete müssten berücksichtigt werden. Von den Städten Flörsheim am Main, Hattersheim am Main, Hochheim am Main und Raunheim wird konkret auf bestimmte Rohrleitungen Bezug genommen: Entlang der B 43 verlaufe eine außer Betrieb befindliche Rohrleitung für Erdgas. Soweit diese nicht endgültig stillgelegt werde - erst recht wenn sie wieder in Betrieb genommen würde -, seien die Auswirkungen eines Schadensfalls auf den Stadtteil Eddersheim zu untersuchen. Zu Methanol-Pipelines wird ausgeführt, dass hierzu im Gutachten G16.3 keine Gefährdungsradien angegeben würden. Die Aussage in G16.3, dass bei einem Methanol-Lachenbrand im Zusammenhang mit einem absturzbedingten Rohrleitungsbruch keine Sekundärschäden mit Todesfolgen zu erwarten seien, die signifikant über die Folgen des flugbetrieblichen Primärereignisses hinausgingen, müsse konkretisiert werden. Für Kerosinrohrfernleitungen werde ein Gefährdungsradius von 80 bis 200 m unter der Voraussetzung, dass Flucht- und Schutzmöglichkeiten für die gefährdeten Personen gegeben seien, angegeben. In G16.3 werde jedoch auch nicht ausgeschlossen, dass bei einem absturzbedingten Totalversagen einer Rohrfernleitung für Kerosin der Gefährdungsradius durch sich eventuell frei ausbreitende, brennende Kerosinlachen über das Primärfolgengebiet hinausgehen könne. Im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung der Einwendungsführer seien ergänzende Untersuchungen über die Größe der Gefährdungsradien ohne Berücksichtigung von Flucht- und Schutzmöglichkeiten erforderlich. Weiterhin wird dargelegt, dass die Pipelinetrassen im Anflugsektor westlich der geplanten Landebahn Nordwest der größten Gefährdung durch ein flugbetriebliches Primärereignis ausgesetzt seien. In diesem Bereich verliefen Rohrleitungen für Erdgas, Methanol und Ethylen in unmittelbarer Nähe zum Stadtteil Eddersheim. Eine besondere Gefährdung wird für das Gewerbegebiet Eddersheim und vor allem für das Reitsportzentrum der Name048 befürchtet. Für alle potentiellen Schadensszenarien im Zusammenhang mit Rohrleitungen sei daher zu untersuchen, ob Wohn- oder andere empfindliche Bebauung betroffen sein könnte. Seite 1606 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

165 Es sei ferner fraglich, ob in der zusammenfassenden Beurteilung im Gutachten G16.3 unter Kapitel 10.5 das Risiko durch Sekundärfolgen aus Rohrleitungen in die Berechnungen für Eddersheim eingeflossen sei. Es werde bezweifelt, dass das Gruppenrisiko in Zusammenhang mit Ereignissen an Rohrleitungen klein bzw. vernachlässigbar sei (16.3, S. 182). Die Fraport AG erwidert, dass Rohrleitungen außerhalb eines Betriebsbereichs nicht in den Geltungsbereich der StörfallVO fielen, weshalb sie im Rahmen der durchgeführten Risikoermittlung in G16.1 nicht berücksichtigt würden. Ungeachtet dessen werde im Anhang V des Gutachtens G16.3 das Risiko durch Rohrfernleitungen für gefährliche Stoffe im Umfeld der geplanten Landebahn Nordwest qualitativ beurteilt. Hierzu seien auch Recherchen zu Unfällen durchgeführt worden. Ergebnis sei, dass potentielle Sekundärfolgen durch Rohrfernleitungen mit gefährlichen Stoffen von den Schadensfolgen des flugbetrieblichen Primärereignisses abgedeckt seien. Ein baulicher Schutz oder das Verlegen einer Rohrfernleitung seien nicht notwendig. In G16.3 seien auf Basis einer HSE-Studie durch lineare Regression Trendanalysen zu den zu erwartenden Schadensradien, die eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit letaler Folgen liefern sowie zu den zu erwartenden Gefährdungsradien, die die Gesundheitsgefährdung durch Hitzestrahlung berücksichtigten, durchgeführt worden. Für Erdgas und Ethylen liefere die Trendanalyse Schadensradien von etwa 100 m und Gefährdungsradien zwischen 150 m und 300 m. Zu der nicht mehr in Betrieb befindlichen Rohrleitung für Ergas an der B 43 liefere die Trendanalyse einen Schadensradius von etwa 85 m. Daraus könne geschlossen werden, dass potentielle Sekundärereignisse mit letalen Folgen durch Rohrfernleitungen für Ethylen und Erdgas im Umfeld der geplanten Landebahn Nordwest größtenteils von den Schadensfolgen des flugbetrieblichen Primärereignisses (mittlerer Unfallfolgeradius 80 m bis 86 m) abgedeckt seien. Zudem befänden sich keine Wohngebiete in den Bereichen, wo die Rohrfernleitungen für Ethylen und Erdgas durch ein flugbetriebliches Primärereignis betroffen werden könnten. Für Methanol-Leitungen sei die Risikobetrachtung im Anhang V des Gutachtens G16.3 rein qualitativ. Die Ausführungen zeigten, dass bei einem Methanol-Lachenbrand keine Sekundärschäden mit Todesfolgen zu erwarten seien, die signifikant über die Folgen des flugbetrieblichen Primärereignisses hinausgingen. Rohrleitungen für Kerosin seien ebenfalls im Anhang V zu G16.3 betrachtet worden. Hier ergebe sich aufgrund des vorliegenden ebenen Geländes in erster Näherung eine kreisförmige Lache. Der Gefährdungsradius liege im Bereich von 80 m bis 200 m. Zur Ermittlung des Risikos müssten zu den entsprechenden Sekundärschäden auch die entsprechenden Eintrittsfrequenzen für diese Schadensereignisse errechnet werden. Durch den Leitungsverlauf in Bezug auf die Landebahn Nordwest sei die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung durch den Flugverkehr sehr gering. Eine quantitative Risikoanalyse bezüglich der Rohrfernleitungen sei aufgrund der Erkenntnisse aus G16.3 nicht erforderlich. Dies würde nochmals dadurch verdeutlicht, dass die Schadensradien bei ca. 100 m und die Gefährdungsradien bei 150 bis 300 m lägen, das Gewerbegebiet Eddersheim und das Reitsportzentrum der Name048 jedoch einen Abstand von m zu den genannten Rohrfernleitungen auswiesen. Zur stillgelegten Ergasleitung an der B 43 bestünde immerhin noch ein Abstand von 300 m bis nach Eddersheim. Letale Folgen aus Sekundärereignissen wären daher in keinem Fall zu befürchten. Rohrfernleitungen außerhalb von Betriebsbereichen unterliegen nicht der Störfall-Verordnung. Von den Rohrleitungen kann jedoch je nach gefördertem Stoff und Dimensionierung der Rohrleitung und abhängig vom Förderdruck ein nicht unerhebliches Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1607

166 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Gefahrenpotential ausgehen. Von Relevanz sind hier Rohrleitungen zum Fördern entzündlicher Stoffe wie Erdgas, Ethylen, Methanol oder Kerosin. Bei einem Flugzeugabsturz ist durch die mechanische Einwirkung durch direkten Treffer oder Trümmerwurf mit einem Abriss der Rohrleitung zu rechnen. Je nach Aufschlagwinkel und Flugzeuggröße erfolgt ein Eindringen ins Erdreich, so dass auch erdverlegte Rohrfernleitungen betroffen sein können. Die mechanische Beschädigung führt zunächst zu einem Stoffaustritt an der Leckagestelle. Die austretende und somit am Sekundärereignis beteiligte Stoffmenge hängt zunächst vom Leitungsdurchmesser und dem Leitungsdruck ab. Bezüglich der möglichen Sekundärszenarien ist zwischen flüssigkeitsfördernden und gasfördernden Leitungen zu unterscheiden. Soweit Absperreinrichtungen vorhanden sind, wird bei Flüssigkeiten maximal das freie Leitungsvolumen zwischen den beiden nächsten Absperreinrichtungen zu beiden Seiten der Havariestelle freigesetzt (s. a. TÜV Pfalz 2006, Anlage 6, S. 32). Durch den relativ geringen Austrittsimpuls und das Vorhandensein von Zündquellen durch den Absturz wird ein Lachenbrand im ungünstigsten Fall mit der maximal möglichen Austrittsmenge resultieren. Je nach ausgetretenem Stoff und Größe der Lache, die von der Geländebeschaffenheit und einer eventuellen Kraterbildung durch den Absturz mitbestimmt wird, ist mit unterschiedlichen Auswirkungsradien für Wärmestrahlung beim resultierenden Brand zu rechnen. Für den absturzinduzierten Brand beim Abriss der Methanol-Pipeline zur Versorgung der Ticona (DN 150, Länge zwischen Absperrventilen 400 m) werden in TÜV Pfalz 2006 (Anlage 6, S. 11) Auswirkungsradien für eine für Personen kritische Wärmestrahlung von 55 m angegeben. Bei Kerosinfernleitungen liegen meist höhere Förderdrücke und Rohrdurchmesser vor. Auch in G16.3 wird von Lachenflächen ausgegangen, die über das primäre Unfallfolgengebiet hinausgehen. Kerosinleitungen mit großem Rohrdurchmesser und hohen Förderdrücken können relevante Sekundärschäden hervorrufen, soweit die maximal freisetzbare Menge an Kerosin die vom Flugzeug mitgeführte Menge deutlich übersteigt und eine Nähe zu Wohngebieten oder anderen Einrichtungen, an denen sich Personen für längere Zeit aufhalten, gegeben ist. Für Gasfernleitungen mit hohem Förderdruck spielt die maximal mögliche Austrittsmenge nur eine untergeordnete Rolle. Durch den hohen Austrittsimpuls und die hohe Abbrandrate entwickelt sich nach TÜV Pfalz 2006 (Anlage 7, S. 13 f.) ein Freistrahlbrand, für dessen Größe und Intensität der auftretende Freisetzungsmassenstrom maßgeblich ist. Für einen Freistrahlbrand im Zusammenhang mit einer Ethylenpipeline zur Ethylenverdichterstation (DN 200, 40 bar(ü)) ergeben sich unter Berücksichtigung der Flammenlänge für Personen kritische Auswirkungsradien für Wärmestrahlung (> 10 kw/m 2 ) von ca. 250 m. Zu beachten ist hier, dass der Freistrahl stark gerichtet ist. Für den absturzbedingten Bruch und Brand von Ergasleitungen beschreibt TÜV Pfalz 2006 für die oberirdische Zuleitung zum Ticona-Gelände (DN 250, 16 bar(ü)) für Personen kritische Auswirkungsradien von bis zu 128 m um die Freisetzungsstelle (Freistrahlbrand). Mit zunehmender Entspannung durch den Austritt nehmen die Flammenlängen ab. Absperrventile können durch die Begrenzung der Menge nachströmenden Gases Massenfluss und damit Flammenlänge und Auswirkungsradien beeinflussen. Explosionen sind bei gasführenden Leitungen grundsätzlich dann möglich, wenn durch den hohen Austrittsimpuls eine größere Menge austritt und verzögert gezündet wird. Die Seite 1608 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

167 gezündeten Mengen sind jedoch begrenzt. Auch liegt nur eine geringe Verdämmung vor. Die sich ergebenden kritischen Auswirkungsradien werden von den Auswirkungen von Bränden abgedeckt. Insgesamt ist festzustellen, dass bei Rohrleitungen für Gase mit hoher Nennweite und hohen Förderdrücken bei einem absturzbedingten Brand mit kritischen Auswirkungen auch über die primäre Unfallfolgenfläche hinaus zu rechnen ist. Bei Leitungen in der Nähe von Wohngebieten oder anderen Einrichtungen, an denen sich Personen längere Zeit aufhalten, können Personenschäden oder Todesopfer aus dem Sekundärereignis nicht ausgeschlossen werden. Auch bei Gleichsetzung von Primärschadensfläche und Sekundärschadensfläche würde das Sekundärereignis letale Folgen für die 40 % der Betroffenen haben, die gemäß dem Modell in G16.1 das Primärereignis überleben. Im Falle eines Absturzes auf Pipelines in Nachbarschaft zu Wohngebieten müssten - analog der Betrachtungen zum Methanol-Brand bei Ticona - entgegen der Auffassung der Fraport AG dem Sekundärereignis Todesopfer zugerechnet werden. Zur Eintrittswahrscheinlichkeit ist auszuführen, dass zur Aktivierung des stofflichen Gefahrenpotentials einer Rohrleitung (im Gegensatz zu den Einwirkungsflächen für Störfallanlagen) ein direkter Treffer durch das Flugzeug oder durch Trümmerflug im unmittelbaren Absturzbereich erforderlich ist. Unterirdisch verlegte Leitungen erfordern zudem eine bestimmte Eindringtiefe, damit es zur Leckage kommt. Die Eintrittswahrscheinlichkeit für einen bestimmten Punkt der Rohrleitung ist daher - verglichen mit der Eintrittswahrscheinlichkeit für komplexe Störfallanlagen - relativ gering. Durch die Lage in Bereichen mit erhöhten Absturzwahrscheinlichkeiten (s. Plan G16.1-3) kann jedoch eine relevante Gefährdung von Rohrfernleitungen nicht ausgeschlossen werden. Eine Überprüfung des Verlaufs der Methanol-Leitung hat unter Berücksichtigung der plausiblen Annahmen und Auswirkungsradien des TÜV Pfalz 2006 für den Austritt von Methanol bei einem Rohrleitungsbruch mit anschließendem Brand ergeben, dass nicht mit relevanten Auswirkungen über das angenommene mittlere Primärschadensgebiet hinaus zu rechnen ist. Da in den Planfeststellungsunterlagen die Gefährdung im Zusammenhang mit Rohrfernleitungen und der Beitrag zum externen Risiko weder zureichend noch schlüssig dargestellt sind, besteht noch Aufklärungsbedarf. Zunächst müssen Pläne vorgelegt werden, die die Rohrfernleitungen für Kerosin und die Hochdruckleitungen für Erdgas und Ethylen in den Bereichen einer erhöhten Trefferwahrscheinlichkeit darstellen. Als Bereiche mit einer erhöhten Trefferwahrscheinlichkeit sind die Gebiete anzusehen, für die im Plan G ein deutlich erhöhtes Einzelrisiko von über 10-6 /a ausgewiesen ist. Für Leitungen, die in der Nähe von Wohnbebauung oder Einrichtungen verlaufen, in denen mit dem längerem Aufenthalt von Personen zu rechnen ist, sind die konkreten Auswirkungsradien für die Wärmestrahlung im Falle eines Brandes unter Berücksichtigung der ausgetretenen Menge bzw. des Austrittsmassenstromes zu ermitteln und graphisch darzustellen. Soweit Personen von den kritischen Auswirkungen von 10 kw/m 2 betroffen sein können, ist die Eintrittswahrscheinlichkeit des Sekundärereignisses anzugeben Atomanlagen in Hanau Verschiedene Kommunen und Einzeleinwender weisen auf das Risiko eines Flugzeugabsturzes auf die stillgelegten Nuklearanlagen Nukem und Alkem in Hanau-Wolfgang hin. Im Planfall ergebe sich eine Verdopplung der Anzahl von Flugzeugen im Landeanflug über den Hanauer Atomanlagen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1609

168 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Im Rahmen der Erörterung ist ergänzend aufgeführt worden, bei den Genehmigungsverfahren zur Stilllegung der Hanauer Nuklearanlagen hätten Flugzeugabstürze als mögliche Ursache von Störfällen eine erhebliche Rolle gespielt. Nach dem Atomgesetz seien Verarbeitungsbereiche und Lagerbereiche für Plutonium gegen einen Flugzeugabsturz auszulegen. Im Atomrecht gelte das Minimierungsgebot. Anlagen würden für das Risiko durch einen Flugzeugabsturz ausgelegt. In Hanau habe man den Bunker des Plutoniumlagers so gestaltet, dass das Risiko fast gegen Null gehe. Dieser Bunker spiele jedoch keine Rolle mehr, da er seit einem halben Jahr geräumt sei. Auf dem Gelände in Hanau-Wolfgang befinde sich auch ein nicht gegen Flugzeugabstürze gesichertes Lager der, in dem nach den Stilllegungen der Hanauer Betriebe radioaktive Abfälle einschließlich hoch radioaktiver Stoffe gelagert würden. Eine Erhöhung des Risikos - gerade auch gegenüber der Lage bei der Genehmigung der Atomanlagen - ergebe sich durch die Erhöhung der Zahl der Flugbewegungen und dadurch, dass die Atomanlagen im Planfall direkt überflogen würden. Aus Sicht der Fraport AG macht das Gutachten G16.1 deutlich, dass das Gelände des Nuklearbetriebes Hanau weitab von relevanten Risiken liege. Das Risiko, von einem Absturz betroffen zu sein, sinke ausgehend von der Schwelle deutlich ab. In diesem Gebiet sei das Risiko, heute oder im Ausbaufall von einem Absturz betroffen zu sein, kleiner als 10-7 (d. h. weniger als ein Absturz in 10 Millionen Jahren). Auch Atomanlagen seien nicht sicherheitsrelevant, wenn das Einzelrisiko kleiner als 10-6 sei. Dieses Risiko sei dann so gering, dass es im Hinblick auf die Rechte der Betroffenen jenseits des allgemeinen Lebensrisikos läge und deshalb nicht weiter betrachtet werden müsse. Dies habe auch der Bayerische VGH in einem Urteil vom 13. Januar 2006 bestätigt. Im Gutachten G16.1 würden die gesamten Anflugrouten dargestellt. Die neue Anflugroute verlaufe weiter von Hanau-Wolfgang entfernt. Bei den Flugrouten, die heute über Hanau-Wolfgang führten, handele es sich um die Anflugrouten der bestehenden Bahnen. Diese blieben erhalten. Es handele sich um eine genehmigte Situation, und das bestehende Werk in Hanau sei mit der bestehenden Überflugsituation genehmigt. Insofern könne man auch nicht von einer veränderten Situation in Hanau-Wolfgang ausgehen. Zuständige atomrechtliche Überwachungsbehörde ist das Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, das ggf. um Stellungnahme zur flugbetrieblichen Gefährdung für die Atomanlagen in Hanau gebeten werden könnte Andere Anlagen mit radioaktiven Stoffen In verschiedenen Einwendungen wird auf die Gefahr eines Absturzes auf andere Anlagen hingewiesen, in denen radioaktive Stoffe gehandhabt oder gelagert werden. So betreibe die Firma110 auf dem Flughafengelände ein Gefahrgutlager, in dem auch radioaktive Stoffe der Gefahrenklasse 7 gelagert würden. Auch dieses Gefahrgutlager sei keiner Risikobetrachtung unterzogen worden. Es werde deshalb gefordert, diese Untersuchung durchzuführen. Als Anlage mit radioaktiven Stoffen wird auch auf die in Dietzenbach sowie einige Unternehmen im Kelsterbacher Gewerbegebiet Taubengrund verwiesen, die radiaktives Material transportierten und lagerten. Nach Ansicht der Fraport AG stellten die Läger der Firma110 und die weiteren aufgeführten Anlagen keine Störfallanlagen dar. Eine Detailuntersuchung sei nicht erforderlich. Seite 1610 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

169 Die Umweltabteilungen meiner Behörde erläutern in der Stellungnahme als strahlenschutzrechtliche Fachbehörde, als Grundlage der Betrachtung strahlenschutzrechtlicher Belange habe der Plan G herangezogen werden können, auch wenn er als Grundlage für die Prüfung der Anlagensicherheit erstellt worden sei. Es seien dabei nur die Firmen betrachtet worden, die in Gebieten lägen, die durch ein erhöhtes Absturzrisiko gekennzeichnet seien. Zum Thema Freisetzung radioaktiver Stoffe seien zwei Fälle zu betrachten. Zum einen könnten radioaktive Stoffe als Frachtgut bei einem Absturz freigesetzt werden, zum anderen bestehe die Möglichkeit der Freisetzung derartiger Stoffe durch einen Absturz aus Gebäuden am Boden. In der Zone einer erhöhten Absturzgefahr befänden sich auf dem Flughafengelände drei Gebäude, in denen die Firmen (Gebäude ), (Gebäude ) und (Gebäude ) Umgang mit radioaktiven Stoffen hätten (s. Tabelle auf S. 148 der Stellungnahme). Hinzu kämen vier Firmen im Aufsichtsbereich der Abteilung Umwelt Darmstadt (Daten s. Stellungnahme S ). Im Aufsichtsbereich der Abteilung Umwelt Wiesbaden lägen zwei Betriebe (Angaben hierzu s. Stellungnahme S ). Keiner dieser Betriebe überschreite die Freigrenzen nach 50 Abs. 3 Satz 3 der Strahlenschutzverordnung. Deshalb seien eine Berechnung der möglichen effektiven Dosis von Einzelpersonen mit festgelegten Anfangs- und Ausbreitungsbedingungen sowie eine Ausbreitungsrechnung für die verschiedenen Expositionspfade bei einem Flugzeugabsturz nicht erforderlich. Aufgrund der Ausführungen der strahlenschutzrechtlichen Fachdezernate meiner Behörde erscheint eine Aufforderung an die Fraport AG zu ergänzenden Untersuchungen nicht angezeigt. Von der Stadt Darmstadt wird vorgetragen, dass die Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in der Nähe der Flugroute zum Funkfeuer KNG den Ausbau des Ringbeschleunigers plane. Käme es zu einem Unfall auf das Gelände, werde eine Freisetzung von Radioaktivität befürchtet, welche Auswirkungen auf Wohn- und FFH-Gebiete haben könne. Die Fraport AG führt hierzu aus, das Gutachten G16.1 mache deutlich, dass das Gelände der GSI in Darmstadt-Wixhausen weitab von relevanten Risiken liege. In diesem Gebiet liege das Risiko, von einem Absturz betroffen zu sein, kleiner als 10-7 /a. Die Anlage der GSI liegt nicht in einem Bereich mit einem erhöhten Absturzrisiko und wird daher auch durch die strahlenschutzrechtliche Fachabteilung meiner Behörde von einer näheren Betrachtung ausgeschlossen Anlagen mit sonstigen Gefährdungspotentialen Die Stadt Mainz befürchtet eine potentielle Gefährdung durch biologische und pathogene Erreger, die bei einem Absturz auf gentechnische oder mikrobiologische Laboratorien oder Forschungseinrichtungen freigesetzt werden könnten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass biologische und pathogene Erreger zur Fortpflanzung und selbstständigen Verbreitung in der Lage seien. Die Fraport AG verweist darauf, dass die genannten Einrichtungen mit biologischen Materialien nicht der StörfallVO unterlägen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1611

170 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die aufgeführten Einrichtungen unterliegen nicht der StörfallVO. Zur Freisetzung von kritischen biologischen Materialien oder Erregern aus Laboratorien oder Forschungseinrichtungen wäre in der Regel ein Treffer des Gebäudes oder der Einrichtung erforderlich. Aufgrund des relativ kleinen Einwirkungsbereichs ergibt sich eine geringe Trefferwahrscheinlichkeit. Ein weiterer Aufklärungsbedarf wird nicht gesehen Bewertung Viele Kommunen sind der Auffassung, das beantragte Vorhaben sei nicht mit den Belangen der Sicherheit vereinbar. Es verstoße gegen planungsrechtliches Sicherheitsrecht. So verlange 50 BImSchG, bei raumbedeutsamen Maßnahmen die Flächen einander so zuzuordnen, dass bei schweren Unfällen in den Betriebsbereichen Auswirkungen auf schutzbedürftige Gebiete so weit wie möglich vermieden würden. Auch nach Art. 12 Abs. 1 der Seveso-II-Richtlinie sei es das Ziel, schwere Unfälle zu verhüten und die Folgen zu begrenzen. Gemessen an diesen Maßstäben sei das Vorhaben unzulässig, da der Betrieb des Chemiewerkes und der eines Verkehrsflughafens unverträgliche Nutzungen darstellten. Sowohl der Flughafen Frankfurt Main als auch die Ticona seien Störfallbetriebe, die sich gegenseitig gefährdeten und das Risiko eines Störfalls erhöhten. Im Falle der Realisierung der Nordwestvariante wäre die Landebahnschwelle ca. 700 m vom Gelände der Ticona entfernt, auch lägen Teile des Betriebsgeländes im Anflugsektor. Sollte die geplante Landebahn Nordwest gebaut werden, komme nur ein Ost-Betrieb in Betracht, da der geringe Sicherheitsabstand zur Ticona und dem DEA-Tanklager keinen Westbetrieb zuließe. Die Fraport AG entgegnet, der Begriff des angemessenen Abstandes sei weder in Art. 12 Abs. 1 Seveso-II-Richtlinie noch im BImSchG oder untergesetzlichen Rechtsvorschriften, die für die Ansiedlung gälten, definiert. Außerdem enthalte diese Vorschrift die Einschränkung so weit möglich. Der Begriff des angemessenen Abstandes sei nach Lage des Einzelfalls zu definieren und zwar einerseits - nach Maßgabe dessen, was unter optimalen Rahmenbedingungen als Abstand sinnvoll wäre und andererseits - unter Berücksichtigung sonstiger Belange und Bedürfnisse. Diesen Anforderungen trügen die Planfeststellungsunterlagen Rechnung. Denn in der Konfigurationsanalyse werde gezeigt, dass es keine andere Alternative gebe, die das Planungsziel erreiche und in der Gesamtschau der abzuwägenden Aspekte geeigneter wäre als die Landebahn Nordwest, sodass ein größerer Abstand nicht möglich sei. Außerdem weist die Fraport AG darauf hin, dass der Flughafen Frankfurt Main als solcher keine Störfallanlage im Sinne der Störfall-Verordnung sei. In der Antragsbegründung (A2, S. 20) stellt die Fraport AG selbst fest, dass sich auf dem Flughafengelände mit dem Tanklager der Hydrantenbetriebsgesellschaft und dem Gefahrstofflager der Fraport Cargo Services GmbH zwei Betriebsbereiche nach 3 Abs. 5 a BImSchG befinden. Beide werden somit nicht von der Fraport AG, sondern von Dritten betrieben. Der Flughafen Frankfurt Main als solcher ist kein Betriebsbereich und auch kein Betrieb im Sinne der Seveso-II-Richtlinie. In Bezug auf die Nachbarschaft zum Betriebsbereich der Ticona ist die geplante Landebahn Nordwest als Verkehrsweg zu betrachten. Hierfür enthält Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. c der Seveso-II-Richtlinie die Anforderung, neue Entwicklungen in der Nachbarschaft bestehender Betriebe wie beispielsweise Verkehrswege ( ) zu überwachen, wenn diese Ansiedlungen oder Maßnahmen das Risiko eines schweren Unfalls vergrößern oder die Folgen eines solchen Unfalls verschlimmern können. Daneben schreibt der 2. Unterabsatz dieses Artikels vor, dem Erfordernis Rechnung (zu) tragen, dass zwischen den Betrieben, die unter die StörfallVO fallen, und Wohngebieten, öffentlich genutzten Seite 1612 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

171 Gebäuden und Gebieten, wichtigen Verkehrswegen (so weit wie möglich), Freizeitgebieten und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten ein angemessener Abstand gewahrt bleibt. Während der zweite Unterabsatz die Nachbarschaft gefährdender Anlagen zu schutzwürdigen Nutzungen behandelt, enthält der erste Unterabsatz auch die Forderung, bei Veränderungen in der Nachbarschaft bestehender Betriebe auf eine mögliche Vergrößerung der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Störfalls zu achten. Es spricht vieles für die Auffassung, dass dieser Aspekt des Art. 12 Abs. 1 der Seveso-II-Richtlinie in der geltenden Fassung des 50 BImSchG nicht umgesetzt ist. Dann wäre Art. 12 Abs. 1 jedenfalls im Sinne einer europarechtskonformen Anwendung des deutschen Rechts in der Planfeststellung unmittelbar anzuwenden. Zu erwägen wäre dabei auch, dass Artikel 12 Abs. 1 der Seveso- II-Richtlinie zur Verhinderung einer Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung auch zusätzliche technische Maßnahmen bei bestehenden Betrieben (wie sie etwa durch die Verbunkerung der BF 3-Behälter bei der Ticona GmbH durchgeführt wurden) in Betracht zieht. Von einigen Kommunen und anderen Einwendern wird auf einen Forschungsbericht der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM-Forschungsbericht 260, 2003, R. Konersmann) verwiesen. In diesem Forschungsbericht werde im Ergebnis gefordert, dass das Areal der nach 12 LuftVG definierten Einflugschneise von auf m vergrößert werden sollte. Innerhalb dieser Fläche sei die Errichtung von Störfallanlagen nicht zu empfehlen. Die Resultate des Forschungsberichts sollten bei neu zu errichtenden Verkehrsflughäfen herangezogen werden. Die Fraport AG trägt hierzu vor, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung habe in dem Forschungsbericht - insbesondere vor dem Hintergrund von kleinen Flugzeugen der allgemeinen Luftfahrt/Sichtflügen und deren Unfallgefahr - Konzepte für die Ausweisung von Ausschlussbereichen entwickelt. Auf der Landebahn Nordwest würden keine Sichtanflüge stattfinden. Die Landebahn solle für Präzisionsanflüge genutzt werden. Am gesamten Flughafen Frankfurt Main stellten - wie auch an den vergleichbaren Flughäfen - Flüge nach Sichtflugregeln nur einen geringen Teil des Verkehrsaufkommens dar. Daher sei der geforderte Sicherheitsbereich von m für Frankfurt Main nicht anwendbar. Außerdem stelle der Forschungsbericht keine rechtliche Grundlage für etwaige Sicherheitsbereiche oder Ausschlussflächen dar. Auch jetzt gebe es keine Einflugschneise, in der die Errichtung von Störfallanlagen nicht zu empfehlen sei. Lediglich die Vollzugshilfe zur Störfall-Verordnung sage aus, dass der Luftverkehr als umgebungsbedingte Gefahrenquellen außer Betracht bleiben können, wenn die Anlage außerhalb des Anflugsektors oder innerhalb des Anflugsektors mehr als m vom Beginn der Landebahn Nordwest entfernt liege. Dies stelle allerdings lediglich den vertieften Untersuchungsbedarf bzw. die Notwendigkeit zur Berücksichtigung dar, nicht aber den Ausschluss bzw. einen Verbotsbereich. Im Erörterungstermin hat Herr Rechtsanwalt Dr. Name034 auf die Behauptung der Fraport AG, dass sich der Forschungsbericht auf Sportflugzeuge und kleine Flughäfen beziehe, erwidert, dass der Forschungsbericht ausdrücklich Unfälle mit großen, schweren Maschinen untersuche. Die Fraport AG hat darauf geantwortet, dass es eine neuere Version des Gutachtens gebe, in der auch größere Flugzeuge berücksichtigt worden seien. Konersmann empfehle, dass man einen Abstand von m einhalten solle. Dies beziehe sich aber auf eine Verwaltungsvorschrift, die mittlerweile nicht mehr in Kraft sei. Auch im Entwurf einer neuen Verwaltungsvorschrift sei der Vorschlag von Konersmann nicht aufgenommen worden. Viel- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1613

172 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main mehr sei auch in der neuesten Vollzugshilfe zur Störfall-Verordnung wiederum der Abstand von m dargestellt. Konersmann führt in seinen Forschungsberichten 231 und 260 allgemeine Betrachtungen zu Absturzrisiken im Umfeld von Flughäfen durch. Mit den Gutachten des TÜV Pfalz und des RWTÜV liegen jedoch spezifische Betrachtungen zu den betreffenden Anlagen vor, die sowohl die aktuellen Gegebenheiten im Luftverkehr, die spezifische Luftraumbelegung am Flughafen Frankfurt Main und die besonderen Gegebenheiten bei den zu betrachtenden Anlagen berücksichtigen. Der Vorschlag von Konersmann, die Betrachtung auf einen Umkreis von 5,2 km statt bisher 4 km zu beziehen, führt lediglich zum Ersatz eines pauschalen Kriteriums durch ein anderes pauschales Kriterium. Wie bereits ausgeführt, ist aufgrund der starken Abhängigkeit der Trefferwahrscheinlichkeit im Umfeld eines Flughafens von der Lage und der Belegung der Flugrouten ein rein abstandbezogenes pauschales Abschneidekriterium nicht sinnvoll. Es sind vielmehr die spezifischen Trefferwahrscheinlichkeiten und die möglichen Folgen eines absturzinduzierten Störfalls in Form einer Entscheidungsmatrix zu berücksichtigen. Einige Kommunen und andere Einwender nehmen auf die Beratungen der Arbeitsgruppe Flughafenausbau Frankfurt der Störfallkommission Bezug. Die Arbeitsgruppe gehe von einer Störfallhäufigkeit (Absturz auf die Anlagen von Ticona) in einer Größenordnung von 4 x 10-5 aus. Unter Heranziehung des schweizerischen Bewertungssystems sei das Absturzrisiko für die Anlagen der Ticona nicht akzeptabel. Die Fraport AG verweist auf die im Gutachten G16.3 enthaltene Bewertung des Störfallrisikos und dessen Auswirkungen, wonach sowohl nach britischen als auch nach schweizerischen und niederländischen Orientierungs- und Akzeptanzkriterien für das Gruppen- und das Einzelrisiko durch Störfallanlagen der Betrieb der bestehenden Ticona-Anlagen (inkl. des Ethylenverdichters der Firma055) sowie der Flughafenbetrieb mit und ohne Landebahn Nordwest vereinbar seien. Von einigen Kommunen wird bemängelt, dass bei der Untersuchung der störfallrelevanten Teile des Ticona-Werkes und des DEA-Tanklagers als Akzeptanzgrenze die Schweizer Störfall-Verordnung herangezogen worden sei. Diese erfasse aber nur Ereignisse, bei denen mindestens 10 Personen zu Tode kommen. Bei einer Risikobeurteilung seien aber alle Gefahrenszenarien zu berücksichtigen. Die Fraport AG vermutet, dass der Einwand auf die Aussage im Gutachten G16.3, S. 51, abzielt: Neben dem flugbetrieblichen Primärereignis werden andere störfallauslösende Ereignisse bei der Risikoermittlung nur berücksichtigt, wenn mit einer Schadenswirkung außerhalb des Betriebsbereichs oder innerhalb des Betriebsbereichs mit einem Schadensausmaß von N 10 Todesopfern (in Anlehnung an die Akzeptanzlinie im schweizerischen FN-Diagramm) zu rechnen ist. Diese Beschränkung beziehe sich nicht auf die Untersuchung von flugbetrieblichen Primärereignissen und deren Folgen, sondern auf andere störfallauslösende Ereignisse, wie z. B. BF 3-Freisetzung infolge eines Rohrleitungslecks (durch betriebliche Gefahren). Andere störfallauslösende Ereignisse seien lediglich zum vollständigen Abbilden des Gruppenrisikos in G16.3 berücksichtigt. Im Übrigen beziehe sich die Beschränkung in G16.3 auf Störfallereignisse mit einem Schadensausmaß von mindestens 10 Todesopfern innerhalb des Betriebsbereichs, d. h. Seite 1614 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

173 unter dem Anlagenpersonal. Dieses Schadensausmaß würde nach schweizerischer bzw. niederländischer Vorgehensweise vollständig unberücksichtigt bleiben. Die Umweltabteilungen meiner Behörde setzen sich in der Stellungnahme ausführlich mit den Maßstäben für die Bewertung des vom Luftverkehr hervorgerufen Risikos für Betriebsbereiche und Anlagen, die der StörfallVO unterliegen, auseinander. Im deutschen Störfallrecht werde herkömmlicherweise eine deterministische Sicherheits- und Risikoanalyse vorgenommen, so dass sich zunächst die Frage stelle, ob die im vorliegenden Verfahren vorgenommene probabilistische Betrachtung überhaupt mit dem deutschen Störfallrecht vereinbar sei. Denn hier würden erstmals für einen deutschen Betriebsbereich Wahrscheinlichkeiten - hier des Absturzes von Flugzeugen und des Eintritts von daraus kausal resultierenden Störfällen - und deren Auswirkungen sowie Risikofaktoren ermittelt und geprüft. Die Umweltabteilungen kommen nach umfassender Analyse zu dem Ergebnis, dass die Probabilistik in die deutsche Sicherheitsphilosophie passe: Sie biete Möglichkeiten zusätzlicher Informationen zur Risiko- und damit zur Störfall(auswirkungs)minderung und harmoniere somit bei allen mit ihr verbundenen Schwierigkeiten und Unsicherheiten mit den rechtlichen Zielvorgaben des Immissionsschutzes. Allerdings müsse beachtet werden, dass die Einführung probabilistischer Elemente Auswirkungen auf die gesamte deutsche störfallrechtliche Praxis haben könne. Die Fraport AG verweist darauf, dass im Gutachten G16.3 eindeutig erklärt werde, dass es keine Sicherheitsbetrachtung nach StörfallVO (darstellt), welche einen Störfall bzw. eine ernste Gefahr im Sinne der StörfallVO beurteilt. (S. 27). Demnach sei es unerheblich, ob die probabilistische Betrachtungsweise in G16.3 mit dem deutschen Immissionsschutz- bzw. Störfallrecht vereinbar sei. Die Umweltabteilungen meiner Behörde weisen in der Stellungnahme als störfallrechtliche Fachbehörde darauf hin, dass im Gutachten G16.4 für das Einzelrisiko als oberer Grenzwert für gewerbliche Objekte ein Wert von 10-4 /Jahr und für Wohngebäude ein Wert von 3 x 10-5 angegeben werde. Auf der Basis der Risiko-Zonen-Karte aus dem Gutachten G16.1 sei bei einem Wert von > 10-5 nur ein kleiner Bereich an beiden Enden der Bahn betroffen. Risikogebiete für die oben genannten Werte würden in der Karte nicht mehr ausgewiesen. Die Einzelrisikowerte von Ticona und des Shell-Tanklagers in Raunheim lägen um mindestens eine Größenordnung unterhalb der in G16.4 angegebenen Grenzwerte. Ein möglicher Ansatz zur Bewertung sei auch die Bewertung der Veränderung der Einzelrisikosituation im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main durch den Ausbau. Danach wäre in größeren Gebieten westlich (Flörsheim) und östlich (Taubengrund) der geplanten Landebahn Nordwest das Einzelrisiko gegenüber dem Ist-Fall deutlich erhöht. Einzelrisikowerte allein seien für die Bewertung von Störfallen oder Unfällen, die eine Vielzahl von Opfern fordern, ungeeignet, weil sie keine Rückschlüsse auf das Ausmaß eines Unfalls oder Störfalls zuließen. Als wesentlicher Aspekt sei das Gruppenrisiko heranzuziehen. Denn als Risiko werde das Produkt aus der Häufigkeit bestimmter Störfälle (Eintrittswahrscheinlichkeit) und ihren Folgen (Schadensausmaß) definiert. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1615

174 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die im Gutachten G16.4 angegebenen Werte orientierten sich stark an den Einzelrisikokriterien aus Großbritannien, die für den Flughafen Schiphol herangezogenen Werte hingegen lägen für gewerbliche Objekte um eine Größenordnung, für Wohnungen um den Faktor 3 niedriger. Die Fraport AG erwidert, die Aussagekraft der Risiko-Zonen-Karten des Gutachtens G16.1 werde dadurch, dass Einzelrisiken kleiner als 10-5 /Jahr nicht mehr weiter differenziert würden, nicht eingeschränkt. Da nur ein kleiner Bereich an den Enden der Bahnen Einzelrisiken größer als 10-5 /Jahr aufweise, könne sicher gesagt werden, dass außerhalb dieses Bereichs die in G16.4 vorgeschlagenen Grenzwerte sicher eingehalten würden. Für den Nahbereich der Bahnen würden in G16.1 für alle relevanten Einzelobjekte Detailbetrachtungen vorgenommen inklusive expliziter, numerischer Angabe der Einzelrisikowerte. Somit seien in allen Bereichen ausreichend Informationen vorhanden, um eindeutig zu bestimmen, ob die vorgeschlagenen Grenzwerte eingehalten würden. Zu dem Vorschlag, eine Bewertung durch einen Vorher-Nachher-Vergleich der Einzelrisikowerte durchzuführen, erwidert die Fraport AG, es sei selbstverständlich, dass es im Bereich der geplanten Landebahn Nordwest zu einer Erhöhung der Einzelrisiken komme. Jedoch stelle sich die Frage, welche Aussagekraft ein solcher Vergleich hätte. Ziel der Einzelrisikobeschränkung sei es, einen angemessenen Schutz des Lebens jeder individuellen Person im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main zu gewährleisten. Hierfür komme es nicht auf die Zunahme, sondern auf den nach der Zunahme erreichten Wert des Einzelrisikos an. Es könne nicht generell verlangt werden, dass es zu keiner Risikoerhöhung komme; andernfalls dürfe in Deutschland keine Industrieanlage mehr zugelassen werden. Die Forderung, maßgeblich das Gruppenrisiko zu betrachten, werde im Gutachten G16.4 durch eine ausführliche Betrachtung sowohl des gesamten Gruppenrisikos als auch der Beiträge ausgewählter Einzelobjekte zum Gruppenrisiko erfüllt. Zum Hinweis auf die niederländischen Werte verweist die Fraport AG auf die Darstellungen in Kapitel des Gutachtens. Die im Gutachten vorgeschlagenen oberen Grenzwerte lehnten sich nicht nur an die britischen Regeln an. Sie seien z. B. für bestehende Wohngebäude um den Faktor 3 strenger als die britischen Vorschriften. Auch treffe es nicht schlechthin zu, dass die niederländischen Regeln für gewerbliche Objekte um eine Größenordnung (d. h. den Faktor 10) strenger seien als die in G16.4 vorgeschlagenen Grenzwerte. Tatsächlich gebe es in den Niederlanden für bestehende gewerbliche Objekte überhaupt keine Einzelrisikobeschränkung. Da es im relevanten Nahbereich von Flughäfen üblicherweise primär gewerbliche Nutzung gebe, sei in diesem wichtigen Punkt der Vorschlag aus G16.4 sogar signifikant strenger als das niederländische Reglement. Die Fraport AG betont in diesem Zusammenhang, dass die niederländischen und britischen Grenzwerte jeweils die einzigen Kriterien darstellten, d. h. sobald die Grenzwerte eingehalten seien, bestünden keine weiteren Anforderungen hinsichtlich des Einzelrisikos. In G16.4 hingegen werde ausdrücklich betont, dass auch unterhalb der vorgeschlagenen Werte eine weitere Risikoreduktion - d. h. eine Verschärfung der Anforderungen - vorzunehmen sei, wo immer dies im Sinne des ALARP-Prinzips in einer angemessenen Relation zum Aufwand stehe. Nach alledem seien die vorgeschlagenen Grenzwerte aus G16.4 nur eingeschränkt mit den entsprechenden Werten aus Großbritannien und den Niederlanden vergleichbar. Die Umweltabteilungen meiner Behörde beschäftigen sich eingehend mit verschiedenen Modellen zur Risikobewertung. Hierzu gehörte auch die von Herrn Dr.-Ing. habil. Kröger Seite 1616 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

175 (ETH Zürich) im Auftrag der Fraport AG vorgelegte Studie Quantitative Bewertungskriterien für Risiken von Anlagen mit chemischen Gefahren - in der Nähe von Flughafen-Erweiterungen vom Oktober In der nachfolgenden Abbildung würden die verschiedenen Bewertungskriterien für Gruppenrisiken als Grenzkurven dargestellt. Die in G16.4 vorgeschlagene Vorgehensweise entspreche dem britischen Modell für Industriekomplexe. Die von Kröger vorgeschlagene Akzeptanzlinie entspreche der schweizerischen Akzeptabilitätslinie mit einer Extrapolation auf den Ankerpunkt. Die von Kröger für Beschäftigte vorgeschlagene Grenzkurve sei nicht eingezeichnet. Abb.: Gegenüberstellung der verschiedenen Akzeptanzlinien Das als Grundlage für G16.4 herangezogene britische Modell für große Industriekomplexe sei aufgrund der risikoneutralen Grenz-FN-Kurven weniger auf die Vermeidung von Schadensgroßereignissen (Gefahrenabwehr), sondern vielmehr durch eine starke Orientierung auf das ALARP-Prinzip auf die Risikominimierung (Begrenzung von Schadensauswirkungen) ausgelegt. Das schweizerische Modell ziele durch die Berücksichtigung einer deutlichen Risikoaversion primär auf die Vermeidung von Großereignissen und weniger auf die Begrenzung des gesellschaftlichen Gesamtschadens. Die schweizerische Akzeptabilitätslinie liege daher deutlich unterhalb der unteren britischen Grenzlinie zur Abgrenzung des ALARP-Bereichs. Auch der Ankerpunkt der Akzeptanzlinie liegt beim britischen Modell zwei Größenordnungen über dem des schweizerischen Modells. In der nachfolgenden Tabelle werden die nach den verschiedenen Modellen zulässigen Eintrittswahrscheinlichkeiten für bestimmte Todesopferzahlen gegenübergestellt: Todesopfer Eintrittswahrscheinlichkeit 1/a Großbritannien Schweiz; (Häfen); Niederlande; G16.4 Kröger (Bevölkerung) Kröger (Beschäftigte) Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1617

176 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main x x x x 10-7 Kröger sehe eine Übertragung des britischen Ansatzes auf Frankfurt Main grundsätzlich als sehr problematisch an, da der Fokus in Großbritannien auf der Risikominimierung (ALARP-Prinzip) und nicht auf der Gefahrenabwehr liege. Das ALARP-Prinzip halte er jedoch grundsätzlich (ohne eine Aussage über die genauere Festlegung des ALARP-Bereichs zu treffen) als Abwägungs- und Entscheidungsinstrument für praktikabel. Obwohl auch eine Übertragung der niederländischen Vorgehensweise auf das deterministisch geprägte deutsche System als problematisch angesehen werde, entspreche der niederländische Ansatz jedoch eher dem deutschen Risikoempfinden als die britische Vorgehensweise. Die Risikobewertungsmodelle seien geprägt von der Kultur des jeweiligen Landes. Von einer Übertragung der Konzepte oder einzelner Elemente in einen Raum mit völlig anderer Kultur und Denkweise rate Kröger ab. Zu beachten sei auch, dass mit den jeweiligen Risikobewertungskriterien auch die Verfahren zur Risikoermittlung festgelegt würden. So lege die schweizerische Störfall-Verordnung das Risikoermittlungsverfahren genau fest und führe Beispiele für die Risikoanalyse an. Eine einfache Übertragung auf die bisher vorliegenden Erkenntnisse für Ticona oder Shell in Raunheim sei ohne genaue Kenntnis der zu den Verfahren gehörigen Analysemethoden nicht möglich und würde zu falschen Rückschlüssen führen. Bei der Übertragung eines ausländischen Modells auf die Bundesrepublik Deutschland seien die Vorgaben der StörfallVO zu beachten, soweit keine vollständige Neuausrichtung des deutschen Störfallrechts beabsichtigt sei. Nach den Maßgaben der StörfallVO seien auch Betriebsangehörige und neben den Todesopfern auch Verletzte, Umweltschäden und Sachschäden zu berücksichtigen. Dies müsse Eingang in die Bewertungskriterien für Risiken finden. Die Festlegung von Grenzkurven zur Risikobewertung habe zunächst weit reichende Konsequenzen für das Sicherheitsniveau von Störfallanlagen. Bei der Festlegung des Ankerpunktes und der Neigung der Grenzkurven seien daher die allgemeinen Risiken des täglichen Lebens (Berufsrisiko, allgemeines Lebensrisiko etc.), der durch Rechtsnormen (Gesetze, Verwaltungsvorschriften), gängiges Verwaltungshandeln (Genehmigungen, Rechtsprechung) und technische Vorschriften (Betriebssicherheits-Verordnung, TAA, UW etc.) festgelegte nationale Sicherheitsstandard und die gesellschaftliche Bewertung von Risiken (Aversion gegen Schadensgroßereignisse) zu berücksichtigen. Auch die wirtschaftspolitische Bedeutung der risikobehafteten Projekte sei bei den Abwägungen zur Festlegung von Grenzkurven mit einzubeziehen. Möglicherweise spielten hierbei auch soziale und ethische Aspekte eine Rolle. Der vorliegende Fall stelle insoweit tatsächlich einen Präzedenzfall dar, dessen Auswirkungen auf die inländische Immissionsschutzlandschaft nicht zu unterschätzen seien. Neben den zu erwartenden juristischen Debatten müssten auch die möglichen betriebswirtschaftlichen Folgen für den Antragsteller im Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden. Wäre das probabilistische Modellgefäß erst einmal geöffnet, könnte es zu Entwick- Seite 1618 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

177 lungen kommen, die - ähnlich z. B. der niederländischen Praxis - wiederum zu einer Implantation von Risikobetrachtungen in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren führten. Eine derartige Ausdehnung probabilistischer Modelle sei, da entsprechende Gutachten eingeholt und als Antragsunterlagen eingereicht werden müssten, mit zusätzlichen finanziellen Belastungen und mit behördlichem Prüfungsaufwand verbunden. Die Umweltabteilungen meiner Behörde sind der Auffassung, aufgrund fehlender verbindlicher Rechtsnormen und der Tragweite der Entscheidung auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Sicherheitsstandards in der Bundesrepublik Deutschland und der notwendigen Einbeziehung aller einschlägigen Abwägungsgesichtspunkte könne eine Entscheidung, ob das vorliegende flugverkehrsbedingte Risiko für störfallrelevante Betriebsbereiche und Anlagen im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main tragbar sei, nicht durch die Fachbehörde für Immissionsschutz getroffen werden. Nach allgemeiner Ansicht liege die Definitionskompetenz des (noch) tolerablen Risikos im politisch-gesellschaftlichen Raum. Sowohl die Vorgabe des Untersuchungsrahmens wie auch insbesondere die Entscheidung über die Akzeptabilität von Risiken gehöre in den Bereich politischer Abwägung. Die Störfallkommission führe aus, dass die Festlegung von allgemeinverbindlichen Risikogrenz- oder orientierungswerten einer breiten gesellschaftlichen Diskussion bzw. parlamentarischen Entscheidung vorbehalten sein müsse. Auch die Verordnung 178/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts - um ein Beispiel außerhalb des Immissionsschutzrechts zu zitieren - gehe auf Fragen der Risikobewertung und des Risikomanagements ein. In dieser europarechtlichen Regelung werde strikt zwischen der wissenschaftlichen Aufgabe der Risikobewertung und dem politisch zu verantwortenden Risikomanagement unterschieden. Meine Umweltabteilungen ziehen folgendes Fazit: In der Bundesrepublik Deutschland bestünden keine Vorgaben zur probabilistischen Beurteilung von Risiken. Risikobewertungsmodelle, die in anderen Ländern praktiziert würden, könnten zumindest nicht uneingeschränkt auf das deutsche Störfallrecht übertragen werden. Die Festlegung eines - für deutsche Verhältnisse - neuen Bewertungsmaßstabs sollte nur auf gesellschaftlich-politischer Ebene in den dafür vorgesehenen parlamentarischen Verfahren erfolgen. Die Entscheidung für das vorliegende Planfeststellungsverfahren könne offenbar nicht durch einen einfachen Vergleich der vorliegenden Risikowerte für störfallrelevante Anlagen im Umfeld des Flughafens Frankfurt Main mit den heterogenen internationalen Bewertungsmaßstäben gefunden werden. Vielmehr müsse das HMWVL auf der Basis der vorausgehenden landesplanerischen Entscheidung der Landesregierung eine konkrete Abwägung zwischen den Vorteilen des Flughafenausbaus und den diversen Risiken im Bewusstsein der politischen Implikationen und der Präzedenzwirkung vornehmen. Meine Umweltabteilungen geben der Erwartung Ausdruck, mit der Stellungnahme einen wichtigen Beitrag zur Entscheidungsvorbereitung zu leisten, indem sie einen profunden Überblick über das gutachterliche Material liefere und wichtige tatsächliche und methodische Voraussetzungen kläre. Für weitere Einzelheiten verweise ich auf den Originaltext der Stellungnahme Internes Risiko Von verschiedenen Kommunen und anderen Einwendern wird vorgetragen, dass auch der Flughafen Frankfurt Main selbst aufgrund der großen Kerosinlagermenge ein Störfallbetrieb sei. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1619

178 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Fraport AG bezieht sich auf die Argumentation des Landes Hessen im Verfahren wegen einer bei der EU-Kommission in dieser Sache erhobenen Beschwerde, nach der der Flughafen Frankfurt Main selbst nicht als Betrieb im Sinne der Störfall-Verordnung einzustufen sei. Es befänden sich als Störfallanlagen lediglich das Gefahrgutlager der Fraport AG und das Tanklager der HBG innerhalb des Betriebsgeländes des Flughafens Frankfurt Main. Beide Einrichtungen stünden jedoch in keinem Zusammenhang mit der Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main um die Landebahn Nordwest, so dass in dem Bau der Landebahn Nordwest auch keine Erweiterung des Störfallbetriebes zu sehen sei. Der Bereich des Flughafens Frankfurt Main selbst stelle keinen Betriebsbereich im Sinne der Störfall-Verordnung dar, so dass er nicht vertiefend in die Betrachtung des externen Risikos einzubeziehen sei. In der Antragsbegründung (A2, S. 20) stellt die Fraport AG selbst fest, dass sich auf dem Flughafengelände mit dem Tanklager der Hydrantenbetriebsgesellschaft und dem Gefahrstofflager der Fraport Cargo Services GmbH zwei Betriebsbereiche nach 3 Abs. 5 a BImSchG befinden. Beide werden somit nicht von der Fraport AG, sondern von Dritten betrieben. Der Flughafen Frankfurt Main als solcher ist kein Betriebsbereich. Die Städte Flörsheim am Main, Hattersheim am Main, Hochheim am Main, Kelsterbach und Mainz legen dar, dass das am Flughafen Frankfurt Main befindliche Gefahrstofflager (Gebäude 530, Tor 31), den Grundpflichten der Störfall-Verordnung unterliege. Angesichts des offensichtlich erheblichen Gefährdungspotentials sei eine Detailuntersuchung des Einzelrisikos für das Gefahrstofflager zu machen. Die Fraport AG verweist darauf, dass das Gefahrstofflager außerhalb des in der (nicht mehr gültigen) 2. StörfallVwV festgelegten Bereichs liege, innerhalb dessen eine Betrachtung des Flugverkehrs als umgebungsbedingte Gefahrenquelle erforderlich sei. Das Gefahrstofflager sei in den Berechnungen in G16.1 mit einem pauschalen Auswirkungsradius berücksichtigt worden. Es sei explizit in Tab unter Nr. 36 aufgeführt. Im Hinblick auf die geringen gelagerten Mengen und die kurze Lagerzeit sei im Jahresdurchschnitt ein pauschaler Ansatz von 500 m Ausbreitungsradius ebenso als konservativ überschätzend anzusehen. Eine Detailbetrachtung sei nicht erforderlich. Das Gefahrstofflager der Fraport Cargo Services GmbH wird in der Stellungnahme meiner Umweltabteilungen als immissionsschutzrechtliche Fachbehörde nicht als Betriebsbereich mit einer erhöhten Trefferwahrscheinlichkeit (> ) angeführt. Dies ist durch Lage südlich des Parallelbahnsystems plausibel. Die umgebungsbedingte Gefahrenquelle Flugverkehr ist hier vernünftigerweise auszuschließen. Die pauschale Betrachtung in G16.1 ist ausreichend. Einige Kommunen fordern Detailuntersuchung des Gefahrgutlagers der Firma110 auf dem Flughafengelände bezüglich des absturzbedingten Risikos, da diese Anlage unter die Störfall-Verordnung fallen dürfte. Nach Ansicht der Fraport AG stellt das Lager der Firma110 keine Störfallanlage dar. Eine Detailuntersuchung sei nicht erforderlich. Das Gefahrstofflager unterliegt nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht den Pflichten der Störfall-Verordnung. Durch die begrenzte Menge an Gefahrstoffen und relativ kleine Seite 1620 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

179 Einwirkungsbereiche für einen potentiellen Treffer durch ein abstürzendes Flugzeug muss sowohl von einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit eines absturzinduzierten Ereignisses als auch von begrenzten Auswirkungen ausgegangen werden. Verschiedene Kommunen (Flörsheim am Main, Hattersheim am Main, Hochheim am Main, Mainz und Kelsterbach) bemängeln, dass keine Detailuntersuchung des Einzelrisikos für die Störfallanlagen der Hydrantenbetriebsgesellschaft vorgenommen wurde. Es wird gefordert, das Risiko eines Flugzeugabsturzes (Primärereignis) auf das Tanklager der HBG im Norden des Flughafens Frankfurt Main und die sich daraus ergebenden Sekundärschäden, die sich auf das Gebiet der Einwender auswirken könnten, zu untersuchen. Es wird ferner gefordert, das Risiko und die Auswirkungen im Schadensfalle für die 309 Hydranten an den Flugzeugabstellpositionen, an denen das Kerosin entnommen werde, zu untersuchen. Nach einem Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom an die Stadt Hattersheim am Main unterlägen Pipelines dem deutschen Störfallrecht, wenn sie sich auf dem Gelände eines der Störfall-Verordnung unterliegenden Betriebsbereichs befänden. Demnach sei das 48 km lange unterirdische Betankungssystem am Flughafen Frankfurt Main einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Die Fraport AG vertritt die Auffassung, dass eine detaillierte Untersuchung des Tanklagers der HBG aufgrund der hilfsweise herangezogenen 2. Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung nicht erforderlich sei, da der Betriebsbereich außerhalb des Anflugsektors läge. Auf die pauschale Auswirkungsbetrachtung (Radius 500 m) und Einstellung der Ergebnisse in G16.1, soweit diese Bereiche außerhalb des Flughafengeländes lägen, wird verwiesen. Auswirkungen auf die Gemeindegebiete der Einwender würden nicht erwartet. Die Hydranten des unterirdischen Betankungssystems am Flughafen Frankfurt Main unterlägen nicht der Störfall-Verordnung und könnten somit außer Betracht bleiben. Zum flugbetrieblichen Risiko für das Tanklager der HBG ist ein detailliertes Gutachten zu erstellen. Nach Vorlage dieses Gutachtens ist durch die störfallrechtliche Überwachungsbehörde zu klären, ob und welche Nutzung im Umfeld des Tanklagers von den Auswirkungen betroffen ist und ob Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen sind. Hinweise auf erhebliche Sekundärauswirkungen im Falle eines Absturzes und Treffers der Rohrleitungen liegen nicht vor. Die in einem solchen Fall austretenden Mengen sind begrenzt. Einige Kommunen und weitere Einwender bemängeln ganz grundsätzlich, dass das Gutachten G16.1 (S. 47) keine Betrachtung des internen Risikos enthalte. Das Risiko für Bodenpersonal, Geschäftspersonal und Besucher dürfe bei einer Gesamtbeurteilung des Vorhabens nicht ausgeschlossen werden. Die Fraport AG hält eine Betrachtung des internen Risikos für nicht üblich. Personen in Terminals - wie auch Mitarbeiter auf dem Flughafengelände - würden nicht zum externen Risiko gezählt. In G16.4 (Kap ) werde eine Reihe von Einflussfaktoren bei der Risikobewertung genannt. Die wichtigsten darunter dürften der Grad der Freiwilligkeit und der Nutzen für die betroffene Person sein. Hierbei bestehe sicherlich eine ge- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1621

180 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main wisse Korrelation zwischen diesen beiden Größen, da ein Risiko in der Regel nur freiwillig eingegangen werde, wenn damit ein gewisser Nutzen verbunden sei. Somit komme letztendlich der Frage der Freiwilligkeit bei der Risikobewertung eine besondere Rolle zu. Die Umweltabteilungen meiner Behörde vertreten in der fachbehördlichen Stellungnahme die Auffassung, dass in die Störfallbetrachtungen auch die Betriebsbereiche auf dem Flughafengelände einzubeziehen seien. Nach dem Modell der GfL gebe es auch Bereiche auf dem nördlichen Flughafengelände, die ein erhöhtes Einzelrisiko aufwiesen. Eine Darstellung für diese Bereiche sei in den Gutachten nicht enthalten. Die in den Planfeststellungsunterlagen vorgenommene Beschränkung der Betrachtung auf das externe Risiko mit dem Flughafenzaun als willkürlich gewählter Grenze sei methodisch nicht haltbar. Ein Ausschluss des Flughafengeländes allein mit der Argumentation, es handele sich bei den Personen auf dem Flughafen Frankfurt Main nicht um betroffene Dritte, sei nicht zulässig (vgl. 2 Nr. 4 StörfallVO). Ein Störfall im Sinne der StörfallVO liege nicht nur dann vor, wenn externe Dritte betroffen seien. Auch Personen in den Betriebsbereichen und auf dem Flughafengelände seien nach der StörfallVO vor einer übermäßigen Gefährdung zu schützen. Die persönlichen Vorteile (Arbeitsplatz, Nutzung der Einrichtungen) könnten allenfalls bei der Risikobeurteilung, beispielsweise in Form einer geringeren Risikoaversion für Personen auf dem Gelände, jedoch nicht bei der Risikoermittlung berücksichtigt werden. Es kann dahinstehen, ob die Behauptung der Fraport AG, eine Betrachtung des internen Risikos sei nicht üblich, zutrifft. Der Sache nach ist diese Differenzierung nicht nachvollziehbar. Auf dem Gelände des Flughafens Frankfurt Main befinden sich Personen mit ganz unterschiedlicher Affinität zum Flugverkehr bzw. -betrieb. Der Argumentation, dass alle Personen auf dem Flughafengelände direkt oder indirekt am Flugverkehr beteiligt seien und es sich daher nicht um betroffene Dritte handele, kann nicht gefolgt werden, da der Flughafen Frankfurt Main durch Art und Umfang der dort befindlichen Einrichtungen auch Bereiche umfasst, in denen sich Personen ohne Bezug zum Flugbetrieb aufhalten. Die Risikoermittlung ist daher unter Berücksichtigung des internen Risikos durchzuführen. Von besonderem Interesse ist auch - gerade durch die parallel versetzte Lage der Landebahn Nordwest - die Änderung des internen Risikos durch den Ausbau. Aus störfallrechtlicher Sicht handelt es sich bei der HBG um einen Betriebsbereich. Die Lage auf dem Flughafengelände spielt für die erforderliche störfallrechtliche Beurteilung keine Rolle. Auch für Betriebsbereiche auf dem Flughafengelände muss beurteilt werden können, inwieweit die Veränderungen der vom Luftverkehr hervorgerufenen Gefahren durch das verfahrensgegenständliche Vorhaben störfallrechtlich relevant sind. Eine Unterscheidung zwischen Anlagenpersonal und betroffenen Dritten erfolgt in der Störfall-Verordnung nicht. Eine Ausblendung des aus einem absturzbedingten Ereignisses im HBG-Tanklager oder im Gefahrstofflager der Fraport Cargo Services resultierenden Risikos mit dem Verweis, es handele sich um das interne Risiko, ist störfallrechtlich nicht haltbar. Im Erörterungstermin hat die Firma057 nachgefragt, ob es für das HBG-Tanklager einen Sicherheitsbericht gebe. Meiner Behörde liegt ein Sicherheitsbericht vom Dezember 2002 vor. Seite 1622 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

181 Von der Stadt Offenbach am Main wird auf die Risikolage des neuen Kontrollturms, der sich in der Nachbarschaft zur Anflugrundlinie befinde, hingewiesen. Die Fraport AG verweist auf die Ermittlung und Bewertung des externen Risikos in den Gutachten G16.1 bis G16.4. Die Ermittlung des externen Risikos sei dabei unabhängig von der Lage des Towers Normalflugbetriebliche Auswirkungen (Lärm, Wirbelschleppen etc.) Normalflugbetriebliche Auswirkungen auf die Betriebsanlagen der Ticona und der Firma055 in Kelsterbach Einfluss normalflugbetrieblicher Auswirkungen auf den sicheren Betrieb der Anlagen Von verschiedenen Einwendern und den Umweltabteilungen meiner Behörde wird vorgetragen, dass die in den Gutachten des RWTÜV und TÜV Pfalz beschriebenen Gefahren und Auswirkungen des normalen Flugbetriebes auf die Ticona noch nicht in ausreichender Tiefe untersucht worden seien. Es sei fraglich, ob der sichere Betrieb der Anlagen auch im Hinblick auf besondere Anforderungen an Störfallanlagen auch bei Realisierung der Landebahn Nordwest möglich sei. Es sei eine systematische Gefahrenanalyse, die die Auswirkungen von Lärm, Wirbelschleppen und elektromagnetischen Störsignalen auf den sicheren Betrieb der Anlage im Normalbetrieb, bei Reparatur und Wartungsarbeiten sowie bei Umbauten untersuche, durchzuführen. Die Fraport AG verweist zu den angeführten normalflugbetrieblichen Einwirkungen auf im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens vorgelegte Gutachten. Im den Gutachten G1, Anhang II.1 zu G1 ( Auswirkungen von Wirbelschleppen ), G10 und G12 ( Flugbetriebsbedingte und sonstige Geräuschimmissionen ausgehend vom Gelände des Flughafens ) sowie G17.1 ( Elektromagnetische Verträglichkeit und Elektromagnetische Umweltverträglichkeit ) werde nachgewiesen, dass der Betrieb des Flughafens Frankfurt Main mit den Anlagen, der Technik und dem Betrieb der Ticona vereinbar sei bzw. mit einigen Maßnahmen vereinbar gemacht werden könne. Im Rahmen des Erörterungstermins ist für die Firma057 vorgetragen worden, dass zur Vermeidung normalbetrieblicher Einwirkungen durch Lärm, Wirbelschleppen, elektromagnetische Einstrahlung auf den Anlagenbetrieb wesentliche Veränderungen in der Anlagenführung sowie in der Betriebsorganisation ihrer Anlagen erforderlich seien. Nur dann könnten die grundlegenden Betreiberpflichten gewährleistet werden. Nur der schlüssige und nachvollziehbare Nachweis für die Realisierbarkeit geeigneter Maßnahmen sei eine Basis für die Abstimmung von Flugbetrieb auf der geplanten Landebahn Nordwest und den Anlagen der Firmen Ticona und Infraserv. Im Gutachten des TÜV Pfalz zum Planfall (TÜV Pfalz 2003/1) wird ausgeführt, dass eine systematische Analyse der auf den normalen Flugbetrieb zurückzuführenden Einwirkungen - insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass der Betriebsbereich der Ticona GmbH der Störfall-Verordnung unterliegt und besondere Betreiberpflichten zu beachten sind - erforderlich ist. Einzelne Produktions- und Lagereinrichtungen sind bezüglich der flugbetrieblichen Einwirkungen detailliert zu untersuchen. Hierbei sind alle Betriebs- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1623

182 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main zustände, Abläufe und Lebenszyklen der Anlagen (Betrieb, Reparatur, Wartung, Umbau, Ausfall) in die Gefahrenanalyse einzubeziehen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass bezüglich der normalbetrieblichen Auswirkungen auf die Anlagen und den Betrieb der Ticona weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Es ist eine systematische Gefahrenanalyse, die die Auswirkungen des normalen Flugbetriebes von Lärm, Wirbelschleppen und elektromagnetischen Störsignalen auf den sicheren Betrieb der Anlage der Firma Ticona im Normalbetrieb, bei Reparatur- und Wartungsarbeiten sowie Umbauten untersucht, vorzulegen. Konkretisierende Ausführungen hierzu habe ich in meinem Schreiben an das HMWVL vom gemacht. Insgesamt ist zu prüfen, ob der sichere Betrieb der Anlagen auf dem Betriebsgelände unter den im Planfall vorherrschenden Bedingungen gewährleistet werden kann und somit eine Vereinbarkeit mit dem Betrieb der Landebahn Nordwest besteht. Hierzu ist eine vertiefte gutachterliche Untersuchung erforderlich. Soweit Maßnahmen zu ergreifen sind, sind diese zu beschreiben. Als Grundlage für die Untersuchungen kann im Sinne eines Prüfrahmens die Anlage 11 Bewertung der Empfehlungen im RWTÜV-Gutachten des Teilgutachtens 1 über die qualitätssichernde Bewertung des Gutachtens des RWTÜV zur Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv in Kelsterbach des TÜV Pfalz herangezogen werden. Bezüglich möglicher Einwirkungen durch Erschütterungen sollten die erschütterungsempfindlichen Anlagen benannt und konkret lokalisiert werden Lärm Die führt aus, in den Außenbereichen des Ticona-Werksgeländes komme es zu Lärmpegeln von weit über 90 db(a), wobei Spitzenpegel über 100-mal am Tag aufträten. Dieser Lärm übertöne betriebliche akustische Alarme (Räumungs-, Gas-, Feuerwehralarm), akustische Fehlerhinweise (z. B. Zischen einer Gasleckage) bei Anlagenrundgängen sowie Warnsignale von. Außerdem würden die betriebsinterne Kommunikation zwischen in der Freianlage bei Wartungsarbeiten, Prüfungen von Einrichtungen zur Anlagensicherheit oder die Wiederinbetriebnahme von Aggregaten empfindlich gestört. Weiterhin werde die Einsatzkommunikation des und unmöglich. Ferner hätten die hohen Bodenlärmpegel Auswirkungen auf. Es drohe. Die Fraport AG legt dar, das lärmmedizinische Gutachten G12.2 befasse sich im Kapitel 5 mit der Bewertung der Belastung von Gewerbegebieten im Flughafenumfeld durch flugbetriebsbedingte Geräusche. Für den in den lärmphysikalischen Gutachten betrachteten Immissionsort Tic-01 sei nach Ansicht der Sachverständigen zu prüfen, welche konkreten Tätigkeiten in diesen Bereichen durchgeführt würden. Bei rein geistigen Tätigkeiten seien Lärmminderungsmaßnahmen innerbetrieblich oder durch Schallschutz zu prüfen. Für alle anderen Tätigkeiten ergäben sich keine Konsequenzen. Hohe Geräuschimmissionen, die unter Umständen dazu geeignet wären, die Kommunikation zu stören, träten nur im nördlichen Bereich des Geländes (Pforte) und zudem nur kurzzeitig auf (z. B. 30 Sekunden), so dass eine wesentliche Störung der Kommunikation nicht zu erwarten sei. Da im Bereich der Werkseinfahrt Ticona nicht davon auszugehen sei, dass an dort vorhandenen Arbeitsplätzen rein geistige Tätigkeiten ausgeführt würden, sieht die Fraport AG keine Veranlassung zur Durchführung lärmmindernder Maßnahmen. Selbst wenn Arbeitsplätze mit rein geistigen Tätigkeiten dort vorhanden wären, würde bereits das Geschlos- Seite 1624 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

183 senhalten der Fenster - bei gelegentlicher Stoßlüftung - ausreichen, um den notwendigen Schallschutz zu gewährleisten. Im Rahmen des Erörterungstermins ist von Vertretern der Firma057 gefordert worden, für das Ticona-Gelände eine Gesamtlärmbetrachtung aller Hot-Spots durchzuführen. Im nördlichen Bereich (Aufpunkt Tic-01) seien der Kritische Toleranzwert L eq = 70 db(a) und die Maximalpegelhäufigkeit von mehr als 19 Ereignissen pro Tag mit mehr als 99 db(a) Maximalpegel überschritten. Bei der Betrachtung der durch Fluglärm bedingten Einwirkungen fehlen Aussagen dazu, wie eine dauerhaft sichere Kommunikation, das Erkennen von Gefahrenmeldungen sowie das Vermeiden daraus resultierender Unfälle sichergestellt wird. Auch sieht der TÜV Pfalz eine Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit des Personals gerade bei komplexen Inspektions- und Wartungsarbeiten in den Freianlagen. Bei den Anlagen der Ticona handelt es sich weitgehend um Freianlagen. Durch die zusätzliche erhöhte Lärmeinwirkung durch den Flugverkehr können die vorhandenen werksinternen Kommunikations-, Signal- und Warneinrichtungen ihren Zweck nicht erfüllen, um eine sichere Verständigung zu gewährleisten. Die vorhandenen stationären technischen Einrichtungen müssen voraussichtlich optimiert oder gar ausgetauscht werden. In ausgewählten Bereichen kann Gehörschutz mit Sprechfunk und Übertragung von Alarm-, Warn- und Steuersignalen erforderlich sein. Wie in RWTÜV 2003 (S. 69) ausgeführt, kann der tatsächliche Gesamtumfang der evtl. notwendigen Sanierung nur im Rahmen von Detailuntersuchungen erfolgen. Es wird deshalb ein zusätzliches Gutachten empfohlen, in dem auf Besonderheiten wie Fremdarbeiter, Besucher, Pförtnerhaus, Verladestation und Produktionsbetrieb eingegangen wird Wirbelschleppen Von und anderen wird ausgeführt, dass es im Planfall durch Wirbelschleppen auf dem Werksgelände der Ticona zu Windgeschwindigkeiten von über 25 m/s käme. Es würden hierdurch Schäden an Gebäuden erwartet. Auch Personen auf dem Werksgelände (z. B. Fahrradfahrer oder Mitarbeiter auf Bühnen und Gerüsten) seien gefährdet. Ferner sei zu befürchten, dass aufgrund der starken Windgeschwindigkeiten das Gehen erschwert würde und der Zugang für Personen zum Verwaltungsgebäude erschwert bzw. zeitweise unmöglich würde. Ergänzend wird vorgetragen, dass im Gutachten G1, Anhang II.1, für die Firma Ticona eine Gefährdung bei Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsstätten durch Wirbelschleppen aufgezeigt werde. Nach der Betriebssicherheits-Verordnung dürften Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsorten nicht begonnen werden, wenn durch starken oder böigen Wind eine Gefahr des Abstürzens bestehe. Es sei davon auszugehen, dass bei Wirbelschleppen Böen der Windstärke 6 und größer (bis 9) auftreten könnten. Es sei bisher nicht dargestellt, welche spezifischen Absturzsicherungen zu den bisher vorhandenen erforderlich seien. Im Falle von unvorhergesehenen Arbeiten in großer Höhe (z. B. ) könne keine Behebung der Störung erfolgen. Die Folgen davon wären. Außerdem seien durch Wirbelschleppen Beschädigungen an zu befürchten. Dies sei in den Planfeststellungsunterlagen nicht thematisiert worden, es seien auch keine Maßnahmen vorgesehen, die nach 9 Abs. 2 LuftVG in einem Planfeststellungsbeschluss vorgegeben werden könnten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1625

184 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Schließlich komme es durch Wirbelschleppen im Bereich der Frischluftansaugung zu erheblichen Druckschwankungen. Daraus resultiere ein instabiles Regelverhalten unter anderem für den sicherheitsrelevanten Parameter Sauerstoffkonzentration in. Im Rahmen des Erörterungstermins haben ergänzend angemerkt, es sei für die Kontrolle eines störungsfreien Produktionsablaufs erforderlich, dass Mitarbeiter in Höhen von 30 bis 40 m auf Gerüsten oder Geländern die Anlagen kontrollierten. Nach Ansicht der Umweltabteilungen meiner Behörde kann es durch die Einwirkung von Wirbelschleppen im Bereich von Gebäuden sowie auf Dachflächen zu hohen Strömungsgeschwindigkeiten kommen. Auf der Grundlage einer Strömungsberechnung empfehle der TÜV Pfalz, das, die, die und die Dachfläche des Gebäudes bezüglich strömungsmechanischer Einwirkungen genauer untersuchen zu lassen. Der Gutachter komme zum Schluss, dass Kranarbeiten, die mit dem Bewegen größerer Anlagenteile verbunden seien, mit einem erhöhten Risiko behaftet seien. Die Verträglichkeit mit dem Betrieb der Anlage sei zu untersuchen. Auf eine Gefährdung der Arbeitnehmer durch Wirbelschleppen werde hingewiesen. In der Stellungnahme der Abteilung für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik meiner Behörde wird bemängelt, in den Unterlagen seien die Verladearbeiten mit Gabelstaplern an der Verladestation im nördlichen Bereich der Firma Ticona nicht betrachtet worden. Weiterhin dürften Kranarbeiten bei hohen Windstärken durch Wirbelschleppen (Windstärken von 6 und mehr) nicht durchgeführt werden, insbesondere wenn größere Teile genau platziert werden müssten. Kranarbeiten im Betrieb der Ticona müssten langfristig geplant und mit dem Flugbetrieb abgestimmt werden. Dies werde in den Gutachten der Fraport AG nicht behandelt. Ferner wird bezweifelt, dass die Betrachtung des Ablösens von Dachziegeln durch Wirbelschleppen für die Beurteilung der Belastungen der Kolonnen, Rohrleitungen und Tanks der Firma Ticona ausreichend sei. Die Fraport AG solle eine eindeutige Aussage hierzu treffen. So würden die Gutachter des RWTÜV und des TÜV Pfalz darstellen, dass die Einwirkungen von Wirbelschleppen auf diese Bauteile näher untersucht werden müssten, da bei der Auslegung dieser Bauteile diese Belastungen nicht berücksichtigt worden seien. Die Fraport AG verweist hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen von Wirbelschleppen landender Flugzeuge auf der Landebahn Nordwest auf Anhang II.1 zum Gutachten G1, der auch eine Detailbetrachtung des Werksgeländes Ticona enthalte. Für die hier untersuchten Flächen würden für drei verschiedene Untersuchungshöhen Gefährdungspotentiale für Personen oder Gebäude berechnet und ausgewiesen. Im nördlichen Teil des Werksgeländes sei durch Wirbelschleppen in der Untersuchungshöhe 25 Meter mit einem Gefährdungspotential für Gebäudeteile (10-3 bis 10-2 ) und Personen (10-4 bis 10-3 ) zu rechnen. Im Gutachten gingen die Sachverständigen auf zwei Eigenschaften von Wirbelschleppen ein, welche ein Gefährdungspotential darstellen könnten, den Sog und den Kippeffekt. Der im Wirbel herrschende Unterdruck, die Sogwirkung, sei das Ausprägungsmerkmal, dem das Abdecken von Dachziegeln zugeschrieben werde. Hingegen sei die Tangentialgeschwindigkeiten der Luftströmung im Wirbel, welche eine Kippwirkung erzeugen könne, für die Gefährdung von Personen verantwortlich (G16, Anhang II.1, S ). Eine Gefährdung von Personen sei nicht zu besorgen. In der Detailbetrachtung Ticona werde herausgearbeitet, dass sich Wirbelschleppen in Bodennähe auflösen und daher in einer Höhe von 0 bis 10 Metern von keiner Gefährdung für Menschen auszugehen sei. Nach der BetrSichV dürfe das zeitweilige Arbeiten an hoch gelegenen Arbeitsplätzen nur dann begonnen oder fortgesetzt werden, wenn die Beschäftigten nicht durch starken oder Seite 1626 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

185 böigen Wind, Vereisung oder Schneeglätte der Gefahr des Abstürzens oder des Herabfallens oder des Umfallens von Teilen ausgesetzt sein könnten. Starker oder böiger Wind werde nach DWD mit Windstärke 6 angegeben. Dies entspreche einer Windgeschwindigkeit von km/h oder 10,5-13,4 m/s. Wie im Gutachten G1, Anhang II.1, auf Seite 83 dargestellt, betrügen die in Bodennähe für den Typ Boeing B757 (worst case) zu erwartenden maximalen Tangentialgeschwindigkeiten einer Wirbelschleppe maximal 1,11 m/s. Diese Tangentialgeschwindigkeit liege in jedem Falle deutlich unterhalb der Gefährdungsgrenze für Personen. Die Absicherungen, welche heute bereits vorhanden seien, um Arbeiten in großen Höhen zu ermöglichen, müssten dazu geeignet sein, ein Ausrutschen oder Wanken der Person gefahrlos zuzulassen. Diese Art Absicherung sei dann gleichermaßen geeignet, um vor einer eventuell auftretenden Wirbelschleppe in Form eines Windstoßes zu schützen. Zur Wirbelschleppenthematik bei den Gebäuden stellt die Fraport AG fest, dass auch hierzu Detailuntersuchungen vorlägen (vgl. G1, Anhang II.1, S. 98 und S. 106). In diesen Bereichen sei in Bodennähe und in 10 Meter Höhe keine Gefährdung durch Wirbelschleppen zu erwarten. In einer Untersuchungshöhe von 25 Metern liege die Eintrittswahrscheinlichkeit bei weniger als einem Wirbelschleppenvorfall in Jahren. Am Standort der (Anlage ) sei in der Untersuchungshöhe 0 Meter und 10 Meter keine Gefährdung ausgewiesen. Es könne also nicht mit Druckschwankungen in der Frischluftzufuhr gerechnet werden. Es seien daher keine Maßnahmen erforderlich. Zu Kranarbeiten führt die Fraport AG aus, diese seien im Hinblick auf die nur kurzzeitige Einwirkung einer eventuell auftretenden Wirbelschleppe grundsätzlich durchführbar. Würden Lasten an ein Gebäude oder über einem Gebäude geführt, so sei allenfalls mit einem kurzzeitigen Einfluss einer eventuell auftretenden Wirbelschleppe mit einer Dauer von 1-2 s zu rechnen, da sich die Wirbelwalze in ständiger Abwärtsbewegung befinde. Dies bedeute im Einzelnen, dass Lasten wie in Starkwindgebieten und in Norddeutschland etwa üblich über und neben Gebäuden frei geschwenkt werden könnten, jedoch im Endeinbau oder am Absetzpunkt lateral mittels geeigneter Seile zu führen seien. Im Hinblick auf die Gefährdung von Gebäuden durch Wirbelschleppen empfiehlt der TÜV Pfalz (2003/1) eine genauere Untersuchung des Gebäudes, der am Bau, der und der Dachflächen des Gebäudes. Hierbei handelt es sich nur um das Ergebnis einer groben Modellierung, so dass eventuell noch weitere Baulichkeiten zu betrachten sind. Bezüglich der Gefährdung von Personen auf dem Gelände der Ticona GmbH sehen die Gutachten des RWTÜV und des TÜV Pfalz eine Beeinträchtigung der Sicherheit bei Arbeiten auf Dachflächen, Kolonnen, Silos oder Tanks. Die Arbeiten finden in Höhen bis ca. 50 m statt. Dies gilt für routinemäßige Inspektions- und Wartungsgänge ( ). Zurzeit sind die Steigleitern zu den Arbeitsbühnen an den Kolonnen mit Rückenschutz und die Arbeitsbühnen mit Geländern gegen Absturz gesichert. Eine zusätzliche Sicherungsmaßnahme vor Absturzgefahren bei starkem Wind oder Windböen wäre das Anseilen mit einem Auffanggurt. Dies würde die Bewegungsfreiheit der Person jedoch einschränken. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass, wenn die Person in den Auffanggurt fällt, sie innerhalb von mindestens 20 Minuten zu retten ist. Neben der Absturzgefahr besteht bei starkem Wind oder Windböen eine erhöhte Verletzungsgefahr der Person, wenn sie durch eine Wirbelschleppe gegen das Geländer oder die Apparatur geweht wird. Zurzeit werden keine Wartungsarbeiten bei starkem Wind durchgeführt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1627

186 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Auch bei Kranarbeiten mit größeren Teilen (z. B. ) können Gefährdungen durch Wirbelschleppen auftreten. Bei größeren Montagearbeiten unter Verwendung eines Krans - im 1. Halbjahr 2006 gab es Kraneinsätze - hat der Kranführer dafür zu sorgen, dass dem Wind ausgesetzte Kräne nicht über die vom Kranhersteller festgelegten Grenzen hinaus betrieben werden. Grenzen für den Einsatz eines Kranes bei Windeinwirkung gibt der Kranhersteller in der Betriebsanleitung - gegebenenfalls auch in der Tragfähigkeitstabelle - an (Unfallverhütungsvorschrift Krane [BGV D6]). Je nach Krantyp ist die kritische Windgeschwindigkeit, ab der der Kranbetrieb eingestellt werden muss, unterschiedlich. In der Regel sind Kranarbeiten bis Windstärke 5 zulässig. Unter bestimmten Voraussetzungen (geringere Auslegerlänge, in Bodennähe) können Kranarbeiten mit bestimmten Kränen bis Windstärke 8 durchgeführt werden. Durch die pendelnden Lasten wirken zusätzliche Kräfte auf den Kran ein und beeinflussen dessen Standfestigkeit. Außerdem können durch die pendelnden schwebenden Bauteile andere Bauteile (z. B. Rohrleitungen) beschädigt werden und eine zusätzliche Gefahr durch austretende Gefahrstoffe hervorrufen. Es sollten nur Kräne eingesetzt werden, die bis zur maximal möglichen Windstärke eingesetzt werden können. Beim planmäßigen Stillstand ( ) erfolgen auch. Hier ist eine Vielzahl standortfremder Arbeiter im Werk mit den verschiedensten Arbeiten beschäftigt. Mehrere Kräne werden aufgestellt. Bei diesen Arbeiten, die sich über erstrecken, ist eine Absprache zwischen Ticona und dem Flughafenbetreiber hinsichtlich des Einflugbetriebes aus westlicher Richtung notwendig Elektromagnetische Verträglichkeit Von wird ausgeführt, die durch den extrem nahen Anflugverkehr verursachten elektromagnetischen Signale hätten starke Auswirkungen auf die Sicherheit der Anlagen, da. Die elektromagnetischen Störsignale in den Außenbereichen des Werkes seien geeignet,. Außerdem sei zu befürchten, dass elektromagnetische Störsignale in Fehlalarme auslösten, den Einsatz neuer Technologien (z. B. ) verhinderten oder beschränkten, die beeinflussten und die beeinträchtigten. Es sei weiterhin zu befürchten, dass die elektromagnetischen Störsignale die beeinflussten und herbeiführten. Auch, insbesondere auch von, könnten durch die Störsignale beeinflusst oder fälschlich generiert werden. Jedenfalls erfordere die Reparatur oder Wartung das Entfernen der Kapselung dieser Einrichtungen, so dass insbesondere in diesen Fällen daraus resultieren könnten. Ebenso könnten EMR-Feldgeräte ( ) durch die elektromagnetischen Störsignale beeinflusst werden. Durch Falschsignale bzw. falsche Werte für sei zu befürchten, dass. Die Firma055 trägt unter Bezugnahme auf das Gutachten G17.1 vor, dass zwar kein Gebäude auf dem Ticona-Werksgelände in den technischen Schutzbereich hineinrage. Es sei aber zu berücksichtigen, dass die im Gutachten genannte Störfestigkeitsschwelle von 100 V/m nur so lange gültig sei, wie der Nutzfrequenzbereich der zu schützenden Geräte und Anlagen deutlich unterhalb der Radarfrequenz liege (G17.1, S. 89). Bei der Ethylenverdichterstation handele es sich zudem um eine Freianlage. Eine Gebäudeabschirmdämpfung könne hier nicht unterstellt werden. Erforderliche Maßnahmen zur Abschirmung könnten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. Die Firma055 fordert daher eine gutachterliche Überprüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit neuer Radaranlagen mit den bestehenden und künftig einzusetzenden regeltechnischen Einrichtungen. Seite 1628 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

187 Die Umweltabteilungen meiner Behörde tragen in der Stellungnahme vor, dass nach Ansicht der Gutachter in RWTÜV 2003 und TÜV Pfalz 2003/1 nicht ausgeschlossen werden könne, dass es durch elektromagnetische Signale zu Störungen und Fehlfunktionen im Bereich der Ticona kommen könne. So sei nicht geklärt, ob dies dazu führen könne, dass chemische Reaktionen außer Kontrolle geraten könnten. Auch sei nicht geklärt, mit welchem Aufwand die Systeme der Ticona sich wirksam abschirmen ließen. Die Fraport AG führt hierzu aus, die elektromagnetische Verträglichkeit zwischen den Funksystemen am Flughafen Frankfurt Main als Störquellen und den technischen Anlagen (wie etwa Steuereinrichtungen) werde im Gutachten G17.1 untersucht. Diese Betrachtung beinhalte auch die Funksysteme der anfliegenden Flugzeuge. Zur Bewertung der EMV seien um die Störquellen technische Schutzbereiche definiert worden, innerhalb derer die Störfestigkeitsanforderungen für die Störsenken überschritten werden könnten. Die Anlagen der Ticona lägen außerhalb dieser Schutzbereiche, sodass bei bestimmungsgemäßen Betrieb der dortigen technischen Anlagen elektromagnetische Unverträglichkeiten ausgehend von den Funksystemen am Flughafen Frankfurt Main nicht zu erwarten seien. Die von der Firma055 zitierte Textpassage des Gutachtens G17.1 (S. 89) beziehe sich auf die Störfestigkeitsgrenzwerte gängiger Büro- und Heimbereichsanwendungen (3 V/m). Für Industrie- und MSR-Anlagen sei jedoch grundsätzlich der Störfestigkeitswert von 10 V/m gemäß EN anzusetzen (vgl. G17.1, Kapitel 8.5). Die auf S. 89 dargestellte Kurzform der Erläuterung sei in jedem Fall im Kontext zur detaillierten Herleitung der für pulsförmige Störgrößen heranzuziehenden Grenzwerte zu sehen, wie sie umfänglich in Kapitel 6.1 auf S. 51 dargestellt werde. Dort werde unter anderem ausgeführt, dass bei pulsförmigen Störgrößen mit kleinem Puls/Pausenverhältnis, wie sie beispielsweise von den betreffenden ASR-Anlagen am Flughafen Frankfurt Main ausgingen, nur mit äußerst geringer Wahrscheinlichkeit von Beeinflussungen ausgegangen werden müsse. Weiterhin arbeiteten Anlagen der MSR-Technik in Frequenzbereichen von wenigen MHz, so dass diese weit unter der Nutzfrequenz von 2,8 GHz des ASR-Radars lägen. Unter diesen Vorraussetzungen sei, wie in G17.1 festgestellt, nicht mit Beeinflussungen von MSR-Anlagen der Ticona zu rechnen. Bezüglich elektromagnetischer Einwirkungen schließt auch der TÜV Pfalz eine Einkopplung von Störungen durch Funkwellen auf die MSR-Technik nicht aus. Soweit sicherheitsrelevante Mess- und Steuereinrichtungen betroffen sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass chemische Reaktionen außer Kontrolle geraten. Bei der Störung betrieblicher MSR-Systeme ist zumindest ein negativer Einfluss auf den Produktionsablauf und die Produktqualität zu besorgen. Soweit der Nachweis einer sicheren und dauerhaften Abschirmung bestehender Mess-, Steuerung-, Regelungs- und Überwachungssysteme nicht erbracht werden kann, sind Maßnahmen erforderlich, die einen erheblichen Eingriff in die Anlage darstellen. Es ist eine weitergehende Untersuchung durch ein Gutachten erforderlich. Diese Untersuchung kann von einem nach 29 a BImSchG für Hessen bekannt gegebenen Sachverständigen, der die Fachkunde für die jeweiligen Fachgebiete und die Untersuchung von Chemieanlagen besitzt, durchgeführt werden. Neben der Fachkunde zu den Fachgebieten 1 (Auslegung von Anlagen und Anlagenteilen) und 2 (Errichtung von Anlagen und Anlagenteilen) sollte der Sachverständige zur Begutachtung der Fragen zu elektromagnetischen Störsignalen zumindest die Fachkunde zu Ziffer 10 (MSR-/Prozessleittechnik) besitzen, zu den Fragen zu Einwirkungen von Wirbelschleppen u. Ä. auf bauliche Einrichtungen die Fachkunde zu Ziffer 5 (Statik von baulichen Anlagenteilen). Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1629

188 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Erschütterungen Von wird angeführt, der nahe Vorbeiflug der Flugzeuge verursache Vibrationen und Erschütterungen. Daher sei zu befürchten, dass aufgrund mechanischer Erschütterung, was zur Folge haben werde. Die fortdauernde Einwirkung von Vibrationen und Erschütterungen ließe ferner eine vorzeitige Ermüdung von Stahlkonstruktionen befürchten, die nicht für Schwingungsbelastung ausgelegt seien. Außerdem könnten sich lösen, was nach sich ziehen könne. Außerdem sei der sichere und störungsfreie Betrieb der Pipelines für Ethylen, Erdgas, Stickstoff und Methanol gefährdet, welche direkt unter der geplanten Landebahn Nordwest verliefen. Die sichere Rohstoffversorgung des Werkes sei hierdurch gefährdet. Die Vibrationen und Erschütterungen seien weiterhin geeignet, einen destabilisierenden Einfluss auf Lagergüter mit schweren Lasten (z. B. Elektromotoren) auszuüben. Ebenso könne die voll ausgenutzte Flächenlast der Geschossdecken im überschritten werden. Ferner sei zu befürchten, dass Vibrationen und Erschütterungen den stabilen Betrieb des stören. seien die Folge. Nach Darstellung der Fraport AG hat eine Untersuchung möglicher Erschütterungswirkungen durch landende Flugzeuge oder beim Überflug ergeben, dass der berechnete Maximalwert der Schwinggeschwindigkeit erheblich kleiner sei als der Anhaltswert gemäß DIN Die DIN (Erschütterungen im Bauwesen, Teil 3: Einwirkungen auf bauliche Anlagen) nenne Anhaltswerte, bei deren Einhaltung Schäden im Sinne einer Verminderung des Gebrauchswertes von Bauwerken nicht einträten. Die durch den Flugbetrieb zu erwartenden Erschütterungen seien sogar so gering, dass die Fühlschwelle nicht oder nur in Ausnahmefällen geringfügig überschritten werde. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass keine Schäden an den Anlagen der Ticona zu erwarten seien. Im Rahmen des Erörterungstermins ist von der Fraport AG ergänzt worden, dass Erschütterungen durch den Luftverkehr bisher nirgendwo als wesentliche Erschütterungsquelle in Erscheinung getreten seien. Deshalb finde man sie auch nicht in der DIN 4150, in der alle wesentlichen Erschütterungsquellen aufgeführt seien. Man habe somit auch keine spezielle Veranlassung für eine Untersuchung gesehen. Weiterhin würden in Bezug auf die DIN 4150 und die VDI 2057 für die Ticona als Gewerbebetrieb wesentlich höhere Belastungen als beispielsweise in Wohnbereichen gelten. Die angesprochenen Anlagenteile ( ) befänden sich in einem relativ großen Abstand zum Überflugbereich ( m). Hinsichtlich wird vorgetragen, dass diese so aufgestellt werden müssten, dass sie auch vor anderen Umgebungseinflüssen geschützt seien (z. B. Erschütterungen durch Fahrstühle). Man gehe insgesamt davon aus, dass es durch den Flugverkehr nicht zu einer Störung kommen werde Hitzeabstrahlung landender Flugzeuge Es wird ausgeführt, durch die Hitzeabstrahlung landender Flugzeuge seien zu befürchten. seien die Folge. Dies gefährde die Sicherheit der Anlagen auf dem Ticona-Gelände. Die Fraport AG bestreitet mit dem Hinweis auf zahlreiche Flughäfen innerhalb von eng bebauten Städten, dass es durch die Hitzeabstrahlung landender Flugzeuge zu Beeinträchtigungen der Anlagen der Ticona kommen könne. Die auf die Landebahn Nordwest anfliegenden Flugzeuge flögen nicht direkt über die Produktionsanlagen der Ticona, sondern befänden sich in einer Höhe zwischen 60 m und 70 m und einem seitlichen Abstand von 350 m bis 700 m zu den Produktionsanlagen. Auch bei dem direkt überflogenen Seite 1630 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

189 Pförtnerhaus sei beim Überflug in über 50 m Höhe nicht mit gefährlichen Hitzeabstrahlungen zu rechnen Einwirkungen von herabfallenden Flugzeugteilen und Blue Ice Es wird vorgetragen, dass es durch Ablösen von Flugzeugteilen beim Überfliegen des Werkes Ticona zu einer Beschädigung der Produktionsanlagen und einer Freisetzung giftiger Stoffe kommen könne. Die Fraport AG räumt ein, dass Gefahrenmomente durch herabfallende Flugzeugteile zwar ausgesprochen selten aufträten, jedoch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. Allgemeine Aussagen zu der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von herabfallenden Flugzeugteilen im gesamten Untersuchungsraum seien im Wirbelschleppengutachten (Anhang II.1 zu G1) enthalten. Danach sei die Wahrscheinlichkeit von herabstürzenden Flugzeugteilen im Untersuchungsgebiet sehr gering; der Treffer eines bestimmten Orts sei noch unwahrscheinlicher und könne aufgrund fehlender statistischer Grundlagen nicht ausgewiesen werden. Die höchsten mechanischen Belastungen auf die Flugzeugteile ergäben sich zudem während der Startphase (Stöße durch Unebenheiten der Startbahn/Vibrationen, aerodynamische Lasten bei ausgefahrenem Fahrwerk und Klappen, größte Masse des betankten Flugzeuges und höchste Schubleistung der Triebwerke). Die Landebahn Nordwest werde im bestimmungsgemäßen Betrieb jedoch ausschließlich für Landungen genutzt. Auswertungen weltweiter Unfalldatenbanken zeigten zudem, dass bisher keine Person durch herabfallende Flugzeugteile verletzt worden sei. Daher sei das Gefährdungspotential aufgrund herabfallender Flugzeugteile als gering einzustufen. Die Fraport AG führt Aussagen der RWTÜV Systems GmbH aus ihrem Gutachten zu den flugbetrieblichen Auswirkungen auf Ticona und Infraserv an, nach denen herabfallende Flugzeugteile und Blue Ice sowohl wegen der Eintrittswahrscheinlichkeit als auch wegen der Auswirkungen als vernachlässigbar angesehen werden könnten. Dem Gutachten des TÜV Pfalz zum Ist-Fall (TÜV Pfalz 2006) zufolge sind herabfallende Flugzeugteile seltene, jedoch nicht auszuschließende Ereignisse. Somit ergibt sich sowohl für Personen als auch für Anlagen mit gefährlichen Stoffen eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, von herabfallenden Flugzeugteilen direkt getroffen zu werden. Der TÜV Pfalz führt weiterhin aus, dass größere kompaktere Flugzeugteile Behälter, Rohrleitungen oder Gebäude mit gefährlichen Stoffen beschädigen könnten, so dass es zu Freisetzungen, zu Explosionen oder Bränden kommen könne. Die Schäden blieben jedoch begrenzt, da im Gegensatz zu einem Absturz eine großflächige Einwirkung auf die Anlagenteile und die zusätzliche Wirkung eines Kerosinbrandes fehlten. Mit dem Verlust auswirkungsbegrenzender Maßnahmen und der Infrastruktur zur Einleitung von Gegenmaßnahmen sei nicht zu rechnen. Der TÜV Pfalz geht von einer Eintrittswahrscheinlichkeit aus, die noch unterhalb der eines Flugzeugabsturzes liegt. Die geringere Anzahl an direkten Überflügen des Ticona-Geländes im Planfall führe zudem zu einer Reduzierung der Trefferwahrscheinlichkeit durch herabfallende Flugzeugteile oder Eisklumpen. Durch die Verbunkerung von Bortrifluorid ist zudem selbst bei einem Flugzeugabsturz für die Anlagen der Ticona nur innerhalb des Betriebsgeländes mit relevanten Auswirkungen zu rechnen. Der Schutzbau für Bortrifluorid bietet auch hinreichenden Schutz gegen herabfallende Flugzeugteile und Treffer anderer sicherheitsrelevanter Einrichtungen blieben lokal begrenzt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1631

190 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Ein weiterer Aufklärungsbedarf besteht somit nicht Sonstige Auswirkungen auf den Anlagenbetrieb Von wird ausgeführt, durch die aufgrund des Flugbetriebes in unmittelbarer Nähe hervorgerufene Luftverschmutzung werde die Qualität der Druckluft im Werk schlechter. Daraus resultierten, da. Luftgetragene Verunreinigungen würden außerdem in eingetragen. Die verminderte Qualität der Druckluft führe auch zur. Die Fraport AG verweist auf das Gutachten G13.4, das zu dem Ergebnis komme, dass für alle Schadstoffe - außer NO 2 - außerhalb des Flughafens Frankfurt Main kaum mit relevanten Zusatzbelastungen durch das Vorhaben zu rechnen sei. Auch für diese Komponente seien aber im Planungsfall flächendeckend niedrigere Gesamtimmissionen zu erwarten als heute. Sollte die aus bestimmten Gründen für ihre Produktion besonders reine Druckluft benötigen, so müsste sie entsprechende Filterverfahren anwenden, was aber flughafenunabhängig sei. Es bestehe keine Veranlassung für besondere Maßnahmen seitens des Flughafens Frankfurt Main Normalflugbetriebliche Auswirkungen auf das Tanklager der Firma084 in Raunheim Die Firma069 fordert eine Prüfung, ob die Standfestigkeit von Anlagen des Tanklagers und die Lagerhaltung von Gegenständen und Materialen im Freien durch Wirbelschleppen beeinträchtigt werden. Die Fraport AG verweist auf das Gutachten G1, Anhang II.1. Darin werde eine Detailbetrachtung der Gefährdungspotentiale für das Caltex-Gelände durchgeführt. Ergebnis sei, dass in der Untersuchungshöhe von 25 Metern mit geringer Wahrscheinlichkeit mit einem Auftreten von Wirbelschleppen zu rechnen sei. Die im Gutachten definierten Grenzwerte zur Ermittlung des Gefährdungspotentials für Gebäude/Anlagen ließen bei einer richtliniengemäßen Standfestigkeit einer Betriebsanlage keine Gefährdung erkennen. In Höhen unter 10 m (Bodennähe) sei kein Gefährdungspotential für Personen oder gelagertes Material zu verzeichnen. Der im Gutachten definierte Grenzwert zur Ermittlung des Gefährdungspotentials liege im Bereich von Windstärke 6 (Windgeschwindigkeit ca. 11 m/s; Kippmoment ca. 36 Nm). Bei der maximalen Tangentialgeschwindigkeit einer Wirbelschleppe von ca. 1,2 m/s könne somit eine Gefährdung am Boden ausgeschlossen werden. Durch die größere Höhe und teilweise größere Entfernung der Anfluggrundlinie von den Betriebsanlagen des Tanklagers der Shell in Raunheim kann von geringeren Beeinträchtigungen durch den normalen Flugverkehr als bei Ticona ausgegangen werden. Die Anlagentechnik ist im Vergleich zu Ticona weniger komplex. Auf dem Betriebsgelände befinden sich maximal ca. 20 Personen. In den der Anfluggrundlinie am nächsten gelegenen Tankfeldern halten sich Personen nur zu Kontroll-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten auf. Abhängig von den Ergebnissen der Untersuchungen zu den normalflugbetrieblichen Auswirkungen bei Ticona kann es jedoch erforderlich sein, auch einzelne Aspekte beim Tanklager zu untersuchen Allgemeine Auswirkungen des normalen Flugverkehrs Wirbelschleppen Verschiedene Kommunen und viele andere Einwender tragen vor, in der Vergangenheit sei es durch extrem niedrige Überflughöhen zu Beschädigung von Dächern durch Wirbel- Seite 1632 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

191 schleppen gekommen. Dabei seien auch Dachziegel von Dächern herabgefallen. Bisher seien Menschen nicht zu Schaden gekommen. Es wird befürchtet, dass es durch niedrige Überflughöhen zu Schäden durch Wirbelschleppen (umherfliegende Teile) komme und Personen eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit erlitten. Unter den Anfluggrundlinien der Parallelbahnen lägen Kindergärten, Spielplätze und Schulen. Hier sei eine besondere Gefährdung durch Wirbelschleppen gegeben. Es bestehe auch ein Risiko für andere Flugzeuge, wie sich aus verschiedenen Ereignissen (z. B. Absturz eines Airbus A300 in New York im Jahr 2001) ergebe. Da in Zukunft auf dem Parallellandebahnsystem der Anteil an Großraumflugzeugen (einschließlich des A380) steige, befürchte man eine höhere Gefährdung durch Wirbelschleppen oder ihre Folgen. Insbesondere beim A380 sei die Wirbelschleppenproblematik nicht geklärt. Die Fraport AG verweist darauf, dass die Entstehung und Verbreitung von Wirbelschleppen am Flughafen Frankfurt Main im Anhang II.1 des Gutachtens G1 berechnet und erläutert werde. Von der Fraport AG ist im Rahmen des Erörterungstermins ausgeführt worden, es müsse zwischen der Staffelung in der Luft bezüglich der Wirbelschleppenrelevanz und der Wirbelschleppenwirkung im Modell der GfL unterschieden werden. Es sei richtig, dass es eine befristete ICAO-Empfehlung gebe, die Wirbelschleppenstaffelung für den A380 zu erhöhen. Man müsse abwarten, ob diese Empfehlung beibehalten werde, oder ob die Staffelung auf ein normales Maß (Heavy) reduziert werde. Der A380 werde im Wirbelschleppengutachten berücksichtigt. Er sei als schwerstes Flugzeug im Modell implementiert. Von verschiedenen Kommunen und dem Main-Kinzig-Kreis wird gefordert, die Fraport AG dazu zu verpflichten, geeignete Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch Wirbelschleppen an Dachziegeln (Klammerung, Schutzgitter) zu finanzieren. Aus Sicht der Fraport AG belegt das Wirbelschleppengutachten G1, Anhang II.1, dass flächendeckende vorsorgliche Maßnahmen im gesamten Untersuchungsraum gegen Wirbelschleppenschäden an Gebäuden nicht notwendig seien. Für eine Finanzierung solcher Maßnahmen sieht sie daher keine Veranlassung. Von der Stadt Frankfurt am Main wird eingewendet, dass in der Plan G1.II.1-6 Zonen des Gefährdungspotentials durch Wirbelschleppen für Personen - Planfall 2015 die Darstellung der Zone zur nördlichen Parallelbahn fehle. Dies gelte für beide Betriebsrichtungen. Die Fraport AG verweist darauf, dass im Plan G1.II.1-6 die Zonen im Bereich der nördlichen Parallelbahn 07L/25R nicht explizit dargstellt würden, da die im Gutachten berechneten Gefährdungspotentiale für Personen in der Untersuchungshöhe kleiner als 10-7 seien und somit in den Plänen in der Farbe weiß dargestellt würden. Es wird vorgetragen, dass im Ausbaufall insbesondere mit Wirbelschleppenschäden in den Städten Flörsheim am Main und Kelsterbach zu rechnen sei, da Überflughöhen von unter 350 m vorgesehen seien. Auch in Raunheim sei es in der Vergangenheit schon bei Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1633

192 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main einer Überflughöhe von 300 m Schäden durch Wirbelschleppen gekommen. Diese seien auch für Flörsheim am Main bei einer Überflughöhe von 270 m zu erwarten. Es sei unverständlich, warum trotz der bekannten Schadensfälle in Raunheim die in den Planfeststellungsunterlagen dargestellten Zonen des Gefährdungspotentials durch Wirbelschleppen weit östlich vor den Siedlungsgrenzen von Raunheim und Flörsheim am Main endeten. Die Städte Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main wenden ein, bei Realisierung des Vorhabens nähme die Zahl der Überflüge über Wohngebieten in niedriger Höhe drastisch zu. Bei Ostbetrieb sollten den Planfeststellungsunterlagen zufolge etwa 50 % der Landungen über die geplante Landebahn Nordwest abgewickelt werden. Es bestehe die Sorge, durch Wirbelschleppen könnten verstärkt Schäden an öffentlichen Gebäuden und kommunalen Einrichtungen auftreten. Herr Name035 hat im Erörterungstermin angemerkt, dass die Mitglieder des durch extreme Luftverwirbelungen, die bei Überflughöhen von 120 m entstünden, besonderen Risiken ausgesetzt seien. Im Erörterungstermin hat die Stadt Raunheim vorgetragen, dass dort in den letzten Jahren verschiedene Schadensereignisse durch Wirbelschleppen - auch außerhalb der eigentlichen Anfluglinie - aufgetreten seien. Es lägen zahlreiche Bilder und Dokumente vor, die diese Schäden belegten. Untersuchungen am Flughafen Zürich hätten ergeben, dass es eine Risikozone gebe, in der Wirbelschleppenschäden an Dachziegeln auftreten könnten. Diese Zone umfasse am Flughafen Zürich einen Bereich von bis zu m vom Aufsetzpunkt und könne entsprechend der Topographie auf m ausgedehnt werden. Wenn man diese Ergebnisse von Zürich auf Frankfurt Main übertrage, so zeige sich, dass die Wirbelschleppen in Raunheim sich innerhalb dieser Zone befänden. Ferner ist vorgetragen worden, dass sich auch die Zahl der Anflüge auf die Südbahn erhöhen werde. Damit vergrößere sich auch das Gefährdungspotential für die Stadt Raunheim, insbesondere weil alle schweren Flugzeuge auf der geplanten Landebahn Nordwest nicht landen dürfen und deshalb über Raunheim hinweg die Südbahn anflögen. Das gleiche gelte für Neu-Isenburg. Die Fraport AG erläutert, das Gefährdungspotential einer Wirbelschleppe werde als Eintrittshäufigkeit pro Jahr an einem bestimmten Ort unter der Randbedingung der Überschreitung eines Gefährdungsgrenzwertes (getrennt nach Gebäude- und Personengefährdung) definiert. Im Anhang II.1 des Gutachtens G1 werde dementsprechend ein Erwartungswert des Auftretens einer Wirbelschleppe für eine vorab festgelegte Untersuchungshöhe ausgewiesen. Hier würden ausschließlich Gefährdungspotentiale über 10-7 /a dargestellt. Flörsheim am Main und Kelsterbach (außer Gewerbegebiet Taubengrund) lägen außerhalb eines Gefährdungspotentials von über 10-7 /a. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass auch außerhalb dieser Zonen Wirbelschleppen auftreten können. Dies geschehe a- ber mit einer sehr niedrigen Eintrittshäufigkeit pro Jahr. Nach Ansicht der Fraport AG beträgt die Überflughöhe für Anflüge aus Betriebsrichtung 07 auf die Landebahn Nordwest in Flörsheim am Main ca. 250 m. Die Ortschaften Hochheim am Main und Eddersheim lägen nicht direkt unter der Anfluggrundlinie. Das Bahnnutzungskonzept für den Planungsfall weise tatsächlich für die Betriebsrichtung % der Anflüge auf die Landebahn Nordwest aus, der Anteil der Betriebsrichtung 07 betrage allerdings gemäß der mittleren Betriebsrichtungsverteilung nur ca. 27 %. Seite 1634 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

193 Für südliche Bereiche von Eddersheim liege der Maximalwert des Gefährdungspotentials bei 10-5 bis 10-4, für Hochheim am Main und Flörsheim am Main sei das Gefährdungspotential kleiner als 10-7 (Erwartungswert eines Vorfalls größer als Jahre) und deshalb nicht mehr explizit ausgewiesen. Aufgrund der im Gutachten ermittelten Erwartungswerte werde keine Beeinträchtigung der Planungshoheit gesehen. Im Erörterungstermin hat die Fraport AG ergänzt, dass ihr die aufgetretenen Wirbelschleppenprobleme bekannt seien und man bisher immer sehr kulant damit umgegangen sei. So habe es im Zeitraum von 1994 bis 2005 insgesamt 32 Ereignisse gegeben, wovon sich 21 auf Wirbelschleppen und elf auf Blue-Ice-Vorgänge bezogen hätten. Die Wirbelschleppenschäden seien in Raunheim und Rüsselsheim aufgetreten. Es wird ausgeführt, dass der Untersuchungsraum für die Wirkungen von Wirbelschleppen willkürlich festgelegt worden sei. So seien unter anderem die Gegenanflüge und Eindrehbereiche auf den Endanflug nicht betrachtet worden. Auch sei das besonders kritische Flugzeugmuster Boeing B757 aus den Flugbewegungen herausgerechnet worden. Die Fraport AG erwidert, der Untersuchungsraum sei mit einer Größe von 40 km x 40 km ausreichend dimensioniert. Die Bereiche der Gegenanflüge und die Eindrehbereiche auf den Endanflug würden im Rechenmodell nicht betrachtet, da Flugzeuge hier so hoch über Grund fliegen, dass aufgrund der bekannten Entstehung und Lebensdauer von Wirbelschleppen nicht mit einer Gefährdung zu rechnen sei. Die Boeing B757 werde im Gutachten explizit erwähnt, berücksichtigt und modelliert (vgl. G1, Anhang II.1, S. 20 und S. 83). Die Kommunen Mühlheim am Main, Raunheim und Neu-Isenburg rügen, dass nicht ersichtlich sei, warum sich im Gutachten G1, Anhang II.1, die relevanten Flächen der von Wirbelschleppen betroffenen Zonen im Prognosenullfall 2015 verringerten, obwohl gleiche Luftfahrzeuge zum Einsatz kämen. Hierzu erläutert die Fraport AG, die Verringerung der Gesamtfläche der Zonen des Gefährdungspotentials im Prognosenullfall im Vergleich zur Ist-Situation beruhe auf einer Veränderung des zugrunde gelegten Flugzeugmixes. Im Prognosenullfall sei eine deutliche Verringerung der Anzahl kleinerer Luftfahrzeugmuster festzustellen (hier vor allem Luftfahrzeuge der Lärmklasse P2.1). Diese wiesen aufgrund der geringeren Spannweite in kürzerer Entfernung hinter dem Luftfahrzeug die Maximalwerte an Verwirbelungen auf. Durch den starken Rückgang dieser Luftfahrzeugmuster sei eine Verringerung der hierdurch hervorgerufenen Gefährdungspotentiale einhergehend mit einer Reduktion der Gesamtfläche der Zonen festzustellen. Die Verkehrssteigerung im Prognosenullfall 2015 bedinge zwar einen geringen gegenläufigen Trend, der diesen Effekt jedoch nicht überwiege. Von verschiedenen Kommunen im Main-Kinzig-Kreis wird vorgetragen, es bestehe eine besondere Absturzgefahr durch Wirbelschleppen für nachfolgende Flugzeuge insbesondere über dem Südkreis. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1635

194 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Fraport AG verweist auf die gemäß Internationaler Zivilluftfahrtbehörde (ICAO) einzuhaltenden Mindestabstände zwischen Flugzeugen insbesondere im Anflug auf eine Landebahn. Diese Wirbelschleppenstaffelungen seien auch beim Anflug auf die Landebahn Nordwest einzuhalten. Niedergelegt seien diese im Gutachten G18 (S. 8). Herr RA Name022 hat im Erörterungstermin geschildert, dass es am Südrand des Gebiets Taubengrund der Stadt Kelsterbach ein Autohaus mit Reparaturbetrieb gebe. Es sei zu befürchten, dass durch Wirbelschleppen die Gase und Farben bei Lackierarbeiten den Personen entgegen schlagen. Eine Lackierung von Fahrzeugen findet auch zu Ausbesserungszwecken oder nach Reparaturen schon aus Qualitätsgründen in geschlossenen Lackierkabinen mit geregelter Zuluft und Abluft statt. In der Zuluft werden Filtermatten zur Vermeidung des Eintrags von Staub eingesetzt. Im Abluftbereich erzeugt ein Ventilator einen Überdruck zur Ableitung über einen Kamin. Ein Rückschlagen der Abluft durch Wirbelschleppen in die Kabine ist aufgrund des Überdrucks und des geringen Kaminquerschnitts nicht wahrscheinlich. Die Stadt Kelsterbach befürchtet eine erhöhte Gefährdung durch Wirbelschleppen nicht nur für das Stadtgebiet, sondern auch in den verbleibenden Naherholungsgebieten (z. B. Kelsterbacher Wald), auf dem Main für die Schifffahrt, auf Eisenbahnstrecken und auf Straßen (B 43, A 3). Im Rahmen des Erörterungstermins ist ergänzend berichtet worden, dass in Hamburg an der A380-Werft der Flug- und Schiffsverkehr aufgrund von Wirbelschleppen koordiniert werden müsse. Wirbelschleppen könnten für das Personal auf Binnenschiffen ein Problem sein. Die DFS hat hierzu ausgeführt, die Koordination an der Elbe erfolge nach ihrem Wissen aufgrund der Hindernisdurchdringung durch die Großschifffahrt. Im Rahmen des Erörterungstermins hat die Fraport AG hierauf geantwortet, die Situation an der Elbe sei nicht mit der Situation am Main vergleichbar, da die Landebahn dort bis kurz vor die Elbe reiche. Die Flugzeuge flögen dort viel tiefer über den Fluss. Beim Thema Wirbelschleppen gehe es dort vor allem um die dort verkehrenden Segelboote. Diese sollten durch die Warnhinweise nicht in Konflikt mit den Wirbelschleppen kommen. Selbst im Bereich des Caltex-Geländes, welches direkt an den Main grenze, träte in Bodenhöhe keine Wirbelschleppengefährdung auf. Die Fraport AG verweist im Übrigen darauf, dass aufgrund der Charakteristik von Wirbelschleppen (Auflösung und vollständiger Zerfall in Bodennähe) nicht mit einer Gefährdung auf Eisenbahnstrecken, Autobahnen, Bundesstraßen und sonstigen Straßen zu rechnen sei. Hinsichtlich der vorgetragenen Gebiete könne festgestellt werden, dass im Planfall 2015 in Höhen unter 10 m kein Gefährdungspotential für Personen zu verzeichnen sei. Bewohnte Gebiete von Kelsterbach sowie Naherholungsgebiete (Kelsterbacher Wald) und der Main seien nicht von einer Gefährdung durch Wirbelschleppen betroffen (vgl. Plan G.1.II.1-3; Plan G.1.II.1-6). Seite 1636 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

195 Die Firma117 führt aus, dass die Oberleitungen der Bahnstrecken so ausgelegt seien, dass sie einer Windgeschwindigkeit von 26 m/s (schwerer Sturm, ca. 100 km/h) widerstehen könnten. Nach Durchsicht der Planfeststellungsunterlagen zu den Wirbelschleppen müsse festgestellt werden, dass für die Bahnstrecken keine Detailuntersuchungen durchgeführt worden seien. So lägen die Eisenbahnstrecken 2690, 3683 und 3520 im Bereich eines Gefährdungspotentials für Personen von 10-3 bis 10-4 und fielen damit in nahezu die höchste Gefährdungsstufe. Auf die spezielle Situation der die Einflugschneise querenden Bahnstrecken sei nicht eingegangen worden. Nach eigenen Abschätzungen lägen die Tangentialgeschwindigkeiten unterhalb des oben genannten Vergleichswertes von 26 m/s für natürlichen Wind. Dieser Vergleichswert impliziere allerdings eine Auftretenshäufigkeit, die durch seltene Starkwindereignisse gegeben sei. Eine Situation, bei der durch Wirbelschleppen Windgeschwindigkeiten um die 20 m/s aufträten, könnte für die Bauteile im Eisenbahnbereich nicht tragbar sein. Eine Klärung dieses Sachverhalts sei wünschenswert, um eine Aussage zu einer nötigen Untersuchungstiefe abzuleiten. Die Firma117 schlägt hierzu zwei Untersuchungswege vor. Entweder sollten die Eisenbahnlinien von der Fraport AG mit in ein Gutachten aufgenommen werden. Besonderes Augenmerk sei dabei auf erhöht liegende Streckenabschnitte und die Bahn als linienförmiges technisches System zu legen. Oder es wäre denkbar, die Häufigkeit der Wirbelschleppen mit der Häufigkeit und Stärke des natürlichen Windes zu vergleichen. Ergebe sich aus diesem Nachweis keine Verschärfung der Ist-Situation, so wären die Lasten aus dem Flugbetrieb in den natürlichen Windverhältnissen abgedeckt. Alternativ könnten die exponierten Bauwerke oder Installationen durch die Bahn identifiziert werden, dann durch die Fraport AG die Windlasten konservativ abgeschätzt und schließlich von der Bahn durch statische Nachweise die Standfestigkeit dieser Bauwerke und Installationen untersucht werden. Vorläufig werde ein Untersuchungsbedarf für die Arbeitsflächen auf Signalmasten und die Oberleitung der ICE-Neubaustrecke Köln-Rhein/Main rund um die Ticona-Brücke, die direkt unter der Anfluglinie lägen, gesehen. Anhand statischer Nachweise könnten einzelne Bauteile hinsichtlich der Standfestigkeit bewertet werden. Im Erörterungstermin hat die Firma117 ergänzt, Bahnoberleitungen seien für Windgeschwindigkeiten von 95 km/h bei Umgebungstemperaturen von +40 C bis 30 C ausgelegt. Im Rahmen des Erörterungstermins hat die Fraport AG hierauf geantwortet, die Wirbelschleppengefährdung der Anlagen auf der ICE-Brücke sei im Gutachten auf Seite 100 erläutert. Demnach sei das Risiko eines Wirbelschleppenauftritts auf der ICE-Brücke im akzeptablen Bereich. In diesem Punkt besteht Aufklärungsbedarf. Im Bereich der ICE-Neubaustrecke Köln-Rhein/Main ergibt sich im Bereich der Brücke über den Main ein besonders exponierter Bereich. Dies gilt auch für die Bahnlinie Mainz-Wiesbaden für den Abschnitt im Bereich der Anfluggrundlinie auf die Landebahn Nordwest. Zumindest für diese Bereiche sind detaillierte Untersuchungen durchzuführen, ob die Einrichtungen der Bahn - insbesondere Oberleitungen - durch Wirbelschleppen gefährdet werden können. Für einen gefährdenden Einfluss auf Züge und einzelne Waggons liegen keine Erkenntnisse vor. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1637

196 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Herabfallende Flugzeugteile, Blue Ice Es wird ausgeführt, dass in den Planfeststellungsunterlagen die Bedrohung der Bevölkerung durch herabfallende Teile nur unzureichend abgehandelt sei. Es bestehe eine Gefährdung durch Eisbomben und Flugzeugteile. Eine Gefährdung durch herabfallende Teile sei im gesamten Gebiet der Stadt Kelsterbach zu befürchten. Auch die Firma117 trägt vor, dass herabfallende Objekte die Eisenbahninfrastruktur und Eisenbahnfahrzeuge beeinflussen könnten. Dabei sei hinsichtlich der Wirkungen an fahrenden Zügen von einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit auszugehen. Aufgrund der größeren Fläche sei die Wahrscheinlichkeit für die Bahninfrastruktur wesentlich höher; es könnten Oberleitungen oder Signale beschädigt werden. Deshalb werde eine risikoorientierte Untersuchung des Gefahrenpotentials vorgeschlagen. Hierbei seien diejenigen Streckenabschnitte zu untersuchen, die sich mit den Start- und Landeanflugwegen kreuzten. Im Gutachten würden derartige Szenarien beschrieben; es erfolge jedoch keine Bewertung. Die Fraport AG verweist darauf, dass in den letzten Jahrzehnten Gefahrenmomente durch Blue Ice ( Eisbomben ) ausgesprochen selten aufgetreten seien, jedoch nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen seien. Allgemeine Aussagen zur Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Blue Ice im gesamten Untersuchungsraum mache das Wirbelschleppengutachten (Anlage II.1 zu G1). Das Gutachten gebe an, dass z. B. in einem Zeitraum von zehn Jahren in ganz Großbritannien nur eine Person durch Blue Ice leicht verletzt worden sei. Das seltene Auftreten dieses Phänomens betonten auch weitere Gutachten. Beispielsweise resümiere der RWTÜV im Gutachten Untersuchung der flugbetrieblichen Auswirkungen auf die Sicherheit und den Arbeitsschutz der Firmen Ticona und Infraserv durch die bauliche Erweiterung des Flughafens Frankfurt, dass die Eintrittswahrscheinlichkeiten bzw. das Schadensausmaß durch herabfallende Teile oder Blue Ice als sehr gering einzustufen seien. Die Gefahr herabfallender Flugzeugteile und von herabfallenden Eisklumpen (Blue Ice) kann nicht ausgeschlossen werden. Die Ereignisse treten jedoch sehr selten auf und betreffen jeweils nur einen sehr eng begrenzten Ort. Durch diese Enge örtliche Eingrenzung sind die Folgen herabfallender Teile im Vergleich zu Absturzereignissen wesentlich geringer Brandschutz Feuerwachen Das Brandschutzdezernat bei meiner Behörde führt aus, die Lage der Feuerwache sei so zu wählen, dass die erforderlichen Hilfsfristen nach der ICAO-Richtlinie, der Sonderbaurichtlinie bzw. der Hessischen Bauordnung erfüllt würden. Die Hilfsfristen seien wie folgt definiert: - maximal 10 Minuten für Gebäudebrandschutz/Allgemeine Hilfe, - maximal 5 Minuten für Industriegebäude nach der Muster-Industriebaurichtlinie - Flugzeugbrandschutz nach ICAO, Annex 14, Band I, Nummer Die Einhaltung der ICAO-Richtlinie gehe mit der Baugenehmigung einher, sodass an dieser Stelle kein weiterer Handlungsbedarf bestehe. Eine von Hand vermessene Berechnung sei nicht sinnvoll. Durch den Nachweis im Rahmen einer Diplomarbeit sei belegt worden, dass die Feuerwache 1 für das aktuelle Flughafengelände alle Anforderungen erfülle. Dies sei auch durch die neu zu errichtende Feuerwache 4 zu gewährleisten. Bei der Errichtung neuer Gebäude Seite 1638 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

197 im Zuge des Ausbaus sei bei den Baugenehmigungen jeweils darauf zu achten, dass bei den baulichen Anforderungen zugrunde zu legen sei, in welcher Zeit die Werksfeuerwehr das jeweilige Objekt erreichen könne. Die Branddirektion Frankfurt am Main werde entsprechend informiert und aufgefordert die o. g. Voraussetzungen zu prüfen. Die Fraport AG erwidert, anhand der Einwendung könne nicht eindeutig nachvollzogen werden, welche Feuerwache gemeint sei. Man gehe davon aus, dass sich die Einwendung auf die zur Planfeststellung beantragte Feuerwache 4 beziehe. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die geplante Feuerwache 4 südlich der Parallelrollbahn (N9) zur Landebahn Nordwest errichtet werde und den Flugzeugbrandschutz in den geforderten Eingreifzeiten auf den neuen Flugbetriebsflächen nördlich der Bundesautobahn A 3 sicherstelle. Das im Planteil B0, Kapitel 7.4. beschriebene Feuerwachenkonzept stehe im Einklang mit den im ICAO, Annex 14, Chapter 9 (Stand 2001) enthaltenen Vorgaben und sei durch das BMVBW bestätigt. Der Auffassung der Fraport AG kann nicht gefolgt werden, da sich aus der Stellungnahme meines Brandschutzdezernats ergibt, dass sowohl die Feuerwache 1 als auch die Feuerwache 4 angesprochen sind. Es wird vorgetragen, vor dem Hintergrund des 6 a Abs. 1 Nr. 2 HENatG solle die Anordnung der Feuerwache 4 südlich der Landebahn Nordwest nochmals geprüft werden. Für den Bau der Feuerwache müsse zusätzlich in Wald und FFH-Lebensraumtypen eingegriffen werden. Es sei nicht deutlich, warum die Feuerwache nicht innerhalb eines Bereichs geplant worden sei, der ohnehin zu roden sei. Es müsse erläutert werden, warum dort auch ein geplantes Feuerwehrtrainingszentrum erforderlich werde. Es wird weiter vorgetragen, dass die erforderliche personelle Stärke der Flughafenfeuerwehr zu gegebener Zeit neu analysiert werden müsse. Der bestehende Bescheid zur Ausrüstung und Stärke der Feuerwehr gemäß 14 HBKG werde ergänzt, wenn die Feuerwache 4 errichtet sei. Für die Ausbildung der Feuerwehr seien ausreichende Ausbildungsflächen vorzuhalten. Dem hält die Fraport AG entgegen, die neuen Flugbetriebsflächen im Bereich der Landebahn Nordwest machten den Bau einer zusätzlichen Feuerwache (Feuerwache 4) notwendig, um in diesem Bereich die geforderten Eingreifzeiten gewährleisten zu können. Die Feuerwache 4 werde südlich der Parallelrollbahn (N9) zur Landebahn Nordwest errichtet und übernehme den Flugzeugbrandschutz auf den neuen Flugbetriebsflächen nördlich der Bundesautobahn A 3 (B0, Kap. 7.4, Seite 66). Das in der Planfeststellungsunterlage beschriebene Feuerwachenkonzept stehe im Einklang mit den im ICAO, Annex 14, Chapter 9 (Stand 2001) enthaltenen Vorgaben und sei durch das BMVBW bestätigt (B0, Kap. 7.4, Seite 66). Die Fraport AG betreibe, entsprechend ihrer Betriebsgenehmigung, eine Flughafenfeuerwehr (Werkfeuerwehr). Aus diesem Grunde seien zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft aufgabenspezifische Ausbildungs- und Übungsmaßnahmen erforderlich und daher seien auch regelmäßige praktische Trainingsprogramme durchzuführen. Um diesen sowie den gültigen behördlichen Forderungen und den Ausbildungsrichtlinien für Feuerwehrpersonal, Unfallverhütungsvorschriften wie auch den Auflagen aus dem ICAO-Dokument Airport Services Manual, Part 1, Rescue and Fire Fighting Rechnung zu tragen, sei der Betrieb eines Feuerwehrübungsplatzes am Standort Flughafen Frankfurt Main, gerade im Hinblick auf die aktuelle und zukünftige Anzahl des Feuerwehrpersonals Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1639

198 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main aus feuerwehrbetrieblicher Sicht, notwendig. Nur so könnten die Ausfallzeiten des Personals während der Übungen gering gehalten werden. Alle an der Sicherheit im Luftverkehr" Beteiligten (u. a. Flughafenfeuerwehr, Rettungsdienst, Airlines, DFS, BMVBW, HMWVL, ) bestätigten, dass nur ein koordiniertes Zusammenwirken aller Kräfte die Möglichkeit biete, bei einem schweren Flugunfall die bestehenden Rettungschancen zu nutzen. Das setze allerdings voraus, dass alle beteiligten Kräfte gemeinsam die Situation Flugunfall mit all ihren Besonderheiten am Flugzeug unter fachlicher Anleitung realistisch üben können müssten (B4.2, Erläuterungsbericht Begründung Flächenbedarf, Kap , Seite 99 bzw. B1.1, Erläuterungsbericht Flugbetriebsflächen, Kap , Seite 96). Die Einrichtungen der Flughafenfeuerwehr seien derzeit auf drei Hauptstandorte (Feuerwachen 1, 2 und 3) und weitere vier Nebenstandorte (Geb. 652, 680, 681 und Übungsfläche) verteilt. Die heutige Feuerwehr-Übungsfläche befinde sich auf der Freifläche R 6 in der Nähe des Tores 33 bzw. des Luftbrückendenkmals und diene als Übungsfläche für die Brandsimulation (B0, Kap. 7.4, Seite 66). Mit der geplanten Feuerwehr-Übungsfläche werde in Verbindung mit Teilbereichen des Feuerwehr-Trainings-Centers und im Besonderen mit der geplanten Feuerwache 4 eine notwendige Konzentrierung der Übungseinrichtungen an einem Standort und damit auch eine wesentliche Steigerung der Ausbildungseffizienz erreicht. Diese Feuerwehrübungsfläche diene damit der Sicherstellung der Einsatzfähigkeit der Flughafenfeuerwehr im Flugzeugbrandschutz (B4.2, Erläuterungsbericht Begründung Flächenbedarf, Kap , Seite 99). Als Standort für Feuerwehrübungsfläche sei eine befestigte Grundfläche östlich der neuen Feuerwache 4 an der Landebahn Nordwest ausgewiesen, die zudem im Großschadensfall unter Nutzung der dann vorhandenen Infrastruktur der Feuerwache 4, wie der direkten öffentlichen Verkehrserschließung über die K 152 oder z. B. den entsprechenden Alarmkommunikationseinrichtungen als notwendiger Bereitstellungsraum für externe Einsatzkräfte vorgesehen sei. Hierdurch werde die erforderliche Koordination, wie die Aufstellung der Rettungskräfte gemäß dem Einsatzwert, der Abruf und deren koordinierte Einfahrt in den Vorfeldbereich bzw. zur Einsatzstelle sichergestellt. Das beschriebene Zusammenwirken der Rettungskräfte im Einsatz, in der Einsatzvorbereitung und bei Übungen und der hieraus erforderlichen Infrastruktur ergebe sich aus dem Hessischen Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz und werde in der Betriebsanweisung für Notfälle des Flughafen Frankfurt Main geregelt (B4.2, Erläuterungsbericht Begründung Flächenbedarf, Kap , Seite 99). Aufgrund der vorgenannten Gründe sehe die Fraport AG die Notwendigkeit der oben beschriebenen Anlagen in den beschriebenen Abmessungen und den vorgesehenen Standorten zur Gewährleistung des Flugzeugbrandschutzes an der Landebahn Nordwest wie auch der Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Flughafenfeuerwehr als erforderlich an. Im Erörterungstermin am ist ergänzend vorgetragen worden, es sei nicht erkennbar, dass die 3-Minuten-Vorgabe nur am Standort der Feuerwache 4 eingehalten werden könne. Darüber hinaus sei in der Alternativenprüfung nicht erschlossen worden, warum die Übungsfläche zwingend an eine Feuerwache angeschlossen sein müsse. Darauf hat Fraport AG erwidert, die heutige Übungsfläche müsse verlegt werden, da sie sich mitten im Bereich des T3 auf den Vorfeldflächen und Abfertigungspositionen befinde. Zur Planfeststellung beantragt ist eine Feuerwehrübungsfläche östlich der Feuerwache 4, südlich der Landebahn Nordwest, die in Verbindung mit Teilbereichen des Feuerwehrtrainingscenters auch als Bereitstellungsraum für externe Einsatzkräfte im Großschadensfall genutzt werden soll. Die beantragte Fläche liegt im FFH-Gebiet Kelsterbacher Wald. Seite 1640 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

199 Daher sind zumutbare Alternativstandorte zu prüfen. Dabei sind u. a. folgende Gesichtspunkte einzubeziehen: Einhalten der Eingriffszeit Sichtbelange der Flugsicherung Belastung von Anliegern Psychologische Aspekte (Wirkung auf Passagiere und Besatzung anfliegender Flugzeuge, Ablenkung von Autofahrern). Darüber hinaus ist die Größe der Feuerwehrübungsfläche zu begründen. Auch ist die Dimensionierung des Umbaus und der Erweiterung der Feuerwache 3 nachvollziehbar darzustellen. Im Übrigen wird Bezug genommen auf das Schreiben des HMWVL vom unter Anlage und an die Fraport AG (siehe auch Kapitel ) Brandschutz- und Sicherheitskonzept Die Stadt Frankfurt am Main fordert, dass für die Gebäude Feuerwehrzu- sowie -umfahrten mit Aufstell- und Bewegungsflächen gemäß DIN herzustellen seien und dass die vorhandene Löschwasserversorgung den geplanten Veränderungen anzupassen sei. Zusätzliche Überflurhydranten seien nach DIN 3222 auszuführen. Als Löschwasservolumina seien mindestens l/min (480 m³/h) über einen Zeitraum von 120 min nachzuweisen. Die Fraport AG erwidert, im Bereich der baulichen Maßnahmen und Veränderungen im Zusammenhang mit dem von der Fraport AG beantragten Vorhaben würden durch die Beachtung geltender Gesetze und Richtlinien sowie Empfehlungen bei der Ausgestaltung dieser Maßnahme sicherheitsrelevante Aspekte in ausreichender Form berücksichtigt und mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde gemeinsam abgestimmt. Einzelheiten blieben jedoch dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten. Weiterhin fordert die Stadt Frankfurt am Main, für alle Sonderbauten gemäß 2 Abs. 8 HBO (z. B. Terminal 3, Tunnelbauwerke, Fracht- und Wartungshallen mit einer Brutto- Grundfläche über m²) sei ein umfassendes Brandschutz- und Entfluchtungskonzept von einem baurechtlich anerkannten Sachverständigen zu erstellen. Das Konzept sei als Bestandteil der entsprechenden Baubeschreibung den Bauantragsunterlagen beizufügen. Das gleiche betreffe die Entlüftung und Entrauchung. Die Gutachten seien den Bauantragsunterlagen beizufügen. Für komplexe Gebäude sei die Wirksamkeit der Entrauchung durch eine Strömungsuntersuchung in einem Modellversuch nachzuweisen. Fraport erwidert hier wie zuvor. Es wird gefordert, in allen Gebäuden (auch in den Tunnelbauwerken) oder Gebäudeteilen sei sicherzustellen, dass ein direkter Funkverkehr mit Handfunkgeräten (BOS- Funkanlagen) der Feuerwehr (tageweise am Körper, mit Wedelantenne) jederzeit möglich sei. Der Funkverkehr müsse untereinander innerhalb von Gebäuden bzw. Gebäudeteilen wechselseitig in beiden Richtungen (von innen nach außen sowie von außen nach innen) gewährleistet sein. Der Funkverkehr sei mit entsprechenden Messmitteln durch eine Funk-Fachfirma in schriftlicher Form nachzuweisen und die Ergebnisse der Genehmigungsbehörde und der Branddirektion vorzulegen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1641

200 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Sei ein direkter Funkverkehr nicht möglich, werde eine Gebäudefunkanlage gefordert. Deren funktechnische Detailplanung unter Berücksichtigung des Merkblattes Feuerwehr- Gebäude-/Objektfunkanlagen sei mit der Branddirektion abzustimmen und zur Genehmigung vorzulegen. Zur Abnahmeprüfung seien der Prüfbericht des Errichters und ein Wartungsvertrag vorzulegen. Die Anlage sei regelmäßig höchstens in einem Abstand von 3 Jahren von einer zugelassenen Stelle zu prüfen. Prüfberichte seien auf Verlangen vorzulegen. Fraport erwidert, entsprechende Vorkehrungen zur Gewährleistung bzw. Überprüfung der Funktionen eines BOS-Funkbetriebes seien bei den öffentlichen Tunnelanlagen entsprechend den Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln vorgesehen (s. Erläuterungsbericht B2, S. 59 und S. 68 sowie Erläuterungsbericht B1.1, S. 64, S. 75 und S. 88). Im Rahmen der Baugenehmigungen für Einzelgebäude werde die Erfordernis entsprechender Nachweise bzw. die Notwendigkeit entsprechender gebäudetechnischer Einrichtungen im Einzelfall mit der Baugenehmigungsbehörde geklärt. Es wird vorgetragen, aufgrund der ausgedehnten Tunnelbauwerke sei der Einsatz von konventionellen Atemschutzgeräten aus feuerwehreinsatztaktischen Gründen nicht mehr zu vertreten. Ein spezielles, an den besonderen Anforderungen bei Tunnelbränden orientiertes Atemschutzkonzept mit Langzeitatemschutzgeräten sei zu erstellen. Die Fraport AG erwidert, Vorkehrungen zur Gewährleistung eines effizienten Feuerwehreinsatzes seien entsprechend der Vorgaben der RABT für die öffentlichen Straßenverkehrstunnel vorgesehen (s. Erläuterungsbericht B2, S. 59 und S. 68 sowie Erläuterungsbericht B1.1, S. 64, S. 75 und S. 88). Bei den längeren Tunnels unter der Landebahn Nordwest und der Startbahn 18 West seien parallele über eine Überdruckbelüftung rauchfrei gehaltene Rettungsstollen mit Fluchttürabständen zwischen ca. 69 und 76 m vorhanden, aus denen für Rettungskräfte auch ein Zugang zur Hauptröhre möglich sei. Im Rahmen der Baugenehmigungen für Einzelgebäude werde das Erfordernis entsprechender Nachweise bzw. die Notwendigkeit entsprechender gebäudetechnischer Einrichtungen im Einzelfall mit der Baugenehmigungsbehörde abgestimmt. Die Aspekte einer hinreichenden Vorsorgung mit von der Außenluft unabhängiger Atemgeräte würden in der Erstellung der Gefahrenabwehrpläne berücksichtigt. Es wird gefordert, für die Tunnel-Gepäckförderanlage sei ein Flucht- und Rettungswegekonzept zu erstellen und mit der Branddirektion abzustimmen. Dem stimmt die Fraport AG zu, es bleibe aber dem Genehmigungsverfahren vorbehalten. Es wird gefordert, für alle Tunnelbauwerke sei eine umfassende Gefahrenabwehrplanung zu erstellen und mit den Brandschutzdienststellen abzustimmen. Darauf erwidert die Fraport AG, vor Inbetriebnahme von Tunnelanlagen würden jeweils Gefahrenabwehrpläne erstellt. Im Rahmen der Erstellung der Planfeststellungsunterlage seien Aspekte des vorbeugenden Brandschutzes (z. B. Entfluchtung, Löschwasserversor- Seite 1642 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

201 gung, Entrauchung etc.) in den Planungen hinreichend berücksichtigt worden, so dass sich hier die Aspekte des Gefahrenabwehrplans im Wesentlichen auf Festlegungen der organisatorischen Abläufe und Zuständigkeiten bezögen. Für bauliche Maßnahmen innerhalb des Flughafengeländes erfolge die Erstellung der Gefahrenabwehrpläne entsprechend der Erfordernisse in Abstimmung mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde. Im Erörterungstermin am ist ergänzend vorgetragen worden, vor dem Hintergrund der gigantischen Umbaumaßnahmen auf dem Flughafen Frankfurt Main sei ein Brandschutzkonzept, aus dem sich ergebe, wie in Katastrophenfällen während der Bauzeit reagiert werden müsse, zwingend erforderlich. Dazu gehöre auch die zeitliche Staffelung der Umbaumaßnahmen der Feuerwachen, die ggf. erforderliche Einrichtung von Provisorien, die Einrichtung von Rettungswegen für die Einsatzfahrzeuge etc. Ein derartiges Konzept zum Katastrophenschutz während der Bauzeit gebe es nicht, sodass das Vorhaben nicht genehmigungsfähig sei. Da die Stadt Kelsterbach die örtlich zuständige Gefahrenabwehrbehörde für ihren Bereich sei, werde beantragt, dass mit der Stadt Kelsterbach und den zuständigen Feuerwehren, gegebenenfalls auch mit dem Kreis Groß-Gerau, vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein Brandschutzkonzept für die Bauzeit abgestimmt werden müsse. Dem hat die Fraport AG entgegen gehalten, ein Brandschutzkonzept für die Bauphase sei nicht planfeststellungspflichtig. Dies sei eine Frage der Bauausführung. Im Übrigen habe man auf dem Flughafen Frankfurt Main immer und unabhängig von Baustellen die Eingreifzeiten sicherzustellen. Es wird vorgetragen, beim Ausbau der Bundesautobahn sei darauf zu achten, dass während der Bauzeit Brandschutzmaßnahmen baulicher und betrieblicher Art zu treffen seien. Auf das Merkblatt Brandschutz bei Bauarbeiten werde hingewiesen. Die Rufnummern der Feuerwehr, Polizei oder des Rettungsdienstes seien bekannt zu geben. Es sei sicherzustellen, dass die zuständige Feuerwehr im Alarmfall jederzeit schnell und ungehinderten Zutritt zur Baustelle habe und diese anfahren könne. Die genaue Ausführung sei mit den zuständigen Brandschutzdienststellen abzustimmen. Über eine geänderte Verkehrsführung sei die zuständige Brandschutzdienststelle zu informieren. Nach Abschluss der Arbeiten seien gegebenenfalls die Zuweisungen der Autobahnabschnitte nach 23 HBKG anzupassen. Die Fraport AG erwidert, die Forderungen würden in den Ausführungsplanungen und während der Baumaßnahmen berücksichtigt. Die Zuweisungen der Einsatzbereiche der Feuerwehren im Bereich von Verkehrswegen gemäß 23 HBKG erfolge nicht durch sie, sondern durch die gemäß HBKG zuständige Behörde. Generell fordert die Stadt Frankfurt am Main, beim Bau und Betrieb der Gebäude seien aus brandschutztechnischer Sicht folgende gesetzliche Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung zu beachten und einzuhalten: - HBO, insbesondere die 2, 8, 13 und 45, - IndBauRL, Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1643

202 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main - Garagenverordnung, - Verordnung über die Prüfung haustechnischer Anlagen und Einrichtungen in Gebäuden, - Muster Lüftungsanlagen Richtlinie, - Richtlinie über die brandschutztechnischen Anforderungen an Leitungsanlagen. Hierauf erwidert die Fraport AG, die entsprechenden Vorschriften fänden nicht während des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau des Flughafens Frankfurt Main, sondern im Rahmen des zeitlich nachgeschalteten Baugenehmigungsverfahrens Berücksichtigung Sonstiges zur Sicherheit Es wird vorgetragen, dass der Bereich Flughafen Frankfurt Main im 2. Weltkrieg stark bombardiert worden sei. Die geplanten Ausbauflächen seien nur teilweise überprüft und entmunitioniert worden. Nicht entmunitionierte Flächen seien vor den Bauarbeiten systematisch auf Kampfmittel zu überprüfen. Die Arbeiten seien bei einer Fachfirma in Auftrag zu geben und zu bezahlen. Fraport nimmt diese Hinweise zur Kenntnis. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport trägt bezüglich der Kampfmittelräumung vor, dass während der gesamten Abriss- und Tiefbauphase mit dem plötzlichen Auffinden von Kampfmitteln gerechnet werden müsse. Es sei davon auszugehen, dass das vorgesehene Absuchen des Geländes mit leichtem Gerät (Planteil B7) keine abschließenden Erkenntnisse über die Kontamination des Bodens bringen dürfte. Aufgrund der Nähe des Baugeländes für das Terminal 3 zur A 5 sollten folgende Maßnahmen bei einem Kampfmittelfund getroffen werden: - Vorbereitende Maßnahmen bei Feststellung von Kampfmitteln - Enge Koordination mit den Verantwortlichen der Kampfmittelräumdienste - Entwicklung eines Absperrplans für die Baustelle und der unmittelbar betroffenen Verkehrswege in Abstimmung mit der Polizei, der Branddirektion, den Luftaufsichts-, Straßenverkehrs- und Straßenbaubehörden - Bereithalten geeigneter Schutzausrüstungen für Polizeibeamte - Antizipative Konzeption und technische Vorbereitung von Bedarfsumleitungen, o- rientiert an den jeweils aktuellen Verkehrslenkungsmaßnahmen der Gesamtbaumaßnahme - Bergung der Kampfmittel in einer möglichst verkehrsarmen Zeit. Die Fraport AG erwidert, die geforderten und notwendigen Schutzmaßnahmen bei Bergungen von Kampfmitteln seien nicht vorhabensbezogen, da Baumaßnahmen in der Nähe der A 5 aufgrund der bestehenden Ausweisungen im Flächennutzungsplan auch ohne Ausbauvorhaben stattfinden würden. Hinsichtlich der Planungen zu Verkehrsumleitungen sei darauf hinzuweisen, dass Störfälle im Straßennetz aufgrund anderer Ereignisse (z. B. Unfälle) Sperrungen erforderten, für die Umleitungspläne und -routen bestünden. Sofern Bergungsmaßnahmen, die eine Beeinträchtigung des Verkehrsflusses erforderten, planbar seien, würden diese möglichst in verkehrsschwache Zeiten gelegt. Seite 1644 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

203 Es wird vorgebracht, die Ausgleichsmaßnahme Munitionsdepot im Wald zwischen Langen und Mörfelden sei grundsätzlich akzeptabel, wenn sichergestellt sei, dass eine gründliche Schadstoffuntersuchung und -sanierung nachgewiesen werde, eine Beseitigung der Bauwerke erfolge und ein Nachweis über eine vollständige Kampfmittelräumung erbracht werde. Dem hält die Fraport AG entgegen, die geforderten Nachweise und Untersuchungen lägen bereits vor. Der Rückbau der Gebäude sei ohnehin vorgesehen: Die Bunker und sonstigen Gebäude würden zurückgebaut, so dass eine Entsiegelung der Flächen erfolge (G1, Teil IV, Kap , S. 48). Die Forderungen des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport sollten Eingang in den Planfeststellungsbeschluss finden. Es wird befürchtet, dass die Versorgung von Verletzten bei einem Flugunfall nicht gewährleistet sei. Aus Sicht des Einwenders würden im Katastrophenfall innerhalb kürzester Zeit mehrere tausend medizinische Kräfte benötigt. Weiterhin fehle es in Hessen an der notwendigen Kapazität zur Behandlung von Schwerstbrandverletzten. Hierauf erwidert die Fraport AG, der vorgetragene Einwand lasse aufgrund seiner Pauschalität aus ihrer Sicht keinen Bezug zu dem beantragten Vorhaben erkennen. Prinzipiell weise sie in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass die Einsatzplanungen bei Großschadensereignissen außerhalb des Flughafengeländes berücksichtigten, dass derartige Ereignisse nicht nur durch z. B. einzelne Ortsfeuerwehren zu bewältigen seien, sondern das Hessische Brand- und Hilfeleistungsgesetz in solchen Fällen das Zusammenwirken benachbarter Städte und Landkreise zur Schadensbekämpfung vorsehe. Entsprechend 4 HBKG seien durch den Landkreis Alarmpläne und Einsatzpläne für die Gewährung nachbarlicher Hilfeleistung innerhalb und über die Grenzen des Kreisgebiets hinaus aufzustellen und mit den benachbarten Landkreisen oder kreisfreien Städten abzustimmen. Die Bereitstellung/Belegung von Betten zur Versorgung von Schwerstbrandverletzten werde bundesweit koordiniert und über die Berufsfeuerwehr Hamburg vermittelt. Die Stadt Frankfurt am Main verweist darauf, dass der Flughafen Frankfurt Main Sanitätsflughafen im Sinne der WHO International Sanitary Regulations sei. Durch den Einsatz von Großraumflugzeugen werde künftig die seuchenhygienische Betreuung von erkrankungsverdächtigen Personen erschwert. Aus Sicht der Gesundheitsbehörde sei eine infrastrukturelle Vorkehrung für eine kurzfristige Quarantänisierung für bis zu Personen zu treffen. Hierzu solle eine für Großflugzeuge direkt anfahrbare Position im Vorfeld geschaffen werden. Dem hält die Fraport AG entgegen, Seuchenvorsorge sei eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge und obliege damit den zuständigen Gesundheitsbehörden. Die Seuchenabwehr am Flughafen Frankfurt Main sei durch die Betriebsanweisung für Notfälle geregelt. Diese sei entsprechend mit der Branddirektion der Stadt Frankfurt am Main abgestimmt. Im Übrigen sei dieses auch Gegenstand eines gemeinsamen Runderlasses des HSM und HMdIS. Weiterer Regelungsbedarf bestehe daher aus ihrer Sicht nicht. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1645

204 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport macht folgende Ausführungen und hält folgende Maßnahmen für erforderlich: Die Fraport AG erwidert hierauf,. Zum Teil ergeben sich die Forderungen schon aus gesetzlichen Bestimmungen, zum Teil können sie als Auflagen in einen möglichen Planfeststellungsbeschluss geschrieben werden. Es wird außerdem auf das Kapitel verwiesen. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport trägt weiter vor, dass für die Errichtung der Gebäude aus polizeilicher Sicht folgende Punkte in der Planung zu berücksichtigen seien: Die Fraport AG verweist darauf, dass die entsprechenden Vorschriften der Bauordnung nicht während des Planfeststellungsverfahrens, sondern im Rahmen des Bauantragsverfahrens zur Baugenehmigung Berücksichtigung fänden. Die Stadt Kelsterbach trägt vor, dass sie als zuständige Gefahrenabwehrbehörde nicht in der Lage sei, das erhöhte Schadensrisiko, welches durch die geplante Landebahn Nordwest entstehe, zu bewältigen. So seien bei der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Kelsterbach derzeit 43 Feuerwehrleute mit sieben Fahrzeugen aktiv. Weiterhin wird in der Stellungnahme aufgezählt, für welche Bereiche die Feuerwehr der Stadt zuständig sei (S. 85 f.). Es wird für den Planfall eine angemessene Ausrüstung der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Kelsterbach gefordert, dies sei der Fraport AG aufzugeben und im Planfeststellungsbeschluss zu regeln. Weiterhin wird eine ausreichende Zuwegung zum Stadtgebiet zwischen der Landebahn und der Eisenbahnstrecke gefordert, damit ein Eingreifen im Katastrophenfall möglich werde. Auch sei aufgrund des erhöhten Gefährdungspotentials der vorhandene Krankentransport und Rettungsdienst unzureichend. Deshalb wird gefordert, dass die Fraport AG die erhöhten Kosten, die für den Krankentransport und Rettungsdienst im Stadtgebiet von Kelsterbach entstünden, übernehme. Weiterhin wird gefordert: eine Rettungszufahrt vom Stadtgebiet zur geplanten Landebahn Nordwest als asphaltierte Straße mit einer Auslegung auf 16 t Achslast mit Anschluss an das öffentliche Wegenetz, jederzeitiger Zutritt des Brand- und Katastrophenschutzbeauftragten der Stadt Kelsterbach zum Bereich der Landebahn, Ausstattung der Landebahn mit einer Druckleitung für Löschwasser oder ersatzweise unterirdische Löschwassertanks mit einem Volumen von Litern. Dies solle als Auflage im Planfeststellungsbeschluss aufgenommen werden. Die Fraport AG erwidert, sie sehe aufgrund des Vorhabens keine Notwendigkeit für erhöhte Aufwendungen für Feuerwehrausstattung für die Stadt Kelsterbach, da bereits im dem heute stattfindenden Flugbetrieb vergleichbare Großschadenszenarien bewältigt werden müssten. Hierfür sollten von Seiten des Einwendungsführers hinreichend Vorkehrungen getroffen worden sein. Seite 1646 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

205 Der von der Fraport AG und dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung bestellte Verkehrsleiter (nach 45 Abs. 3 der LuftVZO) mit dem Bereich Flughafenbetrieb treffe eigenverantwortlich alle flugbetriebs- und abfertigungsbezogenen Maßnahmen zur sicheren und ordnungsgemäßen Durchführung des Verkehrs. Die Werkfeuerwehr der Fraport AG sei gemäß Anerkennungsbescheid meiner Behörde für den Flughafenbrandschutz zuständig. Die Medizinischen Dienste des Flughafens gewährleisteten die notwendige medizinische Erstversorgung bei Notfällen. In der BA-NOT für den Verkehrsflughafen Frankfurt Main seien alle Notfälle und teilweise besonderen Vorkommnisse aufgenommen, für die ein koordinierter Einsatz mehrerer Fachdienste erforderlich sei. Bei Notfällen am Flughafen Frankfurt Main arbeiteten die Brandschutz-, Rettungs- und Sicherheitsdienste (Notdienste) der Fraport AG eng mit den entsprechenden Diensten anderer am Flughafen ansässiger Behörden, Organisationen und Firmen zusammen. Soweit im Rahmen der BA-NOT Verfahren und Absprachen aufgenommen seien, die externe Stellen der Fraport AG beträfen, so bezögen sich diese auf gegenseitige Vereinbarungen, für deren Einhaltung die entsprechenden Stellen in eigener Verantwortung zuständig seien. Darüber hinaus könne die Einbindung weiterer Behörden und Organisationen auf Basis gesetzlicher Bestimmungen bzw. getroffener Vereinbarungen erforderlich werden. Einsatzplanungen bei Großschadensereignissen außerhalb des Flughafengeländes sähen vor, dass derartige Ereignisse nicht nur durch einzelne Ortsfeuerwehren zu bewältigen seien. Das Hessische Brand- und Hilfeleistungsgesetz sehe in derartigen Fällen das Zusammenwirken benachbarter Städte und Landkreise zur Schadensbekämpfung vor. Entsprechend 4 HBKG seien durch den Landkreis Alarmpläne und Einsatzpläne für die Gewährung nachbarlicher Hilfeleistung innerhalb und über die Grenzen des Kreisgebiets hinaus aufzustellen und mit den benachbarten Landkreisen oder kreisfreien Städten abzustimmen. Im Rahmen dieser nachbarlichen Hilfeleistung könne die Werkfeuerwehr auch außerhalb des eigentlichen Flughafengebiets eingesetzt werden. Die Trägerschaft der Rettungsdienste sei im Hessischen Rettungsdienstgesetz geregelt. Träger des Rettungsdienstes seien nach 4 Hessischen Rettungsdienstgesetz die Landkreise bzw. kreisfreien Städte. Die Übernahme von Kosten sei im 7 geregelt und berühre somit die Belange des Einwenders nicht, zumal eine Zunahme der Einsatzereignisse für den regulären Rettungsdienst nicht zu erwarten sei, da im Betriebsgelände eine Versorgung durch den betrieblichen Rettungsdienst der Fraport AG erfolgte Die Fraport AG weist daher die Forderung der Stadt Kelsterbach als nicht gerechtfertigt zurück. Die geordnete Einfahrt von externen Rettungskräften auf das Gelände der Landebahn Nordwest sei über die Aufstellfläche an der Feuerwache 4 (s. B1.1, Kap , S. 97) vorgesehen. Die Feuerwache 4 und die Feuerwehrübungsfläche würden an das öffentliche Straßennetz angeschlossen (s. B2, Kap , S. 49). Weitere Zu- und Ausfahrten (sog. Crash-Tore) könnten nur auf Weisung der Einsatzleitung der Werksfeuerwehr (s. 41 HBKG) geöffnet werden. Diese würden an geeignete Waldwege anbinden und stellten weitere Verbindungen zum öffentlichen Straßennetz dar. Diese Wege seien in den Plänen B und B dargestellt. Im Erläuterungsbericht zum Planteil B2, Kapitel 3.3 auf Seite 86 ff. seien auch die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Rettungs- und Betriebswegen zu Anlagen der Deutschen Bahn AG beschrieben, mit denen dem heutigen Zustand entsprechende Eingriffzeiten gewährleistet würden. Die Zuwegungen zu diesen Toren vom öffentlichen Straßennetz aus entsprächen den Erfordernissen der DIN und müssten nicht zwangsläufig asphaltiert werden. Die Zuwegung von Norden, über die Trasse der dann ehemaligen K 152, erfülle die vom Einwender geforderten Eigenschaften (möglicher Begegnungsverkehr, asphaltierter Unterbau mit einer Tragfähigkeit für Fahrzeuge von 16 t). Um den Eingriff in fremdes Eigentum so gering wie möglich zu halten, werde der weitgehende Verbleib der Wege im Besitz der heutigen Grundstückseigentümer angestrebt. Die Gewährleistung einer jederzeitigen Nutzung werde über dingliche Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1647

206 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Rechte (s. Planteil B10) gesichert oder über Gestattungsverträge angestrebt, in denen auch die Unterhaltung geregelt werde. Zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und sicheren Flugbetriebes sei es nicht erforderlich, dem Brand - und Katastrophenschutzbeauftragten der Stadt Kelsterbach jederzeit Zutritt zu den Flugbetriebsflächen zu ermöglichen ( 29 d LuftVG). In der Fahrzeughalle der neuen Feuerwache 4 seien zur Befüllung der Tanklöschfahrzeuge Zapfstellen mit einer Abgabemenge von 800 l/min vorgesehen. Weiterhin sei für die Befüllung der Tanklöschfahrzeuge im Außenbereich der Feuerwache 4 eine Zapfstelle mit freiem Auslauf mit einer Abgabemenge von l/min vorgesehen. Die geplanten Zapfstellen würden über das Brauchwassernetz des Südbereichs versorgt. Die erforderlichen Wassermengen könnten bereitgestellt werden. Bei gleichzeitiger Nutzung beider Zapfstellen werde die Zapfstelle in der Halle über das Trinkwassernetz gespeist. Der gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 405 Bereitstellung von Löschwasser durch die öffentliche Trinkwasserversorgung erforderliche Mindestdruck für die Feuerlöschversorgung betrage 1,5 bar und werde an beiden Zapfstellen gewährleistet. Im Bereich des Feuerwehrtrainingscenters sei ein Brauchwassersammelbecken zur Aufnahme der beim Übungsbetrieb anfallenden Wassermengen geplant. Das anfallende Wasser werde bei Löschübungen wieder verwendet (siehe B1.1). Des Weiteren werde ein Tankanhänger mit Liter Löschwasser bereitgehalten. Da die im Bereich der geplanten Landebahn Nordwest im Flugzeugbrandschutz eingesetzten Großflughafen-Löschfahrzeuge die nach ICAO geforderten Löschmittelmengen bereithielten, sei eine zusätzliche Löschwasserleitung an der Landebahn Nordwest einsatztaktisch nicht vorgesehen und daher nicht notwendig. Eine Löschwasserbereitstellung im Umfeld der Landebahn Nordwest bei einem Flugunfall mit Auswirkungen auf das Gebiet in der Zuständigkeit der Ortsfeuerwehr erfolge insofern, als dass an der Landebahn Nordwest die Feuerwache 4 vorgesehen sei, so dass im Einsatzfall eine Unterstützungsleistung durch die Werkfeuerwehr und somit einer hinreichenden Löschwasserbereitstellung in kürzester Zeitspanne erfolgen könne. Ergänzend ist im Erörterungstermin am vorgetragen worden, dass vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses mit der Stadt Kelsterbach und den zuständigen Feuerwehren, gegebenenfalls auch mit dem Kreis Groß-Gerau, ein Brandschutzkonzept für die Bauzeit abgestimmt werden solle. Auch werde daran erinnert, dass beim Bau neuer Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn die Feuerwehren kleinerer Gemeinden mit geeignetem Gerät zum Einsatz in Tunnels ausgestattet würden. Hier sei ebenso zu verfahren. Weiterhin bedeute die Ausstattung der Werksfeuerwehren nicht, dass auch die örtlichen Gefahrenabwehrbehörden keine Zuständigkeit hätten. Dies könne dem Gesetz nicht entnommen werden. Die Werksfeuerwehr habe die Aufgabe, das mit dem Betrieb verbundene Brandgeschehen möglichst schnell zu bekämpfen, da man das Anrücken der örtlichen Feuerwehren nicht abwarten könne. Auch gebe es hinsichtlich der Zufahrten zum Flughafengelände (Rettungsfahrzeuge müssten frei nebeneinander herfahren können, Druckwasserleitung) keine Aussagen in den Planfeststellungsunterlagen. Es sei verwunderlich, warum im Bereich der Okrifteler Straße nun ein Tor eingebaut werde. Wenn die Flughafenfeuerwehr so gut ausgestattet sei, dann sei die Frage, warum dann ein Einsatz von auswärtigen Feuerwehren überhaupt vorgesehen werde. Es wäre von Interesse, zu erfahren, wo diese Crash-Tore vorgesehen seien. In den Planfeststellungsunterlagen seien sie nicht auffindbar. Dem hat die Fraport AG entgegen gehalten, dass ein Brandschutzkonzept für die Bauphase nicht planfeststellungspflichtig sei. Dies sei eine Frage der Bauausführung. Seite 1648 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

207 Der Bedarf für Krankentransport und Rettungsdienst sei kreisweise nach den Eintreffzeiten und Auslastungen geregelt. Für das Betriebsgelände der Fraport AG bestehe ein betrieblicher Rettungsdienst. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb Rettungsdienste der Stadt Kelsterbach angepasst werden müssten. Bezüglich der Tunnelausstattung ist ausgeführt worden, dass es vorgesehen sei, im Landebahnbereich und im Tunnel unter der Landebahn einen Rettungsstollen zu errichten. Hier werde die neue deutsche Richtlinie RABT angewandt. Man habe einen Rettungsstollen vorgesehen, der mit Überdruck belüftet werde, sodass Personen schnell aus dem Tunnel flüchten könnten und Angriffe der Feuerwehr getätigt werden könnten. Andere Tunnelanlagen seien kürzer, sodass die RABT hier nicht greife. Es wird vorgetragen, bei Betriebsstörungen und Havarien sei umgehend die Werksfeuerwehr zu alarmieren. Bei möglichen Treibstoffschnellablässen die in weiterer Entfernung vom Flughafen lägen sei umgehend die zuständige Zentrale Leitstelle für den Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungsdienst zu verständigen. Dem hält die Fraport AG entgegen, die geforderten Schutzmaßnahmen seien aus ihrer Sicht nicht vorhabensbezogen. Die Werksfeuerwehr der Fraport AG sei gemäß Anerkennungsbescheid meiner Behörde für den Flughafenbrandschutz zuständig. In der BA-NOT für den Verkehrsflughafen Frankfurt Main seien bereits alle Notfälle und teilweise besonderen Vorkommnisse aufgenommen, für die ein koordinierter Einsatz mehrerer Fachdienste erforderlich sei. Treibstoffschnellablässe, die in weiterer Entfernung, über dünn besiedeltem Gebiet und großer Höhe vom Flughafen erfolgten, lägen nicht im Zuständigkeitsbereich der Werksfeuerwehr bzw. der Fraport AG. Des Weiteren sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass Treibstoffablässe, die sehr selten vorkämen, nach den Vorschriften der ICAO erfolgten. Aufgrund der Eigenschaften von Kerosin und der Freisetzungsbedingungen bei einem Treibstoffnotablass komme die UVS zu dem Schluss, dass erhebliche Beeinträchtigungen von Umwelt oder Bevölkerung dadurch auszuschließen seien (G1, Teil II, S. 78 bis 81). Nach Treibstoffnotablässen hätten bisher trotz des Einsatzes empfindlicher Analyseverfahren in keinem Fall Verunreinigungen durch Kerosin in Pflanzen- und Bodenproben aus den betroffenen (flughafenfernen) Gebieten festgestellt werden können (G1, Teil II, S. 81). Folglich seien keine Maßnahmen vorzunehmen. Eine Alarmierung der zuständigen Leitstelle für den Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungsdienst sei aus Sicht der Fraport AG nicht notwendig. Es wird vorgetragen, dass der Flughafen Frankfurt Main am für 10 Minuten aufgrund einer Explosion im Umspannwerk Frankfurt Niederrad hätte geschlossen werden müssen. Da das Notaggregat nicht, wie vorgeschrieben, in kurzer Zeit betriebsbereit gewesen sei, hätte es zu einer Katastrophe im Flughafenbereich kommen können. Deshalb wird der Bau von Ersatzstromgeneratoren gefordert, die einen Betrieb der Landebahnbeleuchtung sicherstellen könnten. Die Fraport AG führt aus, die Landebahnbeleuchtung, also die Anflugbefeuerung, werde von zwei räumlich voneinander getrennten Versorgungsstationen (Befeuerungsstationen) aus versorgt. Diese Versorgungsstationen seien auch mit speziellen Notstromgeneratoren, die die Stromversorgung äußerst schnell übernehmen könnten, ausgerüstet. Somit sei die Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1649

208 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Forderung bereits in der Planung berücksichtigt (vgl. B3, Erläuterungsbericht Ver- und Entsorgungsanlagen, Seite 245). Seite 1650 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

209 18 Raumordnung 18.1 Vereinbarkeit mit den Leitvorstellungen und Grundsätzen der Raumordnung Verstoß gegen Erfordernisse der Raumordnung Zahlreiche Einwender tragen vor, dass das Vorhaben gegen Erfordernisse der Raumordnung verstoße und den Zielen der Raumordnung widerspreche. Die raumbedeutsamen Auswirkungen des geplanten Flughafenausbaus stünden in allen wesentlichen Punkten im Widerspruch zu den Leitvorstellungen und Grundsätzen der 1 und 2 ROG; das Vorhaben sei daher abzulehnen. Insbesondere folgende Verstöße werden genannt: Mit dem Vorhaben werde dem Gebot der Nachhaltigkeit und Erneuerbarkeit der Naturgüter nicht entsprochen. Der Anspruch der Ressourcenschonung sei nicht erkennbar. Der Ausbau des Flughafens Frankfurt Main im Regionalen Grüngürtel stehe nicht mit den Belangen der Raumordnung im Einklang. Es entspreche auch nicht den Zielen der Raumordnung nach Nachhaltigkeit der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung sowie Vermeidung/Verringerung von Verkehr, wenn als Folge des Flughafenausbaus zusätzliche Verkehrsbelastungen in einer schon stark vom Verkehr belasteten Region entstünden und es ausbaubedingt zu verstärkten Pendlerströmen käme. Auch seien die erforderlichen verkehrsmäßigen Ausbaumaßnahmen weder planungsrechtlich noch finanziell abgesichert und stünden deshalb nicht mit der Raumordnung in Einklang. Die Zunahme der Schadstoffemissionen, die bei einem Ausbau zu erwarten seien, widerspreche ebenfalls dem ROG, demzufolge Umweltbelastungen abzubauen seien. Die Standortwahl für den Flughafenausbau missachte auch den Grundsatz des ROG, in strukturschwachen Räumen die Entwicklungsvoraussetzungen bevorzugt zu verbessern ( 2 Abs. 2 ROG). Im Erörterungstermin ist ergänzend folgendes vorgetragen worden: Das ungebremste Wachstum des Flughafens Frankfurt Main widerspreche dem Grundsatz des ROG, dass auch innerhalb der Teilräume der Bundesrepublik Deutschland ausgeglichene soziale, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben seien. Dem dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet, das in besonderer Weise polyzentrisch strukturiert sei, drohten durch den Ausbau u. a. folgende negative Entwicklungen: soziale Aussonderungsprozesse, immer weitere Pendlerwege, großflächige Verlärmung und Zerschneidung der regionalen Freiräume mit entsprechenden Folgen für den Regionalpark Rhein-Main, Beschneidung des Wachstumspotentials der nicht flughafenbezogenen Dienstleistungen, Störung regionaler Versorgungsstrukturen, Abschöpfung von Kaufkraft zulasten des örtlichen Einzelhandels. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1651

210 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Im Kreis Groß-Gerau zeige sich, dass alle Konflikte, die durch 1 Abs. 2 ROG eigentlich gelöst werden sollten, durch die vorliegende Planung noch verschärft würden. So würden z. B. die natürlichen Lebensgrundlagen nicht geschützt und entwickelt, sondern weiter beeinträchtigt. Die Standortvoraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung würden einseitig für Flughafen affine Wirtschaftszweige verbessert. Es sei auch nicht mehr möglich, die Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung langfristig offen zu halten. Anstelle einer Stärkung der prägenden Vielfalt der Teilräume werde eine flughafengeprägte Monostruktur entlang des Mains entstehen, in der andere hochqualitative Nutzungen nur noch schwer möglich seien. Der Grundsatz einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur sei nicht realisierbar. Es sei eine klare Diversifizierung (arm - reich) feststellbar. Ein weiterer Grundsatz unter 2 Abs. 2 Nr. 11 ROG sei die Vorgabe, dass dort, wo Arbeitsplätze geschaffen würden, auch der voraussichtlich ausgelöste Wohnbedarf berücksichtigt werden solle. Fragen ergäben sich in diesem Zusammenhang mit der in Aussicht gestellten Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. Es sei keine raumordnerische Lösung für die Ansiedlung dieser Menschen mit ihren Familien erkennbar. Es werde auch nicht dargestellt, welche Qualifikation die neuen Arbeitskräfte aufweisen sollten und wie der Bedarf gedeckt werden solle. Die zum großen Teil nicht sehr hoch qualifizierten Arbeitskräfte würden sich im Taunus keine ruhige Wohnung leisten können. Die, die es sich leisten könnten, würden den Pendelverkehr forcieren. Es sei nicht erkennbar, dass bei der Planung des Vorhabens, der Bedarfsanalyse und der Prüfung und Abwägung von Alternativen eine konkrete planerische Auseinandersetzung mit den Leitvorstellungen und Grundsätzen der Raumordnung stattgefunden habe. Die Fraport AG erwidert hierzu i. W. folgendes: Die raumordnerische Verträglichkeit des beantragten Vorhabens sei durch die Landesplanerische Beurteilung meiner Behörde vom bei Einhaltung bestimmter Maßgaben dem Grunde nach festgestellt worden. Die Maßgaben seien teilweise bereits in der vorgelegten technischen Planung umgesetzt worden (siehe hierzu A2, Kap. I.7); teilweise werde sie durch das derzeit laufende LEP-Änderungsverfahren erfolgen. Teilweise bedürften sie auch noch weiterer Umsetzungsschritte, die jedoch erst im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses für das Ausbauvorhaben vorliegen müssten bzw. in diesem selbst ergehen könnten (Änderung von Zielen des RPS 2000). Von einem Widerspruch des Vorhabens zum ROG könne also keine Rede sein. Das Vorhaben werde mit seiner Lage an den bestehenden Haupttrassen und Verknüpfungspunkten der Verkehrsachsen im Zentrum des Ballungsraumes gerade dem Aspekt der Vermeidung von Verkehrsaufwand gerecht. Die bereits bestehende gute Anbindung an das Schienenverkehrsnetz führe zu hohen Verkehrsanteilen des Öffentlichen Verkehrs im Quell-/Zielverkehrsaufkommen des Flughafens. Die Erhaltung und Schaffung eines differenzierten Angebots zukunftsfähiger Arbeitsplätze, das gleichfalls Ziel der Raumordnung sei, sei zwangsläufig mit Pendlerbewegungen verbunden. Die Nutzung bestehender Infrastruktur und die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen am vorhandenen Standort entspreche dem Prinzip der Nachhaltigkeit. Die Fraport AG verweist auch auf die derzeit im Verfahren befindliche Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000, in deren Ergebnis die Ausweisung der Flächen für die Erweiterung der Flughafenanlagen einschließlich einer neuen Landebahn als Vorranggebiete und ihre Freihaltung von konkurrierenden Planungen und Nutzungen als Zielfestlegung stehen solle. Im Rahmen dieser LEP-Änderung würden die raumordnerischen Festlegungen zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main auf der Grundlage einer die Seite 1652 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

211 raumordnerischen Belange umfassenden Abwägung sämtlicher für die Erweiterung in Betracht zu ziehender Alternativen und Varianten neu gefasst Ungeeignetheit des Standorts, Raumunverträglichkeit des Vorhabens Es wird vorgetragen, ein Flughafen, der vorwiegend nicht dem endogenen Bedarf diene, solle agglomerationsfern errichtet und nicht agglomerationsnah erweitert werden. Dies sei raumordnerisch unzureichend betrachtet worden. Die beabsichtigte Ausbauvariante sei als nicht raumverträglich zu erachten und durch entsprechende Maßnahmen nicht raumverträglich zu machen. Die Ausmaße des Vorhabens im Rhein-Main-Ballungsgebiet seien raumordnungsrechtlich nicht vertretbar. Entgegen der im Raumordnungsverfahren von meiner Behörde vertretenen Feststellung wird die Auffassung vertreten, dass schon die jetzige Situation (u. a. Nachtfluglärmbelastung) nicht mehr raumverträglich sei. Die Umweltkapazitäten des Raumes seien erschöpft. Weiterhin wird argumentiert, die Umweltauswirkungen des Vorhabens hätten grundlegende raumordnerische Bedeutung. Die Eingriffe seien in ihrer Schwere und in ihrer Ausgleichbarkeit für den Raum insgesamt zu prüfen und im Grundsatz die Frage zu beantworten, ob raumordnungsrechtlich der Eingriff zulässig und Kompensationsmaßnahmen möglich seien. Diese Gesamtbetrachtung werde für das Ausbauvorhaben nicht hinreichend vorgenommen. Hierzu bedürfe es einer Strategischen Umweltprüfung, einer detaillierten Aufklärung des Ist-Zustandes und einer genauen Bestandsaufnahme der Schutzgüter in einem Raumordnungsverfahren. Der Standort sei ungeeignet, so ein Einwender, da dort wesentliche raumordnerische Ziele wie Lärmminderung, Ressourcen-, Grundwasser- und Naherholungsschutz, Trennungsgebot nicht erreichbar seien. Die Raumunverträglichkeit des Vorhabens begründe sich zudem mit der Wichtigkeit der Wälder für Naherholung und Frischluftzufuhr, darüber hinaus mit dem nicht auflösbaren Widerspruch zu den Zielen des LEP Hessen 2000, des Regionalplans Südhessen 2000 und des Landschaftsrahmenplans Südhessen 2000, die die Errichtung und Erhaltung des Regionalparks RheinMain als wichtigen siedlungsnahen Erholungsbereich vorsähen. Der Regionalparkkorridor zwischen dem Mainufer westlich von Frankfurt und der Wiesbadener Stadtgrenze werde so stark belastet, dass er seine Funktion einbüße. Das Regionalparkkonzept werde entwertet, ohne dass den Bürgern ein adäquater Ausgleich angeboten werden könnte. Im Erörterungstermin ist ergänzend folgendes vorgetragen worden: Die Frage, inwieweit das Wachstum und die Ausdehnung, die die Fraport AG verfolge, mit dem Raum verträglich seien, habe die Fraport AG nie schlüssig und ausreichend beantworten können. Der Ausbau sei, gemessen am Flugreisebedarf der Region, überdimensioniert. Damit diene er nicht dem Wohl der Region. Da der Flughafen Frankfurt Main mittlerweile ein Stadtflughafen sei, lasse sich ein vertretbares Gleichgewicht zwischen Lebensqualität, Ökologie und Ökonomie nicht herstellen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1653

212 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Ein Einwender führt aus, der Flughafenausbau am Standort sei unabhängig von der Verortung der neuen Landebahn aufgrund der zunehmenden Lärmauswirkung weder raumnoch umweltverträglich. Es sei fraglich, ob für das Rhein-Main-Gebiet noch eine nachhaltige Raumentwicklung möglich sei, wenn der Flughafen Frankfurt Main im Sinne der Fraport AG ausgebaut werde. Zu befürchten sei, dass die Rhein-Main-Region, die derzeit schon durch dichte Besiedlung, Verkehrswege aller Art, Ferntransport, Luftschadstoffe, Lärmbelastungen, Waldverlust und anderes vorbelastet sei, einen Ausbau des Flughafens Frankfurt Main nicht mehr verkraften könne. Die ökonomischen Ansprüche an den Raum würden durch dieses Vorhaben ein nicht mehr zu vertretendes Übergewicht erlangen, und die ökologischen Ansprüche an den Raum würden dadurch dauerhaft verdrängt. In Bezug auf die Nachhaltigkeit wird weiter vorgetragen, man müsse auch die Ergebnisse der Christophersen-Gruppe und die Regeln der EU zu den transeuropäischen Netzen berücksichtigen. Die Christophersen-Gruppe befasse sich mit dem Ausbau der Straßen, des Schienennetzes, der Schifffahrtsverbindungen und des Flug- bzw. Luftverkehrs. Dabei werde auch die Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses der Wohnbevölkerung gegen Lärm thematisiert. Die Christophersen-Studie sei die Basis für eine Entscheidung der Europäischen Kommission gewesen. Die bundesrepublikanische Gesetzgebung und die Verordnungsrechtssetzung hätten längst darauf Bezug genommen Die Planfeststellungsunterlage gehe nicht auf diese Thematik ein. Die Fraport AG verweist auch hierzu auf die Landesplanerische Beurteilung vom , in der meine Behörde die Raumverträglichkeit des Vorhabens bei Beachtung bestimmter Maßgaben festgestellt hat sowie auf das laufende LEP-Änderungsverfahren. Im Rahmen dieses Verfahrens sei zu diskutieren, ob das Vorhaben raumverträglich sei o- der nicht, und ob die Region die zusätzliche Belastung, die mit dem Ausbau verbunden sei, vertrage. Die Fraport AG selbst hält das Vorhaben für raumverträglich. Man gehe davon aus, dass bei entsprechender Kompensation die Voraussetzungen gegeben seien. Eine unzulängliche Ermittlung der Grundlagen wird nicht gesehen. Auch die Notwendigkeit der Durchführung einer Plan-UP im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau des Flughafens Frankfurt Main wird vor dem Hintergrund der einschlägigen Vorschriften nicht gesehen. Bei Planfeststellungsentscheidungen handele es sich um projektbezogene Zulassungsentscheidungen, für die das EU-Recht und das Deutsche Recht die projektbezogene UVP vorsehe. Die Plan-UP diene der Ergänzung der projektbezogenen UVP auf der vorgelagerten planerischen Ebene, wenn solche Pläne den Rahmen für nachfolgende Projektentscheidungen setzten. Die Plan-UP diene nicht der Umweltprüfung auf der Ebene projektbezogener Zulassungsentscheidungen. Die Behauptung, die Nachhaltigkeit sei im Falle eines Ausbaus nicht mehr gewährleistet, sei von Einwenderseite nicht im Einzelnen dargelegt worden. Die Fraport AG vertritt die Auffassung, dass die Nachhaltigkeit durch den Ausbau noch gefördert werde. Hinsichtlich der Christophersen-Studie ist die Fraport AG der Auffassung, diese sei nicht zwingendes geltendes Recht, das man hier besonders berücksichtigen müsse. Seite 1654 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

213 Mangelnde Abarbeitung des Themas Raumordnung in den Planfeststellungsunterlagen Es wird eingewandt, die Darstellungen der raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens litten an den Mängeln der einzelnen Gutachten, insbesondere der UVS sowie an der Vernachlässigung zusätzlicher Belastungen in Bestandflächen, der Vernachlässigung qualitativer Gesichtspunkte, der Überschätzung der positiven Beschäftigungs- und Einkommenseffekte, der unzureichenden Berücksichtigung demografischer Effekte, der Unterschätzung sozialer Erosionseffekte in den Nachteilszonen, der Unterschätzung negativer Auswirkungen auf den Grundstücksmarkt in den Belastungszonen, der unzureichenden Berücksichtigung betriebsbedingter negativer Auswirkungen auf bestehende und zu entwickelnde Naherholungsräume, der unzureichenden Analysen der Auswirkungen auf das zentralörtliche Gefüge in der Region, auf Vorteils- und Nachteilszonen in der Region und Imagefaktoren sowie an methodischen Mängeln der bewertenden Zusammenführung der einzelnen Sachgebiete. Den Planfeststellungsunterlagen sei auch nicht zu entnehmen, in welcher Weise sich die Vorhabensplanung mit gesetzlichen und raumplanerischen Optimierungsangeboten nach 2 Abs. 1 ROG auseinandergesetzt habe. Im Planfeststellungsantrag werde im Wesentlichen auf das Raumordnungsverfahren und den Landschaftspflegerischen Begleitplan zurückgegriffen. Es unterbleibe die notwendige Auseinandersetzung mit den Erfordernissen der Raumordnung. Nach dem Ausfall von Ziffer 7.4 des LEP Hessen 2000 und der Nichtigkeit des RPS 2000 hätten die 1 und 2 ROG sowie der LEP Hessen 2000 und eventuell der RROPS 1995 in die Betrachtung mit einbezogen werden müssen. Insofern seien die Planfeststellungsunterlagen unvollständig. Ein Einwender bemängelt, dass die rheinland-pfälzischen Raumordnungs- und Regionalpläne in der Raumverträglichkeitsstudie nicht betrachtet worden seien. Auch das Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz werde von den Auswirkungen der drei betrachteten Varianten gravierend betroffen. Daher wird beantragt, die Raumverträglichkeitsstudie als völlig unzureichend abzulehnen und insbesondere die Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz in die erneut durchzuführende Untersuchung mit einbeziehen zu lassen. Das Planfeststellungsverfahren sei bis zur Vorlage vollständiger Unterlagen abzubrechen und eine erneute Offenlage durchzuführen. Im LEP sowie im Regionalplan Südhessen 2000, so zwei Kommunen, stehe der Mensch im Mittelpunkt einer Schutzpflicht der Raumordnungsplanung. Bei den Planfeststellungsunterlagen komme er als lärmvorbelastetes Individuum vor, das noch mehr Lärm und Schadstoffe hinnehmen solle. Im Erörterungstermin ist ergänzt worden, die Planfeststellungsunterlage enthalte in Bezug auf das Thema Raumordnung keine eigenständigen Überlegungen. In den Planfeststellungsunterlagen werde eine Auseinandersetzung mit dem Gebot der nachhaltigen Raumentwicklung vermisst. Eine Ergänzung sei daher zwingend erforderlich. Vorhabensalternativen außerhalb des Standortes würden ungenügend diskutiert; daher wird gefordert, dies in einer überarbeiteten Planfeststellungsunterlage nachzuholen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Fraport AG bei der Erstellung der Planfeststellungsunterlagen den gesamten Flughafen Frankfurt Main (den bestehenden und den neuen als Einheit), seine Emissionen, seine Beeinträchtigungen und seine Sicherheitsrisiken gewürdigt habe. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1655

214 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Zu der angesprochenen Auseinandersetzung mit den Erfordernissen der Raumordnung weist die Fraport AG auf ihre Antragsbegründung A2, Kap. I.7 hin, nach der die zur Planfeststellung beantragte Landebahn Nordwest raumordnerisch geeignet sei und von der Verankerung derselben im geänderten LEP ausgegangen werden könne. Die hierfür notwendigen Unterlagen habe sie in ihre Planfeststellungsunterlage eingestellt, so dass im Planfeststellungsverfahren die erforderliche Abwägung möglich sei. Weiterhin wird auf die Landesplanerische Beurteilung meiner Behörde sowie das LEP-Änderungsverfahren verwiesen. Von einer Unvollständigkeit der Planfeststellungsunterlage könne keine Rede sein. Dies sei auch von meiner Behörde mit Schreiben vom ausdrücklich bestätigt worden. Im Übrigen geht die Fraport AG davon aus, dass von den derzeit dem Vorhaben noch entgegenstehenden Zielen des RPS 2000 auch im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses abgewichen werden könnte. Der besonderen Schutzverpflichtung gegenüber dem Menschen werde im Rahmen der Planfeststellungsunterlage durchaus in angemessenem Umfang Rechnung getragen. Dies werde u. a. auch zusammenfassend im Rahmen der UVS in den Teilen III und V zu den Schutzgütern "Mensch - Wohn- und Wohnumfeldfunktion" sowie "Mensch - Erholungsund Freizeitfunktion" dargestellt Vereinbarkeit mit dem LEP Hessen Verstoß gegen geltenden LEP Kein Ziel des LEP zur Flughafenerweiterung In zahlreichen Einwendungen und Stellungnahmen wird vorgetragen, es gebe keine landesplanerische bzw. raumordnerische Grundlage für das Vorhaben. Die Landesregierung habe seinerzeit rechtswidrig, ohne Abwägung, im Landesentwicklungsplan Hessen 2000 Ziele zum Flughafenausbau festgelegt. Nach der Entscheidung des VGH vom zur Nichtigkeit vom Ziel 7.4 Abs. 2 Satz 2 des LEP Hessen 2000 fehle es auf der Ebene der Landesplanung an einer belastbaren und rechtskonformen Festlegung zum Ausbau oder zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main. Daher widerspreche das Vorhaben dem LEP. Nach 7 Abs. 2 Nr. 3 HLPG solle der LEP bei Verkehrsinfrastrukturvorhaben dieser Größenordnung Vorgaben enthalten; nach 8 Abs. 6 HLPG sei er der weiteren Entwicklung rechtzeitig anzupassen. Beides sei hier nicht gegeben. Im Erörterungstermin ist hierzu ergänzend folgendes vorgetragen worden: Nach Auffassung eines Einwenders enthält Nummer 7.4 LEP nach dem Urteil des VGH in der Sache nur teilweise Ziele der Raumordnung im Sinne von 3 Nr. 2 ROG. Die ersten beiden Sätze stellten lediglich allgemeine programmatische Aussagen zur Erhaltung und Stärkung des Flughafens Frankfurt Main und zu Gunsten der Ergebnisse des Mediationsverfahrens dar. Entsprechendes gelte für 7.4 LEP Abs. 2 Sätze 1, 3, 4, 5 und 6. Diese verbliebenen Festlegungen des LEP Hessen 2000 erzwängen jedenfalls keinen Ausbau, da sich die dort geforderten Funktionen problemlos auch ohne Flughafenausbau erfüllen ließen. Es handele es sich um bloße Absichtserklärungen, die nicht geeignet seien, irgendwelche Anpassungs- oder Beachtenspflichten der Fraport AG auszulösen. Der bestehende LEP enthalte also kein Ziel bezüglich der Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main, sondern weise lediglich die Entwicklung ohne die Erweiterung aus. Seite 1656 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

215 Wenn vom VGH die gesamte Erweiterungsklausel (7.4) für nichtig erklärt worden sei, so ein Einwender, dann könne dem Rest keine rechtliche Wirkung mehr zukommen. Sie könne auch nicht mehr als Grundsatz der Raumordnung herangezogen werden. Die übrig gebliebene Entwicklungsklausel sei nur die Stützung des Status quo des Flughafens. Hinsichtlich der Entscheidung des Hessischen VGH vom 16. August 2002 verweist die Fraport AG auf die sich im Verfahren befindliche Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen In diesem Verfahren würden die raumordnerischen Festlegungen zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main auf der Grundlage einer die raumordnerischen Belange umfassenden Abwägung sämtlicher für die Erweiterung in Betracht zu ziehender Alternativen und Varianten neu gefasst. Das Vorhaben entspreche den in der LEP-Änderung vorgesehenen Festlegungen. Durch das laufende Verfahren der auf den Flughafenausbau bezogenen Änderung des LEP werde auch der Forderung des HLPG nach vorlaufender Festlegung überregional bedeutsamer Verkehrsinfrastrukturvorhaben im Landesentwicklungsplan entsprochen. Im Übrigen sei mit der Aufhebung der entsprechenden Formulierungen im LEP Hessen 2000 nicht die Erweiterung des Bahnsystems generell in Frage gestellt worden, sondern lediglich die Art und Weise der Festlegung (in Form einer sogenannten planerischen Letztentscheidung ). Nach Auffassung der Fraport AG entspricht der Flughafenausbau den Zielen des LEP Hessen Dieser enthalte noch immer eine den Ausbau betreffende positive Aussage. Die Zielbestimmung 7.4 Abs. 2 des LEP halte fest, dass der Flughafen Frankfurt Main auch künftig den zu erwartenden Entwicklungen gerecht werden und seine Funktion als bedeutende Drehscheibe im internationalen Luftverkehr sowie als wesentliche Infrastruktureinrichtung für die Rhein-Main-Region erfüllen solle. Dieser Teil der Ziffer 7.4 sei vom VGH unbeanstandet geblieben. Man müsse grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass der LEP in Bezug auf den Flughafenausbau eine absolut positive Zielfestlegung brauche, sondern es sei durchaus denkbar, dass die Frage der raumordnerischen Einbindung eines solchen Vorhabens im Rahmen der Abwägung erfolgen könne, solange eine entgegenstehende Zielfestlegung nicht zu erkennen sei. Gemäß der Formulierung des LEP- Änderungsentwurfs gehe man davon aus, dass dieser in Bezug auf den Flughafenausbau eine klare Aussage enthalten werde. Aus Sicht der Fraport AG sind alle notwendigen raumordnerischen Voraussetzungen für die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gegeben Zeitpunkt des Vorliegens der raumordnerischen Grundlagen Anknüpfend an die o. g. Einwendungen wird vorgetragen, eine Entscheidung im Planfeststellungsverfahren könne nicht erfolgen, bevor die Fragen der Raumordnung geklärt seien. Dem hierzu notwendigen Verfahren könne weder die bisherige Landesplanerische Beurteilung noch die Konfigurationsanalyse des Planfeststellungsverfahrens zugrunde gelegt werden. Es müsse ein vollständiger Variantenvergleich losgelöst von dem für nichtig erklärten Ziel im LEP stattfinden. Nach Auffassung eines anderen Einwenders muss die landesplanerische Zielfestlegung rechtlich gesehen zwar erst kurz vor Ende des luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahrens erfolgen. Erst der Planfeststellungsbeschluss müsse sich an die Ziele der Landesplanung, die zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlägen, halten. Von der planerischen Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1657

216 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Konzeption erscheine es jedoch sinnvoll, erst die raumordnerischen Entscheidungen zu treffen, bevor das Planfeststellungsverfahren weitergeführt werde. Nur auf diese Weise könne gewährleistet werden, dass keine unnötigen Verfahrensschritte im Planfeststellungsverfahren durchgeführt würden. Sollte es eine landesplanerische Zielfestlegung zu Gunsten einer anderen Variante geben, wäre dieser Aufwand hinfällig. Im Erörterungstermin ist vorgetragen worden, wegen der fehlenden raumordnungsrechtlichen Grundlagen fehle auch der Fachplanung die Grundlage. Daher sei weder ein Anhörungs- noch ein Einwendungsverfahren über diese Fragen möglich. Die Fraport AG vertritt die Auffassung, es komme auf die Übereinstimmung des Vorhabens mit der Raumordnung zum Zeitpunkt der Planfeststellung an. Die laufende LEP-Änderung müsse daher erst bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorliegen und nicht vorher. Mit der LEP-Änderung werde die Vereinbarkeit des Flughafenausbaus mit den Zielen des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegen. Dann sei in jedem Fall der verwaltungsrechtlichen Anforderung Genüge getan, dass sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Erlasses der Genehmigung vorliegen müssen. Die Schaffung der raumordnungsrechtlichen Grundlagen seien jedoch keinesfalls Voraussetzung für die Einleitung oder das Betreiben eines Planfeststellungsverfahrens. Die Anhörungsbehörde teilt diese Auffassung Weitere entgegen stehende Ziele des LEP Hessen 2000 Es wird eingewendet, das Vorhaben verstoße auch gegen andere, dem Ausbau entgegenstehende Ziele des LEP Hessen 2000 und stehe damit in Widerspruch zum Raumordnungsrecht. So stehe dem Vorhaben die Zielfestlegung LEP Ziffer (Sicherstellung des Schutzes von Natur und Umwelt) entgegen, weiterhin die Zielvorgabe, wonach der Inanspruchnahme regionalplanerisch bereits ausgewiesener Siedlungsbereiche der Vorrang vor der Ausweisung zusätzlicher Siedlungsflächen einzuräumen sei. Es entspreche auch nicht den Zielen des LEP, wertvolle Grünzüge und Bannwald im Ballungsgebiet zu vernichten. Es sei eine für öffentliche Stellen verbindliche Maßgabe des Raumordnungsrechts, solche Grünzüge in ihrer Funktion nicht durch andere Nutzungen zu beeinträchtigen. Die Ausbauplanung stehe auch im Widerspruch zu den Grundsätzen zur Raumstruktur, nach denen eine Verringerung des Verkehrsaufkommens und eine ausreichende Erschließung mit Verkehrssystemen, die der jeweiligen Landschafts- und Siedlungsstruktur angepasst sind, angestrebt werden. Die ausbaubedingt erhöhten Pendlerströme verstärkten dagegen den Individualverkehr unter Beeinträchtigung der Landschaftsstruktur durch Straßenneubauten. Im Erörterungstermin ist hierzu ergänzend folgendes vorgetragen worden: Der LEP Hessen 2000 enthalte Vorschriften, die ein Hindernis für eine Ausbauentscheidung im Rahmen der Planfeststellung darstellten. In Konflikt zu dem Ausbauvorhaben stünden z. B. die Zielfestsetzung in ( Der Schutz der natürlichen Umwelt... ist sicherzustellen ), die Zielfestsetzungen in (Wohnflächen) sowie 4.2 (zentrale Orte). Den im LEP zielförmig als Mittelzentren ausgewiesenen Städten Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main werde es im Seite 1658 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

217 Ausbaufall - entgegen der Forderung in der Begründung zum LEP - nicht mehr möglich sein, einen weiteren Beitrag zur Weiterentwicklung der polyzentralen Siedlungsstruktur zu leisten. Ziffer 5 (Sicherung ökologischer Freiraumfunktionen) enthalte jedenfalls der Form nach zielförmige Vorgaben, mit denen das Vorhaben unvereinbar sei. Ziffer enthalte eine Zielfestsetzung über oberirdische Gewässer, die ebenfalls in Konflikt zum Ausbauvorhaben stehe. Das Vorhaben widerspreche auch den Vorgaben in Ziffer 8.3 Klima, Luftreinhaltung und Lärmschutz des gültigen LEP Hessen Das dort definierte Ziel der Minderung der Emissionsbelastung in der lufthygienisch vorbelasteten Rhein-Main-Region sowie die Umsetzung dieser im Rahmen von Planungen bis hin zum Verbot der Ansiedlung Luft verunreinigender Industriebetriebe werde mit dem Ausbau missachtet. Nicht berücksichtigt werde von der Fraport AG die Festlegung des LEP, nach der bei der Planung von Verkehrswegen eine entsprechend der Kapazität mögliche volle Auslastung der Verkehrswege zu berücksichtigen ist (LEP 8.3, S. 43). Der LEP gebe also die Vorgabe, die volle technische Kapazität zugrunde zu legen. Dem gemäß sei im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für das Vorhaben die volle Kapazität der Flugbewegungen einzustellen. Ebenfalls unberücksichtigt bleibe schließlich Ziel 7.4 ( Die Zusammenarbeit mit dem Flughafen Frankfurt-Hahn ist zu vertiefen ). An dieses Ziel, das auch nach der geplanten Änderung des LEP Bestand habe, sei auch die Fraport AG gebunden. Mit den im Rahmen der Variantenauswahl aufgestellten Kriterien werde aber das Flughafensystem von vornherein ausgeschieden. Die Wahl der Kriterien sei daher falsch und die hierauf basierende Alternativenprüfung mit Ausscheidung externer Alternativen im Flughafensystem unzureichend. Als weitere Festlegungen des LEP Hessen 2000, die dem Vorhaben widersprächen oder nicht beachtet würden, sind genannt worden: die Ziele zum regionalen Grünzug (8.1-14) sowie das Ziel zur Errichtung des Güterverkehrszentrums auf dem ehemaligen Caltex-Gelände, das nach den Plänen der Fraport AG nun nicht mehr realisiert werden solle. Soweit es sich bei den genannten Aussagen auch materiell um Ziele der Raumordnung handele, so wird argumentiert, könnten sich daraus Hindernisse für die Zulassung des Ausbaus ergeben und zwar unabhängig von dem LEP-Änderungsverfahren, das diese Festlegungen nicht betreffe sowie von der geplanten Neuaufstellung des Regionalplans. Über die geltenden Festlegungen des LEP könne sich die Planfeststellungsbehörde nicht hinwegsetzen Änderung des Landesentwicklungsplans Allgemeines, Verfahren In den vor Beginn der Anhörung zum LEP-Änderungsentwurf eingegangenen schriftlichen Einwendungen und Stellungnahmen wird die LEP-Änderung in allgemeiner Form angesprochen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1659

218 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Im Erörterungstermin ist zu diesem Punkt vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich vorliegenden LEP-Änderungsentwurfs umfangreich ergänzend vorgetragen worden. Allgemeine Einwendungen bzw. Forderungen und Kritik betrafen insbesondere folgende Punkte: Der Erörterungstermin sei abzubrechen und das Planfeststellungsverfahren auszusetzen, bis die raumordnerischen Voraussetzungen in Form der LEP-Änderung gegeben seien. Die geplanten Änderungen zum LEP (sowie auch zum Regionalplan Südhessen 2000, s. 19.3), die erst in Zukunft in Kraft treten sollen, seien zwingende Voraussetzung für den Planfeststellungsbeschluss. Da die LEP-Änderung auf Basis der Planfeststellungsunterlagen erfolgen solle, gebe es hinsichtlich der Alternativen eine Vorfestlegung der Landesregierung. Das Land schreibe damit die Landebahn Nordwest fest. Die Landesplanung maße sich eine der Fachplanung überlassene Entscheidung an. Hierzu führt die Stadt Kelsterbach vertiefend aus, die im Änderungsentwurf vorgesehene parzellenscharfe Festlegung des Standorts für die Landebahn im Kelsterbacher Wald sei raumordnungsrechtlich und -fachlich unzulässig. Damit werde der Planfeststellungsbehörde jegliche Alternativenprüfung entzogen, weil sie an die Landebahn Nordwest im Kelsterbacher Wald gebunden sei. Der Sinn der Erörterung und die Antwort auf die Frage, ob die Ziele hinreichend abgewogen seien, stünden in Frage. Mit der Bezugnahme des LEP-Änderungsentwurfs auf die Planfeststellungsunterlagen werde ein Teil des im Planfeststellungsverfahren abzuarbeitenden Programms auf die LEP-Ebene verlagert. Das sei mit dem Raumordnungsgesetz und dem Hessischen Landesplanungsgesetz nicht vereinbar. Wenn es keine raumordnerische Grundlage für das Vorhaben gebe, müsse in der Planfeststellungsunterlage das Entscheidungsmaterial aufbereitet werden. Bei einer parzellenscharfen Festlegung der Landebahn Nordwest als Ziel müsse dieses dem gesetzlichen Abwägungsgebot genügen. Die Anforderungen an das Abwägungsmaterial im Rahmen des LEP seien aber nicht erfüllt. In die Entscheidung zur LEP-Änderung müssten die Erkenntnisse aus dem Planfeststellungsverfahren einfließen. Die Planfeststellung könne die Raumordnung nicht ersetzen, da die Vorgaben der Raumordnung im Planfeststellungsverfahren nicht abgearbeitet worden seien. Zahlreiche Einwender haben gefordert, den LEP-Änderungsentwurf gemäß des Kenntnisstandes im Planfeststellungsverfahren inhaltlich zu erörtern. Der LEP-Entwurf sei auch im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens relevant, weil man keine Vorfestlegung treffen könne, die eine Abwägung ausschließe. Zu berücksichtigen sei, dass ein Planfeststellungsbeschluss im Rahmen einer Klage inzident darauf zu überprüfen sei, ob der künftige LEP Hessen 2000 rechtmäßige Grundlage für den Planfeststellungsbeschluss sei. Für die Einwender müsse es möglich sein, die Rechtmäßigkeit der in Kraft getretenen LEP-Änderung zu überprüfen. Eine Anzahl von Einwendern (Städte und Gemeinden Kelsterbach, Dietzenbach, Mörfelden-Walldorf, Flörsheim am Main, Hattersheim am Main, Hochheim am Main, Hofheim a. Ts., Bischofsheim, Ginsheim-Gustavsburg, der Kreis Groß-Gerau, der BUND sowie die Firma057) hat ihre Stellungnahme zum Entwurf der LEP-Änderung zum Gegenstand der Erörterung bzw. der Einwendung im Planfeststellungsverfahren gemacht. Seite 1660 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

219 Nach Auffassung der Fraport AG genügt es, wenn der geänderte LEP zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vorliegt. Der Abschluss des LEP-Änderungsverfahrens sei nicht Voraussetzung für das Betreiben des Planfeststellungsverfahrens. Auch die Erörterung werde hierdurch nicht rechtswidrig, weil nur über die Planfeststellung erörtert werde, nicht über deren rechtliche Vorfragen. Diese müsse die Planfeststellungsbehörde prüfen. Selbst wenn die LEP-Änderung für die Erörterung von Relevanz wäre was nach Ansicht der Fraport AG nicht der Fall sei könnten Erörterung und Planfeststellungsbeschluss nicht rechtswidrig sein, wenn und soweit die LEP-Änderung später dann in einer Weise erfolge, die die Planfeststellung in ihrer beantragten Form ermögliche. Die Anhörungsbehörde teilt diese Auffassung Inhaltliche und formale Anforderungen sowie Kritik am LEP- Änderungsentwurf In einigen schriftlichen Einwendungen und Stellungnahmen werden inhaltliche Forderungen an den LEP-Änderungsentwurf bzw. das LEP-Aufstellungsverfahren gestellt. Sie werden hier zusammenfassend wiedergegeben. Soweit die vorgetragenen Argumente inhaltlich den Antragsgegenstand des Planfeststellungsverfahrens betreffen, werden sie bei den jeweiligen Fachthemen vertieft behandelt. Nach Auffassung der Anhörungsbehörde ist der Entwurf des Landesentwicklungsplans im Planfeststellungsverfahren nicht inhaltlich, sondern nur im Hinblick auf seine Bedeutung für dieses Verfahren zu thematisieren für den Fall, dass er zustande kommt. Auch seine Bedeutung und Wirkung als Entwurf sind Gegenstand dieses Verfahrens. Eine Anhörung zum LEP-Änderungsentwurf hat im Verfahren zur Aufstellung des LEP stattgefunden; sie kann und braucht im Planfeststellungsverfahren nicht wiederholt zu werden. Einwendungen bzw. Forderungen und Kritik betreffen insbesondere folgende Punkte: Es wird kritisiert, nur die Änderung eines sachlichen Teilbereichs des LEP, wie mit dem Änderungsverfahren vorgesehen, sei nicht angemessen. Wegen der überregionalen Auswirkungen des Projekts müsse die gesamte Landesplanung in Hessen überarbeitet werden. Es wird bezweifelt, dass im LEP-Änderungsverfahren eine umfassende und sachgerechte Variantenprüfung, wie der EU zugesagt, vorgenommen worden sei. Die faktische Bindung durch die konkretisierten Planfeststellungsunterlagen im Änderungsverfahren zum Landesentwicklungsplan bewirke, dass eine ergebnisoffene Alternativenprüfung nicht möglich sei. Es wird gefordert, die landesplanerischen Ziele im Landesentwicklungsplan so zu formulieren, dass Vorhabensalternativen wie Flughafensysteme, Alternativstandorte oder Kooperationen mit anderen deutschen Flughäfen dargestellt würden. Da die Sicherheitsaspekte im Hinblick auf die Störfallanlage Ticona im Raumordnungsverfahren nicht geprüft worden seien, müsse die Alternativenprüfung im Änderungsverfahren zum Landesentwicklungsplan insoweit neu vorgenommen werden. Die Nordwestvariante sei schon deshalb abzulehnen, weil die weiteren Varianten (Nordostvariante und Südvariante) einem solchen Sicherheitsrisiko nicht begegneten. Der Sicherheitsaspekt könne auch nicht abgewogen werden; er stelle vielmehr ein Planungshindernis dar. Da es der Landesregierung noch nicht gelungen sei, dieses Problem über den Landesent- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1661

220 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main wicklungsplan mit den Plänen der Fraport AG abzugleichen, bestünden Zweifel am ordnungsgemäßen Verlauf des Verfahrens. Weiter wird vorgetragen, dass bei der Änderung des LEP insbesondere die Lärmbelastung zu untersuchen und in die Abwägung der raumordnerischen Belange einzustellen sei. Kritisiert wird, dass eine Abwägung privater Belange aller lärmempfindlichen Nutzungen bei der Änderung der raumordnerischen Festlegungen nicht durchgeführt werde. Im LEP-Änderungsverfahren sei auch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen und in die Abwägung mit einzubeziehen. Zum vorliegenden LEP-Änderungsentwurf wird in den dazu abgegebenen Stellungnahmen, soweit sie zum Gegenstand der Einwendung im Planfeststellungsverfahren gemacht worden sind, i. W. folgendes vorgetragen: Die Planungsunterlagen seien unzureichend. Es genüge nicht den Anforderungen an eine ausreichende Ermittlung der Belange, dem Änderungsentwurf die Planfeststellungsunterlagen der Fraport AG zugrunde zu legen. Es sei darauf abzustellen, welche Auswirkungen diese Planung auf die Landes- und Regionalplanung habe. Auch die landesübergreifenden Aspekte der Raumordnung des Bundes seien zu berücksichtigen. Insbesondere fehlten eine eigene Bedarfsermittlung, eine eigene Alternativenprüfung und eigene Arbeitsplatzprognosen. Die von der Fraport AG vorgelegten Planfeststellungsunterlagen seien methodisch nicht haltbar und für die landesplanerische Entscheidung ungeeignet. Auch werde die Notwendigkeit des Ausbaus im Entwurf nicht thematisiert und kein Abgleich mit den Grundsätzen der Raumordnung vorgenommen. Es werde nicht versucht zu ermitteln, wie viel zusätzliche Belastung die Region insgesamt noch vertragen könne. Der Änderungsentwurf stehe in einigen Punkten im Zielkonflikt zum geltenden LEP. In einem Landesentwicklungsplan könne als Ziel der Raumordnung allenfalls festgelegt werden, dass der Flughafen am Standort auszubauen sei. Es dürfe aber keine konkrete Planungsvariante festgelegt werden. Der LEP stelle nicht die richtige Planungsebene zur Abwägung verschiedener Planungsvarianten für konkrete Vorhaben dar, da er nicht die dafür nötige Betrachtungsschärfe aufweise. Mit dem LEP-Änderungsentwurf werde die Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main in einer Genauigkeit geplant, die dem Regionalplan entspreche. Parzellenscharfe Festlegungen für ein Vorranggebiet auf der LEP-Ebene entsprächen aber weder dem ROG noch dem Hessischen Landesplanungsgesetz. Der LEP begebe sich insoweit auf den Detaillierungsgrad der Planfeststellung, ohne diesen bei der Auseinandersetzung mit der Umgebungsnutzung beizubehalten. Der LEP-Änderungsentwurf wälze die Bewältigung erkannter Konflikte teilweise auf die Regionalplanung ab, z. B. durch die Forderung nach Aufstellung eines Siedlungsstrukturund eines Kompensationskonzepts auf der regionalplanerischen Ebene oder nach konkreten Festlegungen zum ÖPNV. Der Konfliktausgleich müsse jedoch auf der Planungsebene geführt werden, auf der die Konflikte produziert werden. Der Varianten- bzw. Alternativenvergleich sei methodisch und inhaltlich nicht nachvollziehbar und im Ergebnis falsch. Er beruhe auf Untersuchungen aus Gutachten und Erhebungen, die unzureichend, unvollständig, fehlerhaft und unwissenschaftlich seien. Darüber hinaus enthalte er massive, aus dem Antragsmaterial des Raumordnungsverfahrens übernommene Ermittlungs- und Bewertungsfehler. Seite 1662 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

221 Der grundlegende Fehler bestehe darin, dass von Flugbewegungen im Jahr bei einem Koordinierungseckwert von 120 Flugbewegungen pro Stunde ausgegangen werde. Entscheidungserheblich sei indes die tatsächliche Kapazität des Flughafens Frankfurt Main im Ausbauzustand. Im LEP-Änderungsentwurf erfolgten keine Aussagen bzw. Problemlösungen in Bezug auf die mit dem Ausbau entstehenden Konflikte mit der Firma057 und der Firma056 in Kelsterbach. Man habe die Nachbarschaft nicht unter langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten betrachtet; allenfalls Ordnungsfragen seien beachtet worden. Der raumordnerische Neuordnungsbedarf im gesamten Flughafenumfeld sei weder auf der Ebene der Raumordnung noch auf der Ebene der Planfeststellung thematisiert worden. Diese Vorgehensweise widerspreche dem Planungsrecht. Wegen dieser Defizite sei der LEP-Änderungsentwurf fachlich und methodisch ungeeignet, die raumordnerischen Konflikte der Flughafenerweiterung zu bewältigen. Im Erörterungstermin ist zu diesem Punkt vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich vorliegenden LEP-Änderungsentwurfs umfangreich vorgetragen worden. Die inhaltlichen Stellungnahmen zum LEP-Änderungsentwurf, soweit sie über das oben gesagte hinausgehen, werden hier zusammengefasst wiedergegeben. Soweit die vorgetragenen Argumente inhaltlich den Antragsgegenstand des Planfeststellungsverfahrens betreffen, werden sie unter den jeweiligen Fachthemen vertieft behandelt. Einwendungen und Forderungen bzw. Kritik betreffen insbesondere die folgenden Themen: Allgemein Für die Festlegung eines Vorranggebiets Flughafenerweiterung, wie im Änderungsentwurf vorgesehen, bestehe kein Bedarf. Das Vorhaben sei durch den Planfeststellungsantrag schon so weit konkretisiert, dass nur noch die Nordwestvariante infrage komme. Auch bestehe durch die öffentliche Auslegung der Planfeststellungsunterlagen im Januar 2005 quasi eine Veränderungssperre. Die dem Vorhaben entgegenstehenden Zielfestsetzungen im Regionalplan Südhessen blieben bestehen; das Vorhaben sei daher unzulässig. Der LEP-Änderungsentwurf löse nicht die schwerwiegenden Mängel des Planfeststellungsantrags, da die raumordnerischen Ziele und Grundsätze nach einer ausgewogenen Raumstruktur und einer dauerhaften Konfliktbewältigung zu Gunsten einer einseitig an den Interessen der Fraport AG orientierten Entwicklung aufgegeben und die Ordnung des Raumes den Bedürfnissen des Flughafens untergeordnet würden. Der LEP-Änderungsentwurf verletze zahlreiche Leitvorstellungen und Grundsätze der Raumordnung. So verlören die Gemeinde Bischofsheim und die Stadt Rüsselsheim erhebliche Siedlungszuwachsflächen, ohne dass der Entwurf diesen Konflikt bewältige. Dies gelte auch für andere Themen. Insgesamt gebe es eine einseitige Bevorzugung des Flughafens, während die Lasten den Kommunen auferlegt würden. Es sei unklar, wo und an welcher Stelle (redaktionell) das Vorranggebiet für die Erweiterung der Flughafenanlagen Aufnahme in den LEP finden solle; ferner, wie dieses in Übereinstimmung mit den Zielfestsetzungen des bestehenden LEP Hessen 2000 gebracht werden solle. Es sei auch nicht geprüft worden, wie diese Teiländerung zu dem bestehenden LEP passe und welche Querverbindungen bestünden. Die Karten des Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1663

222 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main LEP-Änderungsentwurfs erfüllten nicht die an derartige Darstellungen anzulegenden inhaltlichen und formalen Anforderungen Kapazität Es wird gefordert, im LEP wie im Planfeststellungsverfahren die möglichen Flugbewegungen zur Grundlage der Bewertung und der Auswirkungsbetrachtung zu machen. Die Flugbewegungen seien im LEP-Änderungsentwurf nicht verbindlich festgeschrieben, sondern stünden lediglich in der Begründung für die Zielfestlegung. Im Landesentwicklungsplan könne eine dauerhafte Begrenzung nicht festgeschrieben werden. Dies müsse bei der Ausbauentscheidung berücksichtigt werden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum im Änderungsentwurf unter den Planungsvoraussetzungen von maximal 120 Flugbewegungen pro Stunde - sowie maximal Flugbewegungen - ausgegangen werde, während im Raumordnungsverfahren und in den Planfeststellungsunterlagen von mindestens 120 und mindestens die Rede sei Alternativen- und Varianten Es wird ausgeführt, die Konfigurationsanalyse sei keine raumordnerische Standortfindung, sondern eine Betreiberbetrachtung mit der Begründung der Nordwestvariante als Vorzugsvariante. Sie sei ergebnisorientiert mit Blick auf die präferierte Nordwestvariante durchgeführt worden. Daher erfolge hier kein ergebnisoffener Variantenvergleich. Die LEP-Änderung werfe Zweifel an der Behebung der Defizite der raumordnerischen Standortfindung auf. Bei der notwendigen Betrachtung von Alternativen müsse auch berücksichtigt werden, dass die Entwicklung der Kommunen nicht über die Maße eingeschränkt werden dürfe, wenn es nicht zwingend erforderlich sei. Es müsse untersucht werden, ob man nicht im Wege eines Flughafensystems eine Alternative zur Verfügung habe, die den Ausbau ü- berfllüssig mache Flugrouten Es wird gerügt, dass die Flugrouten weder im Änderungsentwurf des LEP enthalten noch im Planfeststellungsverfahren präsentiert worden seien. Wegen ihrer Bedeutung, z. B. im Hinblick auf Siedlungsbeschränkungen und den entsprechenden Ausgleich, müsse im LEP-Änderungsentwurf (oder im Planfeststellungsverfahren) eine Alternativen- und Flugroutenprüfung stattfinden und eine entsprechende Festlegung erfolgen Sicherheit Im LEP-Änderungsverfahren müssten die Bedenken der EU-Kommission in Hinblick auf die Seveso-II-Richtlinie ausgeräumt werden. Es sei fraglich, ob die Sicherheit von Verkehrsanlagen - vor dem Hintergrund der Sicherheitsprobleme wie Vogelschlag, Wirbelschleppen, Ticona - als Grundsatz der Raumordnung ausreichend gewürdigt worden sei. Der LEP-Änderungsentwurf weise erhebliche Defizite bei der Behandlung dieser Thematik in Hinblick auf die Ermittlung, Bewertung und Abwägung der relevanten Tatbestände auf. Man könne nicht in eine Planfeststellung hineingehen, ohne dass diese Probleme in der Raumordnung abgearbeitet worden seien. Seite 1664 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

223 Es wird eingewandt, das Thema Vogelschlag und die Gefahr für die Flugsicherheit seien im LEP-Änderungsentwurf nicht hinreichend behandelt worden. Im Entwurf (Seiten 65 f.) werde zwar ausdrücklich dargestellt, dass mit der Nordwestvariante das höchste Vogelschlag-Risiko von allen Alternativen verbunden sei. Gleichwohl werde diese Gefahr mit Blick auf die Sicherheit des Luftverkehrs gering eingeschätzt Lärm Nach Auffassung eines Einwenders verfolgt der Änderungsentwurf des LEP nicht mehr die Ergebnisse der Mediation. Insbesondere das Nachtflugverbot werde unzureichend abgesichert. Der LEP-Änderungsentwurf setze lediglich die Optimierung und die Erweiterung des Systems als raumordnerisch zu bestimmendes Ziel um. Die wesentlichen Voraussetzungen für den Ausbau, wie das Nachtflugverbot und der Anti-Lärm-Pakt, würden der nachfolgenden Fachplanung zur Disposition gestellt und damit der gerichtlichen Überprüfung überlassen. Dies führe dazu, dass es schließlich nur einen Ausbau, aber kein Nachtflugverbot und keinen aktiven Lärmschutz geben werde. Weder im Landesentwicklungsplan 2000 noch im LEP-Änderungsentwurf sei der passive Schallschutz in irgendeiner Form angedacht worden Naturschutz Nach Meinung mehrerer Einwender ist die Aussage des LEP-Änderungsentwurfs, dass der Kelsterbacher Wald sowieso sterbe und daher nicht mehr schützenswert sei, inakzeptabel Verkehr Es wird bemängelt, der LEP-Änderungsentwurf enthalte weder feste Zeithorizonte hinsichtlich der Straßenausbaumaßnahmen noch Aussagen zur Realisierungswahrscheinlichkeit. Hinsichtlich der Hochgeschwindigkeitsneubaustrecke Rhein/Main-Rhein/Neckar sowie der Regionaltangente West (S-Bahnverkehr) wird von Einwenderseite die Realisierbarkeit bis zum Planungshorizont 2015 angezweifelt. Hinterfragt wird, inwieweit die Auswirkungen des Ausbaus auf den landseitigen Verkehr untersucht worden seien, wenn diese Maßnahmen nicht realisiert werden sollten. Auch weise der LEP-Änderungsentwurf Defizite hinsichtlich der Aussagen zur ÖPNV-Anbindung des südlichen Flughafenbereichs auf Sonstiges Es wird eingewandt, im LEP-Änderungsentwurf fehlten Ausführungen zu den gemeindlichen Bebauungsplänen. Die Raumordnung könne nicht ein Vorhaben zulassen, das die Bauleitplanung in den betroffenen Gemeinden aufhebe. Diesen Konflikt müsse die Raumordnung lösen. Einige Festlegungen des LEP-Änderungsentwurfs würden von der Fraport AG selbst nicht beachtet. Verwiesen wird auf den im Entwurf zur Unterstützung des Flughafensystems Frankfurt Main/Frankfurt-Hahn genannten Ausbau der A 60/A 67. Wegen dieser Zielfestlegung widersprächen die dort in den Planfeststellungsunterlagen vorgesehenen Kompensationsflächen der Planung der Stadt Bischofsheim. Die Fraport AG müsse den Ausbau als sonstiges Erfordernis der Raumordnung berücksichtigen. Der BUND trägt vor, der Landesentwicklungsplan enthalte auch keine Aussagen zu den sozioökonomischen Kosten (einschließlich der Siedlungsbeschränkungskosten). Da dies auch im Planfeststellungsverfahren nicht geklärt werde, bleibe diese Frage offen. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1665

224 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Von vielen Einwendern wird auf eine Anzahl inhaltlicher und methodischer Differenzen zwischen den Unterlagen zum LEP und denen zum ROV hingewiesen. Die Fraport AG erwidert i. W. wie folgt: Hinsichtlich der Forderungen nach Darstellung der Vorhabensalternativen und Verzicht auf einen Ausbau wird auf das laufende LEP-Änderungsverfahren mit den beabsichtigten gegenteiligen Zielfestlegungen verwiesen. Man habe keinen Anlass daran zu zweifeln, dass das LEP-Änderungsverfahren in rechtmäßiger Weise eine ergebnisoffene und vollständige Alternativenprüfung vornehmen werde und dass im Ergebnis dieses Verfahrens die Ausweisung der Flächen für die Erweiterung der Flughafenanlagen einschließlich einer neuen Landebahn als Vorranggebiete und ihre Freihaltung von konkurrierenden Planungen und Nutzungen als Zielfestlegung stehen könne. Der Einwand hinsichtlich der mangelnden Variantenabwägung wegen des bereits vorliegenden Planfeststellungsantrags wird zurückgewiesen. Es entspreche dem Zweck eines Planfeststellungsverfahrens, lediglich die seitens der Vorhabensträgerin präferierte Variante zur Planfeststellung zu beantragen. Daraus lasse sich insbesondere auch deshalb kein Mangel in der Abwägung ableiten, weil im Rahmen der Konfigurationsanalyse ein Variantenvergleich und in der UVS die Auswirkungen des Prognosenullfalls dargestellt würden. Die Auswahl der präferierten Nordwestvariante werde zudem durch das Ergebnis des vorgelagerten Raumordnungsverfahrens mit der Landesplanerischen Beurteilung vom 10. Juni 2002 untermauert. Man gehe davon aus, dass im LEP-Änderungsverfahren auch die Thematik "Ticona" sachgerecht beurteilt werde. Nach Ansicht der Fraport AG ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Flugzeug abstürzt und daraus ein Störfall resultiert, sehr gering. Eine Bewertung des Störfallrisikos und dessen Auswirkungen sei als Gutachten G16.3 in die Planfeststellungsunterlage eingestellt worden. Ergebnis dieser Untersuchung sei, dass sowohl nach britischen als auch nach schweizerischen und niederländischen Orientierungs- und Akzeptanzkriterien für das Gruppen- und das Einzelrisiko durch Störfallanlagen/-betriebe der Betrieb der bestehenden Ticona-Anlagen und der im Planungsfall geplanten Erweiterung der Anlagen sowie der Flughafenbetrieb mit und ohne Landebahn Nordwest vereinbar seien. Soweit einzelne Fragen des LEP-Änderungsverfahrens selbst angesprochen werden, müssen diese nach Auffassung der Fraport AG in dem dortigen Verfahren abgearbeitet werden, so dass insoweit auf dieses Verfahren verwiesen wird. Die Anhörungsbehörde teilt diese Auffassung Plan-Umweltprüfung Es wird vorgetragen, für das LEP-Änderungsverfahren gelte auch die Richtlinie 2001/42/EG mit der entsprechenden Umsetzungsvorschrift des 7 Abs. 5 ROG, nach der bestimmte Pläne und Programme auf ihre Umweltauswirkungen zu prüfen seien. Dies sei im anstehenden Verfahren nicht geschehen. Die Fraport AG habe den Planfeststellungsantrag eingereicht, bevor die raumordnungsrechtliche Grundlage für das Vorhaben gelegt worden sei, was sich aufgrund europarechtlicher Vorgaben verbiete. Auch im Rahmen des Raumordnungsverfahrens und des Planfeststellungsverfahrens hätte eine Plan-Umweltprüfung durchgeführt werden müssen. Seite 1666 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

225 Im Erörterungstermin ist vorgetragen worden, dass für den Landesentwicklungsplan und seine Änderungen noch nicht die neuen Plan-UP-Vorschriften zu gelten hätten. Es gelte vielmehr nach der Übergangsregelung noch das alte Recht. Die Fraport AG ist der Auffassung, bei diesem Verfahren sei eine Plan-Umweltprüfung nicht notwendig, da es sich nicht um ein erstmaliges Aufstellungsverfahren, sondern um ein Planänderungsverfahren handele. Die Anhörungsbehörde weist darauf hin, dass im Rahmen des LEP-Änderungsverfahrens eine Plan-Umweltprüfung durchgeführt worden ist Vereinbarkeit mit dem RPS Kein Ziel des RPS zur Flughafenerweiterung, entgegenstehende Ziele Viele Einwender tragen vor, das Vorhaben widerspreche den Festlegungen des Regionalplans Südhessen. Nach den Entscheidungen des Hessischen VGH vom zum LEP (4 N 455/02) und vom (4 N 406/04) zur Nichtigkeit des RPS 2000 enthalte der Regionalplan kein Ziel zum Ausbau oder zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main. Insbesondere gebe es dort keine Aussage zu einer bestimmten zusätzlichen Landebahn und damit auch nicht zur Landebahn Nordwest. Der Ausbau verstoße gegen die Grundzüge des RPS In diesem Zusammenhang wird auch vorgetragen, dass es wegen der Nichtigkeitserklärung zum Ausbauziel des LEP keine Anpassungspflicht für den Regionalplan mehr gebe. Im anstehenden Verfahren sei daher so vorzugehen, als gebe es keine Zielfestlegung zum Ausbau mit einem Realisierungsauftrag im Landesentwicklungsplan. Die Landesplanerische Beurteilung vom stelle fest, dass Ziele des RPS 2000 dem Vorhaben entgegenstünden. Nur bei Änderung folgender Ziele sei das Vorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung in Einklang zu bringen: Im Bereich der geplanten Landebahn Nordwest und Nordost sowie der variantenunabhängigen Flugbetriebsfläche Süd die Ziele Regionaler Grünzug, Bereich für Grundwassersicherung, Waldbereich, Bestand, Siedlungsbeschränkungsbereich und die Siedlungsbereiche Zuwachs, die innerhalb eines neu festzulegenden Siedlungsbeschränkungsbereichs liegen. Im Bereich der Landebahn Nordwest bedürfe außerdem die Festlegung Industrieund Gewerbebereich, Bestand im Süden von Kelsterbach einer Änderung. Auch müsste die Bannwaldeigenschaft der betroffenen Waldabteilungen aufgehoben werden. Einige Einwender tragen vor, der Planfeststellungsbehörde stehe es nicht zu, die dem Vorhaben entgegen stehenden Ziele der Raumordnung im Rahmen der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses zu überwinden oder ihre Verbindlichkeiten einzuschränken. 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG gebe der Planfeststellungsbehörde die Prüfung auf, ob das Vorhaben den Erfordernissen der Raumordnung entspreche. Mit der Einführung von 6 Abs. 2 Satz 2 LuftVG hätten die Regelungen des 4 Abs. 1 bis 4 ROG über die Bindungswirkung der Erfordernisse der Raumordnung auch im luftrechtlichen Genehmigungsverfahren Geltung. Hiernach seien die Luftfahrtbehörden bei ihrer Entscheidung über die Genehmigung eines Flugplatzes nicht in jeder Hinsicht, sondern nur insoweit gebunden, als die Ziele der Raumordnung nach 6 Abs. 2 Satz 2 LuftVG, 4 Abs. 1 ROG zu beachten seien, die in der Abwägungsentscheidung nicht zu überwinden wären. Der planerische Gestaltungsspielraum der Zulassungsbehörde werde somit eingeschränkt und bilde eine materielle Zulassungsvoraussetzung. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1667

226 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Ohne eine Änderung des Regionalplans sei daher eine Feststellung des Ausbauvorhabens nicht möglich. Im Regionalplan selbst werde ein Änderungsverfahren im Zusammenhang mit dem Raumordnungsverfahren gefordert. Eine Änderung der Ziele des RPS 2000 sei jedoch nicht erfolgt. Auch im Zuge mit der Neugenehmigung des Plans seien diese unverändert geblieben. Es sei auch nicht erkennbar, dass der RPS 2000 bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geändert werde. Die Änderung sei in der dafür zuständigen Regionalversammlung Südhessen noch nicht eingeleitet worden, der Ausgang eines Änderungsverfahrens sei völlig ungewiss. Ein Einwender trägt vor, die Regionalversammlung habe erklärt, keine Änderungen des RPS 2000 vornehmen zu wollen. Meine Behörde hätte daher gemäß 16 Abs. 6 S. 1 HLPG den Ausbau unbefristet untersagen müssen. Die landesplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Realisierung des Vorhabens seien daher nicht gegeben. Damit fehlten auch die Voraussetzungen für die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens. Bevor dieses weiterbetrieben werde, müssten zunächst die landes- und regionalplanerischen Aufgaben bewältigt werden. Mehrere Einwender beantragen, das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main bis zu einer bestandskräftigen Änderung der Ziele des RPS 2000 auszusetzen. Zur Änderung des Regionalplans wird weiter ausgeführt, zunächst müssten die Ziele des Landesentwicklungsplans feststehen, um einen möglichen Anpassungsbedarf des Regionalplans Südhessen 2000 bzw. des regionalen Raumordungsplans 1995 feststellen zu können. Nach Meinung des Landkreises Groß-Gerau ist zur Realisierung der Ausbauplanung eine umfassende Änderung des Regionalplans notwendig, die weit reichende Auswirkungen auf die regionalplanerischen Darstellungen im weiteren Umfeld des Flughafens hätte. Im Erörterungstermin ist ergänzend vorgetragen worden: Mit der Festlegung eines Vorranggebiets für den Flughafenausbau im Rahmen der LEP-Änderung wolle das Land Hessen bezogen auf dieses Gebiet die raumordnerischen Konflikte beseitigen und eine Anpassungspflicht für den Regionalplan auslösen. Das setze jedoch voraus, dass die dem Vorhaben entgegenstehenden Ziele im Regionalplan schon in dem Moment ihre Wirkung verlören, wo der geänderte LEP in Kraft trete. Da jedoch völlig unklar sei, wie sich die LEP-Änderung zu den sonstigen, dem Ausbau möglicherweise entgegenstehenden Zielfestsetzungen und sonstigen planerischen Aussagen im LEP verhalte, sei dieses Vorgehen rechtlich zweifelhaft. Wenn das Planfeststellungsverfahren unter Missachtung der raumordnerischen Voraussetzungen durchgeführt werde, so ein Einwender, dann bilde es mit der Festlegung der Landebahn Nordwest in unzulässiger Weise eine Vorgabe für den neuen LEP und RPS sowie für die Regionalversammlung Südhessen. Die Fraport AG weist darauf hin, dass der mit Urteil des VGH Kassel vom für nichtig erklärte RPS 2000 am durch die Hessische Landesregierung neu genehmigt und mit der Veröffentlichung am im Staatsanzeiger wieder wirksam in Kraft getreten sei. Unabhängig davon bedürfe es für die Genehmigung des beantragten Vorhabens einer Änderung der entgegenstehenden Ziele des RPS 2000 sowie der Ergänzung fehlender Ziele. Insoweit wird auf das LEP-Änderungsverfahren verwiesen, in dessen Ergebnis die Ausweisung der Flächen für die Erweiterung der Flughafenanlagen ein- Seite 1668 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

227 schließlich einer neuen Landebahn als Vorranggebiete als Zielfestlegung stehen solle. Der RPS 2000 sei gemäß 10 Abs. 8 HLPG an diese Festlegung anzupassen. Der angesprochene Konflikt mit dem RPS 2000 werde somit durch die Änderung des LEP Hessen 2000 gelöst werden. Die LEP-Änderung müsse im Übrigen erst zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vorliegen. Man gehe allerdings davon aus, dass von den derzeit dem Vorhaben noch entgegenstehenden Zielen des RPS 2000 auch im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses abgewichen werden könne. Dass eine solche möglicherweise notwendige Abweichungszulassung im Planfeststellungsbeschluss konzentriert werden kann, habe der VGH Kassel in seinen Urteilen zur Errichtung der A380-Werft bestätigt. Aus Sicht der Anhörungsbehörde kann eine Abweichungszulassung für das Vorhaben nicht in Betracht kommen, da die Grundzüge des Regionalplans berührt werden. Eine Erklärung der Regionalversammlung, sie wolle den Regionalplan nicht ändern, ist der Anhörungsbehörde nicht bekannt. Der Antrag, das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main bis zu einer bestandskräftigen Änderung der Ziele des RPS 2000 auszusetzen, ist nicht begründet. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit der Raumordnung muss zum Zeitpunkt der Planfeststellung gegeben sein. Dafür reicht es aus, dass die laufende LEP-Änderung bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorliegt. Dann ist in jedem Fall der verwaltungsrechtlichen Anforderung Genüge getan, dass sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Erlasses der Genehmigung vorliegen müssen. Die Schaffung der raumordnungsrechtlichen Grundlagen sind keinesfalls Voraussetzung für die Einleitung oder das Betreiben eines Planfeststellungsverfahrens Genehmigung/Neugenehmigung des RPS Nach Auffassung zahlreicher Einwender - insbesondere von Städten und Gemeinden ergibt sich die regionalplanerische Unzulässigkeit des Vorhabens auch dadurch, dass der vom VGH für nichtig erklärte RPS 2000 unter Verzicht auf Auflagen von der Landesregierung am erneut genehmigt und von meiner Behörde am im Staatsanzeiger bekannt gemacht worden ist. Die erneute Genehmigung und Bekanntmachung des von der Regionalversammlung am beschlossenen Plans sei nicht wirksam zustande gekommen und formell wie materiell rechtswidrig. Die Gültigkeit des Regionalplans Südhessen sei nach wie vor nicht letzt verbindlich geklärt. Einige Einwender machen geltend, es gebe keinen gültigen Raumordnungsplan. Hierzu werden i. W. folgende Argumente vorgetragen: Angesichts des großen zeitlichen Abstandes seit der Beschlussfassung der Regionalversammlung, dem Charakter der Regionalplanung als mittelfristiger Planung und der gegenüber 1999 veränderten Sachlage hätte vor einer erneuten Genehmigung durch die Landesregierung eine neue Abwägung stattfinden müssen. Nach Auffassung mehrerer Gemeinden hätte die Regionalversammlung als Plangeberin von der Landesregierung dazu angehört werden müssen, ob sie den Inhalt des PRS 2000 entsprechend ihrem Beschluss von Dezember 1999 noch vertrete oder ob sie eine neue Abwägung für erforderlich halte. Die Aussagen des RPS zum Flughafen Frankfurt Main seien nicht mehr aktuell. Da der dort als Voraussetzung für eine planerische Entscheidung genannte Abschluss des Mediations- und des Raumordnungsverfahrens zwischenzeitlich vorliege, habe sich die Ausgangssituation im Jahre 2004 wesentlich verändert. Der Planinhalt sei materiell nicht mehr vertretbar. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1669

228 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Mit der Neugenehmigung des RPS habe die Landesregierung die Beteiligungsrechte der Regionalversammlung verletzt und in deren Kompetenz eingegriffen. Dies sei ein Verstoß gegen die planungsrechtliche Zuständigkeitsordnung; die erforderliche Zurechnungskette sei durchbrochen. Außerdem liege ein Abwägungsausfall vor. Die Stadt Offenbach am Main wendet ein, auch ihre Beteiligungsrechte seien verletzt. Bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Regionalversammlung Südhessen erkennbare Inhalte und in dem Zeitraum zwischen Beschlussfassung und Inkrafttreten sich ergebende Inhalte seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Gegen eine Neugenehmigung des im Jahre 1999 beschlossenen Plans spreche auch die gesetzlich geregelte Überarbeitungsfrist eines Regionalplans. Gemäß HLPG 1994 solle ein Regionalplan nach fünf Jahren neu aufgestellt und geändert werden; damit gehe das Gesetz selbst davon aus, dass der Inhalt eines Regionalplans nicht auf einen nahezu fünf Jahre alten zurückliegenden Planbeschluss gestützt werden könne. Die Stadt Weiterstadt trägt vor, auch nach der erneuten Genehmigung des RPS bleibe es offen, welche konkreten Maßnahmen zu Erhaltung und Stärkung des Flughafens Frankfurt Main auf regionalplanerischer Ebene befürwortet würden. Die Begründung zu Ziffer 7.4, mit der die Planaussagen vorsorgend allen Möglichkeiten einer Weiterentwicklung des Flughafens Raum geben sollten, sei nicht ausreichend. Daher wird ein erneutes Raumordnungsverfahren [gemeint ist wohl ein Planänderungsverfahren] für notwendig gehalten ( 9 Abs. 4 Ziffer 3 HLPG). Weiterhin wird ausgeführt, es hätte mit einer Plan-Umweltprüfung entsprechend der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Plan-UP-Richtlinie die Umweltverträglichkeit des Regionalplans geprüft werden müssen. Das EAG Bau setze die Vorgaben der Plan-UP-Richtlinie für den Bereich des Städtebaurechts in das BauGB, das ROG und das UVPG um. Im Erörterungstermin ist ergänzend hierzu vorgetragen worden: Die Stadt Offenbach am Main argumentiert, dass es angesichts der wechselnden raumordnerischen Grundlagen (Regionalplan von 1995; Regionalplan von 2000, der für nichtig erklärt, dann neu genehmigt und jetzt Gegenstand von Normenkontrollklagen sei, LEP-Änderungsverfahren, Neuaufstellung des Regionalplans) eine Anhörung zum Thema Raumordnungsrecht nicht stattfinden könne. Die Rechtslage von Raumordnungsplänen und Landesentwicklungsplänen, wie sie derzeit existiere, entspreche nicht der zukünftigen Situation. Es gebe keinen wirksamen Regionalplan, der Grundlage für diese Fachplanung oder für die Planfeststellung sein könne. Der inzwischen neu in Kraft getretene Regionalplan sei mit einer Normenkontrollklage vor dem Hessischen VGH angegriffen worden. Die Stadt Darmstadt vertritt die Auffassung, dass die rückwirkende Inkraftsetzung des Regionalplans rechtlich nicht zulässig sei, da in der Zwischenzeit zahllose Abweichungsverfahren stattgefunden hätten. Damit seien diese auch rechtlich festgeschrieben. Somit fehlten weiterhin ein LEP und ein gültiger Regionalplan Südhessen; das Planfeststellungsverfahren dürfe nicht weitergeführt werden. Der Regionalplan sei wenige Tage nach dem Ablauf der Umsetzungsfrist für die Plan-UP- Richtlinie aufgehoben und dann wieder in Kraft gesetzt worden, ohne dass eine weitere Prüfung oder Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt sei. Dies führe zu der Problematik der selfexecuting-wirkung und der Verbindlichkeit für das Verfahren zum Erlass des Regionalplans. Seite 1670 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

229 Die Stadt Flörsheim am Main führt unter Bezugnahme auf das Ziel des Regionalplans aus, sie sei bezüglich ihrer Siedlungserweiterungsflächen zu 100 % vom Siedlungsbeschränkungsbereich betroffen. Mit der nebenbestimmungsfreien Neugenehmigung des Regionalplans im August 2004 seien die zunächst entfallenen Siedlungserweiterungsflächen zum überwiegenden Teil wieder vorhanden. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch das Planungsverfahren für den Flughafenausbau schon weit fortgeschritten gewesen. Das Planungsvorhaben habe sich zur Zeit der Neugenehmigung des Regionalplans bereits auf die Nordwestvariante verfestigt und konkretisiert. Man müsse nun auf die Belange der Stadt Flörsheim am Main im Planfeststellungsverfahren in ganz besonderer Weise Rücksicht nehmen, weil die Hessische Landesregierung selbst zu einem Zeitpunkt, in dem schon klar war, dass die Nordwestvariante verwirklicht werden solle, Bauflächen in geltenden Bauleitplänen von den Restriktionen des Siedlungsbeschränkungsbereichs ausgenommen habe. Daraus folge ein gesteigerter Vertrauensschutz für die Stadt Flörsheim am Main, der hier in diesem Verfahren nicht überwunden werden könne. Die Fraport AG hält dem entgegen, der VGH habe in seiner Entscheidung vom (Az. 4 N 406/04) zwar die Nichtigkeit der ursprünglichen Fassung des RPS 2000 festgestellt. Er habe aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ungeachtet der überprüften, rechtswidrigen Genehmigung jederzeit eine neue, rechtmäßige Genehmigung durch die Landesregierung erfolgen könne, die dann das Planaufstellungsverfahren abschließe und den überprüften RPS 2000 wirksam in Kraft setze. Dies sei mit der Neubekanntmachung am erfolgt. Die Neugenehmigung sei auch formell rechtmäßig. Denn auf eine abermalige Anhörung der Regionalversammlung oder eine Überarbeitung des Plans komme es nicht an, da der genehmigte Plan der ursprünglichen Entscheidung der Regionalversammlung vollinhaltlich entspreche. In Umsetzung der Maßgaben der Landesplanerischen Beurteilung seien sechs Ziele des RPS 2000 zu ändern. Insoweit verweist die Fraport AG auch auf das laufende LEP-Änderungsverfahren. Die Pflicht zur Durchführung einer Plan-UP für die Neugenehmigung des RPS 2000 bestehe - entgegen anders lautenden Einwendungen - nicht. Denn bereits abgeschlossene Aufstellungsverfahren sollen nicht rückwirkend wieder aufgerollt und im Sinne der Plan- UP-Richtlinie behandelt werden. Dies gelte selbst dann, wenn nach Abschluss des Aufstellungsverfahrens noch eine Genehmigung der Landesregierung erforderlich sei. Bei der nun geplanten Änderung des LEP werde jedoch eine Umweltprüfung gemäß 7 ROG durchgeführt. Hierzu wird auch auf das Urteil des VGH Kassel in Sachen A380-Werft vom Bezug genommen (./.Land Hessen). Die Anhörungsbehörde weist auf folgendes hin: Der VGH Kassel hat mehrfach, zuletzt in seiner Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Stadt Darmstadt gegen den RPS 2000 wegen der Festlegung des Siedlungsbeschränkungsbereichs vom 3. November 2005 bestätigt, dass die erneute Genehmigung des im Jahr 1999 beschlossenen RPS 2000 durch die Landesregierung im August 2004 (ohne erneute Beschlussfassung der Regionalversammlung Südhessen) nicht zu beanstanden ist. In dieser Entscheidung hat der VGH auch festgestellt, dass der RPS 2000 nicht gegen die Plan-UP-Richtlinie verstößt, da diese Regelungen, wie auch die entsprechenden Vorschriften des ROG für diesen Plan keine Geltung besitzen. Nach der Überleitungsregel in 23 Abs. 3 ROG finden die neuen Vorschriften über die Plan-UP auf Raumordnungspläne, deren Aufstellung bis zum eingeleitet und bis zum abge- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1671

230 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main schlossen sind, keine Anwendung. Für den RPS 2000, dessen Aufstellung vor dem begonnen hatte und mit der Genehmigung vom sowie der Bekanntmachung vom beendet worden ist, war mithin keine Umweltprüfung erforderlich. Mit Beschluss vom 2. März 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht anlässlich einer Nichtzulassungsbeschwerde der Stadt Darmstadt diese Rechtsauffassung im Ergebnis letztinstanzlich bestätigt RROPS 1995 Einige Einwender machen geltend, da die erneute Genehmigung des RPS 2000 vom formell und materiell rechtswidrig sei, lebe der Regionale Raumordnungsplan Südhessen 1995 wieder auf bzw. sei unverändert in Kraft geblieben. Auch wenn der Regionalplan in diesem Verfahren erneut für unwirksam erklärt werden sollte, gelte der RROP Südhessen 1995 fort. Das Vorhaben verstoße gegen Ziele des Regionalen Raumordnungsplans 1995 und stehe damit im Widerspruch zum Raumordnungsrecht. Nach dem Regionalen Raumordnungsplan 1995 stünden die dortigen Ausführungen zum Flugverkehr in Ziffer 7.4 einem Ausbau des Flughafens Frankfurt Main - über die derzeitigen Grenzen des bestehenden Flughafens hinaus entgegen. Ziel 7.4 zum Luftverkehr lege verbindlich fest, dass der Bau zusätzlicher Start- und Landebahnen, eine Verschiebung des Parallelbahnsystems und eine Nutzung der Startbahn 18 West als Landebahn nicht erfolgen sollten. Eventuelle Kapazitätserweiterungen hätten im Rahmen der heutigen Flughafengrenzen, also innerhalb des Zauns zu erfolgen. Diese Zielfestlegung wirke unmittelbar und sei auch heute noch verbindlich gemäß 9 Abs. 1 HPLG Das Vorhaben der Fraport AG liege außerhalb des Flughafenzauns und sei daher unzulässig. Weiterhin verstoße die geplante Landebahn gegen die verbindlichen Festlegungen des RROPS 1995 zu den regionalen Grünzügen und die Zielfestlegung 11.2 Wald- und Forstwirtschaft sowie Gebiet für den Biotop- und Artenschutz. Es wird weiter vorgetragen, wegen der Weitergeltung des RROPS 1995 lägen die speziellen Abweichungsvoraussetzungen des RPS 2000, insbesondere bei den Regionalen Grünzügen, und die grundsätzlich angenommene Möglichkeit der Bannwaldaufhebung aufgrund der Gründe des Allgemeinwohls nicht vor. Nach Auffassung der Fraport AG ist der RPS 2000 am durch die Landesregierung rechtmäßig erneut genehmigt und wirksam in Kraft gesetzt worden. Dass dies erneut mit Erfolg angefochten wird, erscheine wenig wahrscheinlich und wäre letztlich aufgrund der Anpassungspflicht gemäß 10 Abs. 8 HLPG an eine höherrangige Zielfestlegung im LEP, die derzeit von der obersten Landesplanungsbehörde betrieben werde, auch irrelevant. Infolge der wirksamen Inkraftsetzung des RPS 2000 bestehe keine Geltung des früheren RROPS Im Übrigen lägen die Gründe für die Aufhebung der Bannwaldeigenschaft sowie der Inanspruchnahme von Flächen des Regionalen Grünzuges aus ihrer Sicht vor. Hierzu wird auf die Antragsbegründung A2, Kapitel I.7 und I.8 verwiesen. Ich verweise auf meine Anmerkung zum Kapitel Verstoß gegen weitere Festlegungen des RPS Es wird vorgetragen, neben dem genannten Zielen stünden dem Vorhaben auch weitere Festlegungen des Regionalplans Südhessen 2000 entgegen. Seite 1672 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

231 So bestünden Konflikte zum RPS 2000 auch hinsichtlich der Entwässerungsplanung, den Zielen des Waldes, der Freiraumsicherung und -entwicklung (u. a. Erhaltungsziele, Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, Funktionen der naturräumlichen Einheiten), den Tierlebensräumen, dem Schutzgut Landschaft und den Wechselwirkungen zwischen verschiedenen beeinträchtigten Schutzgütern. Es entspreche, so ein Einwender, nicht den Zielen des Regionalplans, wertvolle Grünzüge und Bannwald im Ballungsgebiet zu vernichten. Es sei eine für öffentliche Stellen verbindliche Maßgabe des Raumordnungsrechts, solche Grünzüge gemäß 6 des Hessischen Landesplanungsgesetzes in ihrer Funktion nicht durch andere Nutzungen zu beeinträchtigen. Die geplanten umfangreichen Eingriffe durch das Vorhaben stünden den Funktionen der Regionalen Grünzüge, insbesondere in den Bereichen für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft, speziell den wertvollen Biotopen, entgegen. Auch die klimatischen Verhältnisse - als weiteres Ziel der Raumordnung - würden nachhaltig verschlechtert. Die Klimafunktion der regionalen Grünzüge, so zwei Kommunen in diesem Zusammenhang, würden im Planfeststellungsverfahren nicht hinreichend aufgeklärt. Bei den durch Rodung und Verlärmung betroffenen Waldflächen handele es sich um Bereiche, die eine besondere Bedeutung für die landschaftsgebundene Erholung aufwiesen und daher gemäß Kapitel 3.6 des Regionalplans zu sichern und von entgegenstehenden Nutzungen freizuhalten seien. Dies begründe die fehlende Eignung des geplanten Standorts für die Flughafenerweiterung. Es wird darauf hingewiesen, dass die im Regionalplan dargestellten Flächen für Waldbereiche als solche erhalten bleiben sollten und die Walderhaltung Vorrang vor konkurrierenden Nutzungen habe. Dieses Ziel, neben weiteren Nutzungs- und Schutzfunktionen, sei im Verfahren hinreichend zu gewichten. Es wird vorgetragen, dass durch den Flughafen und andere Verkehrsbaumaßnahmen bereits etwa drei Viertel des ursprünglich vorhandenen und z. T. sehr hochwertigen Waldes südlich von Kelsterbach vernichtet worden seien. Es handele sich um ein Gebiet mit erheblichen Waldverlusten in den letzten Jahrzehnten, in dem nach Ziffer Regionalplan Südhessen eine Waldinanspruchnahme unterbleiben solle. Nach Ziffer des Regionalplans sollten Waldzerschneidungen in den Kreisen Offenbach und Groß-Gerau unterbleiben. Insbesondere wegen der den Zielen zum Lärm- und Naturschutz des Regionalplans entgegenstehenden Varianten stimme die Planung des Flughafenausbaus nach Meinung mehrerer Einwender nicht mit den Erfordernissen der Raumordnung überein. Weiter wird vorgetragen, dass gemäß RPS 2000 der Regionalpark RheinMain weiterzuentwickeln sei. So solle u. a. durch Schaffung attraktiver Wegeverbindungen und eines integrierten Radwegekonzepts eine Attraktivitätssteigerung erzielt werden. Nach den Gutachten G1, Teil III werde jedoch belegt, dass diese Vorgaben nicht eingehalten würden, da Naherholungsräume durch flugbetriebsbedingte Geräusche beeinträchtigt würden und umfangreiche hochwertige und geschützte Biotopkomplexe verloren gingen. Die Rechtmäßigkeit des Ausbaus und des Planfeststellungsverfahrens würden daher infrage gestellt. Hinsichtlich der Radverkehrsroute gebe es keine Attraktivitätssteigerung, da die bestehende Route laut Plan G über die Trasse der neuen Landebahn umgeleitet werden solle. Es wird befürchtet, dass die zurzeit bestehende Verbindung nicht mehr existieren werde. Es wird eingewendet, dass die internationale Anbindung des Flughafens Frankfurt Main auch ohne einen Ausbau im Kelsterbacher Wald zu realisieren sei und dieses Planungsziel Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1673

232 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main laut Regionalplan in der Reihung erst später genannt werde. Zudem sei das Planungsziel der Reduzierung verkehrsbedingter Emissionen durch das Vorhaben in Frage gestellt. Der Kreis Groß-Gerau führt aus, durch den Flughafenausbau werde das in den vergangenen Jahren durchgängig ausgeschilderte Radroutennetz beeinträchtigt. So werde die Radroute 25 in Richtung Frankfurt am Main abgeschnitten. Der Flughafenausbau widerspreche somit dem Ziel des Regionalplans, ein dichtes, funktionsfähiges und sicheres inner- und zwischenörtliches Radwegenetz, das neben dem Kraftfahrzeugverkehr gleichberechtigt sei, aufzubauen (RPS 2000, S. 46, Ziel 7.3-1). Die Ausweisung des gesamten nicht bebauten Bereichs des Untersuchungsraumes im Regionalplan Südhessen als Bereich für die Grundwassersicherung habe keine ausreichende Berücksichtigung gefunden. Es wird beantragt, dass dieser Aspekt in die weiteren Prüfungen einbezogen und die erforderliche Konsequenz gezogen werden. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass unter Verweis auf das Raumordnungsverfahren im RPS 2000 ausgewiesene Bereiche für die Landwirtschaft möglichst nicht für forstrechtliche Kompensationsmaßnahmen in Anspruch genommen werden sollen. Die Stadt Darmstadt trägt vor, dass ein Verstoß gegen die im Regionalplan getroffenen Regelungen zur Ausweisung von Oberzentren vorliege. Ausgewiesene oberzentrale Städte und ihre oberzentralen Funktionen seien hiernach auszubauen, Unternehmen zu erhalten und zu fördern und auch Standortbedingungen für das produzierende Gewerbe zu verbessern. Diesen Zielen stünde das Ausbauvorhaben mit einer extremen Lärmzusatzbelastung entgegen. Es wird die Forderung erhoben, dass die über die Eigenentwicklung hinausgehende Siedlungstätigkeit Darmstadts zu fördern und Standortbedingungen für das produzierende Gewerbe zu sichern seien. Die mit dem Vorhaben beabsichtigten großflächigen Einzelhandelsvorhaben widersprächen den Zielen der Raumordnung. Es liege ein Verstoß gegen das Beeinträchtigungsverbot des LEP vor, wonach solche Vorhaben nach Art, Lage und Größe die Funktionsfähigkeit von benachbarten zentralen Orten und ihrer bereits integrierten Geschäftszentren/Versorgungskerne nicht wesentlich beeinträchtigen dürften. In diesem Zusammenhang führt die Stadt Offenbach am Main aus, die indirekten negativen Auswirkungen des Vorhabens auf ihre Funktion als Oberzentrum könnten nicht akzeptiert werden. Eine solche Entwicklung stehe im Widerspruch zum Regionalplan. Wie die Airport City Frankfurt Rhein Main mit der VO über den Ladenschluss auf dem Flughafen Frankfurt Main vom oder mit den Regelungen zur notwendigen regionalplanerischen Abstimmung von Einzelhandelsflächen zusammengehen solle, mit notwendiger - ebenfalls der interkommunalen Abstimmung zuzuführenden - vorbereitender Bauleitplanung, bleibe ungeklärt. Hier würden offensichtlich andere Maßstäbe als bei den Kommunen angelegt (Regelvermutung der Auswirkungen auf die Ziele von Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung - 11 BauNVO), die sich ab m² Geschossfläche außerhalb von Kerngebieten mit Abweichungsverfahren vom Regionalplan auseinander zu setzen haben. Solche Verfahren seien bislang unterlassen worden. Die Kreisstadt Dietzenbach ist der Auffassung, durch das Vorhaben mit den sich daraus ergebenden Folgen der nicht zu bewältigenden Verkehrsmengen könne sie weder ihre durch die Regionalplanung zugedachte Aufgabe als Mittelzentrum noch ihre Funktion als Mittelpunkt des Kreises Offenbach und Sitz des Kreishauses erfüllen. Ihre Funktion als Standort für gehobene Einrichtungen von Kultur und Administration sei nicht gesichert, Seite 1674 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

233 sodass gefordert wird, für kritische Knotenpunkte Aussagen zur künftigen flughafeninduzierten Leistungsfähigkeit vorzulegen und bei Engpässen Abhilfen vorzusehen. Es wird vorgetragen, dass sowohl im LEP als auch im Regionalplan Südhessen der Grundsatz verankert sei, das produzierende Gewerbe im Bestand zu sichern und zu stärken. Laut Seite 37 des Gutachtens G19.2 werde es zu deutlichen Verlusten in diesem Bereich kommen. Folglich widerspreche der Ausbau den Grundsätzen und Zielen der Landesentwicklungs- und Regionalplanung. Als weitere regionalplanerische Ziele, die einer fachplanerischen Genehmigung des Vorhabens entgegenstünden, werden genannt: fehlende Berücksichtigung des Schutzes bestehender Siedlungsbereiche durch passiven Lärmschutz und entgegen stehende Flächennutzungen im Regionalplan und Flächennutzungsplan des UVF/PVF. Im Erörterungstermin ist darüber hinaus vorgetragen worden: Entgegen der Zielvorgaben des Regionalplans Südhessen 2000 bewirke der Ausbau des Flughafens Frankfurt Main ein gesteigertes Verkehrsaufkommen in der Region. Die Erhöhung des Fluglärms führe zudem zu Erschwernissen bei der Förderung der Freizeitattraktivität der Region. Die Stadt Offenbach am Main trägt vor, im Rhein-Main-Gebiet sei die polyzentrische Struktur des Raumes in den verschiedenen Generationen der Regionalpläne, aber auch im Landesentwicklungsplan betont worden. Sie sei als ein Charakteristikum dieses Raumes dargestellt worden, die es weiter zu pflegen und zu entwickeln gelte. Wie bereits im Rahmen des Raumordnungsverfahrens kritisiert, sei die Nutzungsdarstellung vieler geplanter Einzelhandelsflächen (mit unterschiedlicher Offenkundigkeit) sowie insbesondere ihrer Flughafenabhängigkeit nicht in nachvollziehbarer Form erfolgt. Es wird die Austrocknung der traditionellen europäischen Stadtstruktur befürchtet. Im Falle einer Realisierung des Ausbaus, so die Stadt Darmstadt, würden für ihr gesamtes nördliches Entwicklungsgebiet keine Wohnbauflächen mehr ausgewiesen werden können. Dies wären 80 % aller Wohnbauentwicklungsgebiete der Stadt. Aufgrund des Wachstums der Darmstädter Bevölkerung würden jährlich ca neue Wohnungen gebraucht. Das Vorhaben würde zudem keine polyzentralen Strukturen unterstützen, sondern führe zu einer monozentrischen Struktur der Region. Es wird ausgeführt, der RPS 2000 enthalte unter Punkt 7.1 und 7.2 den Vorrang der Schiene vor dem weiteren MIV sowie vor dem Straßenverkehr und eine Entlastung des Straßenverkehrs zu Gunsten des ÖPNV als Ziel. Obwohl die Fraport AG an diese Ziele gebunden sei, würden sie in den Planfeststellungsunterlagen nicht beachtet. Um die erforderliche Qualität der ÖPNV-Bedienung im Ausbaufall zu gewährleisten, sei gemäß der Landesplanerischen Beurteilung anzustreben, dass die vorgeschlagenen kapazitätserhöhenden betrieblichen Maßnahmen von den zuständigen Verkehrsträgern realisiert werden könnten. Demnach sei zu erwarten, dass die Fraport AG in den Planfeststellungsunterlagen zumindest grob aufarbeite, wie hoch die Kosten seien und wer diese trage. Wegen dieser Defizite sei diese Planung nicht genehmigungsfähig. Zu beachten sei hier 4 Abs. 3 sowie 4 Abs. 1 Satz 2 HLPG. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass die Fraport AG mit einer attraktiven Gestaltung der Stellplätze für die Beschäftigten keinen Anreiz für den ÖPNV schaffe. Hinsichtlich der Schichtarbeiter sei deren Anteil nicht erkennbar und damit auch nicht deren Stellplatzbedarf. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1675

234 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Das im Regionalplan Südhessen als Ziel festgelegte Güterverkehrszentrum Mönchhof werde nicht in die Abwägung einbezogen. Ein solches Güterverkehrszentrum sei jedoch mit der Landebahn Nordwest nicht vereinbar. Es wird ausgeführt, laut der Stellungnahme meiner Behörde widerspreche die Zunahme der Schadstoffemissionen, die bei einem Ausbau zu erwarten seien, dem hierzu im Regionalplan enthaltenen Grundsatz. Die Fraport AG verweist bezüglich der dem Vorhaben entgegenstehenden Festlegungen des RPS grundsätzlich auf das laufende LEP-Änderungsverfahren, an dessen Festlegungen im Ergebnis auch der RPS anzupassen sei. Die angesprochenen Konflikte mit dem RPS 2000 würden durch die Änderung des LEP Hessen 2000 gelöst werden. Im Übrigen gehe man davon aus, dass von den derzeit dem Vorhaben noch entgegenstehenden Zielen des RPS 2000 auch im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses abgewichen werden könne. Außerdem habe die Landesplanerische Beurteilung meiner Behörde vom die Verträglichkeit des beantragten Vorhabens mit den Grundsätzen der Raumordnung bestätigt. Die dort formulierten Maßgaben seien zum Teil bereits umgesetzt worden. Zu in den Einwendungen und Stellungnahmen angesprochenen Einzelaspekten wird im Übrigen wie folgt erwidert: Zu den, den Eingriff in den Bannwald und den Wald betreffenden Einwendungen, wird argumentiert, der Flughafenausbau sei in erster Linie durch den in der Luftverkehrsprognose (G8) prognostizierten steigenden Bedarf veranlasst. Dieser Bedarf sei ohne den beantragten Ausbau nicht zu bewältigen. Der Flughafen als öffentliche Infrastruktureinrichtung der Allgemeinheit müsse die zur sicheren Abwicklung des prognostizierten Verkehrs notwendige Infrastruktur jedoch zur Verfügung stellen. Hieraus ergäben sich die überwiegenden Gründe des Gemeinwohls, die die Aufhebung der Bannwaldeigenschaft und dauerhafte Waldumwandlungen erforderten. Die Voraussetzung für die Aufhebung der Bannwaldeigenschaft gemäß 22 Abs. 2 Satz 3 HForstG liege also vor. Hierzu wird auf die Ausführungen in der Antragsbegründung A2, Kapitel I.8 verwiesen. Darüber hinaus sei in A2, Kapitel I.1und I.2 die Planrechtfertigung dargelegt und im Planteil B4.2 auch die Flächenbegründung vorgenommen worden. Die Auswirkungen auf die landschaftsgebundene Erholung würden umfassend in der UVS dargestellt. Die dauerhaften Waldumwandlungen seien auf ein Mindestmaß reduziert worden, und nicht vermeidbare Eingriffe würden durch flächengleiche Ersatzaufforstungen gemäß 22 Abs. 5 HForstG vollständig kompensiert. Bei den angesprochenen Grünzügen handele es sich um Teilflächen des LSG Grüngürtel und Grünzüge in der Stadt Frankfurt am Main. Auch wenn räumlich umgrenzte und isolierte Teilflächen vollständig in Anspruch genommen werden sollten, führe dies in rechtlicher Hinsicht nicht zum Erfordernis einer Aufhebungsverordnung für die LSG- Schutzgebietsverordnung. Maßgeblich im Sinne der Rechtsprechung sei das gesamte LSG im Sinne der Verordnung, auch wenn dies aus verschiedenen Teilgebieten bestehe. Erst wenn das Schutzgebiet insgesamt oder überwiegend betroffen wäre, sei eine Aufhebungsverordnung erforderlich. Hier werde der geltenden Rechtslage durch die Beantragung der Befreiungen von den Verboten des 13 Abs. 2 HENatG Genüge getan (siehe A1, Kap. I.9.3). Die Auswirkungen auf das LSG seien im Übrigen in der UVS in Teil III.12, S. 110 ff. sowie in Teil V, S. 194 ff. dargestellt. Die verloren gehenden Teilflächen lägen in der äußersten Peripherie des LSG und seien relativ klein. Daher hätten sie für das LSG und seine Schutzziele keine tragende Bedeutung. Darüber hinaus würden alle Beeinträchtigungen Regionaler Grünzüge kompensiert werden. Insbesondere wird auf die Ersatzauf- Seite 1676 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

235 forstungen verwiesen. Die Funktion der verbleibenden LSG-Flächen werde durch den Verlust nicht beeinträchtigt. Dem den Regionalpark RheinMain betreffenden Einwand wird entgegengehalten, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Erholungsfunktion würden in der UVS (G1) ausführlich behandelt. Für das Schutzgut Menschen Erholungs- und Freizeitfunktion seien die Verringerung der Erholungsqualität und die Veränderung der Erholungsnutzungsmuster der beschriebenen und bewerteten Erholungsräume als erhebliche Umweltauswirkungen im Sinne des UVPG eingestuft worden. Ein Konfliktschwerpunkt liege in dem Erholungsraum 3 XVI (Kelsterbacher Wald, Plan G1.III.2.2) vor, da es hier durch die Realisierung des Flughafenausbaus zu einem nahezu vollständigen Verlust dieses Erholungsraumes durch anlagen- und baubedingte Flächeninanspruchnahme (191,62 ha) und Verinselung (251,44 ha) sowie zu einem Verlust der Nutzungsmuster waldgeprägter Erholung und somit zu einer Veränderung der Erholungsqualität komme (G1, Teil V, Kap , S. 76). Durch die geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien gemäß 6 a Abs. 3 und 6 b Abs. 4 HENatG die erheblichen Beeinträchtigungen der Erholungs- und Freizeitfunktion, weitgehend funktional gleichartig und insgesamt gleichwertig kompensierbar (S. 204). Die nicht durch Flächeninanspruchnahme betroffenen, aber als erheblich belastet eingestuften Erholungsräume behielten weiterhin ihre Funktion, wenn auch eingeschränkt. Gemäß den Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung der Auswirkungen auf die Erholungs- und Freizeitfunktion sollten die beeinträchtigten Wegeverbindungen wiederhergestellt werden (G1, Teil III, Kap , S. 211). Die angesprochene Radroute werde nicht anlagenbedingt unterbrochen, sondern im Bereich der Landebahn Nordwest als kombinierter straßenbegleitender Fuß-/Radweg im Tunnelbauwerk weitergeführt. Zudem sei die Landebahn Nordwest umfahrbar. Zu den Einwänden bez. der Inanspruchnahme von Bereichen für die Grundwassersicherung wird auf das Gutachten G5 verwiesen, in dem die potentiellen qualitativen und quantitativen Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf das Grundwasser untersucht worden seien. Gemäß Gutachten G5 seien unter Berücksichtigung der im Kapitel 7 und 9 beschriebenen Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Verminderung von Auswirkungen keine relevanten Auswirkungen auf das Grundwasser zu erwarten. Der Hinweis bez. der Bereiche für Landwirtschaft sei in der Kompensationsplanung berücksichtigt worden. Die Abstimmung mit der Agrarverwaltung und den Vertretern des Berufsstandes Landwirtschaft sei in langen und zahlreichen Gesprächsrunden (meist auf Kreisebene) erfolgt. Hierbei seien die noch im Auswahlprozess verbliebenen Flächen hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit bzw. Entbehrlichkeit für die Landwirtschaft beurteilt worden. Als abschließendes Ergebnis verbliebe ein Flächenpool von rund 560 ha, wovon bereits rund 20 ha des Hofs Schönau als Kompensation für die A380-Werft eingesetzt worden seien (G1, Teil IV, S. 50). Zum den großflächigen Einzelhandel betreffenden Einwand der Stadt Offenbach am Main vertritt die Fraport AG die Auffassung, die BauNVO sei auf das zur Planfeststellung beantragte Ausbauvorhaben nicht direkt anwendbar (siehe Planteil B4.1, Kap. 2). Hinsichtlich der Verkehrserschließung wird angemerkt, die Fraport AG habe den Nachweis erbracht, dass der Flughafen in seiner ausgebauten Form hinreichend erschlossen sei, auch was den öffentlichen Personennahverkehr angehe. Man halte den durchschnittlichen ÖPNV-Anteil in Höhe von 25 % für relativ hoch. Zu berücksichtigen sei, dass die Fraport AG einen hohen Anteil an Schichtarbeitern habe, die auf den Pkw angewiesen seien, Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1677

236 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main da der ÖPNV für sie keine erwägenswerte Alternative zum Individualverkehr darstelle. Gegen den ÖPNV sprächen auch die recht hohen Fahrkartenpreise. Ein 40%-iger Anteil der Fluggäste, die den ÖPNV nutzten, sei absolut akzeptabel. Im Übrigen vertrete man die Ansicht, dass die im LEP Hessen 2000 als auch im Regionalplan Südhessen 2000 genannten Aufgaben, Zielvorstellungen und Grundsätze sicher nicht an einen Vorhabensträger gerichtet seien, der ein Vorhaben plane, das zu erschließen sei, sondern ganz generell an die jeweiligen Verkehrsträger. In Bezug auf das Güterverteilzentrum gehe man nicht davon aus, dass die Landebahn Nordwest einer etwaigen Realisierung des Güterverteilzentrums grundsätzlich entgegenstehe. Der Sinn dieses Ziels, auch wenn es noch im LEP enthalten sei, müsse jedoch nach 15 Jahren Nicht-Realisierung hinterfragt werden Waldzuwachsbereiche Es wird vorgetragen, einige der in den Planfeststellungsunterlagen vorgesehenen Ersatzaufforstungsflächen stimmten nicht mit den im Regionalplan Südhessen festgelegten Waldzuwachsbereichen überein. Die Gemeinde Riedstadt wendet ein, die vorgesehenen Ersatzaufforstungsmaßnahmen GG 100 im Bereich von Crumstadt, Hof Wasserbiblos, entsprächen nicht den Vorgaben der Regionalplanung. Gegen die geplanten Aufforstungen in Steinau an der Straße und Ronneburg äußert der Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises regionalplanerische Bedenken, da die Flächen nicht als Wald-Zuwachsflächen im Regionalplan ausgewiesen seien. Der Regionalplan stelle die Fläche in Steinau an der Straße als Regionalen Grünzug, die Fläche in Ronneburg teilweise als Bereiche für besondere Klimafunktionen und Bereiche für Landschaftsnutzung und -pflege dar. Das Dezernat III 31.3 meiner Behörde weist darauf hin, dass folgende in den Planfeststellungsunterlagen (B9, S. 45) vorgesehene Ersatzaufforstungsmaßnahmen im Regionalplan Südhessen 2000 nicht als Waldbereich Zuwachs ausgewiesen sind: GG 7 Langenau/Nonnenau: die vorgesehene Fläche (44,5 ha) ist im RPS vollständig als Bereich für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft und Bereich für den Schutz oberirdischer Gewässer Bestand sowie mit ca. 37 ha als Regionaler Grünzug dargestellt. GG 100 Wasserbiblos: die vorgesehene Fläche (~ 31,5 ha) ist im RPS vollständig als Regionaler Grünzug ausgewiesen. 27 ha sind zudem als Bereich für die Grundwassersicherung, 23 ha als Bereich für den Schutz oberirdischer Gewässer Planung und 25 ha als oberflächennaher Lagerstätten ausgewiesen. GG 301 Kelsterbach: die vorgesehene Fläche (~ 12 ha) ist im RPS vollständig als Regionaler Grünzug dargestellt. GG 309, 310, 311, 312, 313, 314 Bischofsheim: die vorgesehenen Flächen (~ 36 ha) ist im RPS fast vollständig als Bereich für Landwirtschaft dargestellt. GG 322 Rockenwörth/Rauchenau: die vorgesehene Fläche (~ 39 ha) ist im RPS vollständig als Regionaler Grünzug, Bereich für den Schutz oberirdischer Gewässer Bestand und Bereich für Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft dargestellt. Etwa 7,5 ha sind zudem als NSG Planung ausgewiesen. HU 38 Ronneburg: die vorgesehene Fläche (~ 7 ha) ist im RPS mit 3,1 ha als Bereich für besondere Klimafunktionen und mit etwa 4 ha als Bereich für Landschaftsnutzung und pflege ausgewiesen. Seite 1678 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

237 HU 40 Domäne Hundsrück: die vorgesehene Fläche (~ 67 ha) ist im RPS mit 58 ha als Regionaler Grünzug, mit 10,4 ha als Bereich für den Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft und mit 3 ha als Bereich für den Schutz oberirdischer Gewässer Planung dargestellt. Die vorgesehenen Flächen F 14 Nieder-Erlenbach-Süd, F 15 Nieder-Erlenbach-Nord, GG 15 Kornsand-Nord und OF 42 Dudenhofen entsprächen den Zielen des RPS Von den 307 ha vorgesehenen Ersatzaufforstungsflächen der Planfeststellung entsprächen insgesamt circa 237 ha (bzw. 7 Flächen) nicht den Zielen des RPS Die Grundzüge des Regionalplans seien dabei nicht berührt. Im RPS seien insgesamt etwa ha Waldbereich Zuwachs ausgewiesen. Die o. g. Planungen stellten lediglich eine Erweiterung der Planungskategorie um etwa 3,5 % dar und beanspruchten ca. 0,03 % der Regionsfläche. Erhebliche negative Auswirkungen seien nicht zu erwarten. Die Fraport AG erwidert, der Einwand der Gemeinde Riedstadt sei mittlerweile überholt. Es habe am ein weitergehendes Gespräch mit der Gemeinde stattgefunden, bei dem man sich auf eine einvernehmliche Lösung geeinigt habe. Nach meiner Auffassung ist für die o. g. Flächen im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses eine Abweichungsentscheidung zu treffen Erfordernis eines neuen Raumordnungsverfahrens Allgemeines, Nichtigkeit der Landesplanerischen Beurteilung Zahlreiche Einwender sind der Auffassung, es müsse ein neues Raumordnungsverfahren durchgeführt werden. Dies wird wie folgt begründet: Das Erfordernis zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ergebe sich aus 8, 6 Abs. 2 S. 1 LuftVG. Da der Raumordnungsplan für das vorliegende Vorhaben keine räumlich und sachlich hinreichend konkreten Ziele der Raumordnung enthalte, müsse dieses nach Maßgabe der Raumordnungsverordnung in einem Raumordnungsverfahren auf seine Raumverträglichkeit hin untersucht werden. Ein atypischer Fall, bei dem von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden könne (wie nach BVerwG Urteil vom 18. Mai 1995, Az: 4 C 20/94), liege nicht vor. Das Raumordnungsverfahren aus 2001/2002 genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, da ihm die seinerzeit gültigen Zielaussagen des LEP Hessen 2000 (Ziffer 7.4) mit der Verpflichtung zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main über das bestehende Startund Landebahnsystem hinaus zugrunde lägen. Die Landesplanerische Beurteilung vom (Kap. 51, S. 243) stelle in der raumordnerischen Gesamtbewertung der untersuchten Ausbauvarianten hierauf ab. Sie gehe davon aus, dass eine Bindung an die landesplanerischen Vorgaben bestehe und der Ausbau des Flughafens aus raumordnerischer Sicht daher notwendig sei. Mit der Entscheidung des VGH zur Nichtigkeit dieser Zielfestlegung des LEP sowie des RPS 2000 entfalle eine entscheidende Grundlage des Raumordnungsverfahrens. Die für nichtig erklärten Zielfestlegungen des LEP und der insgesamt für nichtig erklärte Regionalplan 2000 führten zur Nichtigkeit der Landesplanerischen Beurteilung. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1679

238 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Das bisherige Raumordnungsverfahren und die Landesplanerische Beurteilung könnten daher keine Grundlage für ein Planfeststellungsverfahren sein. Deshalb wird beantragt, das Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafens Frankfurt Main auszusetzen bzw. abzubrechen und zunächst ein neues Raumordnungsverfahren durchzuführen. Dieses müsse die Raumverträglichkeit des Vorhabens unter Berücksichtigung der aktuell geltenden landes- und regionalplanerischen Vorgaben prüfen. In einem Raumordnungsverfahren ohne die nichtigen Zielvorgaben müssten auch die Null-Variante bzw. die Kapazitätserhöhung im Wege eines Flughafensystems sowie externe Ausbauvarianten untersucht werden. In diesem Zusammenhang wird weiter vorgetragen: In einem neuen Raumordnungsverfahren müsse die Vollauslastung des geplanten Flughafens Frankfurt Main zugrunde gelegt werden. Auch eine Strategische Umweltprüfung sei durchzuführen. Nach Auffassung einiger Einwender ist ein neues Raumordnungsverfahren auch deshalb erforderlich, weil mit der Nichtigkeit des RPS 2000 der RROPS 1995 den Maßstab für eine neue Landesplanerische Beurteilung setze. Eine positive Beurteilung des Vorhabens sei dann nicht mehr möglich, weil der Ausbau mit der Festlegung Nr. 7.4 des RROPS Kapazitätserweiterung allein durch verbesserte Nutzungskonzepte im Rahmen des technisch Machbaren und nicht außerhalb der Gebietsgrenzen - unvereinbar sei. Ein modifiziertes Anti-Lärm-Paket müsse in einem neuen Raumordnungsverfahren als Bedingung vorgegeben und danach im Planfeststellungsbeschluss als Auflage verfügt werden. Nur so könne die erhebliche Steigerung der Belastungen, insbesondere durch Fluglärm, in den umliegenden Gemeinden bewältigt und eine Raumverträglichkeit herbeigeführt werden. Bei Unterlassung eines Raumordnungsverfahrens und sofortiger Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens, so wird weiter ausgeführt, würden die Beteiligungsrechte der Gemeinden und Träger öffentlicher Belange unzulässig verkürzt. Im Erörterungstermin ist darüber hinaus vorgetragen worden: Sofern die Realisierung der Vorzugsvariante mit gegenüber dem Raumordnungsverfahren geänderten Planungsabsichten hinsichtlich der Zahl der Flugbewegungen pro Stunde und Jahr weiterverfolgt würde, sei das Ergebnis des abgeschlossenen Raumordnungsverfahrens hinfällig und ein neues Verfahren unter geänderten Planungsbedingungen erforderlich. Die der Landesplanerischen Beurteilung zugrunde gelegte Zahl von Flugbewegungen/Jahr werde im LEP-Änderungsentwurf bereits um Bewegungen überschritten. Das Raumordnungsverfahren müsse wiederholt werden, weil es erhebliche Abweichungen von dem gebe, was im bisherigen Raumordnungsverfahren diskutiert worden sei. In Bezug auf die Sicherheit stelle die geänderte Risikobewertung eine wesentliche Abweichung dar, ebenso das geänderte Flugbetriebsmodell, das die Grundlage für sämtliche Auswirkungsbetrachtungen bilde. Auch die Lärmbelastung stelle sich dann anders dar, wenn man die Belegungen und damit die Überflüge anders steuere. Weiter wird ausgeführt, ein neues Raumordnungsverfahren sei auch deswegen erforderlich, weil das Nachtflugverbot als Antrag nicht Gegenstand des bisherigen Raumordnungsverfahrens gewesen, sondern erst im Planfeststellungsverfahren eingeführt worden Seite 1680 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

239 sei. Durch diese Änderung der Erscheinungsform und der Kapazitäten des Flughafens stelle sich die Genehmigungsfrage neu. Für den gesamten Flughafen Frankfurt Main sei ein neues Raumordnungsverfahren einzuleiten, weil die inzwischen gesetzlich umgesetzte Plan-UP-Richtlinie anzuwenden und eine Bürgerbeteiligung im Verfahren durchzuführen gewesen sei; das sei in diesem Anhörungsverfahren nicht nachholbar. In einem Planfeststellungsverfahren, mit dem die Raumordnung ersetzt werden solle, könne man auf eine Umweltprüfung nicht verzichten. In diesem Zusammenhang wird die Auffassung vertreten, dass die Rechte der Stadt Neu-Isenburg, die sie in einem Raumordnungsverfahren zum Schutze ihres Gemeindegebiets und vor allen Dingen zum Schutze ihrer Bürger geltend machen könne, unterlaufen würden, wenn vor Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens keine raumordnungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlagen bestünden. In der Raumordnung müsse das abgewogen werden, was den Menschen in dieser Region durch eine derartige Ausbaumaßnahme betreffe. Es wird beantragt, das Verfahren abzubrechen, weil keine ordnungsgemäße Raumordnungsplanung vorliege. Die Fraport AG hält dem entgegen, ein Raumordnungsverfahren sei bereits erfolgreich durchgeführt worden. Mit der Landesplanerischen Beurteilung meiner Behörde vom sei die Raumverträglichkeit des zur Planfeststellung beantragten Vorhabens bei Beachtung bestimmter Maßgaben festgestellt worden. Dieses Ergebnis sei von der Planfeststellungsbehörde als sonstiges Erfordernis der Raumordnung im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen. Die Maßgaben und Hinweise der Landesplanerischen Beurteilung seien zum Teil bereits in der Planfeststellungsunterlage (A2, Kapitel 1.7) abgearbeitet worden. Die Umsetzung der Maßgaben bezüglich der Planänderungsverfahren zum LEP Hessen 2000 und zum RPS 2000 befinde sich im Verfahren. Zwar sei mit der Entscheidung des Hessischen VGH vom der LEP in Teilen (Ziffer 7.4) für nichtig erklärt worden. Die Landesplanerische Beurteilung sei dadurch jedoch nicht ungültig geworden. Sie habe vielmehr als verwaltungsinternes Gutachten ohne Außenwirkung keinerlei Genehmigungsfunktion, so dass die teilweise Aufhebung der Ziffer 7.4 des LEP nicht auf die Landesplanerische Beurteilung durchschlage. Entsprechendes gelte für den Regionalplan Südhessen Infolge der wirksamen erneuten Inkraftsetzung des RPS 2000 bestehe keine Geltung des regionalen Raumordnungsplans Daher gelte auch nicht die damalige Festsetzung, dass eine Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main über den Zaun hinaus unzulässig wäre. Die Landesplanerische Beurteilung beziehe sich zu Recht auf die Festlegungen des RPS 2000 und sei inhaltlich zutreffend. Im Übrigen sei mit der Aufhebung der entsprechenden Formulierungen im LEP Hessen 2000 nicht die Erweiterung des Bahnsystems generell in Frage gestellt worden, sondern lediglich die Art und Weise der Festlegung. Für den Abbruch des derzeit laufenden Planfeststellungsverfahrens bestehe daher kein Anlass. Man habe keine Zweifel, dass die Landesplanerische Beurteilung auch eine tragfähige Grundlage für die Beurteilung der raumordnerischen Belange und der Genehmigungsfähigkeit im Planfeststellungsverfahren sei. Nach alledem bestehe auch keinerlei Rechtfertigung für die Forderung nach einem neuen Raumordnungsverfahren. Alle notwendigen Voraussetzungen für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens lägen vor. Man könne nach heutigem Kenntnis- und Planungsstand davon ausgehen, dass die Abwägung der widerstreitenden raumordnerischen Interessen zu dem Ergebnis komme, dass der Flughafenausbau bei Umsetzung der in der Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1681

240 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Landesplanerischen Beurteilung festgeschriebenen Maßgaben mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimme bzw. diese Übereinstimmung bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung hergestellt werden könne. Im Übrigen wird auf die sich derzeit im Verfahren befindliche Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 verwiesen, in deren Rahmen die raumordnerischen Festlegungen zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main neu gefasst würden. Ein nochmaliges Raumordnungsverfahren für die "Vollauslastung des geplanten Flughafenausbaus" ist nach Auffassung der Fraport AG nicht erforderlich, da für die Auswirkungsprognosen nicht die Kapazität eines Flughafens, schon gar nicht die technische Endkapazität, heranzuziehen sei, sondern die Flugbewegungszahl, die unter Annahme einer realistischen Verkehrsprognose zum Zeitpunkt eines überschaubaren Prognosehorizonts unterstellt werden kann. Prognosen seien gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Die Verwaltungsgerichte prüften die von der Behörde akzeptierten Prognosen nur darauf hin, ob sie mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden seien. Sie überprüften insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (Wysk, Umweltkapazität, a. a. O., S. 263 mit Nachweis auf BVerwG, Buchholz , 10 LuftVG Nr. 8 (S. 4 f.); BVerwGE 56, 110, 121; 72, 282, 286; 75, 214, 234). Hinsichtlich der Lärmauswirkungen verweist die Fraport AG auf die Bewertung der lärmmedizinischen Auswirkungen und das lärmmedizinische Schutzkonzept im Gutachten G12. In dem auf dieser Basis entwickelten Maßnahmenkonzept zu Geräuscheinwirkungen (Antragsteil A2, Anlage 1) sei dargestellt, welche Maßnahmen zur Erhaltung der einzelnen Schutzziele vorgesehen sind. Hierdurch werde sichergestellt, dass nicht nur gesundheitsschädliche Lärmbelastungen ausgeschlossen seien, sondern auch Vorsorgeaspekte berücksichtigt würden. Der Einwand, das Verfahren widerspräche der Landesplanerischen Beurteilung, sei nicht nachvollziehbar. Die Landesplanerische Beurteilung habe die Raumverträglichkeit der zur Planfeststellung beantragten Landebahn Nordwest unter Beachtung bestimmter Maßgaben festgestellt. Soweit Bezug auf die in der Landesplanerischen Beurteilung genannten Planänderungsverfahren genommen wird, verweist die Fraport AG auf das laufende LEP- Änderungsverfahren Mängel der Landesplanerischen Beurteilung Nach Meinung vieler Einwender weist die Landesplanerische Beurteilung zahlreiche Mängel auf. Auch aus diesem Grund sei sie keine geeignete Grundlage für das Planfeststellungsverfahren. Im Wesentlichen wird ausgeführt: Allgemein Mit der Landesplanerischen Beurteilung werde die entscheidende Frage, ob materiellrechtlich im Raumordnungsverfahren genügend Argumente vorgebracht worden seien, die eine Änderung der Zielfestlegung in einem Planänderungsverfahren unter Berücksichtigung des Abwägungsgebots wahrscheinlich erscheinen lassen, nicht, beantwortet. Meine Behörde habe nicht eine raumverträgliche Planungsvariante ermittelt, sondern die nicht bestehende Figur der Herstellbarkeit der Vereinbarkeit mit den Erfordernissen der Raumordnung unter der Voraussetzung der Änderung von Raumordnungsplänen und zahlreichen weiteren Maßgaben postuliert. Seite 1682 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

241 Die Fraport AG verweist hinsichtlich der für die Genehmigung des beantragten Vorhabens notwendigen Änderung von Zielen dieses RPS 2000 auf das laufende LEP-Änderungsverfahren. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Art und Weise der Feststellung der Raumverträglichkeit in der Landesplanerischen Beurteilung, nämlich unter der Maßgabe, dass bestimmte Planänderungsverfahren noch durchzuführen seien, nicht möglich sein soll. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Vorschriften oder Grundsätzen des Raumordnungsrechts hergeleitet werde, dass es nur eine Bejahung oder eine Verneinung der Raumverträglichkeit geben könne. Es wird angemerkt, da die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Raumordnungsverfahren nicht vollständig abgearbeitet worden seien, könne, die Planfeststellung die Raumordnungsentscheidung zur Variantenwahl nicht berücksichtigen. Damit bestehe die Gefahr, dass in der Planfeststellung die gesamte Lärmproblematik - ohne bzw. mit fehlerhafter Anpassung der künftigen Siedlungsplanung an die möglichen Belastungen - nicht ausreichend berücksichtigt werde. Einige Einwender sind der Auffassung, dass weder die Landesplanerische Beurteilung noch der Planfeststellungsantrag einen Beitrag zur Lösung raumordnerischer Konflikte böten, obwohl weltweite Erfahrungen zur dauerhaften Sicherung der Entwicklungspotentiale des Luftverkehrs vorlägen. Angesichts der geltenden Rechtsprechung sei es jedoch erforderlich, Ziele der Raumordnung bei der Auswirkungsbetrachtung und Konfliktbewältigung, unter den Aspekten der technisch möglichen Ausbaukapazität sowie der Beseitigung struktureller Defizite in anderen Teilen der Region, zu berücksichtigen. Die Fraport AG sieht sowohl in der Landesplanerischen Beurteilung als auch in den Planfeststellungsunterlagen hinreichende Beiträge zur Lösung raumordnerischer Konflikte. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Ziele der Raumordnung wird auf das laufende Verfahren zur LEP-Änderung verwiesen. Im Erörterungstermin ist außerdem vorgetragen worden, in der Landesplanerischen Beurteilung finde der Mensch und seine Lebensplanung keine Berücksichtigung. Es gebe keine Rechtfertigung, die Rechte einzelner Personen den wirtschaftlichen Interessen der Fraport AG oder der ganzen Region zu opfern. In der Landesplanerischen Beurteilung heiße es auf Seite 60 unter Punkt 3.3.2: In allen Regionen wird eine Verringerung des Verkehrsaufkommens angestrebt ( 3 Abs. 5 Satz 1 HLPG). Im zweiten Absatz heiße es: Das Vorhaben führt zu einer deutlichen Steigerung des Verkehrsaufkommens. Dieser Widerspruch sei nicht nachvollziehbar. Die Landesplanerische Beurteilung habe die Existenz der Stadt Kelsterbach nicht geprüft. Dort fehlten Angaben, wie sich Kelsterbach entwickeln solle, wie Kelsterbach die Aufgaben künftig erfüllen solle, welche Bauleitplanung noch gemacht werden solle. Daher müsse ein neues Raumordnungsverfahren stattfinden. Die Stadt Hanau sei - mit Ausnahme des Ortsteils Steinheim - im Raumordnungsverfahren nicht beteiligt worden. Dies sei mit der Begründung erfolgt, dort wirke sich das, was raumordnungsrechtlich zu untersuchen sei, nicht aus Varianten- und Alternativen Die Firma069 äußert grundsätzliche Kritik an dem in der Landesplanerischen Beurteilung vorgenommenen Variantenvergleich. Im Einzelnen wird folgendes vorgetragen: Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1683

242 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Der Variantenvergleich sei methodisch und hinsichtlich der Grundlagenermittlung in zahlreichen Punkten unzulänglich. Insbesondere folgende Anforderungen seien in maßgeblichen Punkten nicht berücksichtigt worden: In die Bewertung müsse einfließen welches Gewicht den einzelnen Raumordnungsfaktoren und Schutzgütern beigemessen werde, wie groß der Abstand zwischen den Standortvarianten in den einzelnen Bewertungskriterien sei. Entscheidend sei, ob beim Vergleich der Varianten ein signifikanter Unterschied in den Beeinträchtigungen des Raumes oder den Eingriffen in die Umwelt bestehe. nach welchen Aggregationsregeln aus der Einzelbewertung der Raumordnungsfaktoren und der Schutzgüter eine Gesamtrangfolge für die Standortvarianten gebildet werde. Dazu sei auch darzulegen, in welchen Bereichen statt quantitativer qualitative Indikatoren verwendet würden und welche Bewertungsmaßstäbe mit den zugehörigen Bewertungsschwellen zugrunde lägen. Im Raumordnungsverfahren seien zahlreiche Eingangsdaten fehlerhaft eingestellt worden. Als Beispiel sei die Flächeninanspruchnahme zu nennen, die für die sog. Vorzugsvariante Nordwest nach ungeeigneten Kriterien abgegrenzt worden sei, die sich zudem von den an die übrigen Varianten angelegten Kriterien deutlich unterschieden. Durch die im Vergleich zur Landesplanerischen Beurteilung notwendigen Modifizierungen der Wertungen in wesentlichen Belangen werde sich zeigen, dass ein eindeutiger Vorrang einer Variante nicht bestimmbar sei. Im Vergleich zu den in der Landesplanerischen Beurteilung getroffenen Bewertungen könne festgestellt werden, dass sich bei zahlreichen Raumordnungsbelangen bzw. Schutzgütern Nivellierungen zwischen den Varianten ergäben, d. h. eine signifikante Rangfolge nicht mehr zu begründen sei, in denjenigen Raumordnungsbelangen bzw. Schutzgütern, in denen die Nordwestvariante relativ geringere Raumordnungskonflikte auslöse, häufig kein signifikanter Unterschied zu den anderen Varianten bestehe, bei denjenigen Raumordnungsbelangen bzw. Schutzgütern, in denen die Nordwestvariante relativ große Raumordnungskonflikte auslöse, ein signifikanter Unterschied zu den anderen Varianten bestehe (Gewerbeflächen, Wirtschaft, Verkehr, Sicherheit). Eine in ihrem Grad nicht näher beschriebene Höhergewichtung von Belangen erfolge in der Landesplanerischen Beurteilung, wenn bei Eingriffen die Kriterien Nachhaltigkeit (d. h. fehlende Kompensierbarkeit) und besonders großes Ausmaß gegeben seien. Die besondere Gewichtung des Lärms, die die Landesplanerische Beurteilung vorgenommen habe, entfalte wegen der in diesem Bereich nicht abgeleiteten Rangfolge keine Auswirkungen auf den Variantenvergleich. Die in der Landesplanerischen Beurteilung gegen die Südvariante selektiv herausgegriffenen und nicht transparent ermittelten starken Nachtlärmbelastungen könnten deren nachrangige Stellung nicht begründen, zumal diese offensichtlich allein auf eine kaum nachvollziehbare Bahnbelegungsstrategie in den beiden Nachtstunden 22:00-23:00 und 5:00-6:00 Uhr zurückgingen. Mindestens den gleichen Status wie der Lärm habe wegen seiner unausweichlichen, nachhaltigen und gesundheitsrelevanten Beeinträchtigung der Bevölkerung auch der Faktor Sicherheit. Angesichts der zahlreichen Unterschiede in den Rangfolgen der Varianten bei den einzelnen Raumordnungsfaktoren und Schutzgütern sei es erforderlich, eine bewertende Gegenüberstellung der Einzelbelange vorzunehmen, um zu einer Aussage für eine Gesamt- Seite 1684 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

243 rangfolge zu gelangen. Methodisch könnten hierzu Paarvergleiche dienen, in denen folgende Informationen enthalten seien: die Rangfolge der verglichenen Varianten, der Abstand in der Rangfolge zwischen den Varianten, das Gewicht der Belange bei der Ermittlung der Rangfolge. Weiterhin sei eine Implementation von Restriktionskriterien insbesondere zur Sicherheit bei der Variantenreihung erforderlich. Aufgrund der Nachbarschaft des Flughafens mit störfallrelevanten Betrieben sei im Variantenvergleich ein diesbezügliches Restriktionskriterium erforderlich. Auch die in der Landesplanerischen Beurteilung vorgenommene hohe Gewichtung des Waldes könne hinsichtlich des forstwirtschaftlichen Aspekts für beide Kriterien nicht nachvollzogen werden. Die Nachhaltigkeit des Flächenbestandes sei durch Aufforstungen an anderer Stelle gewährleistet. Nicht kompensierbar seien lediglich die Folgewirkungen der Waldabholzung in den Bereichen Klimaschutz, Bodenschutz, Luftausgleich, Landschaftsschutz und Freiraumschutz/Erholung. Die Ermittlung des Eingriffs in die ersten drei Schutzgüter werde allerdings durch die in ihren rechtlichen Konsequenzen nicht bestimmte Schutzausweisung (es liege lediglich eine Ausweisung in der Flächenschutzkarte Hessen vor) relativiert. Da der Indikator Waldfläche zudem bereits viermal (in unterschiedlichen Schutzgebietskategorien) gewichtet werde, sei eine zusätzliche Anhebung in Form einer stärkeren Gewichtung nicht gerechtfertigt. Im Erörterungstermin ist ergänzend vorgetragen worden, dass Vorhabensalternativen etwa in Form der Nulllösung, anderer Möglichkeiten in der Umgebung oder ohne die Erweiterung dieses Flughafens im Raumordnungsverfahren nicht geprüft worden seien, obgleich dies in diesem Verfahren rechtlich zwingend erforderlich sei. Dies stelle einen unheilbaren Mangel dar. Am 23. März 2006 ist das Gutachten zum Vergleich der Ausbauvarianten Nordwest, Nordost und Süd nach raumordnerischen und umweltbezogenen Kriterien (Steinebach u. a. 2006) eingereicht worden. Es setzt sich detailliert mit der Vorhabensbeschreibung und der Variantenauswahl für das Raumordnungsverfahren sowie mit dem Variantenvergleich und der raumordnerischen Bewertung in der Landesplanerischen Beurteilung auseinander und enthält weitere kritische Anmerkungen in inhaltlicher und methodischer Hinsicht Sicherheit Es wird eingewandt, durch das Raumordnungsverfahren und die Landesplanerische Beurteilung sei Art. 12 Abs. 1 Seveso-II-Richtlinie verletzt worden. Im Raumordnungsverfahren hätten die Gebote zur Berücksichtigung des Ziels, schwere Unfälle und ihre Folgen zu begrenzen, beachtet werden müssen. Insbesondere sei trotz (eingestandener) völlig unzureichender Prüfung und Abwägung der Sicherheitsproblematik ein Variantenvergleich erfolgt, in dem die das Ticona-Gelände tangierende Nordwestvariante fälschlich als die Günstigste beurteilt worden sei. Diese Verletzung des Art. 12 Abs. 1 Seveso-II-Richtlinie sei auch nicht im Hinblick auf das Planfeststellungsverfahren oder wegen der Einbeziehung der Störfallkommission des Bundes unbeachtlich. Entgegen der Auffassung des HMWVL sei das Raumordnungsverfahren sehr wohl eine Politik der Flächenausweisung und Flächennutzung i. S. v. Art. 12 Abs. 1 Seveso-II-Richtlinie. Die vom HMWVL gegenüber der europäischen Kommission vertretene Auffassung, dem Berücksichtigungsgebot des Art. 12 Abs. 1 Seveso-II-Richtlinie könne im Verfahren zum Landesentwicklungsplan oder im Planfeststellungsverfahren Rechnung getragen werden, sei fehlerhaft. Insbesondere scheide eine Kompensation oder Heilung der Versäumnisse des Raumordnungsverfahrens nicht nur im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 Seveso-II-Richtlinie, Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1685

244 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main sondern auch wegen der Unvereinbarkeit mit den allgemeinen europarechtlichen Anforderungen sowie dem bundesdeutschen Raumordnungsrecht aus. Auch werde die erforderliche ergebnisoffene Prüfung der Frage, ob sämtliche Vorhabensalternativen unter Sicherheitsaspekten abschließend untersucht und abgewogen würden, aufgrund der politischen Vorfestlegung für die Landebahn Nordwest und der zeitgleichen Durchführung des Planfeststellungsverfahrens nicht stattfinden. Daher sei davon auszugehen, dass das Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans nur zur Rechtfertigung dieser auch von Seiten der Landesregierung gewollten und unterstützten Alternative dienen solle. Überdies habe das Verfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans eine völlig andere Planungstiefe und -Dichte als das Raumordnungsverfahren und sei von daher schon ungeeignet, die Versäumnisse im Raumordnungsverfahren zu kompensieren oder zu heilen. Weiterhin wird ausgeführt, in der Landesplanerischen Beurteilung bleibe offen, wie geforderte Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Absturzrisiko aussähen Natura 2000 Ein Einwender trägt vor, meine Behörde sei gemäß Art. 6 Abs. 4 U Abs. 2 FFH-Richtlinie zur Beteiligung der Europäische Kommission am Raumordnungsverfahren verpflichtet gewesen. Im vorliegenden Fall wäre die Stellungnahme wegen der drohenden Beeinträchtigung prioritärer Gebiete negativ ausgefallen. Nach Auffassung der Fraport AG besteht kein Anlass für eine Stellungnahme der Kommission. Ein Erkenntnisgewinn werde nicht gesehen. Gemäß FFH-Richtlinie Art. 6 Abs. 4 sei ein Mitgliedsstaat lediglich dazu verpflichtet, nach der Durchführung eines Ausnahmeverfahrens die Kommission über die von ihm ergriffenen Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz des Netzes "Natura 2000" zu informieren. Es wird vorgetragen, die Landesplanerische Beurteilung verstoße mit der positiven Bewertung der Nordwest- und Nordostvarianten gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere gegen den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie gegen naturschutzrechtliche EU-Richtlinien. Aufgrund dieser mutmaßlichen Verstöße gegen europäisches Naturschutzrecht sei bereits eine Beschwerde wegen Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts an die Europäische Kommission gerichtet worden. Aus Sicht der Fraport AG wird die Landesplanerische Beurteilung sämtlichen rechtlichen Anforderungen gerecht. In die Landesplanerische Beurteilung seien Ergebnisse einer mangelhaften und unsachgemäßen FFH-Verträglichkeitsuntersuchung eingeflossen; somit liege ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der FFH-Richtlinie vor. Sie dürfe daher nicht für das Planfeststellungsverfahren herangezogen werden. Zu der o. g. Thematik führt der BUND weiter aus, aufgrund der erfolgten Grunddatenerfassungen lägen inzwischen wesentlich detailliertere Daten vor, die sich erheblich von den der Landesplanerischen Beurteilung zugrunde gelegten Daten unterschieden. Auch aus diesem Grund könne die Landesplanerische Beurteilung für das Planfeststellungsverfahren nicht mehr herangezogen werden. Im Übrigen sei im Raumordnungsverfahren nicht beachtet worden, dass der Planung faktische Vogelschutzgebiete entgegenstünden. Der Landesplanerischen Beurteilung sei im Hinblick auf die Vogelschutz-Richtlinie als auch die FFH-Verträglichkeitsprüfungen die Grundlage entzogen. Seite 1686 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

245 In diesem Zusammenhang weist ein anderer Einwender auf die inzwischen erfolgte Meldung des Kelsterbacher Waldes als FFH-Schutzgebiet (Nr. 5917/303) sowie die aktuelle Grunddatenerfassung hin, die dort auf großer Fläche ein arten- und strukturreiches Waldgebiet mit einem hohen Anteil an naturnahen Laubmischwäldern mit zahlreichen Altholzbeständen aus Eiche und Buche ergeben habe, in dem insbesondere die alten Eichenbestände als Lebensraum zahlreicher bestandsbedrohter Arten mit der Leitart Hirschkäfer (FFH-Anhang II) besondere Bedeutung hätten. All diese Erkenntnisse seien im Raumordnungsverfahren nicht berücksichtigt worden und hätten dazu geführt, dass die Nordwestvariante auch unter diesen Aspekten als die am wenigsten beeinträchtigende angesehen worden sei. Dieses Votum sei mit Sicherheit nicht mehr haltbar Sonstige Mängel des Raumordnungsverfahrens Weitere Einwendungen beziehen sich auf das Raumordnungsverfahren als solches sowie die Verfahrensunterlagen. Hier gebe es Mängel und Defizite, die ein neues Raumordnungsverfahren erforderlich machten. Im Wesentlichen werden folgende Argumente vorgetragen: Die Stadt Darmstadt kritisiert, das Vorhaben baue nicht auf dem Ergebnis der Mediation auf. Im Raumordnungsverfahren werde eine Wunsch-Variante der Fraport AG als raumverträglichste Variante favorisiert. Nach dem Ergebnis des Mediationsverfahrens und den Beschlüssen des Regionalen Dialogforums wäre eine Überprüfung der Südbahnvariante mit der Option des Rückbaus der Startbahn 18 West umzusetzen gewesen. Auch die im Raumordnungsverfahren vorgelegten Gutachten zeigten keine weitere Verfolgung dieser Variante auf. Die Fraport AG erwidert, sie habe nachgewiesen (Antragsteil A3), dass die Landebahn Nordwest nicht eine Wunsch-Variante, sondern am raumverträglichsten und insgesamt mit den geringsten Eingriffen verbunden sei. Weiter wird ausgeführt, die Fraport AG habe im Widerspruch zu 15 Abs. 1 Satz 4 ROG in das Raumordnungsverfahren keine Vorhabensalternativen außerhalb des Standortes eingeführt. Diese seien im gesamten Großraum, der mit modernen leistungsfähigen Massentransportmitteln in einem zumutbaren Zeitaufwand von unter einer Stunde Fahrzeit aus dem Zentrum des Ballungsraumes Rhein-Main erreichbar sei, zu suchen. Es wird gefordert, dies in einer überarbeiteten Planfesstellungsunterlage nachzuholen. Nach Auffassung der Fraport AG entspricht die im Raumordnungsverfahren vorgenommene Alternativenprüfung den rechtlichen Anforderungen. Den Genehmigungsbehörden lägen sowohl im Rahmen des Raumordnungsverfahrens als auch für das laufende Planfeststellungsverfahren alle notwendigen Unterlagen und Informationen vor, die eine sachgerechte Abwägung ermöglichten bzw. ermöglicht hätten. In der Landesplanerischen Beurteilung sei die Vereinbarkeit des Ausbauvorhabens mit den Erfordernissen der Raumordnung bei Beachtung verschiedener Maßgaben festgestellt worden, wobei ein Vergleich der verbleibenden Vorhabensvarianten Nordwest und Nordost ergeben habe, dass dies vorrangig für die Nordwestvariante gelte. Externe Lösungen bzw. Verbundlösungen könnten das Planungsziel der Fraport AG (A2, S. 9, Abs. 3) nicht erreichen. Sie seien sowohl im Raumordnungsverfahren als auch in der Planfeststellungsunterlage betrachtet und als ungeeignet ausgeschieden worden (vgl. A3, S. 36, Kap Bedarfskriterien/Hubfähigkeit). Es wird eingewendet, dass die Unterlagen zum Raumordnungsverfahren andere für den Immissionsschutz bedeutsame Alternativ-Flugrouten nicht in die Überprüfung eingestellt Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1687

246 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main hätten. Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens werde daher als unvollständig zurückgewiesen. Die Fraport AG hält dem entgegen, es gebe keine realistischen alternativen Flugrouten als die von der DFS für das Jahr 2015 angenommenen, die hätten zugrunde gelegt werden können. Das Routensystem für den Planungsfall basiere auf dem heutigen Routensystem, ergänzt durch eine zusätzliche Abflugroute vom Parallelbahnsystem 25L/R (zunächst nach Südwest, dann nach Nordwest und Nordost aufgespalten) und durch die Anflugstrecken auf die neue Landebahn Nordwest. Die Abflugrouten orientierten sich grundsätzlich an den bestehenden, mit der Fluglärmkommission abgestimmten sog. Minimum Noise Routes. Lärmgünstigere Alternativen böten sich demgegenüber nicht an. Die Anflugstrecken auf die Landebahn Nordwest folgten den Anfluggrundlinien, ein planerischer Spielraum sei nicht gegeben. Mehrere Gemeinden kritisieren, die Waldaufrisse seien im Raumordnungsverfahren nicht vollständig bewertet worden. Aus Sicht der Fraport AG ist der Einwand gegenstandslos. Im Rahmen der UVS zum Planfeststellungsverfahren sei eine Überprüfung und Bewertung der Wirkungstiefe bei Waldanschnitten insbesondere hinsichtlich des Waldinnenklimas sowie der besonderen Bedingungen der verinselten Waldflächen erfolgt. Im Gutachten G1, Teil III, Kapitel werde die Methode der Bilanzierung von Waldanschnitten ausführlich beschrieben. Eine als erheblich zu bewertende Wirkung von Waldrandeffekten über die angesetzte Wirkungstiefe von 100 m hinaus sei nicht belegt. Die Firma057 ist der Auffassung, dass die Nordwestvariante wegen der Sicherheitsprobleme gar nicht in das Raumordnungsverfahren hätte aufgenommen werden dürfen. Im Erörterungstermin ist ergänzend folgendes vorgetragen worden: Der BUND führt aus, im Rahmen des Raumordnungsverfahrens sei die Risikosituation nicht betrachtet worden. Das Verfahren sei daher fehlerhaft. Insbesondere wird auf substanzielle Mängel des Vogelschlaggutachtens im Raumordnungsverfahren aufmerksam gemacht. So sei der dort vorgenommene Vergleich der Vogelschlagsituation mit dem Flughafen München nicht haltbar. Auch die Behauptung, es gäbe zwischen der geplanten Situation und der bestehenden Situation am Flughafen Frankfurt Main keine Unterschiede, werde nicht belegt (s. Anlage 9 zum Vogelschlaggutachten). Das im Rahmen des Raumordnungsverfahrens erstellte Gutachten der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung habe in der Risikokartierung der Fraport AG den Betriebsbereich Ticona nicht berücksichtigt. Nicht hinreichend gewürdigt worden seien 50 BImSchG, die Seveso-Richtlinie, das Verbot der Risikoerhöhung sowie das Gebot der Risikominimierung. Nach wie vor sehe die Planung miteinander unverträgliche Grundstücksnutzungen vor. Die Stadt Offenbach am Main macht in diesem Zusammenhang geltend, dass auch die Störfallbetriebe, die im Gebiet der Stadt Offenbach am Main zu berücksichtigen gewesen seien, nicht im Untersuchungsraum des Raumordnungsverfahrens enthalten gewesen seien. Hinsichtlich der Einwendungen zur UVS im Raumordnungsverfahren weist die Fraport AG grundsätzlich darauf hin, dass für das beantragte Vorhaben eine dem Planungsstand entsprechende Aktualisierung der Umweltverträglichkeitsstudie vorgenommen worden sei. Im Übrigen bestehe aus heutiger Sicht kein Anlass, die Gültigkeit der Ergebnisse der UVS aus dem Raumordnungsverfahren anzuzweifeln. Seite 1688 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

247 Im Raumordnungsverfahren sei nicht geprüft worden, ob der Wartungsbereich im Süden nicht hätte flächensparender geplant werden können. Es sei fraglich, ob das Raumordnungsverfahren diese Frage hätte offen lassen dürfen. Die Fraport AG müsse aufgefordert werden, für jede einzelne Nutzung in diesem Bereich einen Alternativstandort zu benennen Die Aussage, man könne überhaupt keine Alternativstandorte bieten, weil nur diese Flächen zur Verfügung stünden, sei nicht zulässig. Das Raumordnungsverfahren dürfe sich nicht ausschließlich auf eine der drei Varianten konzentrieren, sondern müsse den Ist-Zustand in den Blick nehmen, und zwar unter dem rechtlichen Ansatzpunkt der im Planfeststellungsbeschluss 1971 erfolgten Festlegung, dass es keine weitere Start- und Landebahn gebe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gelände am Flughafen Frankfurt Main durch den Planfeststellungsbeschluss 1971 nur zu 40 % abgedeckt worden sei. Der Rest des Flughafens sei bis 1971 nicht planfestgestellt gewesen. Er könnte allenfalls durch die gesetzliche Änderung 1999 (durch den 71 Abs. 2) fingiert planfestgestellt worden sein. Bei Durchführung der Umweltprüfung und der Feststellung der Raumverträglichkeit sei dies zu berücksichtigen. Es komme darauf an, ob das, was fiktiv planfestgestellt sei und einer Änderung unterzogen werden solle, gemäß aller Kriterien, die eine sachgerechte Umweltprüfung zu prüfen habe, in Ordnung sei. Aus Sicht der Anhörungsbehörde sind Einwendungen zu den Raumordnungsverfahrens- Unterlagen hier nur insoweit relevant, als sie materiell Mängel in den Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren betreffen Fehlende Umsetzung der Maßgaben In einigen Einwendungen und Stellungnahmen wird bemängelt, dass etliche in der Landesplanerischen Beurteilung als Voraussetzung für die Vereinbarkeit mit den Erfordernissen der Raumordnung genannte Maßgaben und Hinweise in den Planfeststellungsunterlagen nicht bzw. nicht vollständig umgesetzt worden seien. Im Wesentlichen werden genannt: Maßgabe Ziffer II.1.6, wonach die Belastungen durch Luftschadstoffimmissionen im Umfeld des Flughafens soweit wie möglich zu minimieren seien und geeignete Maßnahmen zur Reduktion der von flughafenbezogenen Quellen ausgehenden Schadstoffemissionen getroffen werden sollten, werde nicht beachtet. In den Planfeststellungsunterlagen werde im Hinblick auf die Schadstoffimmissionssituation und deren humantoxikologische Beurteilung nicht die maximalmögliche Kapazität von bis Flugbewegungen zugrunde gelegt. Zudem werde eine nicht nachvollziehbare Emissionsreduktion aus dem Flughafen- bzw. Kfz-Verkehr dargestellt. Dabei blieben europarechtliche Vorgaben hinsichtlich der Einhaltung von Grenzwerten für Luftschadstoffe (PM 10) unberücksichtigt. Maßgabe Ziffer II.1.8: die Auswirkungen auf Waldökosysteme durch Randschäden, Zerschneidungs- und Verinselungseffekte sowie auch Waldumbaumaßnahmen und Beeinträchtigungen von Tieren durch Überflug, Verlärmung und Lichteffekte hätten in den Planfeststellungsunterlagen nur völlig unzureichend Berücksichtigung gefunden. Die als Maßgaben geforderten Minimierungsmaßnahmen (Ziffer II.1.9) und Kompensationsmaßnahmen (Ziffer II.1.10) seien unzureichend. Es sei nicht sichergestellt, dass eine Beeinträchtigung des Grundwassers (Ziffer II.1.14) und der Oberflächengewässer (Ziffer II.1.15) durch Schadstoffeinträge unterbleibe. Die Aus- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1689

248 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main wirkungsbetrachtungen auf das Grundwasser in den vorgelegten Gutachten genügten nicht, sodass das Vorhaben nicht mit der Raumordnung in Einklang stehe. Die Hinweise in der Landesplanerischen Beurteilung zu Wasser und Boden seien nicht berücksichtigt worden. Die Maßgabe, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Lärmbelastung der Bevölkerung minimiert werde, sei nicht berücksichtigt worden. Statt der Darstellung der tatsächlichen Lärmauswirkungen auf Beschäftigte sowie Frei- und Erholungsräume werde auf veraltete Lärmwerte abgestellt. Zum Schutz der Nachtruhe sei auch ein uneingeschränktes Nachtflugverbot in den lärmsensiblen Zeiten notwendig. Die Forderung nach kontinuierlichem Sinkflug (Ziffer A.II.1.5) und Mindestmaß-Beschränkung der Überflüge in niedriger Höhe (Ziffer A.II.1.7) sei nicht erfüllt. Das vorgelegte Lärmschutzkonzept genüge weder den gesetzlichen Vorgaben noch der Maßgabe. Es sei weder eine fachrechtliche Alternativenprüfung noch eine Optimierungsprüfung zur Flächenersparnis für den variantenunabhängigen Ausbaubereich Süd durchgeführt worden. Zudem müsse die Alternativenprüfung der FFH-Richtlinie entsprechen. Die Maßgaben und Vorbehalte insbesondere im Hinblick auf die Sicherheits- und Risikosituation von Ticona seien aufgrund der von der Störfallkommission bestätigten Unverträglichkeit des Ausbauvorhabens Nordwest mit dem Ticona-Gelände nicht erfüllt. Die Betroffenheit der Ticona durch den Bau und Betrieb der Landebahn Nordwest sei nicht hinreichend untersucht, erörtert und bewertet worden. Das Raumordnungsverfahren sei erneut aufzugreifen und mit einer umfassenden Prüfung der raumordnerischen Verträglichkeit des Vorhabens unter abschließender Berücksichtigung der Sicherheitsfragen erneut durchzuführen. Dabei sei insbesondere auch ein erneuter Vergleich der Ausbauvarianten im Hinblick auf die Risiken eines Flugzeugabsturzes vorzunehmen. Auch die Maßgabe, nach der Ausbau- und Anpassungsmaßnahmen im Straßennetz im zeitlichen Zusammenhang mit den luftrechtlichen Verfahren realisiert werden sollen, sei nicht vollständig umgesetzt. Für mehrere Problembereiche im unmittelbaren Flughafenumfeld sei die zeitgerechte Fertigstellung bisher nicht gewährleistet, da die planungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorlägen oder sie nicht Gegenstand des Planfeststellungsantrags seien. Das gelte auch für weitere im Planungsfall als Bestand vorausgesetzte Vorhaben. Damit sei absehbar, dass die landseitige Erschließung nicht funktionieren werde. Die Fraport AG weist diese Einwendungen zurück. Ein Großteil der in der Landesplanerischen Beurteilung ausgesprochenen Maßgaben sei bereits in der vorgelegten technischen Planung umgesetzt. Hierzu wird auf die Ausführungen in der Antragsbegründung A2, Kapitel I.7 verwiesen. Dort sei auch dargestellt, dass die erforderlichen Planänderungsverfahren der Planfeststellung des Vorhabens nicht entgegenstünden, da sich die notwendige LEP-Änderung derzeit im Verfahren befinde. Die Verträglichkeit des Vorhabens mit dem Ticona-Gelände und damit auch die Raumverträglichkeit des Vorhabens habe die Fraport AG gerade mit der von der Landesplanerischen Beurteilung geforderten Betrachtung der Sicherheits- und Risikosituation von Ticona und anderen störfallrelevanten Betriebsbereiche im Gutachten G entgegen dem Votum der Störfallkommission - belegt. Im Erörterungstermin ist ergänzend vorgetragen worden: Seite 1690 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

249 Die in der Landesplanerischen Beurteilung geforderte gutachtliche Untersuchung der zu erwartenden Beeinträchtigungen durch Überflüge in niedrigen Höhen, unter 250 m bei Wohngebieten und unter 60 m bei Gewerbegebieten sowie der Auswirkungen auf die Bewohner und Beschäftigten sei nicht durchgeführt worden. Die Ausführungen in den Planfeststellungsunterlagen zu niedrigen Überflügen und ihren Auswirkungen seien als gutachtliche Stellungnahmen untauglich. Die Sicherheitsbetrachtung sei nicht, wie in der Landesplanerischen Beurteilung in Aussicht gestellt, in der Konfigurationsanalyse behandelt worden, jedenfalls nicht unter räumlichen Gesichtspunkten. In den Planfeststellungsunterlagen sei eine Alternativ- und Standortbetrachtung für den variantenunabhängigen Bereich unter dem Aspekt der Flächenoptimierung, wie sie in der Landesplanerischen Beurteilung für die nachfolgenden Verfahrensschritte in Aussicht gestellt worden ist (FFH-Verträglichkeit, Seite 266 f.), nicht zu finden. Es wird in Frage gestellt, ob die Anforderungen des Raumordnungsverfahrens an die nachfolgenden Verfahrensschritte mit den Ausführungen in B4.2, Seite 35 ff. erfüllt seien. Nach Auffassung der Einwenderin müsse nicht nur geprüft werden, ob zusammenhängende Bereiche auf anderen Flächen angeordnet werden könnten, sondern jede einzelne Position des Antrags sei auf Flächenoptimierungspotentiale zu prüfen. Die Fraport AG führt hierzu aus, man habe eine Reduzierung herbeigeführt, indem z. B. neun Hektar durch die Anpassung der Planung im Süden der Erweiterungsfläche reduziert worden seien. Es gebe drei große Bereiche, die erweitert werden müssten: die Passagierabfertigungsanlagen, die Frachtanlagen und Frachteinrichtungen und die Wartungseinrichtungen. Alle diese Einrichtungen bräuchten einen unmittelbaren Zugang zum Vorfeld und könnten nicht an beliebiger Stelle angeordnet werden. So sei man zum Standort für das Terminal 3 gekommen, zum Standort der Frachtanlagen, die bereits im Südbereich lägen und dort ergänzt würden sowie zu der Organisation der Werfteinrichtungen in diesem Bereich. Wegen der notwendigen funktionalen Zusammenhänge und auch der Synergie- und Minimierungseffekte sei ein räumlicher Zusammenhang erforderlich. Es sei nicht geprüft worden, ob die Fläche von 100 ha insgesamt oder, wenn die Air Base miterfasst werde, von 250 oder 300 ha außerhalb des Flughafens besser hätte angeordnet werden können, weil nirgends eine solche zusammenhängende Fläche verfügbar sei. So komme man zu dem Standort dieser Einrichtungen im Süden des heutigen Flughafens, zur Nutzung der Air Base für die Passagierabfertigung und zur Nutzung der Flächen westlich der Air Base für die anderen Einrichtungen. Diese Vorgehensweise sei in den Planfeststellungsunterlagen beschrieben. Nach meiner Auffassung sind die Maßgaben und Hinweise für nachfolgende Zulassungsverfahren aus der Landesplanerischen Beurteilung der Sache nach in den Planfeststellungsunterlagen abgearbeitet worden. Die materielle Prüfung der Umsetzung der Maßgaben obliegt der Planfeststellungsbehörde Widersprüche zwischen Raumordnungs- und Planfeststellungsunterlagen In einigen Einwendungen und Stellungnahmen werden inhaltliche Widersprüche bzw. Abweichungen zwischen den Planfeststellungsunterlagen und den Unterlagen zum Raumordnungsverfahren 2001/2002 bzw. der Landesplanerischen Beurteilung moniert. Sie werden hier zusammenfassend wiedergegeben. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1691

250 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Nach meiner Auffassung ist hier nicht die Landesplanerische Beurteilung relevant, sondern die Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens. Soweit die vorgetragenen Argumente inhaltlich den Antragsgegenstand des Planfeststellungsverfahrens betreffen, werden sie bei den jeweiligen Fachthemen vertieft behandelt. Nach Meinung der Stadt Offenbach am Main fehlen die Voraussetzungen für die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens auch wegen erheblicher Abweichungen der Planfeststellungsunterlagen vom Raumordnungsverfahren und der Landesplanerischen Beurteilung. Hingewiesen wird auf die Öffnung der Flugbewegungszahlen nach oben mit mindestens Bewegungen pro Jahr und Kapazitätserhöhung bei ungeklärter technischer Obergrenze und ungeklärten Umweltauswirkungen. Es wird vorgetragen, gemäß der Landesplanerischen Beurteilung könne das RWE- Umspannwerk am gleichen Platz erneuert werden. Daher sei dieser Punkt raumordnerisch nicht relevant. Wegen der Kostenübernahme durch die Fraport AG habe die Standortverlagerung nun jedoch einen relevanten Bezug zum Flughafenausbau. Im Erörterungstermin sind darüber hinaus Abweichungen insbesondere bei folgenden Themen angesprochen worden: Gegenüber dem Raumordnungsverfahren bestehe ein deutlich reduzierter Untersuchungsumfang; wesentliche Themen der Raumordnungsunterlagen seien in den Planfeststellungsunterlagen entfallen (Verkehr, Wirtschaft). Der im Raumordnungsverfahren festgestellte erhebliche und entscheidungsrelevante Flächenvorteil der Nordwestvariante sei entfallen. Dies habe Auswirkungen auf die Konfigurationsanalyse. Die Konfigurationsanalyse weiche methodisch und inhaltlich wesentlich vom Raumordnungsverfahren ab. Daher wird die Funktion und Stellung der Konfigurationsanalyse im Planfeststellungsverfahren in Frage gestellt. Der Umweltbericht [zur Änderung des Landesentwicklungsplans] weise unter dem Punkt Lärm andere Zahlen im Hinblick auf die Betroffenen auf als die Unterlagen zum Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren. Auch in Bezug auf die Lärm-Isolinien ergebe sich ein Widerspruch. Es sei zu fragen, ob die Nordwestvariante noch die Variante sei, von der man im Planfeststellungsverfahren auszugehen habe. Die Planfeststellungsunterlagen der Fraport zur Alternativenprüfung in Bezug auf Lärm beinhalteten nicht dieselben Kriterien wie im Raumordnungsverfahren oder im LEP-Verfahren. Diese Kriterien müssten jedoch im Planfeststellungsverfahren mit berücksichtigt werden. Die in der Landesplanerischen Beurteilung genannten Flugbewegungs- und Passagierzahlen seien niedriger als die später im Generalausbauplan genannten Zahlen. Der im Raumordnungsverfahren für den Prognosenullfall geplante Satellit-Süd sei in den Planfeststellungsunterlagen ersatzlos weggefallen. Auch hinsichtlich der Betriebsrichtungsverteilung bestehe zwischen Raumordnungsverfahren und Planfeststellungsverfahren ein Widerspruch, der planerisch nicht begründet sei. Seite 1692 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

251 Die in den Planfeststellungsunterlagen für Waldrandschäden anerkannte Wirktiefe weiche von der in der Landesplanerischen Beurteilung genannten und begründeten Wirktiefe nach unten ab; ebenso von der im LEP-Änderungsentwurf zugrunde gelegten. Zwischen dem Raumordnungsverfahren und dem Planfeststellungsverfahren gebe es erhebliche Abweichungen beim berechneten Risiko. Das gelte sowohl für das Einzel- als auch das Gruppenrisiko. Diese seien nicht nachvollziehbar. In Bezug auf das externe Absturzrisiko und die dargestellten Risikozonen ergebe sich ein Widerspruch zwischen dem Raumordnungsverfahren und den Antragsunterlagen im Planfeststellungsverfahren. Im Planfeststellungsverfahren seien diese reduziert worden. Die Bewertung der Flugsicherheitsrelevanz im Vogelschlaggutachten sei unklar und im Vergleich zu Äußerungen im Raumordnungsverfahren widersprüchlich. Die Klassifizierung des Gutachtens zum Planfeststellungsverfahren entbehre jeder fachlichen Grundlage. Differenzen zwischen Raumordnungs- und Planfeststellungsunterlagen gebe es auch hinsichtlich der Überflughöhen des Mains. Im Gutachten zum Planfeststellungsverfahren (G8 und G9.1) habe sich die Zahl der Begleiter gegenüber dem Raumordnungsverfahren vervierfacht. Eine signifikante Abweichung der Antragsbegründung im Planfeststellungsverfahren zur der Antragsbegründung im Raumordnungsverfahren betreffe die Nutzung der Landebahn Nordwest durch verschiedene Flugzeugtypen. Hieraus könnte sich für die räumlich dem Flughafen sehr nahe gelegene Stadt Hattersheim am Main mit ihren Stadtteilen Okriftel und Eddersheim eine weitere Zunahme der Fluglärmbelastung ergeben Sonstiges zur Raumordnung Allgemeines Es wird ausgeführt, dass eine Ausweitung des Flugbetriebes nur dann möglich wäre, wenn die Raumordnung bereits vor Jahren auf eine Entzerrung von Flughafen und Wohnbebauung hingewirkt hätte. Dies sei aber versäumt worden, so dass die Lebensqualität nur aufrecht zu erhalten sei oder wiederherzustellen wäre, wenn die Belastungen auf ein zumutbares Maß reduziert würden. Flughafenprojekte wie vorliegend dürften nicht einer regionalen Planung unterliegen, sondern müssten in eine nationale- und europa- bzw. weltweite Gesamtplanung integriert werden. Es fehle ein Flughafenkonzept für die Bundesrepublik Deutschland, das der Leitvorstellung ( 1 ROG) einer ausgewogenen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung entspreche und zugleich ökologisch verträglich sei. Das Flughafenkonzept der Bundesrepublik Deutschland werde den Ansprüchen des Raumordnungsgesetzes nicht gerecht. Nach Auffassung der Fraport AG kann der Flughafenausbau durchaus auf regionaler Ebene festgelegt werden; er setze weder ein Bundeskonzept noch ein EU-weites Konzept voraus Einzelaspekte Die Stadt Rüsselsheim wendet ein, dass die Anstrengungen des RMV und des Planungsverbandes Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main zur Schaffung attraktiver Radwege sowie des Regionalparks RheinMain vernichtet würden. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1693

252 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Nach Auffassung der Fraport AG trifft die Befürchtung in dieser Pauschalität nicht zu. Unter Verweis auf die Begründung des Regionalplans zur Umsetzung und Verwirklichung der Funktion der Regionalen Grünzüge machen die Städte Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main geltend, dass sie als Gesellschafter der Firma116 auch in ihren eigenen Rechten beeinträchtigt würden, wenn eine Weiterentwicklung des Regionalparks auf ihren Gebieten infolge des geplanten Ausbaus nicht mehr möglich sei. Die Fraport AG argumentiert, das geplante Ausbauvorhaben begründe sich aus dem künftigen Verkehrsbedarf, für dessen Abwicklung sie verantwortlich sei. Hierbei handele es sich ebenso wie bei den kommunalen Planungen um öffentliche Belange. Die kommunalen Planungsbelange seien von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Man sei der Ansicht, dass das Erfordernis eines Ausbaus des Flughafens Frankfurt Main in dem konkreten Fall das Zurücktreten der kommunalen Planungsbelange gebiete. Dies bestätige auch das Verfahren zur Änderung des LEP. Es wird vorgetragen, der Landesentwicklungsplan enthalte zum Nachtflugverbot kein Ziel der Raumordnung, sondern lediglich programmatische Aussagen bzw. politische Einschätzungen, Absichtserklärungen und Verfahrenshinweise ohne rechtliche Bindungswirkung. Insofern komme auch dem Ziel einer verbindlichen Festlegung von Nachtflugbeschränkungen keine rechtliche Bindungswirkung zu. Auch die raumordnerische Beurteilung habe lediglich den Charakter einer gutachtlichen Äußerung der Raumordnungsbehörde und könne von der Planfeststellungsbehörde auch nur im Rahmen des Abwägungsgebots berücksichtigt werden. Weder aus dem Beschluss des Landtags noch aus dem Landesentwicklungsplan Hessen 2000, so wird weiter argumentiert, erwachse eine rechtlich verbindliche Verpflichtung, in besonderem Maße auf die Nachtruhe der Bevölkerung Rücksicht nehmen zu müssen. Eine Einführung des Nachtflugverbots sei daher nicht zwingend geboten. Der Luftfahrtbehörde bleibe bei ihrer Planungsentscheidung nach 8 LuftVG ein Bewertungs- und Entscheidungsspielraum. Daher könne sie Ziele der Raumordnung und Landesplanung im Rahmen ihrer Abwägung mit anderen Belangen überwinden. Weder sei ein landesplanerisches Ziel in der Lage, mit rechtlicher Verbindlichkeit die fachplanerische Abwägungsentscheidung über die luftrechtliche Zulassung eines Verkehrsflughafens vorweg zu binden, noch könne eine landesplanerische Zielsetzung die Luftverkehrsbehörde, die in Bundesauftragsverwaltung auf der Grundlage von 31 LuftVG das LuftVG vollziehe, mit rechtlicher Verbindlichkeit verpflichten, ein Nachtflugverbot zu erlassen. Die Fraport AG stellt klar, sie habe ihren Antrag auf betriebliche Beschränkungen während der Nachtzeit (sog. Nachtflugverbot) weder mit einer diesbezüglichen Verbindlichkeit landesplanerischer Aussagen noch einer solchen von Landtagsbeschlüssen begründet. Sie halte seine Einführung vielmehr nach Abwägung aller Belange für gerechtfertigt und im Wege der Planfeststellung einer entsprechenden betrieblichen Regelung für möglich (siehe Antragsbegründung A2, Kap. II). Im Erörterungstermin ist darauf hingewiesen worden, die Planfeststellungsunterlagen enthielten das Tor 31 und das Parkhaus im Bereich der A380-Werft, obwohl sowohl in der Abweichungszulassung zum Regionalplan als auch im Planfeststellungsbeschluss zum A380 festgelegt worden sei, dass dies in dieser Form nicht so geplant werden solle. Die Fraport AG erläutert, sie habe im Rahmen ihrer Planung nach wie vor einen gewissen Bedarf für das Parkhaus gesehen. Bei der Abweichungszulassung im Rahmen des Seite 1694 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

253 A380-Verfahrens habe man erklärt, dass das Parkhaus gegebenenfalls auch noch auf die jetzige Planung Einfluss nehmen könne. Man habe zunächst den Erörterungstermin abwarten wollen, um zu sehen, inwieweit gegebenenfalls noch Handlungsbedarf bestehe Bewertung In der Landesplanerischen Beurteilung vom 10. Juni 2002 zum ROV für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main wurde festgestellt, dass die Vereinbarkeit der Vorhabensvariante Nordwest mit den Erfordernissen der Raumordnung hergestellt werden kann, wenn es zu einer Änderung der entgegenstehenden Ziele des RPS 2000 kommt und eine Reihe von Maßgaben beachtet werden. Die landesplanerischen Voraussetzungen für die Realisierung des Vorhabens sind derzeit noch nicht gegeben. Die entgegenstehenden Ziele des RPS 2000 sind noch nicht geändert. Der Entwurf zur Änderung des LEP sieht eine Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main durch den Bau einer Landebahn im Kelsterbacher Wald vor. Sobald die Änderung des LEP durch Rechtsverordnung festgestellt ist, ist der Regionalplan an die Festlegungen des LEP anzupassen. Für den Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zur Erweiterung des Flughafens reicht es allerdings aus, wenn der Ausbau im LEP zielförmig festgelegt wird, da die Gemeinden und sonstigen Planungsträger unmittelbar an die Ziele des LEP gebunden sind, 4 Abs. 1 HLPG. Die Durchführung eines ROV ist ebenfalls entbehrlich, 18 Abs. 1 HLPG. Das BVerwG hat sich in seiner Entscheidung zum Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 16. März 2006 (4 A ) eingehend mit dem Verhältnis der Raumordnung zur Fachplanung auseinander gesetzt. Nach dieser Entscheidung ist die Wahl des Standorts für einen internationalen Verkehrsflughafen vorrangig eine raumordnerische Entscheidung. Ist dieser von der Landesplanung zielförmig festgelegt, darf die Planfeststellungsbehörde die raumordnerische Abwägung nicht durch eine eigene ergebnisoffene Abwägung ersetzen, bestätigen oder korrigieren. Das bedeutet, dass die Planfeststellungsbehörde die Zielaussage, der ausgewiesene Standort sei aus raumordnerischer Sicht geeignet und vorzugswürdig, als solche hinzunehmen hat (vgl. Rn. 78). Die Planfeststellungsbehörde trifft allerdings keine Rechtspflicht zur Zulassung des Vorhabens am ausgewiesenen Standort. Zeigt sich in dem nachfolgenden Planfeststellungsverfahren, dass das Vorhaben am vorgegebenen Standort technisch oder rechtlich nicht realisierbar wäre, der vorgesehene Standort aus anderen Gründen ungeeignet ist oder mit unverhältnismäßigen Eingriffen in private, kommunale oder allgemeine öffentliche Belange verbunden wäre, so muss die Planfeststellungsbehörde den Antrag ablehnen (vgl. Rn. 78). Die Landesplanung kann, so das BVerwG, zwar den Entscheidungsspielraum der Planfeststellungsbehörde durch eine abschließend abgewogene Standortentscheidung erheblich eingrenzen und festlegen, allerdings obliegt es der Planfeststellungsbehörde, die raumordnungsexternen Belange im Verhältnis zu den Vorzügen, die der Träger der Landesplanung mit seiner Entscheidung verbindet, zu bewerten und zu gewichten. Es ist also durchaus denkbar, dass sich die landesplanerische Standortwahl in der fachplanerischen Abwägung nicht durchsetzt, z. B. wenn die Zulassung des konkrete Vorhabens am ausgewiesenen Standort in unzumutbarer Weise in private Schutzgüter wie Gesundheit oder Eigentum, aber auch in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung oder öffentliche Belange wie Wasserhaushalt, Bodenschutz oder Natur und Landschaft eingreifen würde (vgl. Rn. 77). Diese vom BVerwG festgestellte strikte Bindung der Planfeststellungsbehörde an die zielförmige Standortfestlegung bringt es mit sich, dass etwaige Abwägungsmängel bei der Zielfestsetzung durch die Landesplanung auf das Planfeststellungsverfahren durchschla- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1695

254 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main gen (vgl. Rn. 83). Da private Betroffene nicht an die Ziele der Landesplanung gebunden sind, können sie diese zum Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (Inzidentkontrolle) machen (vgl. Rn. 81). Unterstellt, die Änderung des LEP wäre zum Zeitpunkt der Planfeststellung durch Rechtsverordnung festgestellt, ergäbe sich die gleiche Rechtslage wie die im vom BVerwG entschiedenen Verfahren für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld. Der Einwand, der insbesondere von der Firma057 vorgetragen worden ist, es fehle an einer Standortuntersuchung auf raumordnerischer Ebene hätte sich dann erledigt. Auch die gegen die Änderung des LEP vorgetragenen Einwände wären im Planfeststellungsverfahren unerheblich. Im Planfeststellungsverfahren wären folglich nur noch die raumordnungsexternen Belange, auf die sich das Vorhaben nachteilig auswirken würde, im Verhältnis zur landesplanerischen Standortwahl zu gewichten. Wäre die Änderung des LEP zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses nicht erfolgt, so wären die landesplanerischen Voraussetzungen für die Realisierung des Vorhabens nicht gegeben, solange die entgegenstehenden Ziele des RPS 2000 noch nicht geändert sind, da die Planfeststellungsbehörde an diese Ziele gebunden ist, 4 Abs. 1 HLPG. Ein erneutes ROV ist in keinem Fall erforderlich. Käme es zu einer Änderung des RPS 2000, wäre ein ROV entbehrlich, 18 Abs. 1 HLPG. Andernfalls könnte auch ein ROV die Zielbindung der Planungsträger nicht überwinden, 18 Abs. 2 Nr. 1 HLPG. Die gegen das ROV vorgebrachten Einwände, z. B. der Einwand, dass im Jahre 2002 durchgeführte ROV sei mit Blick darauf, dass die Auswirkungen der Nordwestvariante auf die im Umfeld des Flughafens gelegenen Störfallanlagen und die von diesen Anlagen ausgehenden Risiken für die Flugsicherheit nicht abschließend bewertet wurden, nicht ausreichend, sind daher unerheblich. Die Maßgaben und Hinweise für nachfolgende Zulassungsverfahren aus der Landesplanerischen Beurteilung sind der Sache nach in den Planfeststellungsunterlagen abgearbeitet worden. Die materielle Prüfung der Umsetzung der Maßgaben obliegt der Planfeststellungsbehörde. Seite 1696 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

255 19 Bauleitplanung und sonstige Planungen 19.1 Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit durch das Vorhaben inklusive der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Flächennutzungspläne, B-Pläne) Kommunale Planungshoheit allgemein Allgemein wird eingewendet, dass es Hinweise auf Verstöße gegen die kommunale Planungshoheit gebe und dass vorsorglich allen möglichen oder tatsächlichen Einschränkungen der Planungshoheit widersprochen werde. Beeinträchtigt sei die kommunale Planungshoheit durch Erschwerung und den faktischen Ausschluss bestimmter Nutzungen und Funktionen infolge des Fluglärms sowie durch ansteigende Abflugfrequenzen und damit deutlich verkürzte Lärmpausen zwischen zwei Flugereignissen. Die Städte und Gemeinden sehen durch die beantragte Anzahl von Flugbewegungen eine Existenzgefährdung der Kommunen. Ergänzend wird vorgetragen, dass weite Teile der Gemeindegebiete wegen des zu erwartenden Fluglärms und der Zunahme des landseitigen Verkehrs einer durchsetzbaren, weiteren Wohnsiedlungsplanung entzogen würden. Gesunde Wohnund Arbeitsverhältnisse bestünden dann nicht mehr. Insbesondere durch die unzumutbare und gesundheitsschädliche Verlärmung mit Immissionen aus dem Flugbetrieb komme es unter Verstoß gegen zwingendes Recht aus 9 Abs. 2 LuftVG und unter Verstoß gegen das Abwägungsgebot zu dem Verlust von Siedlungs- und Erholungsräumen und zu einem erheblichen Ausfall der Planungshoheit bezüglich Wohnbebauung und kommunaler Daseinsvorsorge. Planungen, Infrastrukturpläne und Lärmminderungspläne seien in den Planunterlagen nicht berücksichtigt, ebenso die Agenda-21-Prozesse der Kommunen. Die Fraport AG erwidert, eine Einschränkung der kommunalen Planungshoheit ergebe sich nicht notwendigerweise, wobei eine solche auch dann nicht gegeben sein müsse, wenn es zu einem Anstieg des Dauerschallpegels käme. Die Regelungen zur Siedlungssteuerung würden in Bezug auf Fluglärmeinwirkungen auf Basis von Dauerschallpegelkriterien getroffen. In den äquivalenten Dauerschallpegeln seien die Fluglärmereignisse mit ihrer Lärmintensität, der Dauer des einzelnen Geräusches und der Anzahl der Geräusche innerhalb des Betrachtungszeitraumes eingegangen. Ein Anstieg der Anzahl von Überflügen allein führe nicht automatisch zu einer Veränderung des äquivalenten Dauerschallpegels. Wenn die einzelnen Ereignisse weniger laut seien, könne aus einer höheren Zahl an Ereignissen dennoch eine Verminderung des Dauerschallpegels resultieren. Dies bedeute, dass aus einem Anstieg der Abflugfrequenzen nicht notwendigerweise eine Ausdehnung von Fluglärmkonturen resultiere. Im Erörterungstermin ist ergänzend ausgeführt worden, das Vorhaben schränke die benachbarten Gemeinden in ihrer kommunalen Selbstverwaltung ein. So werde die vom HessVGH und BVerwG im Bezug auf Siedlungsflächen bestätigte Planungshoheit der Stadt Flörsheim durch das Vorhaben aufgehoben. Dies werde auch durch die Gutachten der Fraport AG aufgezeigt. Die Städte und Gemeinden führen an, die zusätzlichen Verlärmungen ließen die Planungen in Flächennutzungsplänen und Landschaftsplänen sowie in vorhandenen oder in Aufstellung befindlichen Bebauungsplänen und die Lärmminderungsplanung gegenstandslos werden. Dies und die Ausdehnung des Siedlungsbeschränkungsbereichs mache eine Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1697

256 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Siedlungsentwicklung unmöglich, stadtplanerische Entscheidungen seien somit praktisch aufgehoben. Dies betreffe auch das einfachgeschützte Eigentum. Außerdem vermittele die gemeindliche Selbstbefugnis ein Abwehrrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen gemeindlicher Einrichtungen (BVerwG, DÖV 2000, S. 422). Die Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit der Gemeinden sei zudem in der Antragsbegründung (Antragsteil A2, S. 64) nur unzureichend behandelt worden. Ergänzend wird hinsichtlich der Verletzung der Planungshoheit bei verfestigten Planungen auf einen Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 16. August B /01 - verwiesen, bei städtebaulichen und nicht durch Planfeststellungen zu beeinträchtigenden Planungsmöglichkeiten auf ein Urteil des BVerwG vom 11. Januar 2001, ZfBR 2001, S. 279, 281 m. w. N. und bei noch nicht konkretisierten und durch Fluglärm der Gemeindeplanung entzogenen Planungen auf einen Beschluss des BVerwG vom 15. April 1999, NVwZ-RR 1999, S Die Stadt Neu-Isenburg verweist hierzu auch auf Rechtsprechungen des BVerwG 74, 124, 132 sowie BVerwG 69, 256, 261. Die Kommunen sehen sich ferner als Träger allgemeiner kommunaler Daseinsvorsorge gemäß Artikel 28 GG von dem Vorhaben betroffen. Das Vorhaben wirke sich negativ auf die zu vertretenden öffentlichen Belange aus und schränke die Planungsoptionen im Sinne kommunaler Selbstverwaltung in allen Lebensbereichen ein (u. a. Stadtentwicklung, Bauleitplanung, Verkehrsplanung, Lärmminderungsplanung). Indirekt werde auch die fiskalische Selbstverwaltung gefährdet. Die Fraport AG erwidert hierzu, die kommunalen Planungsbelange seien von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das geplante Ausbauvorhaben begründe sich aus dem künftigen Verkehrsbedarf. Hierbei handele es sich e- benso wie bei den kommunalen Planungen um einen öffentlichen Belang. Das Erfordernis eines Ausbaus des Flughafens Frankfurt Main gebiete das Zurücktreten der kommunalen Planungsbelange. Im Übrigen sei auf die vorrangige Landesplanung zu verweisen, die im laufenden LEP--Änderungsverfahren dem Flughafenausbau Vorrang einräume Allgemeine Stadt- und Siedlungsentwicklung Es wird vorgetragen, die Städte und Gemeinden seien im Ausbaufall in ihrer Siedlungsentwicklung sowie in der Orts- und Gemeindeplanung eingeschränkt. Auch ungeachtet des Siedlungsbeschränkungsbereiches sei zu befürchten, dass die im Regionalplan Südhessen ausgewiesenen Siedlungserweiterungsflächen infolge der zunehmenden Lärmbelastung nicht mehr genutzt werden können. Die Kommunen sehen sich in der Erweiterung von Wohnbauflächen gehindert und befürchten eine Beeinträchtigung mittelzentraler Funktionszuweisungen. Auch die den Mittelzentren zugewiesene Aufgabe durch das Land Hessen als Schwerpunktbereiche der Siedlungsentwicklung könne nicht mehr erfüllt werden. Betroffen seien auch raumrelevante Entwicklungsziele auf der Ebene der Landkreise. In den Planfeststellungsunterlagen sei gemarkungsbezogen darzustellen und zu bewerten, welche nach dem RPS 2000 zugestandenen Siedlungszuwachsflächen durch die Wirkungen des Ausbaus eingeschränkt würden. Hierzu führt die Fraport AG aus, in den lärmphysikalischen Gutachten der Planfeststellungsunterlagen sei die Fluglärmbelastung (G10.1A) und die Belastung aus Roll- und Bodenlärm (einschließlich Triebwerksprobeläufe, G10.1B) für die Ist-Situation 2000 ebenso wie für die Situation im Jahr 2015 mit Ausbau (Planungsfall 2015) und ohne Ausbau (Prognosenullfall 2015) ermittelt worden. Die Zusammenführung dieser Lärmbelastungen durch flugbetriebsbedingte Geräusche erfolge im Gutachten G10.1C. In diesem Gutach- Seite 1698 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

257 ten sowie in mehreren, den Planfeststellungsunterlagen beigefügten großformatigen Karten sei der Verlauf der durch die lärmmedizinischen Kriterien definierten Isolinien dargestellt. In den Karten B und B sei für Tag und Nacht die aus den drei Szenarien jeweils resultierende Lärmbelastung vergleichend dargestellt. Für Städte und Gemeinden, die außerhalb dieser Konturen oder außerhalb des Untersuchungsraumes Lärm (vgl. Plan G1.III.1.1) liegen, seien keine Auswirkungen mit Relevanz für Siedlungszuwachsflächen oder Wohnbauflächenpotentiale zu erwarten. Die Einwender tragen vor, im Ausbaufall seien Einschränkungen bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen zu erwarten. Im Erörterungstermin ist hierzu ergänzend ausgeführt worden, dass Entwicklungsmaßnahmen auch gefährdet seien, wenn infolge des Ausbaus Wohngebiete nicht mehr vermarktet werden können. Betroffen seien auch Maßnahmen des Förderprogramms Soziale Stadt, dessen Zielsetzungen im Ausbaufall konterkariert würden sowie städtebauliche Sanierungsmaßnahmen mit dem Ziel der Erhaltung der historischen Bebauung sowie Aufwertung und Ergänzung des Wohnungsangebotes. Es werde befürchtet, dass städtebauliche Sanierungsmaßnahmen ( 136 ff. BauGB), Stadtumbaumaßnahmen ( 171 a ff. BauGB) sowie Maßnahmen der sozialen Stadt ( 171 e BauGB) aufgrund der Auswirkungen des Ausbaus nicht mehr durchgeführt werden könnten. Maßnahmen zur Umstrukturierung von ehemals gewerblich genutzten Flächen u. a. im Rahmen des Stadtumbauprogramms West - seien im Ausbaufall fragwürdig. Im Erörterungstermin ist ergänzend vorgetragen worden, dass der Flughafen immer weiter an die umliegenden Kommunen vorrücke und diese in ihren Entwicklungen einschränke und nicht umgekehrt. Ergänzend wird ausgeführt, auf einem Plan von 1958 sei zu erkennen, dass die Fraport AG beispielsweise im Westen von der Bebauung und auch von Ticona, dem damals schon vorhanden Betriebsgelände, aber auch von Raunheim, weit entfernt gewesen sei. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Expansion des Flughafens sei es unhaltbar, dass die betroffenen Kommunen die Konsequenzen zu tragen hätten und dem Flughafen ausweichen müssten. Die Fraport AG erwidert, es sei in Deutschland generell kein unüblicher Vorgang, dass ein Ausbau von Verkehrsträgern irgendwo einer Siedlung näher komme, ohne dass das anrüchig sein müsse. Bei der Braunkohleförderung werde dies im extremen Maße deutlich gemacht. Ferner sei festzuhalten, dass seit 1971 ein Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens existiere, der den Flughafen in seiner heutigen Konfiguration genehmigt habe. Bereits damals sei die Nachbarschaft zu Ticona berücksichtigt und der Planfeststellungsbeschluss von Ticona auch nicht angefochten worden Bauleitplanung allgemein Es wird vorgetragen, der Ausbau beeinträchtige die Möglichkeiten der Städte und Gemeinden neue Wohnbauflächen auszuweisen und bauleitplanerisch zu entwickeln. Bauleitplanerische Festlegungen würden weiter eingeschränkt und gefährdeten langfristig angelegte Standort- und Grundstücksbevorratungen. Geplante Erweiterungen von Wohnund Gewerbegebieten und das Schließen von Baulücken seien nicht mehr möglich. Auch könnten städtebauliche Gebote und Erhaltungssatzungen nicht mehr erlassen werden. Die Bauleitplanung der Städte und Gemeinden sei in den Planfeststellungsunterlagen im abwägungserheblich relevanten Bereich nicht problematisiert worden. Eine Auseinandersetzung mit einzelnen Bebauungsplänen habe nicht stattgefunden, auch hätte eine Gesamtbetrachtung der betroffenen Kommunen erfolgen müssen. Eine Darstellung von Lärmschutzgebieten mittels Isophonen reiche in diesem Zusammenhang nicht aus. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1699

258 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Fraport AG erwidert, sie habe in ihren Unterlagen beim lärmphysikalischen Gutachten dargestellt, unterlegt durch das lärmmedizinische Gutachten, an welchen Stellen mit welchen Auswirkungen zu rechnen sei, wo man schutzwürdige Bereiche sehe oder wo dann Maßnahmen zu ergreifen seien. Anhand dieser Linien könne man auch die einzelnen Bebauungsgebiete zuordnen und dazu Aussagen treffen. Die Fraport AG habe diesen Gesichtspunkt eher unter der generellen Frage der Beeinträchtigungen oder der Auswirkungen des Flughafens gesehen, aber nicht bezüglich der Notwendigkeit, anhand irgendwelcher Lärm-Isophonen zu beurteilen, welche Folgen das für Bebauungsgebiete hätte oder welche Maßnahmen zu treffen seien. Es sei nicht erkennbar, dass Bebauungspläne grundsätzlich nicht mehr realisierbar seien oder dass der Ausbau in einem Maß eingreife, dass diese nichtig würden. Es gebe lediglich betroffene Teilbereiche. Anhand einzelner Gutachten zu den Auswirkungen liege der Planfeststellungsbehörde das Material vor, das eine Beurteilung der Beeinträchtigung einzelner konkreter Bebauungspläne ermögliche. Es sei zu berücksichtigen, dass Lärmschutzmaßnahmen die ursprünglich vorgesehene Funktion eines Bebauungsplans trotz der zunehmenden Verlärmung aufrechterhielten. Es wird vorgetragen, dass sämtliche Anrainerkommunen ihre gesamte Bauleitplanung inklusive ihrer Verkehrs- und Infrastrukturplanung auf die Zusage abgestellt hätten, dass kein weiterer Ausbau erfolge. Im Vertrauen auf den Planfeststellungsbeschluss 1971 hätten die Gemeinden ihre Bauleitplanungen an den Vorgaben des LEP und des RPS ausgerichtet. Auch werde mit der Überschreitung der Kapazitätsgrenze des Planfeststellungsbeschlusses von 1971 eine Konfliktsituation mit der Bauleitplanung jenseits der Seveso-II-Richtlinie erzeugt. Bürger hätten sich bei Anmietung oder Kauf von Grundbesitz darauf eingerichtet, von weiteren Ausbaumaßnahmen verschont zu bleiben. Auch im Mediationsverfahren sei das Nebeneinander von gemeindlicher Bauleitplanung und Flughafenerweiterung nicht problematisiert worden. Die Fraport AG hält dem entgegen, die in der Einwendung genannte Zusage habe sie nicht gegeben. Ein Vertrauensschutz, dass es zu keinem weiteren Flughafenausbau kommen werde, bestehe nicht. Sofern eine solche Annahme durch Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss 1971 hervorgerufen worden sein möge, sei hierzu auszuführen, dass sie zu keiner Zeit rechtsverbindlich gewesen seien, da sie nur in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses stünden und sich nicht auf das planfestgestellte Vorhaben beziehen, sondern auf Befürchtungen etwa eines späteren Baus einer weiteren Start- oder Landebahn. Ein derartiges Vorhaben stelle jedoch nicht den Gegenstand des durch den Planfeststellungsbeschluss abgeschlossenen Verfahrens dar. Selbst im Fall der damaligen Verbindlichkeit dieser Aussagen wäre sie es gegenwärtig nicht mehr. Sie seien unter dem Vorbehalt gleich bleibender Umstände erfolgt, die maßgeblichen Umstände hätten sich aber in den vergangenen fast 35 Jahren seit Erlass des Planfeststellungsbeschlusses 1971 entscheidend geändert, insbesondere in Bezug auf das Wachstum des Luftverkehrs. Insofern sei im öffentlichen Recht ein dem Wegfall der Geschäftsgrundlage entsprechender Grundsatz allgemein anerkannt (und seit Inkrafttreten des HVwVfG zum in 38 Abs. 3 HVwVfG auch gesetzlich normiert). Dieser Grundsatz komme vorliegend zur Anwendung mit der Folge, dass auch aus diesem Grund keine Rechtsfolgen aus der fraglichen Aussage abgeleitet werden könnten. Seitens der Einwender wird vorgebracht, dass eine kommunale Bauleitplanung nur auf hinreichend konkretisierte und verfestigte Planungsabsichten der konkurrierenden Planung Rücksicht nehmen müsse, die erst mit Auslegung der Planunterlagen existent sei. Seite 1700 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

259 Dabei werde die Gemeinde in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt, wenn das Vorhaben eine hinreichend bestimmte Planung nachhaltig störe, wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung entzöge oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt würden (BVerwGE 69, 256, 261; BVerw- GE 81, 95, 106). Eine hinreichend konkretisierte Planung stelle der Flächennutzungsplan dar (BVerwG, BayVBl. 1991, 24) und liege bereits bei einer Offenlage ( 3 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB) vor. Noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde seien auch in die Abwägung einzustellen, um diese nicht unnötigerweise zu verbauen (BVerwG, DVBl. 1996, 914, 915). Wenn grundlegende Veränderungen des örtlichen Gepräges oder der örtlichen Strukturen zu erwarten seien, beeinflusse dies die Gemeinde in ihrer Planung und Entwicklung (BVerwGE 97, 203; BVerwGE 81, 95; BVerw- GE 77, 134; VGH Baden-Württemberg, VBlBW 1997, 387, 389). Unabhängig vom Schutz des Art. 14 GG könne eine Gemeinde aufgrund des einfach rechtlich geschützten Eigentums als Eigentümerin von Grundstücken und von Gebäuden die nachteiligen Auswirkungen einer Planung geltend machen (BVerwGE 69, 256, 261; BVerwGE 90, 96, 101). Dies gelte auch für kommunale Einrichtungen. Aufgrund der Nichtigkeit der raumordnerischen Festlegungen hätten die Kommunen vor der Auslegung der Planfeststellungsunterlagen im Januar 2005 keine Veranlassung gehabt, mit ihren Bauleitplanungen Rücksicht auf den Flughafenausbau zu nehmen (Verweis auf das Urteil des HessVGH vom 15. Dezember 2003 zum Caltex-Bebauungsplan). Umgekehrt hätte die Fraport AG die Auswirkungen ihres Vorhabens auf die mit einer Bauleitplanung belegten Gemeindegebiete zu untersuchen gehabt. Diese doppelte Planungshürde sei nicht bewältigt. Hinzu komme, dass die Hessische Landesregierung noch im August 2004 durch die Neugenehmigung des Regionalplans Südhessen bestätigt habe, dass die Einwendungsführer (die Städte Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main) berechtigt seien, auch angesichts der Ausbauplanung weitere Siedlungsgebiete auszuweisen. Mit dem geplanten Vorhaben würden die Gemeinden nicht nur in ihrem Recht auf Ausübung der Bauleitplanung verletzt, sondern würden auch in ihrer Ausübung der Planungspflicht gemäß 1 Abs. 4 BauGB gehindert. Die Fraport AG erwidert hierzu, sofern den Städten Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main tatsächlich ein besonderer Vertrauensschutz gewährt werde, den sie der Genehmigung des RPS jedoch nicht entnehmen könne, so hätte dies keinerlei Bindungswirkung zu ihren Lasten und des gegenständlichen beabsichtigten Ausbauvorhabens. Auch verletze das Vorhaben das Recht auf Bauleitplanung in keiner Weise. Das geplante Ausbauvorhaben begründe sich aus dem künftigen Verkehrsbedarf. Hierbei handele es sich ebenso wie bei den kommunalen Planungen um öffentliche Belange. Die Fraport AG ist der Ansicht, dass das Erfordernis eines Ausbaus des Flughafens Frankfurt Main das Zurücktreten der kommunalen Planungsbelange gebiete. Im Übrigen wäre das Zurücktreten der kommunalen Bauleitplanung eine Folge der Landesplanung, da im derzeitigen LEP-Änderungsverfahren der Flughafenerweiterung mit allen Konsequenzen für die Bauleitplanung Vorrang eingeräumt werde. Auch setze die Fraport AG mit dem Planfeststellungsverfahren auf einem durchgeführten ROV auf, in dem diese Konflikte bereits angesprochen und beurteilt worden seien. Man habe dargelegt, welche Folgen der Ausbau insgesamt und damit auch für die einzelnen Kommunen habe, selbst wenn der einzelne Bebauungsplan dabei nicht in den Blick genommen worden sei. Es sei festzuhalten, dass, wenn diese Problematik unter anderem mit passiven Schallschutzmaßnahmen nicht mehr bewältigt werden könne, die Fraport AG dafür einstehen werde bis hin zu Absiedlungsansprüchen. Das Schallschutzkonzept der Anlage 1 zu Teil A2 solle die Grundlage für die Behördenentscheidung sein. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1701

260 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Flächennutzungsplanung Die Einwender sehen sich in ihrer Flächennutzungsplanung beeinträchtigt. Von der Ausbauplanung seien neben rechtskräftigen Flächennutzungsplänen auch in Aufstellung befindliche Flächennutzungspläne, die für den Regionalen Flächennutzungsplan des PVF gemeldete Flächen und Entwicklungspläne zum Flächennutzungsplan betroffen. Es werde befürchtet, dass die Realisierung der in diesen Plänen konkret benannten Wohnbau- und Siedlungszuwachsflächen behindert, eine Entwicklung von Bebauungsplänen aus dem Flächennutzungsplan verhindert werde und möglicherweise Umplanungen von Flächennutzungsplandarstellungen vorgenommen werden müssten. Die in Flächennutzungsplänen formulierten Zielvorstellungen würden im Ausbaufall gegenstandslos werden. So enthalte der rechtskräftige Flächennutzungsplan der Stadt Rüsselsheim aus dem Jahr 1993 im westlichen Teil des Ausbaubereichs Süd die Darstellung Wald. Es sei nicht ersichtlich, wie auf diese Darstellung im Fall der Bannwaldaufhebung und Waldrodung Rücksicht genommen werden könne. Die Fraport AG erwidert hierauf, die Festlegungen des Flächennutzungsplans der Stadt Rüsselsheim hätten im westlichen Teil des Ausbaubereichs Süd weiterhin Bedeutung. Im Zweifel müssten allerdings die kommunalen Bauleitplanungen insbesondere gegenüber der höherrangigen Landesplanung zurückstehen. Der Flächennutzungsplan der Stadt Rüsselsheim, der seit dem rechtskräftig ist, stellt im westlichen Teil des Ausbaubereichs Süd Waldfläche mit der Kennzeichnung Bannwald, ausgewiesen dar. Ein Teilbereich der im FNP dargestellten Waldfläche wird von der Planfeststellung für die A380-Werft überlagert, der daran angrenzende Teilbereich auf Rüsselsheimer Gemarkung ist im Planfeststellungsverfahren als Flugbetriebsfläche Werftvorfeld Süd beantragt. Die Stadt Rüsselsheim ist seit dem Mitglied des PVF, der damit auch Träger der Flächennutzungsplanung für den Bereich der Stadt Rüsselsheim ist. Im Vorentwurf 2006 des RegFNP ist der westliche Teil des Ausbaubereichs Süd als Fläche für den Luftverkehr, geplant dargestellt. Der Bereich der planfestgestellten A380-Werft ist im Vorentwurf 2006 des RegFNP als Fläche für den Luftverkehr, Bestand dargestellt. Es wird auf die Ausführungen im Kapitel verwiesen. Im Erörterungstermin haben die Einwender ergänzend darauf hingewiesen, dass die e- hemalige Flughafen Frankfurt Main AG zur Aufstellung des UVF-Flächennutzungsplanes gehört worden sei und keine Bedenken gegen die Siedlungsentwicklung geltend gemacht habe. Die im Flächennutzungsplan dargestellte Gesamtentwicklung stehe im Übrigen auch im Einklang mit der landesplanerischen Einstufung der Städte (Flörsheim am Main, Hattersheim am Main, Hochheim am Main) als Mittelzentren. Das Vorhaben sei als Eingriff in den planerischen Bestand des Flächennutzungsplanes zu werten. Es wird vorgetragen, der beantragte Triebwerksprüfstand im nördlichen Teil der Gemarkung Walldorf widerspreche dem rechtskräftigen Flächennutzungsplan der Stadt Mörfelden-Walldorf, der diese Fläche als Waldfläche darstelle. Auch würden bezüglich der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens die Vorgaben des 35 BauGB nicht erfüllt, da Ausführung und Benutzung des Vorhabens öffentliche Belange beeinträchtige. Zudem entstünde durch die Nähe zu Wohngebieten eine Gemengelage mit der Folge der Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte. Das Vorhaben solle daher auf dem Gelände des Flughafens errichtet werden. Im Übrigen verweist die Stadt Mörfelden-Walldorf auf die im rechtskräftigen FNP der Stadt dargestellten Waldfläche. Diese Darstellung stehe im Widerspruch zu den geplanten Ausbaumaßnahmen im Südbereich in einer Größen- Seite 1702 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

261 ordnung von 85 ha. Alternativen zu diesem Standort, etwa im Bereich Gateway Gardens oder Caltex-Gelände, seien zu prüfen. Der Flächennutzungsplan der Stadt Mörfelden-Walldorf, der seit dem rechtskräftig ist, stellt den Ausbaubereich Süd als Waldfläche mit der nachrichtlichen Übernahme Bannwald dar. Die Stadt Mörfelden-Walldorf ist seit Mitglied des PVF, der damit auch Träger der Flächennutzungsplanung für den Bereich der Stadt Mörfelden- Walldorf ist. Im Vorentwurf 2006 des RegFNP ist der Ausbaubereich Süd als Fläche für den Luftverkehr, geplant dargestellt.. Es wird auf die Ausführungen im Kapitel verwiesen. Die Gemeinde Riedstadt hat im Erörterungstermin vorgetragen, die von der Fraport AG vorgesehene Aufforstungsfläche GG 100 im Bereich Crumstadt, Hof Wasserbiblos widerspreche dem beschlossenen Flächennutzungsplan der Gemeinde, der dort die Darstellung von Grünflächen vorsehe. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde Riedstadt wurde am von meiner Behörde genehmigt. Dabei wurden die von der Gemeinde dargestellten Flächen für die Landwirtschaft sowie Erhalt und Anlage von Grünland im Bereich Hof Wasserbiblos von der Genehmigung ausgenommen, da diese Flächen nicht mit der Ausgleichsmaßnahme GG 100 übereinstimmen, die der Veränderungssperre gemäß 8 a LuftVG unterliegt. Die Gemeinde Riedstadt hat am den Flächennutzungsplan mit dieser Einschränkung bekannt gemacht. Der Flächennutzungsplan ist damit rechtskräftig. Die Stadt Kelsterbach trägt vor, die geplante Landebahn widerspreche der Darstellung des UVF-Flächennutzungsplanes, der diesen Bereich als Waldfläche darstelle. Aus dieser Darstellung sei der Bebauungsplan Mönchwald entwickelt, der Festsetzungen für waldbauliche Maßnahmen von besonderer ökologischer Bedeutung treffe. Der UVF-Flächennutzungsplan, der seit Juli 1987 Rechtskraft hat, stellt den Bereich der geplanten Landebahn als Wald sowie einen ca. 15 ha großen Bereich im Osten, südwestlich des Gewerbegebietes Taubengrund als Fläche für Ver- und Entsorgung, Umspannwerk sowie im östlichen Randbereich der Ver- und Entsorgungsfläche als gewerbliche und gemischte Baufläche dar. Ebenfalls dargestellt ist ein Gleisanschluss. Im Vorentwurf 2006 des RegFNP ist der Bereich der geplanten Landebahn als Fläche für den Luftverkehr, geplant mit dem Symbol Flughafen, geplant dargestellt. Zum Bebauungsplan Mönchwald ist Näheres im Kapitel Bebauungsplanung ausgeführt. Weiter wird von Einwendern gefordert, die Modifizierung des Flächennutzungsplanes im Bereich Gateway Gardens zu Gunsten flughafenaffiner Nutzungen sei in einem Gesamtkonzept zu berücksichtigen gewesen. Für den Bereich Gateway Gardens ist ein Bebauungsplan der Stadt Frankfurt am Main in Aufstellung. Der Plangeltungsbereich liegt außerhalb des Flughafenbereichs und ist nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Der UVF-Flächennutzungsplan stellt diese Fläche als Mischbaufläche dar. Die entsprechende 45. UVF- Flächennutzungsplanänderung hat am Rechtskraft erlangt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1703

262 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Bebauungsplanung Die Einwender tragen vor, dass rechtskräftige Bebauungspläne im Ausbaufall nicht mehr realisierbar seien, im Verfahren befindliche Bebauungspläne nicht mehr fortgeführt werden könnten und Nachverdichtungen im Bestand gefährdet seien. Insbesondere mache es der Zuwachs an Lärm- und Schadstoffbelastungen den Gemeinden unmöglich, die in ihren Flächennutzungsplänen konkretisierten Entwicklungsziele in Bebauungspläne umzusetzen. Die Gemeinden seien möglicherweise gezwungen, Bebauungspläne aufzuheben, nachträglich zu ändern und ergänzende Festsetzungen zu treffen. Möglicherweise müssten sogar bestehende Baurechte entschädigungspflichtig zurückgenommen werden. Die Einwender legen umfangreiche Auflistungen der Bebauungspläne vor, die im Ausbaufall betroffen seien. Die Stadt Flörsheim am Main trägt vor, die Inanspruchnahme und Versiegelung für Bau und Zuwegung für das geplante Voreinflugzeichen widerspreche dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan West IV, dort Flächen für den Natur- und Landschaftsschutz sicherzustellen. Auch verlaufe die für das Voreinflugzeichen benötigte Kabeltrasse durch einen städtischen Weg. Der in der Einwendung genannte Bebauungsplan West IV ist mir nicht bekannt, gemeint ist wohl der Bebauungsplan West VI für das ehemalige Dyckerhoff-Gelände. Das geplante Voreinflugzeichen liegt innerhalb des Plangeltungsbereiches, der hier Fläche zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft Extensivwiese festsetzt. Für den Plangeltungsbereich wurde mit Datum vom eine Abweichungszulassung von den Zielen des RPS (der dort Bereich für den Abbau oberflächennaher Lagerstätten ausweist) zugelassen, die 6. UVF-Flächennutzungsplanänderung wird derzeit durchgeführt (Beteiligung nach 4 Abs. 1 BauGB im November 2005). Zu dem Bebauungsplanentwurf habe ich zuletzt im Rahmen der erneuten Offenlage nach 3 Abs. 3 BauGB im Juli 2005 Stellung genommen. Der Bebauungsplan West VI ist bislang noch nicht rechtskräftig. Die Fraport AG erwidert, diese Planungsbelange seien von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das geplante Ausbauvorhaben begründe sich aus dem künftigen Verkehrsbedarf. Hierbei handele es sich ebenso wie bei den kommunalen Planungen um einen öffentlichen Belang. Im Übrigen habe das Erfordernis eines Ausbaus des Flughafens Vorrang vor kommunalen Planungsbelangen. Bezüglich des geplanten Voreinflugzeichens würden mit dem Eigentümer der zu erwebenden bzw. zu sichernden Flächen entsprechende vertragliche Regelungen angestrebt. Inwieweit das Voreinflugzeichen Zielen von Bebauungsplänen widerspreche, sei angesichts seiner Funktion nicht nachvollziehbar. Von den Städten Heusenstamm, Hofheim am Main, Lorsch, Mainz und Mühlheim am Main und den Gemeinden Einhausen, Erzhausen, Rodenbach und Walluf wird ebenfalls vorgetragen, verschiedene rechtskräftige und in Aufstellung befindliche Bebauungspläne seien im Ausbaufall durch Lärm- und Schadstoffbelastungen betroffen und könnten nicht mehr realisiert werden. Bebauungspläne würden entwertet und Festsetzungen seien hinfällig. Die Fraport AG hält dem entgegen, die genannten Städte und Gemeinden würden von den in den Gutachten dargestellten lärmmedizinisch relevanten Konturen nicht berührt. Auch seien die Gemeinden nicht durch zusätzliche flugbetriebsbedingte Luftschadstoffe betroffen. Eine Beeinträchtigung der Planungshoheit im Allgemeinen und von Bebauungsplänen im Besonderen werde nicht gesehen. Seite 1704 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

263 Die Städte Flörsheim am Main, Hattersheim am Main und Hochheim am Main tragen ergänzend vor, dass sie Beeinträchtigungen bei der Planung neuer Wohn- und Gewerbegebiete durch das Risiko von Wirbelschleppen sehen. Die Fraport AG erwidert, die Städte Hattersheim am Main und Hochheim am Main lägen nicht unter der Anfluggrundlinie und wiesen keine Überflüge auf. Flörsheim am Main würde in einer Höhe von 250 m überflogen. Gemäß den Ausführungen im Gutachten G1 Anhang II.1 und des dort ausgewiesenen Gefährdungspotentials kleiner als 10-7 (Erwartungswert eines Vorfalls größer als Jahre) seien keine Beeinträchtigungen auf kommunale Planungen zu erwarten. Die Stadt Flörsheim am Main sieht im Ausbaufall in Aufstellung befindliche Bebauungspläne sowie noch nicht vollständig bebauten Gebiete wie etwa Flörsheim Nord beeinträchtigt. Es sei zu befürchten, dass die bereits heute bestehende massive Beeinträchtigung der Siedlungsentwicklung weiter erschwert werde. Die Fraport AG gehe in ihrem Casa-Programm selbst davon aus, dass nach einem Ausbau im Wohngebiet Flörsheim-Nord Zustände herrschten, die zu einem Anspruch auf Entschädigung oder zu Übernahmeansprüchen der betroffenen Grundstückseigentümer führten. Mit dem Casa-Programm verfolge die Fraport AG offenbar die Strategie, das Wohngebiet Flörsheim-Nord abzusiedeln. Der Stadt werde es nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich sein, das Gebiet, wie im Regionalplan vorgesehen, weiter zu entwickeln. Im Erörterungstermin ist ergänzend ausgeführt worden, dass die Fraport AG mit dem Casa-Programm zeige, dass im Ausbaufall von einer Unbewohnbarkeit des Gebiets ausgegangen werde. Auch zeige das Programm, dass es im Landeanflug Abweichungen in Nord-Süd-Richtung gebe. Das Planungsziel der Stadt Flörsheim am Main, im Gebiet Flörsheim-Nord Wohnraum für Familien zu schaffen, könne im Ausbaufall nicht verwirklicht werden. Das Casa-Programm widerspreche der kommunalen Bauleitplanung und insbesondere dem Regelungsgehalt des 171 a BauGB (Stadtumbaumaßnahmen). Auch führe das Casa-Programm zu einer regionalen Ungleichbehandlung, wenn Nauheim und Rüsselsheim-Königstedten nicht ebenfalls in dieses Programm einbezogen würden. Auch sei es notwendig, das Kriterium der Lärmentwicklung in dieses Programm aufzunehmen. Die Fraport AG hat im Erörterungstermin erwidert, das Casa-Programm solle das Vertrauen auch der in Flörsheim Wohnenden, insbesondere derjenigen, die sich dort erst vor relativ kurzer Zeit niedergelassen und dort Häuser gebaut hätten, schützen. Damals habe man davon ausgehen können, dass keine Einflugschneise über diese Häuser geplant und gegebenenfalls umgesetzt werde. Hierzu habe man eine Überflughöhe herangezogen und aufgrund bestehender Verfahren über die Abweichung von Flugzeugen im Landeanflug auch die verschiedenen Zonen errechnet. Auf der Grundlage dieser Berechnungen habe man dieses Gebiet ausgewiesen. Es habe nicht die Absicht bestanden, eine strikte Grenze zu ziehen, sondern auch in einer Übergangszone noch eine Ausgleichszahlung anzubieten. Es handele sich daher nicht um Schwankungsbreiten, die ein Sicherheitsproblem darstellten. Mitnichten liege der Grund für dieses Casa-Programm darin, dass dort ein Wohnen oder ein Leben nicht mehr zumutbar sei. Im Übrigen sei das Casa-Programm nicht Gegenstand des Planfeststellungsantrags. Für den Bereich Flörsheim-Nord sind die Bebauungspläne Nord I bis Nord V rechtskräftig und zum Teil bereits vollständig bebaut. Der Bebauungsplan Nord VI wird derzeit Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1705

264 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main aufgestellt, die Offenlage wurde im September 2005 durchgeführt. Der Bebauungsplan Nord VI ist aus dem UVF-Flächennutzungsplan entwickelt, der für diesen Bereich Wohnbaufläche darstellt. Vor dem Hintergrund der Neugenehmigung des RPS (neu veröffentlicht im StAnz. 37/2004 vom ) kann der Bebauungsplan trotz der Lage im Siedlungsbeschränkungsbereich in Kraft gesetzt werden. Bislang (Stand August 2006) hat der Bebauungsplan noch keine Rechtskraft erlangt. Die Einwender tragen vor, dass der rechtskräftige Bebauungsplan der Stadt Kelsterbach Nr. 4/99 Mönchwald direkt vom Ausbauvorhaben betroffen sei. Es sei ein erheblicher Planungsmangel, dass der Bebauungsplan in den Planfeststellungsunterlagen der Fraport AG weder bei der Bestands- noch bei der Eingriffsbewertung berücksichtigt werde. Der Bebauungsplan fixiere planungsrechtliche Festsetzungen für waldbauliche Maßnahmen von besonderer ökologischer Bedeutung, die im Kelsterbacher Wald umgesetzt werden sollten. Es sei unklar, wie auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes Rücksicht genommen werde, wenn der Bannwaldschutz aufgehoben und der Wald gerodet werde. Der Bebauungsplan 4/99 diene dem naturschutzrechtlichen Ausgleich für die durch die Bebauungspläne 2/99 Länger Weg II und 3/99 Länger Weg III bauplanungsrechtlich zugelassene Bebauung. Die Stadt Kelsterbach sieht ihre Bauleitplanung im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG vollständig vereitelt. Für den Fall der Stattgabe des Planfeststellungsantrags wird gefordert, eine Beweissicherung zum Bebauungsplan 4/99 Mönchwald anzuordnen sowie die Fraport AG zu verpflichten, den durch die Landebahn im Kelsterbacher Wald vernichteten naturschutzrechtlichen Ausgleich zu ersetzen. Die Kosten für Realisierung und Unterhalt habe die Fraport AG zu tragen. Die Fraport AG erwidert, der Bebauungsplan 4/99 der Stadt Kelsterbach sei im Rahmen der Erstellung der UVS als Daten- und Informationsgrundlage berücksichtigt worden (vgl. Bd. C, G1, Teil III, S. 111, 134, 138 etc.). Für die verbleibende Waldfläche des Kelsterbacher Waldes habe der Bebauungsplan der Stadt Kelsterbach weiterhin Bedeutung. Im Zweifel müssten allerdings die kommunalen Bauleitplanungen insbesondere gegenüber der höherrangigen Landesplanung zurückstehen. Im Erörterungstermin ist das Problem der im Bebauungsplan Mönchwald naturschutzrechtlich fixierten Ausgleichsmaßnahmen für andere Bebauungspläne der Stadt Kelsterbach vertieft erörtert worden. Diese Problematik sei nicht gelöst, und im Ausbaufall entfielen dringend benötigte Ausgleichsflächen für die kommunale Bauleitplanung, die nicht einfach eliminiert werden könnten. In der Fachplanung sei es eine Selbstverständlichkeit, dass wenn ein Vorhaben in die planfestgestellten Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen eingreife, diese zu ersetzen seien. Die Fraport AG habe die besagte Fläche lediglich als Eingriffsfläche dargestellt, aber nicht bilanziert, dass dies ein naturschutzrechtlicher Ausgleichsbebauungsplan sei. Auch wenn die Festsetzungen des Bebauungsplanes für den naturschutzfachlichen Ausgleich noch nicht vollzogen seien, so sei der Plan dennoch für die Fraport AG beachtlich. Zudem fehlten Aussagen zu einem möglichen Ersatzbebauungsplan für den Bebauungsplan Mönchwald. Erwartet werde im Ausbaufall von der Fraport AG eine bedingungslose Zusicherung in Bezug auf die Kompensation. Die Frage von Ausgleich und Ersatz gelte entsprechend für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen der ICE-Neubaustrecke Köln/Rhein-Main, die im Kelsterbacher Wald oder in angrenzenden Bereichen zum Teil realisiert worden seien und für die Ausgleichsflächen aus dem A380-Verfahren. Zu klären sei auch die Frage, wie die flughafen- und die bebauungsplanbezogene Kompensation in Verbindung zueinander gelöst werde. Seite 1706 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

265 Von Seiten der Fraport AG ist im Erörterungstermin erwidert worden, verfahrensrechtlich handele es sich um eine privilegierte Fachplanung, die die Bebauungsplanung der Kommune in diesem Fall überlagere. Dabei seien die Belange der Kommune in die planerische Abwägung einzustellen. Inhaltlich sei zu berücksichtigen, wenn ein Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmenbebauungsplan für das Stadtgebiet der Stadt Kelsterbach bestehe und auf der Grundlage dieses Bebauungsplans Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor Eintritt der Rechtsfolgen der luftverkehrsrechtlichen Veränderungssperre geschaffen worden seien, dann bestehe im Fall der Beseitigung Kompensationsbedarf für diese Maßnahmen. Zur Berücksichtigung des Bebauungsplanes 4/99 der Stadt Kelsterbach führt die Fraport AG aus, der Naturbestand sei zum Zeitpunkt der Einreichung der Planfeststellungsunterlage als Verlustbestand dargestellt worden und man habe dazu auch Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen. Die direkte Zuordnung vom Eingriff zum Ausgleich sei dargestellt worden (G1, Teil IV, Tabelle 3-2, S. 199 bis 242). Unter dem Punkt Konfliktschwerpunkt stehe jeweils der konkrete Eingriff, beispielsweise die Waldfläche, die verloren gehe, und zeige die Zuordnung von Eingriff zu Ausgleich. In dem Bebauungsplan Mönchwald könne man jedoch keine konkrete Zuordnung zu Eingriffen feststellen. Der Bebauungsplan 4/1999 Mönchwald ist am von der Stadt Kelsterbach bekannt gemacht worden und damit rechtskräftig. Der Planentwurf lag meinem Haus im August 2000 zur Stellungnahme vor. In meiner Stellungnahme vom habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die Planung die Ausbauvariante 9 B (Kelsterbacher Wald) des Flughafens Frankfurt Main tangiert und habe diesbezüglich Bedenken erhoben. Auch habe ich darauf hingewiesen, dass die naturschutzfachlichen Ziele des Bebauungsplanes nicht darauf gerichtet seien, städtebauliche Ordnung zu schaffen oder sonstige bauliche Maßnahmen vorzubereiten und habe Zweifel an der Planerforderlichkeit gemäß 1 Abs. 3 BauGB geäußert. Die Stadt Kelsterbach hat in ihrer Abwägung diese Bedenken zurückgewiesen. Der Plan stelle Ausgleichsmaßnahmen für die Bebauungspläne Länger Weg II und Länger Weg III dar und sei für die Sicherung und Ordnung naturräumlicher Funktionen städtebaulich bedeutsam. Der Verweis auf eine mögliche Ausbauvariante der damaligen FAG stelle keine verdichtete Planungsabsicht dar, so dass die Berücksichtigung einer potentiellen Ausbauvariante sachlich nicht möglich und rechtlich nicht geboten sei. Die Bebauungspläne Länger Weg II und Länger Weg III sind beide am rechtskräftig geworden. Beide Bebauungspläne enthalten eine sog. Zuordnungsfestsetzung, wonach für den erforderlichen Ausgleich gemäß 9 Abs. 1 a Satz 2 BauGB Flächen und Maßnahmen im Bereich des Bebauungsplans 4/99 Mönchwald zugeordnet werden. Inwieweit die für die Bebauungspläne festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen im Bereich des Bebauungsplanes Mönchwald umgesetzt sind, ist nicht bekannt. Es wird auf die Ausführungen im Kapitel verwiesen. Im Erörterungstermin hat ein Einwender ausgeführt, dass durch Einflussnahme der damaligen FAG und meiner Behörde in den 70er Jahren ein m vom Flughafen entferntes Grundstück in Kelsterbach nicht bebaut werden dürfe. Die Stadt Kelsterbach habe nämlich durch die besagte Einflussnahme das Bebauungsplanverfahren Staudenäcker II nicht mehr ausgeführt. Eine Schadensersatzleistung seitens der FAG habe es diesbezüglich nicht gegeben. Die Rücknahme der Bebauungsplanung stehe offenbar in Verbindung mit der Absturzgefahr im Landeanflugverkehr. Vor diesem Hintergrund sei jedoch unklar, warum die geplante Landebahn mit einer Entfernung von 800 m zu dem Wohngebiet Berliner Straße dagegen als zulässig gesehen werden solle. Die Fraport AG hat erwidert, sie werde im Rahmen der Bauleitplanung als Träger öffentlicher Belange gehört und nehme unter dem Gesichtspunkt des Bauschutzbereichs dahin- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1707

266 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main gehend Stellung, welche Höhen gegebenenfalls zu berücksichtigen seien, wann die Luftfahrtbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens einzuschalten sei und ob sich ggf. Siedlungs- bzw. ein Wohngebiet innerhalb des Siedlungsbeschränkungsbereichs befinde. Im Zusammenhang mit dem Abstand von Wohngebieten zur bestehenden Landebahn sei festzuhalten, dass unter dem Gesichtspunkt der Gefahr, dass sich ein Bebauungsgebiet zu dicht am Flughafen entwickeln könnte, die Fraport AG nur unter dem Gesichtspunkt der Bauhöhenbeschränkung Stellung nehme. Von meiner Behörde wurde das von dem Einwender angesprochene Bebauungsplanverfahren Staudenäcker II recherchiert. Danach wurden von meiner Behörde in zwei Stellungnahme aus den Jahren 1973 und 1974 keine Bedenken gegen den Planentwurf erhoben. Die Genehmigungsakte endet mit Zeitungsartikeln vom Mai 1977, die auf zwei Erlasse des Hessischen Ministerpräsidenten verweisen, die die Bebauung rund um den Flughafen Frankfurt regelten. Beide Erlasse haben den Titel Planungsrechtliche Vorschriften zum Schutz gegen Fluglärm im Immissionsbereich des Flughafens Frankfurt Main. Danach war eine Realisierung des Baugebietes Staudenäcker II nicht mehr möglich. Vor dem Hintergrund der damaligen Erlasslage wurde meiner Behörde der Bebauungsplan Staudenäcker II nicht zur Genehmigung vorgelegt, so dass davon auszugehen ist, dass die Planung seitens der Stadt Kelsterbach nicht mehr weiterverfolgt wurde. Dies wurde dem Einwender im Erörterungstermin am mitgeteilt. Bezüglich der Beachtung von bestehenden Bauleitplanungen wird im Erörterungstermin seitens der Einwender auch auf den Caltex-Bebauungsplan (Bebauungsplan Mönchhof ) verwiesen. Im Urteil zum Caltex-Gelände sei herausgestellt worden, dass die Fraport AG diese Bauleitplanung für ein Gewerbegebiet zu beachten habe. Daraus leite sich auch ab, dass Bauleitpläne für Wohngebiete zu beachten seien. Die Bauhöhenfestsetzung des Caltex-Bebauungsplanes stehe dem Ausbauvorhaben entgegen und sei von der Planfeststellungsbehörde zu beachten. Die Fraport AG erwidert, dass es bei dem Caltex-Verfahren um Bauschutzbereiche gegangen sei und nicht um die Beachtung von Siedlungsbeschränkungen. Es sei richtig, dass es maximale Bauhöhen auf dem Caltex-Gelände gebe, die bei der Planfeststellung berücksichtigt würden. Probleme mit Hindernissen könnten über 16 LuftVG beseitigt werden. Im Fall, dass die Fraport AG Grundstückseigentümerin des Geländes werde, würden keine Bauhöhen realisiert, die im Ausbaufall wieder abgetragen werden müssten. Der Bebauungsplan Mönchhof/Teilbereich Kelsterbach ist am von der Stadt Kelsterbach bekannt gemacht worden und hat damit Rechtskraft erlangt. Der Bebauungsplan setzt Gewerbegebiete mit Gebäudehöhen von bis zu 59 m fest. Die Stadt Kelsterbach sieht den Bebauungsplan Taubengrund durch den im Ausbaufall zu erwartenden Dauerschallpegel von 71 db(a) beeinträchtigt. Bei einer Überflughöhe von 58 m könne dieser Bebauungsplan nicht weiter umgesetzt werden. Jegliche gewerbliche Nutzungsart sei aufgrund der extrem niedrigen Überflughöhe ausgeschlossen, die Bauleitplanung wäre mit dem Ausbau hinfällig. Die Fraport AG hat hierzu im Erörterungstermin erwidert, das Gewerbegebiet Taubengrund müsse aufgrund der Nähe zur Anfluggrundlinie besonders daraufhin untersucht werden, ob dort der Nutzungscharakter gewährleistet werde. Es sei ferner zu prüfen, ob Seite 1708 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

267 es möglicherweise bezüglich der Hindernisfreiheit Auswirkungen gebe. Generell würden Bebauungspläne hier aber nicht in einem Maße in Mitleidenschaft gezogen werden, dass sie nicht mehr realisiert werden könnten. Der Bebauungsplan 3/89 Im Taubengrund ist am von der Stadt Kelsterbach bekannt gemacht worden und hat damit Rechtskraft erlangt. Der rund 7 ha große Bebauungsplan grenzt an das vorhandene Gewerbegebiet Taubengrund an und setzt Gewerbegebietsnutzungen fest. Der Plangeltungsbereich ist im UVF-Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche, geplant dargestellt. Im Vorentwurf 2006 des RegFNP ist diese Darstellung weiterhin vorgesehen. Nach meinem Kenntnisstand sind bislang innerhalb des Plangeltungsbereiches keine Baulichkeiten realisiert worden. Auch die Stadt Raunheim wendet unter Hinweis auf die Caltex-Entscheidung ein, dass der Prioritätsgrundsatz vom HessVGH und vom BVerwG bestätigt worden sei. Damit werde auch die Flughafenausbauplanung als rechtswidrig bewertet, soweit sie mit bestehenden Bebauungsplänen der Stadt Raunheim kollidiere. Die Bauleitplanung habe zudem Planfeststellungsunterlagen nur dann zu beachten, wenn das Planfeststellungsverfahren zulässig sei. Dies läge jedoch nicht vor. Die Stadt Raunheim verweist auf die in der Einwendung genannten Bebauungspläne sowie die betroffenen Liegenschaften. Die Stadt Kelsterbach beruft sich bezüglich des im Verfahren befindlichen Bebauungsplanes Nr. 1/2001 Gewerbegebiet Rüsselsheimer Straße/ehem. Enkagelände ebenfalls auf den Prioritätsgrundsatz. Eine Umsetzung der bauleitplanerischen Festsetzungen könne im Ausbaufall nicht mehr gewährleistet werden. Der Bebauungsplan habe einen hinreichend konkretisierten Planungsstand erreicht, so dass die Planung Vorrang vor der Ausbauplanung der Fraport AG habe. Für das sog. Enkagelände in Kelsterbach liegt bislang ein städtebaulicher Rahmenplan vor, der die Umnutzung der ehemals industriell genutzten Fläche zu Logistik-, Dienstleistungs-, Einzelhandels- und Büro/Hotelnutzungen vorsieht. Ein Bebauungsplanentwurf liegt bislang (Mai 2006) noch nicht vor. Das Enkagelände liegt nordwestlich der Bahnlinie und wird nicht unmittelbar von der Ausbauplanung der Fraport AG berührt. Es wird angeführt, die von der Fraport AG beabsichtigte Aufforstung in Kornsand und Rockenwörth habe sich den Zielen des Bebauungsplans Rheinvorland der Gemeinde Trebur unterzuordnen. Zur Erreichung und zur Sicherung der angestrebten Entwicklungsziele einer halboffenen Kulturlandschaft als Erholungsraum im Rheinvorland sei der Erhalt der landwirtschaftlichen Nutzflächen auf großen Teilflächen notwendig. Die Fraport AG erwidert, die Planungen der Aufforstungen Kornsand und Rockenwörth erfolgten in strenger Anlehnung an den bei Fertigstellung der Planfeststellungsunterlagen bekannten Entwurfsstand des Bebauungsplanes. Ergänzend wird im Erörterungstermin ausgeführt, der Bebauungsplan Rheinvorland der Gemeinde Trebur würde massiv durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen der Fraport AG beeinträchtigt werden. Die Gemeinde benötige für den Vogelschutz lichte Wälder bzw. waldfreie Gebiete im Bereich des Retentionsraums zwischen Rhein und Winterdeich. Ferner plane die Gemeinde dort eine dem Hochwasserschutz angepasste Bepflanzung in Gestalt eines sog. Parkwalds mit einer geringen Bestockung. Die von der Fraport AG dort vorgesehene Aufforstung stünde im Widerspruch zu Planungen der Gemeinde. Durch Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1709

268 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Ausweisung von Aufforstungsflächen im RPS sei für den Bebauungsplan eine Abweichungsentscheidung notwendig geworden. Meine Behörde würde unter Verweis auf eine Veränderungssperre im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau eine Entscheidung über den Abweichungsantrag vor Ende der Erörterung bzw. einem Planfeststellungsbeschluss verweigern. Der Bebauungsplan würde so nicht rechtskräftig und aller Voraussicht nach bei der Abwägung im Rahmen der Planfeststellung auch nicht entsprechend berücksichtigt. Innerhalb der Abwägung mit einer falschen fachlichen Argumentation über materiell beeinträchtigte Belange hinwegzugehen, sei aber rechtlich unzulässig. In formeller Hinsicht werde das Verfahren unzulässigerweise behindert. Seitens der Verhandlungsleitung ist hierzu angemerkt worden, das Abweichungsverfahren sei ein Verwaltungsverfahren, das mit dem hier zu behandelnden Verfahren zwar inhaltliche Berührungspunkte habe, aber dennoch hier keine Berücksichtigung finde. Die Fraport AG hat darauf verwiesen, dass die Planungen an die damals verfügbaren Bebauungsplanentwürfe, die man zugrunde gelegt hätte, angepasst seien. Sie sei aber nicht verantwortlich für geänderte Planungen der Gemeinden. Auch sei zu berücksichtigen, dass im RPS die Aufforstungsfläche GG 15 und darüber hinaus gehende Bereiche als Waldmehrungsflächen dargestellt seien. Der Bebauungsplanentwurf Rheinvorland der Gemeinde Trebur ist seit August 2003 im Verfahren. Aus der Sicht der Raumordnung und Landesplanung kann die Planung nicht als an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung angepasst gelten, da eine Übereinstimmung mit den im RPS vorgesehenen Waldzuwachsflächen nicht vorliegt. Ein Abweichungsantrag wurde von der Gemeinde im Oktober 2005 gestellt, der Antrag aber zurückgestellt, da die geplanten Ausweisungen im Widerspruch zu Planungsunterlagen über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Planfeststellungsverfahren zur Flughafenerweiterung stehen. Diese Flächen unterliegen einer Veränderungssperre gemäß 8 a LuftVG. Die Gemeinde Trebur hat Klage gegen die Zurückstellung des Abweichungsantrages erhoben. In dem seit rechtskräftigen Flächennutzungsplan der Gemeinde Trebur ist der Plangeltungsbereich weitgehend als Waldflächen Bestand und Planung sowie als landwirtschaftliche genutzte Flächen (Acker- und Grünlandflächen) dargestellt. Der Bebauungsplan stimmt bezüglich von Teilflächen nicht mit den FNP-Darstellungen überein. Ergänzend ist im Erörterungstermin vorgetragen worden, mit den Bebauungsplänen Oderstraße und Kenneläcker/Kantstraße lägen Planungen vor, die konkret mit der Zunahme des Lärms durch den Flughafenausbau kollidierten. Es handele sich bei der Planung um die Festsetzung von m² Wohn- und Gewerbeland bzw m² Wohnbauland. Die Gemeinde Trebur befürchtet hier Einnahmeverluste durch die Ausweitung des Siedlungsbeschränkungsbereichs und des Entwurfs zum Fluglärmgesetz. Es sei festzuhalten, dass für Bauvorhaben innerhalb der Tagesschutzzone 1 bzw. der Nachtschutzzone 1 nach Inkrafttreten des Fluglärmschutzgesetzes keine Baugenehmigungen mehr erteilt werden dürften. Demzufolge seien die Auswirkungen des Fluglärmschutzgesetzes auf die kommunale Bauleitplanung bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes in die Abwägung bei der Planfeststellungsentscheidung einzubeziehen. Die Verhandlungsleitung hat hierzu ausgeführt, in Bezug auf die Schutzzonen 1 und 2 sei zu berücksichtigen, dass bei der einen ein gesetzlicher Anspruch auf Lärmschutz bestehe und für die andere ein Bauschutzbereich existiere. Das bedeute, dass dort keine neuen Bebauungspläne aufgestellt werden könnten; bestehende Bebauungspläne genössen aber Bestandsschutz. Seite 1710 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

269 Der Bebauungsplan An der Oderstraße ist am von der Gemeinde Trebur bekannt gemacht worden und hat damit Rechtskraft erlangt. Das Plangebiet wird derzeit entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplanes mit Einzel-, Reihen- und Doppelhäusern bebaut. Zu den Plangebieten Kenneläcker/Kantstraße liegen mir bislang keine Bebauungsplanentwürfe vor. Der Bereich Kenneläcker ist in dem seit rechtskräftigen Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellt. Es wird vorgetragen, in der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg gestalte sich der Bebauungsplan Langenau/Neuau problematisch. Hier widerspreche die Ersatzaufforstung GG 7 den Planungen der Gemeinde, die eine weniger dichte Bepflanzung in Teilbereichen vorsehe sowie Waldwiesen mit Solitärbäumen anstatt des in den Planfeststellungsunterlagen vorgesehenen Parkwaldes. Die Gesamtaufforstungsfläche läge demnach nicht bei 44,5 ha, sondern bei 19,67 ha und beschränke sich auf Hart- und Weichholz-Auwald. Der vorgesehene Forstweg genüge nicht den Anforderungen des Bebauungsplanes, der die Funktion Naherholung sowie Land- und Forstwirtschaft bündeln solle und gleichzeitig als Ver-/Entsorgungs- bzw. Rettungsweg fungiere. Daher sei der Weg mit geeignetem Unterbau herzurichten. Die Kosten der Herstellung und der Unterhaltung solle die Fraport AG tragen. Der im vierten Hartholz-Auwald-Abschnitt des Bebauungsplans vorgesehene Zugang zum Rhein in Form eines Rad-/Fußweges und einer etwa 50 m breiten waldfreien Schneise sei in die Planung einzuarbeiten. Das erforderliche Monitoring sowie eine Entwicklungspflege von 30 Jahren für die Kompensationsflächen sei der Fraport AG als Abstimmungspflicht mit der Gemeinde aufzuerlegen. Im Erörterungstermin ist ergänzend ausgeführt worden, dass man bereits in der Stellungnahme vom zu der Ersatzaufforstung Langenau/Nonnenau dargelegt habe, dass die vorgesehene Planung nicht mit dem Bebauungsplanentwurf übereinstimme. Auch habe man im Bebauungsplanverfahren dem Hochwasserabfluss, den Auswirkungen der Aufforstungsplanung auf den Retentionsraum sowie den geänderten wasserwirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen, z. B. durch Änderung des ursprünglich vorgesehenen Auwaldes in Parkwald. Unklar sei bislang, ob der Bebauungsplan vor dem Hintergrund des geänderten WHG überhaupt genehmigungsfähig sei. Die Fraport AG hat erwidert, der Bebauungsplanentwurf sei zum Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen zu 100 % identisch mit der Aufforstungsplanung der Fraport AG gewesen. Wenn die Gemeinde nach Abgabe der Planunterlage jetzt andere Vorstellungen habe, dann habe man dies nicht in der Planunterlage berücksichtigen und diesbezüglich auch keine Abstimmung herbeiführen können. Die Verhandlungsleitung hat dazu ausgeführt, dass die Fachplanung zwar die Bauleitplanung überwinden könne, sie aber auf die kommunale Planungshoheit und die kommunale Bauleitplanung, soweit sie sich verfestigt habe, Rücksicht nehmen müsse. Möglicherweise habe aber die Gemeinde im Bebauungsplanverfahren bereits auf die geänderte Rechtslage reagiert, während die Fraport AG dies noch nicht getan habe. Diese Problematik sei aber spätestens im Planfeststellungsbeschluss zu berücksichtigen. Für den Bebauungsplan Langenau/Neuau der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg wurde die Genehmigung mit Verfügung vom versagt. Gründe für die Versagung sind die Nichtanpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung und - unter Verweis auf die Veränderungssperre nach 8 a LuftVG der Widerspruch von Festsetzungen des Bebauungsplanes zu den im Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafens Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1711

270 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Frankfurt Main vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Die Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg hat mit Datum vom Klage gegen den Bescheid erhoben. In dem seit 1984 rechtskräftigen Flächennutzungsplan der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg ist der Plangeltungsbereich überwiegend als landwirtschaftliche Fläche, im Bereich Rabenwörth und Neurheinufer südlich des Hofgutes Langenau als Forstfläche dargestellt. Der Flächennutzungsplan wird zurzeit neu aufgestellt, die Offenlage wurde im Juli 2003 durchgeführt. Bislang wurde der Flächennutzungsplan nicht zur Genehmigung vorgelegt. Die Stadt Rüsselsheim trägt vor, derzeit liefen rund 30 Bebauungsplanverfahren in unterschiedlichen Planungsstadien, die direkt oder mittelbar durch den Ausbau des Flughafens beeinträchtigt oder gar verhindert würden. Besonders hervorgehoben wird das laufende Bebauungsplanverfahren Wohngebiet Blauer See II. Dabei handele es sich um eine Siedlungserweiterung im Stadtteil Königstädten mit einer Fläche von 23,7 ha. Das Wohngebiet Blauer See II sei bereits im Flächennutzungsplan der Stadt Rüsselsheim enthalten und werde zum Erhalt der Einwohnerzahl benötigt. Das geplante Baugebiet werde aber durch die Lärmzunahme nicht realisiert werden können. Der Bebauungsplanentwurf Blauer See II befindet sich derzeit im Offenlageverfahren gemäß 3 Abs. 2 BauGB (Stand August 2006). Der Planentwurf sieht auf ca. 20 ha Fläche die Entwicklung eines Wohngebietes vor. Im RPS 2000 ist die Fläche als Siedlungsbereich, Zuwachs ausgewiesen und wird nicht vom Siedlungsbeschränkungsbereich berührt. Seitens der Stadt Kelsterbach wird der Bebauungsplan Gateway Gardens der Stadt Frankfurt am Main thematisiert. Dieser Bebauungsplan greife in unzulässiger Weise in das Planfeststellungsverfahren zum Flughafenausbau ein, da eine fachplanungsrechtliche Zulassung der sog. Nordost-Landebahn auf dem Gebiet der Stadt Frankfurt am Main verhindert werde. Dies belaste unmittelbar das Gebiet der Stadt Kelsterbach, in dem die Landebahn Nordwest realisiert werden solle. Weiter mangele es dem Bebauungsplan Gateway Gardens an einer Planrechtfertigung, da das brach gefallene ehemalige US-Army- Gelände als Außenbereich i. S. d. 35 BauGB zu beurteilen sei. Die Stadt Frankfurt am Main habe den städtebaulichen Grund nicht benannt, dass es in ihrem Stadtgebiet Bedarf für die vorgesehenen Nutzungen gebe, der eine Inanspruchnahme des Außenbereichs rechtfertige. Auch sei zu prüfen, ob die Fläche des Bebauungsplanes nicht der unmittelbaren flughafenaffinen Nutzung zugeführt werden müsse. Die Fläche des Bebauungsplanes Gateway Gardens müsse als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche Verwendung finden. Es sei unzulässig, eine nahe am Eingriffsort vorhandene Ausgleichsfläche nicht entsprechend zu nutzen und stattdessen Ausgleichsmaßnahmen weit entfernt zu planen. Gemäß Begründung zum Bebauungsplan sei eine großräumige Nutzungsverlagerung aus dem Flughafen Frankfurt Main in das Gebiet des Bebauungsplans Gateway Gardens beabsichtigt. Eine derartige Nutzungsverlagerung sei nicht Gegenstand der Planfeststellung, so dass unklar sei, welche Flächen für welche zukünftige luftverkehrsrechtliche Nutzung innerhalb des Flughafens frei würden. Schon deshalb sei die Planung für den Bebauungsplan als unzulässige Vorratsplanung zu qualifizieren. Dies werde auch durch die Planung der Fraport AG im räumlichen Zusammenhang mit dem zur fachplanungsrechtlichen Genehmigung gestellten Terminal 3 im Süden des Flughafens bestätigt. Dort plane die Fraport AG die umfangreiche Ansiedlung kerngebietstypischer Nutzungen innerhalb und außerhalb des sog. Flughafenzauns, die nicht als flughafenaffine Nutzungen zu quali- Seite 1712 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

271 fizieren seien und deshalb nach 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG nicht planfestgestellt werden könnten. Thematisiert wird auch das Verkehrskonzept des Bebauungsplanes Gateway Gardens, das als mangelhaft zu bezeichnen sei. Zudem sei dieser Bebauungsplan nicht aus dem Flächennutzungsplan heraus entwickelt, da die Darstellung als M-Fläche die Ausweisung einer gemischten Baufläche bedeute und damit auch Wohnen beinhalte. Die Festsetzungen zur ausschließlich gewerblichen Nutzung seien damit unzulässig. Ergänzend ist hierzu im Erörterungstermin vorgebracht worden, dass es unzulässiger Formenmissbrauch sei, sich im Süden des Flughafens ein Kerngebiet innerhalb des Flughafenzauns über 8 Abs. 4 Nr. 1 LuftVG genehmigen zu lassen und nördlich im Bereich Gateway Gardens ein Kerngebiet über einen Bebauungsplan auszuweisen. Der Bebauungsplan Gateway Gardens trifft Kerngebietsfestsetzungen (MK), die aus der Darstellung als Mischbaufläche (M) des Flächennutzungsplanes entwickelt sind. Der Bebauungsplanentwurf befindet sich im Aufstellungsverfahren, die Offenlage wurde im Februar 2006 durchgeführt Sonstige baurechtliche Belange Die Einwender tragen vor, im Ausbaufall sei eine Änderung des Gebietscharakters innerhalb rechtskräftiger Bebauungspläne zu erwarten. Damit könnten Nutzungen zulässig werden, die beispielsweise innerhalb eines reinen Wohngebietes unzulässig seien. Die Rechtsprechung habe den Anspruch auf Erhalt des Gebietscharakters als drittschützend anerkannt; dies gelte selbst für den unbeplanten Innenbereich. Im Erörterungstermin ist ergänzend ausgeführt worden, die zu erwartenden Lärmpegel würden faktisch jeden Gebietscharakter ändern und damit zu einem Funktionsverlust ausgewiesener Baunutzungen führen. Vor dem Hintergrund des Vorhabens müsse die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Beschlusses konkret klarstellen und darstellen, wie die Kommunen noch planen können. Der Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch hat hierzu angemerkt, die Planfeststellungsbehörde überprüfe im konkreten Einzelfall, welche Auswirkungen aufträten und ob vor dem Hintergrund der Orientierungswerte (TA Lärm, DIN 18005) eine Planung gar nicht mehr möglich sei. Werde ein Bebauungsplan funktionslos, hätte die Gemeinde als nachteilige Folge die Pflicht, eine Umplanung vorzunehmen. Im Erörterungstermin ist vorgetragen worden, die geplante Landebahn solle an der Grundstücksgrenze zu einem Industriegelände errichtet werden. Dies sei unzulässig, da es sich um die Planung einer Gemengelage handele. Diese Problematik sei auch nicht auf die Frage der Nachbarschaft von Wohnen und störenden Gewerbebetrieben zu reduzieren. Es gehe grundsätzlich um die Nachbarschaft sich störender Nutzungen unter Berücksichtigung des Bestandes. Die Fraport AG hat hierzu ausgeführt, die Gemengelageproblematik sei vom Bundesverwaltungsgericht im Baurechtssenat entwickelt worden und befasse sich mit der Frage der planungsrechtlichen Zuordnung von störungsempfindlichen Nutzungen zu störenden Nutzungen. Im Vordergrund stehe der Schutz der Wohngebiete als störungsempfindliche Nutzung. Die Gemengelageproblematik sei nicht für die Beurteilung des Nebeneinanders von störenden Nutzungen, wie einem Gewerbebetrieb und einer Verkehrsanlage, entwickelt worden. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1713

272 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Der Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch hat hierzu angemerkt, vorliegend handele es sich um eine Situation, die vergleichbar wäre mit der Konfliktbewältigung im Fall eines Gewerbebetriebes als neuem Immissionsverursacher, der sich existenzgefährdend einem anderen Betrieb nähert. Wenn dies planerisch durch einen Bebauungsplan ermöglicht würde, dann wäre dies im Rahmen der Abwägung zu minimieren. Bei Gemengelagen handele es sich vom Grundsatz her um dieselbe Konflikt- oder Problembewältigung. Die Einwender tragen vor, durch den Bau der Landebahn Nordwest seien unbeplante Baugebiete im Sinne des 34 BauGB betroffen. Die betroffenen Gebiete seien einer Ü- berplanung durch Bebauungspläne nicht mehr zugänglich. Zudem wird vorgetragen, die Stadt Frankfurt am Main habe es unterlassen, Bebauungspläne für den Flughafenbereich aufzustellen. Im Bebauungsplanverfahren hätte sie Alternativen aufzeigen oder Einwände der Anliegergemeinden anhören müssen, z. B. bei der Konzentration von Frachtanlagen im südlichen Bereich der Frankfurter Gemarkung. Demgegenüber stünden in angrenzenden Gemeinden Flächen zur Verfügung, die in eine Gesamtkonzeption einbeziehbar gewesen wären. Auch habe es die Stadt Frankfurt am Main unterlassen, eine begleitende Bauleitplanung für Planungen außerhalb des eigentlichen Flugbetriebsgeländes aufzustellen. Diese Flächen seien mit Genehmigungen nach 34 BauGB bedacht und rechtswidrig als Innenbereichsgrundstücke behandelt worden. Auch stelle sich ihre Bebauung in Anbetracht der großen Grundstücksflächen nicht als prägend dar (BVerwGE 41, 227). Das pflichtwidrige Unterlassen einer Bauleitplanung zeige sich auch darin, dass für das A380-Verfahren genügend Flächen hätten reserviert werden können, um das Nebeneinander von Flugbetriebseinrichtungen und sonstigen Anlagen zu regeln. Stattdessen seien rechtswidrige Baugenehmigungen erteilt worden. Im Fall von städtebaulichen Konflikten infolge der Genehmigungspraxis nach 34 BauGB werde eine Gesamtkoordination erforderlich. Eine Planungspflicht sei auch dann erforderlich, wenn unmittelbare Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbarkommunen bestünden. Die Fraport AG erwidert, die an die Stadt Frankfurt am Main gerichteten Vorwürfe könnten nicht dem Planfeststellungsvorhaben entgegengehalten werden. Auch lasse sich nicht erkennen, durch welche Auswirkungen des geplanten Vorhabens die Einwender tatsächliche oder rechtliche Nachteile für ihre Rechte oder schutzwürdigen Interessen befürchten. Die Einwender tragen vor, dass für jedes in den Planunterlagen vorgesehene Einzelvorhaben überprüft werden müsse, ob dies in sich gerechtfertigt sei und die Vorgabe meiner Behörde aus der landesplanerischen Beurteilung, im Südbereich Flächen zu optimieren, erfüllt sei. In Verbindung mit dem Vorrang der Fachplanung vor der gemeindlichen Planung gemäß 38 BauGB sei fraglich, ob die Ansiedlung von Anwaltskanzleien und sonstigen Büros von überörtlicher Bedeutung sei. Auch müssten die Maßgaben des geltenden Rechts bei der Zulassung des Kongresszentrums sowie des Einkaufszentrums beachtet werden. Wegen der Inanspruchnahme von Wald sowie des Außenbereichs seien auch die geplanten Verwaltungsgebäude für die Mitarbeiter der Fraport AG und die dazugehörigen Parkplätze unzulässig. Ferner bestehe der Widerspruch, einerseits nach 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zu beantragen, aber andererseits über den 38 BauGB die Argumentation zu führen, man sei nicht an die 29 ff. BauGB und den damit verbundenen Prüfungsmaßstab gebunden, Seite 1714 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

273 sondern man könne hier frei ohne jede Prüfungsmaßstäbe die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit prüfen lassen. Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, dass zahlreiche auf Grundlage des 34 BauGB erteilte Baugenehmigungen für Hochbauten im Flughafenbereich rechtswidrig seien. Es habe darüber hinaus eine unkoordinierte Bebauung stattgefunden, ohne festzulegen, welche Flächen mit Flughafenbezug für einen späteren Ausbau frei bleiben sollten. So sei nicht erkennbar, ob und welchen Bezug die entstandenen Bürohäuser zum Flughafen hätten. Die Fraport AG könne sich jetzt nicht darauf berufen, die Grenzen des gegenwärtigen Flughafenzauns für Ausbaumaßnahmen verlassen zu müssen, die ohne weiteres bei rechtzeitiger Planung und Koordinierung innerhalb der Zaungrenzen planbar gewesen wären. Auch wird kritisiert, dass die Vorhabensträgerin nicht in ausreichender Form zwischen Planfeststellung und Genehmigung nach 34 BauGB differenziere. Dies sei relevant, da im Rahmen der Genehmigung nach 34 BauGB andere Vorgaben zu berücksichtigen seien, insbesondere in Bezug auf Klima und Luftschadstoffe. Die Fraport AG erwidert, die geplante Landebahn Nordwest könne bereits aufgrund des erforderlichen Platzbedarfes nicht innerhalb des bestehenden Flughafenzaunes errichtet werden. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass das geplante Terminal 3 auf der Fläche der bisherigen Air Base und somit sehr wohl innerhalb des bestehenden Flughafenzauns entstehen solle. Weiter wird ausgeführt, bei den Gewerbeflächen GF 1 und GF 2 (Planteil B 4.1) behaupte die Fraport AG, es handele sich um notwendige Betriebs- und Verwaltungsgebäude, die auch an dem Planungsprivileg teilnähmen, das der Luftverkehr gestützt auf 38 BauGB für sich in Anspruch nehme und woraus die Fraport AG folgere, dass sie sich weder an 29 ff. BauGB noch an Vorgaben der BauNVO halten müsse. Es fehle jedoch eine Darstellung des Zusammenhangs der geplanten, konkreten Nutzungen dieser Flächen mit dem Zweck des Flughafens, Passagiere und Güter zu transportieren. Das BVerwG bestätige in seinem Beschluss vom 31. März B die Notwendigkeit eines solchen funktionalen Zusammenhangs. Die Fraport AG erwidert, sie differenziere, ob Gebäude und Flächen nach 8 Abs. 1 oder nach 8 Abs. 4 LuftVG beantragt würden. Sie sehe die in diesem Bereich angesiedelten Funktionsarten - unmittelbar und mittelbar - als zu einem Flughafen zugehörig. Die Regelung des 8 Abs. 4 LuftVG solle eine Vereinfachung herbeiführen, sie lege nicht fest, dass Vorhaben außerhalb des Flughafenzauns zwangsläufig nicht planfeststellungsfähig seien, so z. B. die Straße außerhalb des Zauns, die das Terminal 3 erschließe. Ferner sehe der UVF-Flächennutzungsplan in diesem Bereich auch gewerbliche Bauflächen vor. Damit sei das Vorhaben auch über das Baurecht gerechtfertigt; die Voraussetzungen für einzelne Baugenehmigungen nach 34 oder 35 BauGB lägen vor. Die genannte Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre 1992 sei eigentlich relativ weit gefasst. Die Auslegung könnte auch dahin gehen, dass alles, was dem Beförderungszweck irgendwie dienlich sei, dazu zähle. Es müsse kein innerer funktionaler Zusammenhang mit dem Zweck der Fracht- oder Passagierbeförderung bestehen. Danach seien die Speditionsanlagen für den Frachtflugverkehr sowie Hotels und Einzelhandelsgeschäfte für den Passagierflugverkehr relevant. Seitens der Fraport AG wird betont, auf diesen (gewerblichen) Flächen seien flughafenaffine Einrichtungen geplant, wie Kongresszentrum, Hotels, Büros und Tagungsräume für die Behörden, für Airlines, für Einrichtungen oder für Betriebe und Gewerbeeinrichtungen, die auf dem Flughafen ansässig seien sowie für Autovermieter, die dort ihre Büros und Schalter hätten und ihre Autos deponierten. In München seien über 8 Abs. 4 LuftVG Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1715

274 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Hotels, das große Airport Center und selbst eine öffentliche Tankstelle genehmigt bzw. planfestgestellt worden. Der BayVGH habe diesbezüglich keine Rechtwidrigkeit erkannt. Das BVerwG habe in einigen Entscheidungen darauf hingewiesen, dass ein räumlichfunktionaler Zusammenhang ausreiche, selbst wenn die Einrichtung flughafenfremd erscheine. Hierzu verweise ich auf die Ausführungen der Verhandlungsleitung zum Kapitel Im Erörterungstermin ist seitens der Einwender ausgeführt worden, es sei zu kritisieren, dass der Fernbahnhof (als reine Anlage der Bahn) mit dem fünf- oder sechsgeschossigen Gebäude gemäß 34 BauGB genehmigt worden sei, obwohl die notwendige Voraussetzung des Einfügens im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG nicht vorliege. Für das Airrail-Center laufe bei der Stadt Frankfurt am Main für die Bebauung des Daches ein Baugenehmigungsverfahren. Fachplanungsrechtlich sei nur das Dach für den Tunnel sowie das Glasdach als Provisorium für die Entrauchungsanlage planfestgestellt worden. Die Bebauung oberhalb des Daches sei nicht Gegenstand der Planfeststellung, sondern ausdrücklich der kommunalen Bauleitplanung oder dem kommunalen Baugenehmigungsverfahren nach 34 BauGB vorbehalten. Die Fraport AG hat erwidert, das Airrail-Center stehe nicht im Zusammenhang mit dem Ausbau des Flughafens und sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Der Bahnhof sei eine Planung der DB AG und der Fraport AG. Seine Überbauung solle durch ein Konsortium geschehen, an dem u. a. die Fraport AG beteiligt sei. Die hierfür in Anspruch zu nehmende Fläche sei bereits im Zuge des Planfeststellungsverfahrens für die Neubaustrecke Köln- Rhein/Main planfestgestellt worden Landschaftspläne, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Von den Einwendern wird vorgetragen, es bestehe die Befürchtung, dass die Zielvorstellungen von Landschaftsplänen und landschaftsplanerischen Gutachten durch den Ausbau gegenstandslos würden. Die landschaftsplanerischen Zielsetzungen einer langfristigen, vorausschauenden und landschaftsverträglichen Entwicklung von Gemeindegebieten würden im Ausbaufall erschwert. Es wird ausgeführt, für die Gemeinde Bischofsheim liege ein landschaftsplanerisches Gutachten mit Berücksichtigung der Rahmenbedingungen des Planungsverbandes vor. Das Konzept enthalte Ziele und Maßnahmen für den Schutz von Landschaften, die Erholungsvorsorge sowie ökologische und gestalterische Aufwertungen des Siedlungsbereichs. Die Ersatzmaßnahmen GG 309 bis GG 314 (Wald- und Grünpflanzung) würden jedoch als Gebiete für Ersatzmaßnahmen der Fraport AG in Anspruch genommen. Die Gemeinde Bischofsheim sei nicht bereit, für die geplanten Ersatzmaßnahmen GG 309 bis GG 314 Grundstücksflächen herzugeben. Im Erörterungstermin ist ergänzend ausgeführt worden, die Gemeinde Bischofsheim habe im landschaftspflegerischen Gutachten einen Biotopverbund in dem Bereich geplant, in dem die Ersatzaufforstungen vorgesehen seien. Die Fraport AG hat im Erörterungstermin erwidert, in persönlichen Gesprächen mit Herrn Bürgermeister Bersch, in denen die Planung von der Anfangsphase bis zur jetzt vorliegenden Planung vorgestellt und mit der Gemeinde angepasst worden sei, sei weder eine ablehnende Haltung der Gemeinde feststellbar gewesen noch sei angedeutet worden, dass Seite 1716 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

275 Eigenbedarf angemeldet werde. Bekannt sei lediglich geworden, dass es seitens der Landwirtschaft teilweise andere Bestrebungen gebe. Der neu aufgekommene Eigenbedarf sei nicht nachvollziehbar. Durch die Maßnahmen der Fraport AG könnten die Vorgaben des Landschaftsrahmenplans umgesetzt werden, was einen gewissen finanziellen Aufwand bedeute. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass im Rahmen dieser Maßnahmenkonzeption eine Lärmschutzwand und eine Waldanlage vorgesehen seien, die einen Sichtschutz zur Autobahn böten. Für die Anwohner in Bischofsheim, speziell im südlichen Teil, sei diese Maßnahme eine Aufwertung, da sie nicht dem weiteren Lärm und den Schadstoffemissionen der Autobahn ausgesetzt seien bzw. diese durch die geplanten Aufforstungsmaßnahmen deutlich vermindert würden. Seitens der Einwender wird generell befürchtet, dass kommunale Kompensationsflächen für das Ausbauvorhaben in Anspruch genommen würden. Schon heute gäbe es Schwierigkeiten, Grundstücke für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen anzukaufen. Durch die erforderlichen Ausgleichsflächen für das Vorhaben werde dies in landwirtschaftlichen Bereichen noch schwieriger werden. Zudem wird vorgetragen, dass die vorgesehenen Ersatzmaßnahmen GG 100 im Bereich von Crumstadt, Hof Wasserbiblos, nicht dem kommunalen Landschaftsplan entspreche. Von dieser Maßnahme seien auch kommunale Grundstücke betroffen, zu deren Verwendung kein Einverständnis der Gemeinde vorläge (s. Kapitel ). Schließlich tragen Einwender vor, dass keine Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen innerhalb der Gemarkung der Stadt Darmstadt zu liegen kämen und dadurch dem Erfordernis des räumlichen Zusammenhangs zum Eingriff aus den 5-7 HENatG nicht gerecht werde. So wird gefordert, das Stadtgebiet Darmstadt auf potentielle Ausgleichs- und Ersatzflächen zur Kompensation regionaler und städtischer Lasten zu überprüfen. Die Fraport AG erwidert, die Regelungen des HENatG verlangten nicht, dass Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen innerhalb der betroffenen Gemeindegebiete erfolgten. Erforderlich sei, dass die Kompensation innerhalb desselben Landschaftsraums erfolge. Im Erörterungstermin ist der Regionalpark thematisiert worden. Hier sei festzuhalten, dass die Zielfestsetzung über regionale Grünzüge im Regionalplan auch Schutzwirkung zu Gunsten der hier vertretenen Kommunen entfalte, die an der Firma116 beteiligt seien. Der Ausbau des Flughafens entwerte die Festlegungen, Aufwendungen und planerischen Bemühungen der Nordmainstädte im Zusammenhang mit der Sicherung und dem Ausbau des Regionalparks. Im Ausbaufall würden Teile des Regionalparks alle 2 Minuten von Flugzeugen in Höhen von m überflogen Siedlungsbeschränkungsbereich, Bauschutzbereich, Flugrouten Die Einwender tragen vor, dass wegen der zu erwartenden Siedlungsbeschränkungen im Ausbaufall Wohngebietsausweisungen nicht mehr möglich seien. Das Recht auf Planung und Regelung der gemeindlichen Bodennutzung sei dadurch beeinträchtigt. Den betroffenen Kommunen stünden zukünftig noch weniger Flächen für die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe oder Wohnraum zur Verfügung, auch Ersatzflächen seien nicht vorhanden. In den Planunterlagen werde lediglich ausgeführt, dass ein Siedlungsbeschränkungsbereich festzulegen sei; wie die Einschränkungen genau aussähen, werde nicht erläutert. Es sei aber damit zu rechnen, dass eine Ausweitung des Siedlungsbeschränkungs- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1717

276 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main bereiches erfolgen werde, da bereits jetzt die Grundlage für die Ausweisung im RPS 2000 von Flugbewegungen überschritten worden sei. Damit die Genehmigungsbehörde auch eine künftige Siedlungsbeschränkung beurteilen könne, sollten Isophonen entsprechend dem RPS 2000 und dem LEP zusätzlich erstellt werden. Im Übrigen gebe es für die 1995 eingeführte Siedlungsbeschränkungslinie keine Rechtsgrundlage. Im Erörterungstermin ist ausgeführt worden, dass die Bereiche, in denen besondere Vorkehrungen zum Schutz des Menschen vor Gesundheitsgefährdungen zu treffen seien, gesundheitsgefährdete Zonen seien. Hierzu gehöre insbesondere der vom Bauverbot betroffene Darmstädter Norden. Die Fraport AG führt hierzu aus, die Siedlungsbeschränkung und die weiteren Beschränkungen dienten nicht dem Gesundheitsschutz, sondern der Siedlungssteuerung, eine Gesundheitsgefährdung könne daraus nicht abgeleitet werden. Die individuelle Betroffenheit durch ein besonderes Vorhaben, hier das Planfeststellungsvorhaben, sei davon zu unterscheiden. Die Planfeststellungsbehörde müsse entscheiden, ab welchen Werten der Fluglärm nicht mehr zumutbar sei. Das sei von einer Siedlungssteuerung zu unterscheiden, die ein raumordnungsrechtliches Mittel sei, um langfristige Raumnutzungskonflikte, z. B. durch ein Heranrücken der Wohnbebauung an den Flughafen, zu verhindern. Hier stünden andere Ziele zur Verhinderung langfristiger Raumnutzungskonflikte im Vordergrund, die nicht mit der individuellen Lärmbetroffenheit Einzelner gleichzusetzen und zu vergleichen seien. Die Gemeinde Bischofsheim trägt vor, ihr werde bei einem Ausbau des Flughafens keine Entwicklungsmöglichkeit mehr verbleiben, da die Siedlungszuwachsflächen vollständig in den neu zu erlassenden Siedlungsbeschränkungsbereich fallen würden. Dies gelte auch für die Gemeinde Nauheim, die im Ausbaufall keine Neubaugebiete mehr ausweisen könne. In der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg werde keinerlei Wohnbauentwicklung mehr möglich sein, so dass die Gemeinde auch ihre Funktion als Unterzentrum nicht mehr erfüllen könne. Die Fraport AG erwidert, dass es infolge des beantragten Vorhabens zu Änderungen der ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereiche kommen könne, was im Einzelfall möglicherweise eine Einschränkung der kommunalen Planungshoheit darstellen könne. Es werde allerdings erwartet, dass von wesentlichen Beschränkungen nur einzelne flughafennahe Kommunen betroffen seien, bei denen mittels stadtplanerischer Instrumente wie Nachentwicklung, Nachverdichtung und interkommunales Flächenmanagement die Auswirkungen jedoch kompensierbar sein sollten. Die Fraport AG weist aber darauf hin, dass Siedlungsbeschränkungen keine zwingende Folge einer den Flughafenausbau genehmigenden Planfeststellung seien, sondern das Ergebnis einer raumordnerischen Entscheidung der RVS auf der Grundlage des LEP Sie weist darauf hin, dass auf die Zielfestlegung der Ziffer des LEP 2000 im Änderungsentwurf des LEP Hessen 2000 zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt Main ausdrücklich Bezug genommen werde, so dass bereits auf der Ebene der Landesplanung eine Entscheidung über diese konkurrierenden Nutzungen, gegebenenfalls auch zu Lasten der Einwender, getroffen werde. Im Erörterungstermin ist ergänzend ausgeführt worden, dass nach der LEP-Änderung eine Entwicklung über den Kernbestand der Gemeinde Bischofsheim hinaus nicht mehr möglich sei. Dies gelte ebenso für Nachverdichtungen im Bestand. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse seien nicht mehr zu gewährleisten. Ebenso sei der Gemeinde seitens meiner Behörde im Jahr 2002 die weitere Entwicklung eines Wohnneubaugebietes unter- Seite 1718 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

277 sagt worden. Auf Planungen und die finanzielle Situation der Gemeinde werde keine Rücksicht genommen. Auch von dem im LEP-Änderungsentwurf genannten Siedlungsstrukturkonzept würde die Gemeinde nicht profitieren. Die Gemeinde Bischofsheim liegt mit Ausnahme des Gewerbegebietes im Süden vollständig im Siedlungsbeschränkungsbereich des RPS Im Ausbaufall und unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches ergäbe sich für Bischofsheim keine Änderung. Der im RPS 2000 ausgewiesene Siedlungszuwachsbereich im Süden von Bischofsheim kann aufgrund der Darstellung im FNP als Wohnbaufläche und der Neubekanntmachung des RPS 2000 derzeit weiterhin in Anspruch genommen werden. Die Gemeinde Nauheim ist von dem im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereich im östlichen Bereich betroffen, im Ausbaufall wäre Nauheim vollständig überlagert. Flächen für Industrie und Gewerbe werden vom Siedlungsbeschränkungsbereich nicht beeinträchtigt. Die Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg wird im nördlichen Bereich von dem im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereich ü- berlagert. Im Ausbaufall und unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches ergäbe sich eine Erweiterung in südliche Richtung. Der bislang im RPS 2000 im Süden ausgewiesene Siedlungszuwachsbereich wäre weiterhin nicht betroffen, ebenso nicht die unterzentrale Funktion der Gemeinde. Im Erörterungstermin ist vorgetragen worden, vom Siedlungsbeschränkungsbereich sei die Stadt Raunheim bereits jetzt vollständig, die Stadt Flörsheim zu über 95 % betroffen, was zu einer existenzgefährdenden Situation führe. Ferner sei festzuhalten, dass sämtliche übergeordneten Planwerke vom UVF-Flächennutzungsplan über den RPS 2000 bis hin zum LEP die Stadt Flörsheim am Main als Mittelzentrum mit über den Eigenbedarf hinausreichender Siedlungstätigkeit ausgewiesen hätten. Dem LEP-Entwurf zufolge werde Flörsheim am Main im Ausbaufall zu 100 % im Siedlungsbeschränkungsbereich liegen und in seiner Entwicklung vollständig eingeschränkt werden mit entsprechenden siedlungsund sozialstrukturellen Folgen. Da die Ursache für die Neufestsetzung des Siedlungsbeschränkungsbereichs der Ausbau sei, sei in die Abwägung der aus dem Ausbau entstehende Siedlungsbeschränkungsbereich einzubeziehen. Die Stadt Raunheim liegt vollständig innerhalb des im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereiches. An dieser Situation ändert sich im Ausbaufall unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches voraussichtlich nichts. Die Kernstadt Flörsheim wird im Ausbaufall unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches voraussichtlich weiterhin im Siedlungsbeschränkungsbereich liegen, für den Stadtteil Massenheim ergäbe sich im Ausbaufall eine Verringerung des Siedlungsbeschränkungsbereiches. Die Stadt Rüsselsheim trägt vor, dass im Ausbaufall die Ausweisung von Wohnbauflächen durch den erweiterten Siedlungsbeschränkungsbereich und den Verlust von 67 % ihrer Siedlungszuwachsflächen erheblich erschwert werde. Dies sei auch im Zusammenhang mit der landesplanerischen Funktionszuweisung eines Mittelzentrums mit Teilfunktion eines Oberzentrums zu sehen, wonach in Rüsselsheim eine über die Eigenentwicklung hinausgehende Siedlungsentwicklung stattfinden solle. Im Ausbaufall betreffe ein ausgeweiteter Siedlungsbeschränkungsbereich insbesondere den Bebauungsplanentwurf Blauer See II, dessen Bereich im RPS 2000 als Siedlungszuwachsbereich ausgewiesen sei. Der Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1719

278 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Verlust von Siedlungszuwachsflächen wird auch von der Stadt Hofheim am Taunus befürchtet. Im Erörterungstermin ist von Seiten der Verhandlungsleitung hierzu ausgeführt worden, dass das Plangebiet Blauer See II derzeit außerhalb des Siedlungsbeschränkungsbereiches liege. Erst mit der Neuaufstellung des Regionalplanes bzw. des RegFNP werde ein neu ausgewiesener Siedlungsbeschränkungsbereich in Kraft treten, der dann den Bereich des Bebauungsplanentwurfes Blauer See II möglicherweise ganz oder teilweise überlagere. Die Stadt Rüsselsheim ist im Ausbaufall unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches stärker von Siedlungsbeschränkungen als bisher betroffen. Die Stadt Hofheim am Taunus wird voraussichtlich auch im Ausbaufall weiterhin nicht von einem Siedlungsbeschränkungsbereich betroffen sein. Es wird eingewendet, dass weite Teile der Stadt Hochheim am Main voraussichtlich von einer Erweiterung des Siedlungsbeschränkungsbereichs betroffen und damit einer eigenverantwortlichen Siedlungsplanung entzogen würden. Darüber hinaus werde die Stadt Hochheim am Main in einen festzulegenden Bauschutzbereich für die neue Landebahn fallen, mit der Folge, dass die Planungsbefugnisse der Stadt auch gemäß 12 LuftVG eingeschränkt würden. Die Stadt Hattersheim am Main trägt vor, sie sei durch den im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereich in ihrer Planungshoheit eingeschränkt. Betroffen sei davon aktuell die Umwandlung der Flächen der alten Grundschule Eddersheim in Wohnbaufläche. Die Stadt Hochheim am Main wird von dem im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereich nicht überlagert. Unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches wäre im Ausbaufall der südliche Bereich der Stadt Hochheim am Main betroffen. Die derzeit im Norden und Osten der Stadt im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungszuwachsbereiche wären auch weiterhin nicht vom Siedlungsbeschränkungsbereich berührt. Im RPS 2000 wird der Stadtteil Hattersheim-Eddersheim zu einem Großteil vom Siedlungsbeschränkungsbereich überlagert. Unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches wäre im Ausbaufall die Stadt Hattersheim am Main nur im südlichen Randbereich der Stadtteile Okriftel und Eddersheim betroffen. Die im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungszuwachsbereiche der Kernstadt wären auch weiterhin nicht vom Siedlungsbeschränkungsbereich betroffen. Es wird eingewendet, dass schon seit längerem im nördlichen Entwicklungsgebiet der Stadt Darmstadt Bauleitpläne für Wohnbebauungen eingestellt worden seien. Genehmigungen für Bebauungspläne seien wegen der Siedlungsbeschränkungen fraglich. Durch die Ausweitung des Siedlungsbeschränkungsbereiches seien zudem verkehrsgünstig gelegene Siedlungsflächenpotentiale nicht mehr zu erschließen und müssten durch peripher gelegene Wohngebietsausweisungen kompensiert werden. Auch sei ausbaubedingt nur noch die Ausweisung gewerblicher Bauflächen möglich. Es wird weiter vorgebracht, Bauleit- und Fachplanungen Stadt Offenbach am Main würden durch die sich ausweitenden Siedlungsbeschränkungsbereiche ausgehöhlt. Insbesondere seien davon Bebauungspläne für Wohnnutzungen betroffen. Da die Planfeststellungsunterlagen keinen unmittelbaren Anhaltspunkt für die Siedlungsbeschränkungsbereiche Seite 1720 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

279 enthielten, seien diese anhand der letzten Praxis im Regionalplan zu antizipieren. Im Erörterungstermin hat sie hierzu ergänzend vorgetragen, die bisherige und die absehbare zukünftige Entwicklung des Siedlungsbeschränkungsbereiches seien nicht raumverträglich. Die Entwicklung des Siedlungsbeschränkungsbereichs (vor dem Hintergrund des Regionalplans 1986, 1995 sowie 2000 als auch des Planfeststellungsbeschlusses 1971) bringe die einseitige weitere Entwicklung und Berücksichtigung des Flughafens in der Raumplanung besonders deutlich zum Ausdruck. Dabei sei zu berücksichtigen, dass heute bereits 32 % des Gebietes der Stadt Offenbach am Main vom Siedlungsbeschränkungsbereich überdeckt würden und sich dieser Wert im Ausbaufall auf 55 % erhöhen würde. Durch die Erweiterung der Siedlungsbeschränkungszone ließen sich wichtige Baugebiete der Stadt Offenbach am Main wie Waldhof II, Teile des Buchhügels und der alte Industriehafen nicht mehr entwickeln. Der Schaden lasse sich in Millionenhöhe bilanzieren. Die Stadt Weiterstadt führt aus, eine Erweiterung der Wohnbebauung sei nur noch im Westen bzw. Nordwesten möglich. Diese Bereiche würden jedoch durch den im RPS ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereich einer Bebauung entzogen. Die Stadtteile Schneppenhausen und Gräfenhausen hätten dadurch keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten und auch die Stadtteile Braunshardt und Riedbahn würden einer unzumutbaren Fluglärmbelastung ausgesetzt. Gleiches gelte für die Gemeinde Büttelborn. Diese ergänzt, dass zwei der drei Ortsteile wegen der Siedlungsbeschränkungen bereits jetzt keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten mehr hätten. Die Gemeinde Trebur führt aus, dass sie bei Realisierung der Nordwestvariante einen kompletten Verlust ihrer Siedlungszuwachsflächen und damit jeglicher Entwicklungsmöglichkeiten zu verzeichnen habe. Die Ausbauplanung kollidiere hier in schwerwiegender Weise mit den kommunalen Bedarfsprognosen an Wohnbauflächen und Infrastruktur. Die Oberste Landesplanungsbehörde habe abzuwägen, ob und warum mit der Planung eine Ausweitung des Siedlungsbeschränkungsbereichs erfolgen werde, wie dies quantifiziert und nach welchen Kriterien die Ausweitung des Siedlungsbeschränkungsbereichs bewertet werden könne. Die Fraport AG erwidert, außerhalb der lärmmedizinisch relevanten Iso-Konturen käme eine Verletzung der kommunalen Planungshoheit durch Fluglärm nicht in Betracht. Die Planungsbelange von Kommunen im unmittelbaren Umfeld des Flughafens würden von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung berücksichtigt. Die Bewältigung des zukünftigen Verkehrsbedarfs sei ein öffentlicher Belang, hinter dem kommunale Planungsbelange zurücktreten müssten. Es sei letztlich eine Entscheidung der Landesentwicklungsplanung, ob die Kommunen mit ihren Siedlungsentwicklungsplänen zurückstehen müssten. Wie die Abwägung zu treffen sei, sei Gegenstand des LEP- Änderungsverfahrens. Es sei ferner festzuhalten, dass es nicht zwingende Folge der Planfeststellung, sondern der späteren Entscheidung der Regionalversammlung sei, die Siedlungsbeschränkungskonturen einem etwaigen Ausbau anzupassen. Dabei dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass der LEP 2000 von einer Siedlungsbeschränkung auf der Grundlage von höchstens 62 db(a) ausgehe, während die RVS eigenständig für den Flughafen Frankfurt einen Siedlungsbeschränkungsbereich auf der Grundlage von 60 db(a) gemacht habe. Der Tatsache, dass die Flughafenerweiterung in einigen Bereichen um den Flughafen zu Mehrbelastungen durch Fluglärm führen wird, trage die Fraport AG durch verschiedene in den Planfeststellungsunterlagen ausgeführte Maßnahmen Rechnung. Ü- ber die im Maßnahmenkonzept beschriebenen Maßnahmen hinaus sehe sie keinen begründeten Anlass für fluglärmbedingte Entschädigungsleistungen. Im Erörterungstermin ist hierzu von der Verhandlungsleitung angemerkt worden, soweit im LEP ein Siedlungsbereich von mindestens 62 db(a) vorgesehen sei, bedeute dies, dass dieser auch 60 db(a) betragen könne, wie es die Regionalversammlung dann auch festge- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1721

280 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main setzt habe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Siedlungsbeschränkungsbereich 1995 auf einer 62 db(a)-isophone basiere, die Darstellung aus dem Jahr 2000 jedoch auf einer 60 db(a)-isophone. Daher sei eine Erweiterung dieses Siedlungsbeschränkungsbereichs gegenüber 1995 zwangsläufig gegeben. Die Gemeinden Trebur und Büttelborn würden im Ausbaufall unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches nahezu vollständig betroffen sein. Von der Stadt Heusenstamm wird vorgetragen, dass sie nach dem derzeit gültigen RPS 2000 außerhalb des ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereichs liege. Dennoch wende sie sich gegen jegliche Änderung von Siedlungsbeschränkungs- und Bauschutzbereichen zu ihren Lasten, da sie davon Einschränkungen künftiger Nutzungs- und Entwicklungsmöglichkeiten befürchte. Auch sei zu befürchten, dass mit Inkrafttreten der Novelle des Fluglärmschutzgesetzes, das sehr viel weiter gehende Lärmschutzbereiche vorsehe, größere Siedlungsbeschränkungen einhergingen. Der Main-Kinzig-Kreis trägt vor, dass sich im Ausbaufall Siedlungsbeschränkungsbereiche ergäben, die erstmals Teile der Stadt Hanau und des südlichen Main-Kinzig-Kreises beträfen. Die Fraport AG erwidert, die genannten Einschränkungen seien nicht zu befürchten, da die Stadt Heusenstamm weder innerhalb eines Siedlungsbeschränkungs- noch Bauschutzbereiches liege. Die Stadt Heusenstamm wird von dem im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungsbeschränkungsbereich nicht überlagert. Im Ausbaufall wäre aber - unter Zugrundelegung eines 60 db(a) Siedlungsbeschränkungsbereiches - der westliche Bereich der Stadt Heusenstamm betroffen. Die Stadt Hanau und der Main-Kinzig-Kreis wären voraussichtlich nicht betroffen. Es wird vorgetragen, dass Grundstücke im Innenbereich innerhalb des Siedlungsbeschränkungsbereiches lägen, mit der Folge, dass dort nicht mehr im Sinne einer Nachverdichtung gebaut werden könne. Dadurch trete eine Wertminderung ein und die Bebauung mit einem Wohngebäude werde infrage gestellt. Die Fraport AG erwidert, dass es durch den Flugverkehr auch innerhalb von Siedlungsbeschränkungsbereichen zu Beeinträchtigungen kommen könne. Die behördlichen Vorgaben der Landes- und Regionalplanung lägen aber nicht in ihrem Einflussbereich. Die Frage, ob bei der Variante Nordwest die größten Eingriffe in dargestellte Siedlungsflächen entstünden, werde von ihr bejaht. Die Stadt Maintal trägt vor, dass vor dem Hintergrund der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes auch Lärmschutzzonen anders ausgewiesen werden könnten, was den Antragsunterlagen nicht zu entnehmen sei. Es solle daher festgestellt werden, dass für die Stadt Maintal auch weiterhin nicht mit Schutzauflagen oder Verboten zu rechnen sei. Die Landeshauptstadt Wiesbaden trägt vor, dass künftige städtebauliche Entwicklungen im Stadtgebiet nicht durch Bauschutzbereiche und Hindernisbegrenzungsflächen eingeschränkt werden sollten. Es sei zu prüfen, ob der Bauschutzbereich reduziert werden kön- Seite 1722 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

281 ne, so dass die Stadtteile Kostheim und Delkenheim nicht mehr betroffen seien. Im Ausbaufall seien durch Hindernisbegrenzungsflächen Teile von Wiesbaden-Kostheim und -Kastel betroffen. Die Stadt Kelsterbach führt aus, ihr Eigentum an Grundstücken sei durch den erweiterten Bauschutzbereich betroffen. Die innerhalb der betroffenen ha Siedlungsfläche liegenden Grundstücke (Planteil A 3, Ordnungsnummer ) könnten nicht mehr entsprechend den bauleitplanerischen Regelungen der 30 ff. BauGB bebaut und genutzt werden. Faktisch sei dieser Bereich einer vernünftigen Bauleitplanung entzogen. Hervorzuheben sei, dass der Siedlungsbereich des Bebauungsplans Mönchhof (Caltex- Gelände) betroffen sei. Die Fraport AG weise selbst darauf hin, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans Mönchhof Bauhöhen zuließen, die erheblich über die nach der fachplanungsrechtlichen Genehmigung der Landebahn im Kelsterbacher Wald geltenden Bauhöhenbeschränkungen hinausragten und mit der Anflugschneise der Landebahn im Kelsterbach Wald in Konflikt gerieten. Zum Bebauungsplan Mönchhof s. a. Kapitel Die Fraport AG erwidert, die Befürchtungen hinsichtlich einer eingeschränkten städtebaulichen Entwicklung könnten nicht nachvollzogen werden. Der Bauschutzbereich diene der Sicherheit der Luftfahrt und dem Schutz der Allgemeinheit in der Form, dass die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Objekten im Bereich des Bauschutzbereiches nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen dürfe. Die Ausweisung eines Bauschutzbereiches bedeute nicht, dass keinerlei Objekte diese Flächensysteme durchdringen dürften. Vielmehr diene der Bauschutzbereich der Hindernisüberwachung. Für eventuelle zukünftige Projekte bedeute dies lediglich, dass die Errichtung von Bauwerken im Bereich des Bauschutzbereiches nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigt werden dürfe, wie es für Teile des Flughafenumlandes bereits heute der Fall sei. Bei Neuplanungen von Objekten oder Ausbauplanungen bestehender Objekte, die in den Bauschutzbereich hineinragten, könne die Behörde die Genehmigung nur verweigern oder die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen für die Luftfahrt (Kennzeichnung der Objekte) anordnen, wenn dadurch die Sicherheit des Flugbetriebes gefährdet sei. Diese Einschätzung werde von der DFS durchgeführt ( 18 und 31 Abs. 3 LuftVG). Solche Gefährdungen seien z. B. Störungen von Flugsicherungseinrichtungen ( 18 a LuftVG) oder Nichteinhaltung der Hindernisfreiheit nach BMVBW- Hindernisrichtlinie ( 18 b LuftVG). Die nach der BMVBW-Hindernisrichtlinie freizuhaltenden Flächen seien in der Planfeststellungsunterlage Plan B dargestellt, so dass der Einwender eine diesbezügliche Prüfung seiner Bauplanung vornehmen könne. Generelle Bau- oder Ausbauverbote, wie von den Einwendern befürchtet, gebe es nicht. Dies gelte auch für den Bebauungsplan Mönchhof. Auch für die Stadt Wiesbaden seien keine Nutzungseinschränkungen zu erwarten. Es wird vorgetragen, durch die Lage der An- und Abflugrouten seien zahlreiche rechtskräftige und in Aufstellung befindliche Bebauungspläne sowie Wohnbau- und Gewerbeflächen berührt. Die Gemeinde Trebur trägt vor, dass die zusätzlich über Astheim geplante Flugroute dazu führen werde, dass neben Trebur und Geinsheim auch Astheim beeinträchtigt werde, mit der Folge, dass Baugenehmigungen nicht mehr erteilt werden dürften. Im Bereich der Stadt Mainz seien mehrere Stadtteile betroffen. Die Stadt Hofheim am Main rechne auch durch zukünftige Änderungen der Flugrouten bzw. der Flugroutenbelegungen und den damit verbundenen Lärmwirkungen mit weiteren Einschränkungen für die kommunale Bauleitplanung. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1723

282 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Fraport AG erwidert, sie habe keinen Einfluss auf die Festlegung der Flugrouten, die vom Luftfahrtbundesamt per Verordnung bestimmt würden Sonstige kommunale Planung Einzelhandel Die Einwender tragen vor, dass das geplante Ausbauvorhaben großflächige Einzelhandelsvorhaben einschließe und die vorgelegten Planfeststellungsunterlagen die für den Einzelhandel vorgesehenen Flächen nicht ausweise. Im Rahmen der Planfeststellung werde die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Anlagen beantragt, die sachlich nicht mit dem luftverkehrlichen Zweck des Vorhabens verbunden seien ( 8 Abs. 4 LuftVG). Die Fraport AG beantrage zwar die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung, die vorgesehene Nutzungsart über ihre Flächenschlüssel und die Textbeschreibung werde jedoch derart abstrakt gehalten, dass eine Prüfung der Zulässigkeit der baulichen Nutzung nicht möglich sei. Dies gelte im Besonderen für die Flächen, die von der Fraport AG für den Einzelhandel vorgesehen seien. So seien die Runderneuerung des Terminals 1 mit seinen Einzelhandelsflächen und der Ausbau des Airrail-Centers jeweils Gegenstand eines von dem Planfeststellungsverfahren unabhängigen Baugenehmigungsverfahrens. Auch seien die geplanten Verkaufsflächen im Bereich Gateway Gardens von ehemals m² auf m² Verkaufsfläche erhöht worden, und es seien im Bereich des Terminals 1 seit 1971 Verkaufsflächen entstanden, die keine rechtliche Genehmigung hätten. Auch sei das Terminal 3 zu groß geplant, was auf die geplanten Verkaufsflächen zurückzuführen sei. Selbst wenn in diesem Bereich Hotels und Kongresszentren angedacht seien, so sei der Bedarf vor dem Hintergrund der zu geringen Auslastung der Hotels in Frankfurt ebenfalls nicht nachvollziehbar. Das Terminal 3 mit dem Parkhaus bedürfe einer näheren Präzisierung der Nutzungsabsichten, insbesondere hinsichtlich der geplanten großflächigen Einzelhandelsnutzungen. Aufgrund der völlig undefinierten baulichen Nutzungsvorgabe PA1 in den Planunterlagen könne die Planfeststellung des Terminals 3 nicht erfolgen. Außerhalb des Terminals 3 seien zudem ein großes Areal mit Einkaufs- und Unterhaltungsräumen mit m 2 Geschossfläche sowie ein Airrail-Center vorgesehen. Dieses Vorhaben entspreche nicht dem Bedarf für die Reisenden und deren Ausstattung und Verpflegung. Vielmehr liege die Vermutung nahe, dass damit Konkurrenz zu Einkaufszentren der Region geschaffen werde. Dies stelle jedoch wegen der Bebauungsplan ersetzenden Wirkung des Planfeststellungsbeschlusses einen Verstoß gegen die gemäß 2 Abs. 2 BauGB geforderte Rücksichtnahme auf die Belange der Kommunen dar. Im Erörterungstermin ist hierzu ergänzend ausgeführt worden, dass mit den geplanten Einzelhandelsflächen im Flughafenbereich ein Abzug von Kaufkraft befürchtet und damit die Innenstädte sowie das Entwicklungspotential der angrenzenden Mittelzentren erheblich beeinträchtigt werde. Maßnahmen zur Aufwertung von Stadtkernen würden zunichte gemacht und es werde eine Verödung der Innenstädte erwartet. Auch die im Ausbaufall befürchtete Abwanderung finanzstarker Einkommensgruppen werde negative Folgen für den städtischen Einzelhandel haben. Es wird gefordert, dass die Auswirkungen der geplanten großflächigen Einzelhandelsvorhaben nach den Grundsätzen des Einzelhandelserlasses des HMWVL (StAnz. 5/2003 S. 453) durch ein unabhängiges Gutachten ermittelt werden. Weiterhin wird gefordert, dass der Verkauf innenstadtrelevanter Sortimente auf den Einzelhandelsflächen der Fraport AG verboten werde. Umfang und Art der zukünftigen Einzelhandelsnutzungen dürften nicht zu negativen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungslagen der Gemeinden im Einzugsbereich des Flughafens führen. Seite 1724 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

283 In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, inwieweit rechtmäßige Baugenehmigungen für Einzelhandelsnutzungen im Flughafenbereich (z. B. Erweiterung Terminal 1) vorlägen. Es wird beantragt, zum Verfahren Unterlagen über alle Genehmigungen für Einzelhandelsnutzungen im Bereich der Terminals 1 und 2, Baugenehmigungen für das Airrail-Center, Detailplanungen für das Terminal 3 mit den geplanten Einzelhandelsnutzungen und Detailplanungen der Fraport AG für den Bereich des Bebauungsplanes Gateway Gardens beizuziehen. Es wird weiter eingewendet, die mit dem Vorhaben verbundenen großflächigen Einzelhandelsvorhaben verstießen gegen das Beeinträchtigungsverbot des LEP und widersprächen den Zielen der Raumordnung und Landesplanung, wonach solche Vorhaben nach Art, Lage und Größe die Funktionsfähigkeit von benachbarten zentralen Orten und ihrer bereits integrierten Geschäftszentren nicht wesentlich beeinträchtigen dürften. Auch seien Einzelhandelsflächen nur in den im RPS 2000 ausgewiesenen Siedlungsbereichen zulässig. Das Terminal 3 liege aber in einem im Regionalplan ausgewiesenen Bereich für Industrie und Gewerbe, so dass zumindest ein Ausnahmeantrag gestellt werden müsse. Ungeklärt bleibe, wie die notwendige regionalplanerische Abstimmung der Einzelhandelsnutzungen am Flughafen erfolgen solle. Die für Kommunen erforderlichen Abweichungsverfahren vom Regionalplan für großflächige Einzelhandelsvorhaben ab einer Geschoßfläche von m² außerhalb von Kerngebieten seien hier bislang unterlassen worden. Die Fraport AG erwidert, in Bezug auf die Einzelhandelsflächen und deren Auswirkungen auf die Umgebung sei festzuhalten, dass die Antragsunterlagen deshalb keine speziellen Ausführungen aufwiesen, weil man sich mit Einzelhandel innerhalb ihrer geplanten Anlagen nicht besonders auseinandergesetzt habe. Insofern sei auch nichts zu etwaigen Auswirkungen vorgesehen. Die Einzelhandelsgeschäfte würden im Terminal selbst untergebracht werden und nicht in den Flächen, für die eine flughafenaffine Nutzung vorgesehen worden sei. Geplant seien Hotels, Büros und auch Tagungszentren, aber kein Einzelhandel im eigentlichen Sinne; denn diese Geschäfte befänden sich (wie auch im nördlichen Flughafenbereich) innerhalb der Terminals. Das Terminal sei nach seiner betrieblichen Nutzung und den Bedürfnissen dimensioniert für den Flughafenbetrieb, für die Abfertigung der Passagiere und der Flugzeuge an den Gates, aber nicht für den Einzelhandel. Das schließe jedoch den Einzelhandel an einem Flughafen nicht aus, der insbesondere für die Fluggäste und ggf. die Beschäftigten angedacht sei. Dabei sei festzuhalten, dass das Terminal mit der Passagierabfertigung als die landseitige Abfertigung betrachtet werde, die luftseitige Abfertigung wäre an der Terminalkante Richtung Vorfeld, also der Flugzeugabfertigung. Im landseitigen Terminalbereich (Abfertigung der Fluggäste) würden die Einzelhandelsgeschäfte untergebracht werden. Im Planfall 2015 würden bis zu Menschen am Flughafen Frankfurt abgefertigt, denen ein gewisses Beiwerk geboten werden müsse. Solange die Nordsituation nicht für rechtswidrig erklärt werde, fungiere diese als eine Art Orientierung für die Südplanung. Konkrete Angaben zum Einzelhandelskonzept könne die Fraport AG derzeit nicht machen, da die Terminal-3-Planung noch nicht abgeschlossen sei. Bezüglich der Größe des Terminals sei festzuhalten, dass sich dessen Grundfläche auf der Grundlage der prognostizierten Passagierzahlen, aus der durchschnittlichen Positionsbreite an den Piers und der Größe des Terminalkerngebäudes ableiten lasse. Insofern könne die Grundfläche des Terminals 3 nicht weiter reduziert werden. Zur Frage der Auswirkungen erwidert die Fraport AG, es gebe keine Hinweise auf die vom Einwender befürchteten Abwanderungen von Bevölkerungsgruppen bzw. befürchteten negativen Wirkungen auf die Kaufkraft und den Einzelhandel. Umgekehrt lassen die durch die Gutachten G19.1 und G19.2 nachgewiesenen Beschäftigungs- und Einkommenseffek- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1725

284 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main te des Flughafenausbaus positive Wirkungen auf die Bevölkerungsentwicklung und Kaufkraft der Flughafenumlandgemeinden erwarten. Im Hinblick auf die Planfeststellungsfähigkeit verweist die Fraport AG auf eine Entscheidung des BVerwG aus dem Jahre Danach könne alles, was dem Beförderungszweck irgendwie dienlich sei, planfestgestellt werden. Es müsse kein innerer funktionaler Zusammenhang mit dem Zweck der Fracht- oder Passagierbeförderung bestehen. Danach seien die Speditionsanlagen für den Frachtflugverkehr sowie die Hotels und Einzelhandelsgeschäfte für den Passagierflugverkehr relevant. Die Fraport AG geht davon aus, dass die Voraussetzungen des 38 BauGB gegeben seien. Die Beteiligung der Gemeinden sei umfassend erfolgt. Der Forderung nach einer Offenlage von Baugenehmigungen werde widersprochen. Darüber hinaus sei die Raumverträglichkeit des beantragten Vorhabens mit landesplanerischer Beurteilung meiner Behörde vom unter bestimmten Maßgaben festgestellt worden. Im Erörterungstermin hat der Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch ausgeführt, es stelle sich die Frage, ob im Rahmen des 8 Abs. 4 LuftVG überhaupt die Möglichkeit bestehe, Hochbauten bauplanungsrechtlich zuzulassen, die auf der Landseite des Flughafens für jeden Verbraucher aus dem Umland Einkaufsmöglichkeiten böten. Das BVerwG habe in Bezug auf die Planungskompetenz der Gemeinden entschieden, dass im Rahmen der Planfeststellung und Widmung als Bahngelände nicht die Möglichkeit bestehe, einen beliebigen Einzelhandel zuzulassen, der über das hinausgehe, was für Fahrgäste erforderlich sei. Für 8 Abs. 4 LuftVG werde man das ähnlich sehen müssen. Für nicht flughafenaffine Nutzungen habe die Planfeststellung keine Bebauungsplan ersetzende Wirkung. Sähe man das anders, müsse man die Flächen, wie bei einem Bebauungsplan auch, als Kerngebiet oder als Sondergebiet nach 11 Abs. 3 BauNVO ausweisen. Gemäß 8 Abs. 4 LuftVG kann auf dem Flughafengelände im Rahmen der Planfeststellung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Hochbauten entschieden werden. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Ob z. B. ein Hotelbetrieb oder ein Einkaufszentrum Gegenstand einer Planfeststellung nach 8 LuftVG sein können, ist von der Rechtsprechung bislang noch nicht entschieden. Bedeutung gewinnt die Frage mit Blick auf 38 BauGB, der der Fachplanung Vorrang vor der Bauleitplanung und den allgemeinen bauplanungsrechtlichen Vorschriften einräumt. Die von Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch im Erörterungstermin zitierte Entscheidung zur Zulässigkeit von Einzelhandel auf einem Bahnhofsgelände legt es nahe, Hotels oder Einzelhandelsflächen dann als planfeststellungsfähig anzusehen, wenn sie im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb stehen, indem sie Flugreisenden oder am Flughafen Beschäftigten die Gelegenheit geben, am Flughafen zu übernachten oder einzukaufen. Sobald diese Angebote dagegen auf Kunden abzielen, die sich nicht sowieso am Flughafen aufhalten, habe ich Zweifel, ob nicht doch ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen ist, mit der Folge, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach 29 ff. BauGB zu beurteilen ist. Ein wichtiges Indiz für die Frage, an wen sich das Einzelhandelsangebot richtet, scheint mir die Dimensionierung der Flächen zu sein. Diese steht noch nicht fest, so dass insoweit m. E. Aufklärungsbedarf besteht. Solange es der Fraport AG lediglich darum geht, den bei Fluggästen und Beschäftigten bestehenden Bedarf zu decken, hätte dies keine Auswirkung auf die städtebauliche Entwicklung; die jetzige Darstellung in den Unterlagen wäre ausreichend Kommunale Einrichtungen Die Einwender tragen vor, dass zahlreiche kommunale Einrichtungen im Ausbaufall durch Lärm und luftgetragene Schadstoffe betroffen seien. Genannt werden schutzwürdige Ein- Seite 1726 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

285 richtungen wie Schulen, Kindergärten, Jugendtreffs, Krankenhäuser, Vereinsheime, Seniorentreffs, Alten- und Pflegeheime, Bürgerhäuser, Bürgerserviceeinrichtungen, Büchereien, Feuerwehrhäuser, Sporthallen, Trauerhallen etc. Beeinträchtigt würden Naherholungsflächen, Spiel-, Sport- und Freizeiteinrichtungen und Bäder sowie soziokulturelle Einrichtungen und nicht in städtischem Eigentum stehende Infrastruktureinrichtungen. Betroffen seien auch Gemeindewohnungen. Als besonders schutzwürdige Einrichtungen seien Friedhöfe und Büchereien zu nennen, diese Einrichtungen seien im Gutachten G12.1 nicht erfasst worden. Es wird vorgetragen, neben der Beeinträchtigung kommunaler Einrichtungen seien auch schützenswerte Belange im Rahmen der Schulträgerschaft sowie Schutz- und Fürsorgepflichten der Städte, Gemeinden und Landkreise für ihre Arbeitnehmer, Mieter und Pächter betroffen. Weiter wird ausgeführt, die kommunale Daseinsvorsorge umfasse auch die Gesundheitsvorsorge. Diese werde durch die Luftverkehrslärm- und Luftverkehrsabgasemissionen gefährdet bzw. unmöglich gemacht, ein ordnungsgemäßer Schulbetrieb könne nicht mehr gewährleistet werden. Die Funktionsfähigkeit einer Schule sei auch gestört, wenn die Schüler durch Fluglärm gesundheitlich beeinträchtigt würden. Ein Schutzkonzept, das keinerlei Schallschutzmaßnahmen für Schulen und Kindergärten vorsehe, sei unzureichend. Zur Sicherung der Schulträgerschaft fordert die Stadt Kelsterbach geeignete Maßnahmen insbesondere Schallschutzmaßnahmen - im Planfeststellungsbeschluss aufzugeben. In Verbindung damit wird gefordert, dass ein Register über die Erkrankungshäufigkeiten zu führen sei. Auch werde befürchtet, dass künftig kommunale Einrichtungen nicht mehr in den betroffenen Bereichen errichtet werden könnten und Wohnbaugebiete ohne Kindergärten nicht mehr planbar seien. Auch könnte das pädagogische Angebot in den Kindertagesstätten wegen der schon bestehenden Lärmbelastung nur eingeschränkt und bei einer Erhöhung der Belastung überhaupt nicht mehr möglich und nutzbar sein. Durch den Wegzug von Familien mit Kindern werde die Belegung in den Tagesstätten erheblich geringer, mit der Folge, dass diese Einrichtungen mittelfristig schließen müssten. Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen im Innenstadtbereich verlören neben dem Förderaufwand ihren den Stadtteil aufwertenden Charakter. Die fachplanungsrechtliche Unzumutbarkeitsschwelle von 48 db(a) werde für eine Vielzahl kommunaler Einrichtungen etwa in Flörsheim am Main und in Hattersheim am Main weit überschritten. Auch sei für die Berechnung realistischerweise ein Wert von Flugbewegungen zugrunde zulegen. Im Ausbaufall sei mit höheren Aufwendungen für Schallschutz zu rechnen, passive Schallschutzmaßnahmen seien erforderlich. Die Einwender verlangen im Ausbaufall Entschädigungen für zusätzliche Aufwendungen und Beeinträchtigungen von kommunalen Liegenschaften, Klage auf passiven Schallschutz werde erwogen. Alle lärmsensiblen öffentlichen und sonstigen Einrichtungen der betroffenen Gemeinden seien vollständig aufzunehmen, dies sei bislang nicht oder nur unzureichend geschehen. Ergänzend hierzu ist im Erörterungstermin seitens der Einwender gefordert worden, im Planfeststellungsbeschluss sei eine Regelung herbeizuführen, die eine Entschädigung für Wirbelschleppen- und Blue-Ice-Vorfälle beinhalte. Insbesondere im Fall der Betroffenheit kommunaler Einrichtungen wie Kindergärten, Grundschulen und Spielplätzen sei Einwirkungen wirksam zu begegnen. Hierzu hat der Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch ausgeführt, dass es wahrscheinlich eine allgemeine Regelung geben werde, die für alle Schulen gelte, unabhängig davon, wer der Träger sei und wer die Unterhaltungslast trage. Dort werde die Höhe der Entschädigung und der Erstattung von Kosten geregelt. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1727

286 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Fraport AG erwidert, dass für die lärmsensiblen Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten der L eqtag 55 db(a) als Suchbereich definiert worden sei. In dem Plan B (B11, Anlage 4) zeige die rote Linie diesen Suchbereich für Schulen und Kindergärten. Diese Kontur schneide die Wohnbebauung von Kelsterbach nur am südlichen Rand an. In diesem Bereich sei eine Schule identifiziert und dargestellt worden. Die von den Einwendern vorgetragenen Berechnungen auf der Grundlage einer Kapazität von Flugbewegungen und der 100/100-Regel sei völlig überzogen. Auch lägen eine Vielzahl der von den Einwendern genannten Einrichtungen außerhalb des Suchbereichs für Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen oder würden von den in den Gutachten dargestellten lärmmedizinisch relevanten Konturen nicht berührt. In diesen Fällen seien schädliche Umwelteinwirkungen durch den Flugbetrieb nicht zu erwarten. Für die auf den S. 46 und 47 im Gutachten G12.2 fettgedruckten Kindertagestätten könne sich im Rahmen einer Einzelfallprüfung unter Umständen ein Anspruch auf passiven Schallschutz ergeben. Die von den Einwendern genannten Friedhöfe und Büchereien seien keine schutzwürdigen Einrichtungen. Für Einrichtungen im Außenbereich vertrete die Fraport AG die Auffassung, dass die Besucher keiner Dauerbelastung ausgesetzt würden, so dass hier andere Werte zu gelten hätten. Der Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch hat im Erörterungstermin angemerkt, soweit die Fraport AG davon ausgehe, dass an keiner Schule passiver Schallschutz erforderlich sei, so beruhe dies darauf, dass die Fraport AG andere Werte zu Grunde lege, über deren Richtigkeit noch zu entscheiden sein werde. Ferner sei festzuhalten, dass in Planfeststellungsbeschlüssen lediglich die abstrakten Voraussetzungen für passiven Lärmschutz formuliert würden. Die Gewährung im Einzelfall bedürfe jedoch einer konkreten Entscheidung vor Ort unter genauer Betrachtung der einzelnen Verhältnisse Finanzielle Auswirkungen/Entschädigung Von Einwendern wird befürchtet, dass Bebauungspläne im Ausbaufall nicht vollzogen werden könnten. Alle dadurch entstehenden Schäden seien von der Fraport AG zu übernehmen. Dies gelte für alle Verfahrenskosten sowie für die Herstellung von Erschließungsanlagen im Rahmen von nicht vollständig realisierbaren Bebauungsplänen bzw. solchen, die nur mit Änderungen vollziehbar seien. Im Erörterungstermin ist hierzu ergänzend ausgeführt worden, durch die vorhabensbedingte Zunahme der Lärmbelastung werde eine Änderung der Bauleitplanung notwendig werden. Die Gemeinden müssten dann mit Entschädigungsansprüchen von betroffenen Grundeigentümern nach 42 Abs. 1 BauGB rechnen. In den Antragsunterlagen habe eine Auseinandersetzung mit dieser Problematik nicht stattgefunden. Im Zusammenhang mit dem Ausbau könnten Schallschutzauflagen in den Bebauungsplänen erforderlich werden oder Bebauungspläne aufgrund der zu erwartenden Lärmbelastung und damit einhergehender Nutzungsänderung außer Kraft treten. Die Frage der Entschädigungspflicht für den Fall der Änderung von Bebauungsplänen infolge einer Lärmbeeinträchtigung durch Luftverkehr sei gesetzlich nicht geregelt und müsse beim Entscheidungsfindungsprozess berücksichtigt werden. Die Fraport AG weist jegliche Schadensersatzansprüche für Gemeinden zurück, die von den in den Gutachten dargestellten lärmmedizinisch relevanten Konturen und damit auch in ihrer kommunalen Planungshoheit nicht berührt werden. Zur Begründung wird auf die Ausführungen der Fraport AG im Kapitel verwiesen. Vom Verhandlungsleiter Herrn Dr. Gaentzsch ist hierzu angemerkt worden, von der Planfeststellungsbehörde und meiner Behörde als Anhörungsbehörde sei die Betroffenheit der Gemeinden in Bezug auf solche Bauleitpläne in den Blick zu nehmen, die nicht funkti- Seite 1728 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

287 onslos würden, aber nur unter Lärmschutzgewährung bestehen könnten. Ferner sei festzuhalten, dass im Planfeststellungsbeschluss Regelungen der Art getroffen würden, dass Anspruch auf Lärmschutz bestehe, soweit Bebauungspläne bestandskräftig seien. Diese Regelungen gälten für geltende Bebauungspläne, also dort, wo Baurecht bestehe, auch wenn die Grundstücke noch nicht bebaut seien. In der 16. BImSchV sei das auch so geregelt. Wenn so schwerwiegende Probleme aufträten, dass die Grenze der Gesundheitsgefährdung erreicht werde (wo auch immer diese liege) und man das Problem nicht mit passivem Lärmschutz lösen könne, dann könne eine Aufhebung von Bauleitplänen notwendig sein. Die Konsequenz sei nicht nur der 42 BauGB, sondern auch der 38 BauGB in Verbindung mit 37 BauGB. Dann habe die Fraport AG die Gemeinde von den Kosten der Planungsschäden freizustellen. Es wird vorgetragen, dass infolge nicht mehr möglicher Ausweisungen von Neubaugebieten und der Erweiterung des Siedlungsbeschränkungsbereichs der Wegfall von Einnahmequellen zu befürchten sei und ein erheblicher Eingriff in das städtische Vermögen erfolge. Dies resultiere aus nicht mehr möglicher Veräußerung von ehemals im Rahmen der Bodenbevorratungspolitik erworbenen Flächen zu üblichen Baulandpreisen. Grundstücke in rechtskräftigen Bebauungsplänen insbesondere innerhalb von Siedlungsbeschränkungsbereichen - seien nicht mehr vermarktbar, so dass die Kommunen auf Planungs- und Erschließungskosten sitzen blieben. Auch sei im Ausbaufall der Immobilienbesitz von Städten und Gemeinde betroffen, mit der Folge, dass die Standorte an Attraktivität verlören und Mindereinnahmen bei Miete, Pacht und Verkauf zu befürchten seien. Die minimalen Entschädigungen für die Einschränkungen der Kommunen in ihrer Siedlungsentwicklung seien unhaltbar. Betroffen seien auch kommunale Wohnungsgesellschaften, deren Wohnungsbestand entwertet würde mit Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Wohnungsbaugesellschaften. Erwartet werden im Ausbaufall Verluste in einer Größenordnung von %. Dieser Belang müsse im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Berücksichtigung finden. Die Fraport AG erwidert, die bloße Erwartung der Erzielung von Einnahmen stehe nicht unter dem Schutz der Rechtsordnung. Die Finanzhoheit der Kommunen werde nicht berührt. Betroffen wären lediglich fiskalische Interessen der Kommunen. Das sei kein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und Finanzhoheit. Das bedeute nicht, dass es gegebenenfalls einen Konflikt mit der kommunalen Selbstverwaltung in Bezug auf Bebauungspläne insgesamt durch den Flughafenausbau geben werde. Es sei auch davon ausgehen, dass die Belastungen durch das Vorhaben real physisch durch Schallschutzmaßnahmen ausgeglichen werden könnten. Es sei festzuhalten, dass insgesamt gesehen die Belastungen im Rhein-Main-Gebiet zunehmen würden, in einigen Bereichen ergebe sich aber im Planungsfall durch die geänderte Flugroutenbelegung eine Verminderung des Lärms gegenüber dem Ist-Fall. Ferner sei zu beachten, dass man sich bereits im ROV mit diesem Sachverhalt auseinandergesetzt habe. In dem Gutachten G14 habe die Fraport AG auf die Bodenrichtwerttabellen verwiesen. Dies sei ein verlässlicher Ratgeber über die tatsächliche Wertentwicklung. Des Weiteren werde darauf hingewiesen, dass diese Entwicklungen und auch Feedbacks über Gutachterausschüsse die beschriebenen Wertverluste nicht bestätigten. Im Gegenteil beobachte die Fraport AG hier eine über Jahre hinweg stabile Wertentwicklung bei den Grundstücken. Im Erörterungstermin haben die Einwender erwidert, eine Berufung auf die Raumordnungsunterlagen hinsichtlich der Grundstücksbewertung oder der Wertermittlung sei nicht statthaft. Was früher Gegenstand der Raumordnung gewesen sei, sei nicht automatisch Gegenstand der Planfeststellungsunterlagen. Auch solle meine Behörde als Anhö- Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1729

288 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main rungsbehörde die Fraport AG auffordern, ein Gutachten bezüglich der Wertverluste der von der Ausbauplanung betroffenen Grundstücke anzufertigen. Im Falle lärmbedingter Vermögensschäden an kommunalem Eigentum sowie lärmbedingter Schädigungen von Mitarbeitern und Nutzern werden Schadensersatzansprüche angekündigt. Aufgrund der zu erwartenden Lärmentwicklung im Ausbaufall werden Schallschutzmaßnahmen und für die Beeinträchtigung von Außenbereichen entsprechende finanzielle Entschädigungen gefordert. Unter Bezug auf die im Planfeststellungsbeschluss 1971 getroffenen Zusicherungen habe die Fraport AG alle Gemeinden und Bürger von Aufwendungen freizustellen, die im Vertrauen auf die Zusicherung im damaligen Planfeststellungsbeschluss getätigt worden seien. Dies betreffe Aufwendungen der Gemeinden für kommunale Einrichtungen, die von der Allgemeinheit genutzt und im Ausbaufall in ihrer Nutzungsmöglichkeit erheblich beschränkt würden. Auch hätte die Fraport AG die Zusatzbelastungen auf kommunale Einrichtungen sowie den Aufwand für fehlgeschlagene Aufwendungen der Kommunen ermitteln müssen. Die Fraport AG hat erwidert, dass die mit dem Flughafenausbau aufgeworfenen Konflikte bezüglich Geräuschimmissionen umfassend durch passive Schallschutzmaßnahmen (als Schutzanlagen i. S. d. 9 Abs. 2 LuftVG) bewältigt werden könnten. Aus ihrer Sicht bestünden somit keine Fälle von darüber hinaus gehenden Geldentschädigungen oder von Übernahmeansprüchen. Es wird vorgetragen, die Wirtschaftsstruktur und Leistungsfähigkeit der Kommunen werde sich nachhaltig verschlechtern. Mögliche zukünftige Investitionen mittelständischer Betriebe und des Einzelhandels blieben aus. Durch den Wegzug von Unternehmen, Probleme bei der Ansiedlung von Betrieben und den Wegfall von Gewerbesteuereinnahmen seien Einnahmeverluste bei den betroffenen Kommunen zu verzeichnen und weiterhin zu erwarten. Auch infolge des Wegzugs finanziell besser und durch den Zuzug finanziell schlechter gestellter Menschen werde es zu einer Belastung des städtischen Haushalts kommen. Ergänzend ist im Erörterungstermin hierzu vorgebracht worden, der kommunalen Haushalten zufließende Einkommenssteueranteil werde sich durch Wegzug der Bevölkerung mittleren und höheren Einkommens verringern, während die Ausgaben zur Verminderung von sozialen Konflikten drastisch erhöht werden müssten. Dies schaffe bevorzugte und benachteiligte Gemeinden. Dieser Aspekt müsse im Zusammenhang mit der Bewertung des öffentlichen Interesses berücksichtigt werden. Das geplante Vorhaben werde ebenfalls negative Auswirkungen auf die Naherholung und den Fremdenverkehr haben, wodurch erhebliche Einbußen zu erwarten seien. Auch für die Städte Hochheim am Main und Flörsheim am Main werden Einbußen im Tourismus geltend gemacht, da diese Städte als Weinbauorte einen Anziehungspunkt für Touristen darstellten. Die Fraport AG erwidert, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Erholungsfunktion würden in der UVS (G1) ausführlich behandelt. Dies gelte auch für den Bereich Flörsheim/Hattersheim (LBE 1B 1). Tatsächlich verbessere sich die Situation hinsichtlich der Geräuschimmissionen in besagtem Bereich im Vergleich von der Ist-Situation zu Prognosenullfall und Planungsfall (G1, Teil III, Tab. 2-22, S. 191). Dadurch sei nicht damit zu rechnen, dass es durch das beantragte Ausbauvorhaben einen Rückgang des Tourismus in diesem Bereich geben werde. Weiter wird auf die in den Planfeststellungsunterlagen untersuchten Auswirkungen auf die Einkommens- und Beschäftigungseffekte (Gutachten G19.1) und des Standortfaktors Flughafen Frankfurt Main (Gutachten G19.2) verwiesen. Die Ergebnisse zeigten, dass im Planungsfall (2015) im Vergleich zur Ist-Situation und zum Prognosenullfall (2015), die direkten, indirekten und induzierten Einkommens- und Be- Seite 1730 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

289 schäftigungseffekte des Flughafens und seines Ausbaus positive Auswirkungen auch auf Handel und Gewerbe - insbesondere in der Region Frankfurt/Rhein-Main, aber auch darüber hinaus - haben werden Sonstige kommunale Belange Die Einwender tragen vor, durch die Zunahme der Lärmbelastung im Ausbaufall werde es zu einer Umnutzung von Wohngebieten in Gewerbegebiete und zu Verlagerungen von Wohngebieten in weniger verlärmte Gemeinden kommen. In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage, wo im Rhein-Main-Gebiet der zu kompensierende Wohnbauflächenbedarf gedeckt werden solle und welche Folgen sich durch verstärkte Fortzüge ergäben. Ein Konzept, dass sich mit diesen Fragen auseinandersetze, fehle. Unter dem Ausbau werde der Wirtschaftsstandort Rhein-Main leiden, da sich qualitativ hochwertige Dienstleistungsunternehmen nicht mehr ansiedeln werden. Eine positive Arbeitsplatzentwicklung, insbesondere in Städten wie Offenbach am Main und Kelsterbach sei nicht zu erwarten. Vielmehr sei eine weitere Abwanderung von Gewerbebetrieben zu befürchten mit der Folge einer Verödung von Gewerbeflächen. Es werde auch erwartet, dass die Firma Firma057 abwandern werde mit der Folge, dass eine Neuansiedlung des Unternehmens eine extrem hohe Investitionssumme und erheblichen Zeitbedarf erfordern werde. Diese negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft, insbesondere die Vernichtung von Arbeitsplätzen, seien nicht untersucht worden. Zudem werden im Ausbaufall negative soziale Auswirkungen infolge der zu erwartenden Abwanderung von Bevölkerungsgruppen bis hin zu einer Verslumung von Wohngebieten befürchtet. Die Fraport AG erwidert, die positiven wirtschaftlichen Wirkungen des beantragten Vorhabens seien im Rahmen der Verfahrensgutachten G19.1 und G19.2 mittels anerkannter wissenschaftlicher Verfahren umfänglich und differenziert analysiert und belegt. Nach deren Ergebnissen werde durch den Flughafenausbau das Einkommens- und Beschäftigungsniveau der Region angehoben sowie Gewerbeansiedlungen und Investitionen gefördert. Die Bedeutung des Flughafens und seines Ausbaus als Standortfaktor für die Wirtschaft der Region Frankfurt/Rhein-Main werde ausdrücklich belegt. Es werde nachgewiesen, dass die Kapazitätserweiterung des Flughafens den wirtschaftlichen Strukturwandel in der Region in Richtung einer wachsenden Bedeutung des Dienstleistungssektors ausdrücklich fördere (G19.2, S. 126). Des Weiteren führe der Ausbau im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad und die damit verbundenen Vermarktungsmöglichkeiten zu einer größeren Attraktivität der Region und damit zu einem verbesserten Image (G19.2, S. 133 ff.). Weiterhin sei anzumerken, dass es keine Hinweise auf befürchtete Wegzüge bzw. negative Veränderungen der jeweiligen Sozialstruktur gebe. So sei die langfristige Bevölkerungsentwicklung auch der stärker durch Schallimmissionen betroffenen Flughafenumlandgemeinden positiv und liege über der durchschnittlichen Bevölkerungsentwicklung Hessens. Die Annahme, dass Rückgänge der Grundstückpreise zu erwarten seien, sei rein spekulativ und nicht hinreichend fundiert begründet. Sowohl Untersuchungen Dritter als auch eigene Erkenntnisse (insbesondere im Hinblick auf die Preisentwicklung nach Inbetriebnahme der Startbahn 18 West zeige, dass Immobilien in Flughafennähe dauerhaft nicht an Wert verlören. Durch den Flughafen und dessen Ausbau motivierte Standortentscheidungen von Unternehmen zugunsten der Region Frankfurt/Rhein-Main und die daraus resultierenden Beschäftigungs- und Einkommenseffekte erhöhe die Nachfrage sowohl nach Gewerbe- als auch nach Wohnimmobilien. Dies schlage sich langfristig in einer Preisentwicklung von Gewerbe- wie auch Wohnimmobilien in der Region Frankfurt/Rhein-Main nieder, die sich positiv von der durchschnittlichen Wertentwicklung von Immobilien in anderen Regionen der Bundesrepublik abhebe. Dies lasse sich unter anderem auch anhand der Entwicklung der Bodenrichtwerte der letzten 30 Jahre ableiten. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1731

290 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Von einigen Einwendern wird bemängelt, in den Planfeststellungsunterlagen werde der Eingriff, der durch Verlärmung von Landschaftsräumen verursacht werde, nicht erfasst. Dies sei umso gravierender, als gerade die Erholungs- und Freizeitfunktion von Landschaftsräumen durch Lärm so gestört werden könne, dass Erholung nicht mehr möglich sei ( 5 Abs. 1 HENatG). Generell führten die Lärmzunahme und die höhere Luftverschmutzung zur Einschränkung der Naherholungsmöglichkeiten, was als Einbuße an Lebensqualität empfunden werde. Dies wiederum vermindere die Anziehungskraft der Kommunen, entwerte und beschränke ihre Planungen und vermindere ihre Entwicklungschancen. Dies betreffe auch Landschaftsräume der Stadt Offenbach am Main. Auch sei diese bislang bei der Ausgleichsplanung völlig unzureichend berücksichtigt worden. Die Fraport AG erwidert, in dem nach wissenschaftlichen Erkenntnissen abgegrenzten Untersuchungsraum für die Beeinträchtigungen der Freizeit- und Erholungsfunktion (vgl. G1, Teil III, Kap. 2.1, S. 85) sei die Funktionsbeeinträchtigung durch Geräuschimmissionen auch für Landschaftsräume der Stadt Offenbach am Main betrachtet worden (Kap , S. 188 ff.). Danach seien erhebliche Beeinträchtigungen nicht identifiziert worden. Vielmehr sei bereits jetzt eine deutliche Vorbelastung in den genannten Räumen festzustellen. Aufgrund des Fehlens von erheblichen Beeinträchtigungen sei auch kein Ausgleich in Offenbach am Main erforderlich. Schließlich wird auf Verstöße gegen die Lärmsanierungspläne der Gemeinden hingewiesen. Zudem sei die städtische Standortqualität in den Bereichen Regierung, Verwaltung, Universität, Schulen, Klinik, Kultur und Einkauf beeinträchtigt. Die Führung des Prädikates Kurort sowie die Einführung eines Heilklimaparks im Taunus seien gefährdet. Letztlich werde eine Vielzahl von kulturellen Veranstaltungen, Kinderfreizeitmaßnahmen und Projekten im Bereich der Jugend- und Kulturarbeit vom Ausbaufall betroffen. Seite 1732 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

291 20 Grundstücksbezogene Betroffenheiten 20.1 Rechtsstellung von Gebietskörperschaften Zu den Einwendern, die grundstücksbezogene Betroffenheiten geltend machen, gehören auch etliche Kommunen. Einige von ihnen stellen ihren Einwendungen rechtliche Ausführungen zu ihrer Befugnis, sich auf Grundeigentum zu berufen, voran. Es wird darauf verwiesen, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genieße eine Stadt als Grundstückseigentümerin nach allgemeinen Grundsätzen Schutz vor den nachteiligen Auswirkungen eines Vorhabens, ohne dass es darauf ankomme, ob das betreffende Grundstück einen spezifischen Bezug zur Erfüllung kommunaler Aufgaben besitze (vgl. BVerwGE 90, 96, 101 f.; 97, 143, 151 f.). Dieses gelte ungeachtet des Umstandes, dass Kommunen sich nicht auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums durch Art. 14 Abs. 1 GG oder Art. 45 Abs. 1 der Hessischen Verfassung berufen könnten. Denn das Gebot der gerechten Abwägung der planbetroffenen Belange erfasse grundsätzlich alle Rechtspositionen und sonstigen geschützten Interessen, unabhängig davon, ob diese Belange auch verfassungsrechtlich abgesichert seien. Auch eine Gebietskörperschaft habe alle Rechte, die sich für einen Eigentümer aus 903 ff. ergäben (vgl. BVerw- GE 90, 96, 101). Zudem werde ihr Eigentumsrecht als Element der kommunalen Selbstverwaltung sowohl verfassungsrechtlichem als auch einfachgesetzlichem Schutz unterstellt. Rechtswidrige staatliche Eingriffe könnten deshalb unter Bezug auf das Selbstverwaltungsrecht abgewehrt werden (vgl. BVerwG NVwZ, 1993, 884, 886; BVerwG UPR, 1995, 192, 194; HessVGH NVwZ 1987, 987, 989; HessVGH, NVwZ-RR 1990, 128, 129) Grundstücksinanspruchnahme Grundstücksinanspruchnahme für das Vorhaben VEZ Flörsheim Der Landrat des Hochtaunuskreises weist darauf hin, dass die Fläche in Flörsheim am Main, auf der das Voreinflugzeichen als bauliche Anlage geplant ist, einer landwirtschaftlichen Nutzung unterliege und im rechtskräftigen Landschaftsplan des damaligen Umlandverbands Frankfurt als Biotopverbundfläche mit dem Entwicklungsziel-Code 50 (Umwandlung von Ackerflächen in ökologisch bedeutsames Grünland) belegt sei. Die Fraport AG antwortet, dies sei ihr bereits bekannt. Die Fläche stelle sich momentan bereits als Grünland dar und solle durch die Ausgleichsmaßnahmen im Umfeld weiter aufgewertet werden (vgl. Plan B.9.6.1). Die Firma119 wendet sich gegen die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums für das Vorhaben. Die Versiegelung des Bodens für Bau und Zuwegung des Voreinflugzeichens widerspreche der Zielsetzung des in diesem Bereich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans West VI der Stadt Flörsheim am Main, der darauf gerichtet sei, Flächen für den Natur- und Landschaftsschutz sicherzustellen. Zudem bestehe keine Notwendigkeit für eine Veräußerung der Grundstücke an die Fraport AG, da das Voreinflugszeichen an einem besser geeigneten Ort errichtet werden könne. Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1733

292 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Im Erörterungstermin hat die Firma119 ergänzt, im Zusammenhang mit dem westlichen Voreinflugzeichen müssten aus Sicherheitsgründen 66 m 2 eingezäunt werden. Inklusive der Zuwegung seien 80 m 2 betroffen. Diese Nutzung der Flächen werde kategorisch abgelehnt. Die Grundstücke würden nicht freiwillig abgegeben werden. Bei der Planung hätte man Raum einsparen können, indem man das Voreinflugzeichen an einen existierenden Feldweg angebunden hätte. Hierzu erwidert die Fraport AG, die Standortplanung der DFS-Anlagen erfolge nach der Richtlinie für die Aufstellung von ILS-Anlagen mit Stand vom Darin werde im Kapitel Einflugzeichensender ein Abstand von m zur Schwelle mit einer Toleranz von +/- 300 m axial ausgeführt. Eine Abweichung innerhalb dieser Toleranzgrenzen sei in Abstimmung mit der DFS für den gewählten Standort mit der Prämisse eines geringst möglichen Eingriffs für die Natur herausgearbeitet worden. Außerdem habe die Untersuchung der Umweltauswirkungen des VEZ im Gutachten G1, Anhang IV.4, ergeben, dass es lediglich zu einer geringen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie der Erholungs- und Erlebnisqualität komme, nämlich zum Verlust von mittelwertigen Wiesenbrachen auf einer Fläche von 248 m² sowie zum Verlust von Böden auf 120 m² (vgl. Anhang IV.4, Kap. 5.2, S. 18). Die Beeinträchtigungen würden durch eine geeignete Maßnahmenplanung im direkten Umfeld der Anlage kompensiert VEZ Frankfurt Die Firma117 nimmt zu der im Bereich des Bahnhofs Frankfurt Sportfeld angestrebten dinglichen Sicherung des Benzengrundwegs Stellung. Der Benzengrundweg unterführe die Bahnanlagen und der Eisenbahnknoten Frankfurt Sportfeld werde in den nächsten Jahren grundlegend umgestaltet. Die Festlegungen aus dem im November 2003 abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren seien zu beachten. Die Fraport AG erläutert, die dinglichen Sicherungen im Bereich des Bahnhofs Sportfeld bezögen sich auf Wegerechte zum VEZ und Wegerechte zur Herstellung und Pflege von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Nur in einem kurzen Abschnitt würden Leitungsrechte zum Anschluss an eine bestehende Kommunikationstrasse (s. B3, Plan B3.6-8) der Firma085 erforderlich. Die im Planteil B10 beantragten Rechte könnten sich im Rahmen des Verfahrens nur auf bestehende Grundstücke beziehen, da die Abgrenzungen und der Umgriff einer Neuparzellierung nicht bekannt seien. Es sei davon auszugehen, dass im Rahmen einer Umplanung eine Ersatzmaßnahme für den Anschluss des Benzengrundwegs hergestellt werde, für die dann bei der Firma118 bzw. bei Hessen Forst eine Gestattung bzw. eine dingliche Sicherung angestrebt werde Firma057 Die Firma057 wendet sich gegen die Inanspruchnahme ihrer Erweiterungsfläche für das Vorhaben. Hierdurch stelle sich auch die Frage der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Restflächen. Durch die Enteignung dieses Betriebsgrundstücks stehe ihr eine umfassende Rügebefugnis im Planfeststellungsverfahren zu. Eine freiwillige Herausgabe des Erweiterungsgründstücks werde es nicht geben. Dieses Grundstück müsse enteignet werden WSA Das WSA Aschaffenburg ist mit der Eintragung einer Grunddienstbarkeit hinsichtlich ihres lastenfreien Grundstücks in der Gemarkung Kelsterbach, Flur 5, Flurstück 1/1, welche für das Einleitungsbauwerk und die in der Nachbarschaft des Bauwerkes geplante Aus- Seite 1734 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

293 gleichsmaßnahme vorgesehen ist (B10.1, Seite 63 lfd. Nr. 188 i. V. m. B9.2-1 und B10-5), nicht einverstanden. Sie wäre aber mit einer Flächeninanspruchnahme einverstanden, die nicht mit einer dinglichen Sicherung, sondern mit einem entsprechenden Nutzungsvertrag geregelt wird. Die Ufergrundstücke der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung seien gemäß 1 Abs. 4 WaStrG Zubehör der Wasserstraße und würden bei Nutzungen durch Dritte nicht dinglich belastet. Diesbezügliche Flächeninanspruchnahmen würden stets durch einen privatrechtlichen Nutzungsvertrag geregelt. Die vorgesehenen Ausgleichsflächen kollidierten zudem mit der sich in der Detailplanung befindlichen Einsatzstelle der Stadt Kelsterbach für Feuerlösch- und Katastrophenschutzboote mit dem dazugehörigen Wendeplatz. Die Fraport AG erachtet die Form einer dinglichen Sicherung zur Sicherung ihrer Rechte hinsichtlich der Verlegung und Wartung von Leitungen sowie der Anlage von Kompensations-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie den Zugang auf Flächen für rechtmäßig. Ersatzweise könnten Gestattungen und Nutzungsverträge, die eine Eintragung als dingliche Sicherung im Grundbuch ersetzen, abgeschlossen werden. Bei den im Plan B9.2-1 dargestellten Maßnahmen auf dem Grundstück handele es sich um Ersatzmaßnahmen zur Wiederherstellung des bisherigen Zustandes nach bauzeitlicher Inanspruchnahme (M3 Baumgruppen) bzw. zur Herstellung einer geänderten nutzungsverträglichen Bepflanzung (M2 Kräuterwiesenansaat). Diese Maßnahmen würden aufgrund des tatsächlichen Eingriffs unbeschadet weiterer zukünftiger Planungen notwendig und müssen in einer geeigneten Form gesichert werden. Die Maßnahmen widersprächen der künftigen Planung nicht. Im Rahmen dieser Planung sei dann eine eigene Eingriffsund Ausgleichsregelung ggf. unter Berücksichtigung des geänderten Zustandes notwendig Taubengrund Die Eigentümerin des Grundstücks in Kelsterbach, auf dem nach den Plänen der Fraport AG ein Teil der Anflugbefeuerung errichtet werden soll, wendet ein, durch diese Anlage werde die Nutzbarkeit der Freiflächen ihres Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt, da die Lkw-Zufahrt versperrt werde. Zudem müsse zunächst öffentliches Eigentum in Anspruch genommen werden. Dieses sei auch in unmittelbarer Nachbarschaft vorhanden. Im Erörterungstermin hat die Fraport AG die Auffassung vertreten, das Grundstück werde durch den Anflugbalken 4 nicht beeinträchtigt. Falls das Grundstück jedoch beeinträchtigt würde, kämen ein Entschädigungsanspruch und evtl. die Übernahme des Grundstücks in Betracht Rohrleitungen Die Firma059, die von der Bundesrepublik Deutschland mit dem Betrieb der Pipeline- Systeme der Bundeswehr und der NATO beauftragt ist, weist darauf hin, das von ihr als Übergabestation an die Streitkräfte und die Firma121 betriebene Gebäude sei zum Abriss vorgesehen; dort sei eine Überbauung mit Flugbetriebsflächen geplant. Eine Inanspruchnahme des Schutzstreifens bedürfe der Zustimmung und des Abschlusses eines Gestattungsvertrags mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wehrbereichsverwaltung West, Außenstelle Wiesbaden, als Eigentümerin und Betreiberin der Fernleitung. Die Fraport AG entgegnet, die Leitungssicherungs- und -verlegungsmaßnahmen seien im Planteil B3 Kapitel 9 und Anlage B3-2 (mit Plan B3.9-5) der Planfeststellungsunterlagen beschrieben. Für die dort erwähnte Flugtreibstoff-Fernleitung (BW-Nr. 5104) sei lediglich Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1735

294 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main eine Sicherung auf einer Länge von 90 m vorgesehen. Gemäß Planteil B10 befinde sich die Leitung auf dem Grundstück Frankfurt, Gemarkung Flughafen, Flur 1, Flurstück 266/90, welches im Eigentum der Fraport AG stehe. Alle erforderlichen Maßnahmen im Bereich der Fernleitungstrasse würden im Zuge der weiteren Planung und Bauausführung mit dem Eigentümer und Betreiber abgestimmt. Bei Berücksichtigung seiner Belange und der Einhaltung der Hinweise für Arbeiten im Bereich der Rohrfernleitungen der NATO in der Bundesrepublik Deutschland dürfte aus Sicht der Fraport AG einer Zustimmung der Inanspruchnahme des Schutzstreifens nichts im Wege stehen. Notwendig werdende vertragliche Vereinbarungen würden ebenfalls im Vorfeld, in Übereinstimmung mit dem Leitungsträger, angestrebt Grundstücksinanspruchnahme für das Vorhaben und Kompensationsmaßnahme Kelsterbach Die Stadt Kelsterbach macht ihr Eigentum an einem großen Teil der Flächen, die für die Errichtung der geplanten Landebahn Nordwest in Anspruch genommen werden sollen, geltend. Die Inanspruchnahme ihres Eigentums sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie nicht erforderlich sei. Dies ergebe sich daraus, dass für den Bau der Landebahn nicht das Eigentum der Fraport AG und/oder das Eigentum eines ihrer Anteilseigner in Anspruch genommen werde. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass für ein Vorhaben fremdes Eigentum erst dann in Anspruch genommen werden dürfe, wenn das Vorhaben nicht auf dem Eigentum der Antragstellerin bzw. der öffentlichen Hand realisiert werden könne. Deshalb müsse das geplante Vorhaben auf den Eigentumsflächen der Antragstellerin oder denjenigen Flächen realisiert werden, die sich im Eigentum ihrer Anteilseigner (Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen und Stadt Frankfurt am Main) befinden. Dies könne durch eine Landebahn auf Grundstücken im Schwanheimer Wald (Nordost- Variante, Grundstücke im Eigentum der Stadt Frankfurt am Main), durch eine Spreizung des Parallelbahnsystems oder durch eine neue Bahn im Süden (Grundstücke im Eigentum der Fraport AG) geschehen. Im Erörterungstermin hat die Stadt Kelsterbach ergänzend kritisiert, die Fraport AG verplane eigene Flächen auf dem Flughafengelände, um dann Flächen des Nachbarn in Anspruch zu nehmen. So werde eine Feuerwehrübungsfläche auf dem Stadtgebiet von Kelsterbach eingerichtet, die ebenso gut auf dem Flughafen errichtet werden könne. Hierzu hat die Fraport AG im Erörterungstermin entgegnet, die Vorhabensträgerin sei nicht die Stadt Frankfurt am Main, sondern die Fraport AG, die aber gerade nicht Eigentümerin der Grundstücke sei. Aufgrund der Konfigurationsanalyse sei die Landebahn Nordwest die zu bevorzugende Variante. Der Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch hat angemerkt, der Grundsatz, dass vorrangig öffentliches Eigentum in Anspruch zu nehmen ist, gelte auch für gemeindliches Eigentum und zwar unabhängig davon, ob die betroffene Gemeinde an dem Vorhaben beteiligt sei oder nicht. Seite 1736 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

295 Konkret führt die Stadt Kelsterbach aus, Grundstücke im Kelsterbacher Wald, die sich in ihrem Eigentum befänden, würden durch den Bau der Landebahn einschließlich der Folgemaßnahmen und durch die Anlage von Baustraßen im Bannwald (B5.2-1) beeinträchtigt und zerstört. Dieser Waldverlust sei in den Planfeststellungsunterlagen nicht bilanziert worden. Die Zerstörung beschränke sich dabei nicht auf den Bereich der Landebahn und die Zuwegungen, sondern es seien auch Rodungen von mindestens 50 Hektar für Maßnahmen zur Hindernisfreiheit (B1.2, Seite 65 ff.) vorgesehen. Weiterhin würden weite Teile des Kelsterbacher Waldes mit Maßnahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung überzogen, wodurch eine wirtschaftliche Nutzung des Waldes ebenso ausgeschlossen sei wie die sinnvolle Gestaltung des Waldes für die Naherholung der Bürger. Im Ergebnis stelle dieses eine massive Eigentumsbeeinträchtigung dar, in deren Folge das Eigentum der Stadt Kelsterbach zu einer inhaltslosen Hülse verkomme. Die Stadt Kelsterbach erklärt, sie sei nicht bereit, ihr Eigentum an den Grundstücken im Kelsterbacher Wald aufzugeben und der Fraport AG privatrechtlich zu übertragen. Die Fraport AG erläutert, ihr sei bewusst, dass mit der neuen Landebahn Nordwest ein erheblicher Eingriff in das Eigentum der Stadt Kelsterbach vorgenommen werde. Die geplanten Maßnahmen seien aber Ergebnis eines Abwägungsprozesses, bei dem sich im Rahmen der Prüfung der Raum- und Umweltverträglichkeit die beantragte Anordnung als die mit den geringsten Eingriffen verbundene Variante herausgestellt habe. Generell beschränke sich der Flächenbedarf des Vorhabens auf das unbedingt notwendige Maß. Durch den Bau der neuen Landebahn Nordwest werde ein Teil der Grundstücke der Stadt Kelsterbach im Kelsterbacher Wald dauerhaft in Anspruch genommen. Die Anlage von Baustraßen und Baustellennebenflächen nehme einzelne Liegenschaften jedoch nur vorübergehend in Anspruch. Die temporäre Nutzung werde entsprechend entschädigt; die jeweiligen Liegenschaften blieben im Eigentum der Stadt Kelsterbach. Die Grundstücke würden anschließend wieder hergerichtet. Das Ausmaß der dauerhaften oder temporären Flächeninanspruchnahme sei im Planfeststellungsantrag flächenscharf dargestellt, bilanziert und zur Planfeststellung beantragt worden (B10). Für die Herstellung der Hindernisfreiheit fänden keine Rodungen, sondern lediglich forstliche Maßnahmen des Waldumbaus statt. Auch diese Maßnahmen seien im Planfeststellungsantrag dargelegt worden (vgl. Plan B1.5). Auch diese Grundstücke verblieben bei den bisherigen Eigentümern. Die durchgeführten Eingriffe würden bewertet und entschädigt. Generell gelte, dass Maßnahmen der Landschaftspflegerischen Begleitplanung des Planfeststellungsantrags weder die wirtschaftliche Nutzung des Waldes noch die sinnvolle Gestaltung des Waldes für die Naherholung der Bürger ausschlössen. Vielmehr sei die Erholungsnutzung wesentlicher Bestandteil der Planung der Kompensationsmaßnahmen, mit der das Erscheinungsbild des Waldes vielgestaltig entwickelt werden solle. Die Fraport AG werde vor Beginn der geplanten Baumaßnahmen den Eigentümern ein Angebot zum Abschluss der Verträge, die für den dargestellten Zugriff notwendig sind, unterbreiten. Sofern eine gütliche Einigung mit der Stadt Kelsterbach nicht zu erreichen ist, werde die Fraport AG ein entsprechendes Enteignungsverfahren beantragen müssen. Die Stadt Kelsterbach bringt vor, das Wildgehege im Kelsterbacher Wald werde durch den Bau der Landebahn Nordwest vollständig zerstört. Sie fordert vorsorglich, die Fraport AG zur Zahlung einer Entschädigung zu verpflichten. Die Fraport AG entgegnet, sie habe den Verlust des Kelsterbacher Waldes und seiner Einrichtungen erfasst und die Auswirkungen des Vorhabens auf die Erholungsfunktion in der Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1737

296 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main UVS (G1) ausführlich behandelt. Durch die geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien gemäß 6 a Abs. 3 und 6 b Abs. 4 HENatG die erheblichen Beeinträchtigungen der Erholungs- und Freizeitfunktion weitgehend funktional gleichartig und insgesamt gleichwertig kompensierbar (G1, S. 204). Da die Stadt Kelsterbach zu einer einvernehmlichen Abgabe von Grundstücken nicht bereit sei, blieben Festlegungen über Entschädigungsleistungen einem Enteignungsverfahren vorbehalten. Die Stadt Kelsterbach macht weiterhin geltend, ihr Eigentum werde auch durch die Planungen der Fraport AG zu den Hochspannungsleitungen (Trassen und Maststandorte) beeinträchtigt. Die Notwendigkeit der Inanspruchnahme von kommunalen Grundstücken sei nicht erkennbar. Insbesondere fehle insofern eine Alternativenprüfung. Die Fraport AG erwidert, die Erdverkabelung der Hochspannungsleitungen sei kein Vorhaben an sich, sondern Teil des Gesamtvorhabens. Deswegen sei hierfür keine Alternativenprüfung im Hinblick auf den Standort oder andere Belange notwendig. Die Erdverkabelung der Hochspannungsleitungen sei zur Herstellung der Hindernisfreiheit für den Betrieb der neuen Landebahn Nordwest erforderlich (siehe B6.1, S. 15, letzter Absatz). Die Maststandorte seien entsprechend der erforderlichen Höhe und dem Schutzabstand (zur Erde) unterhalb der seitlichen Hindernisübergangsfläche gewählt worden. Hierbei sei der Eingriff auf das Minimum reduziert worden, da die Erdverlegung der Kabel entweder auf bestehenden Trassen erfolge oder jeweils der geringste Eingriff in den bestehenden Wegen und Straßen geplant sei. Siehe hierzu Kapitel Die Stadt Kelsterbach meint, die Fraport AG sei nicht befugt, beim Bau der Landebahn Nordwest nach Abtrag des Mutterbodens bzw. des Oberbodens die dann anzutreffenden Kiese und Sande zu verwerten. Diese stünden im Eigentum der Grundstückseigentümerin und seien der Verfügungsmacht der Antragstellerin auch bergrechtlich - auch dann entzogen, wenn die Grundstückseigentümerin hinsichtlich ihrer Grundstücke enteignet werden sollte, da die Enteignung auf das für das Vorhaben erforderliche Mindestmaß zu beschränken sei. Die Fraport AG hält dem entgegen, der Erwerb und die Enteignung eines Grundstücks umfassten immer das Gesamtgrundstück und nicht einzelne Schichten hiervon. Der Eigentumsübergang beinhalte insofern auch die unter der Oberfläche gelegenen Schichten, da aufgrund der im Planfeststellungsverfahren dargestellten Oberflächennutzung andere ggf. bergmännische Nutzungen oder die Ausbeute von Sand- und Kiesschichten zukünftig auf diesen Flächen nicht mehr möglich sein würden. Im Erörterungstermin hat der Verhandlungsleiter Herr Dr. Gaentzsch angemerkt, es gebe Urteile, die besagten, dass Kies und Sande abgetragen werden dürften. Falls die zu enteignenden Grundstücke als Auskiesungsflächen geeignet seien, bestimme diese Eigenschaft den Preis. Seite 1738 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

297 Eine Inanspruchnahme des Eigentums der Stadt Kelsterbach sei zumindest nicht im beantragten Umfang erforderlich. So sei es nicht erforderlich, dass die neue Landebahn Nordwest m lang würde (siehe hierzu Kapitel ). Das Eigentum der Stadt Kelsterbach werde auch dadurch beeinträchtigt, dass sie nach dem Bau der Landebahn ihre Grundstücke zwischen der Landebahn im Kelsterbacher Wald und der ICE-Strecke nicht mehr erreichen könne. Die Fraport AG legt dar, um die Zaunanlage der neuen Landebahn Nordwest herum werde ein öffentlicher Weg errichtet, der die Umfahrmöglichkeit der Landebahn sicherstelle. Bestehende Waldwege würden an diesen Weg angeschlossen. Auch die Unterquerung der Abrollbrücken parallel zur Landebahn mittels Wegen sei eingeplant, so dass alle Flächen erschlossen seien. Hinsichtlich der Führung der Okrifteler Straße erfolge die Untertunnelung der Landebahn. Bei der Straßenführung seien entsprechende Anschlüsse für Zu- und Abfahrten an vorhandene Wege und Straßen vorgesehen. Mit den genannten Maßnahmen werde sichergestellt, dass die Zugänglichkeit der Bereiche zwischen der neuen Landebahn Nordwest und der ICE-Strecke auch weiterhin erhalten bleibt (vgl. B2, Kap. 3 und die Pläne B bis B ). Schließlich sei auch der Umfang der in den Planfeststellungsunterlagen dargestellten Inanspruchnahme unrichtig. Im Erörterungstermin hat die Stadt Kelsterbach erklärt, dass der außen um den Zaun der neuen Landebahn Nordwest geplante Weg von der Fraport AG als Betriebsstraße zur Wartung des Zauns benutzt werden solle. Demnach müsse das Gelände für den geplanten Weg enteignet werden. Die Fraport AG hat hierauf erwidert, um die Wartung zu gewährleisten, müsse das Gelände nicht enteignet werden. Eine dingliche Sicherung sei ausreichend und demnach auch vorgesehen. Außerdem weist die Stadt Kelsterbach darauf hin, dass bestimmte von ihr selbst für erforderlich gehaltene Änderungen des Vorhabens zu einer Veränderung der Flächeninanspruchnahme führen würden. So müssten etwa die Rettungswege entlang der ICE-Trasse bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften eine Breite von 3,50 m haben; einer Einkürzung auf 3,00 m wegen der Brückenüberführungsbauwerken stimme sie nicht zu. Deshalb müssten die Brücken umgeplant werden Straßen Das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen nimmt umfassend zur vorgesehenen Inanspruchnahme von Straßengrundstücken Stellung. Dingliche Sicherungen für die Nutzung der Autobahn durch Leitungen, Baubehelfe etc. lehnt das HLSV ab. Stattdessen seien Nutzungsvereinbarungen bzw. Gestattungsverträge frühzeitig vor Baubeginn abzuschließen ( 8 Abs. 10 FStrG). Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1739

298 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Auch ein dingliches Recht für naturschutz- und forstrechtliche Maßnahmen sei nicht möglich. Gleiches gelte hinsichtlich der dinglichen Sicherung für Leitungen. Der Baulastträger schließe die entsprechenden Gestattungsverträge oder Nutzungsvereinbarungen ab. Dieses Vorgehen sei bekannt und finde sich in der technischen Planung (z. B. B3, Kapitel , 9) wieder. Auch dinglichen Sicherungen für Bauwerke (Rollwegbrücken, Behelfsbrücken etc.) werde nicht zugestimmt. Es gälten die Straßengesetze in Verbindung mit den einschlägigen Richtlinien und Hinweisen des BMVBW. Bereits abgeschlossene Verträge behielten ihre Gültigkeit und müssten gegebenenfalls angepasst werden. Auch den für die Kompensationsmaßnahme HU 40 beantragten dinglichen Sicherungen für die Querung der Autobahn über den vorhandenen unterführten Wirtschaftsweg auf dem Grundstück der A 66 stimmt das HLSV nicht zu. Der Weg könne von der Fraport AG auch ohne Wegerecht (dingliches Recht) durch eine Nutzungsvereinbarung mit dem Baulastträger benutzt werden. Für die Ersatzaufforstungsmaßnahmen HU 40, GG 310 bis 314 sowie die Maßnahmen im Mönchbruch (M 22, M 23, M 26) wird auf Überschneidung der Planung der Fraport AG mit Planungen des HLSV hingewiesen. Insofern verweise ich auf die Darstellung im Kapitel Seite 1740 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

299 Im Einzelnen nimmt das HLSV zur geplanten Grundinanspruchnahme für den Ausbau wie folgt Stellung: Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006 Seite 1741

300 Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main Die Fraport AG erachtet die Form der dinglichen Sicherung zur Wahrung ihrer Rechte hinsichtlich der Verlegung und Wartung von Leitungen sowie des Zugangs auf die betroffenen Flächen für rechtmäßig. Ersatzweise können Gestattungen und Nutzungsverträge, die eine Eintragung als dingliche Sicherung im Grundbuch ersetzen, abgeschlossen werden, insofern diese Form den Anforderungen von Dritten zur Sicherung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gerecht wird. Sie werde eine einvernehmliche Lösung mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer suchen. Zu der Einschätzung, dass der nach B10.1, lfd. Nr. 31 vorgesehene Erwerb nicht möglich sei, weil das Grundstück für Straßenverkehrsanlagen benötigt werde, erwidert die Fraport AG, sie benötige das Grundstück zur Herstellung der PTS-Anbindung (s. Plan B ). Es handele sich um einen schmalen Streifen entlang der auszubauenden Verbindungsrampe von der A 3 zur A 5. Nach erfolgter Erweiterungsmaßnahme in der Rampe auf zwei Fahrstreifen (s. Plan B ) sei ein weiterer Ausbau der Autobahn nicht zu erwarten. Zu der Einschätzung, dass der nach B10.1, lfd. Nr. 70 und 71 vorgesehene Erwerb nicht möglich sei, da die Fläche für Straßenverkehrsanlagen benötigt werde, erwidert die Fra- Seite 1742 Stellungnahme der Anhörungsbehörde vom 29. September 2006

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