Gicht. Thomas Daikeler Rheumatologie USB

Transkript

1 Gicht Thomas Daikeler Rheumatologie USB

2 Fallbeispiel 66 Jähriger Patient Seit 2 Tagen stärkste Schmerzen im linken Knie Am WE zuvor Familienfeier mit Alkohol reichhaltiges Essen Lokal Schwellung & Überwärmung des Knies Im Punktat Harnsäurekristalle nachweisbar

3 Was tun sie? (A) Ich sage dem Patienten er soll weniger Alkohol trinken und schicke ihn nach Hause (B) Ich messe die Harnsäure falls sie normal ist, ist eine Gicht ausgeschlossen (C) Ich verordne 300mg Allopurinol die Schmerzen sollten rasch besser werden (D) Gicht ist die wahrscheinlichste Diagnose ich veranlasse ein Gram Präparat zum Ausschluss einer septischen Arthritis (E) Ich mache ein MRI um eine Meniskusläsion auszuschliessen

4 Hyperurikämie Ursache der Gicht 4.3% ab 535 umol/l Campion et al. Am J Med. 1987

5 Perzeption der Gicht

6 endogen exogen Harnsäure Darm

7 Zellproliferation endogen exogen Neoplastisch Stoffwechselerkrankungen Zelluntergang Harnsäure Darm

8 Zellproliferation endogen exogen Neoplastisch Stoffwechselerkrankungen Zelluntergang Harnsäure Darm

9 Harnsäure 100% filtriert Genetische Variatianten der Urattransportergene 90% Rückresorbiert 40% sezerniert URAT1 OAT4 ABCG2 Glut 9 Diuretika Low dose ASS Cyclosporin OAT1 Nephron Tubuluszelle Alkoholexzess Merryman Arthr Res Ther 2015

10 Glomeruläre Filtrationsrate und Gicht Eswar Krishnan A&R 2013

11 Hyperurikämie Risikofaktor für Hypertonie und Diabetes Unabhängiger Risikofaktor für eine Hypertonie Harnsäuresenkung geht mit einer RR Senkung einher Hyperurikämie assoziiert mit der Entwicklung eines Diabetes Viazi-F Pediatrics Yang T, Atherosclerosis 2012 Mazzala Hypertension 2011 Yalalzadeh J Res Med Sci Deghan Diabetes Care 2008

12 Harnsäure ein Antioxidans Moccia et al. J Neurol 2015

13 Harnsäure Kristalle Ursache der Gicht NA+ Löslich unter physiologischen Bedingungen Konzentration Temperatur ph

14 Gicht-eine autoinflammatorische Erkrankung Alkoholexzess Trauma? Spezifischer Rezeptor Inflammasome caspase IL-1

15 Epidemiologie Prävalenz zwischen 1 und 3 % Bis 10% bei den Maori Genetische Polymorphismen beeinflussen den Serumharnsäure Spiegel Bei über 75-jährigen Verdopplung der Prävalenz Inzidenz vor der Menopause sehr tief Lawrence et al. A&R 2008, Wallace et al., J Rheumatol., Annemans et al., ARD 2008, Mikuls et al. ARD 2005

16 Basler Gichtkohorte-82 Patienten >50% älter als 70 Jahre Die Hälfte mit Arthritis>1 Gelenk >70% hospitalisiert; die Hälfte wegen Gicht >70% mit eingeschränkter Nierenfunktion >75% mit art Hypertonie Mehrzahl der Patienten normgewichtig

17 Diagnose Punktion Goldstandard Nachweis von Harnsäurekristallen Ausschluss septische Arthritis Gram Präparat Kultur Punktion schwierig bei kleinen Gelenken Nadelspitze ausreichend für Kristallnachweis

18 Dual Energy CT (DECT)

19

20 DECT 40 Gicht + 40 Arthritis anderer Ätiologie Geblindet ausgewertet durch mehrere Radiologen Hohe Korrelation zwischen Readern Spezifität der DECT war 0.93 und Sensitivität 0.78 Choi ARD 2011

21 Differentialdiagnose Septische Arthritis Gram Präparat und Kultur Pseudogicht Röntgen Reaktive Arthritis Rheumatoide Arthritis

22 Verlauf der Gicht KHK, CVI Fields 2012 Clarson ARD 2015

23 Therapie Kurzfristig Behandlung der Entzündung Mittelfristig Verhinderung von Schüben Senkung der Harnsäure

24 Antientzündliche Therapie NSAR Steroide lokal Prednison 30-50mg/d über 3-5 Tage Colchicin

25 Colchicin Kurze tief dosierte Gabe möglich 1 mg mg 1 h später p.o 2 x 0.5mg ab Tag 2 Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz/ Leberfunktionsstörung Bei GI Toxizität Dosisreduktion Terkeltaub Arthritis Rheum 2010

26 Gicht-eine autoinflammatorische Erkrankung Spezifischer Rezeptor Inflammasome caspase IL-1

27 Gicht-eine autoinflammatorische Erkrankung Spezifischer Rezeptor Inflammasome caspase IL-1

28 Interleukin-1 Antagonisten Sehr potente Entzündungshemmung Kineret-IL-1 Rezeptorantagonist tgl. s.c. Canakinumab IL-1 Antikörper einmalig s.c. wirkt bis 2 Monate Nicht in der CH zugelassen für diese Indikation Edwards Rheum Dis North Am 2014

29 Harnsäure und Gichtrezidive Arthritis Rheum 2004

30 Harnsäuresenkung-Empfehlungen Nicht bei asymptomatischer Hyperurikämie Bei rezidivierenden Gichtarthritiden (>2xJahr) Ziel Harnsäure<360 umol/l Schubfreiheit Rückbildung der Tophi Sivera et al ARD 2013

31 Harnsäuresenkung-Prinzipien CAVE Harnsäuremessung im Schub oft falsch tief! Messung im Intervall Harnsäuresenkung löst Schübe aus Allopurinol im Schub nicht absetzen Beginn sofort nach Abklingen des Schubes möglich Begleitend antientzündliche Therapie Low dose Colchicin, NSAR, Prednison, IL-1 Antagonisten Taylor The American Journal of Medicine 2012

32 Harnsäuresenkung Bildung von Harnsäure vermindern Diät wirksam bei Patienten mit erhöhter Purinzufuhr Xanthinoxidase Inhibitoren Allopurinol Febuxostat Ausscheidung erhöhen Probenecid/Benzbromaron Lorsatan

33 Allopurinol Beginn mit mg Harnsäuremessung Dosisteigerung bis max. 900mg/d Bei Niereninsuffizienz erhöhtes Risiko für NW; gefürchtete Hautreaktionen Bedingt durch Metabolismus zu Oxypurinol (Immunogen!) Beginn mit tieferer Dosis und langsame Dosissteigerung Start mit 1,5mg/ geschätzte Einheit GFR Stamp Arthritis Rheum. 2012

34 Alternative Febuxostat Xanthinoxidasehemmer wie Allopurinol Keine Akkumulation von Oxypurinol hepatische und renale Elimination, Vorteil bei Niereninsuffizienz (keine Dosisanpass. > Cl 30 ml/ min) In USA und EU zugelassen nicht in CH Wahrscheinlich etwas effektiver als Allopurinol 34 Becker Arthritis Research & Therapy. 2010

35 Basler Gichtkohorte-82 Patienten Therapieverlauf Geplant Kontrolle nach 3 und 12 Monaten Termine wahrgenommen von <50% der Patienten 80% der Patienten mit Gichtschüben im Intervall Ziel Harnsäure (<360umol/l) von der Mehrzahl der Patienten nicht erreicht Allopurinol ungenügend aufdosiert

36 Perzeption der Gicht

37 Perzeption der Gicht im Wandel

38 Zusammenfassung Gicht Häufigste Arthritis Verläuft unbehandelt Gelenksdestruktiv Hyperurikämie Risikofaktor für Hypertonie und Diabetes Therapie komplex auf Grund: Komorbidität der Patienten Mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten