Neue Herausforderungen an die Ermittlung, Dokumentation und Auswertung von Expositionsdaten zu Gefahrstoffen
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- Agnes Goldschmidt
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1 Gefahrstoffeposition Neue Herausforderungen an die Ermittlung, Dokumentation und Auswertung von Epositionsdaten zu Gefahrstoffen S. Gabriel, U. Koch, D. Koppisch, R. Stamm, M. Steinhausen Zusammenfassung Vor dem Hintergrund erweiterter Nutzungs- und Verwendungsmöglichkeiten von Epositionsdaten z. B. für REACH- Epositionsszenarien oder für Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK), werden Fragen der Ermittlungsqualität, Dokumentation und Auswertung von Epositionsmessungen neu aufgeworfen. Der Beitrag beschreibt, welche neuen Anforderungen Epositionsdaten in Abhängigkeit von der beabsichtigten Nutzung erfüllen müssen. Da die Messung von Epositionen an Arbeitsplätzen aufwendig und damit kostenintensiv ist, sollte bei der Messung und Dokumentation der Daten von vorne - herein versucht werden, die vielfältigen potenziellen Auswertungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die vorliegende Arbeit definiert anhand der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten Anforderungen sowohl an die Dokumentation als auch an die Auswertung von Daten. Abschließend werden anhand verschiedener Fragestellungen Beispiele für Auswertungen dargestellt. New challenges concerning the gathering, documentation and evaluation of eposure data for hazardous substances Abstract The etended scope for the use and application of eposure data, e.g. for REACH eposure scenarios or for PSCs (process- and substance-specific criteria), gives rise to new questions concerning the surveying, documentation and evaluation of eposure data. This article de - scribes which new requirements eposure data have to meet in terms of their intended use. Since the measurement of eposure at the workplace is time-consuming and costly, attempts should be made from the outset during the gathering and documentation of data to take account of the many different possible ways of evaluating them. On the basis of the various possible uses, the present paper defines the requirements relating both to the documentation and to the evaluation of data. Eamples of evaluations produced for different purposes are then presented. 1 Einleitung Epositionsdaten werden benötigt für Untersuchungen über die Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen, für die Darstellung und Beurteilung der Belastung von Beschäftigten, die arbeitstechnische Begutachtung von Berufskrankheitenfällen und die epidemiologische Forschung, z. B. um Epositionsgrenzwerte abzuleiten. Daher werden Epositionsdaten zur inhalativen Eposition bereits seit Jahrzehnten dokumentiert. Stefan Gabriel, Ulrike Koch, Dr. rer. nat. Dorothea Koppisch, Dr. rer. nat. Roger Stamm, Dr. rer. nat. Marco Steinhausen, Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), Sankt Augustin. Vor diesem Hintergrund hat sich eine Reihe von Publikationen damit befasst, wie Epositionsmessungen dokumentiert werden sollten; im Wesentlichen definieren sie sogenannte Kerninformationen, beschreiben aber auch Voraussetzungen, wie Epositionsdaten aus verschiedenen Quellen verglichen oder gemeinsam ausgewertet werden können [1 bis 6]. Durch die europäische REACH-Verordnung erfahren dokumentierte Epositionsmessungen eine Bestätigung ihres hohen Stellenwertes für die Beurteilung der Belastung von Arbeitnehmern, vor allem aber für die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bei Tätigkeiten mit Chemikalien ( sichere Verwendung ): Stehen auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative Epositionsdaten zur Verfügung, so ist ihnen bei der Ermittlung der Eposition besondere Beachtung zu schenken (Anhang 1 der REACH-Verordnung). Außerdem werden valide Epositionsdaten für Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) gemäß Gefahrstoffverordnung, für Empfehlungen der Unfallversicherungsträger zur Gefährdungsermittlung (EGU) oder für die Kalibrierung und Validierung von Modellen zur Abschätzung der Epositionshöhe benötigt. Diese Entwicklungen sind Anlass, Fragen an die Ermittlungsqualität, Dokumentation und Auswertung von Epositionsdaten für eine gezielte Nutzung neu aufzuwerfen und zielgerichtete Anforderungen zu definieren. 2 Vielfältige Nutzung von Epositionsdaten Eine valide Messung von Gefahrstoffepositionen ist mit einem hohen zeitlichen, apparativen und finanziellen Aufwand verbunden. Diesem stehen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten gegenüber (Bild): die Gefährdungsermittlung für die Überwachung bzw. Einhaltung von Grenzwerten in Betrieben, die Prüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen im Betrieb, die Ableitung von wirksamen Maßnahmen zur Eposi - tionsminderung (Bestimmung des Standes der Technik), die Einbeziehung bei der Ableitung von Dosis-Wirkungs- Beziehungen zur Bewertung von Risiken durch Gefahrstoffe und Aufstellung von Grenzwerten mit epidemiologischen Methoden, die arbeitstechnische Begutachtung von angezeigten Berufskrankheitsfällen sowie die Kalibrierung und Validierung von Modellen zur Abschätzung der Epositionshöhe. Strukturierte Epositionsbeschreibungen, die die betrieb - liche Prais bei der sicheren Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten unterstützen, werden benötigt für Verfahrensund stoffspezifische Kriterien (VSK), die der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) beim Bundesministerium für Arbeit und 12
2 Gefahrstoffeposition Epositionsdaten im Zentrum, die Nutzungsmöglichkeiten rund herum angeordnet. Soziales veröffentlicht und für Empfehlungen der Unfallversicherungsträger zur Gefährdungsermittlung (EGU). Erfahrungen mit der Ermittlung und Nutzung von Eposi - tionsdaten liegen in Unternehmen, die über innerbetrieb - liche Messstellen verfügen, bei außerbetrieblichen Messstellen und vor allem bei Institutionen vor, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung Epositionsdaten ermitteln und dokumentieren. Hierzu gehören in Deutschland auch die Unfallversicherungsträger, deren Messungen im Rahmen des Messsystems Gefährdungsermittlung der UV-Träger (MGU) im Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) in der Epositionsdatenbank MEGA dokumentiert und ausgewertet werden [7]. Ebenso zu nennen sind Arbeitsschutzbehörden der Länder, deren Epositionsdatenbank der Länder bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) geführt wird. Vergleichbare Institutionen in anderen europäischen und außereuropäischen Staaten verfügen ebenso über Erfahrungen beim Ermitteln und Dokumentieren von Epositionsdaten wie z. B. das französische Institut National de Recherche et de Sécurité (INRS) mit der Datenbank COLCHIC [8], das britische Health and Safety Laboratory (HSL) mit der NEDB-Datenbank oder die USA mit der OSHA- Datenbank. 3 Anforderungen an Epositionsdaten ein Literaturüberblick Bei der Erfüllung der o. g. Aufgaben und aus den Erfahrungen der Betreiber institutioneller Datenbanken ist eine Reihe von Veröffentlichungen entstanden, die sich mit grundsätzlichen Fragen zur Ermittlung, Dokumentation und Auswertung von Epositionsdaten befassen. Die Anforderungen an die Dokumentation und Auswertung von Mess - daten für die Ableitung Technischer Richtkonzentrationen (TRK, ehemalige Grenzwerte in Deutschland für krebserzeugende Gefahrstoffe) durch den AGS wurde 1991 dokumentiert [9]. Coenen [10] legte das Zusammenwirken von Epositionsermittlung und Epositionsbegrenzung durch Schutzmaßnahmen auf betrieblicher Ebene dar. Mit überbetrieblich dokumentierten repräsentativen und statistisch ausgewerteten Messungen können weitere betriebliche Messungen in denselben Branchen vermieden und alle übrigen Betriebe zu Eignung und Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen beraten werden. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher nationaler Arbeitsplatzgrenzwerte und dem Bemühen, vermehrt europäische Grenzwerte zu definieren, erarbeiteten Rajan et al. [6] Empfehlungen dafür, welche Kerninformationen dokumentiert werden müssen, um Epositionsdaten aus unterschiedlichen Quellen vergleichbar machen zu können. Um die Vergleichbarkeit der Daten zu ermöglichen, wird eine einheit - liche Codierung der wichtigsten Epositionsdeterminanten empfohlen. Dazu gehören vor allem Branche, Tätigkeit und Arbeitsprozess. Eine Publikation von Tielemans et al. [11] gibt allgemeine Hinweise zur Qualitätssicherung bei der Epositionsdatenermittlung und Dokumentation, die über einen Entscheidungsbaum dargestellt werden. Kriterien, die diskutiert werden, sind die Verfügbarkeit von Epositionsdaten, Aspekte der Präzision und Variabilität, wobei die Variabilität in interne und eterne differenziert dargestellt wird. Das Ergebnis der Qualitätsanalyse mündet in die Aussagen Epositionsdaten enthalten ausreichend Informationen, Epositionsdaten haben Lücken und müssen ergänzt werden und Epositionsdaten werden für eine Epositionsbewertung ausgeschlossen. In dem Buch Methoden der Ermittlung und Bewertung chemischer Epositionen an Arbeitsplätzen befasst sich Eickmann [12] mit den Methoden der Ermittlung und Bewertung chemischer Epositionen. Er gibt einen Überblick über Gefahrstoffeigenschaften, über Eigenschaften chemischer Epositionen an Arbeitsplätzen sowie über Methoden zur Ermittlung und Bewertung inhalativer Epositionen. Ein Schwerpunkt des Buches liegt in der Beschreibung nicht messtechnischer Methoden (epert judgement, Auswertung von Literaturdaten, Auswertung von Datenbanken und Modelle). Gleichzeitig werden Instrumente zur Durchführung eigener Epositionsermittlungen dargestellt und typische Ermittlungsprobleme aus der Prais diskutiert. Ein Beitrag aus dem IFA [7] gibt einen Überblick über das Messsystem der Unfallversicherungsträger (MGU) und beschreibt Methoden und Umfang der Epositionsdatenermittlung sowie die dabei eingesetzten Qualitätssicherungsmaßnahmen. Betont wird die Verwendung von Schlüsselverzeichnissen zur Beschreibung der Branchen, Tätigkeiten und Arbeitsbereiche. 4 Neue Anforderungen an Epositionsdaten 4.1 Epositionsdaten für Epositionsbeschreibungen unter REACH Im REACH-Leitfaden Guidance on Information Requirements and Chemical Safety Assessment, Chapter R.14, Occupational eposure estimation [13] sind Kriterien dafür formuliert, welche Epositionsdaten genutzt werden können und wie sie selektiert und ausgewertet werden sollen. Als mögliche Quellen werden genannt: Datenbanken von Unternehmen, Institutionen oder Forschungseinrichtungen, öffentlich zugängliche Ergebnisse von Surveys sowie von Industrieverbänden gesammelte Daten. Im Prinzip ist keine Quelle ausgeschlossen. Es wird aber hervorgehoben, dass die Messungen die genaue oder eine vergleichbare Epositionssituation repräsentieren müssen wie die Eposi - tionsszenarios, die für die Registrierung des Stoffes relevant sind. Betont wird auch, dass zusammen mit den Daten für 13
3 Gefahrstoffeposition Tabelle 1. Anforderungen an Epositionsdaten. Anforderung REACH TRGS 420 (VSK) Repräsentativität der Messungen Epositionsdaten müssen das gesamte Spektrum der möglichen Epositionsbedingungen umfassen, z. B. unterschiedliche Schichten, ungünstige Bedingungen, Wartungsarbeiten. In der Regel müssen Epositionsdaten zu mindestens 24 repräsentativen Arbeitsplatzmessungen aus mehreren Betrieben mit je drei Schichtmittelwerten pro Be- trieb vorliegen. Sind alle Messergebnisse kleiner als die Hälfte des AGW, reichen Epositionsdaten zu zwölf Arbeitsplatzbewertungen aus mehreren Betrieben aus. Die Daten müssen personenbezogene Epositionsinformationen liefern, können aber sowohl aus personengetragenen als auch aus stationären Messungen stammen. Der Anlass der Messung muss dokumentiert sein. Die Daten müssen die Arbeitsprozesse und Tätigkeiten abdecken, die relevant für das Epositionsszenario sind. Nach Möglichkeit sind aktuelle Daten zu verwenden. Das Jahr der Messung sollte genannt werden. Es muss dargestellt werden, ob die Daten die Verhältnisse in einem Unternehmen oder einem ganzen Industriezweig repräsentieren. Für die Epositionsbeschreibung einer Tätigkeit bzw. eines Arbeitsprozesses in einem Betrieb müssen mindestens sechs Messungen vorliegen oder mindestens zwölf für einen gesamten Industriezweig. Je größer die GSD (geometrische Standardabweichung), desto mehr Daten sind erforderlich. Besondere Anforderungen für den Vergleich mit einem Derived no effect level (DNEL): Die Differenz zwischen DNEL und abgeschätzter Epositionshöhe ist zu beachten. Es muss sichergestellt sein, dass auch im Worst case -Fall der DNEL nicht überschritten wird. Hierzu wird die Risk-Characterisation-Ratio (RCR) gebildet, ein Quotient aus statistisch ermitteltem Epositionswert und DNEL: Je kleiner die RCR (also je weiter der Epositionswert unter dem DNEL liegt), desto weniger Daten sind zur statistischen Absicherung erforderlich. Für eine RCR von < 0,1 und eine GSD < 2 sind sechs bis zwölf Messungen ausreichend, für eine RCR > 0,5 und eine GSD > 3,5 sind mehr als 50 Messungen zur Absicherung nötig, s. [13], Tabelle R.14-2 im o. g. Leitfaden. Messverfahren BGI (EGU) Müssen die Anforderungen der TRGS 402 erfüllen. Messungen müssen gemäß europäischer Standards (EN 482, EN 689) durchgeführt worden sein. Daten zur Qualität und Qualitätssicherung der Messung und der Analyse müssen vorliegen. Auswertung/Verwendung der Daten Das 95. Perzentil der Messwerteverteilung wird zur Beurteilung herangezogen. Das 75. Perzentil soll zur Beurteilung der Einhaltung eines DNEL herangezogen werden. Besondere Regeln gelten bei Tätigkeiten mit verkürzter Eposition. Die Messberichte sollen den Akkreditierungsrichtlinien der Länder genügen, insbesondere spezifi sche Informationen über die Arbeits- und Produktionsbedingungen einschließlich der Anlagenkapazität und der Anlagenauslastung enthalten. 14 das Arbeitsverfahren spezifische Prozessdaten dokumentiert sein müssen ( Kerninformationen ). 4.2 Epositionsdaten für VSK Kriterien für Epositionsdaten zur Aufstellung von VSK sind in der TRGS 420 Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien für die Gefährdungsbeurteilung festgelegt. Bei Anwendung einer VSK, d. h. der in ihr beschrieben Schutzmaßnahmen, kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) eingehalten sind. Deshalb muss bei der Aufstellung einer VSK sichergestellt werden, dass die mit den Maßnahmen verbundenen Epositionen die relevanten AGW sicher unterschreiten. 4.3 Epositionsdaten für EGU Kriterien für EGU sind in der BGI BG/BGIA-Empfehlungen für die Gefährdungsbeurteilung nach der Gefahrstoffverordnung, Allgemeiner Teil festgelegt. Die Anfor -
4 Gefahrstoffeposition Tabelle 2. Anforderungen an die Ermittlung und Dokumentation in Abhängigkeit von der beabsichtigten Nutzung der Daten. A B C D E F G H Betrieb Name, Adresse () Art des Betriebes, Gewerbezweig, Branche (z. B. Fahrzeugwaschanlage, E-Stahlwerk) Arbeitsplatz Arbeitsbereich, -verfahren (z. B. Steuerstand, manuelle Reinigung, Umfüllen, Schweißen) Eponierter Emissionsquelle (Art, Entfernung) Arbeitsgerät, Maschine, Produktionsanlage Technische Maßnahmen Technische Schutzmaßnahmen Organisatorische Schutzmaßnahmen Persönliche Schutzmaßnahmen Raumgröße Umgebungstemperatur Luftfeuchte Einsatzprodukte Name, Art, relevante Bestandteile (ggf. Gehalte) Einsatzmenge, Durchsatzmenge pro Zeiteinheit Staubungsverhalten, Dampfdruck Beschäftigter, Tätigkeit Name () Alter, Geschlecht Ausgeübter Beruf, Arbeitsaufgabe Kontinuierliche/nicht kontinuierliche Tätigkeit Dauer/Häufigkeit pro Schicht Berufsbezeichnung (z. B. Schlosser, Softwareentwickler) Gemessener Gefahrstoff Name, Indenummer (z. B. CAS-Nr.) Messung Datum Art der Messung (personengetragen, stationär) Probenahmeverfahren (System, Medium) Analysenverfahren, Analyseninstitut Messstrategie, Grund der Messung Inhalative Eposition Anlass der Messung (Epositionsmessung, Emission, repräsentativ, worst-case) Schicht-, Kurzzeitmessung Messergebnis Beurteilungswert (Wert, Art des Wertes (AGW, DNEL ) Gefährdungsermittlung, Grenzwerteinhaltung Schutzmaßnahmen, Stand der Technik VSK, EGU REACH-Epositionsszenarien Berufskrankheiten ERB Epidemiologische Studien Kalibrierung und Validierung von Modellen derungen gemäß REACH-Leitfaden, TRGS 420 und BGI sind in Tabelle 1 synoptisch dargestellt. Die Kriterien für EGU sind weitgehend identisch mit denen für VSK. Im Vergleich mit den Vorgaben des REACH-Leitfadens sind die statistischen Kriterien weniger differenziert, sind aber qualitativ vergleichbar. Im REACH-Leitfaden wird das 75. Perzentil zur Beurteilung der Einhaltung eines DNEL vorgeschlagen. VSK und EGU legen sich auf das 95. Perzentil fest und schließen damit Worst-case -Bedingungen ein. 15
5 Gefahrstoffeposition Tabelle 3. Anforderungen an die Auswertung in Bezug auf die Datenstruktur ( = Daten sind erforderlich). Gefährdungsermittlung, Grenzwerteinhaltung Schutzmaßnahmen, Stand der Technik VSK, EGU REACH-Epositionsszenarien Berufskrankheiten ERB Epidemiologische S tudien A B C D E F G H Gefahrstoff Branche, Gewerbezweig Arbeitsbereich Tätigkeiten Beruf Jahr der Messung(en) () Schutzmaßnahmen mit/ohne technische Lüftung mit/ohne Erfassung weitere Schutzmaßnahmen Weitere Angaben zum Arbeitsprozess und zu den Einsatzprodukten (z. B. Staubigkeit und Menge des verarbeiteten Produktes) Kalibrierung und Validierung von Modellen Epositionsdaten zur Ableitung von Eposition- Risiko-Beziehungen (ERB) Für die Ableitung von Eposition-Risiko-Beziehungen (ERB) finden sich in der Bekanntmachung 910 Risikowerte und Eposition-Risiko-Beziehungen für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen lediglich Auswahlkriterien für geeignete epidemiologische Studien, unter denen solche mit quantitativen Epositionsdaten zu bevorzugen sind. Bei epidemiologischen Studien muss mit der Datenqualität gearbeitet werden, die jeweils verfügbar ist. Für das Zusammenführen ist es jedoch in der Regel erforderlich, die Arbeitsprozesse und Tätigkeiten und ggf. weitere Epositionsdeterminanten einheitlich zu codieren bzw. zu recodieren, um die Daten zu einer Job-Eposure-Matri (JEM) zusammenführen zu können. 5 Nutzungskategorien und Datenstrukturen Die Verwendung von Epositionsdaten hat sich in den letzten Jahren erweitert. Im Zuge dieser Erweiterung liegen Leitfäden vor, die für die bestimmte Verwendung jeweils spezifische Anforderungen formulieren. Da Epositionsdaten häufig nicht nur für einen Nutzungszweck gewonnen werden, sollte man bei der Messung und Dokumentation der Daten von vorneherein versuchen, alle potenziellen Anforderungen an die Dokumentation der Daten zu berücksichtigen. Eine Epositionsdatenermittlung muss multifunktional sein. Angesichts der Kosten für Messung und Analyse ist der Aufwand für die Erhebung und Dokumentation möglichst aller relevanten Epositionsdeterminanten in jedem Fall gerechtfertigt. Um die Vergleichbarkeit oder auch das Zusammenführen von Daten zu erleichtern, ist eine einheit - liche Codierung v. a. von Branchen, Tätigkeiten und Arbeitsbereichen zu empfehlen [7]. Den bisher weitestgehenden Vorschlag für einen Dokumentationsstandard für Epositionsdaten legten Rajan et al. [6] vor. Dieser Vorschlag erfüllt auch heute noch alle wesent - lichen Anforderungen. Die neuen Anwendungsgebiete REACH, VSK, EGU und ERB erweitern und verfeinern vor allem die Anforderungen an die Auswertungen. Deshalb sollen hier für die verschiedenen Anwendungsbereiche die spezifischen Dokumentations- und Auswerteanforderungen dargestellt werden, um Identifikation geeigneter Datenbestände zu erleichtern und den Datenbankhaltern zu ermöglichen, ggf. notwendige Erweiterungen ihrer Dokumentationen zu prüfen. Zu diesem Zweck werden hier folgende Nutzungskategorien für Epositionsdaten unterschieden: A. Gefährdungsermittlung, Grenzwerteinhaltung B. Schutzmaßnahmen, Stand der Technik C. VSK, EGU D. REACH-Epositionsszenarien E. Berufskrankheiten F. Eposition-Risiko-Beziehungen (ERB) G. Zusammengeführte epidemiologische Studien H. Kalibrierung und Validierung von Modellen Tabelle 2 zeigt die für diese Nutzungsbereiche spezifischen Anforderungen an die Dokumentation der Epositionsdaten, die Tabellen 3 und 4 die Anforderungen an die Auswertung. 5.1 Kerninformationen von Epositionsdatenbanken In Tabelle 2 sind die typischen Datenkategorien mit den jeweils wichtigsten Informationseinheiten aufgeführt. Die tatsächlichen Datenstrukturen von Epositionsdatenbanken sind noch wesentlich differenzierter und kompleer A Gefährdungsermittlung, Grenzwerteinhaltung Für eine Gefährdungsermittlung bzw. die Überwachung der Einhaltung von Grenzwerten werden detaillierte Angaben zu den betrieblichen Bedingungen und zur Tätigkeit der/s Beschäftigten benötigt. In der Regel wird ein Messbericht erstellt, aus dem das Unternehmen erkennen muss, welcher Handlungsbedarf ggf. besteht.
6 Gefahrstoffeposition Tabelle 4. Ausgabeparameter der Auswertung. Gefährdungsermittlung, Grenzwerteinhaltung Schutzmaßnahmen, Stand der Technik VSK, EGU REACH-Epositionsszenarien Berufskrankheiten Epositions-Risiko- Beziehung (ERB) Epidemiologische Studien A B C D E F G H Messwerte Einzelmessergebnisse Statistische Größen Median 90-%-Wert 95-%-Wert Mittelwert, Standardabweichung Betriebe Kalibrierung und Validierung von Modellen B Schutzmaßnahmen, Stand der Technik Messungen zur Überprüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen sind ein Spezialfall betrieblicher Untersuchungen, typischerweise nachdem Maßnahmen zur Minderung der Eposition realisiert wurden. Deshalb spielen hier die betrieblichen Randbedingungen für die Eposition eine besondere Rolle, dazu gehören sowohl die verschiedenen Arten technischer Maßnahmen als auch die klimatischen Verhältnisse C VSK, EGU Epositionsbeschreibungen in VSK oder EGU sollen den Betrieben helfen, Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass AGW sicher eingehalten werden und somit keine Messungen erforderlich sind. EGU geben auch Hinweise, wenn Grenz - werte überschritten werden. Epositionsdaten, die für die Aufstellung von VSK und EGU herangezogen werden, müssen demnach detaillierte Angaben zu den Arbeitsprozessen, Einsatzprodukten und Schutzmaßnahmen enthalten D REACH-Epositionsszenarien Werden für die Erarbeitung von Epositionsszenarien in Zusammenhang mit REACH Daten benötigt, geht es um den Nachweis einer sicheren Verwendung. Maßstab dafür ist die Einhaltung der relevanten DNEL-Werte. Die Dokumentation der Epositionsdaten muss es ermöglichen, die Qualität der Messung und der Analysenverfahren mit Bezug auf das Niveau des DNEL-Wertes zu beurteilen. Ferner benötigt man bestimmte Angaben zum Arbeitsprozess, die eine Skalierung des Epositionsszenarios durch Modellrechnungen erlauben: Dazu gehören Angaben zur Durchsatzmenge von Einsatzprodukten sowie Raumgrößen. Die Quantifizierung der Wirksamkeit z. T. unterschiedlicher technischer Schutzmaßnahmen ist ebenfalls von großer Bedeutung. Deshalb werden detaillierte und umfassende Angaben zu den Epositionsdeterminanten benötigt E Berufskrankheiten Epositionsdaten, die herangezogen werden, um die arbeitstechnischen Voraussetzungen von angezeigten Fällen von Berufskrankheiten zu prüfen, müssen vor allem Informationen zum Arbeitsverfahren und zur Tätigkeit sowie zu Einsatzprodukten enthalten. Im besten Fall bzw. bei innerbetrieblichen Dokumentationen können Epositionsdaten herangezogen werden, die dem Beschäftigten und dem Betriebsteil, in dem er tätig war, direkt zugeordnet werden können F Eposition-Risiko-Beziehungen Für die Ableitung von Eposition-Risiko-Beziehungen mit epidemiologischen Methoden müssen Epositionsdaten Beschäftigtengruppen zugeordnet werden können, die durch ihre Tätigkeit und den Gewerbezweig, in dem sie beschäftigt waren, charakterisiert sind G Epidemiologische Studien Gleiches gilt für das nachträgliche Zusammenführen epidemiologischer Studien, bei denen Originaldaten verschiedener Studien zusammengeführt werden. Hier kommt es auch auf die klare Zuordnung von Epositionsangaben zu Tätigkeiten und Gewerbezweigen (Branchen) an, um die Job-Epositions-Matrizen (JEM) zu erstellen. Eine standardisierte Codierung der Tätigkeiten und Gewerbezweige ist hierbei notwendig. Gerade weil Daten aus verschiedenen Datenbanken zunehmend zusammengeführt oder ver - glichen werden, ist die Nutzung gemeinsamer Standards wie NACE oder ISCO zur Codierung der wichtigsten Informationen zu empfehlen. Hierzu gehören vor allem die Gewerbezweige, die Arbeitsbereiche/Arbeitsverfahren sowie die Tätigkeiten H Kalibrierung und Validierung von Modellen Für die Kalibrierung und Validierung von Modellen, wie z. B. der Stoffenmanager [14; 15] werden Epositionsdaten benötigt, die sich durch eine differenzierte Codierung von Tätigkeiten und Arbeitsbereichen auszeichnen. Neben qualitativen Faktoren, die z. B. die Lüftungsverhältnisse oder eine Kapselung beschreiben, werden vermehrt quantitative Angaben zum Einsatz von Produkten, zum Staubungsverhalten und zum Dampfdruck von eingesetzten Stoffen sowie auch Ausmaße des räumlichen Arbeitsumfelds benötigt. 17
7 Gefahrstoffeposition Anforderungen an die Auswertung von Epositionsdaten Die Tabellen 3 und 4 bilden die grundlegende fachliche Struktur einer Epositionsdatenbank ab, angelehnt an Rajan et al. [6]. Hier sind wiederum für die o. g. Nutzungskategorien A bis H Anforderungen an die Auswertung der Daten zusammengestellt: Wie müssen bestimmte Informationen berücksichtigt und aufbereitet werden, damit die Eposi - tionsdaten sinnvoll interpretiert werden können und ihre Qualität transparent wird? A Gefährdungsermittlung, Grenzwerteinhaltung Bei betrieblichen Messungen im Rahmen der Überwachung werden in der Regel die einzelnen Messergebnisse für Arbeitsbereiche in einem Betrieb mit AGW verglichen. Dokumentiert werden möglichst alle epositionsrelevanten Parameter zu jeder Messung, um ggf. Defizite bei den Schutzmaßnahmen oder sonstige Ursachen für zu hohe Epositionen identifizieren zu können B Schutzmaßnahmen, Stand der Technik Um die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zu überprüfen, kommt es darauf an, ob es sich um eine einzelne betriebliche Maßnahme handelt oder ob typische Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. In letzterem Fall sind statistische Auswertungen entsprechend selektierter Datenkollektive erforderlich, um Aussagen abzusichern und zu verallgemeinern. Auch Einzelmessergebnisse müssen ggf. betrachtet werden können C VSK, EGU Für Epositionsbeschreibungen für VSK und EGU werden Messungen statistisch ausgewertet nach spezifischen Arbeitsprozessen, Schutzmaßnahmen und unter Berücksichtigung weiterer Prozessparameter sowie Einsatzprodukte und ihrer Mengen. Bei VSK und EGU wird für die Charakterisierung der Eposition das 95. Perzentil der Verteilung herangezogen, um auch bei Worst-case -Bedingungen die Einhaltung des erforderlichen Schutzniveaus zu gewährleisten D REACH-Epositionsszenarien Für REACH-Epositionsszenarien gibt es zur Charakterisierung von Epositionen kaum Festlegungen. Über eine Empfehlung zur Mindestanzahl von Messwerten in Anhängigkeit von der Werteverteilung und der Differenz zwischen Messwert und Beurteilungswert (DNEL) wird dieser Aspekt berücksichtigt. Der Leitfaden R14 schlägt vor, das 75. Perzentil einer Messwertverteilung mit dem DNEL zu vergleichen [13]. Dies bedeutet aber, dass in einem Viertel der Fälle der DNEL nicht eingehalten wird E Berufskrankheiten Bei der retrospektiven Epositionsermittlung für die Prüfung der arbeitstechnischen Voraussetzungen von Berufskrankheiten werden sowohl statistische Auswertungen (wenn ausreichend Messwerte vorliegen) als auch Einzelmessungen herangezogen. Die Werte werden entsprechend der Arbeitsanamnese (Tätigkeit, Arbeitsverfahren, Zeitraum der Eposition und weitere für die Eposition relevante Parameter) selektiert. Bei der statistischen Zusammenfassung von Werten wird in der Regel das 90. Perzentil zur Beurteilung herangezogen F Eposition-Risiko-Beziehungen (ERB) Für die Ableitung von ERB im Rahmen epidemiologischer Auswertungen werden vor allem anhand der Klassifizierung von Tätigkeiten und Arbeitsverfahren Messergebnisse selektiert und entweder direkt Personen zugeordnet, ggf. auch zunächst statistisch verdichtet. Hierbei verwendet man verschiedene statistische Kenngrößen G Epidemiologische Studien Für epidemiologische Studien führt man einzelne Eposi - tionswerte anhand ihrer Klassifizierung nach Zeiträumen, Tätigkeiten, Beruf oder Branche zusammen. Statistische Kenngrößen werden entsprechend ermittelt und als Basis für eine Job-Epositions-Matri (JEM) verwendet H Kalibrierung und Validierung von Modellen Zur Kalibrierung und Validierung von Modellen werden die gemessenen Epositionsdaten mit den für die untersuchte Epositionssituation modellierten Werten verglichen. Es werden alle Datenfelder benötigt, die als Eingangsparameter in das Modell einfließen. Typischerweise wird auf der Ebene des einzelnen Messwertes gearbeitet. Um abzuschätzen, ob Modelle hinreichend konservativ sind, kann aber auch das 90. Perzentil von Abschätzungen und Messdaten verglichen werden. 6 Beispiele für Auswertungen von Epositionsdaten 6.1 Validierung von Modellen Der Stoffenmanager [15; 16] ist ein Softwaretool, das kleinere und mittlere Unternehmen bei der Gefährdungsbeurteilung und bei der quantitativen Epositionsabschätzung unterstützt. Er wurde in den Niederlanden entwickelt und mittels niederländischer Epositionsdaten kalibriert [16]. Daten aus der deutschen Epositionsdatenbank MEGA wurden verwendet, um das Modell zu validieren [14]. Die Validierung erfolgte für die Berechnung der Eposition gegenüber der einatembaren Staubfraktion. Betrachtet wurden Messungen während der spanenden Verarbeitung von Holz und Stein sowie der Verarbeitung staubender oder granulärer Produkte. Von Messungen an der Person, die zur einatembaren Fraktion in MEGA dokumentiert sind, stammen aus den erwähnten Arbeitsbereichen [14]. Bei Messungen konnten alle Modellparameter etrahiert werden [14]. Eine direkte Übernahme der Daten für die Validierung war bei Datenfeldern mit Schlüsselverzeichnis möglich, wie z. B. bei der Branche, dem Arbeitsbereich, technischer Lüftung oder bei der Erfassung von Emissionen an der Emissionsquelle. Schwieriger ist die Übernahme von Informationen aus Freitetfeldern, wie Verarbeitungsmenge oder Staubigkeit der Produkte. 6.2 Epositionsszenarien für REACH Das IFA wertet zusammen mit den Unfallversicherungs - trägern Epositionsdaten aus MEGA für die Erstellung von REACH-Epositionsszenarien aus. Kooperationspartner sind nationale und internationale Institute, Behörden, Verbände oder Konsortien. Die REACH-Verordnung fordert vom Hersteller bzw. Importeur eines Stoffes, für die Anwendung seines Stoffes unter bestimmten Voraussetzungen Epositionsszenarien zu erstellen und Risikomanagementmaßnahmen festzulegen. Zu den Epositionsdaten gehören Angaben zum Probe -
8 Gefahrstoffeposition Tabelle 5. Beispiel einer MEGA-Auswertung: Branchengruppen. K.Nr. = Kollektiv-Nummer/ Bezeichnung Branche K.Nr. 667 Gesamt K.Nr. 676 Chemische Industrie und Mineralölverarbeitung K.Nr. 677 Kunststoff und Kunststoffschaum, Verarbeitung, Herstellung und Gummiwaren K.Nr. 782 Maler, Autolackierer 510 Betriebe Messdaten Häufigkeit <-Werte % , , ,9 UVT größte Bestimmungsgrenze in mg/m³ GW % $ 20 1,4 98,8 + 0,2 3 0, , , ,3 6 0, ,2 Konzentrationen in mg/m³ 50-%- 90-%- 95-% ,23 13, ,795 0,62 2,14 +: Verteilungswert liegt unterhalb der größten analytischen Bestimmungsgrenze im Datenkollektiv. $: Unter Heranziehung des vorgegebenen Grenzwertes GW ist der Prozentsatz der Werte unterhalb des GW angegeben. *: Messwerte unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze (a. B.) des jeweiligen Messverfahrens sind bei der Auswertung mit der halben a. B. berücksichtigt. UVT: Unfallversicherungsträger Tabelle 6. Beispiel einer MEGA-Auswertung: Arbeitsbereichsgruppen. K.Nr. = Kollektiv-Nummer/ Bezeichnung Arbeitsbereich K.Nr. 706 Mischen, Pressen (Verdichten) K.Nr. 708 Bearbeiten, Verarbeiten, Schleifen, Entfernen K.Nr. 709 Oberflächenbeschichtung, Lackieren, Auftragen K.Nr. 710 Reinigen Betriebe Messdaten Häufigkeit <-Werte % , , ,3 UVT größte Bestimmungsgrenze in mg/m³ GW % $ 5 0, ,2 11 0,4 94,6 + 0,2 12 0, ,3 Konzentrationen in mg/m³ 50-%- 90-%- 95-%- 3 4,75 29,6 71,15 3 5,18 9 0,4 94,3 1,05 14,25 49,9 +: Verteilungswert liegt unterhalb der größten analytischen Bestimmungsgrenze im Datenkollektiv. $: Unter Heranziehung des vorgegebenen Grenzwertes GW ist der Prozentsatz der Werte unterhalb des GW angegeben. *: Messwerte unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze (a. B.) des jeweiligen Messverfahrens sind bei der Auswertung mit der halben a. B. berücksichtigt. UVT: Unfallversicherungsträger nahme- und Analysenverfahren. Es werden ausschließlich Messwerte selektiert, die in einem bestimmten Datenzeitraum mit Epositionsbezug und definierter Probenahmeund Epositionsdauer ermittelt wurden. Kollektive aus weniger als zehn Messdaten werden nicht ausgewertet. Die Tabellen 5 und 6 zeigen eemplarische MEGA-Auswertungen am Beispiel mit E - positions daten aus dem Datenzeitraum von 2000 bis 2010 bei einer Probenahmedauer von 9 1 h und einer Epositions - dauer von 9 6 h. Die vollständigen Auswertungen sind im Internet unter der Adresse Webcode: d zu finden. 6.3 Ableitung von Eposition-Risiko-Bezeichnungen (ERB) Für krebserzeugende und erbgutverändernde Stoffe (KMR- Stoffe) wurden vor 2005 meist höchstzulässige Epositionskonzentrationen nach dem TRK-Konzept (TRK: Technische Richtkonzentrationen) festgesetzt, da es im Regelfall nicht möglich ist, für diese Stoffe einen arbeitsmedizinisch-toikologisch begründeten Schwellenwert abzuleiten, der als 19
9 Gefahrstoffeposition Basis für einen AGW dienen könnte. Seit der Novellierung der Gefahrstoffverordnung im Jahr 2005 sind jedoch nur noch gesundheitsbasierte AGW zulässig. In diesen Fällen soll eine Bewertung der Epositionen mithilfe des Risikoakzeptanzkonzept des AGS erfolgen, in dem ERB abgeleitet und Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen aufgestellt werden. Vor diesem Hintergrund veröffentlicht das IFA eine Reihe statistischer Auswertungen der Epositionsdaten von KMR- Stoffen [17]. Dabei sind nur Messwerte von Schichtmittelwerten mit einer Probenahmedauer von 9 1 h und einer Epositionsdauer von 9 6 h berücksichtigt (für Cadmium: Messwerte, Datenzeitraum von 1975 bis 2010). Eine retrospektive Betrachtung zeigte eine erhebliche Verringerung der Eposition gegenüber Cadmium anhand statistischer Kenngrößen (arithmetische und geometrische Mittelwerte, 75., 90. und 95. Perzentil) in unterschiedlichen Branchenund Arbeitsbereichsgruppen. Es wurden aber auch Arbeitsbereiche identifiziert, an denen das Arbeitsschutzniveau noch erhöht werden muss. 7 Fazit Epositionsdaten werden vielfältig genutzt. Die von Rajan et al. [6] empfohlenen Kern-Informationen haben sich in der Vergangenheit bewährt und erfüllen im Wesentlichen die Anforderungen für alle hier aufgezeigten Verwendungs - zwecke. Angesichts der Kosten für Messung und Analyse ist der Aufwand für die Erhebung und Dokumentation möglichst aller relevanten Epositionsdeterminanten in jedem Fall gerechtfertigt. Um die Vergleichbarkeit oder auch das Zusammenführen von Daten zu erleichtern, ist eine einheitliche Codierung insbesondere von Branchen, Tätigkeiten und Arbeitsbereichen zu empfehlen. In Erweiterung der Kern-Informationen [6] sollten für die Zukunft multifunktionale Datenstrukturen definieret werden, damit Epositionsdaten universell entsprechend einer beabsichtigten Nutzung Antworten geben können. Weder vom Umfang der zu ermittelten Faktoren noch von den Berechnungsmöglichkeiten statistischer Parameter sollten die Anforderungen an Epositionsdaten zu eng bemessen sein. Literatur [1] Vinzents, P.; Carton, B.; Fjeldstad, P.; Rajan, B.; Stamm, R.: Eposure registers in Europe. Hrsg.: European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions, Dublin, Irland [2] Carton, B.; Fjeldstad, P.; Rajan, B.; Stamm, R.; Stückrath, M.: Comparison of eposure measurements stored in European databases on occupational air pollutants and definitions of core information. Appl. Occup. Environ. Hyg. 10 (1995) Nr. 4, S [3] Carton, B.; Fjeldstad, R.; Rajan, B.; Stamm, R.; Stückrath, M.; Vinzents, P.: Epositionsdatenbanken in Europa: Vergleichsmöglichkeiten von Meßergebnissen zu Gefahrstoffen am Arbeitsplatz. Staub Reinhalt. Luft 55 (1995) Nr. 5, S [4] Creek, K.; Schinkel, J.: Workshop on key data needs for an occupational eposure database, session II. Appl. Occup. Environ. Hyg. 10 (1995) Nr. 4, S [5] Lippmann, M.; Gomez, M. R.; Rawls, G. M.: ACGIH-AIHA Task Group: Data elements for occupational eposure data - bases: Guidelines and recommendations for airborne hazards and noise. Appl. Occup. Environ. Hyg. 11 (1996) Nr. 11, S [6] Rajan, B.; Alesbury, R.; Carton, B.; Gerin, M.; Litske, H.; Marquart, H.; Olsen, E.; Scheffers, T.; Stamm, R.; Woldbaek, T.: European proposal for core information for the storage and e-change of workplace eposure measurements on chemical agents. Appl. Occup. Environ. Hyg. 12 (1997) Nr. 1, S [7] Gabriel, S.; Koppisch, D.; Range, D.: The MGU a monitoring system for the collection and documentation of valid work - place eposure data. Gefahrstoffe Reinhalt. Luft 70 (2010) Nr. 1/2, S [8] Vincent, R.; Jeandel, B.: COLCHIC Occupational eposure to chemical agents data-base: current contents and development perspectives. Appl. Occup. Environ. Hyg. 16 (2001) Nr. 2, S [9] Alker, M.; Jochum, C.; Lehmann, E.: Aufbereitung von Daten für die Festsetzung von Technischen Richtkonzentrationen. Staub Reinhalt. Luft 51 (1991) Nr. 4, S [10] Coenen, W.: Epositionsermittlung und -begrenzung bei Gefahrstoffen. Staub Reinhalt. Luft 53 (1993) Nr. 5, S [11] Tielemans, E.; Marquardt, H.; De Cock, J.; Groenewold, M.; Van Hemmen, J.: A proposal for evaluation of eposure data. Ann. Occup. Hyg. 46 (2001) Nr. 3, S [12] Eickmann, U.: Methoden der Ermittlung und Bewertung chemischer Epositionen an Arbeitsplätzen. Landsberg am Lech: Ecomed [13] Guidance on information requirements and chemical safety assessment. Chapter R.14: Occupational eposure estimation. Hrsg.: European Chemical Agency, Helsinki, Finnland [14] Koppisch, D.; Schinkel, J.; Gabriel, S.; Fransman, W.; Tielemans, E.: Use of the MEGA eposure database for the validation of Stoffenmanger algorithms. Ann Occup. Hyg. (2011) DOI: /annhyg/mer097 [15] Marquart, H.; Heussen, H.; Le Feber, M.; Noy, D.; Tielemans, E.; Schinkel, J.; West, J.; Van Der Schaaf, D.: 'Stoffenmanager', a web-based control banding tool using an eposure process model. Ann. Occup. Hyg. 52 (2008) Nr. 6, S [16] Tielemans, E.; Noy, D.; Schinkel, J.; Heussen, H.; Van Der Schaaf, D.; West, J.; Fransman, W.: Stoffenmanager eposure model: development of a quantitative algorithm. Ann. Occup. Hyg. 52 (2008) Nr. 6, S [17] Steinhausen, M.; Van Gelder, R.; Gabriel, S.: Arbeitsbedingte Epositionen gegenüber krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Substanzen in Deutschland (Teil 1): Cadmium und seine Verbindungen. Gefahrstoffe Reinhalt. Luft 71 (2011) Nr. 1/2, S
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