Überprüfung und Beseitigung von Inkonsistenzen in der EU-Bankenregulierung



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Transkript:

Überprüfung und Beseitigung von Inkonsistenzen in der EU-Bankenregulierung Inhalt I. Grundsätzliche Verbesserungsvorschläge für den Regulierungsprozess 1. Zielgenauigkeit der Regulierung verbessern 2. Standardsetzungsprozess optimieren 3. Proportionalitätsprinzip stärker beachten 4. Folgekostenabschätzungen durchführen II. Bankenunion 1. Europäische Bankenabwicklung (SRM) 2. Europäische Bankenaufsicht a) Einheitlicher EU-Bankenaufsichtsmechanismus (SSM) b) EZB-Meldeanforderungen 3. Harmonisierung der Einlagensicherungssysteme III. Aufsichtliche Anforderungen 1. Kapitalausstattung der Kreditinstitute 2. Leverage Ratio 3. Liquidity Coverage Ratio (LCR) 4. Wechselbeziehung zwischen Liquidity Coverage Ratio und Leverage Ratio 5. Net Stable Funding Ratio (NSFR) IV. Mittelstandsfinanzierung 1. KMU-Korrekturfaktor 2. EU-Langfristfinanzierung: Kapitalmarktorientierte Finanzierungsformen 3. EU-Langfristfinanzierung: EU-Sparkonto V. Anlageberatung 1. Finanzierung der Anlageberatung (MiFID II) 1

I. Grundsätzliche Verbesserungsvorschläge für den Regulierungsprozess 1. Zielgenauigkeit der Regulierung verbessern Zur Verbesserung der Stabilität der Finanzmärkte wurden im Bereich der Banken- und Kapitalmarktregulierung in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Für diese Regelungen hat die Umsetzungsphase begonnen oder steht kurz bevor. Im Rückblick hat es sich dabei negativ bemerkbar gemacht, dass kein Masterplan für die Bankenregulierung zur Verfügung stand. Stabilitätsgefährdende Aspekte, wie das Too-big-tofail-Problem, wurden vielmehr in unterschiedlichen Regulierungsansätzen unabhängig voneinander adressiert. Auf diese Weise entstand nicht notwendigerweise ein höheres Maß an Sicherheit, in jedem Fall aber eine höhere Kostenbelastung für die Kreditinstitute. Es ist nun an der Zeit zu überprüfen, ob die einzelnen Regulierungsmaßnahmen tatsächlich sinnvoll ineinandergreifen oder ob nicht mehrfach identische Aspekte reguliert werden, die zu einer Kumulation der Kosten bei den Kreditinstituten und zu einer deutlichen Erhöhung der Komplexität führen. 2. Standardsetzungsprozess optimieren Bei der Rechtssetzung auf europäischer Ebene übertragen die legislativen Akteure Ministerrat und EU-Parlament zunehmend gesetzgeberische Befugnisse an die EU- Kommission in ihrer Rolle als Exekutive. Im Bereich der Finanzmarktregulierung wird letztere bei der Ausarbeitung von technischen Standards durch die europäischen Aufsichtsbehörden unterstützt (u.a. die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA und die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA). Dabei kommen üblicherweise Rechtsakte ohne Gesetzescharakter zum Einsatz. Die entsprechenden Befugnisse übertragen die Co-Gesetzgeber in Richtlinien oder Verordnungen (Level 1-Gesetzgebung). Unter Federführung der EU-Kommission werden in einem nachgelagerten Verfahren die entsprechenden Rechtsakte erlassen (Level 2- Gesetzgebung). Insbesondere im Bereich der Finanzmarktregulierung werden der Exekutive zunehmend Entscheidungen mit großer Tragweite übertragen, obwohl beispielsweise delegierte Rechtsakte nur zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes erlassen werden dürfen. 1 Aktuelle Beispiele für die Übertragung weitreichender Befugnisse im Finanzmarktsektor sind: Basel III Standards und Leitlinien: Entwicklung von über 100 technischen Regulierungsstandards, technischen Durchführungsstandards sowie Leitlinien durch die EBA und Erlass durch die EU-Kommission. EU-Bankenabgabe: Erlass eines delegierten Rechtsakts durch die EU-Kommission (gemäß Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD) bzw. eines Durchführungsrechtsakts des 1 Art. 290 AEUV 2

Ministerrats ( Council Implementing Act gemäß SRM-Verordnung) zur Festlegung eines Verfahrens zur Berechnung der Beiträge von Kreditinstituten zum europäischen Abwicklungsfonds. EZB-Bankenaufsicht: Erlass der Rahmenverordnung durch die EZB, welche das Zusammenwirken nationaler Aufsichtsbehörden und der EZB im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) bestimmt. Insgesamt soll die neue EU-Kommission 414 sekundäre Rechtsakte (Level-2-Maßnahmen) basierend auf den seit Beginn der Finanzkrise in Kraft gesetzten EU-Gesetzgebungsakten zur Finanzmarktregulierung vorlegen. Allein im Jahr 2015 werden 177 dieser Level-2- Maßnahmen erwartet. Vielfach sind die entsprechenden Verfahren aus Sicht der Betroffenen intransparent. Zugleich nehmen EU-Parlament und Ministerrat ihre Kontrollfunktion nur eingeschränkt wahr. Dies trägt zur Ausweitung des Demokratiedefizits der EU bei. Darüber hinaus mindert die verstärkte Nutzung der Level 2-Gesetzgebung die Aussagekraft von Gesetzesfolgenabschätzungen. Je mehr Regelungsgegenstände aus den Basisrechtsakten ausgeklammert werden, desto unschärfer können die Auswirkungen der Rechtsakte auch mit Blick auf zusätzliche bürokratische Lasten für die Betroffenen beurteilt werden. Aus diesen Gründen sind die EU-Gesetzgeber gefordert, wichtige Regelungsgegenstände wieder verstärkt im Primärrecht zu verankern. Um insgesamt eine verbesserte Regulierung zu erreichen, sollten alle Beteiligten zudem frühzeitig in den Regulierungsprozess eingebunden werden. Dabei sollten die folgenden Aspekte berücksichtigt werden. Regelsetzer sollten frühzeitig Interdependenzen mit und Auswirkungen auf andere Regulierungsbereiche prüfen sowie sich mit anderen Standardsetzern (z.b. IASB) austauschen. Die Kreditwirtschaft sollte frühzeitig in den regulatorischen Standardsetzungsprozess einbezogen werden. Bereits vor der Veröffentlichung eines Konsultationspapiers sollten Experten aus Industrie und Verbänden mit Vertretern der Aufsichtsbehörden über die anstehende Regulierungsthematik beraten. Bereits Arbeitsentwürfe von Konsultationspapieren sollten deshalb dem Expertenkreis vor der Veröffentlichung eines Konsultationspapiers vertraulich zur Verfügung gestellt werden. Der finale und in der Regel veröffentlichte Entwurf der Neuregelung sollte zur schriftlichen Konsultation gestellt werden. Dieser schriftliche Konsultationsprozess muss eine angemessene Kommentierungsfrist beinhalten. Nur dann haben die Beteiligten die Möglichkeit, den vorliegenden Entwurf umfassend zu analysieren und zu beurteilen. Nach der schriftlichen Konsultation sollte je nach Thema und eingegangenen Stellungnahmen die Möglichkeit zu einem mündlichen Meinungsaustausch gegeben werden. Je nach Thematik und Tragweite der anstehenden Regulierungsmaßnahme sollten Auswirkungsanalysen erstellt werden, bevor ein Standard rechtlich verbindlich in Kraft gesetzt wird. 3

Vor der Veröffentlichung des endgültigen Standards sollte eine finale Überprüfung der Terminologie sowie der Interdependenzen zu anderen Regulierungsbereichen erfolgen. Für die erstmalige Anwendung ist zwischen Veröffentlichung des finalen Standards und der erstmaligen Anwendung ein ausreichender Übergangszeitraum erforderlich. Bereits bei der Erarbeitung von neuen Regularien sollten die Regelsetzer die Auswirkungen ihrer Regelsetzung auf die Erwartungen der Finanzmarktteilnehmer beachten. So wirkt z. B. die stufenweise Anwendung der Liquidity Coverage Ratio (LCR) des Basel-III-Pakets ab 2015 nicht erleichternd, wenn implizit bereits während der Beobachtungsphase die volle Einhaltung erwartet wird. Gleiches gilt für Net Stable Funding Ratio (NSFR) und Leverage Ratio. In Analysen vor der Veröffentlichung eines Entwurfs sollte explizit geprüft werden, ob die Aufsichtsbehörde, die die Regulierungsmaßnahme erlassen möchte, tatsächlich die entsprechende Regelungskompetenz besitzt (und ihre Kompetenz nicht überschreitet). tatsächlich ein Regulierungsbedarf besteht; wenn die bestehenden Regularien in dem aktuellen Fall als nicht ausreichend erkannt werden, sollte dargelegt werden, warum und an welchen Stellen sie nicht ausreichen. die Erfordernisse von Proportionalität und Wesentlichkeit beachtet werden. die Neuregulierung nicht dazu führt, dass sich Bilanzierung und Bankenaufsicht noch weiter auseinander entwickeln und weitere Inkonsistenzen, Doppelungen oder Widersprüche entstehen. 3. Proportionalitätsprinzip stärker beachten Nach dem Grundsatz der doppelten Proportionalität muss die Intensität der laufenden Überwachung der Kreditinstitute in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des Instituts für das Finanzsystem einerseits sowie zu Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte der Risikolage und des Risikomanagements des Instituts andererseits stehen. Die Voraussetzungen für die Entfaltung dieses Grundgedankens sind prinzipienorientierte Regelungen mit einem Spielraum für die Umsetzung der Anforderungen anstelle regelbasierter Standardsetzungen. Die Einhaltung des Prinzips sichert durch die Anwendung jeweils angemessener Methoden eine diversifizierte Kreditwirtschaft. Regulierung muss daher nach dem Risikogehalt des Geschäftsmodells, nach den systemischen Risiken und nach dem Aktionsradius eines Instituts differenzieren. Der Grundgedanke der doppelten Proportionalität muss erhalten bleiben. Seine Umsetzung erfordert insbesondere im Bereich der operativen Aufsichtstätigkeit folgende Eckpunkte: Eine individuelle Behandlung der Banken und Sparkassen und damit keine unter allen Umständen durchgeführte Gleichstellung durch Benchmarking bei der Beurteilung der Erfüllung von Anforderungen muss gewährleistet werden. 4

Die Aufsicht muss ein grundlegendes tatsächliches Verständnis zur Geschäftstätigkeit jeder einzelnen Bank entwickeln und für ihre Tätigkeit aktiv nutzen. Konservative Elemente der Risikosteuerung müssen bei den Aufsehern höhere Anerkennung finden. Für Risikoarten, die für ein Institut nur geringe Bedeutung haben, müssen in größerem Umfang vereinfachende Methoden zugelassen werden. Eine prinzipienorientierte Vorgehensweise und Beurteilung müssen sowohl bei der Aufsicht eingefordert als auch von der Aufsicht über die Prüfer sichergestellt werden. Ein Eskalationsverfahren zwischen Instituten und Aufsicht muss etabliert werden, wenn beide Seiten hinsichtlich einzelner Anforderungen eine unterschiedliche Auffassung vertreten. 4. Folgekostenabschätzungen durchführen Die im Zuge der Finanzkrise ergriffenen Maßnahmen haben zu einem Nebeneinander einer Vielzahl verschiedener Regelungen geführt. Allein die EU-Kommission hat zwischen 2009 und 2014 rund 30 Gesetzesvorhaben im Bereich der Banken- und Kapitalmarktregulierung initiiert. Bisher weitgehend unbekannt ist die kumulative Wirkung der einzelnen Regelwerke auf Finanzmärkte und Marktteilnehmer. Der Überprüfung der einzelnen Regulierungsmaßnahmen auf Praktikabilität und Zielgenauigkeit muss deshalb eine Abschätzung der kumulativen Regulierungswirkung folgen. Diese sollte ex post anhand möglichst objektiver und standardisierter Verfahren evaluiert werden. Um eine effektive Nutzung der Ergebnisse sicherzustellen, müssen die Evaluierungen zudem von einem breiten politischen Engagement getragen und insbesondere auch durch das Parlament verwertet werden. Zu beachten ist, dass die aktuelle Niedrigzinsphase sowie die durch die Politik der Europäischen Zentralbank maßgeblich beeinflusste Liquiditätssituation kein normales Marktumfeld bieten. Dies hat auch erheblichen Einfluss auf die Wirkungsweise der beschlossenen und angedachten Regulierungsmaßnahmen. Eine Abschätzung der Wirkungen sowie eine weitergehende Analyse möglicher Interdependenzen werden daher nach Rückkehr in ein normales Marktumfeld zu anderen Ergebnissen führen. Hinzu kommt, dass die Kreditinstitute in vielen Regelungsbereichen, wie der Umsetzung von Basel III, über noch keine ausreichende Historie verfügen. Die Berechnung der Mindestkapitalausstattung ist erst seit 1. Januar 2014 in Kraft. Einige Bereiche, wie zum Beispiel die Leverage Ratio oder die Liquiditätskennzahlen, werden sich erst noch im Praxistest behaupten müssen. Eine regelmäßige Wiederholung der Folgekostenabschätzung ist daher dringend geboten. 5

II. Bankenunion 1. Europäische Bankenabwicklung (SRM) Im Rahmen der Festlegung der Höhe des von jedem Institut zu erbringenden Beitrages zum Abwicklungsfonds sind von den Instituten verschiedene Informationen an die Abwicklungsbehörden zu melden. Dazu zählen z. B. Gesamtrisikoexponierung, Eigenmittel, harte Kernkapitalquote, Verschuldungsquote, Liquiditätsdeckungsquote, strukturelle Liquiditätsquote, Interbankendarlehen, Interbankeneinlagen). Derartige Informationen liegen den Aufsichtsbehörden jedoch bereits vor. Es ist deshalb naheliegend, wenn sich Abwicklungsbehörden diese Daten unmittelbar bei den Aufsichtsbehörden beschaffen und nicht den Instituten zusätzliche Meldepflichten für der Aufsicht bereits vorliegende Informationen geschaffen werden. Auf separate Meldungen sollte verzichtet werden. 2. Europäische Bankenaufsicht a) Einheitlicher EU-Bankenaufsichtsmechanismus (SSM) Nach Schaffung des Single Supervisory Mechanism (SSM) sind Überschneidungen bei der Tätigkeit von nicht weniger als fünf Aufsichtsbehörden (BaFin, BBK, EZB, EBA, ESMA) absehbar. Zwar sieht die Rahmenverordnung (EZB/2014/17) Regeln für die Zusammenarbeit von EZB und nationalen Behörden vor. Dennoch drohen Redundanzen bei der Richtliniensetzung sowie der Schaffung von Verwaltungspraktiken. Die Gesamtkosten der EZB-Aufsicht belaufen sich für das Jahr 2014 und 2015 schätzungsweise auf 300 Mio. EUR. Die Kosten sind auch von den Banken zu tragen, die nicht unter direkter EZB-Aufsicht stehen. Banken mit einer Bilanzsumme bis zu einer Milliarde Euro müssen im Durchschnitt zwischen 2.000 Euro und 7.000 Euro jährlich an EZB-Aufsichtsgebühren zahlen. Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund 15 Prozent der Kosten für die EZB-Aufsicht von weniger bedeutenden Instituten aufgebracht werden sollen. Solange die Aufsicht für nicht bedeutende Institute zutreffenderweise von den nationalen Behörden wahrgenommen wird, sollten diese von Abgaben zur Finanzierung der EZB befreit bleiben. b) EZB-Meldeanforderungen Seit November 2014 werden die großen, für die Systemstabilität bedeutenden Banken in der Euro-Zone von der EZB beaufsichtigt. Im Zuge dessen werden auch die 6

Meldeanforderungen der weniger bedeutenden Banken im Euroraum vereinheitlicht. In einer öffentlichen Konsultation hat die EZB nun im Rahmen eines Verordnungsentwurfs Vorschläge gemacht, welche Finanzkennzahlen einer Meldepflicht unterliegen sollen. Diese EZB-Vorschläge bergen die Gefahr, dass auch die weniger bedeutenden Institute, zu einer Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) gezwungen werden. Denn einige der vorgesehenen Meldungen können nur auf der Basis von IFRS erhoben werden. Allerdings bilanzieren viele deutsche Institute und insbesondere Regionalbanken nach dem Handelsgesetzbuch (HGB). Eine Doppelbilanzierung würde für diese Institute einen erheblichen personellen, zeitlichen und technischen Mehraufwand bedeuten. Die hierfür gebundenen Ressourcen stünden dann nicht mehr dem Kerngeschäft der Banken zur Verfügung. Das ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem alle europäischen Rechtsakte genügen sollten, nicht vereinbar. Das Ziel der EZB, im Rahmen der Aufsicht alle europäischen Institute auf der Basis einer möglichst harmonisierten Datengrundlage zu erfassen, steht zudem in klarem Widerspruch zur Verordnung über die EZB-Aufsicht. Sie sieht vor, dass Institute nicht dazu gezwungen werden dürfen, andere Rechnungslegungsstandards anzuwenden, als diejenigen die gemäß anderen Rechtsakten der Union und nationalen Rechtsakten für sie anwendbar sind (SSM-VO, Präambel, Abs. 39). Eine implizite Verpflichtung zur Bilanzierung nach IFRS darf es also allein schon aus rechtlichen Gründen nicht geben. Das europäische Meldewesen muss deshalb auf den bereits vorhandenen Datengrundlagen aufbauen. Das ist auch zweckmäßig, weil die deutschen Institute bereits heute dazu verpflichtet sind, der nationalen Aufsicht regelmäßig Finanzinformationen und Bilanzdaten zu melden. Die EZB sollte folglich nur dann zusätzliche Daten anfordern dürfen, wenn erstens das nationale Meldewesen hierfür keine Informationen liefert, dies zweitens aufsichtsrechtlich unbedingt erforderlich ist und die Daten drittens im Einklang mit den verwendeten nationalen Rechnungslegungsstandards erhoben werden können. 3. Harmonisierung der Einlagensicherungssysteme Im Juni 2014 wurde die Einlagensicherungsrichtlinie (Deposit Guarantee Schemes Directive, DGSD) vom EU-Gesetzgeber verabschiedet. Diese sieht vor, dass die Anforderungen zu den in Einlagensicherungssystemen der Mitgliedsstaaten ex ante vorzuhaltenden Mitteln (0,8 Prozent der gedeckten Einlagen) anteilig zu maximal 30 Prozent durch Zahlungsverpflichtungen der Kreditinstitute gegenüber den nationalen Einlagensicherungssystemen (DGS) erfüllt werden können. Die DGSD ermächtigt die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA zur Vorlage von Leitlinien zur Ausgestaltung der Zahlungsverpflichtungen (Art. 10 (3) DGSD). Am 25. September 2014 hat die EBA ein Konsultationspapier mit Leitlinien (Entwurf) veröffentlicht. 7

Die Kreditinstitute müssen gemäß DGSD ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Einlagensicherungssystemen mit risikoarmen Wertpapieren besichern. Die EBA beabsichtigt, bei der Bewertung der Sicherheiten zusätzliche Abschläge vom Marktwert vorzunehmen (Haircuts, Ziffer 23 ff.). Jedoch ist eine Übersicherung der Zahlungsverpflichtungen durch Haircuts weder im Level I-Text vorgesehen, noch scheint sie notwendig. Denn eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Sicherungssysteme ist bereits durch die ebenfalls von der EBA vorgeschlagene Nachschusspflicht der Kreditinstitute bei Marktwertverlusten der von ihnen hinterlegten Sicherheiten gewährleistet. Ohnehin spiegelt der Marktwert das Risiko eines Zahlungsausfalls der hinterlegten Sicherheiten bereits angemessen wider. Überdies würden durch Bewertungsabschläge Zahlungsverpflichtungen gegenüber bar geleisteten Einzahlungen ohne sachlichen Grund schlechter gestellt. III. Aufsichtliche Anforderungen 1. Kapitalausstattung der Kreditinstitute Seit Jahren bauen die deutschen Kreditinstitute ihre Kapitalausstattung aus. Dies beruht auf der Zielsetzung, die Widerstandsfähigkeit der Institute zu erhöhen und die steigenden Kapitalanforderungen zu erfüllen. Eine vom Baseler Ausschuss initiierte Task-Force beschäftigt sich derzeit mit Modellen zur Unterlegung von Zinsänderungsrisiken mit Eigenkapital im Rahmen der Säule I des Baseler Regelwerks. Das Geschäftsmodell der Regionalbanken sieht die Vergabe von langfristigen Krediten für private Haushalte und den Mittelstand vor. Dies schafft aus Verbrauchersicht eine langfristige Planungssicherheit und ist die Grundlage für weitere Investitionen. Damit dieses Geschäftsmodell aufrecht erhalten werden kann, müssen Regionalbanken ein gewisses Maß an Zinsänderungsrisiken eingehen. Eine Unterlegung von Zinsänderungsrisiken mit Eigenkapital bedeutet einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil, da das so gebundene Eigenkapital den Regionalbanken im Rahmen der Säule II nicht mehr für die interne Risikotragfähigkeit zur Verfügung steht. Diese wiederum wird jedoch benötigt, damit vor allem Adress- und Marktpreisrisiken eingegangen werden können. Eine von allen Aufsichtsbehörden abgestimmte Festlegung des vorzuhaltenden Kapitals, die auch mögliche realwirtschaftliche Auswirkungen berücksichtigt, ist unabdingbar. Die Unterlegung von Zinsänderungsrisiken mit Eigenkapital im Rahmen der Säule I würde die Kreditvergabekapazitäten der Regionalbanken stark einschränken und hätte somit negative Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung im Mittelstand. 8

2. Leverage Ratio Neben den bestehenden regulatorischen Eigenkapitalanforderungen (CRR, CRD IV) sollen die Kreditinstitute ab 2018 eine verbindliche Verschuldungsquote (Leverage Ratio) einhalten. Eine pauschale Verschuldungsquote (Leverage Ratio), in die alle Geschäfte unabhängig von ihrem Risikogehalt gleichermaßen eingehen, kann jedoch unerwünschte Verhaltensanreize schaffen. Für die Institute würde ein Anreiz bestehen, die notwendige Reduktion von Bilanzpositionen in erster Linie durch Abbau von margen- und zugleich risikoarmen Geschäften vorzunehmen. Damit könnten unter anderem Förderkredite betroffen sein, die aber von großer Bedeutung für die Unternehmensfinanzierung sind. In jedem Fall wäre mit einem steigenden durchschnittlichen Risikogehalt der in den Bankbilanzen verbleibenden Geschäfte zu rechnen, was nicht der regulatorischen Intention entsprechen kann. Zugleich ist die Verschuldungsquote international nicht vollständig vergleichbar, da sich z.b. die Eigenkapitalgröße als Residualgröße ergibt und indirekt von allen Bilanzierungsregeln des jeweiligen Rechnungslegungsstandards abhängt. Dies kann zu Wettbewerbsverzerrungen im Kreditgeschäft führen, die nachteilig für die Regionalbanken und damit die Mittelstandsfinanzierung sind. Eine pauschale Verschuldungsquote als Säule-I-Limit ist deshalb abzulehnen. Die Leverage Ratio sollte lediglich als Element im Rahmen des bankaufsichtlichen Überprüfungsprozesses (Säule II) verankert werden. 3. Liquidity Coverage Ratio (LCR) Mit Einführung der stufenweisen Einhaltung der Liquidity Coverage Ratio (LCR) ab Oktober 2015 (mit zunächst 60 Prozent: voraussichtlich ab 2018 mit 100 %) sind die Regionalbanken gezwungen, hochliquide Aktiva in dem Maße zu halten, wie binnen 30 Tagen in einem Stressszenario Abflüsse auftreten können. Bei der Anerkennung hochliquider Aktiva werden Staatsanleihen priorisiert, obwohl sich andere Assetklassen derzeit als ebenfalls liquide darstellen. Mit der Liquidity Coverage Ratio (LCR) wird eine Reduzierung der Liquiditätsrisiken verfolgt. Entscheidend für die Wirksamkeit der Regelung ist jedoch eine hohe Diversifikation der im LCR-Puffer vorzuhaltenden liquiden Assets. Durch die eingeschränkte Anerkennung von Assetklassen in der LCR wird eine derartige Diversifikation nicht nur erschwert, sondern vielmehr konterkariert. Die beschriebene Einschränkung anrechenbarer Assetklassen beinhaltet die Gefahr, dass Banken sich europaweit tendenziell mit ähnlichen Papieren ausstatten (müssen) mit der Folge, dass ein erneuter Krisenfall einen Großteil der Banken erfassen würde. Gerade die deutschen Regionalbanken hatten sich jedoch durch ihre Risikodiversifikation, inbesondere bei der Auswahl an Wertpapieren innerhalb ihrer Depots, als Stabilitätsanker in der Finanzkrise ab 2007 erwiesen und konnten so dazu beitragen, größere Schäden für die deutsche Realwirtschaft zu verhindern. Diese, das nationale und 9

auch europäische Finanzsystem stabilisierende Ausprägung des deutschen Bankensystems sollte nicht aufgegeben werden. Im Übrigen widerspricht das Konzept der eingeschränkten Anerkennung von Assetklassen der von der EU-Kommission angestrebten Förderung einer kapitalmarktorientierten Finanzierung (s. Ziffer IV. Punkt 2), zu welcher Banken in der Vergangenheit einen erheblichen Beitrag geleistet haben. Um dem eigentlichen Ziel der LCR zu entsprechen, die Liquiditätsrisiken der Banken zu reduzieren, sollte eine Vergrößerung des Kreises an LCR-pufferfähigen Vermögenswerten angestrebt werden. Hierdurch wird den Banken die Diversifikation ihrer Liquiditätsvorsorge ermöglicht. 4. Wechselbeziehung zwischen Liquidity Coverage Ratio und Leverage Ratio Banken müssen zur Befriedigung der neuen Liquiditätsanforderungen einen größeren Vorrat an hochliquiden, aber renditearmen Papieren (insbesondere Staatsanleihen) vorhalten. Derartige Assets werden nicht von der Anrechnung im Rahmen der Ermittlung der Leverage Ratio (Verhältnis des regulatorischen Eigenkapitals zur ungewichteten Bilanzsumme) befreit. Insofern besteht zwischen Liquidity Coverage Ratio und Leverage Ratio eine erhebliche Wechselbeziehung. Die Berechnung der Leverage Ratio muss dieser Wechselbeziehung Rechnung tragen. Assets, die als hochliquide eingestuft werden, müssen deshalb bei der Ermittlung der Exposuregröße zur Berechnung der Leverage Ratio unberücksichtigt bleiben dürfen. Letztlich unterstreicht die beschriebene Wechselbeziehung die Forderung, die ungewichtete Verschuldensquote nicht als Säule-I-Limit zu verankern. 5. Net Stable Funding Ratio (NSFR) Neben der LCR müssen die Kreditinstitute auch eine strukturelle Liquiditätsquote, die Net Stable Funding Ratio (NSFR) erfüllen. 2 Das Einhalten der NSFR wird künftig eine stärker fristenkongruente Refinanzierung von Krediten erfordern. Die NSFR soll ab 2018 als Mindeststandard gelten. Zwar ist ihre Ausgestaltung vom Gesetzgeber noch nicht endgültig festgelegt, allerdings müssen die Banken mögliche Einzelpositionen zur Berechnung der Kennzahl bereits jetzt melden. 2 Die NSFR (auch Strukturelle Liquiditätsquote ) wird mit einem zeitlichen Horizont von einem Jahr wie folgt berechnet: 10

Die NSFR hat das Ziel, die Fristentransformation der Kreditinstitute einzuschränken. Davon betroffen wären insbesondere mittelständische Firmenkunden von Banken, weil sie Zinsänderungs- und Prolongationsrisiken nicht mehr an ihre Hausbank abgeben, sondern zunehmend selbst tragen müssten. Damit ginge den Unternehmen Planungssicherheit verloren. Das hemmt Investitionen und Wachstum. Die Einführung der Liquiditätskennziffern ist eine Reaktion auf die Finanzkrise, im Zuge derer die Finanzierung durch kurzfristige Kredite institutioneller Investoren (Wholesale- Finanzierung) schlagartig zusammenbrach. In Deutschland hat sich allerdings die Kreditfinanzierung durch Kundeneinlagen (Retail-Finanzierung) in der Krise bewährt. Hier konnte eine Kreditklemme verhindert und somit eine Gefährdung der langfristigen Finanzierung der Realwirtschaft vermieden werden. Die Einlagenbasis insbesondere der Regionalbanken entwickelt sich seit vielen Jahren stabil. Grund dafür sind in der Regel langfristig bestehende Kundenbeziehungen. Dies muss bei der Ausgestaltung der Liquiditätskennziffer angemessen berücksichtigt werden. Vor Einführung der NSFR ist deshalb auf europäischer Ebene eine umfassende Auswirkungsstudie zu erstellen. Insbesondere muss die Kennzahl hinsichtlich ihrer Folgen für das klassische Geschäftsmodell von Regionalbanken und damit für die Vergabe von Mittelstandskrediten geprüft werden. Einen Paradigmenwechsel in der Finanzierungskultur durch eine übermäßige Beschränkung der Fristentransformation der Kreditinstitute darf es nicht geben. Denn sie ist die Basis für die langfristige Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland. IV. Mittelstandsfinanzierung 1. KMU-Korrekturfaktor Um den Krediterfordernissen mittelständischer Betriebe Rechnung zu tragen, wurde in den finalen Gesetzestext der CRR ein Korrekturfaktor eingefügt. Dieser gleicht die in Basel III vorgesehene pauschale Eigenkapitalerhöhung für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wieder aus. 3 Der KMU-Korrekturfaktor steht jedoch unter einem Prüfungsvorbehalt. Es besteht die Gefahr, dass er nach einer Überprüfung durch die Europäische Kommission beziehungsweise die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA bis Mitte 2016 wieder gestrichen wird. Damit 3 Art. 501 der EU-Verordnung 575/2013 (CRR): Zwar steigt durch Basel III die Eigenkapitalunterlegung pauschal von 8 Prozent auf 10,5 Prozent des risikogewichteten Kreditvolumens. Jedoch werden die Eigenmittelanforderungen für Kredite an KMU (Jahresumsatz < 50 Mio. Euro, gesamtes Kreditvolumen < 1,5 Mio. Euro) mit einem Korrekturfaktor von 0,7619 (= 8,0 / 10,5) multipliziert. Somit wird das erforderliche Eigenkapital auf das Niveau von Basel II zurückgestellt. 11

würden die Eigenkapitalanforderungen für Kredite an KMU steigen. Dies hätte eine regulierungsbedingte Verteuerung und Verknappung von Mittelstandskrediten zur Folge. Die Deutsche Bundesbank hat zu diesem Thema bereits Untersuchungen durchgeführt. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass ein Korrekturfaktor in Deutschland nicht nur aufgrund der hohen Bedeutung des Mittelstands für die Volkswirtschaft, sondern auch unter Risikogesichtspunkten gerechtfertigt ist. Erhebungen der Deutschen Kreditwirtschaft kommen mithilfe eines anderen Studienansatzes zu dem gleichen Ergebnis. Die Analysen der Deutschen Bundesbank liefern gute Argumente dafür, dass der Korrekturfaktor in Deutschland gerechtfertigt ist. Deshalb muss er auch in Zukunft erhalten bleiben. Um ein umfangreiches Risikobild der Mittelstandsfinanzierung in Europa zu schaffen, sollte der Risikogehalt von KMU-Krediten in anderen EU-Mitgliedsstaaten anhand der Methodik der Deutschen Bundesbank untersucht werden. Sollten die dann vorliegenden Länderergebnisse stark voneinander abweichen, darf keine pauschale Streichung des Korrekturfaktors erfolgen. Stattdessen müsste der Regulierungsrahmen so angepasst werden, dass er länderspezifische Regelungen auf nationaler Ebene erlaubt. 2. EU-Langfristfinanzierung: Kapitalmarktorientierte Finanzierungsformen Zur Verhinderung der Kreditverknappung in Europa schlägt die EU-Kommission in einer Mitteilung zur Langfristfinanzierung der europäischen Wirtschaft die Förderung von alternativen, kapitalmarktorientierten Finanzierungsformen vor. Kapitalmarktorientierte Finanzierungsformen stellen für mittelständische Unternehmen keinen Ersatz zu Bankkrediten dar. Grundsätzlich kommt eine Kapitalmarktfinanzierung erst ab einem Kreditvolumen in zweistelliger Millionenhöhe infrage. Das durchschnittliche Emissionsvolumen der Mittelstandsanleihen zwischen 2010 und 2013 lag bei 55 Millionen Euro; der Finanzierungsbedarf der meisten mittelständischen Betriebe ist aber weitaus geringer. Die durchschnittliche Firmenkredithöhe bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken beträgt rund 130.000 Euro. Zudem ist eine Kapitalmarktfinanzierung vergleichsweise teuer: Deutsche Banken reichen großvolumige Unternehmenskredite mit einer Laufzeit von über fünf Jahren derzeit zu festen Zinssätzen unter 3 Prozent aus. Dagegen rentieren die 2013 an der Frankfurter Börse im Mittelstandssegment begebenen Anleihen mit langen Laufzeiten bei durchschnittlich 7,5 Prozent. Außerdem ist eine Anleiheemission aufwendig und dauert (Prospekterstellung, Genehmigung, Rating, Publizitätsanforderungen). 12

Mittelständische Firmen brauchen weiterhin den verlässlichen Zugang zu Bankkrediten. Für sie ist es von besonderer Bedeutung, dass die Langfristkultur in Deutschland mit Planungssicherheit hinsichtlich Laufzeit und Finanzierungskosten erhalten bleibt. Eine Benachteiligung oder Verdrängung der Hausbankfinanzierung durch eine regulatorische Privilegierung kapitalmarktorientierter Finanzierungsformen muss deshalb vermieden werden. Vielmehr müssen beide Finanzierungsformen gleichberechtigt im Markt angeboten werden können, um den unterschiedlichen Bedürfnissen von KMU und Großunternehmen in der Finanzierung gerecht zu werden. 3. EU-Langfristfinanzierung: EU-Sparkonto Zudem prüft die EU-Kommission die Einführung eines EU-Sparbuchs. Die Attraktivität des Sparbuchs wird durch Steuervorteile und staatlich garantierte Renditen gesteigert. Die eingeworbenen Mittel sollen zur Finanzierung von KMU eingesetzt werden. Ein entsprechendes Angebot mit einem von der EU garantierten Zins auf die Spareinlagen würde den Wettbewerb verzerren, zu einer Verlagerung von Mitteln zu diesem Sparkonto führen und somit die Fähigkeit der Geschäftsbanken, der Sparkassen und Genossenschaftsbanken zur Kreditvergabe einschränken. Die bislang reibungslose Kreditvergabe in Ländern wie Deutschland würde unnötig erschwert. Zu befürchten ist eine erhebliche Verlagerung des volkswirtschaftlichen Finanzierungskreislaufs von der Privatwirtschaft in ein staatlich gesteuertes System, welches eine Verwendung der Einlagen zur Finanzierung zweckgebundener Investitionen, etwa durch staatliche Förderbanken, vorsieht. Anderen Investitionszwecken würden somit Mittel entzogen. Die potenziellen Auswirkungen eines reglementierten Sparprodukts auf den Finanzierungskreislauf können am Beispiel Frankreich veranschaulicht werden: Hier zieht das Livret A als staatlich gefördertes Sparprodukt über ein Drittel aller Sparanlagen privater Haushalte auf sich. Diese werden zum überwiegenden Teil zweckgebunden verwendet. Die Kreditvergabe durch Banken hat sich über Jahrzehnte bewährt und sollte nicht eingegrenzt werden. Der Ersatz eines Teils des privatwirtschaftlichen Bankensystems durch ein staatlich subventioniertes, zweckgebundenes EU-Sparkonto stellt einen erheblichen Eingriff in den Wettbewerb um Spareinlagen dar. Dies ist nicht effizient und führt zu Verzerrungen am Markt. Um diese zu verhindern, sollte das Einlagengeschäft weiterhin originär von Banken, nicht vom Staat betrieben werden. 13

IV. Anlageberatung 1. Finanzierung der Anlageberatung (MiFID II) Die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) ist mit der Konkretisierung der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) und der Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) beauftragt. Nach aktuell geltendem Recht dürfen Banken bei Wertpapiergeschäften Provisionen annehmen, wenn sie diese dem Kunden offen legen und die Qualität der erbrachten Dienstleistung verbessert wird (Art. 24 Abs. 9 der MiFID II). Entgegen dem Willen des EU-Gesetzgebers will die ESMA nun jedoch die Verwendungszwecke für Provisionen einschränken. Zwar hat die ESMA in der am 19.12.2014 vorgelegten, überarbeiteten Technischen Stellungnahme an die EU-Kommission die im ursprünglichen Konsultationspapier enthaltende Negativliste von Tatbestandsmerkmalen, bei denen sie nicht von einer Qualitätssteigerung ausgeht, abgemildert. Ein klares Bekenntnis, die provisionsbasierte Anlageberatung neben der Honorarberatung als gleichwertige Alternative zuzulassen, fehlt aber weiterhin und belastet eine verlässliche Planung der Institute. Die Vorschläge der ESMA enthalten z.b. keine Aussage, dass auch die Qualitätssicherung ein legitimer Verwendungszweck für erhaltene Zuwendungen darstellt. Damit besteht in der Praxis die Gefahr, dass am Ende doch ein faktisches Provisionsverbot gerade dort besteht, wo die Beratungsqualität besonders hoch ist. Banken, die Provisionsberatung anbieten, müssen nachweisen, dass die Erträge hieraus zur Qualitätsverbesserung eingesetzt werden. Auf der Grundlage der bisherigen Regelungen in MiFID I hat die BaFin eine Liste veröffentlicht, welche Investitionen grundsätzlich als qualitätsverbessernd angesehen werden (vgl. AT 8.2 MaComp). Hierzu gehören u. a. die Personalkosten für die Anlageberater, Compliance- Beauftragte etc., die Sachkosten für die Ausstattung der Filialen sowie die Schulungskosten der Mitarbeiter. Dieser Ansatz wird von der ESMA jedoch offensichtlich als nicht zielführend angesehen, werden doch in der Technischen Stellungnahme Infrastrukturmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Bildung von Kunden etc. als nicht ausreichend angesehen, das Behalten von Zuwendungen zu rechtfertigen. Es steht zu befürchten, dass die bisher von der BaFin anerkannten Maßnahmen zukünftig nicht mehr als qualitätsverbessernd akzeptiert werden können, da die Bank erst durch den Einsatz von Mitarbeitern überhaupt in die Lage versetzt wird, Anlageberatung anzubieten, wenn dies laut ESMA lediglich einen Vorteil für die Bank selbst darstellt. Der Kundennutzen wäre jedoch nicht greifbar. Daher sind die dafür aufzuwendenden Kosten nicht als qualitätsverbessernd anzusehen. Das Gleiche kann gelten, wenn eine Bank als Geschäftsmodell die persönliche Beratung vor Ort anbietet, da sie zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb eines solchen Geschäftsmodells darauf angewiesen ist, eigene Filialen mit entsprechender IT-Ausstattung vorzuhalten. Insoweit fehlt auch hier in den Ausführungen der ESMA eine rechtssichere Aussage, worin eine Qualitätsverbesserung zu sehen ist. Beunruhigend ist auch die Absicht der ESMA, die Konkretisierung der MiFID/MiFIR nicht im Rahmen dieser Level-II-Maßnahme vorzunehmen, sondern manches später erledigen zu 14

wollen. Damit wird im Bereich der Finanzierung der Anlageberatung ein Zustand konstanter Unsicherheit geschaffen, der eine vernünftige Planung massiv beeinträchtigt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat am 27. Januar 2015 die ESMA-Vorschläge als untauglich kritisiert und gefordert, dass der ESMA-Text um folgende Passage ergänzt wird: Eine Gebühr, Kommission oder ein nicht monetärer Vorteil steigert die Qualität der Beratung nicht, wenn er genutzt wird, um Güter und Dienstleistungen zu finanzieren, die für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb notwendig sind, oder wenn diese von einer sehr kleinen Zahl an Marktteilnehmern gezahlt wird. Unabhängig davon, dass mit dieser Formulierung das Provisionsverbot faktisch zementiert wäre, verkennt diese Argumentation, dass Beratungsqualität nicht oder nur zu einem Teil durch das Vergütungsmodell beeinflusst wird. Andere Faktoren sind (finanzielle) Bildung der Verbraucher, Kostentransparenz, Umgang mit komplexen Produkten, Beraterqualifikation und sonstige interne Anreizsysteme. Auch diese Maßnahmen müssen finanziert werden und finanzierbar bleiben. Die ESMA-Vorschläge unterstützen nicht die Intention der EU-Gesetzgeber und zerstören das in Deutschland vorherrschende und bewährte Konzept der Dualität von Honorar- und Provisionsberatung. Sollten die Vorschläge der ESMA umgesetzt werden, wäre zu befürchten, dass weite Teile der Bevölkerung, insbesondere im unteren bis mittleren Einkommenssegment nicht mehr in der Lage sind, qualifizierte Anlageberatung zu erhalten. Hiervon sind die Regionalbanken aufgrund ihrer Kundenstruktur überproportional betroffen. Damit es nicht zu einer ungewollten Einschränkung der Vielfalt der Vergütungsmodelle in der Bankberatung kommt, muss die EU-Kommission die ESMA-Vorschläge in ihrem delegierten Rechtsakt entschärfen, der Intention des Trilogverfahrens Geltung verschaffen und v.a. verhindern, dass die Möglichkeit eröffnet wird, die ursprünglich vorgesehene Negativliste angeblich nicht qualitätsverbessernder Maßnahmen als Level-III-Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt am EU-Parlament vorbei doch noch zu implementieren. 15