Germany: Real Estate Briefing Juni 2013 Inhalt Hintergrund 01 Der neue Grunderwerbsteuertatbestand 02 Bedeutung der Gesetzesänderung 02 Anwendungszeitpunkt 05 Ausblick und Handlungsoptionen 05 Kontakt 05 Ende des RETT Blockers auch das Ende von Gestaltungsoptionen? Die Abschaffung der RETT Blocker Modelle zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer ist für die Finanzverwaltung schon seit langem ein Thema. Bereits in den Jahren 2000 und 2006 wurden Lösungsvorschläge erarbeitet. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetzes 2013 wurde dieses Vorhaben erneut intensiv verfolgt. Dieser Prozess war Ende letzten Jahres gescheitert, so dass das Gesetzgebungsvorhaben nun in diesem Jahr Eingang in das Amtshilferichtlinie Umsetzungsgesetz fand. Letzte Woche konnte dann im Vermittlungsausschuss die Einigung erzielt werden, der sowohl Bundestag als auch Bundesrat kurzfristig ihre Zustimmung erteilten. Die nunmehr beschlossene Gesetzesänderung war inhaltlich schon länger bekannt, der Anwendungszeitpunkt hat jedoch für Überraschung gesorgt. Hintergrund Beim Verkauf von inländischen Grundstücken (Asset Deal) fällt Grunderwerbsteuer an. Sie beträgt in Abhängigkeit vom Bundesland, in dem das Grundstück belegen ist, gegenwärtig 3,5% bis 5,5% des Kaufpreises bzw. der maßgeblichen Bemessungsgrundlage. Die Grunderwerbsteuer wird in der Regel vom Käufer getragen und erhöht daher seinen Finanzierungsbedarf. wfw.com Auch der Erwerb einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft unterliegt schon seit jeher der Grunderwerbsteuer. Die Grunderwerbsteuer fällt an beim Übergang von mindestens 95% der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren ( 1 Abs. 2a Grunderwerbsteuergesetz, ( GrEStG )). Gleiches gilt (unabhängig vom Fünfjahreszeitraum) u.a. für die Vereinigung von mittelbar oder unmittelbar mindestens 95% der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Personen oder Kapitalgesellschaft in der Hand eines Erwerbers oder einer bestimmten Unternehmens oder Personengruppe (sog. Anteilsvereinigung, 1 Abs. 3 GrEStG).
02 ENDE DES RETT BLOCKERS Unter RETT Blocker Modellen versteht man Strukturen, bei denen Grunderwerbsteuer (Real Estate Transfer Tax) beim Erwerb von Anteilen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften durch gezielte Verwendung von zwischengeschalteten Gesellschaften (sog. RETT Blocker ) vermieden wird. Der neue Grunderwerbsteuertatbestand Zur Abschaffung der sog. RETT Blocker Strukturen soll mit dem neuen 1 Abs. 3a GrEStG eine wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Prüfung des Umfangs von Anteilsveränderungen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften erfolgen. Dabei greift der neue 1 Abs. 3a GrEStG als Auffangvorschrift ein und fingiert eine Grunderwerbsteuer auslösende Anteilsvereinigung beim Innehaben einer unmittelbaren und/oder mittelbaren wirtschaftlichen Beteiligung von insgesamt mindestens 95% an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft durch einen Rechtsträger. Der Gesetzestext lautet wie folgt: Soweit eine Besteuerung nach Absatz 2a und Absatz 3 nicht in Betracht kommt, gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Absatzes 3 auch ein solcher, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 95 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat. Die wirtschaftliche Beteiligung ergibt sich aus der Summe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft. Für die Ermittlung der mittelbaren Beteiligungen sind die Vomhundertsätze am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaften zu multiplizieren. Was der Gesetzgeber unter einer wirtschaftlichen Beteiligung versteht, ist den Sätzen 2 und 3 des neuen Absatzes 3a in 1 GrEStG zu entnehmen. Danach soll eine wirtschaftliche Beteiligung in diesem Sinne vorliegen, sofern die Summe der unmittelbaren und der im Wege der Multiplikation durchgerechneten mittelbaren Beteiligungen am Vermögen oder Kapital der grundstücksbesitzenden Gesellschaft mindestens 95% beträgt. Bedeutung der Gesetzesänderung Bisher erfolgte die mittelbare Zurechnung einer Beteiligung grundsätzlich nur in den Fällen, bei denen die Beteiligung wiederum über eine zu mindestens als 95 % gehaltene Gesellschaft mittelbar gehalten wurde. Dies eröffnete Gestaltungsspielräume, indem die Beteiligung an der als RETT Blocker fungierenden Gesellschaft auf knapp unter 95 % begrenzt wurde (typischerweise auf 94,9 %).
ENDE DES RETT BLOCKERS 03 Die Auswirkung der Gesetzesänderung soll anhand von vereinfachten Beispielen (von in der Praxis bekannten Standard RETT Blocker Modellen) verdeutlicht werden: Beispiel 1: Ein Investor erwirbt unmittelbar 94,9% der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Kapitalgesellschaft (Grundstücks GmbH). Die weiteren 5,1% ihrer Anteile werden von einer Personengesellschaft (i.d.r. in der Rechtsform einer KG) erworben, an der wiederum der Investor zu 94,9% und ein von ihm unabhängiger Co Investor zu 5,1% beteiligt sind. Die durchgerechnete Beteiligung des Co Investors beträgt ca. 0,26%. Die Übertragung von 94,9% der Anteile an der Grundstücks GmbH unterliegt nicht 1 Abs. 3 GrEStG, da damit nicht mindestens 95% der Anteile an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft in der Hand eines Erwerbers vereinigt werden. Die von der zwischengeschalteten Blocker KG erworbenen GmbH Anteile sind dem Investor im Rahmen von 1 Abs. 3 GrEStG nicht zuzurechnen, so dass nach bisheriger Rechtslage keine Grunderwerbsteuer anfällt. Dies funktioniert nach der Neuregelung nun nicht mehr nach 1 Abs. 3a GrEStG sind für die Ermittlung der Anteilsverhältnisse des Investors die Anteile an der Blocker KG mit denen der Grundstücks GmbH zu multiplizieren, was somit eine mittelbare Beteiligung von ca. 4,84% ergibt. Addiert mit der unmittelbaren Beteiligung von 94,9% an der Grundstücks GmbH ergibt sich eine wirtschaftliche Beteiligung an der Grundstücks GmbH von ca. 99,74%, so dass nach 1 Abs. 3a GrEStG Grunderwerbsteuer anfällt. Watson, Farley & Williams Juni 2013
04 ENDE DES RETT BLOCKERS Beispiel 2: Ein Investor beabsichtigt den Erwerb eines inländischen Grundstücks, das von einer Personengesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG (Grundstücks GmbH & Co. KG) gehalten wird. Der Investor erwirbt die Anteile des bisherigen Kommanditisten (Alt Gesellschafter), der mit 94,9% am Vermögen der Grundstücks GmbH & Co. KG beteiligt war. Die übrigen 5,1% werden von der Komplementär GmbH gehalten, die weiterhin Gesellschafterin der Grundstücks GmbH & Co. KG bleibt. Der Investor erwirbt neben dem 94,9%igen Kommanditanteil an der Grundstücks GmbH & Co. KG 94,9% der Anteile an der Komplementär GmbH, so dass der Investor (wie in Beispiel 1) insgesamt ca. 99,74% des Vermögens der grundstücksbesitzenden Gesellschaft (Grundstücks GmbH & Co. KG) erwirbt. Der Investor erwirbt unmittelbar eine Beteiligung am Vermögen der Grundstücks GmbH & Co. KG von (nur) 94,9%, so dass 1 Abs. 2a GrEStG nicht zur Anwendung kommt. Die mittelbar über die Komplementär GmbH gehaltenen Anteile sind nach bisheriger Rechtslage nicht zu berücksichtigen, da der Neugesellschafter keine 95 % ige Beteiligung an der Komplementär GmbH hält die Komplementär GmbH wird zum RETT Blocker. Dies funktioniert nach der Neuregelung ebenfalls nicht mehr zu den vom Investor unmittelbar erworbenen 94,9% am Vermögen der Personengesellschaft ist die mittelbare Beteiligung in Höhe von ca. 4,84 % zu addieren. Der Investor erwirbt damit eine wirtschaftliche Beteiligung am Vermögen der Grundstücks GmbH & Co. KG in Höhe von ca. 99,74%, so dass die 95% Grenze überschritten und nach 1 Abs. 3a GrEStG Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.
05 ENDE DES RETT BLOCKERS Anwendungszeitpunkt Die Neuregelung des 1 Abs. 3a GrEStG ist erstmals auf Erwerbsvorgänge anwendbar, die ab dem 7. Juni 2013 verwirklicht werden. Von der ursprünglich vorgesehenen Rückwirkung zum 1. Januar 2013 wurde Abstand genommen. Ausblick und Handlungsoptionen Grundstücksinvestoren (und ihre Steuerberater) können künftig nicht mehr auf die klassischen RETT Blocker Modelle zurückgreifen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Neuregelung des 1 Abs. 3a GrEStG auch auf Sachverhalte anwendbar sein kann, die gerade nicht gezielt auf die Vermeidung von Grunderwerbsteuer ausgerichtet sind, beispielsweise konzerninterne Anteilsübertragungen. Grunderwerbsteuerneutrale Share Deals in Bezug auf inländische Grundstücke sind jedoch auch in der Zukunft grundsätzlich möglich, dies gilt insbesondere für Fälle einer beizubehaltenden Verkäuferbeteiligung mit einer durchgerechneten Beteiligung von mehr als 5% an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft; gleiches gilt bei Grundstücks GmbHs für unabhängige Co Investments. Somit erhalten Gestaltungen, die eine wirtschaftlich vertretbare Weiterführung einer Beteiligung in Höhe von 5,1 % durch den Verkäufer regeln, ggfs. über schuldrechtliche Instrumente wie Darlehen, zukünftig noch größere Bedeutung. Bereits in der Vergangenheit haben solche nicht klassischen RETT Blocker Modelle in der Umsetzung von Share Deals durchaus eine Rolle gespielt, so dass auf eine umfangreiche Erfahrung in der Regelung des Interessenausgleiches zwischen Neugesellschafter im Hinblick auf die langfristige Sicherung einer vollständigen Eigentümerstellung und dem Altgesellschafter an der Begrenzung seines Kapitaleinsatzes und Verlustrisikos zurückgegriffen werden kann. Wenn Sie Fragen haben oder weitere Informationen zu dem Inhalt des Briefings wünschen, kontaktieren Sie bitte folgenden Ansprechpartner: Ihr Kontakt Verena Scheibe Partner Hamburg vscheibe@wfw.com +49 40 80 80 3440 Alle Verweise auf Watson, Farley & Williams und das Unternehmen in diesem Dokument beziehen sich auf die Watson, Farley & Williams LLP und / oder deren verbundene Unternehmen. Alle Nennungen von einem Partner beziehen sich auf ein Mitglied von Watson, Farley & Williams LLP oder ein Mitglied oder Partner eines verbundenen Unternehmens oder einen Mitarbeiter bzw. Consultant mit vergleichbarer Position und Qualifikation. Dieses Briefing ist ein Produkt von Watson, Farley & Williams. Es liefert eine Zusammenfassung von rechtlichen und steuerrechtlichen Belangen und ist nicht darauf ausgerichtet, individuellen rechtlichen oder steuerrechtlichen Rat zu erteilen. Das hier Dargestellte eignet sich möglicherweise nicht für Ihre Situation. Bei Anfragen oder Wünschen nach einer Rechts bzw. Steuerberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Watson, Farley & Williams. Diese Publikation dient ausschließlich dem Zweck der Werbung. Watson, Farley & Williams 2013 100 000 2074 HAM 10/06/2013 wfw.com