Bern, Mai 2007. Häufig gestellte Fragen zur Sozialhilfe



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Transkript:

1 Bern, Mai 2007 Häufig gestellte Fragen zur Sozialhilfe

2 Warum erlässt die SKOS als privater Verein Richtlinien für die Sozialhilfe? Die SKOS ist der Schweizerische Fachverband für Sozialhilfe. Ihr gehören alle Kantone, das Fürstentum Lichtenstein und über tausend Städte, Gemeinden und private Organisationen an. Sie wurde 1905 als Armenpflegerverband gegründet. Die Ausgestaltung der Sozialhilfe in der Schweiz liegt in der Kompetenz der Kantone. Bis heute gibt es kein Bundesrahmengesetz für die Sozialhilfe, wie es in den Bereichen IV und ALV der Fall ist. Die SKOS übernimmt deshalb als Fachverband eine wichtige Koordinationsfunktion für die Sozialhilfe in der Schweiz. Seit ihrer Gründung fordert die SKOS die Einführung eines Bundesrahmengesetzes für die Sozialhilfe. Die SKOS setzt sich für die Armutsbekämpfung und die fachliche Entwicklung der Sozialhilfe ein. Ihre Richtlinien zur Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) stossen auf breite Anerkennung und definieren das soziale Existenzminimum. Sie basieren auf Erfahrungen der Praxis und Ergebnissen der Sozialforschung. Die meisten Kantone verankern die SKOS-Richtlinien in ihren Gesetzen, Verordnungen oder in ihrer Rechtssprechung. Auch der Bund und Gerichte beziehen sich in ihrer Gesetzgebung und Rechtssprechung auf diese Richtlinien. Sie dienen der Rechtssicherheit und der rechtsgleichen Behandlung von Personen, die Sozialhilfe beziehen. Die SKOS-Richtlinien sind ein zentrales Arbeitsinstrument für Sozialdienste und Sozialbehörden. Sie berücksichtigen allgemeine und regionale Entwicklungen in der Sozialpolitik. Wer bezieht Sozialhilfe? Menschen aller Altersgruppen und in verschiedensten Lebenslagen sind auf Sozialhilfe angewiesen. In der Schweiz beziehen weit über 200'000 Personen ganz oder teilweise Leistungen der Sozialhilfe. Die Zahl der Klientinnen und Klienten wird hauptsächlich durch die wirtschaftliche Situation und den Arbeitsmarkt bestimmt. Rund 60 Prozent der Sozialhilfebeziehenden sind Alleinstehende, 22 Prozent sind Alleinerziehende und 14 Prozent sind Familien mit Kindern. Auch die Gruppe der Working Poor (Familien mit niedrigem Einkommen) ist oft auf Sozialhilfe angewiesen. Ältere Menschen beziehen selten Sozialhilfe, da die Ergänzungsleistungen zur AHV das Existenzminimum garantieren. Fachleute schätzen, dass in der Schweiz bis zu 50 Prozent der anspruchsberechtigten Personen keine Sozialhilfe beantragen, da die Abhängigkeit von Sozialhilfe vielerorts als sehr stigmatisierend empfunden wird. Was kostet die Sozialhilfe? Gesamtschweizerisch werden für die über 200'000 Bezügerinnen und Bezüger jährlich rund 3 Milliarden Franken für die Sozialhilfe aufgewendet, was rund 3 Prozent der gesamten Sozialausgaben entspricht. Die Sozialhilfe ist somit weitaus kostengünstiger als beispielsweise die Invaliden- oder die Arbeitslosenversicherung.

3 Wer bezahlt die Sozialhilfe? Die Sozialhilfe wird aus öffentlichen Geldern finanziert, nicht aus Lohnprozenten wie die Sozialversicherungen. Die Kantone und Gemeinden tragen die Kosten. Der Bund beteiligt sich nur an der Sozialhilfe für Asylsuchende. Die Ausgaben der Sozialhilfe steigen immer dann, wenn es wirtschaftlich schlecht geht und die Steuereinnahmen sinken. Das erhöht den politischen Druck auf die Sozialhilfe. Komplexere soziale Probleme und steigende Fallzahlen erhöhen den Spardruck auf die Sozialhilfe. Die personellen Ressourcen werden kaum ausgebaut, was den Arbeitsdruck auf die Sozialdienste erhöht und deren Kontrollmöglichkeiten negativ beeinflusst. Restriktivere Zugangsbedingungen zu den Sozialversicherungen (v.a. Invaliden- und Arbeitslosenversicherung) führen zu höheren Fallzahlen in der Sozialhilfe und somit zu einer Kostenverlagerung. Wie werden die Richtlinien der SKOS festgelegt? Massgebend für die Bemessung des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt ist ein statistisch und wissenschaftlich anerkannter Warenkorb, also die realen Kosten für bestimmte, für den Lebensunterhalt notwendige, Waren. Diese basieren auf der schweizerischen Einkommens- und Verbrauchsstatistik des Bundesamtes für Statistik. Die Berechnung des Grundbedarfs stützt sich dabei auf das Konsumverhalten der einkommensschwächsten 10 Prozent der Bevölkerung. Das ist das Resultat einer wissenschaftlichen Studie. Die Richtlinien werden vom Vorstand der SKOS festgelegt, dem alle Kantone, das Fürstentum Lichtenstein, verschiedene Bundesämter, Städte und Gemeinden sowie private Organisationen angehören. Welchen Anteil haben Ausländerinnen und Ausländer in der Sozialhilfe? Ausländische Staatsanghörige sind mit einem Anteil von 44 Prozent in der Sozialhilfe vertreten. Sie weisen mit 6 Prozent eine deutlich höhere Sozialhilfequote auf als Schweizerinnen und Schweizer (3 Prozent). Menschen ausländischer Herkunft und auch deren Kinder haben im Vergleich zu Schweizerinnen und Schweizern häufiger einen tieferen Ausbildungsstatus. Die berufliche Qualifikation ist ein bedeutender Risikofaktor für die Sozialhilfe. Über 45 Prozent der Sozialhilfebeziehenden haben keine Berufsausbildung. In der Gesamtbevölkerung liegt dieser Wert bei 23 Prozent. Wie wird die Unterstützung von Familien berechnet? Die Sozialhilfe hat die Aufgabe, die Existenz zu sichern und Armut zu verhindern. Ihre Leistungen orientieren sich deshalb am Bedarf. Dieser ist bei einer mehrköpfigen Familie grösser als bei einer Einzelperson und kann die Höhe eines bescheidenen Lohnes übersteigen. Als Referenzgrösse zur Festlegung des Bedarfs dienen die Ausgaben der einkommensschwächsten 10 Prozent aller Haushalte in der Schweiz. Um den Bedarf einer Familie zu berechnen, wird der Unterhaltsbetrag einer Einzelperson mit einem bestimmten Faktor multipliziert, der die Anzahl in einem Haushalt wohnhafter Personen berücksichtigt.

4 Lohnt sich Arbeit für Personen, die Sozialhilfe beziehen? Die Richtlinien der SKOS setzen Anreize zur Erwerbsaufnahme und zur Ausweitung einer bestehenden Erwerbstätigkeit. Mit der Gewährung von Einkommensfreibeträgen (EFB) für Erwerbstätige (Working Poor) wird dem Grundsatz Arbeit soll sich lohnen Rechnung getragen. EFB sind bestimmte Beträge, worüber erwerbstätige Sozialhilfebeziehende frei verfügen können. Die Richtlinien ermöglichen den Kantonen, Einkommensfreibeträge zwischen 400 und 700 Franken festzusetzen je nach Beschäftigungsgrad oder Höhe des Einkommens. Die Leistungen der Sozialhilfe liegen deutlich unter den Mindestlöhnen, soweit diese rechtlich festgelegt sind. Familien können ihre Existenz häufig nur sichern, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind. Der Vergleich eines einzelnen niedrigen Lohnes mit dem Bedarf einer Familie, der diesen übersteigen kann, ist deshalb irreführend. In bestimmten Einkommensbereichen und je nach kantonaler Gesetzgebung kann es vorkommen, dass einem Haushalt von sozialhilfebeziehenden Personen höhere finanzielle Mittel zur Verfügung stehen als erwerbstätigen Personen mit einem niedrigen Einkommen. Dies hat nicht nur mit der Ausgestaltung der Sozialhilfe zu tun, sondern vor allem mit dem kantonalen Steuersystem und der kantonal geregelten Prämienverbilligung für die Krankenversicherung. Was tut die Sozialhilfe für Jugendliche ohne Ausbildung? Jugendliche und junge Erwachsene brauchen in besonderem Masse Betreuung und Beratung, denn wenn sie den Anschluss ans Berufsleben verpassen, droht ihnen ein Leben in Abhängigkeit. Die SKOS hat für junge Erwachsene besondere Empfehlungen erarbeitet. Vorrangiges Ziel muss die berufliche Ausbildung und Eingliederung sein. Fördern und fordern, heisst die Devise. Deshalb soll bei der Ausrichtung finanzieller Leistung den besonderen Lebensbedingungen und den Ausbildungsbedürfnissen von Jugendlichen Rechnung getragen werden. Die SKOS fordert eine obligatorische Ausbildungspflicht und ein obligatorisches Ausbildungsrecht bis zum Alter von 18 Jahren. Was bewirken Massnahmen zur beruflichen und sozialen Integration? Erwerbsarbeit ist für die meisten Menschen die Grundlage für ein eigenes Auskommen. Sie vermittelt ihnen zudem Anerkennung und unterstützt ihre Integration in die Gesellschaft. Deshalb ist es ein wichtiges Ziel der Sozialhilfe, Bedürftigen zu einer beruflichen Tätigkeit zu verhelfen. Die Sozialhilfe fördert, wie die anderen Systeme der Sozialen Sicherung auch, die berufliche Integration. Menschen, die beruflich schlecht qualifiziert sind, sind heute zunehmend vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, da es immer weniger Arbeitsplätze gibt in diesem Segment. Sind keine Arbeitsplätze verfügbar, hat die Sozialhilfe die Aufgabe, wenigstens die Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Arbeitsplätze im so genannt ergänzenden Arbeitsmarkt (Nischenarbeitsplätze, Beschäftigungsprogramme etc.) spielen dabei eine wichtige Rolle. Zahlreiche Menschen, die Sozialhilfe beziehen, haben kaum mehr Chancen auf eine berufliche Integration. Umso wichtiger sind Massnahmen zur sozialen Integration, denn sie ermöglichen den Betroffenen ein Leben in klar geordneten Strukturen und beugen gesundheitlichen und psychischen Problemen vor. Massnahmen zur beruflichen und sozialen Integration sind somit eine wichtige Investition und helfen längerfristig die sozialen Kosten zu verringern. Die für die Sozialhilfe zuständigen

5 Organe haben die Pflicht, solche Massnahmen zu ergreifen und Angebote bereitzustellen. Sozialhilfebeziehende sind verpflichtet, sich an solchen Massnahmen zu beteiligen. Im Sinne eines Anreizes werden Integrationsbemühungen mit einer Integrationszulage von 100 bis 300 Franken pro Monat honoriert. Berufliche Integrationsmassnahmen gelingen nur dann, wenn die Wirtschaft genügend und nicht zu anspruchsvolle Arbeitsplätze zur Verfügung stellt. In diesem Bereich ist also die Wirtschaft ebenso gefordert wie die Sozialhilfe. Welche Pflichten haben Personen, die Sozialhilfe beziehen? Gemäss kantonaler Gesetzgebung müssen Personen, die Sozialhilfe beziehen, alles in ihrer Kraft stehende tun, um ihre Notlage zu lindern oder zu beheben. Im Sinne des Gegenleistungsprinzips wird von ihnen erwartet, dass sie einen aktiven Beitrag zu ihrer sozialen und beruflichen Integration leisten. Wer Sozialhilfe beantragt, ist verpflichtet, wahrheitsgetreu über die persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Auskunft zu geben. Bei wahrheitswidrigen Angaben oder bei Verschweigen von solchen kann die Unterstützung gekürzt oder gar eingestellt werden. Die Hilfe suchenden Personen sind verpflichtet, bei der Abklärung des Sachverhaltes aktiv mitzuwirken und alle Veränderungen in ihren persönlichen und finanziellen Verhältnissen umgehend zu melden, soweit sie für die Sozialhilfe relevant sind. In den meisten Kantonen gilt eine sozialhilferechtliche Rückerstattungspflicht. Diese kommt zum Zug bei grösserem Vermögensanfall (Erbe, Lotteriegewinne), bei einer Rückkehr zu günstigen finanziellen Verhältnissen, aber auch bei widerrechtlichem Leistungsbezug. Welche Pflichten hat die Familie der unterstützten Person? Gemäss Schweizerischem Zivilgesetzbuch (ZGB) sind Verwandte in auf- und absteigender Linie (Kinder-Eltern-Grosseltern) gegenseitig unterstützungspflichtig. Diese Pflicht kommt allerdings nur dann zum Zug, wenn die Verwandten in günstigen finanziellen Verhältnissen leben. Eltern eines von der Sozialhilfe unterstützten jungen Erwachsenen können also zumindest für einen Teil der Finanzierung der Sozialhilfeleistungen herangezogen werden. Wie setzen sich die Sozialhilfeleistungen zusammen? Sozialhilfeleistungen setzen sich zusammen aus dem Grundbedarf für den Lebensunterhalt (Nahrungsmittel, Kleider, Verkehrsauslagen, Ausgaben für die laufende Haushaltsführung), den Wohnkosten, der medizinischen Grundversorgung und in bestimmten Fällen situationsbedingten Leistungen. Je nach Situation kommen Leistungen mit Anreizcharakter wie Einkommensfreibeträge und Integrationszulagen hinzu. Der Grundbedarf beträgt 960 Franken pro Monat für eine Einzelperson und wird mit einem Multiplikator (Äquivalenzskala) je nach Anzahl der unterstützten Haushaltsmitglieder hochgerechnet. Für die Wohnkosten bestimmt die zuständige lokale Sozialbehörde Obergrenzen je nach Grösse des Haushaltes. Die medizinische Grundversorgung umfasst die Prämien für die obligatorische Grundversicherung samt Selbstbehalten und Franchisen. Die zuständigen Organe erlassen dabei Bestimmungen zur maximalen Höhe der zu übernehmenden Prämie.

6 Situationsbedingte Leistungen werden nur dann ausbezahlt, wenn besondere gesundheitliche, wirtschaftliche und familiäre Umstände dies rechtfertigen. Sie umfassen krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen, Erwerbsunkosten (bei Erwerbstätigen und Teilnehmenden von Integrationsmassnahmen), Fremdbetreuung von Kindern (bei Erwerbstätigen), Kosten für Schule, Kurse und Ausbildungen, sofern sie nicht bereits im Grundbedarf enthalten oder über Stipendien abgedeckt sind. Erwerbstätigen Personen, die Sozialhilfe beziehen, wird im Sinne eines Anreizes ein Einkommensfreibetrag gewährt, damit sie gegenüber nicht erwerbstätigen Sozialhilfebeziehenden besser gestellt sind. Das Gleiche gilt für Teilnehmerinnen und Teilnehmer von sozialen oder beruflichen Integrationsmassnahme. Sie erhalten einen Integrationszuschlag. Wer nicht kooperiert oder die Teilnahme an einer entsprechenden Massnahme verweigert, erhält keine Zulagen oder muss gar mit einer Kürzung der Sozialhilfe rechnen. Bezahlt die Sozialhilfe Autos? Die Sozialhilfe bezahlt grundsätzlich keine Autos oder Kosten, die durch deren Unterhalt anfallen. In der Praxis wird ein Neuwagen als veräusserbares Vermögen angesehen. Sofern der Vermögensfreibetrag gemäss SKOS-Richtlinien weit überschritten wird, ist eine Veräusserung vorzunehmen oder auf das Unterstützungsgesuch mangels Bedürftigkeit nicht einzutreten. Ist eine unterstützte Person berufstätig und kann ihren Arbeitsort nicht auf zumutbare Weise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen, dann werden die Kosten für die Benützung eines privaten Motorfahrzeugs im Rahmen von Erwerbsunkosten im Sozialhilfebudget berücksichtig. Bezahlt die Sozialhilfe Zusatzversicherungen der Krankenkassen? Die Sozialhilfe sichert die medizinische Grundversorgung der Betroffenen. Dazu gehören die Übernahme der obligatorischen Grundversicherung sowie der Selbstbehalte und Franchisen. Diese Kosten sind nicht im Grundbedarf für den Lebensunterhalt enthalten. In begründeten Ausnahmefällen können auch Prämien für weitergehende Versicherungsleistungen angerechnet werden. Dieser Teil der Prämien gilt dann als situationsbedingte Sozialhilfeleistung. Erfahrungsgemäss werden Zusatzversicherungen sehr selten von der Sozialhilfe übernommen. Bezahlt die Sozialhilfe Ferien? Erwerbstätigen Personen, die langfristig und ergänzend zum Einkommen von der Sozialhilfe unterstützt werden, kann ein Erholungsaufenthalt gewährt werden. Für die Finanzierung werden keine Sozialhilfegelder eingesetzt, sondern Beiträge von vorgängig angefragten Fonds und Stiftungen. Auch alleinerziehenden Personen, die langfristig von der Sozialhilfe unterstützt werden, kann in bescheidenem Mass ein Erholungsurlaub zuerkannt werden.

7 Werden Sozialhilfeleistungen ins Ausland überwiesen? Wer sich im Ausland aufhält, hat keinen Anspruch auf Sozialhilfe, denn die Leistungen der Sozialhilfe sind an einen festen Wohnsitz in der Schweiz gebunden. Dieser wird vom zuständigen Sozialhilfeorgan mittels Kontrolle bei der Einwohnergemeinde überprüft. Der Anspruch auf Sozialhilfe wird laufend kontrolliert, da die Sozialhilfe nur ausgerichtet wird, wenn eine finanzielle Notlage besteht. Die Sozialhilfe bezahlt somit keine Renten wie beispielsweise die IV oder AHV. Was tut die Sozialhilfe gegen Missbräuche? Die Sozialhilfe kämpft aktiv gegen Missbräuche. Durch Vollmachten lässt sie sich bei Banken, Arbeitgebenden und anderen Stellen Einsicht in die finanziellen Verhältnisse der Klientinnen und Klienten geben. Sie prüft die Steuerdaten. Die Missbrauchsquote in der Sozialhilfe liegt deutlich tiefer als in der Versicherungsbranche und aller Wahrscheinlichkeit nach auch tiefer als bei der Deklaration von Steuern. Sozialhilfemissbrauch kommt am ehesten in Form von Schwarzarbeit vor oder im Verschweigen der tatsächlichen Wohnverhältnisse. An verschiedenen Orten wurden in der Sozialhilfe spezielle Kontrollfunktionen geschaffen, die Fälle von möglichem Missbrauch verhindern oder aufdecken sollen. Werden Fälle von Missbrauch aufgedeckt, erstattet die zuständige Sozialhilfebehörde Strafanzeige. Bei fehlender Kooperation, kann die Sozialhilfe für maximal 12 Monate um 15 Prozent gekürzt werden. Die Kürzung kann verlängert werden, sofern die Voraussetzungen dazu gegeben sind. Eine vollständige Einstellung der Unterstützungsleistung ist nur dann zulässig, wenn eine unterstützte Person in Kenntnis der Konsequenzen ihres Handelns eine zumutbare und konkret angebotene Arbeit ausdrücklich und wiederholt verweigert oder in schwerwiegenden Fällen auch bei Verweigerung einer Integrationsmassnahme. Das Bundesgericht und die kantonalen Gerichte haben sich verschiedentlich mit der Frage von Leistungskürzungen und Leistungseinstellungen befasst. Sie setzen der Sozialhilfe den verbindlichen rechtlichen Rahmen. Sind die Sozialhilfeleistungen zu grosszügig? Das trifft nicht zu. Das Existenzminimum der SKOS liegt etwa so hoch, wie das betreibungsrechtliche Existenzminimum. Es liegt jedoch deutlich tiefer als jenes für Ergänzungsleistungen zu AHV/IV. Die Sozialhilfe ist bedarfsabhängig. Sämtliche Einkünfte und eventuelles Vermögen der Betroffenen werden in die Bedarfsrechnung einbezogen. Im Gegensatz zu den meisten anderen bedarfsabhängigen Leistungen sind die Sozialhilfeleistungen in den letzten 15 Jahren real gesunken. Die Sozialhilfe in der Schweiz ist im internationalen Vergleich betragsmässig eher hoch. In anderen Ländern gibt es jedoch mehr bedarfsabhängige Leistungen und finanzielle Entlastungen vor allem für Familien. Ausserdem ist der Zugang zur medizinischen Grundversorgung in verschiedenen Ländern kostenlos.