Monitoring Brutvogel- und Feldhasenbestände im Klettgau Erfassungsjahre 2014 und 2015

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Transkript:

Monitoring Brutvogel- und Feldhasenbestände im Klettgau Erfassungsjahre 2014 und 2015 Markus Jenny Bericht zuhanden des Planungs- und Naturschutzamtes (PNA) des Kantons Schaffhausen

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 1 Impressum Monitoring Brutvogel- und Feldhasenbestände im Klettgau Erfassungsjahre 2014 und 2015 Bericht zuhanden des Planungs- und Naturschutzamts (PNA) des Kantons Schaffhausen Autor Markus Jenny Mitarbeit Gabriele Hilke Peter, Isabelle Kaiser Fotos Markus Jenny Zitiervorschlag Jenny, M. (2016): Monitoring Brutvogel- und Feldhasenbestände im Klettgau Erfassungsjahre 2014 und 2015. Schweizerische Vogelwarte, Sempach. Kontakt Dr. Markus Jenny, Schweizerische Vogelwarte, CH 6204 Sempach Tel.: 041 462 97 00, 041 462 97 69 (direkt), Fax: 041 462 97 10, markus.jenny@vogelwarte.ch 2016, Schweizerische Vogelwarte Sempach Dieser Bericht darf ohne Rücksprache mit der Schweizerischen Vogelwarte Sempach weder als Ganzes noch auszugsweise publiziert werden.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 2 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 3 1. Einleitung 3 2. Untersuchungsgebiete 3 3. Methoden 6 5. Ergebnisse 7 5.2 Entwicklung einzelner Vogelarten 8 5.3 Entwicklung der Feldhasenbestände 12 5.4 Reh- und Fuchsbestand 13 7. Diskussion 16 9. Literatur 21 Anhang 22

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 3 Zusammenfassung Die Vogelwarte erfasst in den drei Gebieten Widen, Langeld-Goldäcker und Plomberg des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau seit 1994 bzw. 1996 jährlich die Brutvogel- und Feldhasenbestände. Dieser Bericht fasst die Resultate der Bestandserhebungen der Jahre 2014 und 2015 zusammen. Es werden zudem Optimierungsvorschläge bei der Pflege von bestimmten Vernetzungsflächen gemacht. In allen drei Gebieten schwanken die Bestände einzelner Brutvogelarten von Jahr zu Jahr. Im stark aufgewerteten Gebiet Widen sind die Revierdichten zahlreicher Brutvogelarten, für welche die Landwirtschaft eine hohe Verantwortung trägt (UZL-Arten), recht hoch und stabil. Auch die Feldhasendichte war in diesem Gebiet 2015 mit 11 Feldhasen pro km 2 für schweizerische Verhältnisse hoch. Im östlichen Teil des Gebiets hat sich der seit 2009/2010 etablierte Winterbestand an Feldrehen kontinuierlich vergrössert. In den beiden anderen Gebieten (Langfeld-Goldäcker, Plomberg), die deutlich weniger stark aufgewertet sind, ist der Anteil an Revieren von einigen UZL-Brutvogelarten deutlich geringer. Besorgniserregend ist der Zusammenbruch der Neuntöter- und Schwarzkehlchenbestände im Gebiet Plomberg. Wir vermuten, dass diese Entwicklung stark im Zusammenhang mit dem Ausbau der Deutschen Bahn auf Doppelspur steht. Der Verlust von Gehölz- und Saumstrukturen und vor allem der in keiner Weise naturschutzgerechte Unterhalt haben die Habitatbedingungen in den Böschungsbereichen einschneidend verschlechtert. Positive Auswirkungen von Ersatzmassnahmen sind erst in einigen Jahren zu erwarten, wenn die vereinzelten Neupflanzungen von Gehölzen eine bestimmte Gösse erreicht haben. Mit nur ca. 4 Feldhasen pro km 2 liegt die Hasendichte in den Gebieten Plomberg und Langfeld (Teilgebiet Hallau-Trasadingen) um mehr als 50 % unter den Werten des Gebiets Widen. Das weite offene Gebiet um den Plomberg wird seit Jahren vor allem im Winterhalbjahr von grösseren Feldrehsprüngen besiedelt. 1. Einleitung Seit 1994 bzw. 1996 erfasst die Schweizerische Vogelwarte im Klettgau in den drei ackerbaulich genutzten Widen, Langfeld-Goldäcker (abgekürzt Langfeld ) und Plomberg die Feldhasen- und Brutvogelbestände. Diese drei Gebiete entsprechen den Perimetern des seit 2004 laufenden kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau. Ziel dieser Erhebungen ist es unter anderem, die Auswirkungen der Lebensraumaufwertungsmassnahmen zu dokumentieren, den Erfolg der Umsetzung des Vernetzungsprojekts für einige Ziel- und Leitarten zu quantifizieren und allfälligen Handlungsbedarf aufzuzeigen. 2. Untersuchungsgebiete Die drei Untersuchungsgebiete sind im Bericht zum kantonalen Vernetzungsprojekt Klettgau (Jenny 2003) ausführlich beschrieben.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 4 Widen Langfeld Plomberg Abb. 1. Lage der drei kartierten Gebiete (orange) Widen, Langfeld, Plomberg. Die Perimeter entsprechen jenen des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau. Für die Berichtsjahre 2014 und 2015 einschneidend waren die durch den Doppelspurausbau der Bahnlinie Waldshut Schaffhausen (Deutsche Bahn, DB) verursachten Habitatveränderungen in den Gebieten Langfeld und Plomberg. Die Saum- und Gehölzstrukturen wurden praktisch alle beseitigt bzw. auf Relikte reduziert (Abb. 3 und 4). Es muss mit grossem Bedauern festgestellt werden, dass die DB trotz eines aufwändigen UVP-Verfahrens bis jetzt nicht bemüht war, die wertvollen Naturwerte entlang der Bahnlinie durch einen naturschutzgerechten Unterhalt zu erhalten. Da für umfassende Ersatzmassnahmen zu wenig Fläche zur Verfügung stand, mussten vereinzelt Hecken auf Kantonsgrundstücken gepflanzt werden. Auf den Bahnböschungen wurden vor allem Reptilienstrukturen geschaffen. Abb. 2. Bis ca. 2009 wurden die Böschungen der DB-Linie Schaffhausen-Waldshut extensiv gepflegt. Gehölze und Saumstrukturen boten verschiedenen Brutvogelarten und Kleintieren ein ideales Bruthabitat (Bild links: Aufnahme April 1997, Toktri Neunkirch). In den folgenden Jahren wurde der Unterhalt intensiviert und die Böschungen wurden auch während der Brutzeit regelmässig gemulcht (Bild rechts: Aufnahme April 2012).

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 5 Abb. 3. Die nach dem Doppelspurausbau noch übrig gebliebenen Gehölzstrukturen wurden radikal getrimmt und die Böschungsvegetation alle 4 6 Wochen gemulcht (Bild links: Toktri Neunkirch 13.6.2014; Bild rechts: Toktri Neunkirch 24.6.2015). Abb. 4. Böschungsbereiche wurden mit Herbiziden abgespritzt und angrenzendes Kulturland (Weg) mit Fadenmähern gemulcht (Bild links 13.6.2014). Im Gebiet Plomberg sind praktisch alle Gehölzstrukturen verschwunden (Bild rechts 7.11.2015). Abb. 5. Ausgleichsmassnahmen: Steilere Böschungsbereiche wurden neu eingesät. Um eine standortangepasste Ruderalvegetation zu etablieren, ist intensives Mulchen zu unterlassen (Bild links: Aufnahme 29.5.2015). An wenigen Stellen wurden Ersatzlebensräume wie Strukturen für Reptilien geschaffen. Auch solche Flächen wurden 2015 bis in den Spätherbst konsequent gemulcht. Wertvolle Saumstrukturen sind nur im Kulturland vorhanden (Bild rechts: Buntbrache, Aufnahme 7.11.2015).

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 6 3. Methoden Brutvögel: In allen drei Gebieten wurden die Brutvögel 2014 und 2015 flächendeckend kartiert. Wie in den Jahren zuvor fanden jeweils drei Begehungen pro Gebiet statt. Aufgenommen wurden alle Zielund Leitarten der Umweltziele Landwirtschaft (UZL) (BAFU & BLW 2008) sowie einige weitere typische Arten des Naturraums. Die Bestände der Feldlerche werden aus zeitlichen Gründen nur periodisch erfasst. Im Jahr 2015 wurde auch diese Art im Gebiet Langfeld flächendeckend kartiert. Nach Abschluss der Kartierarbeiten wurde für jede Art gemäss der Methode Monitoring häufiger Brutvögel (Schmid et al. 2001) die Reviere bestimmt und diese danach im GIS erfasst. Feldhase: Die Feldhasenbestände werden jeweils im März mit Hilfe der Methode der Scheinwerfertaxation erhoben (Pfister 1978). Pro Gebiet und Zählperiode finden je zwei Erhebungen statt. Die Zählungen sind Teil des Schweizer Feldhasenmonitorings (Zellweger-Fischer 2015). Im Klettgau werden die Gebiete Plomberg und Widen seit 1994 jedes Jahr bearbeitet. Das Gebiet Langfeld-Goldäcker ist Teil des Feldhasenzählgebiets Hallau-Trasadingen. In diese Flächen werden Zählungen alle 2 3 Jahre durchgeführt. Bei den Zählungen werden zusätzlich zu den Feldhasen alle grösseren Säugetierarten wie Fuchs, Marder, Dachs, Reh und Sikahirsch sowie nachtaktive Vogelarten wie Eulen erfasst. Abb. 6. Der Feldhase profitiert im Gebiet Widen nachweisbar von flächigen Brachen und extensiv genutzten Wiesen.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 7 5. Ergebnisse In Tab. 1 ist die Anzahl Reviere der erfassten Vogelarten ersichtlich. Tab. 1. Anzahl Reviere pro Vogelart in den drei Untersuchungsgebieten des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau in den Jahren 2014 und 2015. UZL: Leit- und Zielarten der Umweltziele Landwirtschaft. * in Kiesgrube Toktri; kursiv: Arten, die in den vergangen Jahren nur vereinzelt in den untersuchten Gebieten nachgewiesen wurden; fett: Arten, deren Bestandsentwicklung in Abb. 3 dargestellt wird. Art Status Rote Liste Widen Langfeld Plomberg 2014 2015 2014 2015 2014 2015 Baumfalke potenziell gefährdet 0 0 0 0 0 0 Turmfalke UZL potenziell gefährdet 8 9 2 2 6 5 Rebhuhn UZL vom Aussterben bedroht 0 0 0 0 0 0 Wachtel UZL 6 3 0 0 1 0 Hohltaube UZL 1 0 0 0 0 0 Turteltaube potenziell gefährdet 1 0 0 0 0 0 Wiedehopf UZL verletzlich 0 0 0 0 0 0 Grünspecht UZL 1 0 0 0 0 2 Wendehals UZL potenziell gefährdet 0 0 0 0 0 0 Uferschwalbe verletzlich 0 0 0 ca. 10* 0 0 Feldlerche UZL potenziell gefährdet - - - 32 - - Schafstelze UZL potenziell gefährdet 0 0 0 0 0 0 Nachtigall UZL potenziell gefährdet 1 2 0 1 0 0 Feldschwirl potenziell gefährdet 0 0 0 0 0 0 Sumpfrohrsänger UZL 9 3 0 1 20 10 Teichrohrsänger 2 1 0 0 0 0 Gelbspötter verletzlich 0 0 0 0 0 0 Gartenrotschwanz UZL potenziell gefährdet 0 1 0 0 0 0 Schwarzkehlchen UZL potenziell gefährdet 13 18 6 7 8 1 Gartengrasmücke UZL potenziell gefährdet 10 11 3 7 2 4 Mönchsgrasmücke 14 18 10 2 28 20 Dorngrasmücke UZL potenziell gefährdet 12 10 5 2 7 4 Pirol 0 0 0 0 0 0 Neuntöter UZL 26 23 5 5 3 0 Distelfink UZL 12 15 2 3 10 8 Bluthänfling UZL potenziell gefährdet 4 10 6 11 5 6 Grauammer UZL verletzlich 17 16 1 0 1 0 Goldammer UZL 74 77 30 41 48 47

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 8 5.2 Entwicklung einzelner Vogelarten Für einige typische Brutvogelarten der offenen und halboffenen Kulturlandschaft ist die Bestandsentwicklung in Abb. 13a f grafisch dargestellt. Die räumliche Revierverteilung dieser Arten ist im Anhang ersichtlich. Die Dichten von Gold- und Grauammer, Wachtel, Schwarzkehlchen und Neuntöter liegen im Gebiet Widen wie in den Vorjahren deutlich über jenen der anderen Untersuchungsgebiete. Nachfolgend kommentieren wir die besondere Entwicklung in den Jahren 2014 und 2015 im Vergleich zu den Vorjahren. Sumpfrohrsänger: Die Bestände schwanken jährlich stark. Die Hauptverbreitung dieser Art liegt im Gebiet Plomberg. Seit Jahren werden dort einige ältere Brachen und angrenzende Rapsfelder besiedelt. 2015 brach jedoch der Bestand in den Gebieten Plomberg und Widen stark ein. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zum nationalen Trend. Ein möglicher Grund dafür ist, dass die Art im Klettgau fast ausschliesslich Kulturland besiedelt und optimale Habitate (strukturreiche Gewässerbereiche) selten sind. Abb. 7. Fütternder Sumpfrohrsänger in Mädesüssflur beim Seltenbach (Gebiet Langfeld). Schwarzkehlchen: Das Schwarzkehlchen erreicht die höchsten Dichten in den Gebieten Widen und Langfeld. In beiden Gebieten besiedelt das Schwarzkehlchen Saum- und Ruderalhabitate sowie Brachen im Kulturland. Im Langfeld wurden die Reviere entlang des Bahndamms alle aufgegeben. Im Gebiet Plomberg wo die Reviere bevorzugt am und um den Bahndamm angelegt wurden, ist der Bestand völlig zusammengebrochen. Abb. 8. Schwarzkehlchen (hier Männchen) nutzen gerne höher wachsende Kulturpflanzen wie Sonnenblumen als Jagdwarten.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 9 Dorngrasmücke: Nachdem die Dorngrasmücke bis 2014 in allen Gebieten leicht zugenommen hat, erfolgte 2015 eine Bestandsabnahme. Abb. 9. Futter suchende Dorngrasmücke in einer älteren, strukturreichen Brache im Gebiet Langfeld. Neuntöter: Die Art erreichte 2014 im Gebiet Widen die höchste Dichte seit Beginn des Monitorings. Dies ist umso erstaunlicher, als der nationale Bestandstrend seit 2006 stark rückläufig ist. Im Gebiet Langfeld stabilisierte sich der Bestand nach markanten Abnahmen seit 2010. Dies im Gegensatz zum Gebiet Plomberg, wo erstmals seit Zähbeginn kein einziges Revier nachgewiesen werden konnte. Dieses Gebiet bietet durchaus geeignete Brutplätze für den Neuntöter. Allerdings stehen die meisten geeigneten Hecken isoliert in ansonsten ausgeräumten Gebietsteilen. Möglicherweise fehlt es dem Neuntöter dort im Gegensatz zum Gebiet Widen an geeigneten, artenreichen Nahrungshabitaten im Umfeld der Niststandorte. Abb. 10. Neuntöter (hier Männchen) jagen bevorzugt in Brachen in der Umgebung des Nests.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 10 Grauammer: Der Bestand im Gebiet Widen ist von nationaler Bedeutung. Seit 2012 nimmt er jedoch auch in diesem Vorranggebiet stetig ab. In den beiden Gebieten versuchen vereinzelte Sänger sporadisch Reviere zu etablieren. Diese werden aber meist im Mai schon wieder aufgegeben. Abb. 11. Grauammern bei Gefiederpflege auf einem Feldweg im Gebiet Widen. Goldammer: Die Bestände der Goldammer bewegen sich in allen Gebieten auf stabil hohem Niveau. Im Gebiet Langfeld war der Bahndamm 2014 und 2015 frei von Revieren. Die Art wich ins Kulturland (Brachen) und in Saumhabitate entlang der Bäche und in die Kiesgrube Toktri aus. Im Gebiet Plomberg wurden die angrenzend an den Bahndamm vorhandenen Brachen zahlreich besiedelt. Abb. 12. Die Goldammer ist die häufigste Brutvogelart in den Gebieten des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 11 13a 13b 13c 13d 13e

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 12 13f Abb. 13a f. Bestandsentwicklung von sechs typischen Brutvogelarten (Leit- und Zielarten) der offenen und halboffenen Kulturlandschaft in den drei Untersuchungsgebieten des kantonalen Vernetzungsgebiets Klettgau von 1996 2015. Die rechts stehenden Abbildungen zeigen die nationalen Bestandstrends (www.vogelwarte.ch -> Vögel der Schweiz -> Art wählen -> Bestand). Abb. 14. Das stark aufgewertete Gebiet Widen hat sich vor allem im östlichen Teil zu einem national bedeutenden Habitat für bedrohte Arten des Ackerlands entwickelt. 5.3 Entwicklung der Feldhasenbestände Die Feldhasendichten in den Zählgebieten des Klettgaus sind sehr unterschiedlich. In den Gebieten Plomberg und Langfeld (Teil Zählgebiet Hallau-Trasadingen) entspricht die Bestandssituation mit 4 5 Feldhasen pro km 2 den nationalen Durchschnittswerten für Ackerbaugebiete (Zellweger-Fischer 2015). Im stark aufgewerteten Gebiet Widen hingegen werden Dichten von 10 16 Hasen pro km 2 erreicht, also zwei- bis dreimal mehr als in den anderen kantonalen Vernetzungsprojektgebieten. Es gibt in der Schweiz nur ganz wenige Gebiete, die ähnlich hohe Dichten erreichen.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 13 Abb. 15. Entwicklung der Feldhasenbestände in vier Gebieten des Klettgaus. Die rechts stehende Abbildung zeigt die nationalen Bestandstrends in Ackerbau- und Grünlandgebieten (Zellweger 2015). Abb. 16. Das reich strukturierte Ackerbaugebiet Widen weist mehr als 10 % wertvolle Biodiversitätsförderflächen auf. Die vielen linearen Saumstrukturen und flächigen Biodiversitätsförderflächen (extensiv genutzte Wiesen, Brachen) bieten dem Feldhasen beste Fortpflanzungsbedingungen. 5.4 Reh- und Fuchsbestand Rehbestand: Seit der Einführung der Leinenpflicht im Kerngebiet der Vorrangflächen Widen im Jahr 2009 (Gemeindegebiet Neunkirch) konnte die Störung von Wildtieren durch freilaufende Hunde und Erholungssuchende weitgehend eliminiert werden. In der Folge etablierte sich ähnlich wie im Gebiet Plomberg im Winterhalbjahr Feldrehsprünge mit bis zu mehr als einem Dutzend Tieren. Die Rehe finden in den ungemähten Bereichen grossflächiger Brachen und den zahlreichen Heckengruppen gute Deckungsstrukturen. Seit einigen Jahren wird das Gebiet auch regelmässig als Fortpflanzungshabitat genutzt. Der Winterbestand hat sich seit der Etablierung kontinuierlich erhöht.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 14 Abb. 17. Seit der Einführung der Leinenpflicht im Jahr 2009 bietet das Gebiet Widen auch für Feldrehe sowohl im Sommer- wie im Winterhalbjahr ideale Lebensbedingungen. Abb. 18. Auch im wenig störungsanfälligen Gebiet Plomberg kann man im Winterhalbjahr mehrere grosse Feldrehsprünge beobachten.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 15 Fuchsbestand: Im Rahmen der Feldhasenzählungen im Frühjahr wird jeweils auch die Aktivitätsdichte des Fuchses erfasst. Sie entsprechen einer Momentaufnahme von jeweils zwei Zählungen. Auch wenn diese Zahlen mit Vorbehalten zu interpretieren sind, weil die Zählmethode für Feldhasen, aber weniger für Füchse geeignet ist, lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit vermuten, dass der Fuchsbestand in den vergangenen fünf Jahren in allen Gebieten deutlich zugenommen hat (Abb. 19). Vor allem das Gebiet Plomberg weist mit 4 5 Füchsen pro km 2 sehr hohe Dichten auf. Gemäss Janko (2003) liegt die Fuchsdichte in gut strukturierten offenen Kulturlandschaften bei 2 3 Füchsen pro km 2. In dörflichen Siedlungsgebieten liegt die Dichte bei 3 5 Füchsen km 2. Abb. 19. Fuchsbeobachtungen während der Feldhasenzählungen (Aktivitätsdichte im Frühjahr) in den Hasenzählgebieten des Klettgaus. Abb. 20. Rapsfelder in der Nähe von Brachen bieten dem Fuchs ideale Fortpflanzungs- und Nahrungsbedingungen.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 16 7. Diskussion Die Lebensraumsituation auf der Landwirtschaftlichen Nutzfläche hat sich in den drei kantonalen Vernetzungsprojektgebieten gegenüber den Vorjahren nicht grundsätzlich verändert. Wir verweisen deshalb auf die Ausführungen zum Berichtsjahr 2013 (Jenny 2014). Die stabilen Bestandsdichten zahlreicher national bedrohter Zielarten verdeutlichen die herausragende Bedeutung des Gebiets Widen für den Artenschutz im Ackerland. Ähnliche hohe Dichten werden nur noch im Rebhuhn-Projektgebiet in der Champagne genevoise (Meichtry et al. in Vorb.) erreicht. In den anderen beiden Gebieten stagniert leider der Anteil an wertvollen Biodiversitätsförderflächen. Da die Bodengüte in diesen Gebieten deutlich höher ist als jene des Gebiets Widen, haben die Landwirte wenig Interesse, Ackerflächen mit einem hohen Ertragspotenzial zu extensivieren. In jüngster Vergangenheit erwächst aus bäuerlichen Kreisen politisch zunehmende Kritik gegenüber Biodiversitätsförderflächen auf Ackerland. Es wird argumentiert, dass ertragreiche Ackerböden zur Nahrungsmittelproduktion zu nutzen seien, um die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln zu gewährleisten. Diese wirtschaftliche Segregationsstrategie (Intensivproduktion in Gunstlagen, Biodiversitätsförderflächen in Grenzertragslagen) führt aber dazu, dass in ackerbaulichen Gunstlagen grossflächig die nachhaltige Bodennutzungsintensität überschritten wird. Folgen dieser überintensiven Nutzung sind zu hohe Nitratwerte (Reinhardt & Muralt 2014), mit Pflanzenschutzmitteln belastete Gewässer (Spycher et al. 2015, Wittmer et al. 2014) und eine weitere Abnahme der Biodiversität. Mit kostspieligen Sanierungsprogrammen müssen Schädigungen der Ökosysteme behoben werden. So wurden im Jahr 2014 in der Schweiz im Rahmen des Gewässerschutzprogrammes Landwirtschaft (Art. 62a) rund 5 Millionen Franken für Extensivierungsmassnahmen ausbezahlt, um die negativen Auswirkungen der zu intensiven landwirtschaftlichen Nutzung zu mindern. Auch das seit 2001 laufende Klettgauer Nitratprojekt wird über dieses Programm finanziert (Kosten 2014: Fr. 221'300. ). Dank diesen Extensivierungsmassnahmen und den ergänzenden Biodiversitätsfördermassnahmen liegt der Nitratwert des Grundwassers aus der Fassung Chrummenlanden wieder unter dem Grenzwert für Trinkwasser von 40 mg Nitrat pro Liter und die Artenvielfalt hat dank diesen ökologischen Aufwertungs- und Extensivierungsmassnahmen wieder erfreulich zugenommen. Dies zeigt, dass eine standortangepasste Produktion von Ackerland, die sich an der natürlichen Tragfähigkeit der Ökosysteme orientiert, die natürlichen Ressourcen schont und auch die Artenvielfalt fördert. Die Ziele in den Bereichen Versorgungssicherheit, Ressourceneffizienz sowie Biodiversität und Landschaft (BAFU & BLW 2008) sind durchaus vereinbar. Trotz der erfolgreichen Förderung von Ziel- und Leitarten im Rahmen des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau könnte die Nutzung und Pflege von Biodiversitätsförderflächen noch verbessert werden. Wir möchten in der Folge auf solche Optimierungen detaillierter eingehen.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 17 Extensivwiesen: Über das Nitratprojekt wurden im Gebiet Widen grossflächig Ackerflächen in extensive, artenreiche Wiesen überführt. Die Wiesen werden meist ab dem 15. Juni gemäht. Das standardmässige Stellenlassen von 10 % Altgrasstreifen fördert zwar nachweisbar Kleintiere wie Heuschrecken und Schmetterlinge (Kühne et al. 2015, Buri et al. 2013), aber für die Wachtel eine Zielart im Gebiet Widen ist die grossflächige Mahd dieser Wiesen Mitte Juni verhängnisvoll. Abb. 21. Altgrasstreifen erhöhen den Fortpflanzungserfolg von Feldhasen, Heuschrecken und Schmetterlingen. Abb. 22. Mitte Juni werden die artenreichen Wiesen im Gebiet Widen regelmässig von rufenden Wachteln besiedelt. Bei einer Fangaktion am 14.6.2012 mit dem spanischen Wachtelspezialisten Manel Puigcerver konnten wir mehrere Hähne beringen. Am folgenden Tag wurden alle Wiesen im Gebiet Widen gemäht. Unsere Erhebungen zeigen seit Jahren, dass rufende Hähne zwischen Mitte Mai und anfangs Juni im Gebiet Widen bevorzugt artenreiche Wiesen besiedeln. Es ist mit grosser Wahrscheinlichkeit auch davon auszugehen, dass es in den Wiesen regelmässig zu Brutversuchen kommt. Bei einer Mahd der Wiesen Mitte Juni werden aber Bruten übermäht und die Reviere danach aufgegeben. Im Rahmen von Vernetzungsprojekten ist eine Staffelung der Wiesennutzung grundsätzlich möglich. Wir haben deshalb schon verschiedentlich vorgeschlagen, ca. ein Viertel der zweischürigen Biodiversitätsförderflächen-Wiesen im Gebiet Widen bereits um den 1. Juni zu mähen. Der zweite Schnitt sollte dann nach acht Wochen, also anfangs August, erfolgen. Es ist davon auszugehen, dass eine gestaffelte Nutzung erfolgreiche Wachtelbruten ermöglicht und für andere Bodenbrüter keine nachteiligen Auswirkungen hat.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 18 Buntbrachen: Die meisten Buntbrachen im Gebiet Widen werden durch das PNA beispielhaft gepflegt. Die herbstliche Mahd von Teilflächen schafft ein ideales Vegetationsmosaik von höheren, dichteren, niedrigen und lückigen Strukturen. Die grossflächigen Brachen bieten deshalb allen Bodenbrüterarten ideale Bedingungen. Die Grauammer brütet, ebenso wie die Goldammer, in den dichteren, die Feldlerche und das Schwarzkehlchen in lückigeren Strukturen. In grösseren Brachen sollten das Nutzungsmosaik aber auch grössere, ungemähte Bereiche umfassen. Sie bieten vor allem Rehen und Hasen bessere Deckung als schmale Rückzugsstreifen. Abb. 23. Eine Mahd von Buntbrachen im Herbst schafft eine mosaikartige Strukturvielfalt, die den verschiedensten Bedürfnissen von Arten des Ackerlands gerecht wird. Das deponierte Schnittgut wird von zahlreichen Kleintieren wie Käfern, Spinnen als Mikrohabitat und von Brutvogelarten als Warte genutzt (siehe Titelbild). Abb. 24. Bild links: Feldlerchennest in lückiger Brache. Bild rechts: Grauammernest zwischen Rainfarnstauden in dichter Brache.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 19 Um die sehr seltene einjährige Ackerbegleitarten wie den kleinen Venusspiegel (Legousia hybrida) oder die Möhrenhaftdolde (Caucalis platycarpos) zu fördern, wurden Teilflächen von Brachen in früheren Jahren im Herbst regelmässig gepflügt und zum Teil mit Emmer oder Einkorn angesät. Dieses rotierende Brachemanagement schafft verschiedene Sukzessionsphasen. Wir plädieren dafür, alle zwei bis drei Jahre einige Buntbrachen mit PNA-Verträgen wieder in dieser Form als Feldflorareservate zu bewirtschaften. Die Brachen sollten jeweils bevorzugt im Herbst gepflügt werden. Abb. 25. Bild links: Feldflorareservat uf Höhi mit vielfältiger, einjähriger Ackerbegleitflora. Bild rechts: Buntbrache mit 1-jähriger, 2-jähriger und mehrjähriger Sukzessionsphase. Hecken: Die im Rahmen des kantonalen Vernetzungsprojekts angelegten Niederhecken werden bzw. wurden von UZL-Brutvogelarten gut genutzt. Entscheidend ist aber, dass sie periodisch abschnittsweise gepflegt werden. Im Gebiet Plomberg wurde in den vergangenen Jahren die meisten Hecken fachgerecht gepflegt. In den Gebieten Langfeld und z.t. auch Widen wurde die Pflege hingegen vernachlässigt. Wir würden es begrüssen, wenn einige Gehölzstrukturen in diesen beiden Gebieten wieder stärker als Niederhecken gepflegt werden. Neuanlagen sollten zudem weitgehend im Bereich von bereits bestehenden Strukturen (Böschungen, Wegen, Bächen, etc.) angelegt werden. Im offenen Gelände können grössere Brachen und Wiesen punktuell mit Strauchgruppen optimiert werden. Abb. 26. Bild links: Vor allem im Gebiet Langfeld sind verschiedene Hecken zu Hochhecken aufgewachsen. Solche Hecken sollen abschnittweises auf den Stock gesetzt werden. Bild rechts: Die grossflächige Anlage von Hecken mitten im offenen Ackerland ist nur bedingt zu fördern, weil typische Offenlandbrüter wie die Feldlerche verdrängt werden. Heckengruppen sollen vor allem entlang bestehender Strukturen (Leitungen, Wegen, Böschungen) angelegt werden.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 20 Naturnahe Lebensräume ausserhalb der Landwirtschaftlichen Nutzfläche: In allen drei Gebieten gibt es vereinzelt wertvolle Lebensräume die von UZL-Arten genutzt werden bzw. noch bis vor kurzem genutzt werden konnten. Im Gebiet Widen sind dies das Naturschutzgebiet, die kommunale Griengrube, die Reitanlage und das den Widenbach begleitende Gehölz. Die Qualität dieser Flächen hat sich in den letzten 10 Jahren nicht verändert. Im Gebiet Langfeld sind es die Böschungen entlang des Seltenbachs und die Kiesgrube Toktri. Vor allem die gehölzreichen Bereiche und die Staudensäume der Kiesgrube bieten Hänfling, Goldammer, Dorngrasmücke und Schwarzkehlchen potenzielle Brutplätze. Im Gebiet Plomberg sind wertvolle Lebensräume ausserhalb der Landwirtschaftlichen Nutzfläche nur noch in Reliktform vorhanden. Die bestockten Abschnitte des Ruusgrabens bieten nur der Goldammer und vereinzelt der Mönchs- und Gartengrasmücke Brutmöglichkeiten. Wir haben schon früher angeregt, diese Gewässerufer durch Pflanzungen von Einzelbüschen und Niederheckengruppen aufzuwerten (analog zu den Pflanzungen im Wangental). Eine Aufwertung des Ruusgrabens würde die Lebensraumqualität im unteren Teil des ausgeräumten Gebiets Plomberg etwas verbessern. Abb. 27. Strauchgruppen entlang der Bäche (Bild links Wangental) würden die strukturarmen Böschungen der kleinen Fliessgewässer in den Gebieten Langfeld und Plomberg deutlich aufwerten (Bild rechts). Die früher äusserst wertvollen Bahndammböschungen in den Gebieten Langfeld und Plomberg sind seit dem Doppelspurausbau von keiner Brutvogelart mehr als Brutstandorte nutzbar. Grund dafür ist der beschriebene naturfremde Unterhalt der noch vorhandenen Gehölzstrukturen und Grünflächen. Die für diesen unsachgemässen Unterhalt Verantwortlichen der Deutschen Bahn wurden auf dieses Problem aufmerksam gemacht und gebeten, das Unterhaltsregime naturfreundlicher zu gestalten. Es bleibt abzuwarten, ob das angekündigte neue Pflegekonzept diese völlig unbefriedigende Situation verbessern wird.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 21 9. Literatur BAFU & BLW (2008): Umweltziele Landwirtschaft. Hergeleitet aus bestehenden rechtlichen Grundlagen. Umwelt-Wissen 0820. Bundesamt für Umwelt (BAFU) und Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), Bern. Buri, P., R. Arlettaz & J.-Y. Humbert (2013): Delaying mowing and leaving uncut refuges boosts orthopterans inextensively managed meadows: evidence drawn from field-scale experimentation. Agric. Ecosyst. Environ. 181: 22 30. Janko, C. (2003): Habitatnutzung des Rotfuchses (Vulpes vulpes) in Dörfern und Kleinstädten. Diplomarbeit Universität Hohenheim. http://www.wzw.tum.de/wildbio/hp Jenny, M. (2014): Monitoring Brutvogelbestände im Klettgau Erfassungsjahr 2013. Schweizerische Vogelwarte, Sempach. Jenny, M. (2003): Vernetzung in drei Ackerbaugebieten des Klettgaus (SH) Kantonales ÖQV-Projekt zur Vernetzung von ökologischen Ausgleichsflächen. Schweizerische Vogelwarte, Sempach und Planungs- und Naturschutzamt, Kanton Schaffhausen. Kühne, I., R. Arlettaz, J. Pellet, L. Bruppacher & J.-Y. Humbert (2015): Leaving an uncut grass refuge promotes butterfly abundance in extensively managed lowland hay meadows in Switzerland. Conservation Evidence 12: 25 17. Meichtry-Stier, K. S., M. Jenny, J. Zellweger-Fischer & S. Birrer (2014): Impact of landscape improvement by agri-environment scheme options on densities of characteristic farmland bird species and brown hare (Lepus europaeus). Agric. Ecosyst. Environ. 189: 101 109. Reinhardt, M. & R. Muralt (2014): Nitrat im Grundwasser Das Problem an der Wurzel packen. BAFU- Umwelt 2: 31 33. Schmid, H., M. Burkhardt, V. Keller, P. Knaus, B. Volet & N. Zbinden (2001): Die Entwicklung der Vogelwelt in der Schweiz. Avifauna Report Sempach 1, Annex. Schweizerische Vogelwarte, Sempach. Spycher, S., J. Hunkeler, A, Bosshard & F. Häni (2015): Gewässerbelastung durch Pestizide - Ansätze zur Verminderung landwirtschaftlich bedingter Einträge in Oberflächenbewässer. Aqua & Gas 12: 56 71. Pfister, H. P. (1978): Einführung in die Methodik der Scheinwerfertaxation. Dokumentationsstelle für Wildforschung, Zürich. Wittmer, I., C. Moschet, J. Simovic, H. Singer, C. Stamm, J. Hollender, M. Junghans & C. Leu (2014): Über 100 Pestizide in Fliessgewässern. Aqua & Gas 3: 32 43. Zellweger-Fischer, J. (2015): Schweizer Feldhasenmonitoring 2015. Schweizerische Vogelwarte, Sempach.

Monitoring Brutvogelbestände Klettgau 2014 und 2015 22 Anhang

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