Auskunftsansprüche gegen Internet- Provider nach 101 UrhG n.f.



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Fachausschusssitzung Softwareschutz 21.11.2008, Frankfurt Besichtigungs- und Auskunftsansprüche bei Softwareverletzungen nach Umsetzung der Enforcement-Richtlinie Auskunftsansprüche gegen Internet- Provider nach 101 UrhG n.f. RA Joachim Dorschel

Überblick 1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 2

Technische Grundlagen p2p-netzwerk Up- und Download IP-Adresse Rechtsinhaber Teilnehmer 3

Technische Grundlagen Zuweisung IP-Adresse Einwahl DSL-Vertrag DSL-Provider (Point of Presence) Internet-Verbindung RIR IANA WHOIS-Abfrage Teilnehmer Rechtsinhaber 4

Technische Grundlagen Der Erkenntnisweg - Ausgangsfall TCP/IP-Stack IP-Adresse WHOIS-Abfrage DSL-Provider Auskunft Nutzer 5

Technische Grundlagen Der Erkenntnisweg - DSL-Reselling Netzbetreiber kennt die IP-Adresse, aber nicht den Namen des Nutzers DSL-Provider kennt den Namen des Nutzers, aber nicht die IP- Adresse TCP/IP-Stack IP-Adresse WHOIS-Abfrage Netzbetreiber Auskunft DSL-Provider Auskunft Nutzer 6

Technische Grundlagen Der Erkenntnisweg - Rechtsverletzungen in Web-2.0-Anwendungen IP-Adresse ist (wenn überhaupt) nur dem Website-Betreiber bekannt Auskunft IP-Adresse WHOIS-Abfrage DSL-Provider Auskunft Nutzer 7

1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 8

Der neue 101 UrhG - Überblick - Selbständiger Drittauskunftsanspruch Im Gegensatz zum akzessorischen Auskunftsanspruch nach 242 BGB zur Bezifferung eines Schadensersatzanspruchs - Gemeinschaftsrechtliche Grundlage: Art. 8 Enforcement- Richtlinie (2004/48/EG) Anlehnung an Art. 47 TRIPS - Vorgängernorm: 101a UrhG Nach dem Produktpirateriegesetz 1990 Ziel: die Quelle zu verschließen, aus der die Rechtsverletzung fließt (BGH GRUR 1994, 630 Cartier-Armreif) 9

Auskunftspflicht des Verletzers Abs. 1 (1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann... auf unverzügliche Auskunft... in Anspruch genommen werden. Beschränkung auf körperliche Verwertungshandlungen ( Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken ) ist entfallen. Objektiv rechtswidriges Verhalten ist ausreichend. Kein Verschulden erforderlich. Unverzügliche Auskunftserteilung ( 121 BGB) 10

Gewerbliches Ausmaß Gewerbliches Ausmaß Vormals: Im geschäftlichen Verkehr Auch noch im Regierungsentwurf Anpassung an die Terminologie der Richtlinie Erwägungsgrund 14 RL: In gewerblichem Ausmaß vorgenommene Rechtsverletzungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden; dies schließt in der Regel Handlungen aus, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden. 11

Gewerbliches Ausmaß 101 Abs. 1 S. 2: Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben. Beschlussempfehlung Rechtsausschuss (BT-Drs. 16/8783, S. 50):...kann etwa dann zu bejahen sein, wenn eine besonders umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm oder ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird. 12

Gewerbliches Ausmaß OLG Köln v. 21.10.2008; LG Köln v. 02.09.2008, LG Frankfurt v. 18.09.2008: (+) bei Zugänglichmachung eines Musikalbums kurz nach Veröffentlichung Arg: Materialien OLG Zweibrücken v. 27.10.2008, LG Frankenthal v. 15.09.2008, LG Frankenthal v. 26.09.2008: (-) bei Zugänglichmachung eines Computerspiels 3 Monate nach Veröffentlichung Arg: Gesetzgebungsgeschichte Weitere Kasuistik bleibt abzuwarten 13

Auskunftspflicht Dritter Abs. 2 In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß... 3. für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte Erweiterung der Passivlegitimation um Personen, die nicht, nicht einmal als Störer haften. Auf Internet-Provider gemünzt Die vormals streitige Frage der Auskunftspflicht des Mitstörers ist damit weitgehend hinfällig. Auf eine Verletzung von Prüfungspflichten kommt es nicht an Kostenerstattungspflicht des schuldhaft handelnden Verletzers 14

Auskunftspflicht Dritter - Doppeltes Gewerbsmäßigkeitserfordernis Ausmaß der Rechtsverletzung (Abs.1) und Ausmaß der Dienstleistung (wohl allg. Ans.) Gemeinschaftsrechtlich nicht zwingend - Anhängigkeit eines Verletzungsverfahrens oder o Bei Filesharing-Sachverhalten sinnlos - Offensichtliche Rechtsverletzung Rechtswidrigkeit der Handlung und o Bei Filesharing-Sachverhalten i.d.r. unproblematisch Zuordnung der Rechtsverletzung zum Anschlussinhaber o Auseinanderfallen von Anschlussinhaber und Rechtsverletzer (Bsp.: ungesichertes W-LAN)? o Wirkung von Anonymisierungsdiensten? 15

Umfang der Auskunftspflicht Abs. 3 Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über 1. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,... Erweiterung des Umfangs der Auskunftspflicht mit Blick auf Internet-Sachverhalte 16

Verhältnismäßigkeit Abs. 4 Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Hinweis auf den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Kein eigener materieller Regelungsgehalt 17

1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 18

Haftungsregelungen Abs. 5 Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. - Beseitigung der Folgenlosigkeit fehlerhafter Auskünfte (BT- Drucks. 16/5048, S. 39) Haftungsbegründender Tatbestand - Aber: 280, 281 BGB i.v.m. 101 Abs. 1 und 2 UrhG! Verletzung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses Auskunftspflichtiger haftet nach BGB schon für einfache Fahrlässigkeit - Wirkung als Haftungsbeschränkung? 19

Haftungsregelungen Abs. 6 Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war. - Haftungsbeschränkung, keine Haftungsbegründung 20

1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 21

Einstweiliger Rechtsschutz Abs. 7 In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. - Vorwegnahme der Hauptsache - Keine analoge Anwendung auf andere Auskunftsansprüche (z.b. 242 BGB) 22

1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 23

Verwertungsverbot Abs. 8 Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden. - Ausdruck des nemo-tenetur-grundsatzes - Keine Relevanz für Filesharing-Sachverhalte 24

1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 25

Verwendung von Verkehrsdaten Abs. 9 Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten ( i3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist.... - Verkehrsdaten ( 3 Ziff. 30 TKG) sind auch die näheren Umstände der Telekommunikation Insbesondere die zeitlichen Umstände einer Verbindung und die Zuordnung zu einem bestimmten Anschluss - Geschützt durch das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG; i88 TKG) - Eingriff nur aufgrund richterlicher Anordnung (str.) 26

Verwendung von Verkehrsdaten - Auskunftserteilung = Verwendung von Verkehrsdaten? Dynamische IP-Adresse = Verkehrsdatum (unstr.) Name und Anschrift = Bestandsdaten (unstr.) IP-Adresse ist dem Verletzten bei Antragstellung bereits bekannt Übermittelt werden nur Name und Anschrift Auskunftserteilung lediglich Verarbeitung von Bestandsdaten? H.M. im Strafprozessrecht, vgl. BT-Drs. 16/6979 S. 70 (Neuregelung der TK-Überwachung); LG Offenburg v. 17.04.2008 27

Verwendung von Verkehrsdaten Aber: - 101 Abs. 9 S. 1 UrhG: Verwendung von Verkehrsdaten - Auskunftserteilung geht Datenverwendung jedenfalls voraus - Auskunftsinhalt ist der Umstand, dass ein Anschluss, der einer bestimmten Person zugeordnet ist, zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Kommunikationsvorgang beteiligt war. Auskunftserteilung = Eingriff in Art. 10 GG, 88 TKG 101 Abs. 9 UrhG für Filesharing-Sachverhalte einschlägig 28

Verwendung von Verkehrsdaten Exkurs: Gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten - Art. 6 TK-Datenschutzrichtlinie (2002/58/EG): kein Erlaubnistatbestand zur Verwendung von Verkehrsdaten zur zivilrechtlichen Rechtsverfolgung - Art 15 Abs. 1 RL: Die Mitgliedstaaten können Rechtsvorschriften erlassen, die die Rechte und Pflichten gemäß... Artikel 6... Dieser Richtlinie beschränken, sofern eine solche Beschränkung gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie 95/46/EG für die nationale Sicherheit, (d. h. die Sicherheit des Staates), die Landesverteidigung, die öffentliche Sicherheit sowie die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten oder des unzulässigen Gebrauchs von elektronischen Kommunikationssystemen in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, angemessen und verhältnismäßig ist. 29

Verwendung von Verkehrsdaten - Keines der in Art. 15 Abs. 1 genannten Tatbestandsmerkmale trifft Filesharing-Sachverhalte - EuGH v. 29.01.2008 (Promusicae): Rückgriff auf Art. 13 Datenschutzrichtlinie (1995/46/EG) Die Mitgliedstaaten können Rechtsvorschriften erlassen, die die Pflichten und Rechte gemäß Artikel... beschränken, sofern eine solche Beschränkung notwendig ist für... g) den Schutz der betroffenen Person und der Rechte und Freiheiten anderer Personen. - A.A. die Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen vom 18.07.2007; ebenso Spindler/Dorschel, CR 2006, 341 ff. Verwendung von Verkehrsdaten steht im Ermessen der Mitgliedstaaten 30

Verwendung von Verkehrsdaten Antrag nach 101 Abs. 9 - Verfahren nach dem FGG - Sachliche Zuständigkeit: Zivilkammer des Landgerichts - Örtliche Zuständigkeit: Sitz des Auskunftspflichtigen (ausschließlich) - Anwendung der Bestimmungen zur Zuständigkeitskonzentration (BT-Drs. 16/5048 S. 40) 31

Verwendung von Verkehrsdaten Inhalt Die Antragsteller beantragt... die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin - auch unter ggf. erforderlicher Verwendung von Verkehrsdaten - jeweils Auskunft... zu erteilen. (LG Frankenthal v. 15.09.2008) Die Antragsteller beantragt festzustellen, dass die Verwendung von Verkehrsdaten der Beteiligten... zur Auskunft... zulässig ist. (LG Frankenthal v. 26.09.2008 32

Verwendung von Verkehrsdaten Inhalt Der Beteiligten ( ) wird... im Wege der einstweiligen Anordnung unter Verwendung von Verkehrdaten der Antragstellerin Auskunft zu erteilen... gestattet. (LG Frankfurt v. 18.09.2008) Der Beteiligten wird gestattet, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen... (LG Köln v. 02.09.2008) 33

Verwendung von Verkehrsdaten - Anordnung ist konstitutiv für die datenschutzrechtliche Erlaubnis (OLG Köln v. 21.10.2008) - Gericht prüft das Vorliegen der Auskunftsvoraussetzungen nach Abs. 1 und 2 - Durchsetzung bei Auskunftsverweigerung? - Vollstreckung nach 888 ZPO? - Echtes Streitverfahren? (= Rechtskräftige Entscheidung über subjektive private Rechte zwischen den Beteiligten, die sich im entgegengesetzten Interesse gegenüberstehen) - Entschieden wird über Rechte des Teilnehmers (Verletzers), nicht des Beteiligten / Antragsgegners 34

Verwendung von Verkehrsdaten - Durchsetzung nach 33 FGG? - Gerichtliche Verfügung? - Wortlaut spricht von Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung - Bloße Rechtsgestaltung? - Jedenfalls: Mittelbare Sanktionierung der Auskunftsverweigerung über 280, 281, 286 BGB 35

1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 36

Datenspeicherung - Erfüllung des Auskunftsanspruchs setzt Kenntnis der Auskunftstatsachen voraus - Sonst: Erfüllung durch Erklärung des Nichtwissens Speicherung der Konkordanzdaten ist Voraussetzung der Identifikation des Teilnehmers - Speicherung bedarf einer eigenen gesetzlichen Ermächtigung 37

Datenspeicherung - Ab 01.01.2009: Pflicht zur Speicherung der Konkordanzdaten für 6 Monate (Vorratsdatenspeicherung, 113a Abs. 4 TKG) Aber: - 113b TKG: Verwendung der allein auf Grund der Speicherungsverpflichtung nach 113a gespeicherten Daten nur zu spezifischen Zwecken der Strafverfolgung und inneren Sicherheit - Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund: Art 15 Abs. 1a (neu) TK- Datenschutzrichtlinie: Keine Anwendung der Art 15 Abs. 1 RL auf die auf Vorrat gespeicherten Daten 38

Datenspeicherung - BVerfG v. 11.03.2008: Verwendung der auf Vorrat gespeicherten Daten nur zur Verfolgung von Katalogtaten nach 100a Abs. 2 StPO Vorratsgespeicherte Daten scheiden für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus, es sei denn, es besteht neben der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung eine weitere weitere Rechtsgrundlage für die Datenspeicherung 39

Datenspeicherung - Speicherung der Konkordanzdaten zu Abrechnungszwecken und zur Gewährleistung der Betriebssicherheit nach 96 Abs. 2, 97, 100 TKG: maximal 7 Tage (H.M. vgl. z.b. LG Darmstadt v. 06.06.2007) Problem: Keine Anordnung nach 101 Abs. 9 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (OLG Köln v. 21.10.2008) Keine Vorwegnahme der Hauptsache 40

Datenspeicherung - Speicherung zu den durch andere gesetzliche Vorschriften begründeten Zwecken ( 96 Abs. 2 TKG) - Recht zur Datenspeicherung auf Grundlage des 101 UrhG i.v.m. 96 Abs. 2 TKG? - Nach EuGH v. 29.01.2008 (Promusicae) gemeinschaftsrechtlich nach Art. 15 Abs. 1 TKDSRL i.v.m. Art. 13 DSRL möglich Aber: - Bestimmtheitsgrundsatz, Verhältnismäßigkeitsgebot 41

Datenspeicherung - Praktischer Lösungsansatz nach OLG Köln v. 21.10.2008: Untersagung der Datenlöschung bis zum Abschluss des Anordnungsverfahrens nach 101 Abs. 9 - Quasi-Quick-Freeze-Verfahren - Rechtsgrundlage: 101 Abs. 9 UrhG i.v.m. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Datenspeicherung ist gegenüber der Datenübermittlung das mildere Mittel 42

1. Technische Grundlagen 2. Der Auskunftsanspruch nach 101 UrhG a. Voraussetzungen und Umfang der Auskunftspflicht b. Haftungsregelungen c. Einstweiliger Rechtsschutz d. Verwertungsverbot e. Verwendung von Verkehrsdaten 3. Vorratsdatenspeicherung 4. Ausblick 43

Ausblick - Schicksal der Vorratsdatenspeicherung Anhängige Verfahren vor dem EuGH und dem BVerfG Aber: Nutzung der vorratsgespeicherten Daten für die zivilrechtliche Rechtsverfolgung ist schon nach der TKDSRL unzulässig (vgl. o.) Relevanz allenfalls für die Teilnehmeridentifikation über den Umweg des Strafverfahrens 44

Ausblick - Verfestigung der 7-Tage-Speicherpraxis? - Durchsetzung der Rechtsprechung des OLG Köln zur richterlichen Anordnung der Datenspeicherung? - Bedeutung von Anonymisierungsdiensten - IPv6 45

Literatur - Czychowski/Nordemann, Vorratsdatenspeicherung und Urheberrecht - Zulässige Nutzung gespeicherter Daten, NJW 2008, 3095 - Hoeren, Vorratsdatenspeicherung und Urheberrecht - Keine Nutzung gespeicherter Daten, NJW 2008, 3099 - Kitz, Rechtsdurchsetzung im geistigen Eigentum - die neuen Regeln, NJW 2008, 2374 - Spindler, Der Auskunftsanspruch gegen Verletzer und Dritte im Urheberrecht nach neuem Recht, ZUM 2008, 640 - Spindler/Dorschel, Vereinbarkeit der geplanten Auskunftsansprüche gegen Internet-Provider mit EU-Recht, CR 2006, 341 - Spindler/Weber, Die Umsetzung der Enforcement-Richtlinie nach dem Regierungsentwurf für ein Gesetz zu Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, ZUM 2007, 257 46

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit BARTSCH UND PARTNER RECHTSANWÄLTE Joachim Dorschel Rechtsanwalt Bahnhofstraße 10 76137 Karlsruhe Telefon: 07 21 / 9 31 75-47 Telefax: 07 21 / 9 31 75-85 E-Mail: jd@bartsch-partner.de www.bartsch-partner.de 47