Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 2293 29. 06. 2017 Antrag der Fraktion der AfD und Stellungnahme des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Folgen der Russlandsanktionen für Baden-Württembergs Bauernhöfe Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. wie sich die Sanktionen Russlands, welches seinen Markt als Reaktion auf die Brüsseler Sanktionspolitik für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der EU geschlossen hat, auf die baden-württembergischen Bauern auswirken; 2. wie hoch der Export von baden-württembergischen Milchprodukten nach Russ - land ab 2010 bis Beginn der Russland-Sanktionen nach Jahren aufgelistet war; 3. wie viele Bauernhöfe in Baden-Württemberg die Landesregierung in ihrer Exis tenz bedroht sieht, sollten die Sanktionen weiter verlängert werden; 4. welche Maßnahmen sie bislang unternommen hat, um die baden-württembergischen Milchbauern, die durch den Exportausfall nach Russland Einkommens - einbußen erleiden, zu unterstützen; 5. wie sie generell zur Sanktionspolitik gegen Russland steht; 6. welche Initiativen sie bislang gestartet hat, um die Sanktionspolitik gegenüber Russland zu beenden; Eingegangen: 29. 06. 2017 / Ausgegeben: 09. 08. 2017 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel. 1
7. wie sich das Volumen der Ex- und Importe baden-württembergischer Unternehmen mit der russischen Föderation seit Dezember 2015 entwickelt hat. 30. 06. 2017 Dr. Meuthen, Stein und Fraktion Begründung Durch die anhaltenden Sanktionen der EU gegenüber der russischen Föderation und des durch die russische Föderation verhängten Importstopps für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der EU hat sich die Situation der baden-württembergischen Bauern verändert. Dieser Antrag soll Aufschluss darüber geben, in welcher Form sich die Situation geändert hat und welche Maßnahmen zur Förderung der baden-württembergischen Bauern ergriffen werden könnten. Stellungnahme Mit Schreiben vom 26. Juli 2017 Nr. Z(22)-0141.5/177F nimmt das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, dem Ministerium der Justiz und für Europa und dem Staatsministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung: Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. wie sich die Sanktionen Russlands, welches seinen Markt als Reaktion auf die Brüsseler Sanktionspolitik für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der EU geschlossen hat, auf die baden-württembergischen Bauern auswirken; 3. wie viele Bauernhöfe in Baden-Württemberg die Landesregierung in ihrer Exis tenz bedroht sieht, sollten die Sanktionen weiter verlängert werden; Zu 1. und 3.: Das russische Importverbot für Agrarprodukte und Lebensmittel aus der Europäischen Union umfasst neben Fleisch und Fleischprodukten von Rindern, Schweinen und Geflügel auch Fisch und Meeresfrüchte, Milch und Milchprodukte sowie frisches Obst, Gemüse und Nüsse. Eine belastbare Aussage darüber, wie sich das von Russland verhängte Einfuhrverbot auf die baden-württembergischen Landwirte auswirkt, ist nicht möglich, da es hierüber keine entsprechenden Erhebungen gibt. Hinzu kommt, dass der Einfluss des Embargos durch zahlreiche andere Faktoren, wie Wechselkursentwicklungen, Verschiebungen der Warenströme und sonstige Markteinflüsse überlagert wird. Es stehen keine Informationen zur Verfügung, wie viele landwirtschaftliche Betriebe in Baden-Württemberg aufgrund der Sanktionen in ihrer Existenz gefährdet sind. 2
Im Bericht der Arbeitsgruppe beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Auswirkungen der russischen Importbeschränkungen auf die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft vom 27. Oktober 2014 wird ausgeführt, dass von den Sanktionen zu diesem Zeitpunkt etwa ein Drittel der deutschen Exporte von Gütern der Land- und Ernährungswirtschaft nach Russland betroffen waren. Aktuellere Zahlen sind nicht verfügbar. Aus der unverändert positiven Entwicklung des Exportes von landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowohl aus der Europäischen Union als auch aus Deutschland kann jedoch geschlossen werden, dass zumindest ein Teil der durch das Russlandembargo bedingten Verluste kompensiert und auch alternative Drittlandsmärkte erschlossen werden konnten. 2. wie hoch der Export von baden-württembergischen Milchprodukten nach Russ - land ab 2010 bis Beginn der Russland-Sanktionen nach Jahren aufgelistet war; Zu 2.: Zum Export von Milch und Milcherzeugnissen aus Baden-Württemberg in die Russische Föderation ab 2010 bis zum Beginn der Russland-Sanktionen liegen folgende Daten vor: Tabelle 1: Ausfuhr Baden-Württembergs an Milch- und Milcherzeugnissen (außer Butter und Käse) in die Russische Föderation von 2010 bis 2014. Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 4. welche Maßnahmen sie bislang unternommen hat, um die baden-württembergischen Milchbauern, die durch den Exportausfall nach Russland Einkommens - einbußen erleiden, zu unterstützen; Zu 4.: Die Europäische Union, der Bund und das Land haben die baden-württembergischen Milchviehbetriebe in der schwierigen Marktsituation während der vergangenen Monate durch zahlreiche Maßnahmen unterstützt: EU-Milchverringerungsbeihilfeprogramm In Baden-Württemberg haben 785 Milcherzeuger eine Beihilfe von insgesamt 1.225.987 Euro erhalten. Milchsonderbeihilfe des Bundes In Baden-Württemberg haben insgesamt 2.863 Milcherzeuger einen Antrag gestellt. Die Auszahlung erfolgt bis zum 30. September 2017. 10-Punkte Plan des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Angesichts der schwierigen Situation der Milcherzeuger im Jahr 2016 hat Minis - ter Peter Hauk MdL Anfang Juni 2016 einen 10-Punkte Plan bekannt gegeben, mit dem die baden-württembergischen Milcherzeuger unterstützt werden sollen: 1. Ständiger Dialog mit dem Lebensmitteleinzelhandel 2. Einsatz für weitere Steuerverbesserungen 3. Verlässliche Auszahlung der Fördermittel durch das Land 4. Stärkung der regionalen Absatzmärkte 3
5. Intensive Nutzung und Verstärkung des Marketings für die Qualitätsprogramme des Landes (QZBW, BIOZBW, Geoprodukte) 6. Prüfung der Option, Grundfutter aus Grünland verstärkt zu verwenden und dies ggfs. im FAKT als Fördertatbestand einzubauen 7. Erschließung der großen und kleinen Teilmärkte, auch durch Spezialitäten, z. B. der Heumilch 8. Beratungsoffensive für Betriebe, z. B. Verbesserung der Rentabilität, Umstellung der Produktion auf Öko- und Spezialprodukte 9. Start einer langfristig angelegten Verbraucherkampagne zur Stärkung regionaler Produkte 10. Überprüfung der Förderprogramme im Land 5. wie sie generell zur Sanktionspolitik gegen Russland steht; Zu 5.: Die Landesregierung teilt uneingeschränkt die Auffassung der Bundesregierung, wonach die Europäische Union als Reaktion auf das russische Vorgehen bezüglich der Krim und im Osten der Ukraine in mehreren Stufen Sanktionen verhängt hat. Sie unterstützt die Position und die Bemühungen der Bundesregierung für einen Erfolg des Minsker Abkommens. Die Landesregierung stimmt mit der Bundesregierung auch darin überein, dass die Tür für einen Dialog mit Russland offen steht und dass dieser Dialog weiter geführt werden muss. In Übereinstimmung mit der Bundesregierung lehnt die Landesregierung einen aktuellen Entwurf des Senats der Vereinigten Staaten ab, der vorsieht, Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Dieser Entwurf würde auch deutsche Unternehmen treffen, wenn sich diese an Projekten mit russischen Unternehmen beteiligen, beispielsweise an Erdgasprojekten. 6. welche Initiativen sie bislang gestartet hat, um die Sanktionspolitik gegenüber Russland zu beenden; Zu 6.: Die Verhängung bzw. die Rücknahme von Wirtschaftssanktionen gegenüber anderen Staaten fallen in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Dazu sind einstimmige Beschlüsse der Mitgliedstaaten erforderlich. Wie unter Ziffer 5 bereits ausgeführt, unterstützt die Landesregierung die Haltung der Bundesregierung und der Europäischen Union. Auf dieser Basis setzt sich die Landesregierung dafür ein, den Gesprächsfaden und den Dialog mit den russischen Partnern nicht abreißen zu lassen. Zusammen mit den russischen Partnern arbeitet sie weiterhin an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für baden-württembergische Unternehmen auf dem russischen Markt, um die nicht von den Sanktionen erfass - ten Geschäftsbereiche voranzubringen. Ergänzend wird auf die Stellungnahme zu der Drucksache 16/37 verwiesen. 7. wie sich das Volumen der Ex- und Importe baden-württembergischer Unternehmen mit der russischen Föderation seit Dezember 2015 entwickelt hat. Zu 7.: In Tabelle 2 ist die Entwicklung des baden-württembergischen Außenhandels mit der Russischen Föderation von Januar 2015 bis April 2017 aufgeführt. Im Gesamtjahr 2016 waren die Warenausfuhren um 5,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2015 rückläufig, dagegen erhöhten sich die Wareneinfuhren nach Baden- Württemberg um 17,7 Prozent. Im Zeitraum Januar bis April 2017 erfolgte bei den Exporten ein Zuwachs von 11,1 Prozent und bei den Importen ein Zuwachs von 64 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. 4
Die rückläufige Entwicklung der Exporte im Jahr 2016 ist hauptsächlich auf die schlechte wirtschaftliche Lage Russlands zurückzuführen und nicht auf die Wirtschaftssanktionen. Dafür spricht, dass Russland 2016 deutlich weniger Investi - tionsgüter wie Fahrzeuge, Maschinen oder elektronische Erzeugnisse in Baden- Württemberg nachgefragt hat. Mit der Besserung der wirtschaftlichen Lage war in den ersten Monaten des Jahres 2017 wieder ein deutliches Anziehen der Exporte nach Russland zu erkennen. Bei der Importentwicklung muss berücksichtigt werden, dass es hier von Jahr zu Jahr zu größeren Schwankungen kommen kann. Das liegt insbesondere an den Energieimporten, da sie nicht immer dem Bundesland zugeordnet werden, für das sie letztendlich bestimmt sind. Tabelle 2: Außenhandel Baden-Württembergs mit der Russischen Föderation Quelle: Statistisches Bundesamt Hauk Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 5